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Zeitschrift der 端berkonfessionellen Bewegung Campus f端r Christus Schweiz

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POLITISCHES ENGAGEMENT

Bundeshaus in Bern


I N H A L TE D I T O R I A L politisches engagement | inhalt

politisches engagement | editorial

Inhalt

Editorial

ZUM THEMA

KUNST

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«Wir leben heute und müssen heute verantwortlich handeln» Interview mit EVP-Nationalrat Heiner Studer

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Mitwirken statt jammern Porträts von Personen mit politischer Erfahrung auf Bundesebene

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Interview mit SVP-Nationalrat Walter Schmied

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Mit christlichen Werten politisieren

Ein offenes Haus bedingt einen heissen Ofen

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CFC National

CFC International FamilyLife in Italien, Deutschland und Österreich

«Das Politseminar – ein Pfingstereignis»

Betendes Engagement im Bundeshaus

Befreundet seit der Kindheit – engagiert in Kirche und Politik

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Agenda Inserate Impressum

RÜCKSEITE

Die Geschichte zweier Polit-Freunde in Olten

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Es gibt Christen, die sich auf Offenbarung 13 berufen, im Staat einen Feind sehen und politisches Handeln als Drecksgeschäft verteufeln. Andere stützen sich auf die Bergpredigt und denken, der Staat müsse Gerechtigkeit schaffen, Frieden stiften, sich um Arme kümmern und die Natur schützen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn der Staat das Paradies auf Erden errichten würde. Einige Christen verhalten sich obrigkeitsgläubig und stützen sich auf Römer 13. Es gibt Christen, die sich als Bürgerinnen und Bürger dem Staat gegenüber passiv und abstinent verhalten. Sie wollen mit der Welt nichts zu tun haben.

Kurznachrichten von Campus für Christus Schweiz

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Das Evangelium ist hochpolitisch

Porträt über Bundeshausbeter Jean-Claude Chabloz

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Manfred Kiener

In die Kommunalpolitik berufen

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Schliesslich gibt es Christen, die ihre politische Verantwortung wahrnehmen. Sie stützen sich unter anderem auf Vers 7 in Jeremia 29: «Bemüht euch um das Wohl der Stadt, in die ich euch wegführen liess, und betet für sie. Wenn es ihr gut geht, wird es auch euch gut gehen.»

Was es wäre ohne Liebe

Wie Menschen den Weg in die politische Behörde fanden

Der Barbier von Sevilla in der Kirche

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Sie bringen das biblische Menschenbild und christliche Werte in die öffentliche Diskussion ein. Sie bauen Brücken zwischen politisch verfeindeten Lagern. Sie stützen die Religions- und Meinungsfreiheit, damit das Evangelium weiterhin verkündet werden kann.

Brot für Leib, Seele und Geist

HINWEISE

Interview mit dem Initianten Hanspeter Schmutz

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Trudi Gerster erzählt Bibeltexte auf Neuer CD

Dr. Alfred Aeppli: «Glaube und Politik gehören zusammen»

Pfingst-Politseminar in Rasa

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«Gschichte us de Bible»

Schweizer Engagement für Russlands Zukunft

Hanspeter Nüeschs «Besinnung unter der Bundeskuppel»

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Christen gründen die Kulturinitiative Arts+

REPORTAGE

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Für künftige Generationen auf Privilegien verzichten

Christen und die Politik

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Zur Zeit des Alten Testaments schien es keine Frage zu sein, ob sich gottesfürchtige Männer und Frauen politisch engagieren sollten. Wir lesen im Alten Testament eine Geschichte nach der anderen über Politiker wie Mose, Josua oder David. Sogar Frauen wie die Königin Esther mischten sich trotz Gefahr in die Politik ein. Propheten wie Nehemia übernahmen politische Aufgaben. Joseph stieg vom gefangenen Ausländer zum zweitwichtigsten Mann im Staat auf.

Beten Sie für Politikerinnen und Politiker auf allen Stufen. Im Neuen Testament dagegen lesen wir weniger von Christen in politischen Ämtern. Die Juden wollten Jesus Christus zwar zu ihrem König krönen. Sie dachten, er werde sie von den Römern befreien. Jesus selber verstand sich jedoch nicht als Staatsmann. Er betonte vor Pilatus: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt.» Wie Jesus übernahmen auch die

Apostel keine politischen Funktionen. Sie diskutierten zwar sehr wohl mit politischen Führern, Paulus sogar mit dem römischen Kaiser. Doch die Apostel wollten vor allem evangelisieren und Gemeinden gründen. Als das Neue Testament geschrieben wurde, besass das Volk allerdings noch nicht diese politischen Möglichkeiten, wie wir sie heute in demokratischen Staaten kennen. Politische Chancen bieten sich in einer Demokratie auch Christen. Wir porträtieren einige, die sich in verschiedenen Parteien und Ämtern engagieren. Damit wollen wir Lesende ermutigen, ihre politische Verantwortung wahrzunehmen, gerade auch im Hinblick auf die Nationalratswahlen. Wenigstens an der Basis können und sollen alle, die das Stimmrecht besitzen, ihre politischen Rechte ausüben. Nehmen Sie an Abstimmungen, Gemeindeversammlungen und Wahlen teil. Beten Sie für Politikerinnen und Politiker auf allen Stufen. Setzen Sie die Namen von fähigen christlichen Männern und Frauen, die sich zur Wahl stellen, auf Ihre Liste und geben Sie ihnen Ihre Stimme. Und prüfen Sie doch vor Gott, ob er Sie vielleicht nicht sogar selber in ein politisches Amt beruft. Manfed Kiener

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«Ich dachte : Wer Einflu ss und Mach Ich möchte t hat, brauch mich für die t mich nich sonst Bena t. chteiligten einsetzen.»

«Wir leben heute und müssen heute verantwortlich handeln»

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Interview mit EVP-Nationalrat Heiner Studer «Alle Lebensbereiche sollen Gott unterstellt sein», betont EVP-Nationalrat Heiner Studer aus Wettingen. Christen sollten sich nicht auf Ethik und Moral beschränken. Sie sollten vielmehr Gottes Verwaltungsauftrag und ihre Verantwortung ganzheitlich wahrnehmen, etwa bei öffentlichen Finanzen oder in der Bewahrung der Schöpfung.

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Manfred Kiener und Johanna Vollenweider CZ: Wie sind Sie zur Politik gekommen? Heiner Studer: Quasi mit der Muttermilch. Meine Mutter war Oberbaselbieterin. Ihre Brüder und ihr christliches Umfeld engagierten sich dort politisch. Als sie in den Kanton Aargau kam, war mein Vater in der EVP Wettingen aktiv. Meine Mutter wurde mir, als ich in die Politik einstieg, zur wertvollen Beraterin. Sie interessierte sich und fragte zurück. Sie tat dies, obwohl sie als Frau noch kein Stimmrecht hatte. Sie politisieren seit über 40 Jahren. Was motiviert Sie? Ich begann mich mit 16 Jahren in der EVP zu engagieren. Im Herbst 1966 schrieb ich mit 17 meinen ersten Leserbrief. 1968 bestand ich die Matura und realisierte: Es hätte genügend Güter auf der Erde, doch sie sind ungerecht verteilt. Diese Erkenntnis führte zu einer sozialen Erweckung 4

bei mir. Ich wollte die Kluft zwischen Arm und Reich in der Schweiz sowie weltweit verringern. Ich dachte: Wer Einfluss und Macht hat, braucht mich nicht. Ich möchte mich für die sonst Benachteiligten einsetzen. Weil ich das Christsein umsetzen wollte, wählte ich die EVP. Mich beeinflusste der Methodismus um John Wesley: Persönlicher Glaube und gesellschaftliches Engagement ergänzten sich und verhinderten in England eine Revolution. Wie sind Sie zur Evangelisch-methodistischen Kirche gekommen? Unsere Region war überwiegend katholisch. Mit der Industrialisierung mischten sich die Konfessionen. Meine Familie zog 1915 nach Wettingen. Wenige Schritte von unserem Haus entfernt, war 1913 die Methodistenkirche Baden entstanden. Meine Grossmutter ging dorthin. Seither sind wir Doppelmitglieder in der Landes- und in der Evangelischmethodistischen Kirche. Ich übte

Aufgaben in beiden Kirchen aus und wirke heute noch als Laienprediger. Mehrere Pfarrer der Landeskirche engagierten sich bereits nach der Gründung der EVP Schweiz 1919 in Brugg in der Partei, weil sie die soziale Not in ihren Kirchgemeinden dazu trieb. Bereits Jeremias Gotthelf engagierte sich als Pfarrer und Autor sozial. Gotthelf ist mein Lieblingsschriftsteller! Als ich als Kirchenpflegepräsident zurücktrat, schenkte mir die Kirchgemeinde alle Gotthelf-Werke. Gotthelf beschreibt einen Pfarrer, der zum Amtsrichter sagt: «Mein Glaube ist nicht der von dieser Sekte, die einfach am Tisch sass und wartete, bis das Essen in vollen Schüsseln vom Himmel kam. Mein Glaube ist dieser, dass Gott nichts tut, zu dem er uns Gaben und Kräfte gegeben hat.» Wir sollen unsere gottgeschenkten Gaben einsetzen im Wissen, dass nicht alles in unserer Hand liegt. cz 3|07

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politisches engagement | wir leben heute und …

Welche Rolle spielt das Gebet in Ihrem politischen Engagement? Ich lasse mich als Christ durch biblische Regeln leiten und nutze zur Besinnung die Herrnhuter Losungstexte. Nicht die Länge eines Gebetes ist wichtig, sondern bewusstes und regelmässiges Beten. Vor jeder wesentlichen Entscheidung frage ich: «Jesus, was willst du für mich, für unsere Gesellschaft?» Als Menschen wünschen wir uns klare Entscheide zwischen schwarz und weiss, gut und böse. Aber meistens bleiben die Bereiche grau. Wir müssen verantwortungsvoll herausfinden, wo sie dunkelgrau und wo hellgrau sind. Es ist wertvoll, zu wissen, dass viele Leute für mich beten. Wer sich einsetzt, der setzt sich aus. Wie gehen Sie damit um? Was ich als Vizeammann in Wettingen oder als Nationalrat tue, ist überprüfbar. Das ist kein Problem, solange ich meine Entscheide vor Gott und vor mir selber verantworten kann. Meine norwegische Frau Marit lernte ich durch die Politik in Holland kennen. Mein politisches Engagement sollte zu keinen Nachteilen für unsere Kinder führen. Inzwischen arbeitet unsere älteste Tochter Heidi in der Schweizer Botschaft in Oslo. Unsere zweite Tochter Lilian wurde 2002 als jüngste Frau für die EVP in den aargauischen Grossen Rat gewählt. Die jüngste Tochter Birgit denkt ebenfalls politisch. Offenbar hat mein Engagement unsere Töchter beflügelt. Fällt es Christen leichter, im öffentlichen Leben zu stehen, weil sie integer sind und keine Angst haben müssen, es komme etwas ans Tageslicht? Für Christen müsste es so sein! Glaubwürdigkeit ist ein Stichwort der Lebenswertekampagne der EVP Schweiz. Ich hoffe, viele Bürgerinnen und Bürger empfinden uns Christen in der cz 3|07

• Nationalrat Heiner

Studer vor dem Wetti nger Rathaus in dem er als Vizeamm ann wirkt.

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politisches engagement | wir leben heute und …

Heiner Studer Heiner Studer politisierte zwölf Jahre lang im Einwohnerrat in Wettingen und wirkt dort seit mehr als 21 Jahren im Gemeinderat, davon über dreizehn Jahre als Vizeammann. Er sass mehr als 25 Jahre im Grossen Rat des Kantons Aargau, wo nun seine Tochter Lilian Studer amtiert. Heiner Studer ist seit 1999 Nationalrat und stellt sich im Herbst 2007 zur Wiederwahl.

«Als Christen müssen wir aufpassen, dass wir nich t einfach gegen etwas sind, bloss weil es dem Zeitgeist entspricht. Es geht nicht überall nur bergab mit unserer Gese llschaft, es gibt positive Entwicklungen.»

Politik als glaubwürdig. Wenn eine Person uns anders wahrnimmt, bin ich froh, wenn sie nachfragt: «Ich verstehe nicht, warum ihr hier so redet und dort jenes tut.» Wenn ein Christ in der Öffentlichkeit steht, müsste er menschlicher sein als der Durchschnitt und sich in Andersdenkende einfühlen können. Doch bei wichtigen Inhalten muss er seinen Kopf hinhalten. Als Christen müssen wir aufpassen, dass wir nicht einfach gegen etwas sind, bloss weil es dem Zeitgeist entspricht. Es geht nicht überall nur bergab mit unserer Gesellschaft, es gibt positive Entwicklungen. Gerade im Umgang untereinander ist viel Elitäres der früheren Klassengesellschaft verschwunden. Wie sollen sich Christen politisch engagieren? Alle Lebensbereiche sollen Gott unterstellt sein. Wir leben heute und müssen heute verantwortlich handeln. Früher beschränkten sich Christen auf moralische, ethische und soziale Fragen. Finanzen waren kein Thema. Wer mitgestalten möchte, sollte eine Ahnung von Finanzpolitik haben. Ich schloss die Handelsmatura ab. Öffentliche Finanzen interessierten mich schon immer. Ich vertrete den Abbau der Bundesschulden. Wir können der nächsten Generation nicht nur Schulden überlassen. Gottes Verwaltungsauftrag an die Christen ist eindeutig. Wir sind ebenso verantwortlich für materielle Güter wie für die Schöpfung. 6

Welche Tipps geben Sie Christen, die sich politisch engagieren wollen? Ich empfehle: Sei neugierig und bereit, Neues zu lernen. Viele fragen sich, ob sie etwas beizutragen hätten. Doch jeder hat berufliches Fachwissen oder andere wertvolle Kompetenzen. Es kann sein, dass jemand für eine Entsorgungskommission Wissen mitbringt und sonst kein politisches Amt hat. Jeder Einsatz auf Gemeinde-, Kantons- oder Bundesebene ist wichtig. Für die Politik braucht man weder ein Diplom noch ein Studium. Einzige Voraussetzung ist das Stimm- und Wahlrecht und schliesslich die Wahl in ein Amt. Um sich nicht zu überfordern, empfehle ich jedem, die politischen Themen für sich in drei Gruppen aufzuteilen: 1. Themen, in denen ich eine Fachperson bin oder werden will. Darin nehmen andere mich ernst. 2. Themen, von denen ich gerade genug weiss, um die richtigen Fragen zu stellen, zum Beispiel: «Wie funktioniert das?» 3. Themen, von denen ich keine Ahnung habe und wo ich kein Experte sein muss, sondern mich auf andere verlassen kann. Wie kann ich Christen in der Politik unterstützen? Die einen entscheiden sich bei Wahlen für jene Partei, die ihnen am nächsten liegt. Andere wollen Christen wählen

und tragen sie aus den Parteilisten auf einer separaten Liste zusammen. Für mich ist nicht nur wichtig, ob jemand Christ ist, sondern welche Schwerpunkte diese Person vertritt und ob sie ein biblisches Menschenbild hat. Ich war mehrmals am National Prayer Breakfast in Washington. Einmal traf ich dort den 25-jährigen Brian, der später in den US-Kongress gewählt werden wollte. Er wünschte sich Tipps von mir für seinen politischen Weg. Ich stellte ihm die Frage: Hast du die Menschen gerne, die du vertreten willst? Lass die Politik bleiben, wenn du diese Frage als Christ nicht mit Ja beantworten kannst. Brian sitzt inzwischen im Parlament des Bundesstaates Tennessee. Was haben Schweizer Christen politisch gut gemacht, und wo müssen wir uns verbessern? Bei den Entscheiden rund um den Schutz des Sonntags hätten wir ohne Christen aus verschiedenen Kirchen heute weniger Schutz. Wir sind als EVP in der Mitte stärker geworden. Nun bemühen sich Parteien von links und rechts um uns Christen. Im Bundeshaus halten wir in jeder Sessionswoche eine christliche Besinnung unter der Bundeskuppel. Sie war nach einer Idee von Otto Zwygart senior 1979 gegründet worden. Seit 2000 bin ich zusammen mit CVP-Ständerat Theo Maissen dafür zuständig. Zu dieser Andacht erscheinen Leute aus allen Fraktionen. Auch die Bundeshausbetenden Jean-Claude cz 3|07

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«Hast du die Men schen gerne, die du vertreten will Lass die Politik bl st? eiben, wenn du diese Frage als Ch nicht mit Ja bean ri st tworten kannst.»

Chabloz, Beat Christen und Maria Wyss sind dazu eingeladen. Dort tauschen wir über Parteigrenzen hinweg aus. Verhalten sich Christen heute politischer als vor 40 Jahren? Als ich begann, traf ich nur wenige Junge aus christlichen Gemeinden. Leute, die zuvor in der christlichen Jugendarbeit eine Führungsrolle innehatten, stiessen später zur EVP, weil sie politische Verantwortung übernehmen wollten. So viele profilierte Junge wie in den letzten zehn Jahren habe ich in der Partei allerdings bisher noch nie erlebt. Sie bringen sich ein, ohne zu schauen, ob ihnen die Partei die besten Chancen bietet. Wenn ein Christ in eine andere Partei gehen will, rate ich ihm: Tu das nicht alleine, sonst bist du dort mit deinen Anliegen alleine. Es ist besser, wenn zwei oder drei Personen deine Anliegen dort teilen. cz 3|07

Die EVP ist gesprächsbereit nach allen Seiten. Wie gelingt das? Die Kirchen umfassen alle Gesellschaftsschichten. Auch in der EVP haben wir diverse Prägungen. Ausgehend von christlichen Werten arbeiten wir situativ mit anderen zusammen, so in Umweltfragen mit den Grünen, in der Drogenpolitik mit der SVP, in der Entwicklungszusammenarbeit mit der SP, in ethischen Fragen mit der CVP oder in gewissen finanzpolitischen Fragen mit der FDP. Die norwegische Pfarrfrau Bergfrid Fjose war als Sozialministerin bereits über 50 und trotzdem populär bei den Jungen. Sie war einerseits offen und andererseits «wertkonservativ und radikal». Sie wollte Werte bewahren und Probleme radikal an der Wurzel anpacken.

das liegt allein in Gottes Hand. Wir sollen jedoch Verantwortung übernehmen und uns fragen: Gott, was heisst das heute konkret? Wir erleben eine Polarisierung und Medialisierung in der Politik. Nur «Action» scheint aufzufallen. Es gilt, ein Problem so zuzuspitzen, dass es verstanden und bekannt wird. Gleichzeitig darf es weder lächerlich noch zu plakativ werden. Als Christen sollen wir integrierend wirken und gleichzeitig für wichtige Themen den Kopf hinhalten. Es ist heute nicht schwieriger, in der Öffentlichkeit Christ zu sein als früher. Heute suchen viele nach Werten. Mir berichten immer wieder Leute: «Was du da oder dort gesagt oder getan hast, hat mich beeindruckt. Es hat mir geholfen, später selber gute Entscheide zu fällen.»

