Nachbarn 1/2010

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Nachbarn

NR. 1/2010

Armut halbieren! Wir fordern eine Dekade der Armutsbek채mpfung.

Wir helfen Menschen.

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Inhalt

Editorial

3 News

Thomas Thali

«mit mir»

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Armut halbieren! Caritas fordert eine Dekade 4 der Armutsbekämpfung Für Betroffene ist Armut die alltägliche, belastende Realität. Doch Armut ist in der reichen Schweiz ein Tabu, auch politisch: Wir fordern eine nationale Politik, die vor allem eines will – Armut verhindern. Vier Armutsbetroffene erzählen

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Vor knapp zwei Jahren wurde das Projekt lanciert und läuft seither zur Freude aller Beteiligten: Caritas Luzern konnte bisher 48 Patenschaften an Kinder vermitteln, die aus belasteten Familien kommen. Günstige Preise für Qualitätsprodukte Der neue Caritas-Markt in Sursee

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Dichter mit Pepp 15 Die KulturLegi Zentralschweiz machts möglich.

Persönlich

Floriana Frassetto, Mitglied von Mummenschanz, beantwortet zehn Fragen. Armut hat viele Gesichter. Wir porträtieren vier Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen von Armut betroffen sind.

Caritas Luzern Wir fordern einen 10 kantonalen Armutsbericht

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Caritas-Netz Drehscheibe Caritas19 Warenzentrale Vom luzernischen Rothenburg werden die Produkte, die in den Caritas-Märkten verkauft werden, in die ganze Schweiz verteilt. News aus dem Caritas-Netz

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Collage

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Armut bedeutet Ausgrenzung.

Hinweise, Veranstaltungen 22

Wie verschiedene Bilder der Armut die Politik in unserem Kanton massgeblich beeinflussen und was wir dagegen tun.

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Gedankenstrich

Kolumne von Charles Clerc

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Illustration Titelbild: Melk Thalmann

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Editorial

Armut gibt es auch in Luzern – tun wir etwas dagegen! Liebe Leserin, lieber Leser Angesichts der Schreckensbilder aus Haiti oder Darfur wird immer wieder gefragt, wer denn in der Schweiz noch arm sei. Bei uns gibt es ja keine Menschen, die Hunger leiden und auf der Strasse leben müssen. Aber Armut gibt es auch bei uns. Die Menschen, die darunter leiden, sind zahlreicher, als wir es uns vorstellen können. Die Armut ist häufig versteckt – es fehlt ihr ein Gesicht. Lesen Sie die Porträts auf den Seiten 6 bis 9. Sie geben Ihnen Einblick in die Welt von armutsbetroffenen Menschen. Auf unserer Sozialberatung an der Morgartenstrasse haben wir täglich mit Menschen in vergleichbaren Situationen zu tun.

die Erwerbsarbeit zu verlieren. Der Teufelskreis beginnt. Leider müssen wir feststellen, dass Armut vererbbar ist. Kinder aus armutsbetroffenen Familien haben ein grosses Risiko, nie aus der Armutsfalle herauszukommen. Caritas Luzern verstärkt ihre Aktivitäten Im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung lanciert Caritas die Kampagne «Armut halbieren». Wir finden uns mit der Situation nicht ab, sondern formulieren ein klares Ziel: In zehn Jahren soll die Armut in der Schweiz halbiert werden.

Thomas Thali Geschäftsleiter Caritas Luzern

nen neuen Caritas-Markt eröffnet, in dem nun auch auf dem Land Armutsbetroffene vergünstigte Lebensmittel einkaufen könL’organisation XYeiest certifiée nen. Hochdorf eröffnen wir im April Caritas Luzern istInseit par ZEWO depuis 19XX. nen Laden mit Dienstleistungspool, der 2004 ZEWO-zertifiziert. 14 Menschen wieder Arbeit gibt. Und wir bauen unsere Sozial- und SchuldenberaWir fordern aber nicht nur, wir reali- tung aus. Dies sind alles konkrete Schritte sieren selbst konkrete Schritte. So hat die hin zu dem utopischen Ziel, die Armut zu Caritas Luzern in Sursee in einer wunder- halbieren. baren Kooperation mit der Katholischen und der Reformierten Kirchgemeinde eiWenn wir alle anpacken, bleibt es keine Utopie. Helfen Sie mit!

«Wenn wir alle anpacken, bleibt es keine Utopie!» Und Armut hat Folgen. Armut führt zu Fehlernährung, Krankheit und geringerer Lebenserwartung. Armut geht häufig einher mit geringerem Bildungsabschluss, und dies führt wieder zu höherem Risiko,

Impressum «Nachbarn» – Das Magazin der regionalen Caritas-Stellen – erscheint zweimal jährlich. Gesamtauflage: 50 000 Ex. Auflage LU: 11 000 Ex.

Caritas Luzern ist seit 2004 ZEWO-zertifiziert.

Redaktion: Urs Odermatt (Caritas Luzern); Ariel Leuenberger (national) Gestaltung und Produktion: Daniela Mathis, Urs Odermatt Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern Caritas Luzern | Morgartenstrasse 19 | 6002 Luzern | Tel. 041 368 52 00 www.caritas-luzern.ch | PC 60-4141-0

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L’organisation XY est certifiée par ZEWO depuis 19XX. CALU.indb 3

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Armut halbieren

Wir fordern eine Dekade der Armutsbekämpfung Für Betroffene ist Armut die alltägliche, belastende Realität. Doch Armut ist in der reichen Schweiz ein Tabu, auch politisch: In der Schweiz gibt es weder eine offizielle Armutspolitik noch eine Armutsstatistik. Caritas fordert eine nationale Politik, die vor allem eines will: künftige Armut verhindern.

Nicht alle Menschen in der Schweiz tragen das gleiche Risiko, arm zu werden. Es sind vor allem vier Faktoren, die das Armutsrisiko bestimmen: das Bildungsniveau, die Zahl der Kinder, der Wohnort und die soziale Herkunft. Armutsbetroffene Menschen müssen mit knappen finanziellen Mitteln auskommen, sind oft arbeitslos oder gehen einer unsicheren Erwerbsarbeit nach. Kinder, die in solchen Haushalten aufwachsen, tragen ein grosses Risiko, als Erwachsene selber wieder zu den Armen zu gehören.

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Warum gibt es Arme in der Schweiz? Schätzungen der Caritas besagen, dass jede zehnte Person in der Schweiz in einem Haushalt lebt, der von einem Erwerbseinkommen unterhalb der Armutsgrenze leben muss. Die wichtigste Ursache dafür ist wohl der wirtschaftliche Strukturwandel: Unternehmensaktivitäten mit tiefem Anforderungsprofil werden durch Maschinen ersetzt oder in Länder mit tieferen Löhnen verlagert. Im Dienstleistungssektor müssen die Kunden vieles selber übernehmen, was früher durch Angestellte erledigt wurde, sei

dies im Detailhandel, im öffentlichen und privaten Verkehr oder im Freizeitbereich. Was tun gegen die Armut in der Schweiz? Ziel jeder Armutspolitik muss es sein, die Würde von armutsbetroffenen Menschen zu bewahren, ihnen einen Platz in der Gesellschaft bereitzuhalten, eine materielle Absicherung zu gewähren, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zuzugestehen und Möglichkeiten zu bieten, damit sie aus der prekären Lebenslage herausfinden. Vor allem aber muss die Armutspolitik al-

