Leben als Zumutung - Auszug aus Christliches Zeugnis

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CHRISTLICHES

ZEUGNIS

MAGAZIN VON CAMPUS FÜR CHRISTUS SCHWEIZ

Leben als ZUMUTUNG

OHNE NEID ZUSCHAUEN | VORSICHT: ZERBRECHLICH | HEILSAMES KLAGEN


INHALT

ERLEBEN – WAS MENSCHEN BEWEGT ERSTAUNEN – WAS MENSCHEN DENKEN ERFAHREN – WAS CAMPUS BEWIRKT

04

RUTH BAI: OHNE NEID ZUSCHAUEN KÖNNEN

von Brigitte Eggmann

10

MIT ANDEREN AUGEN SEHEN

von Viviane Herzog

30

IM REGEN TANZEN LERNEN

von Andreas «Boppi» Boppart

32

RICK UND KAY WARREN: GOTT IST NICHT HILFLOS von Nicky Gumbel und Peter Höhn

42

ZWISCHEN ZWEI WELTEN von Simone und Simon Allenbach

46

PRAISECAMP – ANMELDESTART GEGLÜCKT von Lukas Herzog

04 OHNE NEID ZUSCHAUEN KÖNNEN Brigitte Eggmann

08 LEBENSFREUDE AUF VIER RÄDERN Christian Bachmann

10 MIT ANDEREN AUGEN SEHEN Viviane Herzog

13 14 16 18 21

«NEW GENERATION»

Jonathan Bucher

GLAUBE AN JESUS FORDERT OPFER

Clemens Schweiger

VORSICHT: ZERBRECHLICH!

Marion Leonhard

DAS HAPPY END STEHT NOCH AUS

Sabine Fürbringer

«FILMTIPP»

Andy Schindler

22 SPUREN DER GNADE Lukas Herzog

25 HEILSAMES KLAGEN Peter Höhn

26 GESCHIEDEN UND NUN? Peter Höhn

29 «MEDIEN»

Markus Baumgartner

30 IM REGEN TANZEN LERNEN

Andreas «Boppi» Boppart

32 «GOTT IST NICHT HILFLOS»

Nicky Gumbel/Peter Höhn

36 «ES MUSS AUCH SO RECHT SEIN» Brigitte Eggmann

39 «BEZIEHUNGSWEISE»

Sabine Fürbringer

40 KURZ UND GUT – MARTIN STOESSEL Viviane Herzog

42 LEBEN ZWISCHEN ZWEI WELTEN

Simone und Simon Allenbach

44 «BLICKPUNKT WELT» Kurt Burgherr

45 WAS CAMPUS BEWIRKT 55 AUTOREN / IMPRESSUM


EDITORIAL

ICH BIN AUCH EINE ZUMUTUNG

Die Inspiration für diese Ausgabe zum Thema «Zumutung» war eine ganze Reihe von Menschen in unserem Bekanntenkreis, die geschüttelt und herausgefordert werden, sei es von einer Krankheit, einer Behinderung, einem Burn-out, Arbeitslosigkeit oder Beziehungs- und Kommunikationsproblemen, sei es von Sinnkrisen oder Ent-Täuschungen aller Art. Viele von ihnen beten, und wir beten und leiden mit. In einigen Fällen ist es zu spektakulären Gebetserhörungen gekommen, in anderen tut sich über Monate und Jahre gar nichts; manchmal verändert sich kurzfristig etwas zum Guten, aber dann gibt es einen schmerzlichen Rückfall ins alte Fahrwasser. Was ist los? Tatsache ist: Glauben gibt uns keine Garantie, dass alles rundläuft. Im Gegenteil: Häufiger, als uns lieb ist, wird unser frommes Erfolgsweltbild über den Haufen geworfen; so beschreibt es auch Asaph in Psalm 73 auf drastische Weise. Doch schliesslich ermutigt uns dieser Asaph, bei allem, was wir nicht verstehen und was sich nicht wie gewünscht entwickelt, nicht ins Grübeln zu geraten, sondern im Sinne des Verses 28 zur Ruhe zu kommen: Gott nahe zu sein, ist mein Glück. Dieser Vers, die Jahreslosung 2014, heisst übrigens wörtlich übersetzt schlicht: Die Nähe Gottes ist mir gut. Psalm 73 ist nur eine von vielen Stellen in der Bibel, die zeigen, dass Gott uns viel Unverständliches zumutet, aber dass er uns in der Situation beisteht, mitkommt und mitleidet; und das macht zwar nicht immer glücklich, aber es ist uns gut! Es wird eine Frucht hervorbringen, die wir jetzt noch nicht sehen, aber ansatzweise erahnen können (Römer 8,18 ff; Jakobus 1,12; Philipper 1,11)! Dank Gottes Nähe mit Zumutungen fertigwerden: Dazu gehört, wie Ruth Bai, Gabi Rechsteiner, die Brüder Dominik und Markus Fankhauser sowie Marion Leonhard erzählen, mit eigenen Behinderungen und Grenzen leben zu lernen. Dazu gehört aber auch, wie Monika und Hans-Peter Leiser, Rick und Kay Warren sowie von zerbrochenen Beziehungen betroffene Menschen berichten, mit dem umzugehen, was uns nahestehende Menschen «zumuten». Ebenso lässt sich nicht vermeiden, dass wir selbst für andere Menschen zur Zumutung werden. Clemens Schweiger schreibt aus eigener Erfahrung über den Preis, den er bezahlte, als er sich für ein Leben mit Jesus entschied. Jeder von uns hat sich täglich zu entscheiden, wie er mit den Zumutungen in seinem Leben umgeht: ob er sie vermeidet und verdrängt oder ob er sich entscheidet, sie aus Gottes Hand anzunehmen und mit seiner Hilfe an ihnen zu wachsen. Wer Letzteres wählt, wird seiner Umgebung nicht nur heilsame Zumutung, sondern auch starke Ermutigung sein.

Peter Höhn


ERLEBEN

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OHNE NEID ZUSCHAUEN KÖNNEN Interview: Brigitte Eggmann

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uth Bai-Pfeifer, 60, setzt sich seit 25 Jahren für die Würde und das Wohl behinderter Menschen ein. Sie selbst leidet seit ihrer Geburt an einer genetisch bedingten Muskelerkrankung, die ihr ganzes Leben prägt. Ruth, wie gehst du damit um, wenn du spürst, dass Menschen dich als Zumutung empfinden, weil du behindert bist? Ruth Bai-Pfeifer: Es ist weniger das Gefühl, als Zumutung empfunden zu werden, das mir Mühe macht, als das Gefühl, nicht erwünscht zu sein. Zentraler als diese Gefühle ist jedoch die Frage, woher sie kommen. Es hat mit der Ethik und dem Selbstbild einer Gesellschaft zu tun, wenn behinderte Menschen eine Zumutung sind. Zum Beispiel darf eine Frau heute ein behindertes Kind kaum noch austragen. Es wird als Zumutung betrachtet − für die Mutter, die Gesellschaft und für das Kind selbst. Sogar in einem christlichen Umfeld existiert diese Haltung, auch wenn sie teilweise sehr subtil daherkommt. So werden zum Beispiel, wenn man um Heilung betet, diese jedoch ausbleibt, schnell Vorwürfe laut, man glaube zu wenig. Welche Reaktionen helfen dir, dich als Mensch mit einer Behinderung angenommen zu fühlen? Es gibt sie, diese Menschen, die sich als «Gesunde» auf die Lebenssituation behinderter Menschen und ihre Not

einlassen und mit uns eine Wegstrecke gehen. Sie nehmen nicht nur Anteil an unserem Leben, sondern beziehen uns in ihr Leben mit ein. Das ist nicht immer ganz einfach und vor allem nicht spannungsfrei. Es kann bedeuten, dass sie als nicht behinderte Menschen angeklagt und beneidet werden. Praktische Hilfe ist jedoch immer wieder willkommen. Warum also nicht mal als «gesunde» Begleitperson einen behinderten Menschen zu einer Veranstaltung für Behinderte begleiten und miterleben, wie behinderte Menschen in ihrer ganzen Unzulänglichkeit Gott anbeten? Oder sich als Fussgänger für einen halben Tag in den Schuhen eines Rollstuhlfahrers – oder eben auf seinen Rädern – durch sein Leben bewegen? In der christlichen Gemeinde ist entscheidend, welche Haltung gegenüber Leid vertreten wird. Wie wird über Krankheit gepredigt? Hat in einer Predigt der Aufruf Platz, sich auf die Schwachen einzulassen? Wie spricht man über ein behindertes Kind? Oder: Was für ein Gottesbild herrscht vor? All das prägt einen behinderten Menschen bezüglich des Bildes, das er von sich selbst hat, und beeinflusst ihn hin-

sichtlich der Frage, was er sich von der Zukunft erhofft. Was für eine Zukunft haben behinderte Menschen? Behinderte Menschen müssen lernen, ihre Behinderung anzunehmen. Daran führt kein Weg vorbei. Denn was ist, wenn sie in ihrem Leben auf dieser Erde nicht geheilt werden? Falls sie sich auf eine Zukunft ohne Behinderung versteifen, bleiben sie in ihrem Verarbeitungsprozess an einem Punkt stehen und verpassen damit die Zukunft und die Chancen, die sie selbst als behinderte Menschen haben. Versöhnung mit dem eigenen Schicksal setzt oft ungeahnte Kräfte frei, um das Leben auch mit Behinderungen zu meistern. Wie lernt man, mit einer Behinderung zu leben? Es ist ein langer Prozess, bis man glauben kann, dass es Gott gut mit einem meint. Der Weg dorthin kann Jahre dauern. Auch ein behinderter Mensch sucht dabei nach Vorbildern. Nach Menschen, die ihm zeigen, wie er eine Krankheit meistern oder mit einer Behinderung leben kann. Der Austausch


