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Zeitschrift der 端berkonfessionellen Bewegung Campus f端r Christus Schweiz

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Die Einfachheit des Evangeliums Mit Spezialteil 端ber Ruth und Billy Graham


die einfachheit des evangeliums | inhalt

die einfachheit des evangeliums | editorial

Editorial

Inhalt

Die Liebe bei Gott suchen

ZUM THEMA

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Billy und Ruth Grahams Vermächtnis Interview mit Hanspeter Nüesch über Billy Grahams weltweiten Dienst und Einfluss

Billy Graham in der Schweiz • Paul und Renate Herren erinnern sich • «Sich für den Glauben entscheiden»

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Kolumne «Farbe bekennen»

Umwerfend, wie Gott meine Ferienlektüre zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für seine Liebe konzertierte.

Fruchtbaren Boden finden

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«Es wird dich alles kosten»

«Das Reich Gottes ist nahe gekommen!» Eine Bibelbetrachtung von Peter Höhn zur ersten Predigt von Jesus

Kolumnen «Filmtipp» und «Medien» Andy Schindler-Walch und Markus Baumgartner

Predigt von Billy Graham vom 19. Juni 1969 in New York

Die 180-Grad-Wende hinter der Kulisse Interview mit Felix Rechsteiner, Assistent von Hanspeter Nüesch

Hoffnung für die Menschen Billy Graham und die Kernbotschaften der Bibel

AUSLAND

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Ruth Bell Graham (1920 - 2007)

Rückkehr aus Afghanistan «Wir haben enorm viel gelernt!» Ein Ehepaar zieht Bilanz

Kolumne «Unterwegs erlebt» Die «Generation Praktikum»

Ein Leben nicht nur im Hintergrund

HINWEISE

Kolumne «beziehungsweise» Holzhocker oder Designerliege

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Eine Familie findet neues leben Wenn der Alphalive-Kurs Kreise zieht

Kolumnen «New Generation» und «von Wegen!» Gott persönlich kennenlernen • Eine Broschüre stiftet Glauben – und Beziehungen • Wie wir eine persönliche Beziehung zu Gott finden können

Materialien zum Weitergeben

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CfC national Koreaner beten für Zürich, Schülertreff, Evangelium für ausländische Touristen in Genf

CfC international Partnerschaft mit isländischen Leitern

Inserate Impressum

Um es vorwegzunehmen: Ich bin begeistert von der «Hütte»! Nicht nur, weil sie zwischenzeitlich auf dem zweiten Rang der Schweizer Bestsellerliste gelandet ist und offensichtlich die Sehnsucht der Menschen von heute trifft, Gott wirklich zu erkennen und zu erfahren. Für mich platzt das Buch ähnlich wohltuend, erfrischend und

Den Glauben begreifen

ZUM SCHLUSS

Vier Brüche – ein Evangelium Die Frohe Botschaft ganzheitlich verstehen und vermitteln

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Dankeschön und Weihnachtsgrüsse mit einem Bild der Campus-Mitarbeiter Schweiz

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Sommerferien sind immer eine Gelegenheit, einem Thema nachzuspüren, für das ich sonst kaum Zeit und Musse habe. Eine kleine schwedische Schäreninsel ist für mich der ideale Ort dafür. Angestossen durch unser Heftthema tauchte dieses Jahr die Frage auf, was Jesus als Erstes zur «Einfachheit des Evangeliums» gesagt hat. Daraus entstanden einige überraschende Einsichten zu den Gleichnissen über das «Reich Gottes». Parallel dazu las ich «Die Hütte» von William P. Young und wieder einmal, nach über fünfzehn Jahren, Henri Nouwens Auslegung zum verlorenen Sohn «Nimm sein Bild in dein Herz». Im Rückblick umwerfend, wie Gott meine Ferienlektüre zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für seine Liebe konzertierte.

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schräg in unsere heutige geistliche Landschaft hinein wie Jesus damals in das religiöse und gesellschaftliche Establishment. Und damals wie heute sind Gläubige, Ungläubige und Andersgläubige gleichermassen gezwungen, sich zu fragen: Kann es wirklich sein, dass Gott so unreligiös ist, so nahe und uns zugewandt, so voller Kreati­ vität und Alltagsnähe? Je länger ich mit Jesus unterwegs bin, umso mehr bin ich geneigt, das wirklich zu glauben! Gott ist überhaupt nicht religiös, so wie auch Jesus nicht religiös war. Aber Jesus war vorbehaltlos und innig mit Gott, seinem Vater, verbunden; er liebte Gott und wusste um die Liebe des Vaters. Und er lädt uns Menschen ein, unsere Unabhängigkeit aufzugeben und uns mit Herz, Haut und Haar in diese Beziehung hineinzutrauen, die zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist fliesst. Umkehr zur Liebe – das ist der Grundtenor des Evangeliums vom Reich Gottes, das auch in der «Hütte» und in Henri Nouwens geistlicher Deutung des Rembrandt-Bildes vom verlorenen Sohn zum Ausdruck kommt. Es geht