Wie beurteilen Sie die politischen Chancen der Christen? Chancen für Christen gibt es immer. Wir können nicht die Schweiz retten, 7


W I R K U N G

politisches engagement | mitwirken statt jammern

Nationalrat

Urs Bernhardsgrütter, Grüne Partei, St. Gallen «Wer sich von Gott getragen weiss, kann auch für die Gesellschaft etwas bewirken.»

Gespräche am Familien- und Stammtisch sind für Urs Bernhardsgrütter von Kindheit an etwas ganz Alltägliches. Und dabei werden nicht nur Sprüche geklopft, sondern es wird über Gott und die Welt diskutiert. Kein Wunder, die Eltern führten ein Restaurant gleich neben der Kirche. Beide Themen prägen auch heute das Leben des 45-jährigen Familienvaters und Nationalrats.

Mitwirken statt jammern Porträts von Personen mit politischer Erfahrung auf Bundesebene Wir porträtieren fünf Personen, die sich auf nationaler Ebene politisch engagieren. Sie fordern Christen heraus, Verantwortung zu übernehmen, sich in die politischen Diskussionen einzumischen und für positive Werte einzutreten.

Tom Sommer «Mein Vater war katholischer Christ und ist mir mit seiner ruhigen und aufrichtigen Art, das Leben anzugehen, ein grosses Vorbild geworden. So lernte ich schon früh, mich in Politik- und Glaubensfragen einzumischen», erzählt Urs Bernhardsgrütter begeistert aus seinen frühen Jahren. Als neben ihrem Dorf eine Autobahn geplant wird und dafür Wälder, Häuser und der schöne Schlittelhang abgetragen werden sollen, beginnt zusammen mit seinem Bruder ganz praktisch das politische Engagement: Im Rahmen eines Referendums, das vom Landesring der Unabhängigen (LdU) und den Grünen getragen wird, wehren sie sich gegen den Autobahnbau. Das berufliche Engagement, zunächst in der Fahrzeug-, dann in der Apparate- und später in der Druckbranche, wird zunehmend vom Interesse an ethischen Fragen überlagert. «Schon früh lernte ich in Glaubenskursen Bibeltexte kennen. Als man in unseren Kreisen dann später Mitarbeitende suchte, entschied ich mich für eine nebenberufliche Katechetenausbildung.»

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Im Frühjahr 2008 wird Urs Bernhardsgrütter ein vollwertiges Theologiestudium in Luzern abschliessen, mit dem Fernziel, sich in Gemeindeleitung, Entwicklungszusammenarbeit oder bei Fragen zu Kirche und Politik zu engagieren. Nach einem sechsjährigen Engagement im St. Galler Kantonsrat sitzt Urs Bernhardsgrütter seit Juni 2006 im Nationalrat. Sein politisches Engagement sei auch ein Ausdruck von Dankbarkeit, da er es im Leben einfach immer gut gehabt habe. So könne er auf der politischen Bühne etwas zurückfliessen lassen von diesem Segen: «Es gibt so viele Verstösse gegen soziale Anliegen und gegen die Umwelt, dass ich mich berufen fühle, mich politisch zu engagieren.» Schliesslich, so ergänzt er, sollten auch einmal seine Grosskinder eine lebenswerte Welt vorfinden. Hier lautet das Stichwort: Zukunftsfähige Raum- und Verkehrsplanung mit gesicherten Grün- und Erholungsräumen. Weil die Aspekte Welt und Schöpfung bei den Grünen am stärksten betont würden, engagiere er sich auch in dieser Partei.

Er sei dort wirklich mit wertorientierten Politikern zusammen. Aber: «Natürlich bin ich je nach Geschäft auch in der Oppositionsrolle, zum Beispiel als es um die Fristenregelung ging». Ein Freund von Urs Bernhardsgrütter ist behindert. Dieses Beispiel gibt ihm Einblick, wie Behinderte als Randgruppe leben. Deshalb engagiert er sich für ihre Anliegen: Sie sollen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das Thema IV-Revision und die Integration von Behinderten haben deshalb bei ihm einen hohen Stellenwert. Woher er die Kraft nehme für das Leben in Familie und Politik, will ich wissen. Bei grossen Arbeitsbergen spüre er deutlich innere Anspannung und gar Nervosität, gibt Urs Bernhardsgrütter zu. Aber dem könne man ja aktiv begegnen: «Auf Spaziergängen im Wald, im Spiel mit meinen Söhnen, beim Sport, im Gottesdienst und vor allem in der persönlichen Gebetszeit kann ich auftanken. Die Aufgaben verlieren ihre Schwere, bedrohliche Kanten werden geschliffen, sodass ich tatsächlich immer wieder loslassen kann. Gott trägt mich ja!»

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politisches engagement | mitwirken statt jammern

Generalsekretär der EVP Schweiz,

Joel Blunier

Nationalratskandidatin

Barbara Günthard, FDP, Zürich

«Wir stehen positiv für Lebenswerte ein»

«Wieder von innen heraus solidarisch handeln»

«In der EVP bin ich frei von linken oder rechten Blockideologien und unabhängig von wirtschaftlichen Interessenvertretungen», betont Joel Blunier, Generalsekretär der EVP Schweiz in Zürich. Der christliche Glaube gehöre in alle Lebensbereiche hinein. Deshalb engagiere er sich für Lebenswerte und leite zusammen mit seiner Frau Andrea die Vineyard-Kirche Aarau.

Barbara Günthard-Maier (35) aus Winterthur wechselte 2004 das politische Lager: Nach zwei Jahren Medienarbeit bei der SP Schweiz lief sie quasi zum politischen Feind über, zu FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger. Bei diesem Wechsel spielte ihr Glaube eine zentrale Rolle. Seit 2006 sitzt Günthard im Grossen Gemeinderat Winterthur. Seit einem Jahr fördert sie zudem als Politberaterin andere Akteure. Aktuell kandidiert sie auf der FDP-Liste des Kantons Zürich für den Nationalrat.

Manfred Kiener «Die Perspektive der Christen muss über Themen wie die Verhinderung von Minaretten in der Schweiz oder die Bekämpfung von Vampirsongs hinausgehen», ist Joel Blunier überzeugt. Christen sollten sich fragen: «Sind wir noch Salz und Licht in der Gesellschaft? Sind wir noch relevant? Oder igeln wir uns ein und werden öffentlich nur noch sichtbar, wenn wir bei (vermeintlichen) Bedrohungen unsere Stacheln ausfahren?» Joel Blunier will mit der EVP positive Ansätze fördern: «Es gibt nichts Positiveres als das Evangelium, als die biblische Hoffnung. Wenn wir positive Botschaften senden, können wir den Sendezeitpunkt selber bestimmen. Aus diesen Gedanken heraus ist die EVPKampagne für Lebenswerte entstanden» (www.lebenswerte.ch, siehe Seite 21). Joel Blunier ermutigt Kirchen dazu, Personen in den Kantons- oder Gemeinderat sowie in die Schulpflege zu senden. Die Kirchen sollten diese Verantwortungsträgerinnen und -träger dort im Sinne einer ganzheitlichen Sicht des Reiches Gottes unterstützen. Aufgewachsen in Murgenthal, trat Joel Blunier mit 24 Jahren in Hunzenschwil seine erste

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Lehrerstelle an. Als Neuzuzüger erhielt er von der Gemeinde Suhr eine Liste aller Ortsparteien und bestellte Informationsmaterial bei der EVP. Aufgrund der Inhalte trat er der Ortspartei bei. Beruflich überlegte sich Joel Blunier, ob er noch studieren solle. Er besuchte die Studienberatung und bewegte die Frage im Gebet sowie mit Freunden. Er erhielt den Eindruck, Gott fokussiere ihn auf Politikwissenschaft. So nahm er 1997 an der Universität Bern dieses Studium auf. 1999 suchte er einen Praktikumsplatz und klopfte bei EVP-Generalsekretär Daniel Reuter an. Die Geschäftsleitung der Partei gab grünes Licht. So sammelte Joel Blunier im Wahlkampfsommer 1999 drei Monate Erfahrungen auf dem Sekretariat der EVP Schweiz in Zürich. Später arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter teilzeitlich weiter für die Partei. Im November 2001 begann Joel Blunier seine Lizenziatsarbeit über politisches Marketing der Schweizer Parteien zu schreiben. Da trat Daniel Reuter als Generalsekretär der EVP Schweiz zurück. «Ich bin nachgerückt und

erhielt eine Traumstelle als Politologe und Christ.» Die Lizarbeit rückte in den Hintergrund und wurde erst 2006 fertig. «Für mich soll der Glaube keine Theorie zwischen den Buchdeckeln der Bibel bleiben. Wir leben als Christen in der Spannung zwischen dem Schon-jetzt und dem Noch-nicht. Durch Jesus Christus ist das Königreich Gottes zwar angebrochen, aber es bleibt unvollendet bis zu seinem Wiederkommen. Wir erleben schon jetzt Gottes Eingreifen in vielen Situationen. Gleichzeitig ist noch nicht alles gut.» Deshalb engagiere er sich in der EVP und der Vineyard-Kirche für die Armen, lindere menschliche Not und setze sich für christliche Werte ein. «Wir müssen heute öffentlich für Gerechtigkeit, Friede und die Bewahrung der Schöpfung einstehen. Als Christen können und sollen wir gesellschaftliche Rahmenbedingungen mitgestalten. Dabei können wir versuchen, im Sinne von Jesus Christus zu wirken.» Trotz allen Engagements kann Joel Blunier auch loslassen: «Als Christ kann ich Gelassenheit entwickeln und Sorgen im Gebet abladen. Dank meinem Glauben kann ich zudem meinem Gewissen freier folgen, wenn ich Gefahr laufe, in meiner politischen Tätigkeit in falsche Abhängigkeiten zu geraten.»

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Manfred Kiener «In Bundesbern fühlen sich viele ihren Interessengruppen statt dem Allgemeinwohl verpflichtet», meint Günthard zu ihren Beobachtungen in der Bundespolitik. Bei einer inhaltlichen Analyse zur Situation der Schweiz habe ihr zu denken gegeben, dass sich die Bundesschulden seit den Neunzigerjahren verdreifacht, die Sozialausgaben verdoppelt hätten, ein Durchschnittshaushalt schon heute einen Drittel seiner Einkünfte als Steuern, Gebühren und Sozialabgaben wieder abgebe. Vor diesem Hintergrund habe sie zu zweifeln begonnen, ob die Probleme der Zukunft mit den klassischen linken Umverteilungsmustern zu lösen seien. «Im linken Parteienspektrum erwartet man die Hilfe von anderen oder vom Staat. Ich merkte, dass ich nicht mehr glaubte, dass das funktioniert. Ich sah, dass das Geld fehlt.» Als Christin habe sie sich zu Ehrlichkeit verpflichtet gefühlt und deshalb eine Haltung des Immermehr-Forderns nicht länger öffentlich vertreten können: «Ich begann zu ahnen, dass die Bedeutung der Eigenverantwortung zunehmen würde. Wir müssen wieder aus eigenem Antrieb solidarisch handeln, von innen heraus.» Der Mensch sei ein Jäger und Sammler. Er nehme, was er könne, auch vom Staat. Das sei normales menschliches Handeln.

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Heute macht sich Günthard stark für Anreize zur Eigenverantwortung im Umverteilungssystem. «Als Journalistin hatte ich Projekte von World Vision in Mali besucht. Dort konnte ich beobachten, dass dieser Ansatz funktioniert. Das Hilfswerk unterstützte Projekte erst, nachdem die Einheimischen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Initiative gezeigt hatten.» Das überzeugte Barbara Günthard; sie wirkt heute im Vorstand von World Vision Schweiz. Bereits früh fühlte Barbara Günthard eine Berufung für Medien und Politik. Nach der Matura heiratete sie und liess sich zur Sekundarlehrerin ausbilden. Gleichzeitig stieg sie als freie Mitarbeiterin in den Journalismus ein. Sie moderierte Sendungen beim «Fenster zum Sonntag» und durchlief Praktika bei Presse und Radio. Sie studierte Journalismus am MAZ in Luzern und arbeitete als Redaktorin bei Radio Top in Winterthur. Sie war bereits im Gespräch beim Schweizer Fernsehen, als es 2001 eine Zäsur gab: Ihr erstes Kind kam zur Welt, und sie legte eine Pause ein. Überraschend bekam ihr Mann, der Arzt Matthias Günthard, eine Stelle bei Basel angeboten, und die junge Familie musste von Winterthur wegziehen. Barbara Günthard befürchtete: «In Basel kann man mit meinem

Zürcher Dialekt weder beim Radio noch beim Fernsehen arbeiten.» Zudem zerstörte ein Brand ihre Basler Wohnung. Ein Tiefpunkt. «Ich gab meine Berufung an Gott zurück. Ich erkannte, dass ich absolut nichts im Griff habe.» In dieser Zeit wurde das Gebet für Barbara Günthard noch wichtiger als bisher. Geistliche Impulse erhalten Barbara Günthard und ihr Mann sowie die beiden Kinder in der Winterthurer «Chile Hegi». Regelmässig zieht sie sich zudem für stille Wochenenden nach Wildberg zurück. Ein geistlicher Leiter steht ihr in Coachinggesprächen zur Seite. «Glaube und Gebet sind für mich zentral. Ohne diese Basis würde ich mich nicht so engagieren. Politik ist ein brutales Geschäft. Doch ich glaube, dass Gott mich dort haben will.» Weil sie als Christin wisse, dass sie von Gott aus Gnade geliebt sei, könne sie auf öffentliche Kritik wie auf Lob gelassen reagieren. Als wertvoll erachtet Barbara Günthard regelmässige Gebetstreffen mit politisch engagierten Personen aus verschiedenen Kirchen und Parteien in Winterthur.

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politisches engagement | mitwirken statt jammern

Nationalrätin

Chiara Simoneschi-Cortesi, CVP, Tessin «Jeder sollte etwas für die Gemeinschaft tun!»

Johanna Vollenweider Bereits als sie in Bern Soziologie studierte, interessierte sich Chiara SimoneschiCortesi für das, was in der Öffentlichkeit vor sich geht. Während einer familienund bildungspolitischen Tagung, an der die italienische Ministerin Tina Anselmi der Democrazia Cristiana zum Thema Familien- und Gleichstellungspolitik sprach, wurde sie von der Politik gepackt und begann, sich in der CVP zu engagieren. «Ich habe 1983 auf kantonaler Ebene zum ersten Mal kandidiert und 1984 hier in Comano in der Legislative begonnen. Gleichzeitig beschloss ich zusammen mit anderen Kandidatinnen der informellen CVP-Frauengruppe, endlich etwas zu unternehmen, damit Frauen mehr Chancen in der Politik bekämen. Darum gründeten 12

Als Mitglied der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur sowie für Verkehr und Fernmeldewesen ist ihr eines klar: «Als Politiker und Politikerinnen haben wir einen Auftrag, der sehr in die Tiefe geht, und wir sind moralisch verpflichtet, das Beste zu tun. Politik sollte dazu da sein, den Menschen zu helfen und Lösungen zu finden, die allen dienen. Diesen Auftrag haben wir von der Bevölkerung bekommen.» Zu wissen, dass es viele Menschen gibt, die sie mögen, gibt ihr das Gefühl, unterstützt zu sein. Es ist der Politikerin wichtig, dass die Rolle der Familie gestärkt wird, «wobei es nicht nur ein Schema von Familie geben kann». Als gutes Beispiel gilt der Kanton Tessin, der seit 1996 zwei Formen von Ergänzungsleistungen für finanziell schwache Familien kennt: Einerseits die Kleinkinderzulagen und anderseits Ergänzungszulagen. «Wo die Schwachen sind, da haben wir Verantwortung. Das ist unser Dienst an der Allgemeinheit.» So hat Chiara Simoneschi-Cortesi 2005 die Interpellation zur Bekämpfung des Kinderhandels «Nationale Aktionspläne zu Kinderrechten und Kinderschutz» lanciert und reichte eine parlamentarische Initiative für wirkungsvolle Massnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit ein.

Markus Wäfler,

EDU, Zürich

«Wir müssen uns einmischen!»

Chiara Simoneschi-Cortesi setzt sich seit den Siebzigerjahren für Frauenrechte, Familie und Bildung ein. Sie geniesst es, wenn sie in der anstrengenden und mit Terminen überfrachteten Zeit vor den Nationalratswahlen einen Spaziergang machen kann.

wir im Tessin 1985 die ‹CVP Frauen›.» Sie wurde zwei Jahre später zur Kantonsrätin und 1999 schliesslich zur Nationalrätin gewählt.

Nationalrat

Auch in ihrer eigenen Familie setzt sie sich ein: Seit ihre Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr alleine leben kann, kümmert sich Chiara Simoneschi-Cortesi um die betagte Frau und nimmt sie jeden Sonntag zu sich. Das sei momentan ihre Hauptaufgabe. Obwohl sie ein Team von Frauen organisiert hat, das ihre Mutter betreut, damit sie nicht im Altersheim leben muss, bleibt ihr nun noch weniger Zeit für sich selbst. Doch die Familie ist ihr wichtig. «Als Mutter von heute drei erwachsenen Söhnen habe ich gelernt, mich zu organisieren.» Diese Fähigkeit kommt ihr gerade dann zugute, wenn sie, wie jetzt, häufig zwischen Lugano und Bern pendelt und viel Arbeit hat. «Damit man nicht unter Druck kommt, ist es wichtig, eines nach dem anderen zu tun und sich auf etwas zu konzentrieren.» Am besten erholt sich Chiara Simoneschi-Cortesi beim Spazieren in der Natur. «Gestern Morgen konnte ich einen Spaziergang machen. Das tut mir so gut, weil mir die Bewegung aufgrund der vielen Sitzungen fehlt.» Von Comano kann sie bis Vaglio in den Wäldern spazieren gehen. Hat sie weniger Zeit zur Verfügung, so liest sie im Garten die Zeitung. Im täglichen Gebet morgens oder abends dankt sie Gott für ihre Gesundheit und dass sie die anstehende Arbeit erledigen kann.

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Bereits als Schüler im Berner Oberland verfolgte Markus Wäfler das politische Geschehen. Selber politisch aktiv wurde er als Mitglied der SchulhausBaukommission sowie der Rechnungsprüfungskommission in Schleinikon.