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les tun, damit weniger Menschen in Armut geraten. Darum braucht die Schweiz eine nationale Armutsstrategie, die sich an den Vorgaben der sozialen Existenzsicherung, an der sozialen und beruflichen Integration sowie an der Vermeidung von Armut orientiert. Das Ziel muss sein, die Zahl der Armen in den nächsten zehn Jahren zu halbieren und das Risiko der Vererbung von Armut markant zu verringern. Konkret fordert die Caritas, dass sich Politik und Wirtschaft an folgenden vier Leitlinien orientieren: Armut erkennen und dokumentieren Der Bund und die Kantone müssen kontinuierlich über die Wirkung ihrer Armutspolitik Bericht erstatten. Im Rahmen einer offenen Koordination muss der Bund mit den Kantonen verbindliche Ziele in der Armutspolitik aushandeln und mit Indikatoren den Zielerreichungsgrad messen und dokumentieren. Die Grundsicherung in der Sozialhilfe landesweit verbindlich regeln Der Bund muss ein Bundesrahmengesetz erarbeiten, worin Existenzsicherung und Integration verbindlich geregelt werden. Ebenso müssen die Unterstützungsbeiträge für den Grundbedarf festgeschrieben werden. Der Bund soll deshalb die Richt-

linien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) als allgemein verbindlich erklären und die Zuständigkeiten für die soziale und berufliche Integration klar ordnen. Sozialfirmen fördern Es braucht mehr Arbeit für Menschen, die keinen Zugang zu normalen Arbeitsverhältnissen finden. Sozialfirmen können dies leisten. Der Bund und die Kantone müssen solche Sozialfirmen fördern im Rahmen der interinstitutionellen Zusammenarbeit zwischen Arbeitslosen- und Invalidenversicherung sowie der Sozialhilfe. Allen eine Ausbildung ermöglichen Der Bund muss die Ausbildung so organisieren, dass alle Menschen ohne prinzipielle Alterslimite einen Berufsabschluss machen können. Dazu müssen die entsprechenden Gesetze zur Berufsbildung und zur Arbeitslosenversicherung angepasst und die notwendigen Mittel bereitgestellt werden. In der kantonalen und kommunalen Sozialhilfe muss das Management der Übergänge von der Familie zum Kindergarten und zur Schule sowie von der Schule zur Berufsausbildung deutlich verbessert werden, damit alle jungen Erwachsenen so weit kommen, dass sie zumindest eine Lehre absolvieren können.

Das tut die Caritas bis 2020 Um die gesteckten Ziele zu erreichen, wird Caritas ihr Engagement in der Armutsbekämpfung in der Schweiz intensivieren. Sie will dies in vier Handlungsfeldern tun. • Armutspolitik systematisch beobachten Caritas wird die Beobachtung bzw. das Monitoring der Armutspolitik des Bundes und der Kantone systematisieren. In einem jährlichen Bericht wird sie darlegen, wo in den verschiedenen Politikbereichen Fortschritte, aber auch Rückschläge zu verzeichnen sind. • Sozialberatung verstärken Caritas erweitert die Sozialberatung und die Überbrückungshilfen für Arme in prekären Lebenssituationen substanziell. Das heutige Angebot kommt rund 15 000 Personen jährlich zugute, in Zukunft sollen dies 25 000 Personen sein.

Texte: Carlo Knöpfel; Illustration: Melk Thalmann, Bild: zvg

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• Caritas-Märkte ausbauen Das Netz der Caritas-Märkte wird markant ausgebaut. So können armutsbetroffene Menschen in der ganzen Schweiz Güter des täglichen Bedarfs zu sehr günstigen Preisen einkaufen. Konkret will die Caritas die Zahl der Caritas-Märkte von gegenwärtig 19 auf 30 erhöhen. • Arbeitsplätze in Sozialfirmen schaffen Die Caritas wird ihr bisheriges Angebot an Sozialfirmen erhöhen. Konkret will die Caritas 1000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen für Menschen, die im ersten Arbeitsmarkt keine Anstellung finden.

Kommentar Dr. Carlo Knöpfel, Leiter Bereich Inland und Netz der Caritas Schweiz

Jetzt sind Bund und Kantone gefordert! In der Schweiz ist zwar geregelt, wie die verschiedenen Leistungen der sozialen Sicherheit die Existenzsicherung zu garantieren haben, aber in der Sozialhilfe ergeben sich wegen des bestehenden Föderalismus sehr unterschiedliche Anwendungen. In den verschiedenen Kantonen gibt es zum Beispiel grosse Unterschiede bei der Berechnung der Durchschnittsmieten zur Festlegung des Anspruchs auf Sozialhilfebeiträge, oder der Grundbedarf der SKOS wird nicht überall in gleicher Höhe ausbezahlt. Auch die nötigen Massnahmen zur sozialen und beruflichen Integration sind nicht einheitlich geregelt. Die kantonale Zuständigkeit in der Sozialhilfe führt daher zu grossen Ermessens- und Beurteilungsspielräumen. Will man Armut in Zahlen ausdrücken, kommt man um das Festlegen einer numerisch fassbaren Armutsgrenze nicht herum. Diese Grenze zu bestimmen, ist eine politische Aufgabe, die in der Schweiz, im Gegensatz zu anderen Ländern, nie in Angriff genommen wurde. Sowohl der Blick in die Geschichte wie auch die Analyse der Gegenwart zeigen, dass eine der wichtigsten Aufgaben im Zusammenhang mit der Verminderung der Armut in einer koordinierten Armutspolitik besteht. Das Gelingen einer solchen Politik hängt nicht nur vom Willen einzelner Akteure, sondern auch von der öffentlichen Bewertung der Armutsproblematik ab.

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Armut halbieren

«Ich möchte, dass mein Sohn kein Schlüsselkind wird»

Als Alleinerziehende den Spagat zwischen Familie und Beruf zu schaffen, ist anspruchsvoll. Der 39-Jährigen ist es wichtig, dass ihr Sohn sich dennoch geborgen fühlen kann. Deshalb ermöglicht sie ihm trotz knappem Budget den Besuch des Schülerhorts. «Meine Ehe zerbrach, als mein Sohn einjährig war. Das traf mich doppelt hart, weil ich kurz zuvor die Kündigung erhalten hatte. Damals landete ich das erste Mal beim RAV. Ich liess mich davon aber nicht entmutigen, sondern holte mit finanzi-

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eller Unterstützung durch Stiftungen die Sekundarschule nach und absolvierte anschliessend noch Weiterbildungen. Dann fand ich wieder eine Stelle – aber wegen der Krise bin ich nun erneut arbeitslos. Mit dem Geld vom RAV und einem 20-Prozent-

Zwischenverdienst komme ich auf rund 3000 Franken im Monat. Mir ist wichtig, dass mein Sohn unter den knappen Verhältnissen nicht leiden muss. Ich lege regelmässig Geld auf die Seite, damit ich ihm weiterhin die Mitgliedschaft im Fussballclub finanzieren kann, und ich achte darauf, dass er gleich gekleidet ist wie seine Schulkollegen. Auf den Gameboy, den er sich sehnlichst wünscht, muss er allerdings verzichten. Ich selber träume manchmal davon, später ein kleines Nähatelier zu eröffnen und schöne Abendkleider zu kreieren.»

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«Ich möchte einen Job, bei dem ich richtig zupacken kann» Mit einer Anlehre als Automonteur und vielen Jahren als Hilfsarbeiter auf dem Bau ist es nicht einfach, den Weg aus der Arbeitslosigkeit zu finden, auch wenn der 40-Jährige bereit ist für alle möglichen Jobs. Man könne bei jeder Arbeit etwas lernen, sagt er. «Wenn ich wählen könnte, würde ich Hausabwart, denn ich bin handwerklich geschickt, kenne mich mit Reinigungsarbeiten aus und habe Freude am Gärtnern. Leider bin ich schon lange am Stempeln. Der letzte Zwischenverdienst dauerte bis

Ende 2009. Seither verbringe ich viel Zeit zuhause, setze Puzzles zusammen, mache mit Kollegen Musik – und bewerbe mich, wo ich nur kann. Ich bewohne ein Zimmer im Personalhaus eines Altersheims. Es ist sehr klein, hat aber ein eigenes WC und

eine eigene Dusche. Damit bin ich zufrieden. Denn ich weiss, wie es ist, obdachlos zu sein. Als ich meinen letzten richtigen Job verlor, kündigte man mir die Wohnung, weil ich die Miete schuldig blieb, und ich stand auf der Strasse. Nun muss ich erneut schauen, wie’s weitergeht, denn das Personalhaus wird diesen Sommer abgerissen und ich muss mir etwas Neues suchen, was nicht einfach ist ohne Arbeit. Meiner Mutter habe ich kürzlich zum Geburtstag die Küche geputzt – ein Geschenk, das nichts kostete und beiden von uns Freude machte.» 1/10 Nachbarn Caritas

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Armut halbieren

«Ich möchte wieder einmal Zeit für mich selber haben»