darum, dass ich mein Leben nicht allein führe, sondern es gemeinsam mit Jesus entdecke, entwickle und erfahre. Dass wir zur Liebe umkehren, dass wir die Liebe bei Gott und nicht woanders suchen – das war auch die Leidenschaft von Billy Graham, der nicht müde wurde, dieses einfache Evangelium Millionen von Menschen nahezubringen. Dass Billy und Ruth Grahams Erbe und Vorbild für unsere und die nächsten Generationen nicht verloren geht, dafür hat sich Hanspeter Nüesch eingesetzt, und er erzählt im Interview, warum er ein Buch über dieses erstaunliche Ehepaar geschrieben hat. Das Evangelium, dass wir Gottes Liebe durch Umkehr und Glauben an Jesus Christus erfahren können, ist eine einfache Botschaft. Jedes Kind kann sie verstehen, und für jeden Gelehrten ist sie gleichermassen eine Herausforderung. Auch wenn wir ein Leben lang brauchen, damit sie in unserem Leben Fleisch und Blut wird, ist doch der Anfang simpel und einfach. Deshalb: Lassen Sie sich von der Ein­ fa­ch­heit des Evangeliums neu ergreifen! Lassen Sie sich von den Beiträgen dieser Ausgabe ermutigen, das Evangelium als einfache Botschaft zu verstehen, als Botschaft der Liebe weiterzugeben und zu vertrauen, dass es gerade dort seine Kraft entfaltet, wo wir einfach und authentisch bleiben und der Liebe Gottes vertrauen. Peter Höhn 3


die einfachheit des evangeliums | billy und ruth …

Billy und Ruth Grahams Vermächtnis

Interview: Peter Höhn

Hintergründe zum neuen Buch von Hanspeter Nüesch «Es war ein Glaubensprojekt wie die EXPLO 2000 oder der Fahnenaufmarsch am Christustag 2004», sagt Hanspeter Nüesch über sein Buchprojekt. Was ihn persönlich motivierte, wie wunderbar ihm Gott den Weg ebnete und was künftige Generationen vom Ehepaar Graham lernen können – das erzählt er im folgenden Interview.

• Hanspeter Nüesch (60): «Das Buch über Ruth und Billy Graham soll künftigen Evangelisten und Leitern helfen, ein effektives, fokussiertes, integres und durch und durch demütiges Leben zu führen.»

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• Das Buch beschreibt zehn Schlüsseleigenschaften, die Ruth und Billy Graham auszeichneten: Partnerschaft, Authentizität, Demut, Intimität, Fokus, Integrität, Glaube, Weltverantwortung, Geistesleitung und Gnade. 370 Seiten mit 85 zum Teil noch nie veröffentlichten Bildern. cz 4|09

Hanspeter, mit viel Herzblut hast du ein Buch über Billy und Ruth Graham geschrieben – warum ausgerechnet über sie? Tatsächlich wäre es zum Beispiel nähergelegen, über Bill Bright, den Gründer von Campus für Christus, ein Buch zu schreiben. Er war mein geistlicher Vater und hat meinen Glauben geprägt wie niemand sonst. Trotzdem empfand ich vor drei Jahren, dass mir Gott Billy und Ruth Graham aufs Herz legte. Ich war schon immer fasziniert von diesem Ehepaar, insbesondere seitdem ich 1986 in einem chinesischen Restaurant in Amsterdam zufällig neben sie zu sitzen kam. Anstoss für das Buchprojekt war dann ein Bildband über Billy Graham, auf den Vreni mich aufmerksam machte, als ich sie 2006 in ihrem Weiterbildungsurlaub in England besuchte. Billy Graham war in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts weltweit das Sprachrohr Gottes, und ich fragte mich: Was ist das Geheimnis, dass Gott einer einzigen Person so viel geistliche Verantwortung übertragen konnte? Je mehr ich nach einer Antwort suchte, desto mehr rückte neben Billy gleichwertig seine Frau Ruth in den Vordergrund. Mir wurde klar: Billy Graham war, was er war, nur dank seiner Frau Ruth. Und dem Geheimnis dieses Ehepaars wollte ich auf die Spur kommen. Du sagst, Gott habe dir das Buchprojekt aufs Herz gelegt. Wie sollen wir uns das vorstellen? Gottes Geist lebt in mir, wie er ja in jedem Gläubigen lebt; und er redet laufend zu meinem Geist, manchmal lauter, manchmal leiser. Die Frage ist nur, ob ich auf seine Stimme achte oder nicht. Manchmal wissen wir nicht, ob es die Stimme Gottes ist oder unsere cz 4|09