Manfred Kiener Inzwischen wohnen Wäflers im Dorfzentrum von Steinmaur im Zürcher Unterland. Anfang der Achtzigerjahre trat Markus Wäfler der EDU des Kantons Zürich bei und präsidierte die Kantonalpartei in den Jahren 1984 bis 1992. Im Jahr 2000 wurde Markus Wäfler in den Verfassungsrat des Kantons Zürich gewählt. «Dieses Engagement war für mich wie eine Lehre für die spätere Parlamentsarbeit.» Nach seiner Wahl in den Nationalrat 2003 trat er als Verfassungsrat zurück. Beruflich wirkte Markus Wäfler als Agrotechniker in der Pflanzenschutzforschung bei der Firma Maag in Dielsdorf. Später kam er durch Übernahmen zu Syngenta, wo er weiter in der Forschung arbeitete bis zu seiner Frühpensionierung im Mai 2007 im Alter von 58 Jahren. «Christen sind mitverantwortlich für die Gesellschaft», betont Markus Wäfler. «In der Schweiz haben wir fantastische Mitbestimmungsmöglichkeiten. Wenn sich Christen über den Zustand der Gesellschaft beklagen, frage ich sie, ob sie sich politisch engagierten. Christen sollten nicht jammern, sondern sich zur Verfügung stellen. Ich erhielt in all den Jahren viele

Absagen, als ich Christen für ein politisches Amt gewinnen wollte. Viele Christen zeigen ein übersteigertes Harmoniebedürfnis, das zu faulen Lösungen führt. Ich finde es fatal, wenn jemand aus Angst notwendigen Diskussionen ausweicht. Wir müssen uns einmischen! Es ist besser, mit klaren Positionen in eine Diskussion einzusteigen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.» Für viele Christen sei Politik ein schmutziges Geschäft. Statt mitzuwirken, lebten sie in friedlicher Koexistenz mit der Welt, zurückgezogen in ihre Freikirche. DochJesu Auftrag sei aktiv: «Gehet hin in alle Welt ...» Markus Wäfler will «in Staat und Gesellschaft möglichst lange möglichst viel Freiheit erhalten, damit das Evangelium verkündet werden kann». Christen sollten Salz und Licht sein und nicht unbedingt eine Mehrheit bilden. Einen christlichen Staat könne man nicht befehlen. «Ich plädiere für einen Staat, der auf den christlichen Grundwerten der Zehn Gebote aufbaut und in dem Kirche und Staat getrennt sind.» Es gehe um

Religionsfreiheit und um die Freiheit des Denkens, gerade auch zur Verkündigung des Evangeliums. Glaube und Gebet bilden für Markus Wäfler «die Basis meines Handelns». Er will aufgrund seiner christlichen Überzeugung Vorschläge einbringen, quasi Salz streuen. «Wenn die Verantwortungsträger später anders entscheiden, ist das ihre Verantwortung und nicht mehr meine. Ich kann das loslassen.» Zudem gebe er politischen Druck im Gebet an Gott ab und müsse nicht alles selber tragen. Das Engagement der Christen dürfe aber nicht beim Gebet aufhören. «Wir müssen zuerst beten und danach aufstehen und handeln. Lösungen kommen weder von links noch von rechts, sie kommen von oben.» Er sehe in Parlamentariern mit anderen Meinungen keine Feinde, sondern segne sie im Gebet. So könne er mit allen sprechen und wisse: «Letztendlich hat Jesus Christus alles in der Hand und wird siegen.» Er wolle in Christi Namen politisch wirken und müsse nicht seinen eigenen Namen in den Vordergrund stellen. Das entlaste ihn und nehme Druck weg. Zudem habe er eine liebe Familie mit vier Töchtern und zwei Söhnen und führe eine schöne Ehe.

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VERANKERT

politisches engagement | mit christlichen werten …

Mit christlichen Werten politisieren Warum Glaube und Politik zusammengehören Es gibt die verbreitete Einstellung, Glaube und Politik sollten nichts miteinander zu tun haben. Der Glaube sei strikte auf das Private einzugrenzen, wogegen die Politik das öffentliche Leben zu ordnen habe. Solche Aussagen belegen eine verkürzte Sicht der Dinge. Meiner Meinung nach sind Glaube und Politik eng miteinander verflochten. Der Glaube hat eine öffentliche Dimension, und die Politik braucht im Glauben verankerte Werte.

Dr. Alfred Aeppli Politisch tätig sein heisst dauernd Entscheidungen fällen. Wer das Zusammenleben ordnen will, muss beurteilen können, was für die Volksgemeinschaft gut oder schlecht ist. Bei ihren Entscheidungen machen Politikerinnen und Politiker bewusst oder unbewusst eine Güterabwägung, die auf der persönlichen Werthaltung beruht. Wofür ihr Herz schlägt, dafür setzen sie sich ein. Was bedeutet diese Einsicht für das politische Engagement bekennender Christen?

Werte prägen die Entscheidungen Christen orientieren sich an Jesus Christus. Wer christlich politisieren will, muss in seinem Sinn und Geist planen und denken, reden und handeln. Jesus war einerseits konservativ, indem er die göttlichen Gebote nicht ändern, sondern erfüllen wollte. Anderseits war er revolutionär, indem er den einzelnen Menschen höher achtete als den Buchstaben des Gesetzes. Regelmässig hat er für die Schwachen Partei ergriffen. Eine Politik 18

nach seinem Vorbild lässt sich weder «links» noch «rechts» einordnen. Sie nimmt die tiefen menschlichen Bedürfnisse wahr und sucht nach Lösungen, die dem Wohl aller Menschen dienen. Die schweizerische Rechtsordnung beruht traditionell auf christlichen Grundwerten. Doch die Bevölkerung unseres Landes ist aus Angehörigen verschiedener Weltanschauungen, Religionen und Konfessionen zusammengewürfelt. Diese alle gilt es zu respektieren. Ich bin jedoch überzeugt, dass auch in einem multikulturellen Umfeld die christlichen Werte eine tragfähige Basis für das Zusammenleben darstellen. Sie müssen allerdings immer neu in das aktuelle Umfeld übertragen und der Situation entsprechend angewendet werden.

Das Wesen christlicher Werte Was ist nun aber das spezifisch Christliche? Eine einfache, aber grundlegende Antwort lautet: Christlich ist, was von Jesus Christus her kommt. Seine programmatische Botschaft heisst: «Kehrt um! Das Reich Gottes ist nahe»

(Matthäus 4,17). Umkehren und auf das Reich Gottes zugehen ist nicht eine statische Norm, sondern eine dynamische Bewegung. «Kehrt um!» ist die erste Aufforderung. Damit ist eine Erneuerung des Denkens und Handelns gemeint. Veränderte Menschen verändern die Welt. Christliche Werte vertreten heisst jene Verwandlung von innen nach aussen erwarten, die Ezechiel 36,26 beschreibt: «Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.» Dem Ruf zur Umkehr folgen heisst sich bewusst zu Gott hinwenden, zu den eigenen Fehlern stehen und um Erfüllung mit dem Heiligen Geist bitten. Das zweite Element des Programms von Jesus lautet: «Das Reich Gottes ist nahe.» Wo immer Nachfolgerinnen und Nachfolger von Christus tätig sind, soll etwas vom Wesen des Gottesreiches sichtbar werden. Paulus nennt in Römer 14,17 die folgenden Kennzeichen: «Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, es ist cz 3|07

Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.» Im Reich Gottes dominieren also nicht die materiellen Werte. Das Ziel sind Gerechtigkeit, Friede und Freude. Eine Grundregel für ein Leben auf das Gottesreich hin steht in Kolosser 3,17: «Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn.» Im Namen von Jesus handeln bedeutet sich ähnlich verhalten, wie er es an unserer Stelle täte.

zont hinaus. Sie werden nicht in Gesetzbüchern festgeschrieben, sondern von Männern und Frauen gelebt, die um Erfüllung mit dem Heiligen Geistes bitten und sich von diesem Geist führen lassen. Sie bitten um Weisheit von oben nach Jakobus 1,5: «Wenn aber jemand von euch nicht weiss, was er in einem bestimmten Fall tun muss, soll er Gott um Weisheit bitten, und Gott wird sie ihm geben.»

Das Gottesreich hat aber auch eine Dimension über Raum und Zeit hinaus. Jesus hat von seinen Jüngern gesagt: «Sie sind nicht von der Welt, aber sie sind in der Welt» (Johannes 17,11.16). Christen haben eine Perspektive, die über das Irdische hinausweist. Als Staatsbürger tragen sie mit allen anderen zusammen Verantwortung für das gemeinsame Leben. Doch sie bewahren dabei in jeder Lage einen Hoffnungsüberschuss auf das Ewige hin. Christliche Werte kommen von Christus her, werden in unserem Alltag verwirklicht und weisen über den irdischen Hori-

Christliche Werte einbringen

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Die Grundwerte müssen knapp und klar fassbar sein. Der Apostel Paulus hat sie im 1. Korintherbrief 13 mit dem genialen Dreiklang Glaube – Liebe – Hoffnung zusammengefasst. Davon lassen sich die weiteren Werte ableiten, welche in der politischen Tätigkeit relevant sind.

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er Glaube wird durch die Persönlichkeit der Politikerinnen und Politiker in den Alltag eingebracht. Gläubig sein bedeutet im biblischen Urtext auch treu, verlässlich, transparent und vertrauenswürdig sein. Genau diese Eigenschaften

erwartet das Volk normalerweise von den Gewählten. Wer glaubwürdig auftritt, kann auch andere beeinflussen. Wer nur das vertritt, wovon er völlig überzeugt ist, hat eine starke Ausstrahlung. Ein glaubender Mensch versteht sich als Geschöpf, das vom Schöpfer den Auftrag bekommen hat, die Erde zu bebauen und zu bewahren. Er sieht sich als Verwalter, der Verantwortung für das anvertraute Gut übernimmt und für sein Tun und Lassen Rechenschaft schuldig ist. Er weiss dabei auch um seine Fehlbarkeit und seine Grenzen. Das bedeutet Macht teilen, auf die anderen Rücksicht nehmen und manchmal sich selbst beschränken.

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ie Liebe wird durch die Tätigkeit der Politikerinnen und Politiker verwirklicht. Als Kern der Ethik nennt Jesus das Gebot, Gott und den Mitmenschen zu lieben wie sich selbst. Er hat beispielhaft gezeigt, was er darunter versteht: Wertschätzung und Anerkennung eines jeden Menschen, Respekt vor aller Kreatur, tiefe Barmherzigkeit und Hilfsbereitschaft. 19


politisches engagement | mit christlichen werten …

• Alfred Aeppli ist Mitarbeiter bei den Besinnungen unter der Bundeskuppel. Hier mit Nationalrat Heiner Studer, Wettingen, Marianne Rentsch, Bern, Thomas Ruckstuhl, Fribourg, und Beat Kunz (rechts), Sutz-Lattrigen. Auf dem Bild fehlt Ständerat Theo Maissen, Sevgein.

Wohl ist das Ziel. Der biblische Fachbegriff dafür heisst Shalom und meint Friede mit sich selbst, mit Gott und mit aller Kreatur. Solche Shalom-Hoffnung ist nicht exklusiv. Sie schliesst alle Menschen ein, hier und weltweit, die gegenwärtige und die zukünftige Generation, und zwar so, dass auch die Schwächsten der Gesellschaft eine Perspektive der Hoffnung haben.

Die Umsetzung christlicher Werte Solche Liebe bleibt nicht passiv, sondern setzt sich aktiv für die Schwachen ein. Solidarität ist das politische Wort für die christliche Nächstenliebe. Sie ist Hand und Fuss des Glaubens. Wo diese Liebe fehlt, zerfallen die gesellschaftlichen Werte. Man kann zwar ohne Liebe sein Recht durchsetzen, aber wer liebt, kann andere nicht ungerecht behandeln. Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart. Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos. Freiheit ohne Liebe macht selbstsüchtig. Besitz ohne Liebe macht geizig. Erst durch eine respektvolle und solidarische Liebe werden die anderen Werte in ihrer vollen Wirksamkeit entfaltet.

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ie Hoffnung wird durch die Visionen und Ziele der Politikerinnen und Politiker vermittelt. Christliche Hoffnung ist mehr als natürlicher Optimismus. Sie lebt aus dem Urvertrauen, dass die Welt in Gottes Hand geborgen ist. Der Hoffnungsfunke wird auch durch Versagen und Rückschläge nie völlig ausgelöscht. Hoffen heisst an eine von Gott gesicherte Zukunft glauben und auch bei Gegenwind das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Diese Hoffnung in die Politik einbringen bedeutet langfristig denken und nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit handeln. Nicht der kurzfristige Gewinn, sondern der langfristige Nutzen, nicht der materielle Profit, sondern das umfassende 20

Wie sollen diese Werte nun in der Politik umgesetzt werden? Sie können zwar begründet und propagiert, aber nicht befohlen werden. Wer seine Politik auf christlichen Werten aufbauen will, muss auf ihre innere Kraft vertrauen. Auf die Frage nach dem wichtigsten Gesetz sagt Jesus in Matthäus 22,37-38: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.» Daraus lässt sich der Grundsatz ableiten:

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hristliche Werte umsetzen heisst die Beziehung zu Gott suchen und jeden Menschen respektieren und wertschätzen. Jesus fasst die Summe seiner Ethik zusammen in Matthäus 7,12: «Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!» Er knüpft damit an die Goldene Regel an, die damals lautete: «Was du nicht willst, dass man dir tue, das füge keinem andern zu.» Bemerkenswert ist, dass er die passive Form (niemandem Böses tun) in die aktive Form (Gutes tun) verwandelt. Somit ergibt sich die aktive Herausforderung:

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hristliche Werte umsetzen heisst nicht passiv bleiben, sondern die Initiative zum Guten ergreifen. Jesus hat sich nie als Herrscher, sondern als Diener aller Menschen verstanden.

Er sagt es in Matthäus 20,28: «Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.» Er tat es allerdings, ohne sich fremden Autoritäten zu unterwerfen. Seinen Dienst verrichtete er in echter Freiheit. Er rechnete mit der Kraft von Gottes Geist und verzichtete auf jedes Machtgehabe. Das gab ihm eine unvergleichliche Vollmacht. Daraus lässt sich ein Prinzip des Umgangs mit Macht ableiten:

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hristliche Werte umsetzen heisst nicht mit dem Geist der Macht kämpfen, sondern mit der Macht des Geistes dem Gemeinwohl dienen. Bemerkenswert ist das Verhalten von Jesus gegenüber denen, die schuldig geworden sind. Nie hat er die Sünder mit ihrer Schuld belastet, sondern sie durch die Vergebung entlastet. Er hat sich hingegeben, um die Menschen mit Gott zu versöhnen. Die Versöhnung ist der Kern christlicher Ethik, weil Christus selbst der Versöhner schlechthin ist. Versöhnung ist eine dynamische Kraft, die nicht nur Brücken zwischen den Blöcken baut. Sie schafft auch den Raum für kreative Lösungen der anstehenden Probleme. Damit ist ein zukunftsweisender politischer Stil aufgezeigt:

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hristliche Werte umsetzen heisst vergeben und versöhnen und damit die Grundlage für konstruktive Lösungen legen. Eine Politik auf der Grundlage christlicher Werte sucht den Konsens und ist auf Lösungen ausgerichtet. Das Ziel ist Friede in einem umfassenden Sinn – Friede in der Beziehung zu Gott und unter den Menschen, im nachhaltigen Umgang mit der Schöpfung, in einer mitfühlenden Solidarität mit den Schwachen, in einer gerechten Verteilung der Macht und in einem respektvollen Zusammenleben der Kulturen und Völker. cz 3|07

• Alfred Aeppli ist Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde in Jegenstorf BE und Mitarbeiter bei den Besinnungen im Bundeshaus. In seinem ersten Beruf war er Ingenieur Agronom ETH und als Dr. sc. techn. in der landwirtschaftlichen Forschung tätig. Er ist verheiratet und hat

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e r t e k«Lebenswerte» ampagn Wertekampagne

vier erwachsene Kinder.

e Lebenswerte

Dr. Alfred Aeppli verfasste die Grundlagen der Wertekampagne «lebenswerte.ch». Den Anstoss dazu gab die EVP Schweiz. Sie hat Alfred Aeppli den Auftrag gegeben, für die Kadertagung vom 12. März 2005 eine christliche Wertecharta zu entwerfen. Aus seiner Mitarbeit bei den Besinnungen im Bundeshaus weiss er, dass die Summe der Einzelinteressen noch nicht das Gemeinwohl ergibt. Er ist überzeugt, dass ein breit abgestützter Wertekonsens notwendig ist, um im politischen Alltag nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Solide Werte müssten weltanschaulich verankert sein. Er betrachtet die Verkündigung von Jesus und die biblischen Grundwerte Glaube – Liebe – Hoffnung als tragfähige Basis für das Zusammenleben. Das Grundlagenpapier steht als Download zur Verfügung unter www.lebenswerte.ch

emeindeglieder politisch Gemeindeglieder politisch sensibilisieren

sensibilisieren

Wie können Mitglieder einer Kirche oder Gemeinde politisch sensibilisiert werden? Alfred Aeppli macht in den Gottesdiensten in Jegenstorf oft Interviews mit Frauen und Männern, die sich im öffentlichen Leben engagieren, so zum Beispiel mit dem Direktor des seco (Staatssekretariat für Wirtschaft), dem Grossratspräsidenten, einem Gemeinderat von Jegenstorf oder dem Direktor der Hochschule für Landwirtschaft. Pfarrer Aeppli wählt jeweils ein Predigtthema, das zum Arbeitsbereich des Interviewten passt, und nimmt sein Anliegen in der Fürbitte auf. Die Gemeindeglieder sehen so an einem Beispiel, was ein öffentliches Engagement bedeuten kann. Sie werden motiviert, auch selbst solche Aufgaben zu übernehmen. Pfarrer Aeppli betont, dass er in den Predigten keine Stellung zu Abstimmungsvorlagen beziehe. Aber er wähle manchmal grundlegende Themen, um die Werte hinter einer Vorlage zu beleuchten. Als es beispielsweise um den Mutterschaftsurlaub ging, stellte er die Frage: Wie behandeln wir die Familien unter uns? cz 3|07

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PERSONLICH

politisches engagement | ein offenes haus …

göttlichen Liebe wird es sehr schnell kalt in unserem Land. Wollen wir, dass unser Land auch in Zukunft unter Gottes Segen steht und es mit seinen zahlreichen von Gott gegebenen Gaben noch mehr zum Segen für andere wird? Oder streifen wir in Undankbarkeit gegenüber den vielfältigen Segnungen Gottes unsere christlichen Wurzeln ab, indem wir uns dem Diktat der Political Correctness unterwerfen und nicht mehr zu dem stehen, was uns in Freud und Leid trägt und worin die Quelle der Nächstenliebe liegt, in unserem Glauben an Gott und Jesus Christus?

Ein offenes Haus bedingt einen heissen Ofen «Besinnung unter der Bundeskuppel» vom 13. Dezember 2006 im Berner Bundeshaus Hanspeter Nüesch wandte sich an die Besucher der Besinnung unter der Bundeskuppel: «Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie in einer Zeit, die mehr vom Verdienen als vom Dienen geprägt ist, Ihre Zeit und Energie dem Dienst an unserem Land und seinen Bewohnern widmen. Möge Gott Sie darin segnen.»