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5 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS mit Gleichgesinnten ist deshalb so kraftvoll. Von dem Punkt an, an dem ein behinderter Mensch Ja zu seiner Behinderung sagen kann, wird er erleben und erfahren, dass Gott ihn auf seinem Lebensweg begleitet − und er nicht einem grausamen Schicksal ausgeliefert ist. Leider suchen sich viele junge Behinderte ihre Freunde ausschliesslich in einem gesunden Umfeld und erkennen den Auftrag, den Gott ihnen durch ihre Behinderung geben möchte, dadurch nicht. Wie hat dir auf deinem Weg der Glaube an Gott geholfen? Ich erinnere mich an eine Begebenheit, als ich ungefähr dreizehn oder vierzehn Jahre alt war. Es war im Turnunterricht, und ich musste vom Rand her zuschauen. Im Kopf wusste ich genau, wie die Übungen gingen, allein mein Körper machte nicht mit. Ich weiss noch, wie ich zu Gott betete und sagte, ich möchte mich darüber freuen, dass sich die anderen Kinder so gut bewegen können und möchte lernen, ohne Neid zuzuschauen. Das wurde zum Schlüssel für mein ganzes späteres Leben. Ich erinnere mich auch, wie mein Vater mit mir betete, als ich in diesem Alter eine absolute Krise hatte, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie ich mein weiteres Leben meistern sollte. Wie gingen deine Eltern sonst mit dir als behinderte Tochter um? Meine Eltern waren äusserst aufmerksam. Vater und Mutter haben mich unterstützt und gefördert und machten keinen Unterschied zwischen mir und meinen Geschwistern. Sie liebten uns alle gleichermassen. Sie haben mich aufgrund meiner Behinderung aber auch geschützt und von meinen Geschwistern Rücksicht und Hilfe eingefordert. Ich konnte nur in die öffentliche Schule gehen, weil mir meine Schwester jahrelang die Schultasche trug. In der Schule ging dann eine Lehrerin sogar so weit, dass sie den Jungen in meiner Klasse eine bessere Note im Betragen zusicherte, wenn sie mir halfen. Kein Wunder also, dass sich

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uth Bai-Pfeifer wurde 1954 in Graz, Österreich, an der Grenze zu Jugoslawien geboren und wuchs als zweites von sieben Kindern in einer Schweizer Missionarsfamilie auf. Sie ist seit 37 Jahren mit Ernst Bai verheiratet. Bei Ruths Geburt merkten die Eltern schnell, dass mit ihrer kleinen Tochter etwas ganz und gar nicht stimmen konnte. Das neugeborene Mädchen lebte, aber es schien gar keine Kraft zu haben, sich zu bewegen, es schrie nicht und konnte nicht saugen. Nur weil in der Woche nach Ruths Geburt kein weiteres Kind geboren wurde, hatte die Hebamme genug Zeit, sich um das Neugeborene zu kümmern und ihm die erste Milch mit einem Löffelchen einzuflössen. Schliesslich wurde bei Ruth eine genetisch bedingte, seltene Muskelkrankheit diagnostiziert. Dadurch lief in ihrem Leben beruflich vieles anders, als sie sich das erträumt hatte. Nach dem KV besuchte Ruth Bai-Pfeifer in England eine Bibelschule der Fackelträger. Nachdem sie ihren Mann kennengelernt hatte, waren sie zusammen fast zwanzig Jahre als Pastorenehepaar in verschiedenen Chrischona-Gemeinden tätig. Mit der Ausbildung zur Erwachsenenbildnerin und verschiedenen Seelsorgekursen füllte Ruth Bai-Pfeifer ihren beruflichen Rucksack. Sie ist Gründerin und Leiterin der Organisation Glaube und Behinderung. Man könnte sagen, ihre eigene Behinderung wurde zu ihrer Berufung. In ihrem Leben blieb mancher Traum unerfüllt. Trotzdem hat Gott in ihrem Leben viel Gutes geschenkt.


ERLEBEN

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diese darum rissen! Ich war also voll integriert.

mich in jener Zeit trotz allem bei Gott sehr geborgen gefühlt.

Wie ist das heute? Ich bin gerne mit dabei. Ich muss nicht alles mitmachen können, liebe es aber, einbezogen zu sein. Wenn mein Mann und ich zusammen wandern gehen, suchen wir uns eine Route, auf der ich mit einer Seilbahn hochfahren kann, und er liebt es, zu Fuss den Berg hinaufzusteigen. Mein Motto «Ruth, du schaffst es!» hat mir sehr geholfen, auch wenn mir diese Überzeugung nicht immer leicht fiel. Ich musste mir das immer wieder selber vorsagen. Vor allem in schwierigen Situationen, die sich mir neu stellten.

Müssen behinderte Menschen mehr leisten als nicht behinderte? Menschen mit einer körperlichen Behinderung, aber einem gesundem Geist haben neben ihrer Behinderung, genau wie andere Menschen auch, Talente und Begabungen mitbekommen. Zum Beispiel Christoph Kunz, der bei den Paralympics 2014 die Goldmedaille beim Monoskifahren holte: Er trieb schon vor seinem Unfall regelmässig und intensiv Sport. Doch es ist schon so: Ein behinderter Mensch muss oft doppelt oder dreimal so viel leisten, damit er wahrgenommen wird.

Zum Beispiel? Als ich vor acht Jahren an Brustkrebs erkrankte, musste ich schon sehr intensiv mit Gott reden. Mir wäre es recht gewesen, wenn er irgendeine andere Frau dafür ausgesucht hätte. Aufgrund meiner Muskelkrankheit war es für die Ärzte gar nicht klar, ob und wie mein Körper Operation, Chemotherapie und Bestrahlung überstehen würde. Ich war sogar bereit zu sterben. Heute staune ich nur, wie gut es mir wieder geht.

Was ist im Zusammengehen und -leben mit Menschen, denen Gott Schweres zumutet, wichtig? Da sein für diese Menschen, sie trösten, ermutigen, zusammen beten und sich mit ihnen freuen. Das geht oft nicht mit Worten allein und beansprucht uns ganz. Schwere Schicksale tun mir selber immer wieder neu weh und gehen mir an die Nieren. Trotzdem will ich in schwierigen Momenten nicht aufhören, nachzufragen, wie es geht, und mich mitfreuen in den Momenten und Zeiten, in denen es ihnen gut geht.