Auf Besuch bei Billy Graham

eigene oder sogar die des Feindes. Aber im Gehen spüren wir dann Gottes Unterstützung und Bestätigung – oder eben nicht. Vor drei Jahren empfand ich das innere Drängen des Heiligen Geistes, dieses Buchprojekt in Angriff zu nehmen. Ich spürte, dass Billy und Ruth Graham ein einzigartiges Vermächtnis hinterlassen haben, das christlichen Leitern und besonders Ehepaaren hilft, Gottes Auftrag bis ans Ende ihres Lebens treu, integer und wirksam zu erfüllen. Trotzdem gibt es schon über hundert Bücher über Billy Graham. Warum sollte man deines lesen? Die meisten Bücher über Billy Graham erwähnen Ruth bestenfalls in einem kleinen Einschub. Daneben gibt es eine veraltete Biografie über Ruth, von Patricia Cornwell geschrieben. Aber ich habe kein Buch gefunden, das Billy und Ruth gemeinsam zeigt und das dem enormen partnerschaftlichen Beitrag von Ruth gerecht wird, den sie im Leben und Dienst von Billy hatte.

• Gigi Graham, älteste Tochter von Billy und Ruth Graham, an dessen Krankenbett anlässlich des Besuches von Hanspeter und Vreni Nüesch. Die Freundschaft, die Gigi Graham mit dem Ehepaar Nüesch verbindet, erlaubte einen Blick hinter die Kulissen von Ruth und Billy Graham, was für die Fertigstellung des Buches sehr wertvoll war.

Was hat dich an Ruth Graham so beeindruckt? Ruth war eine starke Frau mit klaren, im Wort Gottes und in persönlichen Erfahrungen gegründeten Überzeugungen. Sie wuchs als Missionarskind in China und Nordkorea auf, erlebte harte und einsame Zeiten. Sie wurde früh im Leben erprobt und hatte eine Weltschau. Sie war nicht nur intelligent, sondern auch belesen und vielseitig interessiert. Ruth deckte Bereiche ab, die Billy nicht draufhatte. Sie war der Kopf, Billy das Herz und das Sprachrohr in der Öffentlichkeit. Billy hatte Anthropologie studiert, Ruth Theologie. Sie war eine leidenschaftliche Bibelforscherin und diente Billy mit ihrer Weisheit und ihrem

• Vreni Nüesch im angeregten Gespräch mit dem von einer parkinsonähnlichen Krankheit gezeichneten Billy Graham. Vreni dankte ihm herzlich für das Vorbild, das er und seine 2007 verstorbene Ehefrau Ruth für sie und Hanspeter sind.

• Beim zweiten Besuch von Hanspeter und Vreni Nüesch ging es Billy Graham gesundheitlich besser, sodass er sie zu einem gemeinsamen Mittagessen einlud. 5


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Die Graham-Familie 1. Billy und Ruth Graham mit ihren fünf Kindern (von links): Franklin (1952), Anne (1948), Ned (1958), Gigi (1945), Ruth «Bunny» (1950).

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2. Billy Graham war zuallererst ein Beter. Er besprach alles mit Gott und suchte in allen Dingen die Leitung des Heiligen Geistes. 3. Die Kinder liebten es, wenn ihr Daddy wieder einmal zu Hause war und ihnen biblische Geschichten vorlas (von links): «Bunny», Anne und Gigi. 4. Ruth und Billy Graham liebten es, in ihrer spärlichen freien Zeit zu schwimmen.

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5. 1960 lud ein befreundetes Ehepaar, das durch die Lektüre des Buches «Friede mit Gott» zum Glauben gefunden hatte, die ganze Familie Graham für Ferien in die Schweiz ein. Das Bild wurde in Clarens am Genfer see aufgenommen und zeigt (von links) Franklin, Anne, «Bunny», Billy, Ruth, Gigi und Ned.

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6. Das Powerduo Ruth und Billy Graham privat.