Hanspeter Nüesch «Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe!» (Epheser 4,2) Diese Worte des Apostel Paulus an die Epheser möchte ich an den Anfang meiner Besinnung stellen. Unser Land ist charakterisiert durch eine Vielfalt von Ethnien, Kulturen, Sprachen – und das auf engem Raum. Ähnlich vielfältig sind die Landschaftsformen. Dank der Vielfalt und Schönheit unserer Landschaft ist die Schweiz in der ganzen Welt zu einem Synonym für landschaftliche Schönheit geworden. Ich bin auf meinen Missionsreisen mindestens schon einem Dutzend «Schweizen» begegnet, von der Schweiz Sibiriens bis zur Schweiz Afrikas. Neben der sprichwörtlichen Schönheit steht unser Land jedoch auch für Einheit in der Vielfalt, für das friedliche Zusammenleben vielfältiger Ethnien und Kulturen auf engem Raum. Diesbezüglich ist die Schweiz gewissermassen ein Minieuropa. «Einer für alle, alle für einen» steht in Lateinisch an 22

der Decke der Bundeshauskuppel. Selbst in Nordkorea wurde ich positiv auf unser Zusammenleben angesprochen. Umso mehr müssen wir Sorge tragen zum Miteinander und alles tun, was den Zusammenhalt fördert. Paulus ermahnt uns, einander trotz unterschiedlicher Herkunft und Überzeugung in Liebe zu ertragen. Ertragen heisst eben gerade nicht die eigene Überzeugung aufgeben, sondern heisst trotz unterschiedlichen Ansichten den Andersdenkenden respektieren und ihm zubilligen, dass er nach bestem Wissen und Gewissen handelt. Einander in Liebe ertragen heisst nicht, dass wir standpunktlos werden. Im Gegenteil: Je bewusster wir uns unserer eigenen Identität sind, desto besser können wir auch dem anderen Wertschätzung entgegenbringen. Die Politikerinnen und Politiker haben Vorbildfunktion darin, wie wir mit Andersdenkenden umgehen, mit den Menschen anderer, für uns fremder Überzeugungen. Die Bibel mahnt uns, uns um das Wohl der Fremdlinge zu kümmern, es ihnen in un-

serem Land wohlergehen zu lassen. Ihnen in Liebe zu dienen, heisst jedoch nicht, ihre Werte und Überzeugungen zu übernehmen, sondern heisst, trotz unterschiedlichem Weltbild und Glauben ihnen in Achtung zu begegnen. Im wohlmeinenden Bestreben, nicht unnötig zu provozieren, hat die Political Correctness in letzter Zeit seltsame Blüten getrieben. Man tut den Andersdenkenden und Andersgläubigen keinen Dienst, wenn man die eigenen Überzeugungen preisgibt, im Gegenteil. Der designierte Präsident der Katholischen Bischofskonferenz, Bischof Kurt Koch, schrieb diese Woche, das Problem in der Schweiz sei nicht zuerst die Stärke des Islams, sondern die Schwäche des Christentums. Ich teile diese Einschätzung. Es geht darum, uns neu unserer eigenen christlichen Identität bewusst zu werden. Dann brauchen wir keine Angst vor der Überzeugung und dem Glauben des anderen zu haben. Was uns ängstigen soll, ist der schwindende Glaube bei uns. Ist es da nicht geradezu ein Gewinn, wenn Anhänger anderer Religionen uns dazu bringen, cz 3|07

uns wieder neu auf das Evangeliums von Jesus Christus zu besinnen und den Glauben an ihn zu stärken? Die Schweiz ist auf christlichen Wurzeln gegründet. Das muss auch in Zukunft bestehen bleiben, will sie unter dem Segen des Allmächtigen gedeihen. Und an Gottes Segen ist alles gelegen, insbesondere das

«Im wohlmeinenden Bestreben, nicht unnötig zu provozieren, hat die Political Correctness in letzter Zeit seltsame Blüten getrieben. Man tut den Andersdenkenden und Andersgläubigen keinen Dienst, wenn man die eigenen Überzeugungen preisgibt.»

Wohl unseres Landes und seiner Bewohner. Nur wenn wir uns wieder neu bewusst werden, was wir an unserem christlichen Erbe haben, wenn wir in unserer eigenen christlichen Identität verwurzelt sind, können wir uns zum anderen hinüberlehnen, ohne selber entwurzelt zu werden. Oder um ein anderes Bild zu gebrauchen: Je offener ein Haus ist, desto heisser muss der Ofen sein. Ohne den heissen Ofen der cz 3|07

Wie können Glaube, Hoffnung und Liebe in unserem Land zunehmen? Wie können die Schweizerinnen und Schweizer, gerade auch die Jugendlichen, wieder Orientierung, Kraft und Lebensperspektive erhalten? Indem wir wieder zurückkehren zu unseren christlichen Wurzeln, die uns und unser Land über Jahrhunderte getragen haben und auch in den vielfältigen Herausforderungen, die die Zukunft mit sich bringt, tragen müssen. Politische Korrektheit darf nie und nimmer dazu führen, dass wir unsere eigenen Überzeugungen drangeben. War Petrus nicht politisch korrekt, als er seine Freundschaft mit Jesus dreimal nacheinander verleugnete? Stehen wir demütig dazu, dass wir in allen Dingen auf Gottes Beistand und Leitung angewiesen sind! Sonst besteht die Gefahr, dass wir uns in einer gefährlichen Selbstüberschätzung dem göttlichen Beistand und Segen entziehen, auf den wir so angewiesen sind. Ich möchte mit einem starken biblischen Wort schliessen, das ursprünglich an das alttestamentliche Israel gerichtet war, das aber für die Schweiz des 21. Jahrhunderts von unverminderter Gültigkeit ist: «Segen und Fluch lege ich dir vor: Wähle das Leben.» «Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor. Wenn du auf die Gebote des Herrn, deines

Gottes, auf die ich dich heute verpflichte, hörst, indem du den Herrn, deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst und auf seine Gebote, Gesetze und Rechtsvorschriften achtest, dann wirst du leben ... und der Herr, dein Gott, wird dich segnen. Wenn du aber dein Herz abwendest und nicht hörst, wenn du dich verführen lässt, dich vor anderen Göttern niederwirfst ..., dann wirst du zugrunde gehen ... Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen. Liebe den Herrn, deinen Gott, hör auf seine Stimme, und halte dich an ihm fest, denn er ist dein Leben» (5. Mose 30,15 ff.). Es liegt an jedem von uns, diese sehr deutliche Mahnung ernst zu nehmen und uns heute Morgen neu Gott zuzuwenden und ihm das Wohl des Landes anzuvertrauen. Vergessen wir dabei nicht, ihm für all die unverdienten Segnungen der Vergangenheit zu danken. Wenn man – wie ich – oft im Ausland weilt, dann weiss man es zu schätzen, in einem so gesegneten Land zu leben, das geprägt ist von ausserordentlicher Schönheit, grossem materiellem Reichtum, dem friedlichen Zusammenleben der Kulturen, aussergewöhnlicher politischer Stabilität und nicht zuletzt einer Meinungsäusserungs- und Glaubensfreiheit, die in vielen Ländern nicht gewährleistet ist. «Ich danke Dir, lieber Vater, von Herzen für alle unverdienten Segnungen, die Du uns und unserem Land zuteil werden liessest. Ich danke Dir, dass Du Deine segnende Hand noch nicht zurückgezogen hast, obwohl wir allerlei Götzen nachgelaufen sind. Ich möchte Dir heute mein Herz neu zuwenden und mich für das Leben entscheiden; das Leben unter Deiner liebenden Führung. Hilf mir, Deine grenzenlose Liebe, die Du in Jesus Christus deutlich gemacht hast, besser zu verstehen und in praktischer Weise weiterzugeben. Segne uns alle mit Glaubensmut, Weisheit und Zivilcourage. Amen.» 23


POLITSEMINAR

politisches engagement | das evangelium ist …

Die politische Wirksamkeit des Evangeliums Und dies verändert das Gesamtklima der Weltpolitik. Dazu vier Stichworte:

Das Evangelium ist hochpolitisch Pfingst-Politseminar in Rasa Christen sehen sich zwei Herausforderungen gegenüber, wenn sie in die Politik einsteigen: Sie begeben sich in eine Welt, in der die Werte des Evangeliums grundsätzlich nicht gelten. Und sie sehen sich Mitteln und Methoden ausgesetzt, die sie teilweise ablehnen. Wie sollen sie damit umgehen? Peter Henning, Dozent am Theologisch-Diakonischen Seminar (TDS) in Aarau, hat dazu in Rasa Antworten gegeben.

Fritz Imhof Betrachten wir zuerst die grosse positive Herausforderung, die Peter Henning so formulierte: «Durch die Sendung seiner Jünger in alle Welt und die Existenz seiner Gemeinde implementiert Jesus das eschatologische Reich Gottes inmitten der Reiche dieser Welt. Und das ist ein höchst politischer Akt, der provoziert und das Gesamtklima der Weltpolitik verändert.» Christen in der Politik sind sich dabei bewusst, dass sie es mit einer im Grunde genommen verkehrten und gottlosen Welt zu tun haben (vgl. Johannes 17,15 ff.). Sie sind «Licht und Salz». Sie sind Zeugen mitten in dieser Welt. Oft empfinden sie sich als «Schafe mitten unter Wölfen» (Matthäus 10,16).

Christliche Politik – wie denn? Was bedeutet das nun für Christen, die Politik betreiben? Laut Henning stehen Christen auch beim politischen Handeln in der Spannung zwischen Gesetz und Evangelium. Sie wissen, dass das Gesetz in Christus erfüllt ist und 24

sie im Heiligen Geist die Kraft zu einem neuen Handeln haben. Sie wissen aber auch, dass dieses neue Handeln zuerst in der Gemeinde zum Tragen kommen muss und nicht Basis für politische Ordnungen sein kann. Dabei zeigt sich: Christen sind politisch nüchterne Menschen und frei von utopischem Weltoptimismus sowie humanitären Illusionen. Diese Grundhaltung realistischer Bescheidenheit öffnet sie für konstruktive politische Entwürfe. Sie gehen nach Römer 2,14 ff. davon aus, dass alle Menschen ein Grundethos in ihrem Bewusstsein haben, das sie für Ordnungen offen macht, die den Menschen vor dem Menschen und die Schöpfung vor dem Menschen schützen. Viel gestritten wurde über die Bedeutung der Bergpredigt für die Politik. Viele verstanden sie wie ein politisches Manifest. Peter Henning verneint dies und nennt sie dagegen «ein eschatologisches Manifest für die Avantgarde des Reiches Gottes mitten in der Weltgeschichte». Das Evangelium im Neuen Testament habe ja damals auch nicht direkt in die Weltgeschichte eingegriffen, obwohl es höchst politisch gewesen sei. Angesprochen

wären damit also die christlichen Gemeinden, die Gemeinschaft der Jünger, die «communio sanctorum», bei denen sich die Gottesherrschaft bereits ansatzweise in der Kraft des Heiligen Geistes verwirkliche.

• Neues Kräftepotenzial Die Kraft des Evangeliums setzt ein völlig neues Kräftepotenzial frei. Christen setzen in der Kraft des Heiligen Geistes ethische und moralische Aktivitäten in Gang und bringen ein Wahrheits- und Friedenspotenzial in die politischen Auseinandersetzungen ein. Diese Aktivitäten mögen im Gegensatz zu den Zeitideologien stehen, aber sie verändern durch ihre Präsenz das Gesamtklima. • Kampfansage Das Evangelium ist eine Kampfansage an alle dämonischen Gewalten und Strukturen, welche die Würde des Menschen antasten. Politik im christlichen Geist vertritt radikal die Mitmenschlichkeit und die Bewahrung der Schöpfung, weil diese Welt und Menschheit trotz gottloser Verzerrun-

Rasa

gen immer noch Gottes Welt ist! Das gilt es in der Politik zu proklamieren. • Ordnungsprinzip Die konkrete Realisierung evangelischer Prinzipien darf weltlich-irdische Realitäten nicht enthusiastisch überspielen. Der christliche Politiker unterscheidet, wo es das Ordnungs- und Erhaltungsgesetz mit staatlicher Macht durchzusetzen oder zu verteidigen gilt und wo die Nächsten- und Feindesliebe noch ihre Anwendungsgrenzen in der säkularen Welt haben muss. Hier hilft die geistliche Unterscheidung von Welt und Gemeinde, von Reich Gottes und Weltreich. Werte wie die Unantastbarkeit des Lebens haben dabei höhere Priorität als zum Beispiel Fragen der Architektur neuer SBB-Bahnhöfe. • Menschenwürde Die Menschenwürde muss verteidigt werden. Christen werden zu verhindern

suchen, dass staatliche Massnahmen durch verachtende Entwürdigung und Entpersonalisierung des politischen Gegners begleitet werden.

Christlich streiten Christen unterscheiden zwischen politischer und christlicher Gemeinde. Innerhalb der Gemeinde können sie bereits nach geistlichen Kriterien mit Fehltritten und Konflikten umgehen und beanspruchen dazu in der Regel nicht den irdischen Justizapparat. Christen können auch die politische Streitkultur mitprägen gemäss folgenden Grundsätzen: Sie sind bereit, Auseinandersetzungen mit einem Höchstmass an Menschlichkeit zu führen. Sie enthalten sich dabei jeglicher Diffamierung und unmenschlicher Repressalien. Und sie bleiben selbstkritisch gemäss der geistlichen Grunderkenntnis der Bergpredigt: «Erkenne, dass im Kampf mit deinen Feinden du selbst dein bedrohlichster Gegner bist!»

Referent

• Der pittoreske Tessiner Seminarort Rasa

• Seminarreferent Peter Henning aus Aarau cz 3|07

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POLITSEMINAR «Das Politseminar – ein Pfingstereignis» Interview mit dem Initianten Hanspeter Schmutz Die Idee des Politseminars von Rasa stammt vom heutigen Leiter des VBG-Instituts, Hanspeter Schmutz. Uns interessierte, wie es dazu kam, wie sich der Anlass entwickelte und welche Folgen er zeitigte.

Das Begleitteam

und die politischen Ebenen (Gemeinde, Kanton, Bund) einbeziehen. Die politischen Amtsträger sollten Erfahrungen austauschen können. Viele Amtsträger politisieren oft einsam und erfahren wenig Unterstützung in den christlichen Gemeinden. Ein politisch nicht gebundener Topreferent wie ein Theologe, ein Wirtschaftsexperte oder Sozialethiker sollten Impulse liefern. Wir bildeten eine Begleitgruppe mit Leuten aus den evangelischen und den Bundesratsparteien, die sich als evangelische Christen bekannten. So konnten wir auf einer gemeinsamen Glaubensbasis arbeiten.

• Das Begleitteam des Politseminars, vorne (vlnr): Kantonsrat Roland Zuberbühler, SP, TG; Kantonsrätin Lisette Müller-Jaag, EVP, ZH; Politikwissenschaftlerin Silvia Bär, SVP; Nationalrat Markus Wäfler, EDU, ZH; hinten (vlnr): Initiant Hanspeter Schmutz, VBG-Institut; Referent Peter Henning, Aarau; Kantonsrat Daniel Kast, CVP, BE.

Fritz Imhof CZ: Hanspeter Schmutz, wie ist die Idee des Politseminars entstanden? Hanspeter Schmutz: Eigentlich wollten wir zuerst Pfingsttagungen anbieten, welche die früheren charismatischen Erfahrungen und ihre Theologie in der VBG wiederbeleben sollten. Verbunden damit war das Bemühen, zu zeigen, dass der Heilige Geist auch in den (politischen) Strukturen wirkt. Während aber das Interesse an der charismatischen Thematik bald nachliess, behielt das Thema «Der Heilige Geist in den Strukturen» seine Aktualität. In dieser Phase erlebte ich den Neuaufbruch in der Österreicher Gemeinde Steinbach. 26

Bei einem Besuch 1995 erfuhr ich, wie der Heilige Geist einen Christen als Bürgermeister in die politischen Strukturen gesandt hatte und so ein Dorf verändert wurde. Das gab mir Mut, dieses Anliegen breiter aufzugreifen. Das Thema Politik, das die bisherigen Tagungen jeweils nur abgeschlossen hatte, wurde jetzt zum Tagungsthema: das Politseminar war geboren. Wie sieht das Konzept des Seminars aus? Wir gingen von der Beobachtung aus, dass es viele parteiinterne Veranstaltungen gibt, aber wenige Orte, wo Christen über Parteigrenzen und Kirchen hinweg ein Netzwerk bilden können. Wir wollten diese Grenzen sprengen

Wie hat sich das entwickelt? Sind Folgen der Veranstaltung sichtbar? Das Konzept hat gegriffen. Christen aus verschiedenen Parteien kamen miteinander ins Gespräch. Auch zwischen EDU und EVP wuchs das gegenseitige Verständnis; man lernte, über Konflikte, Verletzungen und Vorurteile zu sprechen. Man lernte zu verstehen, dass man als Christ auch in einer SP politisieren kann. Die Leute wurden ermutigt, den «Geist von Rasa» in den politischen Alltag hineinzutragen. Interessant ist die abschliessende Ideenbörse mit praktischen Ideen für den politischen Alltag. Teilnehmende berichten, dass sich Christen in Parlamenten zum Gebet treffen und gar Koalitionen bilden würden. Im Berner Grossen Rat treffen sich Christen nicht nur zum Beten, sondern auch zum Austausch beim Essen. In Steffisburg ermutigte das Politseminar in cz 3|07

politisches | das evangelium ist … relevantengagement leben | dranbleiben lohnt sich

einer kritischen Zeit zu einem Gebet von Christen aus verschiedenen Parteien und zu gemeinsamen Veranstaltungen. So gelang es, miteinander eine neue politische Kultur zu initiieren, und Christen übernahmen verstärkt politische Verantwortung. Die gemeinsame Wertschätzung im Gebet führt zu neuen Kooperationsmöglichkeiten, Strategien und Lösungen. Kann man von einer neuen Sicht christlich geprägter Politikerinnen und Politiker sprechen, die zu neuem Handeln führt? Nach unseren Erfahrungen sind Koalitionen möglich bei Fragen, wo man aus christlicher Sicht zu ähnlichen Lösungen kommt. Zum Beispiel bei Fragen rund um den Wert des Lebens. Leute aus den unterschiedlichen Parteien beginnen, realpolitische Positionen zu hinterfragen und nach den christlichen Grundlagen zu fragen. Das Seminar macht diese sichtbar und stärkt den Mut der Teilnehmer zu handeln. Dieses Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft. Es braucht dazu informelle Strukturen vor Ort, zum Beispiel gemeinsame Gebete, gemeinsame Essen usw. Kennen Sie konkrete Beispiele? In Bern hat die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) alle allianznahen Kandidatinnen und Kandidaten auf einem Flugblatt zur Wahl empfohlen. In Oberdiessbach ermutigte die SEA, Christen auf den Listen zu panaschieren und zu kumulieren. Das führte in der Schulkommission dazu, dass Christen die Mehrheit gewannen. Wir erkennen: Es gibt ja in jedem Parlament einen christlichen Leib. Dieser muss zusammenfinden, in einzelnen Fragen strategisch zusammenarbeiten und im Übrigen einen guten Umgang miteinander pflegen. Wenn Christen sich bekämpfen, werden sie unglaubwürdig. cz 3|07

Hat sich durch das Politseminar die politische Praxis verändert? Ein Beispiel: Ein Berner Grossrat ist fast seit Beginn dabei. Er lässt sich in seiner Arbeit bewusst vom Politseminar inspirieren. Sein politisches Credo: konsequent in der Sache sein, aber immer mit dem Ziel, andere nicht zu verletzen. Er fällt mit seinem persönlichen Stil auch in den Medien auf. Das Politseminar hat bei vielen Politikerinnen und Politikern einen breiteren Wertekonsens hervorgebracht, eine gemeinsame Kultur, gespiesen aus christlichen Werten. Auch christliche Strategien? Eine gemeinsame christliche Strategie ist schwieriger zu entwickeln, weil man rasch mit der eigenen Partei in Konflikt

gerät. Es kommt aber vor, dass Christen aufgrund ihrer Werte – wo nötig – gegen die Parteidoktrin verstossen. Die Wirkungen des Politseminars sind jedoch meistens nicht direkt nachzuweisen. Wohin führt die Zukunft des Politseminars? Ich möchte gerne mehr junge Menschen unter dreissig dafür gewinnen, damit der Generationentransfer gefördert wird, bevor sie ein politisches Amt innehaben. Mein Ziel ist eine vollständige Abdeckung über alle wichtigen Parteien hinweg. Allerdings soll das Seminar überblickbar bleiben, damit jeder mit jedem austauschen kann – und damit alle ganz praktisch lernen, parteiübergreifend als Christen in der Politik zu wirken.