Wie hast du dabei den Weg gefunden zwischen dem Kämpfen und Sich-Ergeben? Mir kommt ein Stück weit zugute, dass mir nur etwa die Hälfte an Kraft zur Verfügung steht, mit der eine gesunde Frau sonst ausgestattet ist. Meine ganze Kraft brauchte ich also, um schlicht die Situation und die Therapien bewältigen zu können, und nicht, um mich aufzulehnen und gegen den Krebs zu kämpfen. Gott hat die Krankheit zugelassen. Er war und ist verantwortlich. Du gibst ihm die Schuld? Ich glaube, dass Gott alles unter seiner Kontrolle hat, auch so eine Krankheit. Das hilft mir, mich seinem Willen zu ergeben. Ich war bereit, zu tun, was mir die Ärzte empfahlen, aber ich kämpfte nicht gegen die Krankheit. Ich habe

Darf es einem auch mal zu viel sein? Auf jeden Fall. Aber mit einem miesepetrigen Menschen – ob nun behindert oder nicht − ist niemand gerne zusammen. Familienmitgliedern und Ehepartnern empfehle ich, sich Auszeiten zuzugestehen und zu gönnen. Allerdings habe ich auch beobachtet und selber erlebt, dass der Kreis von Menschen, die einen verstehen und unterstützen, über die Jahre kleiner wird und einzelne Menschen den Kontakt sogar ganz abbrechen und sich zurückziehen. Die Organisation Glaube und Behinderung, die du 1989 gegründet hast, will das Gegenteil bewirken. Was ist euer Angebot? Glaube und Behinderung setzt sich

für Menschen mit einer körperlichen Behinderung ein. Wir versuchen, Wege aufzuzeigen, Menschen mit einer Behinderung auf einer biblischen Grundlage seelsorgerlich und praktisch zu begleiten und sie besser verstehen zu lernen. Wir gestalten Gottesdienste, Konfirmandenunterricht, Seminare, halten Unterricht an theologischen Ausbildungsstätten und Referate an verschiedenen Anlässen. Bei Um- oder Neubauten von Kirchen oder Gemeindelokalitäten geben wir Tipps und Erfahrungen weiter. Wir organisieren Ferien und Reisen, an denen auch Menschen mit einer Behinderung teilnehmen können. Ist Selbsttötung bei euch ein Thema? In den Jahren seit der Gründung unserer Organisation bin ich nur einmal mit einem Suizidversuch konfrontiert worden. Bei Glaube und Behinderung jedoch habe ich es nicht erlebt, dass sich jemand umgebracht hat. In der nicht christlichen Szene sieht es allerdings anders aus. Da gibt es viel Not. Was macht dir Freude? Ich bin gerne in der Natur. Ich liebe Farben und Stoffe, schöne Bilder, und ich trinke gerne eine Tasse guten Tee. Zudem schreibe ich sehr gerne. Das ist keine Notlösung, weil mir vieles verwehrt ist, sondern ein echtes Talent, das ich mitbekommen habe. Durch das Schreiben gewinne ich Kraft und kann meine Seele aufs Papier bringen.


ERLEBEN

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Angehörige und Freunde können das Leiden nicht übernehmen, aber sie können: - die Bedürfnisse des anderen kennen, - den Schmerz im ihm sehen und - erkennen, dass dieser nicht in einem selbst liegt, - und dem Kranken auf seinem Weg hilfreich zur Seite stehen. Denn wenn der Schmerz nicht aufhört, brauchen Menschen: - Ehepartner, Eltern, Freunde, die zu ihnen stehen, - Menschen im Umfeld oder in der Familie, die das Leiden mit den Betroffenen aushalten, - Ärzte, die nicht nur die Leidenden, sondern auch die Eltern, Kinder, Partner, Freunde und Angehörigen sehen, - Gespräche mit einem Psychiater/einer Psychiaterin, - Haushaltshilfen, Spitex, externe Pflegefachleute, - behindertenspezifische Selbsthilfegruppen, - Überlebensstrategien und Oasen im Alltag, - Musik und Lieder mit guten Texten, Gospels, - Schreiben, Loben und Weinen, - Gespräche mit verständnisvollen Menschen, denen man sich nicht dauernd erklären muss, sondern die einfach die Dinge so nehmen, wie sie sind, - Gebet als Zufluchtsort und das Wissen, dass man von Gott Aufmerksamkeit, Verständnis und Liebe erwarten kann, - keine Heilungsangebote und zweifelhaften Therapien. (aus den Infozeitschriften Glaube und Behinderung)

Glaube Behinderung und

WIE KÖNNEN WIR LEBEN, WENN GOTT SCHMERZ UND LEID ZULÄSST?

Die Basis des Vereins Glaube und Behinderung (GuB) bildet der christliche Glaube. Die Mitglieder kommen aus verschiedenen Landes- und Freikirchen. Sie leben selbst mit einer körperlichen Behinderung oder sind als Eltern, Kinder, Partner und Freunde davon betroffen. Glaube und Behinderung ist eine Partnerorganisation von Joni and Friends, der Behindertenorganisation von Joni Eareckson Tada in den USA. Zweimal im Jahr erscheint die Infozeitschrift Glaube und Behinderung mit Berichten über die Arbeit des Vereins, über Menschen mit Behinderung sowie über spezifische Themen. Glaube und Behinderung, Postfach 31, 3603 Thun Tel. +41 (0)33 221 57 63, www.gub.ch

Eine logistische Meisterleistung: 70 behinderte Menschen und ihre Begleitpersonen besuchten im Mai 2014 zum 25-jährigen Jubiläum der Organisation das Land Israel.

LESE-TIPP Mehr zur Infozeitschrift unter: http://gub.ch/ medien/info-zeitschrift/


13 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS Markus verheiratet zu sein!», antwortet sie keck und mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Etwas ernster fügt sie an: «Ich selbst bin meine grösste Herausforderung. Geht das nicht allen Menschen so? Hat nicht jeder irgendwo einen Knoten?» Was fordert sie an sich am meisten heraus? «Mein Stolz. Manchmal fällt es mir schwer, mich bei jemandem zu entschuldigen, dem ich auf die Füsse getreten bin – im übertragenen Sinn.» Sie erzählt, wie Gott sie immer wieder «sanft» darauf hinweist, dass sie andere Menschen braucht und nicht alles alleine machen muss. «Als ich beispielsweise in Polen war, wollte ich unbedingt diesen einen Nationalpark besichtigen. Da meine Freundin nicht mitkommen wollte, ging ich aus Sturheit alleine. Kaum hatte ich zwei Schritte aus dem Hotel gemacht, prallte ich frontal in eine Laterne.» Wir lachen. Gabi steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Ihr Leben dreht sich um so viel mehr als nur um die Sehbehinderung. Sie sieht die Welt mit ihren Augen. Vorsichtig frage ich zum Abschluss nach, weshalb sie überhaupt einen Nationalpark besichtigen möchte. Gabi schmunzelt über die Frage, die offenbar nur von einer Sehenden stammen kann. «Das ist total spannend. Da gibt es andere Geräusche, andere Düfte und andere Erde als bei mir zu Hause. Das will ich mir doch nicht entgehen lassen!»

NEW GENERATION

«MUTE» ODER MUT?! Jonathan Bucher

Heiliger Bimbam, mir wird momentan viel zugemutet! Vor Kurzem übernahm ich in meiner Bude die Leitung eines zehn- bis zwölfköpfigen Teams. Die Zahl der Mitarbeitenden kann ich deshalb nicht genau angeben, weil sie vom Zeitpunkt, da ich diesen Text schreibe, bis du ihn liest, bereits um zwei Personen variieren kann. Du siehst, da herrscht Dynamik wie in einem Ameisenhaufen, und das äussert sich nicht nur in den Mitarbeiterzahlen. Privat bin ich Co-Diktator von drei Kindern. Kinder wollte ich immer viele, aber das läuft dann halt oft wie bei Abstimmungen. Man hat mit Ja gestimmt bzw. ein Kind gezeugt, und schliesslich kommt doch alles anders als geplant. Ich könnte jetzt noch zahlreiche kleinere und grössere Zumutungen auflisten: dass ich beim Fussballclub einen Event mitorganisieren muss, dass ich im Zug immer neben den Vielschwaflern sitze oder dass ich jetzt auch noch diesen Artikel für das Christliche Zeugnis schreiben soll. Und wer hat eigentlich über hundert Mails in meinen Posteingang geschmuggelt? Die Zumutungen scheinen mir regelrecht aufzulauern! Bei dir sind es bestimmt andere Dinge als Windeln, die dir stinken. Deine Zumutungen sind vielleicht körperliche Einschränkungen, Beziehungs- oder Familienschwierigkeiten oder ein unzumutbarer Chef. Tatsache ist: Zu viele Zumutungen «muten»* dich zu. Bildlich gesprochen, lebt ein Zuge«mute»ter wie ein Teenie mit Beats-Kopfhörern. Ich kenne das Gefühl selber nur zu gut, sich vor lauter Terminen und Aufgaben wie ein Lawinenverschütteter vorzukommen. Selbst mit bescheidener Lebenserfahrung konnte ich feststellen, dass ich nicht einfach einen Knopf drücken kann, um aus diesem «mute»-Modus rauszukommen. Und doch scheint mir der Schlüssel dazu, mit all den Zumutungen klarzukommen, im Herzen eben dieses Wortes zu stecken – nämlich im Wort «Mut». Mut zielt in zwei Richtungen: etwas Unangenehmes oder Gefahrvolles zu tun oder zu lassen. Du brauchst vielleicht Mut, um endlich mal einen Schritt auf eine bestimmte Person zuzumachen oder dir schlicht einzugestehen, dass du derzeit etwas zuge«mute»et bist und kürzertreten musst. Ich brauche Mut, um in einem dynamischen Team mit eigenständigen Mitarbeitenden unbequeme Punkte anzusprechen und ungewohnte Wege zu beschreiten. Ich brauche Mut, um meinen Kindern Grenzen zu setzen und meiner Familie einen höheren Stellenwert zu geben als meiner Arbeit. Vor allem aber brauche ich Mut zur Lücke – einer Lücke in meinem Tagesablauf, in der ich mich auf Gott ausrichte und in der Bibel lese. Gott gegenüber von «mute» auf Kommunikation zu schalten, hilft mir mehr als alles andere, mit Mut die Zumutungen des Lebens zu packen. * to mute (englisch): stumm schalten, dämpfen.