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profunden Bibelwissen. Sie war ihm Gesprächspartnerin, kritisches Gegenüber, Ermutigerin und half ihm beim Schreiben seiner Predigten und Bücher. Im Übrigen hielt sie sich bewusst im Hintergrund. Sie hatte, wie sie sagte, sechs Projekte – Billy und fünf Kinder –, während Billy nur ein Projekt hatte. Dazu war Ruth sehr unkonventionell, eine Frau, die in kein frommes Klischee passt. Sie hatte Pep und war immer zu einem Spässchen aufgelegt. Um an die entscheidenden Quellen zu kommen, hast du einen Zugang zur Familie Graham gefunden, von dem andere Autoren nur träumen können. Als ich mich zum ersten Mal zum Wohnort der Grahams in North Carolina im Südosten der USA aufmachte, war niemand im ganzen Dorf bereit, mir auch nur den genauen Ort des Wohnhauses der Grahams zu verraten. Es ist auf Anweisung der FBI von einer hohen Mauer umgeben. Als ich bei der Billy Graham Evangelistic Association vorsprach, lächelte man über mich, diesen komischen Schweizer. Ich sei zehn Jahre zu spät dran. Billy Graham sei krank, kaum ansprechbar und empfange niemanden. Du brauchtest wahrhaftig Glaube, Ausdauer und ein Wunder ... Ja, wirklich! Und das Wunder geschah folgendermassen: Caspar Blattmann, ein Schweizer, der bei Campus für Christus in den USA arbeitet und den ich anlässlich meiner ersten Recherchen besuchte, erzählte mir, im Schweizer Club gehe ein Enkel von Billy Graham ein und aus. Er habe einen Schweizer Pass, weil sein Vater Schweizer armenischer Herkunft sei. Dieser Basyle Tchividjian wurde mein Schlüsselmann. Durch ihn lernte ich dessen Mutter Gigi kennen, die älteste Tochter von Billy und Ruth Graham. Ich erzählte Gigi von meinem Anliegen und von der Unmöglichkeit, an die entscheidenden Informationen und Bilder heranzukommen. cz 4|09

Gigi, die meinen Besuch – der wohl gerade zur rechten Zeit kam – als grosse Ermutigung erlebte, versprach, mir zu helfen und alles für mich zusammenzutragen, was ich für das Buchprojekt benötigte. Sie machte es dann auch möglich, dass ich zusammen mit Vreni ihren Vater kurz vor seinem neunzigsten Geburtstag persönlich besuchen konnte und wir zwei eindrückliche Begegnungen mit ihm hatten (siehe Ausgabe 2008/4). So, wie sich die Dinge entwickelt hatten, war es für mich eine klare Bestätigung, dass ich dieses Buchprojekt weiterverfolgen sollte. Im Laufe des Buchprojekts wurden dir auch schmerzliche Seiten der Grahams bewusst: Angefochtene Beziehungen bis hin zu Scheidung bei Kindern und Enkeln. Wie kommen sie damit klar? Man muss sehen: Der Glaube von Ruth und Billy ist bis heute Halt im Leben ihrer Kinder und Enkel. Alle Kinder der Grahams sind an ihren Schwierigkeiten gewachsen und dienen Gott auf die eine oder andere Weise. Ruth hat ihr Leben lang im Gebet für die Kinder und Enkel gekämpft und auch die Familie zusammengehalten. Ich sehe zwei besondere Herausforderungen, mit denen die Graham-Kinder konfrontiert waren: Zum einen war es die häufige Abwesenheit des Vaters, obwohl Billy das Familienleben so gut wie möglich pflegte, wenn er zu Hause war. Er schrieb auch seinen Kindern von seinen Einsätzen immer wieder Briefe oder Karten. Zum anderen war es die Abschirmung von der Öffentlichkeit. Als Billy Graham auf dem Höhepunkt seines öffentlichen Dienstes auf dem Cover fast jeder Zeitschrift erschien, wurde die Familie zunehmend von Touristen und Gaffern belästigt und musste sich abschotten. Die Kinder konnten kaum mehr ein normales Leben führen. Sie lebten wie in einem Gefängnis, allerdings in einem Gefängnis mit Glasfenstern. Das war wohl der Grund, dass alle früh