Mit 44 Jahren nochmals eine Ausbildung anzupacken, braucht Energie. Wenn auch noch Kinder da sind, die es ohne Partner grosszuziehen gilt, wird der Alltag erst recht zur Herausforderung. Die Mutter dreier Teenager fühlt sich oft ziemlich alleine. «Als Kind verbrachte ich viel Zeit im Spital – am Krankenbett meiner Mutter, die an Multipler Sklerose litt. Dass ich mich als junges Mädchen für den Beruf der Pflegeassistentin entschied, ist deshalb sicher kein Zufall. Nach der Heirat, als die Kin-

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der kamen, habe ich dann allerdings im Service gearbeitet und als Putzfrau. Das war hart. Als nach der ersten Ehe auch die zweite Partnerschaft scheiterte, stand ich alleine mit der Verantwortung für drei Kinder da, ohne rechten Job. Via RAV

habe ich dann einen Pflegekurs absolvieren können. Heute habe ich einen Teilzeitjob in einem Altersheim, der mir sehr gefällt. Zum Lohn kommt noch die Alimente dazu; damit kommen wir gerade so über die Runden. Ausserordentliche Ausgaben sind stets ein Problem. Einmal in der Woche besuche ich eine Abendschule, weil ich Fachfrau Gesundheit werden möchte. All das zusammen – Familie, Haushalt, Beruf, Ausbildung – ist sehr viel. Ich muss immer aufpassen, dass ich mich nicht überfordere. Freizeit habe ich so gut wie keine.»

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«Ich möchte Koch werden wie mein Vater» Der Wechsel von der Volksschule in die Lehre ist anspruchsvoll. Beim ersten Anlauf ist der 17-Jährige nach einem Jahr wieder ausgestiegen. Nun sucht er motiviert eine neue Lehrstelle. Er weiss jetzt, dass er nicht aufgeben darf – auch bei Schwierigkeiten nicht. «Als Kind habe ich oft meinem Vater in der Küche geholfen. Das hat mir gefallen. Ich habe damals viel Zeit im Restaurant verbracht, das meine Eltern zusammen geführt haben. Die Hausaufgaben habe ich meistens bei einem Handwerker in der Texte: Ursula Binggeli; Fotos: Urs Siegenthaler

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Nachbarschaft gemacht, in dessen Werkstatt ich mich wohl fühlte. Er unterstützt mich auch jetzt noch, er hat mir zum Beispiel den Zugang zum Rudersport ermöglicht. Dieser ist mir sehr wichtig, speziell jetzt, wo ich arbeitslos bin. Meine Koch-

lehre habe ich nach dem ersten Jahr wieder abgebrochen, weil mir alles über den Kopf gewachsen ist: die Erwartungen des Lehrbetriebs, der Stoff der Berufsschule, einfach alles. Jetzt suche ich einen neuen Lehrbetrieb und hoffe, dass es klappt. Ich will es durchziehen dieses Mal, unbedingt. Schliesslich möchte ich später einmal auf eigenen Beinen stehen, und Kochen macht mir nach wie vor Spass. Essen übrigens auch! Obwohl meine Eltern beide aus dem Mittelmeerraum stammen, ist mein Lieblingsgericht ‹Ghackets mit Hörnli›.»

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Armut halbieren – Caritas Luzern

Wir fordern eine kantonale Armutspolitik Luzern braucht eine Strategie gegen die Armut, die sich an den Vorgaben der sozialen Existenzsicherung, der sozialen und beruflichen Integration sowie an der Vermeidung von Armut orientiert.

Wir sind arm: Auch im Kanton Luzern kommen Menschen nicht ohne staatliche Hilfe über die Runden.

Gibt es eine Luzerner Armutspolitik oder stellt schon dieser Begriff eine Übertreibung dar? Monica Budowski, Professorin für Sozialpolitik der Universität Fribourg, bezeichnet es «als helvetische Eigenheit, dass in der Schweiz weder eine nationale Armutsforschung noch eine nationale Armutspolitik existiert». Auch die Kantone kennen keine Armutspolitik. Sucht man auf den kantonalen Websites nach dem Begriff «Armutspolitik», so resultiert oft kein einziger Treffer.

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Armutspolitik ist punktuell und nicht koordiniert … Die kantonale Politik der Armutsbekämpfung ist weder einem Departement zugeordnet noch in einem übergeordneten Strategiepapier definiert. Vielmehr findet sie in verschiedenen Bereichen statt. Armutspolitisch relevant sind nicht nur die Familienund die Bildungspolitik, sondern auch Bereiche der Wohnungs-, der Gesundheits-, der Steuer- und der Arbeitsmarktpolitik. Dennoch wird Armutspolitik allzu oft als

reine Sozialhilfepolitik verstanden: Man assoziiert damit eher das Verteilen von Hilfsgeldern als bildungs- oder gesundheitspolitische Massnahmen. … weder verbindlich definiert … Doch was meinen wir, wenn wir von Armut sprechen? Es existieren unzählige Definitionen des Armutsbegriffs – und diese widerspiegeln in ihrer Vielfalt auch die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Armut in der Schweiz. Armut ist schwer fassbar,

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denn sie stellt ein mehrdimensionales und mehrschichtiges Phänomen dar: Armut bezeichnet nicht nur den Mangel an materiellen Gütern, sondern auch den fehlenden Zugang zu gesunder Ernährung, qualifizierender Bildung, lohnender Erwerbsarbeit, medizinischer Versorgung und sozialer Teilhabe. Meist wird zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden, wobei die absolute Armut ein «zeitunabhängiges und weitgehend physiologisch bestimmtes Existenzminimum» darstellt. Absolut arm ist, wer Hunger leidet. Absolute Armut findet man in Luzern praktisch keine, sind die Hilfseinrichtungen doch genügend gut ausgebaut, um alle mit einer Mahlzeit und einem Dach über dem Kopf zu versorgen. Die relative Armut ist im Gegensatz dazu orts-, zeit- und kontextabhängig. Relative Armut bemisst sich darum immer am Lebensstandard der Mehrheit einer Gesellschaft. … noch klar gemessen Will man Armut in Zahlen ausdrücken, kommt man um das Festlegen einer numerisch fassbaren Armutsgrenze nicht herum. Diese Grenze zu bestimmen, ist eine politische Aufgabe, die in der Schweiz, im Gegensatz zu anderen Ländern, nie in Angriff genommen wurde. Als inoffizielle Grenzziehung werden in der Praxis meist die Sozialhilferichtlinien der SKOS (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe) verwen-

det, auf die in der einen oder anderen Form in den kantonalen Sozialhilfegesetzen verwiesen wird. Diese beinhalten jedoch lediglich einen fixierten Grundbedarf; alle anderen Elemente wie beispielsweise die Miete, die Krankenkassenprämien oder situationsbedingte Leistungen sind aufgrund der ungleich hohen Lebenskosten variabel. Damit können die örtlichen Gegebenheiten zwar besser berücksichtigt werden, zugleich öffnet sich hier aber auch ein grosser Spielraum für die Behörden. Unsere Forderung: Armut sehen und bekämpfen. Damit mit einer gezielten Armutspolitik die Situation der Betroffenen verbessert und die Armut in der Schweiz halbiert werden kann, müssen Behörden und Institutionen sowie die breite Öffentlichkeit das Phänomen als solches erkennen. Armut darf kein Tabu mehr sein! Politikerinnen und Politiker sowie die Verwaltungen auf der Ebene der Gemeinden, der Kantone und des Bundes sowie die verschiedensten Fachgebiete sind aufgefordert, sich für dieses Ziel einzusetzen und zu handeln. Zurzeit existieren weder klar formulierte Ziele noch überprüfbare Indikatoren, die zeigen würden, wie sich die Armutssituation verändert. Caritas Luzern fordert den Kanton und die Gemeinden dazu auf, in Armutsberichten die vorhandenen Probleme zu benennen, Strategien der Armutsbekämpfung

Links

Armut in der Politik Armut soll als Querschnittthema behandelt werden. Auf der Basis von erhobenen Zahlen sollen überdepartemental Ziele gesetzt werden, und die Zielerreichung ist in einem Bericht festzuhalten. Caritas Luzern unterstützt diese Forderung auf parlamentarischer Ebene.

zu entwickeln und umzusetzen sowie Fortund Rückschritte zu evaluieren. Die Bekämpfung von Armut in der Schweiz tangiert verschiedenste Politikbereiche. Neben der Sozialpolitik sind insbesondere Arbeitsmarkt-, Steuer-, Migrations-, Bildungs- und Gesundheitspolitik gefordert. Ziel der Armutspolitik muss es sein, Armut zu vermeiden, die Würde der armutsbetroffenen Menschen zu wahren, deren soziale Existenz zu sichern sowie Wege aus der Armut zu weisen. Deshalb fordert Caritas Luzern, dass der Kanton Luzern Armut überdepartemental wahrnimmt und dokumentiert. Der Kanton soll kontinuierlich über die Wirkung seiner Armutspolitik Bericht erstatten. Dieser Bericht bietet die Grundlage, um mit den Gemeinden verbindliche Ziele in der Armutspolitik auszuhandeln und mit Indikatoren den Zielerreichungsgrad zu messen.