T hThemen emen Die

des Politsemi

Die bisherigen Themen des Politseminars 2000 Werteorientierte Dorf- und Stadtentwicklung 2001 Was ist heilsam? Strukturen und Modelle für eine Politik mit Zukunft 2002 Gemeinsam politisieren: Werte, Kultur und Strategie einer christlich motivierten Politik 2003 Macht, Besitz und Beliebtheit: die Bedeutung von Grundbedürfnissen und Grundängsten im eigenen und im politischen Alltag 2004 Mit christlichen Werten politisieren: im Spannungsfeld zwischen Idealismus und Realpolitik 2005 Verarmt die Schweiz? Christlich politisieren im Spannungsfeld zwischen Eigenverantwortung und Solidarität 2006 Geld und Geist in der Politik: Gibt es eine christliche Wirtschaftspolitik? 2007 Wie Welt- und Menschenbilder die Politik beeinflussen. 27

• Die Turmspitze der Kirche von Rasa


POLITSEMINAR

politisches relevantengagement leben | dranbleiben | das evangelium lohnt sich ist …

Umfrage unter den Teilnehmenden des Politseminars in Rasa

der Apéro

dDiei eFragen F r a g e n d i e Te i l n e h m e n d e n 1. 2. 3.

Welche Impulse hat das diesjährige Politseminar in dir ausgelöst?

Siehst du konkrete Umsetzungsmöglichkeiten vor Ort?

Woran müsste das nächste Politseminar weiterarbeiten?

Fritz Imhof

dDiei eAntworten A n t w o r t e n d e r Te i l n e h m e n d e n 3

Daniel Kast 42, Bern, Grossrat CVP

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Am Politseminar wurde ich dazu angeregt, aus einer biblischen Sicht und einer weiteren Perspektive über Politik nachzudenken. «Mein Reich ist nicht von dieser Welt», sagte Jesus. Er weiss, dass wir nicht fähig sind, eine ideale christliche Gesellschaftsordnung zu schaffen. Die Erlösung wird sein Werk sein. Meine Aufgabe als Politiker ist es, aus christlicher Gesinnung für die nach menschlichem Ermessen besten Lösungen einzutreten. 2 Unser Referent, Peter Henning, hat uns ermutigt, als Politiker und Politikerinnen einen an Christus orientierten, spirituellen Weg zu gehen. Auf diese Weise kann Christus in uns und durch uns wirken. 28

Die Umwälzungen in den Familien während der letzten Jahrzehnte haben eine starke Verunsicherung hervorgerufen. Ich möchte intensiv, grundlegend und ohne Klischees über das biblische Familienbild nachdenken.

Markus Wäfler 58, Steinmaur, Nationalrat EDU

1

Bestätigung, dass politisches Engagement von Christen notwendig und bibelgemäss ist. Verstärkung von Koordination und Zusammenarbeit über Parteigrenzen und Denominationen hinweg. 2 Verstärkte Ermutigung von Mitchristen zum politischen Engagement. 3 «Ansteckung» von Mitchristen für politisches Engagement. Eventuell die Frage: Wie werden wir als Christen, als christliche Politiker und Politikerinnen

von «der andern Seite» (Medien, politisierenden Menschen) wahrgenommen? Was können bzw. müssen wir verbessern?

Roland Zuberbühler 55, Busswil, Grossrat SP

1 Die generelle Priorisierung in der christlichen Politik: Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung der Schöpfung sind Allgemeingut der Teilnehmenden. Diese Werte können als praktische Richtlinien etabliert werden. Der Weg dazu ist gepflastert mit Diskursen. Jede politische Fragestellung kann unter diesen Gesichtspunkten diskutiert werden. 2 Konkret am Thema Gerechtigkeit arbeiten: Stützung der Familien als von Nachteilen bedrohte Einheit. Auf Gemeindeebene sehe ich einen Vorstoss zur Verbilligung von Strom und Wasser für Famicz 3|07

lien mit Kindern (weil Familien mit mehreren Kindern von hohen Energie- und Wasserpreisen besonders betroffen sind). 3 Wir haben uns schon auf das Thema des nächsten Politseminars festgelegt: «Medien als Partner im politischen Prozess».

Lisette Müller-Jaag 56, Knonau, Kantonsrätin EVP

1 Für mich war es wieder ein sehr wertvolles Politseminar. Einen wichtigen Teil bildeten dabei die Gespräche mit einzelnen Kursteilnehmenden und der Ort der Ruhe. Das allein ist schon anregend und erholsam. Und das Singen – das tut halt einfach gut! Die thematischen Inputs erlebte ich samt und sonders als sehr anregend. Sie haben ein weiteres Nachdenken über Weltbilder cz 3|07

und wie sie Menschen so unterschiedlich prägen ausgelöst. Und dem Heiligen Geist in den Strukturen, dem spüre ich auch noch weiter nach. Die Verbindung zu Aussagen in der Bibel war für mich wertvoll, und Dynamik wie auch Spannungsverhältnisse waren eine wertvolle Auseinandersetzung. 2 Eben habe ich einen Zeitungsartikel abgeschickt über unseren verfassungsmässigen Auftrag und unsere Verantwortung als Volksvertreterinnen und -vertreter in der politischen Arbeit. Dabei habe ich von den Impulsen aus Rasa gezehrt. Sie wirken nach. Und sie werden mich gedanklich und in der praktischen Arbeit stärken und politische Kraft erzeugen. Die Verbindung von Glauben und politischem Handeln, wie sich mein Glaube an Gott, ans Leben und an die Zukunft als

Haltung im bewusstem Handeln manifestieren kann – dort beobachte ich mich auch etwas genauer. 3 Das ist noch schwierig zu sagen, es muss sich zuerst ein bisschen setzen. Evangelium als Orientierung und was dies für die aktuelle Arbeit heisst, ist immer gut. Praktische Bezüge schaffen und uns Politikerinnen und Politiker herausfordern!

Silvia Bär, 39, Wiler, SVP, gehört zum Rasa-Begleitteam des Politseminars Für mich war es gut, mir Zeit zu nehmen, um wieder einmal über die Wurzeln unserer Kultur zu sprechen, die es zu stärken gilt, und mich herausfordern zu lassen, wo ich durch mein eigenes Leben und Wirken dazu beitrage, dass diese Wurzeln gestärkt oder allenfalls gar geschwächt werden. 29


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politisches engagement | betendes engagement …

• Jean-Claude und Heidi Chabloz

Betendes Engagement im Bundeshaus Für die Menschen im Parlament einstehen • Beat Christen, Maria Wyss und Jean-Claude Chabloz: Berufen und akkreditiert zum Beten.

Jean-Claude Chabloz ist eine von drei betenden Personen, die im Bundeshaus offiziell akkreditiert ein- und ausgehen.

Renate Blum Während der Sessionen, das heisst viermal drei Wochen pro Jahr, wohnen JeanClaude Chabloz und seine Frau Heidi in ihrem Wohnwagen auf dem Campingplatz Wohlen. Jeden Morgen macht sich der ehemalige Pastor in der Frühe zu Fuss und mit dem Bus auf den Weg, um vor sieben Uhr in Bern zu sein.

Nahe bei den Menschen Am Eingang zum Bundeshaus zeigt er seinen Ausweis mit Foto, der ihn als akkreditierten Beter auszeichnet. Dann befindet er sich in der majestätischen Eingangshalle und geht die breite Treppe hinauf. Jean-Claude Chabloz strahlt fröhliche Wärme aus und grüsst die ankommenden Personen des Parlaments mit einem wohlwollenden Lächeln. Damit er die Leute persönlich erkennt, hat er ihre Namen auswendig gelernt. In einem Buch, in dem alle Personen des National- und Ständerates mit Foto und einer kurzen Lebensgeschichte aufgeführt sind, findet er die nötigen Informationen. «Ich darf sagen, dass ich mich jeweils echt freue, die einzelnen Gesichter wiederzuerkennen», erzählt der sympathische Romand. «Ich möchte nahe 30

bei den Leuten sein, und jedes Lächeln ist sprichwörtlich die kürzeste Distanz zwischen zwei Menschen.» Er wünscht den Vorbeigehenden Gutes für den Tag. Manchmal spricht er auch laut eine Segensformel wie «Grüss Gott». Es sei schon vorgekommen, dass ihm jemand geantwortet habe: «Diese Grussformeln sind schön.» Wenn es ihm selber einmal nicht so gut gehe – Jean Claude Chabloz hat oft mit gesundheitlichen Problemen zu ringen –, werde er gefragt, was los sei.

Vertraut mit Krankheit Jean-Claude Chabloz kann anderen Menschen Mitgefühl zeigen, weil er selbst ein Leben lang immer wieder krank war. 1941 in Neuenburg geboren, erleidet er als Kind und Jugendlicher unzählige Knochenbrüche und Entzündungen und wird von Epilepsieanfällen geplagt. Viel Zeit verbringt er im Spital. «Lesen und schreiben lernte ich zu Hause, weil ich aus gesundheitlichen Gründen selten zur Schule gehen konnte», erinnert er sich. «Als ich mit zwanzig Jahren hörte, dass Jesus heute noch heilt, interessierte ich mich für ihn, um geheilt zu werden. Ich liess für mich beten und hatte seither keine Epilepsieanfälle mehr.»

Vom Pastor zum Bundeshausbeter Jean-Claude Chabloz wird ein begeisterter Nachfolger von Jesus Christus. Er studiert in Dänemark Theologie und arbeitet vierzig Jahre lang als Prediger. Er wechselt mehrmals den Ort und setzt in seiner Arbeit immer wieder neue Schwerpunkte. So arbeitet er eine Zeit lang vor allem unter Kindern und Jugendlichen, später dann als Seelsorger in Gefängnissen und im Spital sowie als Begleiter von Sterbenden. Vor acht Jahren suchte er eine neue berufliche Herausforderung. Er kam mit Beat Christen in Kontakt, der seit 1995 als offiziell anerkannter Beter während der Sessionen im Bundeshaus anwesend ist. «Ich begleitete Beat Christen ins Bundeshaus, um zu sehen, was er dort tut. Keine dreissig Sekunden standen wir in der Wandelhalle, und ich wusste: Hier ist meine neue Arbeit.» Wenn Chabloz sich im Bundeshaus aufhält, fühlt er sich wie ein Fisch im Wasser. Immer wieder wird dem heute 66-Jährigen bestätigt, dass das exakt sein Platz sei.

Den Abgeordneten dienen «In unseren christlichen Kreisen stehen wir in Gefahr, zu viel zu reden», sagt JeanClaude Chabloz. «Auch als Pfarrer habe ich viel geredet. Im Bundeshaus möchte ich cz 3|07

den Leuten ganz praktisch helfen und bin keineswegs da, um politische Gespräche zu führen oder bei Debatten zuzuhören. Zum Beispiel biete ich den Leuten in den Pausen Schweizer Schokolade an.» Oder er kann beim Übersetzen von Texten behilflich sein oder beim Suchen von Dokumenten. «Manchmal gehe ich auf jemanden zu und frage, ob ich etwas für sie oder ihn tun könne. Zusehends nehmen mich Einzelne als Priester wahr und fragen mich in privaten Angelegenheiten um Rat. Einige sind enttäuscht von den Kirchen und äussern das. Mit Antworten bin ich dann sehr vorsichtig.»

Unterstützung besonderer Art Durch seinen nahen Kontakt zu den Ratsleuten in Bern weiss Jean-Claude Chabloz, welche körperliche und psychische Herausforderung ein politisches Amt für die einzelnen Menschen bedeutet. «Wichtig ist auch das Gebet für die Familien der Politikerinnen und Politiker», erklärt JeanClaude Chabloz. «Die zeitliche Belastung ist sehr hoch, und die meisten Ratsmitglieder stehen gleichzeitig in verschiedenen anspruchsvollen Verantwortungsbereichen. Ich bete, dass sie die Kraft und die Hoffnung nicht verlieren, denn eine Politik ohne Hoffnung ist furchtbar. Dabei cz 3|07

bete ich im Bundeshaus in meinem Herzen und nicht laut. Zwischendurch wechsle ich zwei, drei Worte mit jemandem, oder wir trinken zusammen einen Kaffee im Restaurant. Auch bei den vielen Apéros, die im Bundeshaus stattfinden, gibt es die Gelegenheit, auszutauschen. Bereits fünfmal konnten wir offiziell für einen frisch gewählten Nationalratspräsidenten beten.»

«Wer bezahlt Sie?» Jean-Claude Chabloz wird immer wieder gefragt, ob er Geld vom Bund erhalte. Manchmal hat jemand den Verdacht, eine bestimmte Gemeinde oder ein Verein mit bestimmter Weltanschauung wolle sich profilieren. «Ich werde finanziell primär von einem Firmeninhaber unterstützt, der es gut findet, was ich mache», antwortet der Beter im Bundeshaus, «und von Freunden und einer lokalen Gemeinde bekomme ich kleinere Gaben.»

Interesse für die Politik wecken Schweren Herzens stellt Jean-Claude Chabloz fest, dass Christen oftmals die Tendenz haben, sich hinter Kirchenmauern zu verkriechen, und dabei weltfremd werden. Es tut ihm leid, dass er früher Politikerinnen und Politiker kritisiert hat. Durch

Wenn Chabloz sich im Bundeshaus aufhält, fühlt er sich wie ein Fisch im Wasser. Immer wieder wird ihm bestätigt, dass das exakt sein Platz sei.

Vorträge über sein Engagement im Bundeshaus will er das Interesse am politischen Geschehen fördern und ermutigt dazu, namentlich für einzelne Personen einzustehen. «Ich kenne Leute, die zum Beispiel einen Nationalrat ‹adoptiert› haben und mehrere Monate lang für ihn beten. Manchmal kommt es sogar zu einem Treffen», berichtet Jean-Claude Chabloz. «Ich mache vor allem jungen Leuten Mut, sich für Politik zu interessieren und ein politisches Amt anzustreben. Das kann bedeuten, dass jemand Sprachen lernt und eine Ausbildung in Angriff nimmt, die auf einen verantwortungsvollen öffentlichen Posten vorbereitet.» «An jedem Tag gibt es eine Möglichkeit, etwas zu bewirken, damit es auf dieser Welt besser wird», ermutigt Jean-Claude Chabloz. «Jesus ist noch nicht zurück. Trotz Endzeitvorstellungen halte ich an der Hoffnung fest und gehe kleine Schritte, obwohl ich keine grossen Resultate sehe.» 31


F R E U N D E

politisches engagement | freunde in kirche …

Manfred Kiener

Befreundet seit der Kindheit – engagiert in Kirche und Politik Die Geschichte des Solothurner Kantonsrats René Steiner und des Oltener Gemeinderats Stephan Hodonou Stephan Hodonous Vater war der erste Schwarze in Olten. Er selber der erste dunkelhäutige Schüler in der Eisenbahnstadt. In derselben Strasse wie er lebte René Steiner. Die beiden wurden Freunde, spielten bereits in der Kinderkrippe miteinander und fanden zum Glauben. Heute sind beide verheiratet und Vater von je drei Kindern. Sie engagieren sich im Leitungsteam der Vineyard-Kirche Olten sowie als Vertreter der EVP im Oltner Gemeinderat bzw. im Solothurner Kantonsrat.

EVP-Generalsekretär Joel Blunier fragte Anfang 2003 Stephan Hodonou und René Steiner, ob sie interessiert seien, die EVP im Kanton Solothurn neu zu beleben. Blunier verfolgte gleichzeitig das Ziel, für die Nationalratswahlen 2003 eine EVP-Liste zusammenzustellen. Stephan Hodonou war jedoch nach seiner Bezirkslehrerausbildung und dem Theologiestudium mit seiner Lizenziatsarbeit beschäftigt. Einige Wochen später teilte Joel Blunier mit, die Liste komme nicht zustande, er habe zu wenige Kandidierende gefunden. «Das war der Augenblick, als ich realisierte: Es ist niemand da, der das an die Hand nimmt», blickt Stephan Hodonou zurück.

sich etwas zurückziehen. Doch nun organisierte Joel Blunier 2004 einen EVP-Neugründungsanlass mit Nationalrat Heiner Studer in der Oltner Friedenskirche. An jenem Abend kam neuer Schwung in die Partei. Die Anwesenden setzten sich zum Ziel, im Jahr 2005 einen Sitz im Kantonsrat zu erreichen. Und tatsächlich bescherte das Volk der EVP einen Stimmenanteil von drei Prozent und wählte René Steiner in den Kantonsrat. Steiner arbeitete damals 20 Prozent in der Metallbaufirma seines Vaters und 80 Prozent als Pastor der Vineyard Olten. Im April 2005 doppelte Stephan Hodonou nach und erlangte als EVP-Vertreter einen Sitz im Oltner Gemeinderat.

Jeder kann etwas bewegen Ein gottgegebener Zeitpunkt «Wenn ich will, dass politisch etwas geschieht, muss ich selber ran. Wenn ich mich nur auf meine Lizarbeit konzentriere, bleibt alles, wie es ist. Es war ein gottgegebener Zeitpunkt.» Stephan Hodonou wandte sich an seinen Freund René Steiner. Gemeinsam beschlossen sie, Kandidierende zu suchen und eine Liste für die Nationalratswahlen 2003 zusammenzustellen. Der Auftritt der EVP löste ein grosses Medienecho aus. Schliesslich kam die EVP auf einen Stimmenanteil von 1,2 Prozent. Das war zwar viel zu wenig für einen Sitz, doch der Boden für weitere Aktionen war vorbereitet. Hodonou und Steiner erhielten am meisten Stimmen, trotzdem wollten sie

Stephan Hodonou sitzt mittlerweile seit zwei Jahren im Oltner Gemeindeparlament. Er meint rückblickend: «Ein Einzelner kann mehr bewegen, als man annimmt. Wenn wir uns als Christen in der Politik nicht engagieren, wird trotzdem entschieden, aber nicht unbedingt in unserem Sinn.» Politik sei ebenfalls Reich Gottes, quasi der verlängerte Arm der Kirche. «Gerade Christen denken manchmal, sie könnten ja doch nichts ausrichten», stellt René Steiner fest und widerspricht dieser Einstellung sogleich: Er beeinflusse als Kantonsrat politische Entscheide. «Ich brachte den Vorschlag der Ergänzungsleistungen für arme Familien in die Diskussion ein und konnte die

CVP-Fraktion, der ich angegliedert bin, dafür gewinnen. Ähnlich lief es, als ich fast die ganze CVP-Fraktion von einem Antrag zur Tabakprävention überzeugen konnte.»