wegzogen und heirateten, aber als Persönlichkeiten oft nicht reif genug dafür waren. Ob es besser herausgekommen wäre, wenn sie länger im Elternhaus geblieben wären, lässt sich nicht sagen. Aber wie gesagt, alle Kinder sind an diesen Erfahrungen gewachsen und stehen heute klar im Glauben und geben diesen auch weiter. Vor allem Franklin und Anne sind in die Fussstapfen ihrer Eltern getreten und sind starke Sprachrohre Gottes geworden. Gemäss Gigi folgen auch alle Enkel dem Glauben ihrer Grosseltern. Was hat dich an Billy Graham am meisten beeindruckt? Sein tiefes Anliegen war es zeitlebens, Gott in allem zu gefallen und alles zu vermeiden, was Gott Unehre gebracht hätte. Er war sich der Gefahr, stolz zu werden, immer bewusst und stand dem Hype um seine Person äusserst kritisch gegenüber. Regelmässig gab er Gott auf den Knien alle Ehre zurück, die er von Menschen bekommen hatte, und flehte um Demut. Im Buch der Sprüche las er regelmässig die Verse über Demut und Gottesfurcht. Das hat ihm Bodenhaftung gegeben und ein Leben lang eine gute, tiefe Beziehung mit Jesus ermöglicht. Als ich ihn fragte, was Jesus heute für ihn bedeute, sagte er: «Everything» – «Alles». Was waren seine grössten Stärken und Schwächen? Billy ist sehr liebenswürdig, ein wahrer Gentleman. Das öffnete ihm viele Türen. Wahrscheinlich hatten nicht einmal die Päpste so viele Kontakte zu Politikern und Prominenten. Nicht weniger als elf US-Präsidenten holten bei ihm seelsorgerlichen Rat. Weil er sich als Botschafter Gottes sah, versuchte er auch immer, das Zentrum des Evangeliums weiterzugeben und von der Notwendigkeit einer grundlegenden Umkehr zu sprechen, ob sein Gegenüber nun Churchill, Indira Gandhi, Johnny Cash oder der amerikanische Präsident war. Er 7


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Weltweiter Dienst liess sich durch nichts davon abhalten, das Kreuz Jesu Christi zu verkünden und Menschen in die Nachfolge Christi zu rufen. Er tat dies eindringlich, aber auch auf eine sehr menschenfreundliche, liebevolle Weise. In seiner Liebenswürdigkeit lag wohl auch seine grösste Schwäche: Er hatte die für einen Evangelisten untypische Eigenschaft, dass er nicht gerne andere Menschen mit einer Sache konfrontierte. So hat er sich mit Präsident Nixon zeitweilig zu stark verbandelt, obwohl er mit ihm inhaltlich oft nicht einverstanden war. Manchmal verwechselte er amerikanische Kultur mit dem Reich Gottes. Das hat er später auch selber bekannt. Was war für dich im Laufe des Niederschreibens des Buches unerwartet? Am meisten überrascht hat mich die gelebte Partnerschaft zwischen Ruth und Billy: Die Authentizität und Echtheit dieses Ehepaars ist eindrücklich. Nach innen und aussen waren sie gleich; immer gleich freundlichliebevoll gegenüber bekannten wie auch unbekannten, gegenüber prominenten wie einfachen Menschen. Und immer waren sie bemüht, das Evangelium der Gnade weiterzugeben; in gleicher Leidenschaft unter vier Augen wie vor grossem Publikum. Die Art, wie sich Ruth mit ihren enormen Stärken voll hinter die Berufung ihres Mannes stellte, ist vorbildlich. Für Billy Graham war es anfangs schwierig, eine so aktive und eigenständige Frau zu haben. Aber sie haben sich gefunden, weil Jesus Christus die Mitte ihres Lebens war und weil sie das Herz des Gegenübers spürten. Das Zweite, das mich überraschte, war, wie stark Billy die Wichtigkeit des Heiligen Geistes betonte: Gottes Geist, der Menschen von ihrer Gottesentfremdung überführt, der Glauben weckt, der erneuert, uns leitet und das Wort Gottes lebendig macht. 8