Kantonsrat Luzern: www.lu.ch >Behörden >Kantonsrat Bundesamt für Statistik: www.bfs.admin.ch Bundesamt für Sozialversicherungen: www.bsv.admin.ch Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe: www.skos.ch Schweizerische Sozialversicherungsstatistik: www.bsv.admin.ch

Text: Thomas Thali; Bild: Urs Siegenthaler

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Caritas Luzern

«mit mir» – eine Erfolgsgeschichte Vor knapp zwei Jahren wurde das Projekt lanciert und läuft seither zur Freude aller Beteiligten: Caritas Luzern konnte bisher 48 Patenschaften an Kinder vermitteln, die aus belasteten Familien kommen.

Mit einer Gotte Freizeit verbringen und Neues erleben. Das Patenschaftsprojekt «mit mir» macht dies auch für Kinder aus benachteiligten Familien möglich.

Zusammen mit der Gotte oder dem Götti Zeit verbringen – das ist eine Bereicherung für Kinder, Eltern(teile) sowie Patinnen und Paten. Beidseitiges Bedürfnis Das Patenschaftsprojekt wurde vor 2003 in verschiedenen Caritas-Regionalstellen lanciert, seit Januar 2008 auch bei Caritas Luzern. «Vom ersten Moment an war ‹mit mir› ein Erfolg», erzählt Maria Willimann, Leiterin des Projektes. «Ganz offensichtlich

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bieten wir damit ein Projekt an, das auf beiden Seiten ein grosses Bedürfnis ist: sowohl bei den betroffenen Familien als auch bei Freiwilligen, die sich in einer Patenschaft engagieren möchten.» Im Mittelpunkt stehen Kinder, die aus einem belasteten Umfeld kommen. Krankheit von Mutter oder Vater, familiäre Probleme oder finanziell knappe Verhältnisse – das sind schwierige Situationen, die sich auch auf die Kinder auswirken. Eine Pa-

tenschaft entlastet die betroffenen Elternteile und ermöglicht zugleich den Kindern Erlebnisse und Freundschaften ausserhalb ihres sozialen Umfeldes. Durch den Kontakt mit der Gotte oder dem Götti lernen sie andere Familienstrukturen, Umgangsformen und Werte kennen. Nicht selten bekommen auch die Eltern der Kinder neue Impulse. Zudem macht es schlicht und einfach Spass, gemeinsam Kuchen zu backen, Ausflüge zu machen oder einfach zusammen zu spielen.

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Vertrauensverhältnis aufbauen Ob jung oder älter, alleinstehend oder verheiratet: Freiwillige, die eine Patenschaft übernehmen, haben unterschiedliche Motivationen für ihr Engagement. Etwa weil die eigenen Kinder ausgeflogen sind, weil sie Lust und Zeit haben oder Kinder im gleichen Alter. «Wichtig ist in jedem Fall das Bewusstsein, dass eine Patenschaft mit Verantwortung und Zeitinvestition verbunden ist: Bis ein Vertrauensverhältnis aufgebaut ist, dauert es eine Weile. Daher sollte das Engagement längerfristig sein.» Interessierte Patinnen und Paten werden sorgfältig ausgewählt und gut informiert, und Willimann versucht in Gesprächen herauszufinden, welches Patenkind zu wem passt. Ist eine Zuteilung erfolgt, begleitet die Caritas die Patenschaft weiterhin intensiv: Regelmässig wird evaluiert, ob die Patenschaft für Kinder, Eltern(teile) und Gotte oder Götti den Bedürfnissen und Erwartungen entspricht. Erfahrungsgemäss funke es mit jüngeren Kindern schneller und unkomplizierter als bei Kindern über 10, 12 Jahre. «Ab diesem Alter sind wir mit der Vermittlung zurückhaltender. Diese Kinder brauchen oft eher eine Art Mentor zur Unterstützung in der Schule oder für die Lehrstellensuche.» Nachhaltigkeit trotz Ressourcenmangel Die Caritas Luzern rechnet mit einer zunehmenden Nachfrage bei dem Patenschaftsprojekt, stösst jedoch schon jetzt an die Grenzen ihrer Kapazitäten: Die sorgfältige Information, Auswahl und Betreuung der Familien und der Patinnen und Paten erfordert Zeit, die finanziellen und personellen Mittel sind beschränkt. «Um das Projekt regional noch besser zu verankern und allenfalls sogar auf weitere Regionen auszuweiten, müssten wir mehr RessourText: Christine Weber; Bilder: Jutta Vogel, Brendan Rühli

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Am ersten Jahrestag von «mit mir» trafen sich Paten, Patinnen und Patenkinder zu einem Suppenznacht im Sentitreff.

cen haben», sagt Willimann. «Im Netzwerk mit anderen Caritas-Stellen prüfen wir momentan, ob und wie das Projekt nachhaltig ausgeweitet werden kann. Eine Idee ist, freiwillige Vermittlerinnen einzuarbeiten, die in ihrer Region Patenschaften vermitteln und betreuen. Das Controlling würde hingegen bei der Caritas bleiben.» Noch ist das erst in Vorbereitung – momentan hat Maria Willimann alle Hände voll damit zu tun, die anstehenden Patenschaften zu vermitteln. www.caritas-luzern.ch/mit-mir

Patenschaftsprojekt «mit mir» Die freiwillige Gotte oder der Götti verbringt mit den Kindern ein- bis zweimal im Monat einen halben oder einen ganzen Tag. Das Projekt ist für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren ausgelegt und soll auch deren Eltern entlasten. Kontakt für Interessierte: Caritas Luzern Maria Willimann Tel. 041 368 52 74 E-Mail mit-mir@caritas-luzern.ch

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Caritas Luzern

Günstige Preise für Qualitätsprodukte Letzten November wurde im Städtchen Sursee der zweite Caritas-Markt im Kanton Luzern eröffnet. Nahrungsmittel, Haushaltswaren und Frischprodukte: Der kleine, charmante Laden bietet Ware für die Grundversorgung. gen, die im Laden mitarbeiten. «Die Frauen – und auch einige Männer –, die hier ehrenamtlich mitarbeiten, sind super motiviert und engagiert. Ohne sie wäre der CaritasMarkt in dieser Form nicht realisierbar.»

Die Auswahl an Lebensmitteln für den täglichen Bedarf ist auch im kleinen Caritas-Markt in Sursee gross. Neben importierten gibt es auch Schweizer Eier aus der Nachbarschaft.

Einkaufen kann aber nicht jedermann und jede Frau: Hier kommen nur Leute zum Zuge, die ein kleines Budget haben. Ein Schweizer Ei: 45 Rappen, 5 kg Waschpulver: 4.95 Franken oder ein Pfünderli Brot: 50 Rappen. Das sind günstige Preise für einwandfreie Produkte. Der CaritasMarkt Sursee ist einer von 19 Märkten schweizweit, in dem auch Leute mit kleinem Budget zu qualitativ guten Produkten kommen. Die Warenakquisition und -verteilung wird zentral über Rothenburg organisiert, Zulieferer sind Migros, Coop, Denner und andere Grossunternehmen: Überschüssige Produkte werden gratis oder sehr günstig an die Caritas abgegeben und kommen bei den Regionalstellen in die Regale. Wer in einem Caritas-Markt einkauft, ist im Besitz einer Einkaufskarte. Abgegeben wird diese von sozialen Fachstellen an

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Personen, die unter dem Existenzminimum leben. «Das Angebot hat sich im Städtchen Sursee schnell herumgesprochen. Wir sind sehr zufrieden, wie das Projekt gestartet ist», erzählt die Ladenleiterin Sonja Köchli. «Die Leute haben keine Hemmschwelle, bei uns einzukaufen. Warum auch? Eigentlich sind wir ein ganz normales Quartierlädeli.» Nur die Caritas-Einkaufstüte, die wollen nicht alle mit sich herumtragen, lacht sie, die gerne auch einen Schwatz mit der Kundschaft macht – man kennt sich im Lädeli. Es sei auch schon vorgekommen, dass jemand mit gefülltem Einkaufskorb an der Kasse stand und über keine Einkaufskarte verfügte. «Dann erkläre ich die Idee des Ladens und das stösst auf viel Sympathie – auch wenn der Korb halt wieder ausgepackt werden muss.»