Jonathan Bucher leitet seit Juli 2014 den Arbeitsbereich Campus Generation: www.campusgeneration.ch


GLAUBE AN JESUS

FORDERT OPFER von Clemens Schweiger Clemens Schweiger, Diplom-Ingenieur Maschinenbau und Theologe, ist seit 2006 Missionsleiter von Campus für Christus Deutschland mit über 150 voll- und teilzeitlichen Mitarbeitenden. Er ist verheiratet mit Karin und hat drei erwachsene Kinder.

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isa1 war zwei Jahre jünger als ich und wohnte genau gegenüber. Es war eine dieser besonderen Beziehungen, die es nur selten im Leben gibt. Bis mein Glaube dazwischenkam. In der Teeniezeit diskutierten wir Bücher wie «Der kleine Prinz» und «Die Kinder von Torremolinos»: Was ist der Sinn des Lebens, und wie ist das mit der Liebe? Wir trafen uns regelmässig, erzählten einander, wie wir das erste Mal verliebt waren, und fanden es faszinierend, jemanden vom anderen Geschlecht zu haben, dem wir voll vertrauen konnten. Unsere Schulfreunde meinten schon, wir

wären «zusammen», aber unsere Beziehung war anders, eben etwas Besonderes.

«DANN TRENNEN SICH UNSERE WEGE» Später, im Studium, lernte ich Menschen kennen, die mit einer faszinierenden Konsequenz den christlichen Glauben lebten. Ich spürte, dass ich da verlässliche Antworten auf unsere Fragen

bekommen würde. Eines Abends kamen Lisa und ich von einem Kneipenabend nach Hause. Wir sassen noch länger im Auto, und ich erzählte ihr, dass ich mich ernsthaft auf ein Leben mit Jesus Christus einlassen wolle. Sie meinte, das habe sie in den letzten Monaten schon gemerkt, da wolle sie nicht mit: «Dann trennen sich unsere Wege eben.» Und so war es auch. Kein Streit, keine


ERLEBEN

15 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS Szene, wir sahen uns einfach nicht mehr. Ich rebellierte anfangs noch innerlich: «Das kann doch nicht sein! Sie ist doch die beste Freundin, die ich je hatte. So einfach kann man das doch nicht beenden!» Aber meine Blickrichtung hatte sich geändert. Bei Saint-Exupéry hatte ich gelesen: «Man sieht nur mit dem Herzen gut.» Das erweiterte sich jetzt: «Ich erkenne das Wesentliche, wenn ich mich vom Heiligen Geist leiten lasse.» Es passte nicht mehr zusammen. Mein Glaube hatte sein erstes Opfer gefordert.

«KEINE UNTERSTÜTZUNG, KEIN ERBE» Meine Überzeugungen im Glauben wurden fester. Ich erlebte Gottes klares Führen, etwa beim Suchen und Finden der Partnerin fürs Leben. Dann stand der Berufseinstieg an, und das war die nächste Klippe. Nach reiflicher Überlegung und vielen Gebeten gingen meine Frau Karin und ich, zunächst für ein paar Jahre, in den vollzeitlichen Dienst bei Campus für Christus. Für meinen Vater war das eine herbe Enttäuschung. Er hatte in Süddeutschland mehrere Ziegeleien und wartete darauf, dass seine Söhne in sein Unternehmen einsteigen würden. Jetzt war seine Reaktion: «Keine Unterstützung, kein Erbe, keine weitere Wohnmöglichkeit in meinem Haus!» Das war ein Schock. Da mein Vater regelmässig zur Kirche ging, hatte ich für unsere Entscheidung mehr Verständnis erwartet. Ein paar Tage haderte ich mit Gott: «Der Weg wird kompliziert genug. Warum kann ich die gute Beziehung zu meinem Vater nicht aufrechterhalten?» Auch mein Onkel wollte mich zur Vernunft bringen: «Du hast die Wahl zwischen einem VW Polo und einem BMW 5er», meinte er und wollte damit deutlich machen, dass die Tätigkeit in einem Spendenwerk gleichzusetzen ist mit einem Leben in Armut. Unsere Berufung stand quer zu allen wirtschaftlichen Überlegungen. Ich war Ingenieur und Unternehmersohn, meine Frau war Ärztin, wir beide lebten in intakten Familien. Warum sollten wir den vorgegebenen Weg verlassen? War-

um sollten wir unsere wertvollen Berufe nicht ausüben? − «Tiefere Wurzeln im Glauben bekommen und mehr auf Jesus vertrauen» war damals meine Antwort.

«DEN BESSEREN WEG GEWÄHLT» Mir kam öfter die Geschichte vom reichen Jüngling in den Sinn (vgl. Lukas 18,18 f.), und ich liess tatsächlich alles los. Auch meine Geschwister hatten inzwischen Distanz zu mir aufgebaut. Sie befürchteten, ich würde sie unter Druck setzen und ihnen sagen: «Ihr müsst auch so radikal Jesus nachfolgen wie ich.» Einige Jahre herrschte so etwas wie Eiszeit zwischen meiner Familie und mir. Mein Vater wartete, dass ich zur Vernunft komme, während ich erlebte, dass Gott uns mit allem versorgte, was wir zum Leben brauchten. Als die ersten Kinder kamen, entspannte sich die Situation. Und unsere neue Entscheidung, nun zeitlich unbegrenzt im vollzeitlichen Dienst zu bleiben, führte zu keiner neuen Verstimmung. Mein Vater hatte erkannt, dass wir keiner Illusion nachliefen. Wir hatten einen speziellen Weg eingeschlagen, aber er schien zu funktionieren. Einmal bemerkte er vor einer Gruppe von Unternehmern sogar: «Vielleicht haben Clemens und Karin den besseren Weg gewählt.» Er spielte dabei auf die Geschichte von der geschäftigen Marta und der Jesus zuhörenden Maria an (Lukas 10,42). Unsere Gespräche wurden vertrauensvoller, und als wir nach Giessen umziehen wollten, finanzierte er uns sogar ein Haus. Dann meldete sich der Tod, mit 65 Jahren, Magenkrebs. Ich war dabei, als mein Vater den Priester für die letzte Ölung kommen liess, und fragte ihn anschliessend: «War das eine Hilfe für dich?» Er verneinte. «Meine Sünden sind so gross, ich glaube, Gott kann sie mir nicht vergeben.» Ich kannte inzwischen die Stellen in der Bibel, die von der Sündenvergebung durch Jesu Tod handelten, las sie ihm vor und schloss mit 1. Johannes 5,13: Dies schreibe ich euch, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt; denn ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes. Mein Vater nahm alles an. Ich legte ihm die Hände

auf und sprach ihm die Vergebung der Sünden zu. Drei Tage später starb er. Ich bin heute noch bewegt, wenn ich zurückblicke. Meine Entscheidung, Gottes Ruf zu folgen, hat meinem Vater zunächst viel Schmerzen bereitet, aber wurde ihm später zum Segen.

«GOTT, WO BIST DU?» Danach hätte es wunderbar weitergehen können. Ich war nicht mehr ausgestossen, sondern zusammen mit meinen Geschwistern Millionenerbe geworden. Das war ein riesiges Geschenk Gottes, und ich wollte ihm weiter treu sein. Wir blieben weiter im christlichen Dienst, ausser dass wir jetzt für unseren Lebensunterhalt nicht mehr auf Spenden angewiesen waren. Doch Gott forderte noch einmal viel von mir. Bald stellte sich heraus, dass mein Vater geschäftlich grosse Risiken eingegangen war. Drei Jahre nach seinem Tod fiel alles wie ein Kartenhaus zusammen. Wir mussten Nachlassinsolvenz anmelden. Alles, was er im Leben aufgebaut hatte, das ganze Erbe, war weg! Sogar das Haus, das er uns geschenkt hatte, stand auf dem Spiel. Ich verstand gar nichts mehr. Plötzlich war mir Hiob ganz nah, oder Abraham, als er seinen Sohn opfern sollte. «Gott, wo bist du? Wie gehst du mit deinen Kindern um?» Aber hadern half nicht, es musste weitergehen. Wir suchten von Neuem die notwendigen Unterstützer für unseren Dienst zusammen, was auch überraschend schnell gelang. Rückblickend ergibt sich eine klare Linie, von der mich weder Verlust von Freundschaft, Enterbung und Millionenerbe noch Insolvenz abgebracht hat: Gott versorgt uns, er gibt Sicherheit und Erfüllung, mehr, als Menschen es je vermögen. Trotzdem ist es für mich bis heute nicht ganz fassbar, wie Gott mit mir umgeht. Bis heute mutet er mir manchmal Dinge zu, die ich nicht verstehe und die ich kaum ertrage. Was mir bleibt, ist die Gewissheit, dass mir alle Dinge zum Besten dienen werden, und die Hoffnung, dass ich das auch in der Tiefe meines Herzens erfassen kann. 1

Name geändert.