Drittens war ich von der Persönlichkeit Ruth Grahams überrascht: Ihre direkte, humorvolle, schlagfertige, «freche» Art, wie sie ihre Meinung kundtat; aber auch ihre Weisheit und Sensibilität, wie sie Personen mit einem schlechten Selbstwertgefühl aufbaute. Sie war eine tieffromme und gleichzeitig erdverbundene Frau. Sie betete sehr viel, war aber gleichzeitig unkonventionell, voller Humor und liebte Abenteuer. Sie machte mir Mut, mich von Gott so brauchen zu lassen, wie ich bin – dabei aber immer zu prüfen, ob mich die Liebe Gottes erfüllt. Was ich zuvor auch nicht gewusst hatte, war, dass wichtige Weichenstellungen im Dienst Billy Grahams in der Schweiz stattgefunden hatten, Stichwort Lausanne, dann aber auch Beatenberg, Montreux, Genf. Mehr darüber in meinem Buch. Wenn wir Billy Grahams weltweiten Erfolg betrachten: Was war das Geheimnis seiner Verkündigung? Zu Beginn seines Dienstes fand die inzwischen durch eine Verfilmung berühmte Auseinandersetzung mit seinem damals besten Freund und Evangelistenkollegen Charles Templeton statt. Templeton warf ihm vor, seine Verkündigung der Bibel sei viel zu einfältig und wissenschaftlich unhaltbar. Billy war deswegen sehr umgetrieben. Deshalb bat er schliesslich Gott selber um Weisung, legte seine Bibel auf einen Baumstrunk, kniete nieder und betete: «Ich entscheide mich im Glauben, die Bibel als Gottes Wort zu nehmen und zu verkündigen, auch wenn ich mit meinem Verstand nicht alles darin verstehe.» Je mehr er in der Folge beim Predigen die Bibel zitierte, umso mehr Leute kamen zum Glauben. Ein zweiter Schlüssel war, als er sich aufgrund einer Rückmeldung eines Zuhörers Anfang der Fünfzigerjahre entschied, bei jeder Predigt das Kreuz Christi in die Mitte zu stellen.

Hat Billy Graham das Evangelium verkürzt? Nicht verkürzt, sondern für Suchende verständlich gemacht. Er sagte immer: Ich bin kein grosser Prediger. Ich will Seelen für Gott gewinnen. Mein Auftrag ist es, Christus grosszumachen und Menschen zur Entscheidung für ihn herauszufordern. Billy Graham wusste, dass der Horizont des Reiches Gottes grösser war als der Inhalt seiner evangelistischen Verkündigung. Er schrieb Bücher über Engel, über den Heiligen Geist, Beiträge über die Rassenfrage, über den Weltfrieden usw. Aber im Stadion wollte er bewusst beim Zentrum des Evangeliums bleiben. Er wollte nicht einfach schön spielen, sondern Tore schiessen. Auf der anderen Seite war Billy politisch sehr interessiert. Er wäre Politiker geworden, wenn er nicht eine evangelistische Berufung gehabt hätte. Er knüpfte in seiner Verkündigung oft an aktuelle Ereignisse an. Er zitierte Politiker, wo sie selbst die Probleme und die Notwendigkeit zur Veränderung formulierten, und baute dann mit der Antwort des Evangeliums darauf auf. Wie gut ist ihm dieser Spagat zwischen Welthorizont und einfachster Botschaft gelungen? Die Resultate sprechen jedenfalls für ihn. Billy Graham sah sich selbst nicht als Intellektuellen. Er pflegte aber viele Beziehungen zu geisterfüllten Theologen und Akademikern. Er nahm ihre Hilfe in Anspruch, wo es darum ging, seine Predigten theologisch und wissenschaftlich abzusichern. Für mich faszinierend, wie er Herz und Kopf zusammenbrachte, wie er dem evangelikalen Glauben Legitimität verleihen und mit der Gründung der Lausanner Bewegung einen geistlichen Gegenpol zum zunehmend einseitig sozialpolitisch orientierten Weltkirchenrat setzen konnte.

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1 Billy Graham war in den Fünfzigerjahren auch in Europa bekannter als die meisten Politiker oder Showgrössen. Selbst das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» brachte Billy Graham auf der Frontseite, als dieser 1954 zum ersten Mal in Deutschland evangelisierte ...

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2 ... wie auch die französische Tageszeitung «Le Figaro» mit der Schlagzeile «Die Stimme Gottes». 3 Das Bühnentrio (von links) Cliff Barrows, Billy Graham und George Beverly Shea, das über 60 Jahre das Bild der Evangelisationen von Billy Graham prägte. Die signierte Fotografie erhielten Hanspeter und Vreni Nüesch als persönliches Geschenk, als sie Billy Graham in seinem Wohnhaus besuchten.

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4 Billy Graham predigte wiederholt in Berlin, unter anderem im überfüllten Olympiastadion. Das Bild wurde 1990 aufgenommen. In der Mitte Dr. Wilfried Reuter, der übersetzte. 5 Billy Graham predigt 1954 auf dem Londoner Trafalgar Square. Noch viele Jahre nach den Grossveranstaltungen in Grossbritannien bezeugte jeder zweite Brite, der in den hauptamtlichen christlichen Dienst eintrat, seine Entscheidung für Jesus Christus an einer Evangelisation von Billy Graham getroffen zu haben.