Zur Trägerschaft gehören nebst der Caritas auch die reformierte und die katholische Kirchgemeinde Sursee sowie das Soziale Beratungszentrum Sursee. «Durch diese Partnerschaft wurde der Aufbau in so kurzer Zeit erst möglich», sagt Tom Giger, Koordinator Caritas-Markt, «über unsere Partner konnte das Projekt auch kommuniziert werden und es hat geholfen, Freiwillige zu finden.» Die finanzielle Starthilfe der Partner ist auf fünf Jahre hin angelegt. Danach sollte der Caritas-Markt Sursee selbsttragend sein – ein mittelfristiges Ziel, das gemäss Tom Giger durchaus Chancen hat, erreicht zu werden.

Unterstützung Unterstützen Sie das Projekt «Caritas-Markt» mit einer Spende auf PC 60-4141-0, Vermerk «Lebensmittelladen». Herzlichen Dank! Möchten Sie, dass armutsbetroffene Menschen jeden Tag vergünstigte Lebensmittel einkaufen können? Dann übernehmen Sie einfach eine Projektpatenschaft «Lebensmittelhilfe». Mehr Informationen dazu finden Sie auf www.caritas-luzern.ch/ projektpatenschaften.

Eine wichtige Unterstützung bekommt Sonja Köchli von momentan 23 FreiwilliText: Christine Weber; Bild: Georg Anderhub

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Dichter mit Pepp Sich endlich wieder einmal gut unterhalten können: zum Beispiel in der Lesebühne von Satz & Pfeffer in Zug. Die KulturLegi Zentralschweiz macht es möglich.

erschwinglich sein. Das ist unser Grundcredo. Also haben wir den Eintrittspreis auf lediglich 15 Franken festgesetzt.» Für Personen mit der KulturLegi senkt die Lesebühne den Eintrittspreis nochmals um einen Drittel auf zehn Franken. Sie erweitert damit ihre kulturpolitische Haltung zu einem sozialpolitischen Statement. Von Orsouw: «Für uns ist klar, dass sich auch jene Leute kulturell bereichern können sollten, die sonst jeden Franken zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben.»

Auf der Lesebühne in Zug wird mit humorvoll präsentierten Texten Erholung vom Alltag geboten, die auch fürs kleine Budget erschwinglich ist. Das Programm ist eines der Angebote der KulturLegi.

Das kleine Lokal an der Oswaldgasse 11 ist an diesem Februar-Abend dicht besetzt. Im «Oswald Eleven» veranstalten Michael von Orsouw und Judith Stadlin jeden Monat die «Satz & Pfeffer Lesebühne»: ein Angebot, das in Zug voll eingeschlagen hat. Das Publikum lernt Autorinnen und Dichter kennen, die nicht einfach uninspiriert vor sich hin lesen, sondern ihre Texte frisch und humorvoll performen. Hier entsteht: Bühnenliteratur. Lesungen, wie sie bei Satz & Pfeffer zu erleben sind, bieten geistreiche Unterhaltung, vermitteln Emotionen, setzen Reflexionen in Gang. So lässt sich Energie tanken, den Alltag mit neuem Schwung zu meistern und sich nicht unterkriegen zu lassen. Eine Motivation, die gerade Menschen brauchen können, die sich mit sehr wenig Geld durch das Leben kämpfen müssen. Nur: Längst nicht alle Menschen kön-

nen es sich leisten, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. 10 statt 15 Franken Die KulturLegi hilft, diesen Teufelskreis ein wenig zu durchbrechen. Sie ermöglicht es, dass Menschen, die wirtschaftliche Sozialhilfe beanspruchen oder sich sonstwie am Existenzminimum bewegen, ab und zu ein Konzert, ein Museum, eine Theatervorstellung oder eben eine Lesung besuchen können. Betroffene äussern immer wieder, dass solche geistige Nahrung nicht zu unterschätzen ist, wenn es darum geht, wieder Licht in einen beschwerlichen Alltag zu bringen. Seit kurzem gilt die KulturLegi auch für die Lesebühne Satz & Pfeffer. Michael von Orsouw musste sich dieses Engagement nicht lange überlegen. «Wir wollen mit unserer Lesebühne in Zug nicht nur den Rechtsanwalt und die Zahnarztgattin ansprechen. Kultur soll bei uns für alle

Text: Pirmin Bossart; Bild: © Christof Borner-Keller / Neue Luzerner Zeitung

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Gut angelaufen Die 2007 lancierte KulturLegi Luzern wurde Ende September 2009 auf die ganze Zentralschweiz ausgeweitet. «Wir haben über 180 Angebote und es kommen laufend neue dazu», sagt die Verantwortliche Lili Kaelin von der Caritas Luzern. Neben Kulturveranstaltungen im engeren Sinne können mit der KulturLegi auch Angebote in den Bereichen Sport, Bildung und Freizeit besucht werden. Im Januar 2010 wurde begonnen, die bestehenden KulturLegi-Regionen national zu vernetzen. Damit werden die KulturLegi-Ausweise über den angestammten Raum hinaus gültig. Weitere Informationen: www.kulturlegi.ch/zentralschweiz

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Caritas Luzern

Nachgefragt

Freiwilligenarbeit

bei Heidi Ittig, Sozialarbeiterin in der Sozialberatung der Caritas Luzern.

Heidi Ittig, wie hoch ist der Anteil der Ratsuchenden mit Schulden? Die Hälfte der Leute, die zu uns kommen, haben Schulden. Welche Personen melden sich für eine Schuldensanierung? Es sind vorwiegend Personen und Familien mit kleinem Einkommen. Viele leben seit Jahren mit Schulden, haben also bereits eine längere Leidenszeit hinter sich. Was sind die häufigsten Ursachen? Man lebt über die finanziellen Verhältnisse, häufig mittels Kreditkarten. Man konsumiert auf Pump und hofft, dass es hintenan wieder aufgeht. Fallen dann auch noch die Einnahmen tiefer aus wegen Arbeitslosigkeit, Trennung etc., entstehen sehr schnell Schulden. Reserven gibt es in der Regel keine. Viele Leute haben zudem nie gelernt, mit den Lebenskosten umzugehen, Rechnungen regelmässig zu bezahlen. Da werden zum Beispiel Arztrechnungen aufgeschoben und mit der Rückerstattung von der Krankenkasse wird etwas anderes bezahlt.

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Ist es denn für Personen mit geringem Einkommen überhaupt möglich, Schulden zu sanieren? Es kann gerade für Einzelpersonen möglich sein, wenn sie sich einschränken. Aber für Familien mit kleinem Einkommen ist es sehr schwierig, da gibt es kaum Reserven. Viele reden auch von einem Privatkonkurs und meinen, danach seien die Schulden vom Tisch. Doch braucht es zuerst einmal 5000 Franken, um das Konkursverfahren einzuleiten. Und auch danach können die Gläubiger jederzeit wieder mit Verlustscheinen kommen und sogar erneut betreiben. Was gilt es bei einer Sanierung zu beachten? Das Wichtigste ist, keine neuen Schulden zu machen. Die Existenz, das Bezahlen der laufenden Lebenskosten, muss gesichert sein. Wir können dann von unserer Stelle aus versuchen, mit den Gläubigern Ratenzahlungen oder einen Nachlassvertrag auszumachen, um so nach und nach eine Sanierung zu ermöglichen. Was, wenn eine Sanierung nicht möglich ist? Dann bleibt oft nichts anderes, als langfristig mit dem Existenzminimum leben zu lernen und sich so einzurichten, dass mit dem wenigen Geld trotzdem eine gewisse Lebensqualität möglich ist.