21 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS biblischen Zuspruch habe ich ganz persönlich angenommen. Ich weiss nicht, ob das so ist, wie ich es mir vorstelle. Auf jeden Fall ist es aber ein Versprechen Gottes, an dem ich mich festhalte. Hans-Peter: Auch ich habe erfahren, dass auf Gott Verlass ist. Ich kann ihn nicht für unser Fehlverhalten verantwortlich machen, aber er steht zu mir. Das habe ich insbesondere im Loslöseprozess erlebt. Manchmal bin ich ungeduldig, wünsche mir und warte, dass Andy zurückkommt.

GOTT WACHT ÜBER ALLEM Anlässlich von Tamaras Hochzeit 2010 reiste Andy in die Schweiz. Sogar ein Jackett hatte er sich besorgt und war mächtig stolz auf seine kleine Schwester. Allerdings wurde er von den Grenzwächtern aufgehalten. Unbezahlte Bussen hätten ihn direkt ins Gefängnis gebracht, wenn nicht jemand dafür aufgekommen wäre. Obschon Leisers in all den Jahren die Devise hatten, keine Verantwortung für Andys Entscheidungen zu übernehmen, zahlten sie in diesem speziellen Fall alles. An der Hochzeit steckte ihnen eine Verwandte dann völlig unerwartet ein Couvert mit dem exakten Betrag der getilgten Schulden zu. Leisers wissen, dass Gottes Auge auf ihnen ruht, ihm entgeht kein Detail. Ihm vertrauen sie weiter, auch wenn die Rückkehr des verlorenen Sohnes noch aussteht.

FILMTIPP

GEH UND LEBE Andy Schindler

Sudan im Jahr 1984. Tausende von äthiopischen Flüchtlingen leben in einem Lager am Rande des Hungertods. Ihre Lage ist hoffnungslos. Da beschliesst der israelische Staat, die äthiopischen Juden zu retten und nach Israel zu holen. Im Rahmen von «Operation Moses» werden Tausende von äthiopischen Juden ausgeflogen. Eine christliche Mutter im Flüchtlingslager sieht darin die einzige Chance, das Überleben und die Zukunft ihres Jungen zu sichern. Sie kann ihn unter die ausreisebereiten Menschen schmuggeln, indem sie ihn einer jüdischen Mutter übergibt, deren eigenes Kind gerade gestorben ist. Zum Abschied sagt die Mutter zu ihrem Sohn: «Geh und lebe!» Das ist der Beginn einer langen Odyssee für den Jungen, denn die jüdische Mutter, entkräftet von den Strapazen, stirbt bei der Ankunft in Israel. Der Junge wird von einer weissen jüdischen Familie adoptiert, die einen offenen und liberalen Lebensstil pflegt. Er bekommt den Namen Salomon, im Alltag wird er «Schlomo» genannt. So beginnt Schlomo ein neues Leben. Alles ist fremd und ungewohnt für ihn. Mit der falschen Identität zu leben, ist für ihn nicht einfach. Er hat Angst, dass seine Tarnung auffliegt und jemand merkt, dass er gar kein Jude ist. Dann, so glaubt er, würde er ins Lager zurückgeschickt, was einem Todesurteil gleichkäme. Schlomo lebt mit zwei Religionen und geprägt von zwei Kulturen, der einen Welt entwurzelt und in der anderen nicht richtig angekommen. Einerseits erfährt er in Israel Schutz und Sicherheit, andererseits bekommt er als schwarzer Junge in diesem Land auch Rassismus und Ablehnung zu spüren. So beispielsweise vom Vater eines jüdischen Mädchens, das sich in ihn verliebt.

Hans-Peter und Monika Leiser: «Gott steht zu uns allen.»

Schlomo wächst heran und wird immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen seine wahre Identität enthüllt werden könnte. Seine leibliche Mutter vergisst er dabei nie. Wird er sie eines Tages wiederfinden? «Geh und lebe», F/B/IL/I 2005, 135 Minuten, ist im Handel als DVD erhältlich.

Andy Schindler-Walch, Filmspezialist


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ERSTAUNEN

HEILSAMES KLAGEN von Peter Höhn

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ir sollten weniger klagen und mehr loben, sagt man da und dort. Das ist gut gemeint, doch ist es auch umsetzbar? Warum gibt es im Psalter rund doppelt so viele Klagepsalmen wie Lob- und Siegeslieder? Klagepsalmen zeigen, dass das Leben oftmals − und für manche Menschen besonders − schmerzvoll, dunkel, traurig und schwer sein kann. Mit den Klagepsalmen bekennt sich Gott selbst zu dieser Tatsache und zeigt gleichzeitig einen Weg, wie wir mit Leid am besten umgehen.

FÜNF ASPEKTE DER KLAGEPSALMEN Gott fordert uns mit den Klagepsalmen auf, unser Leid wirklich zu klagen − und es nicht stumm zu erdulden oder in uns hineinzufressen, es nicht zu verdrängen oder fromm zu übertünchen. Gott macht aber auch deutlich: Heilsames Klagen unterscheidet sich von Jammern, Murren, Suhlen im Selbstmitleid und Drehen um sich selbst. Heilsames Klagen wendet sich an Gott als den Einzigen, der das Leid wenden kann. Klagepsalmen haben fünf Elemente: Es gibt immer eine dreifache Klage (Gottklage, Ich-Klage und Feindklage) sowie die Bitte an Gott und das Bekenntnis des Vertrauens. Psalm 13 bringt das beispielhaft zum Ausdruck:1

DIE GOTTKLAGE Bis wann, HERR? Willst du für immer mich vergessen? Bis wann willst du dein Angesicht vor mir verbergen? David klagt vor Gott und darüber, wie er Gott erlebt. Er spricht seine quälenden Fragen, seine Gefühle und Gedanken, die er gegenüber Gott hat, aus − und er spricht sie vor Gott aus. Oft ist die Gottklage als Frage formuliert: «Herr, wie lange noch ...?» – «Mein Gott, warum ...?» Was manchmal wie eine indirekte Anklage gegen Gott klingt, ist in Wirklichkeit ein Gebet: Man wendet sich an den Einzigen, der helfen kann.

DIE ICH-KLAGE Bis wann soll ich Sorgen hegen in meiner Seele, Kummer in meinem Herzen bei Tage? Jetzt schildert der Psalmist, wie es ihm selbst geht. Er erzählt Gott, was ihn beschwert und umtreibt. Er schildert ihm seine Sorgen, seine Angst, seinen seelischen und körperlichen Schmerz.

DIE FEINDKLAGE Bis wann soll sich mein Feind über mich erheben? David beschreibt Gott auch seine Feinde: in welcher Weise sie ihn bedrängen, verfolgen, verspotten, ihm Unrecht zufügen und Gewalt antun. Das können Menschen, aber auch feindliche Kräfte, Lebensumstände oder «innere» Zustände sein.

DIE BITTE AN GOTT Schau her, antworte mir, HERR, mein Gott! Mach hell meine Augen, dass ich nicht zum Tod entschlafe! Dass mein Feind nicht sage: «Ich habe ihn überwältigt!», meine Bedränger nicht jauchzen, wenn ich wanke. Konkretes Klagen bereitet den Boden für konkretes Bitten: um Gottes Nähe und Trost, sein Eingreifen und seine Auswege, seine Hilfe und Rettung.

DAS BEKENNTNIS DES VERTRAUENS Ich aber, ich habe auf deine Gnade vertraut; mein Herz soll jauchzen über deine Rettung. Ich will dem HERRN singen, denn er hat wohlgetan an mir. Schliesslich bekennt der Psalmist Gott sein Vertrauen. Er drückt es aus mit Lob und Dank und mit dem Entschluss, dennoch an Gott festzuhalten.