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6 Franklin und Billy Graham anlässlich der letzten Grossevangelisation von Billy Graham 2005 in New York. Franklin Graham ist als Evangelist in die Fussstapfen seines Vaters getreten. 7 Die Evangelisation 1949 in Los Angeles fand in einem Zelt statt. Sie sollte Billy Graham international bekannt machen, als Schlüsselleute aus Sport und Gesellschaft inklusive «Unterwelt» zum Glauben fanden.

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Weltweiter Einfluss Was sind für dich zusammengefasst die wichtigsten Punkte in Billy und Ruth Grahams geistlichem Vermächtnis? Die Kraft des einfachen Evangeliums: Wir müssen der Kraft des Wortes Gottes vertrauen und die zentrale Botschaft vom Kreuz einfach und eindringlich weitergeben, damit Menschen zum neuen Leben aus dem Heiligen Geist finden. Der Stellenwert der Partnerschaft von Mann und Frau: Gott beruft und bevollmächtigt das ganze Ehepaar. Ehepartner sollen je ihren Platz erkennen und einnehmen. Ehepaare stehen immer gemeinsam in einer Berufung. Der gegen aussen weniger sichtbare Partner ist dabei genauso wichtig wie der sichtbarere. Authentizität: Als Botschafter des Evangeliums müssen wir in unserem Alltag abdecken, was wir weitergeben; auch mit einem vollen Ja zu unserer Zerbrechlichkeit und einem demütigen Vertrauen auf Gottes Gnade. Integrität: 1948 haben sich die Mitglieder des Kernteams im Manifest von Modesto zu moralischer Reinheit, finanzieller Integrität, Wahrhaftigkeit und Verzicht auf Kritik gegenüber Mitchristen verpflichtet (siehe Ausgabe 2008/4). Das Bühnenteam (Billy Graham, Cliff Barrows, George Beverly Shea) blieb über sechzig Jahre im Dienst zusammen! Sie begannen ihn gemeinsam, und sie beendeten ihn gemeinsam. Wovon hast du bei diesem Buchprojekt für dich persönlich am meisten profitiert? Das Schreiben dieses Buches war für mich wie ein nachgeholtes Studium über Kirchen- und Missionsgeschichte. Ich habe ja weder Theologie noch Missionswissenschaften studiert. Ich habe auch viel für meine Dienstpartnerschaft mit Vreni gelernt. Mir wurde nochmals tief bewusst, wie wertvoll Vrenis Ergänzung, ihre Gabe der Weisheit und ihr Gegenübersein für mich sind. Vreni ist meine wichtigste Mitarbeiterin. Vreni hat mich in einem so grossen Mass ergänzt und freigesetzt wie Ruth Billy. Ich möchte, dass wir in Zukunft noch mehr als bisher unsere

Stärken als Team einbringen können, überall dort, wohin Gott uns ruft. Ich ha­be realisiert, dass von überall, wo wir gemeinsam dienen, ein besonderer Segen ausgeht. Ich möchte in Zukunft noch mehr die Bibel studieren und unverkürzt weitergeben, und das auf alle Arten. Ich möchte das freundlich machen, aber ohne inhaltliche Kompromisse. Und ich möchte Gott noch für Grösseres und Tieferes glauben als bisher. Was wird sich aufgrund des Buchprojekts bei dir persönlich und bei Campus für Christus in den nächsten Jahren ändern? Persönlich möchte ich liebevoller werden, mehr die Bibel studieren und in der Öffentlichkeit noch klarer zum Ärgernis des Kreuzes stehen. Bei Campus für Christus wollen wir in unserem Auftrag in Evangelisation und Jüngerschaft noch fokussierter werden. Gott spricht diesbezüglich generell schon länger zu uns. Ich bin überzeugt, dass auch die traditionelle Form der Vortragsevangelisation wiederkommen wird. Wir beten, dass Gott junge Billys und Ruths erweckt, die in unserem Land und in Europa geistliches Brot austeilen. Und wir freuen uns, dass in unseren Arbeitszweigen campus generation und dem evangelistischen Internetdienst junge Menschen wie Andreas «Boppi» Boppart, Matthias Langhans und auch unser Sohn Daniel für diese Anliegen brennen und junge Frauen und Männer dort sind, die sie darin unterstützen. Die traditionelle Verkündigungsevangelisation wird neben der weiterhin zentralen persönlichen Evangelisation wiederkommen, gerade in Europa. Das ist einer der stärksten Eindrücke, die ich bei der Abfassung des Buches empfunden habe. Das Buch über Ruth und Billy Graham soll auch gerade diesen künftigen Evangelisten und Leitern helfen, ein effektives, fokussiertes, integres und gleichzeitig durch und durch demütiges Leben zu führen; ein Leben, das Gott gefällt und das er deshalb zum Segen unzähliger Menschen gebrauchen kann. 10