Das neue Ausländergesetz räumt der Integration einen hohen Stellenwert ein und fördert Sprachkurse für Flüchtlinge. Ein Sprachkurs bedingt aber Übung und Anwenden des Gelernten im Alltag. Freiwillige sind dabei eine wertvolle Hilfe, sie unterstützen bei den Hausaufgaben oder machen Konversationsübungen. Deutsch für Eritreer Zurzeit suchen wir mehr als 40 Freiwillige für Menschen aus Eritrea, die in Luzern, in der Agglomeration, im Entlebuch und bei Willisau wohnen. Untenstehend zwei Beispiele: Wolhusen In Wolhusen sucht ein 26-jähriger Mann eine freiwillige Person, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Er lebt mit anderen eritreischen Personen in einer WG. Er möchte möglichst schnell eine Arbeit finden. Seit einem halben Jahr besucht er einen Deutschkurs und möchte das Gelernte auch anwenden können. Ebikon Herr A. lebt mit seiner Partnerin und seinem zweijährigen Sohn zusammen. Er besucht einen Deutsch-Intensivkurs in Luzern und lernt gut, hat aber keine Möglichkeit, in der Freizeit die Sprache anzuwenden. Um seine mündlichen Kenntnisse zu trainieren, wünscht er sich eine freiwillige Person. Schön wäre für ihn, wenn diese auch Familie hätte, um hin und wieder gemeinsam etwas zu unternehmen. Ihr Einsatz? Als freiwillige Mitarbeiterin oder freiwilliger Mitarbeiter bei Caritas Luzern lernen Sie Menschen mit anderen Perspektiven kennen und helfen ihnen bei der sozialen Integration. Je nach Einsatzgebiet erhalten Sie bedarfsgerechte Weiterbildung und auf Wunsch einen Sozialzeitausweis. Unter www.caritas-luzern.ch/freiwillige finden Sie weitere Informationen.

Interview & Bild: Urs Odermatt

12.3.2010 14:25:33 Uhr


«Jeder braucht vielleicht mal Hilfe» Die in Hildisrieden wohnhafte Heidi Krieger ist auch nach ihrer Pensionierung als «Lohnfee» der Caritas Luzern dem Hilfswerk verbunden. Die heute pensionierte Grossmutter von sechs Enkeln ist der Caritas Luzern treu geblieben. Nicht nur spendet sie jedes Jahr etwas für die Not- und Überbrückungshilfe und hat gar zu ihrem sechzigsten Geburtstag, statt sich Geschenke zu wünschen, ihren Freunden und Bekannten gesagt, dass sie lieber für die Caritas Luzern sammle. Die gebürtige Luzernerin ist seit einiger Zeit auch als Freiwillige für die Caritas Luzern tätig. Sie betreut einmal in der Woche eine Eritreerin mit ihrem vierjährigen Sohn, die seit zwei Jahren in Nottwil leben. Mit ihr übt sie Deutsch; schriftlich sei sie schon sehr gut, auch was die Grammatik angehe, «aber das Sprechen bereitet ihr noch einige Mühe. Vor allem am Telefon, da weiss ich nie, ob sie verstanden hat, was ich gemeint habe. Wenn ich zu ihr nach Nottwil gehe und wir uns gegenübersitzen, ist es dann viel einfacher.» «Selbst studierte Architekten kann es treffen, die Caritas um Hilfe zu fragen.»

«Am Schalter der Sozialberatung trifft man auf die unterschiedlichsten Menschen. Und es sind nicht, wie viele meinen, vor allem Ausländer. Es sind sehr viele Schweizer darunter. Und dann nicht etwa nur Leute mit Drogenproblemen oder Sozialhilfebezüger. Es sind beispielsweise Alleinerziehende wie auch Selbständige, die Ende Monat einen Engpass haben. Eines Tages stand da ein Architekt an der Morgartenstrasse und bat um Überbrückungshilfe!» So erzählt Heidi Krieger, die zehn Jahre lang für die Caritas Luzern die Lohnbuchhaltung führte und anfangs auch einen Tag am Sozialberatungsschalter der Caritas Luzern an der Morgartenstrasse stand. «Es kann halt wirklich jeden mal treffen, dass er Hilfe braucht: Die Alleinerziehende hat vielleicht kein Geld für den dringend benötigten Zahnarztbesuch ihres Kindes, der Architekt hat vielleicht grad nicht genug Flüssiges, weil sein nächstes Bauprojekt erst Text: Daniela Mathis; Bild: Urs Odermatt

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in einem halben Jahr wieder Geld einbringt und das letzte schon eine Weile her ist», meint Heidi Krieger. Beeindruckt habe sie, wie gut die Sozialberatung und damit auch die Not- und Überbrückungshilfe bei der Caritas Luzern organisiert sei und wie sie vorgehe, wenn jemand um finanzielle Hilfe bittet. Es werde genau geprüft, wer welche Unterstützung braucht. «Caritas drückt den Menschen nicht einfach Geld in die Hand», erklärt Heidi Krieger, zuerst würden sämtliche notwendigen Unterlagen geprüft. Und selbst dann fliesse nicht unbedingt Bares. Meistens wird die Originalrechnung mit dem Einzahlungsschein verlangt und die Caritas zahle die Rechnung dann innerhalb der gewährleisteten Not- bzw. Überbrückungshilfe selber. «So ist sichergestellt, dass die Hilfe für das verwendet wird, wofür sie bestimmt wurde.»

Kürzlich habe sie ihr sogar einen richtig feinen eritreischen Kaffee gemacht. Das sei fast schon eine Zeremonie, die Bohnen werden erst frisch geröstet, alles dauere. Aber das sei ein Kaffee gewesen – unvergesslich, schwärmt Heidi Krieger noch heute.

Hilfe zur Selbsthilfe Den Menschen so zu helfen, dass sie sich selber wieder helfen können, ist für Heidi Krieger zentral. So, wie es die Hilfe der Caritas Luzern ebenfalls zum Ziel hat. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns dabei. Herzlichen Dank! Caritas Luzern – Spendenkonto 60-4141-0

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Persönlich

Floriana Frassetto Die gebürtige Italienerin studierte an der Theater-Akademie in Rom. Als sie Andrès Bossard und Bernie Schürch kennenlernte, gründete sie mit ihnen 1972 die Theatergruppe Mummenschanz. Seither hat sie das weltweit erfolgreiche Repertoire von Mummenschanz miterfunden, mitgestaltet und in allen Produktionen mitgespielt.

«Wir Menschen fühlen gleich, unabhängig von Nationalitäten» Floriana Frassetto ist Gründungsmitglied der Theatergruppe Mummenschanz. Für Caritas beantwortet sie zehn Fragen.

Was würden Ihre Nachbarn über Sie sagen? Man sieht sie wenig. Sie ist auf der

Warum braucht es Caritas? Um Spenden zu organisieren und damit Menschen in Not helfen zu können.

Wann sind Sie glücklich? Wenn ich je-

Wofür lohnt es sich, zu streiten? Für Toleranz und gegenseitiges Verständnis.

ganzen Welt zuhause.

weils meine Familie wiedersehe und wenn ich aus dem Publikum ein spontanes, herzliches Lachen höre, das übrigens auf allen Kontinenten gleich tönt. Das zeigt mir, dass wir Menschen unabhängig von Nationalitäten gleich fühlen. Wie haben Sie das letzte Mal jemandem geholfen? Ich führe nicht Buch da-

rüber, aber ich helfe gerne, wann immer ich kann. Welches Erlebnis hat Sie besonders geprägt? Die Krebserkrankung meines

Lebenspartners.

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Welche Sünde begehen Sie mit Freude? Rauchen.

Was stimmt Sie zuversichtlich? Das

zunehmende Bewusstsein, dass wir unserer Natur Sorge tragen und mit unseren Ressourcen verantwortungsvoll umgehen müssen. Eine für Sie bedeutende Person in Ihrem Umfeld? Bertrand Piccard. Woher stammen Ihre Werte? Aus meiner Erziehung, der Religion, der Literatur und der Kunst.