ECHTES KLAGEN LÖST GOTTES KRAFT AUS Es gibt keinen Klagepsalm, der bei der Klage stehen bleibt. Immer mündet er in die Bitte und in das zuversichtliche Bekenntnis Gott gegenüber. Durch Klagen drücken wir sogar echten Glauben aus. In Psalm 116,10 sagt der Psalmist: Ich habe geglaubt, deshalb habe ich gesagt: «Ich bin sehr gebeugt.» Paulus zitiert diesen Vers in 2. Korinther 4,13: Ich glaube, darum rede ich. Glauben heisst, mit Gott darüber zu reden, was mich gebeugt sein lässt, was mir Angst macht, wo ich an meine Grenzen stosse. Dann wird inmitten unserer Schwachheit und Zerbrechlichkeit sowie unserem «Sterben» Gottes Kraft und das Leben Jesu sichtbar werden (2. Korinther 4,7–11).

1

Weitere Beispiele: Psalmen 22, 35, 42, 58, 59, 61 und andere.


29 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS lene «nicht schlimm» gewesen sei. Der Vergebung muss wie bei einer Gerichtsverhandlung die Anklage vorangehen. Nicht indem ich den anderen direkt anklage, sondern indem ich die Klage vor Gott, dem höchsten Richter, äussere. Ich gebe ihm den Fall ab und überlasse es ihm, das Urteil zu sprechen. Somit werde ich davon befreit, Vorwürfe, Groll und Bitterkeit weiter mit mir herumzuschleppen, weil ich die Last bei Gott abgegeben habe. Diese Entlastung von Schuld- und Schamgefühlen und das emotionale Loslassen des Expartners sind die wichtigsten Voraussetzungen, um ein neues Leben in Angriff nehmen zu können. Vergebung ist das eine. Wie weit hilft der Kurs, in Bezug auf Sozialkompetenz eigene blinde Flecken zu erkennen und letztlich allgemein beziehungsfähiger zu werden? Wer das eigene Scheitern aufgearbeitet hat, ist danach auf jeden Fall reifer und hat viel gelernt. «Wenn ich das alles vorher gewusst hätte, wäre meine Ehe heute noch intakt.» Solche Aussagen sind typisch für Teilnehmende, die vom Kurs profitieren konnten. Eine Scheidung ist immer auch ein persönlicher «Scheideweg»: Man muss sich entscheiden, ob man hin- oder wegsehen möchte, ob man in alten Mustern verharrt oder Entscheidendes dazulernt. Wenn du die längerfristigen Auswirkungen betrachtest: Was sind die wichtigsten Veränderungen für die Teilnehmenden? Innere Heilung erfahren ist wie das Vergeben ein Prozess. Zu wissen, dass es Zeit braucht, ist eine wichtige Erkenntnis. Dass jemand «über den Berg» ist, zeigt sich am neu gewonnenen Selbstvertrauen. Nach dem inneren Zerbruch muss das Leben Stück für Stück neu aufgebaut werden. Obwohl dieser Prozess nie ganz abgeschlossen ist, kann jemand doch den Punkt erreichen, mit dem Expartner wieder eine freundschaftliche Beziehung zu pflegen. Oder zumindest kommt bei Begegnungen nicht wieder all der Schmerz und Groll sowie die Wut an die Oberfläche. Das ist eine befreiende Erfahrung (siehe Zeugnis «Von negativen Gefühlen befreit»). Was motiviert dich persönlich am meisten, diesen Kurs zu halten und dafür zu sorgen, dass er sich weiterverbreitet? Jeder Kurs schliesst mit einem Abend, an dem die Teilnehmenden gemeinsam die Fortschritte feiern und berichten, was sie im Kurs erlebt und gelernt haben. Die eindrücklichsten Zeugnisse über innere Heilung und die von Gott erfahrene Hilfe habe ich an diesen Abenden gehört. Zudem werden viele Menschen gerade durch die Krise der Scheidung ganz neu offen für das Wirken Gottes.

MEDIEN

WARUM GLAUBEN GUTTUT Markus Baumgartner

Über Jahrhunderte galt die Geschichte der blutflüssigen Frau aus dem Neuen Testament den Christen als Beweis: Der Glaube hilft Besessenen, Blinden, Aussätzigen. Nicht erst im Himmelreich, sondern jetzt, hier und sofort. Wer glaubt, wird erlöst vom Leid. Manchmal jetzt, spätestens im Tod. Dann rückte die Aufklärung solchen Wundergeschichten auf den Leib, schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Und die Psychologie stellte im 19. Jahrhundert die Gegenthese auf: Der Glaube macht krank. Er zwingt die Menschen in Angst und falschen Gehorsam. Und jene Neurosen, die nicht von den prüden Eltern verursacht wurden, gehen auf die moralisierenden und leibfeindlichen Kirchen zurück. Doch ausgerechnet jetzt, wo der Glaube ein knappes Gut geworden ist, wandelt sich die Wahrnehmung. Jetzt, wo die Leute in Scharen aus der Kirche austreten, sagen die Therapeuten, Mediziner, Hirn- und Sozialforscher: Glauben tut gut. Wer fromm ist, lebt gesünder, wiegt weniger, hat einen niedrigeren Cholesterinspiegel und ausserdem ein stabileres Immunsystem als der Ungläubige. Er muss seltener ins Krankenhaus, und wenn doch, ist er schneller wieder draussen. Er ist häufiger zufrieden mit seinem Leben, lebt in stabileren Beziehungen und hat mehr Freunde und Bekannte als der, dem der liebe Gott egal ist. Mehr als 1200 Studien soll es mittlerweile geben, die das bestätigen. Der Glaube hilft den Menschen, ist Richtschnur für Entscheidungen, bringt Freude, Zufriedenheit und Spass ins Leben. «Religion hilft. Das ist schön, das ist gut und wird zu selten gesagt im Zeitalter der Kirchenskandale», erklärt die «Süddeutsche Zeitung» weiter. Wer meditiert und sich ins Gebet versenkt, entkommt dem Zweck und findet den Sinn. Der Gläubige kann sich in seinen Nöten und Ausweglosigkeiten vor seinen Gott werfen und den Fall an die höchste Instanz abgeben: «Mach du was draus.» Das mag zwecklos scheinen, ist aber nicht sinnlos. Dem Zweck die Grenzen zeigen, sich selbst nicht die letzte Instanz sein müssen – und dürfen: Das sind die Gaben des Glaubens an die Gläubigen – und an die ganze Gesellschaft.

www.liebenscheiternleben.ch www.cours-revivre.ch «Das Phänomen der späten Scheidungen», Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello, Universität Bern.

1

Markus Baumgartner, PR-Profi und Herausgeber von www.dienstagsmail.ch


ERLEBEN

CHRISTLICHES ZEUGNIS | 03/14 | 30

IM REGEN

TANZEN LERNEN

von Andreas «Boppi» Boppart, Missionsleiter Campus für Christus Schweiz

D

as Leben als Christ ist eine Zumutung. Es ist wichtig, in unseren Breitengraden einmal zu hören, dass es auch diese andere Seite der Medaille gibt. Hier, wo sonst oft nur fröhlich «Leben in Fülle» gepredigt wird und wo diese Fülle – bewusst oder unbewusst – als ein glücklich-beschwingtes Leben gedeutet wird, in dem es einem an nichts fehlt. Woher kommt bloss dieses trügerische Gefühl, dass wir aufgrund unserer Entscheidung für Gott automatisch einen lebenslangen Freischein für göttliche Streicheleinheiten haben? In der Bibel lese ich fast nur von Menschen, denen Gott ordentlich was zumutet. Ich weiss gar nicht, wo ich mit der Aufzählung anfangen soll: Alles beginnt bei Adam und Eva, die aus dem Paradies rausgeschmissen werden. Damit fängt für sie ein Leben an, das im Vergleich zu demjenigen im Paradies eine Zumutung ist. Dann ist da Jakob, der sieben Jahre für seine Traumfrau Rahel arbeitet und am Ende Lea kriegt. Armer Kerl. Und arme Frau erst! Weshalb redet man eigentlich immer nur von ihm? Was für eine Zumutung muss es sein, einen Mann zu heiraten, der eigentlich niemand anderen will als die Schwester? Noah musste sich jahrelang zum Affen machen, um irgendwo auf dem Land ein Mordsteil von Schiff zu bauen. Abraham wurde aufgefordert, alles hinter sich zu lassen, um dann im