Menschen sollen nach Gott fragen Stephan Hodonou träumt mit René Steiner von Veränderungen in Olten und im Kanton Solothurn: «Es soll normal werden, über Gott zu sprechen. Menschen sollen seine heilende Kraft in ihren Beziehungen erleben. Menschen sollen wieder nach Gerechtigkeit fragen und sich um Arme und Schwache kümmern. Die Kraft Gottes soll wieder stärker erlebbar werden. Es macht einen Unterschied, ob die Gesellschaft einer Region christliche Werte hochhält oder sie mit Füssen tritt, egal ob in der Wirtschaft, in den Schulen oder im sozialen Bereich.» René Steiner fand mit dreizehn Jahren zum Glauben. Er besuchte eine Jugendgruppe und die Bibelgruppe der VBG am Gymnasium in Olten. Stephan Hodonou beobachtete positive Veränderungen bei René Steiner und pflegte daraufhin lose Kontakte zur Bibelgruppe. Wesentliche Glaubensimpulse erhielt Stephan Hodonou als Gymnasiast in einem Sprachlager der VBG in England. «Ich war bei einer Baptistenfamilie untergebracht, die ihren Glauben auf eine Weise lebte, die ich zuvor nicht gekannt hatte. Ich erlebte Gott intensiv während jener Zeit.»

• René Steiner

• Stephan Hodonou

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KOMMUNAL

politisches engagement | in die kommunalpolitik …

konnten zu einer konstruktiven Lösung beitragen und aufzeigen, dass Brandmarken und Ausgrenzen nicht dienlich sind. Ja, es wurde sichtbar, dass sich Christen nicht nur in der Kirche aufhalten, sondern sogar pionierhafte Lösungen finden.»

In die Kommunalpolitik berufen Wie Menschen den Weg in die politische Behörde fanden In der Öffentlichkeit seine Stimme zu erheben ist nicht jedermanns Sache. Aber es gibt Menschen, die dafür geradezu prädestiniert sind. Ob in die Schulpflege, ins Gemeindeparlament oder ins Bezirksgericht - Gott beruft seine Leute überallhin.

G e m e i n d e r ä t i n U r s u l i n a H u d e r, S P In Steffisburg mit seinen gut 15 000 Einwohnern gibt es 170 Lehrkräfte und über 1600 Schülerinnen und Schüler. Ursulina Huder ist als Vertreterin der SP Vizepräsidentin der Steffisburger Stadtregierung und verantwortlich für den Bereich Bildung - ein Departement wie zugeschnitten auf ihre Person.

Tom Sommer

• Ursulina Huder ist Vizepräsidentin des Steffisburger Gemeinderates.

«Politik passiert sowieso, die Frage ist nur, ob ich mitmache oder nicht» 34

«Ich bin einfach gerne mit Menschen zusammen. Es fällt mir leicht, auf andere zuzugehen oder mich in Diskussionen einzubringen», erklingt die freundliche Stimme am Telefon für unser Interview. Es wird spürbar, dass Ursulina Huder ihr politisches Amt mit Begeisterung ausübt. Und sie begründet diese auch gleich, indem sie betont, dass wir als Christen mit unseren Gaben und Aufgaben eine Verantwortung hätten, die wahrgenommen werden müsse. «Politik ist einfach ein grosser Teilbereich unserer Gesellschaft, den wir ganz praktisch mitprägen können.» Im November 2006 wurde es besonders ernst: Steffisburg kam wegen der Verge-

waltigung eines Mädchens durch jugendliche Mitschüler in die Schlagzeilen. «Hier galt es, schnell nach Lösungen zu suchen, die sowohl für das Opfer als auch für die Täter ‹ein Leben danach› ermöglichten.» Dass es für das Mädchen möglich sein sollte, bald wieder zur Schule zurückzukehren, sei für alle klar gewesen. «Aber wie mit den jugendlichen Tätern umgehen?», war die Frage, die auch für Ursula Huder im Raum stand und eine grosse Herausforderung darstellte. Eine Rückkehr an die Schule sei ausgeschlossen gewesen. Es sei den Verantwortlichen darum gegangen, die Jugendlichen und deren Eltern nicht einfach sich selbst zu überlassen, und es sei schliesslich gelungen, in von Christen geführten Gewerbebetrieben Arbeitsstellen für diese jungen Männer zu finden. «Wir cz 3|07

Diese und andere Beispiele zeigen der engagierten Familienfrau, Mutter und Politikerin, dass man tatsächlich etwas bewegen kann, wenn man sich dazu entscheidet, Anteil zu nehmen und zu geben. Das sei die wichtigste Voraussetzung. Die Parteizugehörigkeit zur SP habe in ihrem Fall nicht mit der Analyse von Parteiprogrammen zu tun, sondern gehe auf eine persönliche Freundschaft zurück: Zu Beginn ihrer politischen Laufbahn 1987 habe sie schnell eine gute Beziehung zu einer Kollegin der Schulkommission knüpfen können – und diese habe sie in die Sozialdemokratische Partei eingeladen. Ursulina Huder: «Obwohl zum Beispiel heute die Evangelische Volkspartei eine Alternative für mich wäre, fühle ich mich in der SP aufgrund des sozialen Engagements und des Menschenbildes nach wie vor gut aufgehoben.» Überparteilich gebe es in Steffisburg verschiedene Gefässe, in denen Christen sich träfen. Auch gerade vor Sitzungen komme man zu Gebet und Austausch zusammen, oder sie erlebe das Getragensein durch andere Christen durch ein SMS, im Sinne von «Wir denken an euch ...». Auch im Zusammenhang mit der erwähnten Vergewaltigung spürte Ursulina Huder, dass die bewusste Zugehörigkeit zum Leib Jesu die wichtigste «Parteizugehörigkeit» ist. «Da waren auf einmal ganz neue Menschen mit uns verbunden, und völlig unerwartete Ideen standen im Raum – für mich ein klares Eingreifen Gottes!» Diese vertikale Dimension einzubringen, die es auch erlaube, den anfallenden Ballast aus den horizontalen, zwischenmenschlichen Beziehungen abzuwerfen, dazu fühlt sich Ursulina Huder berufen: «Für mich absolut nötig!» cz 3|07

Bezirksrichter Daniel Brunner

• Daniel Brunner: In Baden AG zum Bezirksrichter gewählt.

Mit Gottes Weisheit der Wahrheit auf der Spur Wie kann man die Verantwortung tragen, Menschen zu verurteilen oder freizusprechen? Daniel Brunner fühlt sich von Gott in das Amt des Bezirksrichters in Baden berufen.

Tom Sommer «Ich hatte eigentlich weder juristisches Interesse, noch war ich bereit, Geld in eine Wahlkampagne zum Bezirksrichter zu stecken», bekennt mir der Marketingspezialist, Managementtrainer und Coach Daniel Brunner. Einfach der Mensch in seinen Schwierigkeiten habe ihn an diesem Amt interessiert. Zufall? Nein! Daniel Brunner hat selbst von Jugend auf stürmische Zeiten erlebt. Aufgewachsen in einem christlichen Elternhaus, wendet er sich zunehmend vom christlichen Glauben ab und verfolgt hartnäckig hohe berufliche Ziele. Er erreicht diese und bekleidet in verschiedenen grossen Firmen Kaderstellen im Bereich Marketing und Verkauf. «Dann wurde ich übermütig und suchte eine neue Herausforderung, um sowohl den Lohn als auch das Ansehen noch zu steigern. Aber das ging in die Brüche!» Für Daniel Brunner sei das der Punkt gewesen, an den Gott ihn habe hinführen wollen, um ihn seine Berufung

finden zu lassen. In Persönlichkeitsschulungen entdeckt er, dass ihn letztlich Menschen mehr interessieren, als Produkte zu verkaufen. «Der anschliessende Aufbau einer eigenen Firma (schulung-training.ch) war eine sehr fordernde Zeit, aber bis heute liebe ich es, Menschen aus Firmen und Organisationen die Augen zu öffnen und neue Wege – vielleicht auch gerade in Krisen – zu zeigen. Meine Begeisterung des Verkäufers kommt auch hier voll zum Tragen.» Nicht selten, so Daniel Brunner, werde er in den Seminaren und Workshops angesprochen, was es mit seinem Glaubensfundament, Jesus Christus, auf sich habe. Das Offenlegen seines Credos bei Beratungen und Ausbildungsangeboten gehört für ihn als Element des authentischen Auftritts dazu. «Jeder Trainer hat eine Wertebasis, ich kommuniziere sie offen.»

Wenn Gott die Wählerstimmen lenkt Wie wird man Bezirksrichter ohne entsprechenden juristischen Hintergrund? Daniel Brunner entdeckte die frei werdende 35


politisches engagement | in die kommunalpolitik …

Teilzeitstelle des Bezirksrichters1 in der Zeitung – und sie liess ihn nicht mehr los. Gott würde es, falls es dran sei, schon bestätigen, rieten ihm Freunde. So kam es für Daniel Brunner auch nicht infrage, mit einer Wahlkampagne irgendwie nachzuhelfen. Aufgrund der grossen Kampagne einer politischen Partei für eine andere Person schien die Sache ohnehin schon entschieden. Aber es kam anders: Entgegen allen Erwartungen hätte das Ergebnis für Daniel Brunner nicht deutlicher sein können: «Die Zahlen der Wählerstimmen waren so klar – da muss Gott die Hand im Spiel gehabt haben. Offensichtlich wollte er, dass ich den Posten bekomme.» Daniel Brunners Art zu erzählen, lässt erahnen, dass er sich der Verantwortung bewusst ist, einen Menschen in einem strafoder zivilrechtlichen Prozess zu be- und dann eventuell zu verurteilen. «Bei einem Entscheid steht man letztlich alleine da. So bin ich froh, dass die Zwiesprache mit Gott zu meinem Leben gehört. Ich brauche die Führung des Heiligen Geistes unbedingt! Ohne ihn ist all mein rhetorisches und taktisches Geschick wertlos, wenn es darum geht, zum Beispiel eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.» Das nehme ich ganz persönlich mit aus unserem Gespräch im kühlen Sommergarten: Gott hinhalten, was mich – zum Beispiel gesellschaftlich – zutiefst bewegt. Den einen Schritt, den ich tun kann, gehen. Und wenn Gott will, wird er das Ganze weiterentwickeln.

1 Unsere Rechtsprechung, gestützt auf die Zivil- und Strafgesetzgebung, funktioniert im Vollzug auf der Zusammenarbeit zwischen juristisch ausgebildetem Richter und sogenannten Laienrichtern. Damit ist eine besondere Verankerung der Rechtsprechung in der Bevölkerung gewährleistet: Der Jurist neigt oft dazu, nur aufgrund von Gesetzesartikeln zu urteilen; beim Nichtjuristen kommt erwiesenermassen der gesunde Menschenverstand in der Beurteilung mehr zum tragen. 36

Schulpflegerin Re b e k k a B u r ga s s i , SVP

ihr. Sie wird gewählt. Im Herzen EDU-Sympathisantin, ist sie heute Mitglied der SVP, weil sie deren klare Haltung schätzt und es in Hombrechtikon keine Ortspartei der EDU gibt.

Gemeinderat Stefan Hochstrass er, E VP

Viel gelernt

• Rebekka Burgassi: Schulpflegerin auf der Oberstufe in Hombrechtikon, zweite Amtsperiode.

Der Stadt Bestes suchen Für Rebekka Burgassi, geboren 1964, Mutter und Schulpflegerin in Hombrechtikon, hört das Reich Gottes nicht an der Kirchentüre auf.

Brigitte Eggmann Vor ein paar Jahren wurden in Hombrechtikon Mitglieder für die Schulpflege gesucht. Für Rebekka Burgassi trafen mehrere gute Umstände zusammen: Zeit hätte sie, die Kinder wären gross genug, die Weiterbildung bei Jugend mit einer Mission in Kinder- und Jugendarbeit ist fast abgeschlossen, und die Frage einer Freundin, ob Schulpflege nicht etwas für sie wäre, passte auch. Und weil sie sich im Nachbardorf in der Teeniearbeit einer Freikirche engagierte, fragte sie sich, was sie denn eigentlich für den eigenen Wohnort «Hombi» tue.

Ein Herz für die Menschen «Ich begann darüber zu beten, sprach mit meinem Mann und den Kindern.» Die ganze Familie findet es gut, und Enerico, ihr Mann, versichert ihr, er werde sie unterstützen. Allerdings: In Sachen Politik kennt sich Rebekka Burgassi kaum aus. Sie hat früh geheiratet, zwei Töchter und einen Sohn grossgezogen, im Dorf ist sie nicht so

bekannt; aber sie ist vielseitig interessiert und hat ein Herz für die Menschen.

Ich habe im Umgang mit Menschen viel dazugelernt, sagt Rebekka Burgassi. «Ich ging ursprünglich davon aus, ich müsse mich nicht auch noch äussern, wenn das Gleiche bereits gesagt worden war.» Bis man ihr zu verstehen gibt: «Nein, auch wenn schon dreimal das Gleiche gesagt wurde: Es ist wichtig, dass du Position beziehst. Deine Wähler wollen deinen Standpunkt kennen. Und ich habe merken müssen, dass ich mit Leuten aus anderen Parteien zusammenzuarbeiten kann. Klar klaffen ab und zu die Meinungen auseinander. Aber auch Andersdenkende fällen gute Entscheide, damit die Schule ein Platz für Kinder und Jugendliche ist, der sie auf das Berufsleben oder eine weiterführende Schule vorbereitet.»

• Stefan Hochstrasser: Fraktions- und Parteipräsident der EVP Lyss.

Der Blick weg von sich selbst Stefan Hochstrasser wurde als Zwanzigjähriger in den Grossen Gemeinderat von Lyss gewählt. Heute präsidiert er dort die EVP-Fraktion sowie die Ortspartei.

Johanna Vollenweider

Das Gebet Vor der Wahl werden die parteilosen Kandidaten und Kandidatinnen eingeladen, der Öffentlichkeit kurz darzulegen, warum sie sich zur Verfügung stellen. Im Vorfeld entwirft Rebekka Burgassi eine Antwort. «Bei der Frage, was mir im Leben wichtig sei, merkte ich plötzlich: ‹Ja, hoppla, hier muss ich Farbe bekennen.›» Während der Vorstellungsrunde gibt sie frei zu, dass ihr Gott sehr wichtig sei und sie versuche, im Alltag biblische Prinzipien zu leben. Die Fragen bleiben nicht aus: Ob sie denn bürgerlich sei, welcher Partei sie angehöre und wie das mit ihrer Toleranz aussehe, sie sei doch Christ. Rebekka Burgassi überlegt. Aus Psalm 23 kommt ihr folgende Stelle in den Sinn: «Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde.» Sie wird ruhig und erklärt, was sie unter dem Begriff «Toleranz» versteht, woher das Wort kommt, was es bedeutet. «Das wird mich die Wahl kosten», denkt sie. Aber Gott stellt sich zu cz 3|07

Ohne Gebet würde es Rebekka Burgassi nicht schaffen. Wöchentlich trifft sie sich mit einer Freundin. Sie beten für ihre Familien, die Nachbarn, für Sitzungen in der Schulpflege. «Ich kann auch meinen Mann jederzeit anrufen, und dann betet er für mich.» Morgens legt sie im Gebet den Tag in Gottes Hände, tagsüber kommt es immer wieder zu Stossgebeten, und abends, vor allem nach langen Sitzungen, wenn sie gegen Mitternacht nach Hause kommt, ist sie froh, dass sie alles, was sie belastet, bei Gott deponieren kann. «Viele Male bleibt mir nichts anderes übrig, als zu beten: ‹Herr, lass mich tun, was ich kann, lass es mich richtig tun, aber dort, wo ich keine Macht habe, Herr, mache du es.›» Im Gottesdienst oder Hauskreis lässt sie häufiger als früher für sich beten. «Ich fühle mich dadurch getragen, denn ich weiss, dass Gott treu und gerecht ist. Ich wage es auch, seine Autorität in Anspruch zu nehmen.» cz 3|07

Obwohl Stefan Hochstrasser nicht mit seiner Wahl gerechnet hatte und mit Abstand der Jüngste war, stand er vor sechs Jahren kurz nach seiner Einsetzung vor versammeltem Publikum und erläuterte die Jahresrechnung. «Es ist nicht so einfach, und wenn man jung ist, hat man von vielem wenig Ahnung. Ich habe gemerkt: Um am Ball zu bleiben, muss man sehr viel investieren.» Ende Jahr möchte er seine beiden Ämter bei der EVP Lyss niederlegen, da er seit März 2006 in Basel wohnt und dort an der theologischen Fakultät studiert. Ein weiteres Engagement sieht er möglicherweise im Vorstand der Jungen Evangelischen Volkspartei *jevp, für den er bereits mehrmals angefragt wurde.

Spagat zwischen Politik und Kirche Stefan Hochstrasser interessiert sich

aber nicht nur für Politik, sondern arbeitet auch beim Kinder- und Jugendwerk des Blauen Kreuzes der Deutschschweiz mit, schreibt Andachten für den Bibellesebund und bietet OnlineBeratung bei theologischen Fragen im Livenet an. Während seiner Sommerferien leitet er jeweils freiwillig ein Kinderlager des Blauen Kreuzes. Als Methodist ist er in der EMK Lyss aufgewachsen und wirkt dort zuweilen als Predigthelfer. In Basel macht er unter anderem Münsterführungen. Themen wie Armut, der Umgang mit Geld und der Reichtum der Schweizerinnen und Schweizer beschäftigen ihn. So hat er denn auch seine Diplomarbeit am Theologisch-Diakonischen Seminar in Aarau zum Thema «Über Geld spricht man nicht ... – Eine Analyse von Schweizer Predigten zum Thema Umgang mit Geld und Besitz» geschrieben. Er erzählt, wie er bereits mit 37


politisches engagement | in die kommunalpolitik …

sechzehn Jahren in Kamerun ein unterernährtes Kind in den Armen gehalten habe.