Informationen zur Theatergruppe unter www.mummenschanz.com Bild: zvg

12.3.2010 14:26:36 Uhr


Caritas-Netz

«Wir brauchen noch mehr Ware» Drehscheibe Caritas-Warenzentrale: Im luzernischen Rothenburg werden die Produkte, die in den Caritas-Märkten verkauft werden, akquiriert, bestellt, gelagert und in Zusammenarbeit mit einem Transportunternehmen in die ganze Schweiz verteilt.

Die Warenzentrale des Caritas-Markts beliefert 19 Caritas-Märkte in der ganzen Schweiz.

Rund 700 000 Liter Milch, gegen 240 000 Kilogramm Mehl, etwa 100 000 Kilogramm Teigwaren, rund eine Million Joghurts – in diesen Dimensionen bewegt sich der jährliche Bedarf der 19 Caritas-Märkte in der Schweiz. In diesen Märkten können Armutsbetroffene Lebensmittel und andere wichtige Produkte zu einem besonders günstigen Preis einkaufen.

möglichst günstige oder kostenlose Ware beschaffen.» Dabei handelt es sich etwa um Produkte mit Fehlverpackung, Ware, von der zu viel produziert wurde, oder Lebensmittel mit kurzem Ablaufdatum. Im Moment beschäftigt sich Maurer zum Beispiel mit 240 Kilogramm Hefe, die ihm ein Lieferant gratis angeboten hat, weil sie ihr Ablaufdatum in

«Früher waren 70 Prozent unseres Angebotes Gratisware, heute sind es nur noch 40 Prozent.» Um solche Mengen zu bewältigen, braucht es eine Drehscheibe: die CaritasWarenzentrale in Rothenburg. Hier arbeitet, gemeinsam mit rund zehn Personen, Rolf Maurer, Geschäftsleiter der Genossenschaft Caritas-Markt. Der langjährige Coop-Kadermann kennt die Branche: «Die Caritas-Warenzentrale funktioniert eigentlich genau gleich wie diejenige eines normalen Detailhändlers. Wir müssen jedoch nicht Margen erwirtschaften, sondern Text: Bettina Büsser; Bild: Heinz Dahinden

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drei Wochen erreichen wird: «Wir können ihm sicher nicht die ganze Menge abnehmen und müssen sehr schnell handeln, damit die Hefe, wie alle Angebote in den Caritas-Läden, noch verkaufsfrisch ist.» Die Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Caritas-Warenzentrale hat sich über die Jahre eingespielt. Heute werden die Caritas-Märkte von Detailhändlern und Produzenten nicht mehr als potenzielle Konkurrenten betrachtet: «Geben

sie uns ihre Produkte, helfen sie Armutsbetroffenen, die sich diese in einem anderen Laden sowieso nicht leisten könnten. Ausserdem spart sich der Lieferant die Entsorgung der Ware, die er nicht mehr verkaufen kann – pro Palette kostet sie 300 bis 500 Franken», erzählt Maurer. Um bei potenziellen Lieferanten nicht in Vergessenheit zu geraten, setzt die Warenzentrale einen Mitarbeiter ein, der sie laut Maurer «aktiv bearbeitet». Er hat auch diejenigen Unternehmen im Auge, die nach wie vor Lebensmittel wegwerfen, die für die Caritas-Märkte geeignet wären: «Eigentlich eine Schande», sagt Maurer, «aber wir dürfen sie nicht anprangern, sondern müssen sie überzeugen. Wir brauchen noch mehr Ware.» Denn die Nachfrage nach den Angeboten der Caritas-Märkte steigt: 2008 erreichten sie einen Umsatz von 6,5 Millionen Franken, 2009 waren es bereits 7,2 Millionen Franken. Und für 2010 rechnet Maurer mit einer weiteren Zunahme. Er befürchtet, dass sich 2010 die Krise weiter auswirkt, «wenn diejenigen, die ihre Arbeit verloren haben, beim Sozialamt landen». Mit dem steigenden Bedarf in den Märkten wurde das Prinzip, nur Ware zu verkaufen, welche die Warenzentrale gratis erhalten hat, aufgegeben. «Vor etwas mehr als zwei Jahren waren 70 Prozent unseres Angebots Gratisware, heute sind es nur noch 40 Prozent», weiss Maurer. Deshalb kauft die Warenzentrale heute beispielsweise Grundnahrungsmittel möglichst günstig ein – verkauft werden sie dann unter dem Einstandspreis. Damit das möglich ist, hat man neben den Lieferanten von Gratisware auch Firmen gesucht, die Produkte sehr billig abgeben oder den Einkauf sponsern. «Wir mussten und müssen neue Wege suchen», sagt Maurer.

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Caritas-Netz

«Restau-Verso» – Restaurant und Sozialfirma

Haushaltsfee im Einsatz

Mit der Gründung von Sozialfirmen soll die Armut in der Schweiz wirksam bekämpft werden. Ein Beispiel ist «Restau-Verso» im jurassischen Délemont.

Eine Arbeitsmöglichkeit für Menschen in prekären Verhältnissen

Vorbereitungsarbeiten in der Küche des Restau-Verso. Bald treffen die ersten Gäste ein.

Im September 2009 öffnete «Restau-Verso» in der Industriezone des Kantonshauptortes seine Tore. Neben dem einladenden Restaurant gehören ein Self-Service, ein Take-away und ein Traiteur zum Angebot. Mit der kostenlosen Ausleihe von Velos an Kunden wird zusätzlich die gesunde Mobilität gefördert. Die von Caritas Jura ins Leben gerufene Sozialfirma (siehe Kasten) eröffnet 16 IV-Bezügern und 3 Küchenprofis mit Führungskompetenzen neue berufliche Perspektiven. Sechs Monate nach der Eröffnung hat sich das «Restau-Verso» mit rund 70 Mahlzeiten pro Tag bereits eine treue Kundschaft geschaffen. Mitarbeitende aus den Betrieben in der Umgebung, aber auch aus der Stadt selber nutzen diese Angebote gerne. Ein Beweis dafür, dass sich wirtschaftliche und soziale Ansätze durchaus ergänzen können. Weitere Informationen unter www.restau-verso.ch

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Was ist eine Sozialfirma? Eine Sozialfirma ist ein Unternehmen mit doppelter Zielsetzung: Es schafft erstens Arbeit für Personen mit Behinderungen oder Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt. Zweitens stellt das Unternehmen marktgerechte Produkte und Dienstleistungen her und deckt so nach der Aufbauphase mindestens 50 Prozent seiner Ausgaben durch Einnahmen aus dem Verkauf dieser Produkte. Mindestens 30 Prozent der Belegschaft sind Personen mit Behinderungen oder Benachteiligungen. Alle Arbeitnehmerinnen und Angestellten haben einen unbefristeten Arbeitsvertrag und erhalten in der Regel einen Lohn nach orts- und branchenüblichen Ansätzen. Weitere Informationen bei der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Sozialfirmen (ASSOF): www.swisssocialfirms.ch

Ausgesteuert und auf Sozialhilfe angewiesen zu sein heisst, in äusserst prekären Verhältnissen zu leben, oft über Jahre hinweg. Der Integrationsbetrieb «Haushalts-Fee» der Caritas Thurgau bietet Menschen in solchen Verhältnissen eine Beschäftigung und dadurch Stabilität. In der Küche wird eifrig der Glaskeramikherd geputzt und hinten im Bad rauscht die Duschbrause. Ein angenehmer Geruch von Sauberkeit zieht durch die MaisonetteWohnung. Meistens ist niemand zuhause, wenn geputzt wird. Das kommt den beiden Mitarbeitenden nicht ungelegen, denn Anonymität ist ihnen wegen ihrer desolaten Situation wichtig. «Ich gehe an jeden Einsatz mit, leite an und kontrolliere am Schluss die Arbeit», sagt die Einsatzleiterin und lässt ihren Blick prüfend über die Abzugshaube gleiten. Sie führt auch die Kundengespräche und erstellt die Einsatzpläne. Das Coaching der Mitarbeitenden wird durch einen Sozialarbeiter gewährleistet, der mit den zuweisenden Gemeinden den Kontakt pflegt. www.caritas-thurgau.ch/Haushalts-Fee

Texte: Adrian Wismann; Bilder: Restau-Verso, Caritas Thurgau; Collage rechts: Martin Blaser

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Armut bedeutet Ausgrenzung und soziale Isolation