ERLEBEN

31 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS stattlichen Alter von fast hundert Jahren nochmals Papa zu werden (das ist mit dreissig ja schon anstrengend genug). Josef konnte Gottes Treue und sensationell geplante Führung auch nur deshalb erkennen, weil er durch Sklaverei und Gefangenschaft ging. Nicht zu vergessen Daniel in der Löwengrube und seine Freunde, die um den Feuerofen nicht herumkamen. Nach meiner theologischen Vorstellung hätte Gott hier überall vorher eingreifen und diese Situationen verhindern müssen. Erwarten wir nicht manchmal insgeheim, dass Gott mit uns diese unangenehmen Situationen umschifft und uns nie der Mundgeruch eines Löwen ins Gesicht weht? Doch wie Daniel und den anderen mutet Gott auch dir und mir vieles zu. Wer übrigens meint, dass im Neuen Testament nur noch eitel Sonnenschein und Liebe herrschen, schielt sich gewaltig durch die Kapitel hindurch – und an der Realität vorbei. Da ist dieser reiche Jüngling, der seinen ganzen Besitz verkaufen und das Geld den Armen geben soll, damit er Jesus nachfolgen kann. Er läuft schliesslich traurig weg, weil er zu sehr am Geld hängt. «Geizhals!», denken wir. Würde Gott dasselbe von dir oder mir fordern, würden wir vielleicht eher empört «Zumutung!» schreien. Vor allem Paulus wurde nicht von Zumutungen verschont. Seine Aufzählung im 2. Korinther 11 ist ziemlich beeindruckend und lässt immer mal wieder ein schwaches «Gott sei Dank er und nicht ich» über meine Lippen huschen: «Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen. Von den Juden habe ich fünfmal erhalten vierzig Geisselhiebe weniger einen; ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer …» Schaut man genauer hin, wie das Leben der engsten Freunde von Jesus endete, dann

bleibt nur ein möglicher Schluss: Das Leben eines Nachfolgers von Jesus ist eine Zumutung. Heftig und zweifellos.

gehen. Und er hält den Löwen – den grossen, schrecklichen Dingen in unserem Leben – den Mund zu.

EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE

Hiob, der Spezialist in Sachen Zumutung, hat’s verstanden: «Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt» (Hiob 1,21). Es geht nämlich gar nicht darum, wie viel Gott uns zumutet, sondern darum, wie viel wir Gott mutig zutrauen! Würden wir Gott doch nur ein bisschen mehr Ich-habe-die-Weltgeschichteim-Griff-Energie zutrauen. Und mehr Ich-hab-dich-lieb-Energie. Dann könnten wir viel relaxter mit den Dingen umgehen, die er uns zumutet, denn wir wissen: Er wird uns mit seinen Zumutungen nicht überfordern.

Ob etwas eine Zumutung ist oder nicht, hängt immer davon ab, was wir erwarten, wenn uns etwas zugemutet wird. Wenn ich als Christ automatisch davon ausgehe, dass Jesus wie ein Bulldozer vor mir hergeht und alle Hindernisse und Unannehmlichkeiten aus dem Weg räumt, dann wird jeder Holperer im Alltag zu einer Zumutung. Wenn ich aber begreife, dass Gott uns ganz bewusst den Paraklet, den Heiligen Geist als Beistand und Tröster, geschickt hat, dann begreife ich, dass Zumutungen zum Leben gehören. Genauso, wie Gott sich selbst in Jesus das Kreuz zugemutet hat. Und ich verstehe, dass Zumutungen eine Frage der Perspektive sind. In Uganda empfand ich es als Zumutung, dass Frauen das Wasser kilometerweit schleppen mussten, während es in Ungarn schon mühsam war, dass im Hotel zu Beginn braune Brühe aus dem Duschkopf kam. Und während es in der Schweiz eine Zumutung ist, wenn in einem Zimmer unserer Wohnung das WLAN nicht stabil ist, haben die Leute in Uganda nicht einmal WLAN – geschweige denn mehrere Zimmer.

GOTT MUTIG MEHR ZUTRAUEN Als ich in einer Jugendstation mit verhaltensauffälligen Jugendlichen arbeitete, mussten sie als Konsequenz für ein Fehlverhalten oft einen mehrstündigen Fussmarsch absolvieren. Wenn ein Erzieher diese Konsequenz verhängte, war aber auch klar, dass er den Marsch gemeinsam mit den Jugendlichen in Angriff nehmen wird. Genauso scheint es mir bei Gott. Der Glaube an ihn ist definitiv keine Garantie dafür, dass alles rundläuft. Vielmehr steht fest, dass das Leben mit Gott nicht rundläuft. Es gibt unangenehme Fussmärsche in meinem Leben, um die ich nicht herumkomme. Manche davon sind wahrscheinlich sogar selbst verschuldet. Aber Gott läuft immer mit. Er ist dabei, wenn wir durchs Feuer

«Was eurem Glauben bisher an Prüfungen zugemutet wurde, überstieg nicht eure Kraft. Gott steht zu euch. Er lässt nicht zu, dass die Versuchung grösser ist, als ihr es ertragen könnt. Wenn euer Glaube auf die Probe gestellt wird, schafft Gott auch die Möglichkeit, sie zu bestehen» (1. Korinther 10,13). Was für eine wunderbare Zusage, die wuchtig genug wäre, all unser Jammern im Keim zu ersticken – wenn wir diesem wunderbaren, gut meinenden Gott wirklich die Liebe attestieren würden, die er für uns hat und die er ist. Josua 1,9: «Ja, ich sage es noch einmal: Sei mutig und entschlossen! Lass dich nicht einschüchtern und hab keine Angst! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst.» Wenn also gerade wieder einmal eine Wolke der Zumutung über dir halt gemacht hat und du im heftigen Regen stehst, dann spann einfach mutig den Zutrauen-Regenschirm auf. Und statt den Sturm wegzubeten, wäre es auch einfach eine Option, im Regen tanzen zu lernen.


39 | 03/14 | CHRISTLICHES ZEUGNIS vor allem nach der Jahrhundertwende werden Kindheit und Kindsein als «eigene» Lebensphase begriffen und Kinder nicht mehr nur als kleine Erwachsene wahrgenommen. Als Folge davon wächst der Markt für Spielsachen stetig. Während der ersten Hälfte ihres Lebens suchte Margarete Steiff ihren Platz im Leben in einer Gesellschaft, in der – wie auch heute – Menschen einen schweren Stand hatten, wenn sie nicht nach Schema F funktionierten. Dank ihres unbändigen Willens, der Hilfe ihrer Familie und ihres Glaubens an Gott sowie als Teil einer sich ändernden Gesellschaft schaffte sie es, die sich ihr bietenden Chancen zu nutzen, auch wenn der Weg dorthin lang war. 1907, zwei Jahre vor ihrem Tod mit 62 Jahren, fertigten 1800 Heimarbeiterinnen und 400 Arbeiter in ihrer Fabrik neben vielen anderen Stofftieren auch eine Million Teddybären an.

VERWENDETE LITERATUR Ringwald, Alfred (Hrsg.): Menschen vor Gott, Band II, Verlag Junge Gemeinde Stuttgart, 1970 Halbe-Bauer, Ulrike: Margarete Steiff – «Ich gebe, was ich kann», Brunnen Verlag, Giessen/Basel. 5. Auflage 2014, ISBN 978-3-7655-4217-6 Heger, Wolfgang: Das Tor zur Kindheit – Die Welt der Margarete Steiff, Mitteldeutscher Verlag, 2009, ISBN 978-3-89812-634-2

DVD-TIPP «Margarete Steiff» (DE/2006, 89 Minuten) ist im Handel als DVD erhältlich.

BEZIEHUNGSWEISE

GOTT IST MUTIG Sabine Fürbringer

Scheidung, Missbrauch, Mobbing, gescheiterte Erziehungsversuche, Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Schulden, persönliches Versagen – die Liste der Sorgen, die Menschen in einer Beratungssituation ausbreiten, ist lang. Sie sind mit Gott unterwegs, und trotzdem macht sich Leid in ihrem Leben breit. Sie straucheln und fragen sich, warum Gott das alles zulässt und wo denn die siegreichen Verheissungen der Bibel geblieben sind. Im seelsorgerlichen Prozess rund um diese Krisen nimmt die Vergebung eine zentrale Rolle ein. Sie bringt persönliche Entlastung, wo jemand selbst Mitverursacher der Not ist. Eigenes verkehrtes Verhalten und Fehlentscheidungen, die zur aktuellen Schwierigkeit beigetragen haben, lassen sich zwar nicht wegradieren, aber der ewige Kreislauf der Selbstvorwürfe findet am Kreuz ein Ende. Umgekehrt finden Menschen dort, wo sie Opfer anderer wurden, durch vergebendes Loslassen der Vorwürfe inneren Frieden. So kostbar diese Schritte sind: Oft bleiben die äusseren Umstände trotzdem bestehen. Die kaputte Beziehung erlebt keine Versöhnung, die Krankheit verursacht weiter Schmerzen, und auch das ersehnte Stellenangebot kommt nicht. Für Gott wäre es doch ein Kleines, mit einem Wunder einzugreifen. Warum nur tut er es nicht? Die Frage nach dem Warum erlebe ich als wenig hilfreich. Gott beantwortet sie selten eindeutig, vermutlich steht sie uns gar nicht zu. Tatsache ist, dass Gott uns eine Situation zumutet. Das ist der springende Punkt: Gott rechnet damit, dass wir trotz der Not nicht von ihm ablassen, dass wir die Kapazität haben, das durchzustehen. Ich habe oft erlebt, wie sich Menschen innerlich aufgerichtet haben, wenn sie realisierten, dass Gott ihnen zutraut, dass sie treu bleiben und mit ihm zusammen einen Weg mitten durch die Probleme hindurchfinden. Er kennt ihre seelische Beschaffenheit und vertraut ihnen. Im Ausharren und Festhalten an Gott ist der Glaube dieser Menschen gewachsen und ihre Beziehung zu Jesus tiefer und reifer geworden. Es geht nicht darum, das Leiden zu glorifizieren. Natürlich bete ich gerne mit Menschen um Heilung oder Durchbrüche in ihren Schwierigkeiten. Ich freue mich von Herzen, wenn sich Gottes Herrschaft daraufhin manifestiert. Gott ist aber genauso präsent, wenn wir unsere Schwachheit spüren und einzig aus seiner Gnade leben – Paulus hat sich dessen sogar gerühmt. Gott ist eben mutig und traut uns zu, dass wir aus der inneren Kraft des Heiligen Geistes die äusseren Unvollkommenheiten ertragen.