Politehepaar Mirja und Lukas Zimmermann-Oswald, EVP

Dass man das Leben von Menschen mit wenigen Mitteln verändern kann, hat er in Indien erfahren: Dort lebte er 2005 für zwei Monate, unterrichtete an einer Bibelschule, predigte und besuchte Gemeinden und Kinderheime. Seither ist es ihm ein Herzensanliegen, sich selber mehr für die Armen einzusetzen, vielleicht auch einmal beruflich.

Humanitärer Einsatz statt Strandferien In Zukunft plant Stefan Hochstrasser, bei StopArmut 2015 mitzuarbeiten, der Kampagne der Arbeitsgemeinschaft NordSüd der Schweizerischen Evangelischen Allianz zur Mobilisierung von Menschen für die Armen der Welt. Gerade wegen der Übersättigung durch Bildmedien findet er es wichtig, dass (junge) Christen sensibilisiert werden. «Geh hin und erlebe Armut einmal hautnah.» Es sei gar nicht verkehrt, statt Strandferien auch einmal einen humanitären Einsatz zu machen. Im Gegensatz zu seinen Erlebnissen in Indien sieht er die Politik als eine Mühle, die nur langsam mahlt. Trotzdem interessiert er sich nach wie vor dafür, nur fehlt ihm momentan die Zeit neben dem Studium und seiner Arbeit beim Blauen Kreuz. Nach dem Studium möchte er seinen Begabungen entsprechend eine Leitungstätigkeit in einer Gemeinde übernehmen. Es ist noch offen, ob in der reformiertenLandeskirche oder in einer Freikirche. Die Arbeit mit Menschen ist ihm wichtig: Hoffnung zu vermitteln, die Gemeinschaft zu fördern und natürlich nicht zuletzt den Blick weg von sich selbst hin zu den Armen zu lenken. «Das wird auf alle Fälle mein lebenslanges Herzensanliegen bleiben.» 38

• Mirja Zimmermann-Oswald: Vizepräsidentin der Jungen Evangelischen Volkspartei (*jevp).

Gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen Mirja Zimmermann-Oswald ist 22-jährig, Theologiestudentin, Vizepräsidentin der Jungen Evangelischen Volkspartei (*jevp), spielt Fussball und kandidierte vor vier Jahren für die Nationalratswahlen. Ihr Mann Lukas Zimmermann-Oswald ist 24 Jahre alt, Sozialarbeiter, Mitglied des Grossen Gemeinderates Worb und kandidiert für die Nationalratswahlen 2007.

Johanna Vollenweider

Politik als Auftrag Mirja Zimmermann-Oswald erzählt, sie habe sich bereits als Achtjährige täglich in Zeitungen vertieft und einer Bekannten zwei Jahre später alle Regierungsräte des Kantons Zürich aufsagen können. Dieses politische Interesse kommt nicht von ungefähr: Urgrossvater Willhelm Friedrich Oswald gründete 1918 die EVP in Rüti ZH. Mirja sieht ihr politisches Interesse aber nicht nur von ihren Oswald‘schen Genen herrührend, sondern weiss, dass Gott ihr die Politik als Dienst an der Gesellschaft

aufs Herz gelegt hat. Sie ist Gründungsmitglied der Jungen Evangelischen Volkspartei (*jevp), die am 21. August 2004 in Schaffhausen startete, und sitzt seither im Zentralvorstand der EVP Schweiz.

«Es liess mich nicht mehr los» Lukas Zimmermann-Oswald wurde vor drei Jahren gebeten, sich für die Gemeinderatswahlen in Worb als Kandidat aufstellen zu lassen. Aus Zeitgründen lehnte er ab. Das Thema liess ihn aber nicht mehr los. So stieg er später mit eigener Werbung in den Wahlkampf ein und wurde prompt gewählt, zusammen mit seicz 3|07

• Lukas Zimmermann-Oswald sitzt im Grossen Gemeinderat Worb und kandidiert für die Nationalratswahlen.

nem Vater, der sich auf sein Anwerben hin ebenfalls als Kandidat aufstellen liess. Seit anderthalb Jahren ist Lukas mit fünfzehn Stellenprozenten als Assistent der EVP-Geschäftsführung des Kantons Bern engagiert. Als die zweite Versammlung der neu gegründeten Jungen Evangelischen Volkspartei (*jevp) stattfand, war er schon mit dabei. In der Partei machte er sich dafür stark, dass endlich etwas gegen die weitverbreitete sexistische Werbung unternommen wird. Ein Thema, das auch die Präsidentin der *jevp und die Vorstandsmitglieder beschäftigte. So bildeten sie ein Komitee, in dem auch Mirja mitmachte. Von nun an begann sich ihre persönliche mit der politischen Geschichte zu mischen. Im Frühling 2007 heirateten die beiden.

TV-Kamera vor der Nase Als Mediensprecherin des Projekts «Freie Sicht! – gegen sexistische Werbung» wurde Mirja für ein Interview mit TeleZüri mitten aus einer Vorlesung herausgerufen. Mit der Kamera nur wenige Zentimeter vor der Nase erlebte sie einmal mehr cz 3|07

politische Medienarbeit hautnah. Durch diese und andere Erfahrungen lernte sie, wie man vor einer Kamera steht, ein Radiointerview gibt oder den Printmedien begegnet und dabei so natürlich wie möglich wirkt. Die Realisierung der Petition «Freie Sicht!» zog sich über zwei Jahre hin. Je länger, je mehr griffen die Medien das Thema auf. Die Berner Zeitung «Der Bund» publizierte einen ganzseitigen Artikel eines Parlamentariers, der mit dem Wortlaut der *jevp einen Vorstoss im Kantonsparlament eingereicht hatte. Dieser war so überzeugend, dass er von Mitgliedern aus allen Fraktionen unterschrieben wurde.

Die Gesellschaft beeinflussen Sowohl Lukas als auch Mirja ist es ein Anliegen, sich nicht nur zu bestimmten Themen zu äussern, sondern sich in Bereichen wie Wirtschaft, Familie, Bildung und Umwelt für die Werte des Evangeliums einzusetzen. «Christen sollten sich nicht nur zu Themen wie Homosexualität oder Fristenlösung äussern. Auf diese Weise werden wir in der Welt nicht

ernst genommen. Die Bibel ist unsere Grundlage, die uns zeigt, wie wir in allen Bereichen der Gesellschaft gute Lösungen finden können», so Lukas. Um sich das nötige Wissen zu aktuellen Themen anzueignen, reicht Zeitunglesen aber längst nicht mehr aus, und so besuchen sie wann immermöglich die vierteljährliche Delegiertenversammlung der EVP, um sich von Fachleuten in der Meinungsbildung unterstützen zu lassen. Genauso wichtig ist es für die beiden, das Gespräch mit ganz unterschiedlichen Menschen zu suchen, um sich mit anderen Meinungen und Argumenten auseinanderzusetzen. Das Ziel ist es nicht, gleicher Meinung zu sein, sondern einen vielschichtigeren Lösungsansatz zu finden und so weiterzuarbeiten. Ihr Beitrag wird von vielen älteren Parteimitgliedern ernst genommen, ja sogar geschätzt. Das liegt vermutlich daran, dass die beiden sehr authentisch wirken und nicht bloss mitreden, sondern auch etwas zu sagen haben. 39


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politisches engagement | der barbier von sevilla …

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Der Barbier von Sevilla in der Kirche Christliche Künstler auf dem Weg zu neuem Selbstverständnis

• von links nach rechts: Mime Carlos Martinez, Kabarettkünstler Beat Müller, Tänzerin und Choreografin Michal Berger

Die Achtzigerjahre, das waren noch Zeiten: An einem grossen christlichen Künstlerfestival teilte man dem heute renommierten Pantomimekünstler Carlos Martinez aus Spanien kurzfristig mit, sein Auftritt werde gekürzt. Seine stumme Kunst beinhalte ja sowieso nichts Christliches. Zwanzig Jahre später hat sich die Sicht erweitert: Die Gründung von Arts+ ist ein ermutigendes Zeichen dafür.

immer noch dasselbe – «und so müssen wir uns gegenseitig dabei unterstützen, unseren Glauben einzubringen und dazu zu stehen.»

knüpft. «Ganz neuartig können auf diese Weise», so Beat Rink, «Angebot und Nachfrage voneinander profitieren!»

Kulturpreisverleihung «PrixPlus 2007»

Das Programm zur Lancierung von «Arts+ Kulturfenster» liess allein an jenem Abend etwas von der Vielfalt christlichen Kunst- und Kulturschaffens erahnen. Neben dem spanischen Mime Carlos Martinez umrahmte das Crescendo-Duo Chiara Fasani mit Violine und Gunta Abele, Cello, den Abend musikalisch. Als wahres Multimediatalent entpuppte sich die Tänzerin und Choreografin Michal Berger, Preisträgerin von «Pro Argovia Artists 2007» der Kulturstiftung «Pro Argovia». Man stelle sich vor: Auf der Leinwand Filmsequenzen – da sieht man zum Beispiel die Künstlerin an einem festlich gedeckten Tisch, oder die Leinwand wird komplett ausgefüllt von einer wellenbewegten Wasseroberfläche in gleissender Abendsonne. Gleichzeitig bringt die Künstlerin auf der Bühne vor der Leinwand in tanzenden und akrobatischen Bewegungen ein ganzes Repertoire von Stimmungen und Emotionen zum Ausdruck. Dass ihr Körper dabei selbst zur Projektionsfläche für Bilder und eingeblendete Worte wird, wirkt geradezu genial. Das gleichzeitige Ertönen einzelner Worte macht das Schauspiel perfekt. Das ist Surrealismus pur,

Multimedia total – genial Tom Sommer Am 21. März 2007 trat Carlos Martinez, der mehrfach ausgezeichnete spanische Mime, wieder in der Schweiz auf, diesmal in Basel. Anlass: Die Lancierung von «ARTS+ Kulturfenster», dem Netzwerk christlicher Kulturinitiativen und kulturschaffender Christen aus verschiedenen Sparten und neuen Zweig der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA).

Zum Fragen bringen Carlos Martinez verstand es einmal mehr, mit seinen Programmausschnitten aus «Time to Celebrate» und «Barbier» meisterhaft zu inszenieren, was auch in die Kirche gehört: eine genaue, detailreiche und auch kritische Beobachtung (und pantomimische Darstellung) unseres menschlichen Verhaltens – zu unserer Freude, weil wir uns darin schmunzelnd selbst entdecken, und als Anregung zum Nachdenken, was uns denn alles so antreibt, umtreibt und aufregt. Seine berühmte Nummer mit den wartenden Menschen an der Bushaltestelle ist nur ein Beispiel, wie er uns zum Fragen 40

bringt – etwa, wo die christlichen Tugenden wie Achtung und Nächstenliebe geblieben sind ...

Endlich: Ein christliches Kulturfenster «Ich habe geträumt», sagt Pfarrer Beat Rink an der Eröffnungsveranstaltung von Arts+, und auch Hansjörg Leutwyler von der SEA habe davon geträumt, christliche Kulturschaffende zu vernetzen. Auf der Rückreise von einer Tagung seien die beiden zufällig nebeneinander zu sitzen gekommen und hätten sich ihre Träume von einer christlichen Kunst- und Kulturlandschaft erzählt – die Geburtsstunde von Arts+. Auf internationalem Parkett habe es, so der Präsident von Arts+, Beat Rink, schon einige Versuche von Kulturinitiativen gegeben, jedoch mit mässigem Erfolg. Mit Arts+ wolle man nun in der Schweiz modellhaft ein Netzwerk aufbauen, um damit später sogar anderen Ländern Impulse zu geben. Impulse wozu? Christliche Kunst- und Kulturschaffende hätten es besonders nötig, freundschaftliche Gemeinschaft und Ermutigung zu erleben. Die Gefahr

der Isolation sei sehr gross, gerade dort, wo man in eigenen Soloprogrammen auf sich selbst gestellt sei. Schnell werde man auch in die Kategorie «exotische Vögel» gesteckt statt unterstützt und ermutigt. Zudem mangle es Kirchen und Gemeinden oft an Verständnis, Kunst und Kultur als Teil des Reiches Gottes zu sehen. Auch könne der raue Wind der säkularen Kunst- und Kulturszene den christlichen Künstlern arg zusetzen. Man wolle, so betont Kernteam-Mitglied und SEA-Generalsekretär Hansjörg Leutwyler, in der Öffentlichkeit kulturpolitisch an Einfluss gewinnen. Ein neues Kulturfördergesetz sei nämlich in Bearbeitung, und dort gebe es Möglichkeiten, sich in die Gesellschaft einzubringen. Der deutsche Schauspieler Timo Schuster, ein weiteres Mitglied des Kernteams von Arts+, hebt hervor, dass sich zwar die Kommunikationsformen gewandelt hätten, der Dialog zwischen den verschiedenen Kunstsparten aber gerade deshalb gefördert werden müsse. Das Herz der christlichen Botschaft sei jedoch cz 3|07

Erstmalig wurde auch der mit insgesamt 4000 Franken dotierte Kulturpreis «PrixPlus 2007» von Arts+ vergeben. Mit diesem Preis soll das Kunst- und Kulturschaffen von Christen in unserer Gesellschaft wertgeschätzt werden. Zwei Personen teilen sich den diesjährigen Preis: Der Unternehmer Christoph Mägert, der mit seinen Musicals «Voice» und «The Passion» schon seit Jahren einiges daransetzt, den christlichen Glauben mit der Kunst zusammenzubringen. Und der Basler Pfarrer Bruno Waldvogel, der mit verschiedenen Büchern (zum Beispiel «Tick, der Wecker») und zuletzt mit dem Basler Musical «Basileia» ein Stück christlicher Kulturgeschichte geschrieben hat. Vielleicht, so hoffe ich gemeinsam mit den rund hundert Anwesenden dieses Anlasses, wird von jetzt an ein neues Kapitel christlicher Kunst- und Kulturgeschichte geschrieben. Mit der neuen Plattform Arts+ besteht eine Anlaufstelle mit einer Datenbank, die interessierte Kirchen, Gemeinden und Organisationen mit Künstlern verschiedener Sparten vercz 3|07

aber damit wird uns gleichnishaft vorgeführt, aus welcher Komplexität unsere Sinne die Eindrücke .ch rtsplus nez.es a . des Alltags sortiew w w ti losmar ctions.ch r a c . ren müssen. Ganz w ww rodu rofile-p ch ungewollt taucht www.p palast-aarau. z n a die Frage in mir auf, rg www.t endo.o c s e r c . wo ich meinen eigewww net.ch heatert . w nen Bezugspunkt habe w w im Leben. Multimediale Darbietung als Wegweiser zu Sinn- und Glaubensfragen?

INFOS

Sehr handfest und einfach verständlich steuerte hingegen der Kabarettkünstler Beat Müller seinen Teil zum Festprogramm von Arts+ bei. Ausschnitte aus seinem Soloprogramm «Entscheide sich, wer kann» zeigten einmal mehr seine Gabe, in witzig-ironischer Weise Eigenheiten unseres Verhaltens als Normalbürger zu belächeln und zu hinterfragen. Hier, so begann ich als Zuschauer zu sinnieren, wäre es spannend zu sehen und zu hören, wie Menschen dargestellt würden, die gemäss den Aussagen des Paulus in ihren Sinnen erneuert sind. Die Realitäten der «neuen Schöpfung» warten darauf, vermehrt Gegenstand künstlerischer Darbietung zu werden. Gott sei Dank gibt es jetzt Arts+ – das Potenzial ist vorhanden. 41


G S C H I C H T E

politisches vom glauben engagement reden | freude | trudi am gertser …

Trudi Gerster «Gschichte us de Bible»

Wer kennt sie nicht, die «grande dame» der Schweizer Märchenerzählerinnen, die an der Landi 1939 erstmals die Kinderherzen erobert und seitdem Generationen mit ihren Geschichten erfreut hat? Kürzlich ist ihre neueste CD erschienen - mit Geschichten aus der Bibel.

Beat Rink Wie sie zum Märchenerzählen gekommen ist, klingt wie eine schweizerische Fassung von Tausendundeiner Nacht: Weil sie als Schülerin in den Handarbeitsstunden nur ungern und mit mässigem Erfolg häkelte, traf sie mit der Lehrerin eine geschickte Abmachung.

Geschichten statt Häkeln Trudi erzählte Geschichten, dafür nahm ihr die Lehrerin das Häkeln ab. Je länger das Mädchen erzählte, desto länger blieb ihr das Häkeln erspart, und so übte sie sich immer mehr im fantasievollen Ausschmücken von Geschichten. Heute, fast achtzig Jahre später, ist Trudi Gerster eine vielfach ausgezeichnete Künstlerin. Und es ist wirklich Kunst, was sie bietet. Man lege nur einmal die neueste CD «Gschichte us de Bible» ein ...

Wie es zur Bibel-CD kam Die Idee für diese besondere Doppel-CD 42

mit biblischen Geschichten stammt von Trudi Gerster selbst und nicht etwa aus kirchlichen Kreisen. Eine früher aufgenommene LP mit ausgewählten alttestamentlichen Geschichten war längst vergriffen und vergessen. So trat die Schauspielerin in den letzten Jahren mehrmals an verschiedene Pfarrer und kirchliche Amtsstellen heran – allerdings ohne Erfolg. Die Idee stiess zwar auf positives Echo, doch fehlten in der Kirche die Erfahrung und die Kapazität für ein solches Projekt. Umso erstaunlicher, dass Trudi Gerster nicht aufgab. «Die Bibel bildet einen wichtigen Teil der abendländischen Kultur», findet sie, «deshalb sollten unsere Kinder diese Geschichten kennen.» Und sie fährt weiter: «Während die Kinder in Indien (ein Teil ihrer Familie ist mit Indien sehr verbunden) ihre Göttergeschichten sehr genau kennen, wissen Jugendliche hierzulande praktisch nichts von der Bibel.» Das sei sehr schade.

Klarer Unterschied zu Märchen Die Entschlossenheit, mit der die bald Neunzigjährige am Plan festhielt, erstaunte auch mich. Ich hatte sie an einer Abendveranstaltung kurz kennengelernt, und dieser «Smalltalk» sollte der Auftakt zu einer Reihe von Telefongesprächen und weiteren Begegnungen sein, in denen es immer mehr um diese Bibel-CD und Glaubensfragen ging. Trudi Gerster machte deutlich, dass die CD einen kirchlichen Stempel tragen müsse, denn die Bibel dürfe keinesfalls mit Märchen in einen Topf geworfen werden. Wie schnell dies geschehen könne, habe sie vor einiger Zeit erfahren, als sie in einer Radiosendung die Weihnachtsgeschichte las. Sie habe der Moderatorin eingeschärft, in ihrer Ansage das Wort «Märchen» tunlichst zu vermeiden. Umso entsetzter sei sie dann gewesen, als diese im Abspann gesagt habe: «Das war Trudi Gerster, die uns ein weiteres Märchen erzählte.»

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Die CD «Gschichte us de Bible» mutet wie eine Antwort darauf an. Im Vorstand der Basler Bibelgesellschaft brauchte es keine Überzeugungsarbeit, um ihn als Trägerschaft für das Projekt zu gewinnen. Und mit Trudi Gersters Sohn Andreas Jenny bot sich für das Booklet ein sehr guter Illustrator an.