Collage: Martin Blaser

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Kiosk Freiwilligenarbeit Hitzkirch Frau G. ist 22 und im sechsten Monat schwanger. Sie wohnt in Hitzkirch in einer Frauen-WG und möchte sobald wie möglich nach Luzern oder Umgebung ziehen. Sie hat Deutschkurse der Grundstufe 1 besucht und abgeschlossen und ist sehr motiviert, ihre Deutschkenntnisse weiterhin zu vertiefen. Sie sucht eine Person, die ihr dabei hilft. Flühli Die asylsuchende Familie aus Afghanistan lebt seit einem Jahr in Flühli, ausserhalb des Dorfes und ziemlich abgelegen. Drei Kinder gehen zur Schule. Die Frau kann einen Deutschkurs besuchen, der Ehemann und der erwachsene Sohn müssen noch warten. Sie haben keinerlei Deutschkenntnisse. Aufgabe und Ziel des Freiwilligeneinsatzes ist die Vermittlung von Grundkenntnissen in Deutsch für die drei Erwachsenen. Dies kann im Rahmen gemeinsamer Aktivitäten wie gemeinsam einkaufen, zusammen kochen etc. erfolgen. Luzern Der Iraker ist alleinstehend. Sein angeborenes Rückenleiden verursacht ihm oft starke Schmerzen. Durch gemeinsame Besuche kultureller Veranstaltungen erhofft er sich, vermehrt Deutsch sprechen zu können. Die freiwillige Person sollte Erfahrung oder Eignung im Umgang mit behinderten Menschen mitbringen und bereit sein, eine Beziehung über längere Zeit zu pflegen. Luzern Die fünfköpfige Familie kommt aus Afghanistan, die Kinder gehen teilweise schon in die Schule. Der Vater ist langzeitarbeitslos und auf Stellensuche. Seine Frau spricht besser Deutsch. Beides belastet ihn sehr. Mit regelmässiger Konversation über Alltagsthemen möchte er seine Deutschkenntnisse verbessern. Unter www.caritas-luzern.ch/freiwillige finden Sie weitere Informationen.

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Veranstaltungen

Flüchtlingstag 2010 Das Thema des diesjährigen Flüchtlingstags ist «Tandem». In Luzern findet der Tag eine Woche früher als andernorts statt.

Luzerner Stadtlauf – Solidaritätslauf Samstag, 24. April 2010 ab 17.30 Uhr Im Rahmen des nationalen Aktionstags zur Bekämpfung der Armut treten Caritas-Mitarbeitende, Dolmetschende und Freiwillige zum Solidaritätslauf an. Als «Happy Runners» und als «Crazy Runners» rennen sie in roten T-Shirts mit dem Logo «Armut halbieren» am Stadtlauf mit.

Wie gewohnt gibt es ein vielseitiges Musikprogramm sowie ein Kinderprogramm während des ganzen Tages. Stände mit kulinarischen Spezialitäten aus allen Ländern laden zum Verweilen ein. Samstag, 12. Juni 2010 10.30–19.00 Uhr Kapellplatz Luzern Weitere Informationen auf www.caritas-luzern.ch

Vereinsversammlung der Caritas Luzern Dienstag, 8. Juni 2010 Paulusheim Luzern 16 Uhr Statuarischer Teil 17.30 Uhr Armut im Kanton Luzern – Wie reagiert die Politik? Podiumsgespräch mit Politikerinnen und Politikern 18.30 Uhr Apéro

Mit dieser Ausstellung, die in verschiedenen Orten der Schweiz gezeigt wird, macht die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) Armut und Sozialhilfe zum öffentlichen Thema. Die Bevölkerung erfährt dabei, welchen Auftrag die Sozialhilfe hat und was sie leistet, um Menschen, die sich in prekären Lebenslagen befinden, zu unterstützen.

Weitere Informationen auf www.caritas-luzern.ch

5.–10. Mai 2010 Horw, Foyer Gemeindeverwaltung

Jahresbericht 2009 Der Jahresbericht 2009 der Caritas Luzern erscheint Mitte Mai. Er kann bestellt werden unter Telefon 041 368 52 00 oder per E-Mail info@caritas-luzern.ch. Er kann, wie auch der ausführliche Finanzbericht 2009, heruntergeladen werden auf www.caritas-luzern.ch.

12.–26. Mai 2010 Luzern , Heiliggeistkapelle Stadthauspark, Hirschengraben 17 28. Mai bis 6. Juni 2010 Sursee, SoBZ, Haselmatte 2A 8.–13. Juni 2010 Hochdorf, SoBZ, Hinter dem Bankweg 1

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Gedankenstrich

Charles Clerc.

Armut halbieren Nein, ich bin nicht arm. Ich esse gut und gern (und zu viel), wohne behaglich, kleide mich anständig (lieber Schurwolle als Polyester); es reicht für Theater und Konzert, für Griechenlandferien und Reisen nach Afrika; für Kino, Bücher und CDs. Die Steuern sind bezahlt und die Krankenkassenprämien gehen jeden Monat automatisch vom Konto ab. Sogar die, obwohl von Räubern abgekartet, vermögen nicht, mich in grosse Not zu stürzen. Mir geht’s gut. Vergleiche ich mich allerdings mit denen, die am Monatsende nicht nur gutes Geld bekommen, sondern auch noch Boni, bin ich wohl ziemlich arm dran. Also alles nur relativ? Ist arm, wer sich nicht so viel leisten kann wie andere? Etwas komplizierter ist das schon – und doch wieder ganz einfach: Wer Monat für Monat die Miete mühsam zusammenkratzen muss, sich viermal überlegen muss, ob es für eine neue Hose reicht, von Ferien zwar träumen darf, aber zuhause bleiben muss, wem Kino, Bücher, Theater unerschwinglich sind und wen die Krankenkassenprämien in den Ruin stürzen, kurz, wer es mit knapp mehr als 2000 Franken

Illustration: Melk Thalmann; Bild: zvg

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machen muss, ist arm, kann nicht am heutigen Leben teilnehmen, wird an den Rand gedrängt, fällt raus. 700 000 bis 900 000 sollen es in der Schweiz sein. Immerhin ungefähr ein Zehntel! Und diese Zahl will Caritas bis 2020 halbieren. Halbieren hat mit teilen zu tun. Dass, wer hat, teilen sollte mit denen, die da nicht haben, ist in jeder halbwegs anständigen Zivilisation guter Brauch. Nur, barmherzig teilen, wie einst St. Martin seinen Mantel, ist recht und gut, aber in heutigem Sinn nicht wirklich gerecht. Wirklich gerecht teilen heisst Regeln aufstellen, die das Recht an der Teilhabe sichern. Man (das heisst die Politik, letztlich wir alle) sollte sich mal richtig drum kümmern. Auch das ist einfach – eigentlich. Natürlich kostet es etwas: «Vo nüüt chunnt nüüt.» Aber leisten könnten wir es uns allemal. Drum gibt es eigentlich keinen Grund, nicht zu probieren, die Armut zu halbieren. Wir sollten es tun. Tun wir es?

Charles Clerc, ehemaliger Redaktor und Moderator Tagesschau 16 Jahre war Charles Clerc als Redaktor und Moderator der Tagesschau beim Schweizer Fernsehen tätig. Sein Markenzeichen war jeweils sein Schlusssatz «Und zum Schluss noch dies ...».

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Nationaler Aktionstag am 24. April 2010 Armut in der reichen Schweiz ist ein Tabu. Armut kann jeden und jede treffen: Von Armut bedroht ist, wer arbeitslos oder krank wird, wer ungenügend ausgebildet ist, wer drei oder mehr Kinder hat, wer eine Scheidung durchmacht oder Opfer einer Wirtschaftskrise wird. Vier Bereiche sind im Kampf gegen die Armut zentral: • Armut erkennen und dokumentieren; • die Grundsicherung in der Sozialhilfe landesweit verbindlich regeln; • Sozialfirmen fördern; • allen eine Ausbildung ermöglichen. Am 24. April macht Caritas deshalb in der ganzen Schweiz auf diese Anliegen aufmerksam. Erfahren Sie mehr über die Aktionen in unserer Region auf Seite 22 und unter www.caritas-luzern.ch.

Samstag, 24. April 2010

Luzern

Detailliertes Programm unter: www.caritas-luzern.ch CALU.indb 24

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