Sabine Fürbringer ist Psychologin und Familienfrau und arbeitet bei Campus für Christus als Referentin, Autorin und Beraterin.


ERLEBEN ungen und erfreulichen Wendungen – sei es am Telefon oder vor Ort. Seit diesem Frühling lebt die Familie in einem anderen Bundesstaat in Nordindien, wo die politische Situation ruhig ist und alle Kinder eine gute christliche Schule besuchen können. Jedes Jahr reisen wir mindestens ein- bis zweimal für ein paar Wochen nach Indien. Wir sind dankbar, dass wir wieder in unseren erlernten Berufen in der Schweiz arbeiten können, dass unsere Tochter hier so glücklich ist und gleichzeitig alles so gut mit dem Auftrag in Indien zusammenpasst. Regelmässig senden wir Infopost an Kidshouse-Unterstützer und -Beter und widmen uns manch administrativer und organisatorischer Aufgabe sowohl in Indien als auch in der Schweiz. Die Grundlage zu diesem Text ist dem frisch 1/2014, dem Publikationsorgan von Agape international entnommen. www.agape.ch/kaschmir

Ein Gottesgeschenk: das schmucke und geräumige Kidshouse.

Simone Allenbach: «Die Kinder nennen uns Onkel und Tante und unsere Tochter ist wie eine ältere Schwester für sie.»

BLICKPUNKT WELT WENN DER GLAUBE ETWAS KOSTET Kurt Burgherr Durch die Kontakte mit christlichen Leitern aus allen Teilen der Welt und meine Reisen in verschiedene Länder realisiere ich immer mehr, wie reich wir in der Schweiz gesegnet sind. Wir haben alle Freiheiten, und uns fehlt es an (fast) nichts. «Wenn ihr doch alles habt, weshalb schauen die Leute in der Schweiz so unglücklich drein?», fragte mich einmal ein Afrikaner in diesem Zusammenhang. Ich bin davon überzeugt, dass wir von Christen in anderen Gebieten der Welt viel lernen können. «Wir haben nichts. Deshalb beten wir so viel, weil wir wissen, dass alles von Gott kommt», sagte einmal ein Leiter aus Afrika, wo viele Menschen kaum genug zum Überleben haben, zu mir. Besonders schwierig ist die Situation für Christen im Nahen Osten. Ironischerweise war ihr Leben unter den totalitären Regimes in Ägypten und Syrien, aber auch im Irak früher einfacher. Durch den Arabischen Frühling hielt zwar mehr Demokratie Einzug, doch gleichzeitig stellten konservative islamische Gruppen Machtansprüche. Das führte zur Diskriminierung von Christen, zu Gewalthandlungen gegen sie und sogar zu Morden an ihnen. Für mich ist es deshalb immer wieder beeindruckend, wie Christen in diesen Ländern buchstäblich ihr Leben riskieren, um ihren Mitmenschen Gottes Liebe zu zeigen. In Ägypten wurden vor einem Jahr unzählige Kirchen angezündet. Diese Aktionen gingen schliesslich sogar den gemässigten Muslimen zu weit. Sie entschuldigten sich bei den betroffenen Christen für das Verhalten und die abscheulichen Taten der Muslimbrüder. Dieses Beispiel zeigt mir, dass unverständliche und schwierige Situationen auch dazu führen können, dass neue Kontakte entstehen. In Ägypten hat sich die Lage seit dem Regierungswechsel wieder beruhigt. Dafür brechen gerade in diesen Tagen im Irak neue Fronten auf, was für die lokalen Christen wiederum mit viel Not und Leid verbunden ist. Von aussen kann man leider nur beschränkt helfen. Es gilt jedoch, die Menschen vor Ort immer wieder zu ermutigen und für sie zu beten.

Simon (links) und Simone Allenbach sind jedes Jahr ein- bis zweimal für ein paar Wochen vor Ort.

Kurt Burgherr ist Leiter von Agape international, der Auslandtätigkeit von Campus für Christus Schweiz, mit Schwerpunkt in Entwicklungszusammenarbeit sowie Gemeinde- und Leiterentwicklung.


AUTOREN

PETER HÖHN

verantwortlicher Redaktor, leitet bei Campus für Christus den Bereich Spiritualität und Gebet. phoehn@cfc.ch

BRIGITTE EGGMANN

Redaktionsassistentin, zudem arbeitet sie bei Agape international, dem Auslandsbereich von Campus für Christus. beggmann@cfc.ch

SABINE FÜRBRINGER

ist bei Campus für Christus tätig als Referentin und Beraterin. sfuerbringer@cfc.ch

IMPRESSUM

HERAUSGEBER

Campus für Christus, Josefstrasse 206, 8005 Zürich Telefon +41 (0)44 274 84 84, www.cfc.ch Campus für Christus ist eine überkonfessionell unabhängige Missions- und Schulungsbewegung mit rund zwanzig in der Evangelisation, Erwachsenenbildung, Diakonie und Mission tätigen Dienstzweigen. Darunter fallen Studentenarbeit/Dozentenforum, Campus Generation – Schülertreff und Jugendarbeit, Alphalive-Glaubenskurse, Agape international – Mission/Entwicklungshilfe, Athletes in Action, Crescendo – Berufsmusiker und -künstler, Christen im Dienst an Kranken, Schulungen in christlich-ganzheitlicher Heilkunde, FamilyLife, Frauen-Frühstückstreffen, CROWN-Finanzkurse, Gottkennen.ch – Internet-Ministry, Dienste an Verantwortungsträgern, Beratung und Schulung in Landes- und Freikirchen, sowie Explo-Schulungskonferenzen.

VERLAG

Christliches Zeugnis, Josefstrasse 206, 8005 Zürich Telefon +41 (0)44 274 84 34, Telefax +41 (0)44 274 84 83, christlicheszeugnis@cfc.ch, www.christlicheszeugnis.ch

ISBN 978-3-905789-49-2 ISSN 1662-243X

LUKAS HERZOG

leitet bei Campus für Christus den Bereich Kommunikation, Marketing & Events. lherzog@cfc.ch

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CHRISTIAN BACHMANN

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Christian Bachmann ist Buchhalter und arbeitet als freier Mitarbeiter für das Christliche Zeugnis.

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Gib nicht auf… … wenn Dinge falsch laufen, wie es dann und wann geschieht; wenn die Strasse, die du entlangstapfst, scheinbar nur bergauf geht; wenn das Kapital gering und die Schulden hoch sind; wenn du lächeln möchtest, aber du vor Sorgen seufzen musst.

RUHE AUS, WENN DU MUSST, ABER GIB NICHT AUF. Das Leben mit seinen Irrungen und Wirrungen ist sonderbar; das erlebt jeder von Zeit zu Zeit. Doch manch einer kehrt auf dem Weg zu früh um; er hätte das Ziel erreicht, wäre er nur dran geblieben.

DARUM GIB NICHT AUF… … auch wenn dir das Tempo zu langsam scheint. Vielleicht wartet die Lösung hinter der nächsten Ecke – als unerwarteter Sieg, als Silberstreifen am Horizont. Weil du nicht weisst, wie nah du dem Ziel bist, weil es fern scheinen und doch so nah sein kann, bleib dran, selbst wenn du angeschlagen bist! Bleib dran, denn gerade, wenn die Dinge am schlimmsten scheinen, darfst Du nicht aufgeben. (UNBEKANNT)


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