Respekt vor dem Bibelwort Es folgte die Phase der Textauswahl, die die Erzählerin massgeblich mitbestimmte. Jesus-Geschichten wollte sie aus Respekt nicht wiedergeben. Doch nun können wir die Weihnachtsgeschichte und die Gleichnisse vom verlorenen Sohn und vom barmherzigen Samariter hören und dabei vor unserem inneren Auge entstehen lassen – dank Trudi Gersters unnachahmlicher Erzählweise, die auf drastischdramatische Akzente fast ganz verzichtet, dafür aber jede Seelenregung (vom Zorn der Josef-Brüder bis zur Hinterlist des Königs Herodes) mit kleinen Stimmbewegungen kunstvoll andeutet. Sie, die einmal Theologie studieren wollte, es dann aber bleiben liess, weil sie zu viele Glaubenszweifel hatte, nimmt den biblischen Wortlaut sehr ernst und fügt nur da cz 3|07

und dort aus erzähltechnischen Gründen einige ausschmückende Details hinzu. Auf die kritische Begleitung von theologischer Seite legte sie von Anfang an grossen Wert. Die Isaak-Geschichte zogen wir auf ihre Bitte hin wieder zurück; sie wollte den Kindern keine allzu dunklen Passagen zumuten. Auf die Frage, wie sie selber mit den unverständlichen Seiten Gottes und überhaupt mit dem Glauben umgehe, antwortete sie, es komme letztlich allein auf das kindliche Vertrauen an. Und äusserte sogleich den Wunsch, noch weitere Bibeltexte aufzunehmen ...

Mit fast 90 noch aktiv «Wer rastet, rostet», entgegnet sie auf die Frage, was sie so dynamisch halte. Und im selben Atemzug erwähnt sie, dass sie ihren Führerschein vor einiger Zeit freiwillig(!) abgegeben habe. Auch der Kontakt zu ihren sechs Enkelkindern tue ihr gut. Ob sie auch bei anderen Jugendlichen noch «ankomme»? Ja, sie erhalte immer wieder Briefe von Kindern. Dass Trudi Gerster auch unter Teenies ein «Star» ist, beweist die folgende Begebenheit, die mein Freund Gaetano Florio, Eventmanager und Co-Produzent der Bibel-CD, hautnah miterlebte: Im Rahmen der «Märchen-

tour für Erwachsene» mit Polo Hofer wollte es der organisatorische Zufall, dass im selben Gebäude ein «Märchenabend» und ein Teenie-Festival stattfanden. In der Pause mischten sich die Besucherströme beider Anlässe, und die Teenies sprachen schnell naserümpfend von der «Altersheimveranstaltung». Bis einer von ihnen rief: «Das ist ja Trudi Gerster!» Sogleich machte die Nachricht die Runde. Viele Jugendliche griffen zum Handy und riefen mit aufgeregter Stimme zu Hause an: «Rate mal, wer da vor mir steht?!» Solche und andere Reaktionen geben zu Hoffnung Anlass, dass die (beim säkularen Label Universal Music erschienenen) Geschichten von der Erschaffung der Welt, von Adam und Eva, von Kain und Abel, vom Turmbau zu Babel, von Abraham und Sara, von Josef und seinen Brüdern und eben aus dem Neuen Testament wieder – oder erstmals! – von vielen gehört werden. 43


geistesgegenwärtig reportageleben | russland | persönlich …

Begegnungen in einer russischen Kinderklinik Adrian Hofmann schildert in seinen Geschichten das Leben von Menschen, die in sein Umfeld traten und Jesus begegneten oder begegnet waren. Als Sportseelsorger und Mitarbeiter von Athletes in Action Schweiz erzählt er auch biblische Geschichten. Im Oktober 2005 war er mit Agape international elf Tage in Russland unterwegs.

Adrian Hofmann Heute ist der 24. Oktober, ein feuchter Montagmorgen. Meine Übersetzerin Lena und ich gehen auf festgetretenen Naturwegen zur Kinderklinik. Die junge Mutter bringt ihr vierjähriges Kind in ein Sitzungszimmer. Es taumelt kraftlos in ihren Armen wie eine Marionette, die von den unsichtbaren Fäden nicht mehr gehalten wird. Seit der Hirnblutung ist die Entwicklung schleppend. «Lieben Sie Ihre Tochter?», beginne ich das Gespräch. «Was für eine Frage!» «Lieben Sie Ihre Tochter, so wie sie jetzt ist?» – «Natürlich!» «Und ihr Vater?» – «Auch.» «Leben Sie glücklich zusammen?» – «Ja.» «Dann sind Sie eine sehr glückliche Familie. Ich habe für dieses Gespräch gebetet, und Gott hat mir eine Geschichte gegeben. Darf ich sie Ihnen erzählen?» – «Bitte, gerne.» Ich erzähle ihr die Geschichte von Jairus und seiner Tochter. Darin kommt auch die Heilung der blutflüssigen Frau vor. «Verstehen Sie», sage ich, nachdem ich geendet habe, «wir glauben an einen Gott, der Wunder tut, der Tote auferwecken kann. Wir haben viele Berichte von Heilungen gehört und auch selber erlebt. Unser Gott kann heilen, er muss aber nicht. Wir würden gerne für das

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Kind beten,aber wir möchten Sie auch nicht frustrieren, wenn keine Heilung geschieht. Gott kann auch anders mit uns umgehen. Oft sehen wir in unserem Leben erst rückblickend, dass ein vermeintlicher Schaden mitgeholfen hat, unser Glück vollkommen zu machen. Darum fragte ich Sie zu Beginn, ob Sie Ihre Tochter liebten. Denn Liebe ist mehr als Gesundheit. Möchten Sie, dass wir um Heilung bitten und das Ergebnis Gott überlassen?» – «Ich bin einverstanden.» So beten wir gemeinsam für die Familie und das Kind. Vera, die das Treffen organisiert hat, bestreicht das Mädchen mit ihrem heiligen Öl, und dann wollen wir das Krankenhaus verlassen.

«Es ist eine seelische Verletzung. Jesus kann Sie davon heilen. Aber Jesus sagt auch, dass man von Neuem geboren werden muss. Das geschieht, indem wir unser Leben Jesus Christus übergeben.»

«Halt, Halt!», eine vitale Frau mittleren Alters ruft uns zurück. «Kommen Sie sofort in mein Büro!» Ganz ausser Atem setzt sich die Frau dort auf einen Stuhl. «Also, wir haben eine Viertelstunde. Dann muss ich zu einer Präsentation. Würden Sie für mich beten?» Lena und ich setzen uns ebenfalls. «Erzählen Sie.» – «Also, das war so: Vor fünfzehn Jahren hatte ich ein traumatisches Erlebnis ... Vor Präsentationen benötige ich seit längerem Asthma-Medikamente, sonst bekomme ich keine Luft mehr. Mir ist klar, dass ich kein medizinisches Problem habe.» – «Kommt Ihnen die Sache nachts in den Sinn? Läuft das etwa so und so ab?» – «Ganz genau, Sie haben es erkannt.»

«Ihr tut eine so gute Arbeit. Gott segne euch.» Sie steht mit Tränen in den Augen in der Tür. «Es ging alles etwas schnell. Reden Sie mit Vera», rufe ich ihr nach, dann ist sie draussen. Als wir das Krankenhaus verlassen, hat der Himmel aufgeklart. «War das jetzt eine Bekehrung?», frage ich Lena auf dem Weg zum Bus. «Könnte man sagen. Es war übrigens die Klinikleiterin.»

«Ja, ja, das ist mir alles klar. Ich will nicht mehr länger ohne Gott leben.» – «Wollen Sie denn auch vergeben?» – «Das habe ich schon.» «Dann wollen Sie jetzt also Ihr Leben und Ihre seelische Verletzung Jesus übergeben?» – «Ganz genau. Machen Sie vorwärts, in ein paar Minuten habe ich die Präsentation.» So übergibt sie ihr Leben Jesus. Ob sie für die Präsentation Medikamente brauchte? Ich weiss es nicht.

Den ganzen Reisebericht von Adrian Hofmann können Sie auf unserer Webseite www.christlicheszeugnis.ch herunterladen.

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Agape-Forum 2007 Sind Sie fasziniert von Mission und bereit, Ihr Fachwissen während einiger Wochen oder Monate in einem der Agape-Projekte einzubringen? Am 8. September 2007 findet dazu bei Campus für Christus, Josefstrasse 206, Zürich das Agape-Forum 2007 statt. Es dauert von 13.30 bis 17.30 Uhr. Lassen Sie sich mit Berichten, Kurzfilmen, einer Ausstellung und einer kulinarischen Überraschung hineinnehmen in die weltweite Arbeit von Campus für Christus. Sie sind herzlich eingeladen.

• Zweistellig steigende Lebensmittelpreise erschweren die Lebensbedingungen der Bevölkerungskreise, die nicht am Rohstoffboom teilhaben.

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Auf der Webseite von Agape international www.agape.ch finden Sie weitere Informationen zum Forum. Oder wenden Sie sich an Monika Lukas, 044 857 13 21, oder Heinz Suter 044 857 13 18.

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C f C - N a t i o n a l CfC-International cfc schweiz

cfc international

Senkrechtstart für Jugendliche in Finanz- und Lebensfragen

FamilyLife in Italien, Deutschland und Österreich

Jeder vierte Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren ist verschuldet. Jeder fünfte hat Suizidgedanken. 17 Prozent der Jugendlichen zeigen kaufsüchtiges Verhalten. 72 Prozent sind nicht zufrieden mit ihrem Einkommen. Doch eigentlich wird keiner wirklich im Umgang mit Geld und Besitz geschult.

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• Viele Junge haben ihren Lebenswagen falsch beladen.

Nach dem erfolgreichen Crown-Kleingruppenkurs für Erwachsene bringt nun History‘s Handful zwei neue Materialien heraus, die junge Menschen im Umgang mit Finanzen anleiten.

«MoneyMaker» In Zusammenarbeit mit dem ICF Zofingen wurde «MoneyMaker» entwickelt, ein vierzehntägliches Selbststudienbüchlein für CHF 9.80, das im normalen Buchhandel mit dem Logo von ICF und CfC erscheint. Mit diesem Material werden 18- bis 25-jährige Jugendliche im vierzehntäglichen, kurzen und knackigen Selbststudium biblisch und finanztechnisch in das Thema eingeführt. Danach lädt der Leiter für Input und persönliche Umsetzung zu fünf Gruppentreffen à zwei Stunden ein, wobei auch eine Budgetsoftware abgegeben wird, damit das Gelernte nicht nur in Kopf und Herz, sondern vor allem in die Hand – also die tägliche Anwendung – geht. Das

Gruppen- und Leitermaterial wird diesen Sommer fertiggestellt und hilft History‘s Handful dabei, Leiter auszubilden, die diesen Kurs in ihrer Gruppe oder Gemeinde durchführen möchten.

• Neu bei FamilyLife: Christian und Karin Zumbrunnen, im Bild mit ihren drei Kindern. Sie sind seit dem 1. Februar 2007 hauptverantwortliche Berater für den «Ehe-Kurs» und investieren sich in die Entwicklung von «Familie mit Vision».

Wenn im Zusammenleben als Familie Grenzen ignoriert werden oder wenn sich Schul- oder Beziehungsprobleme wie ein dunkler Schleier über die Familie legen, wird aus dem Familientraum bald ein Albtraum. Umso wichtiger ist es, mit anderen Eltern über Erziehungsfragen 52

Es war am berüchtigten 11. September 2001, als Dr. Norman und Sue Patterson in Berlin landeten, um in Deutschland die Arbeit von FamilyLife aufzubauen. Der pensionierte Zahnarzt und seine Frau wollten nochmals etwas Neues beginnen und fingen im Kleinen an, anderen Ehepaaren zu dienen und erste Ehewochenenden durchzuführen. Ein Ehepaar, das besonders Feuer fing, sind Helge und Birgit Sych aus Berlin. Sie setzen sich mit weiteren Ehepaaren dafür ein, dass FamilyLife in Deutschland langsam, aber sicher Kreise zieht.

«Ohne Moos nix los» Das ist der ultimativ frische Starterkurs ins Erwachsenenleben! Ähnlich wie der Crown-Kleingruppenkurs für die Eltern lässt dieser Kurs die Jugendlichen ab sechzehn Jahren mit ihrem ersten Geld nicht allein. Das beginnt bei Handyschulden, geht über die Auswahl der Freunde und hört bei der Hitliste der Wünsche noch lange nicht auf. Wenn sich junge Menschen diesem Thema stellen, sind sie gerüstet für das Leben als Erwachsene. Die zwölf Abende und Hausaufgaben lohnen sich tausendfach! Man kann den Kurs auch an zwei Wochenenden durchführen. Eigentlich ein idealer Konfirmationskurs, weil er in erster Linie besagt: «Die Kirche macht dich durch Gottes Hilfe bereit für dein ganzes Leben – wage es mit Gott!» Jeder ausgebildete Crownleiter ist berechtigt und befähigt, diesen Kurs durchzuführen. Die Kosten betragen: CHF 48.- für den Ordner (176 Seiten), plus Kursgebühr von CHF 24.- für den Leiter.

Informationen über beide Kurse: Horst Reiser, 044 274 84 35, HH@cfc.ch

FamilyLife plant Familientraining Oft verlieren Eltern schon kurz nach der Familiengründung jeglichen Idealismus. Sie mühen sich damit ab, den Umgang mit dem neuen Erdenbürger in den anspruchsvollen (Berufs-)Alltag zu integrieren. Woher sollen sie den Mut für mehrere Kinder nehmen?

... in Deutschland

Ob in Italien, Deutschland oder Österreich, FamilyLife stärkt Ehen und Familien. Mittlerweile hat der neue Zweig von Campus für Christus auch denominationelle Grenzen überwunden: Immer mehr Menschen erleben auf Konferenzen und in Workshop, dass ein Ehe-, Paar- und Familienleben mit Vision möglich ist.

auszutauschen und für die Praxis zu lernen. Das Team von FamilyLife ist überzeugt: Kinder ins Leben zu begleiten, ist eine der grössten Lebenserfahrungen, die ein Paar machen kann. Trotz der Schwierigkeiten des modernen Familienalltags gilt für Eltern und Kinder die biblische Verheissung: «Wer aufrichtige Eltern hat, die mit Gott leben, der kann sich glücklich schätzen» (Sprüche 20,7). Nach «Ehe mit Vision» und «Paar mit Vision» plant FamilyLife nun unter «Familie mit Vision» ein weiteres Angebot: Ab nächstem Jahr soll in Zusammenarbeit mit Partnern ein zeitgemässes Familientraining zur Verfügung stehen, das auf christlichen Prinzipen basiert und sowohl Menschen mit christlichem als auch mit säkularem Hintergrund anspricht.

Weitere Informationen: www.familylife.ch cz 3|07

... in Italien «FamilyLife hat meine eigene Ehe entscheidend verändert», sagt Franco Bosio aus Caserta bei Neapel. «Deshalb setze ich mich dafür ein, dass sich diese Arbeit in Italien ausbreiten kann.» Durch FamilyLife veränderte sich Francos Kommunikation mit seiner Frau Luisa grundlegend. «Zum ersten Mal begriff ich, dass Luisas Art, sich auszudrücken, eine echte Begabung war, die Gott brauchte, um unsere Ehe zu stärken, und die uns half, Probleme wirklich anzusprechen und zu lösen.» Schon lange wollte Franco, Pastor einer Freikirche in Caserta, zusammen mit seinem Kollegen Giovanni Traettino etwas für Ehen tun. Beide sind der Überzeugung, dass die Stärkung von Ehe und Familie ein Schlüssel ist, um Italien nachhaltig mit der christlichen Botschaft zu erreichen. Die Pastoren Giovanni und Franco führten eine «Ehe mit Vision»-Konferenz in ihrer eigenen Gemeinde durch. Aufgrund der begeisterten Echos beschlossen Giovanni und Franco, im Jahr 2003 ein weiteres Wochenende für sämtliche Pastorenehepaare ihrer Denomination zu veranstalten. 72 Ehepaare nahmen teil. Inzwischen sind viele Türen aufgegangen. Die Ehearbeit von FamilyLife hat die denominationellen Zäune überwunden und multipliziert sich mittels überregionaler Vernetzung von den Alpentälern bis nach Sizilien. Donald Malcolm, Mitarbeiter bei Agape Italia (Campus für Christus Italien), der mit seiner Frau Laura in Florenz unter Künstlerinnen und Künstlern sowie cz 3|07

Führungskräften arbeitet, sagt: «Was wir erleben, ist eine echte Bewegung des Heiligen Geistes und nicht das Resultat eigener Planung.» Franco Bosio, der nun mit Agape Italia zusammenarbeitet, stimmt Donald Malcolm zu: «Wir haben eine kleine Flamme entzündet, aber Gott hat einen Flächenbrand entstehen lassen!» Donald Malcolm: «FamilyLife berührt unsere ganze Kultur und Gesellschaft. Ich schätze, dass die Ehe- und Familienarbeit auch ein weit effektiverer Weg ist, unsere junge Generation und unsere Studierenden zu erreichen, als unsere traditionellen Strategien.» Im kommenden Jahr sollen ausser in Italien auch im Tessin und in der Deutschschweiz Ehewochenenden in italienischer Sprache durchgeführt werden.

• Helge und Birgit Sych engagieren sich im Norden Deutschlands.

Weitere Informationen: www.gemeinsam-e1ns.de

... in Österreich Peter und Maria Heinz, das Leiterehepaar von Agape Österreich, und weitere Ehepaare bieten neben jährlichen «Ehe mit Vision»-Wochenenden auch andere Veranstaltungen für Ehepaare an.

• Maria und Peter Heinz aus Österreich

Weitere Informationen: +43 6245 76012, www.agapeoesterreich.at Nicht nur in der Schweiz, auch im benachbarten Ausland zeigt sich, dass eine geistliche Bewegung unter Ehepaaren von einem entscheidenden Faktor abhängt: von einzelnen einheimischen Ehepaaren, die sich von Gott rufen und senden lassen. Campus für Christus Schweiz möchte, so gut es geht, die FamilyLife-Bewegung auch im nahen Ausland unterstützen.

• Luisa und Franco Bosio aus Caserta

Weitere Informationen: 044 274 84 56, sfarinato@cfc.ch 53


e b e i L e n h o e r 辰 w s e s a W

Verantwo rtu Gerechtig ng ohne Liebe m ach kei Wahrheit t ohne Liebe mac t r端cksichtslos. ht hart. oh Freiheit ne Liebe macht krit ohn Klugheit e Liebe macht se isch. lbst ohn Freundli e Liebe macht g s端chtig. chk eri Ordnung eit ohne Liebe m ssen. acht heu ohne Lieb chlerisch. e Sachkenn macht k lein tn Besitz oh is ohne Liebe mac lich. ne Liebe ht hochm m 端tig. a Glaube oh ne Liebe cht geizig. macht fa (Autor un natisch. bekannt)

Markt vor dem Bundeshaus in Bern


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