1 Billy Graham traf sich mehrmals mit Papst Johannes Paul II. zum persönlichen Austausch. Trotz mancher theologischer Differenzen verband die beiden eine gegenseitige Wertschätzung. Die Fotografie stammt von einem Besuch Billy Grahams 1981 im Vatikan, bei dem er dem Papst einen Bildband seiner Evangelisation auf den Philippinen und in Japan überreichte. 2 Die Billy Graham Evangelistic Association gibt die Monatszeitschrift «Decision» («Entscheidung») heraus, die umfassend über die Tätigkeiten der von Franklin Graham geleiteten Bewegung berichtet. Auf dem Titelbild sieht man die drei lebenden Ex-Präsidenten, die Billy Graham mit ihrer Anwesenheit die Ehre gaben bei der 2007 erfolgten Einweihung der «Billy Graham Library» in Charlotte: Neben Billy Graham sitzend (von links) George Bush, Jimmy Carter und Bill Clinton. Billy Graham sagte bei seiner Ansprache, dass seine Frau Ruth die Ehre mindestens ebenso verdient habe wie er. So oder so habe er mit seinem Leben einzig Gott gefallen wollen. 3 Der Holländer W. A. Visser t‘Hooft (links von Billy Graham) war als massgeblicher Initiant und erster Generalsekretär des Weltkirchenrates Billy Graham und seinem evangelistischen Anliegen sehr wohlgesinnt. Die Aufnahme wurde 1955 anschliessend an Billy Grahams Evangelisation in Zürich und Genf am Sitz des Weltkirchenrates in Bossey bei Genf gemacht. 4 Pfarrer Kalevi Lehtinen (links) übersetzte für Billy Graham 1987 in Helsinki. Er entschied sich anlässlich der von Billy Graham initiierten Weltevangelisationskonferenz 1966 in Berlin für den evangelistischen Dienst und wurde erster Mitarbeiter von Campus für Christus in Europa. Hier im Gespräch mit Billy und Ruth Graham. 5 Billy Graham und Bill Bright noch vor dem Durchbruch von Billy Graham als Evangelist und vor der Gründung von Campus für Christus, aufgenommen anlässlich einer Schulungskonferenz auf Forest Home bei Los Angeles. Die Leiterin von Forest Home, Henrietta Mears, hatte einen wesentlichen Einfluss auf Leben und Dienst von Billy und Ruth Graham wie auch von Bill und Vonette Bright.

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6 Die Grahams verband mit June Carter Cash (links aussen) und Johnny Cash (rechts aussen) eine enge Freundschaft. Johnny Cash und seine Ehefrau June Carter wandten sich im Auf und Ab ihres Lebens oft an Ruth und Billy Graham für Rat und seelsorgerlichen Beistand. 7 Charles Templeton und Billy Graham, als sie noch miteinander als Evangelisten bei Jugend für Christus dienten. Während sich Billy Graham trotz Einwänden seines Freundes entschied, an der Bibel als autoritativem Wort Gottes festzuhalten, distanzierte sich Charles Templeton immer mehr von der in seinen Augen unwissenschaftlichen Bibel, bis er den Glauben seiner Jugend ganz aufgab. Der Kinofilm «Billy – The Early Years», der 2008 in die Kinos kam, thematisiert die Auseinandersetzung zwischen Graham und Templeton. In seinem Buch «Farewell to God» bezeichnete Charles Templeton Billy Graham als einzigen aufrichtigen Evangelisten, den er kenne, der zwar in seinem Glauben naiv sei, aber von Herzen das glaube und lebe, was er verkündige. 8 Billy Graham wurde von elf US-Präsidenten um seelsorgerlichen Rat gebeten. Er kannte Richard Nixon schon lange, bevor dieser zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden war. Die enge Vertrautheit, die die beiden verband, führte nach der Veröffentlichung der Watergate-Bänder zur grössten Enttäuschung in Billy Grahams Leben, wobei dieser eigene Fehler öffentlich zugab. 9 Anschliessend an die erste internationale Konferenz von Jugend für Christus 1948 in Beatenberg sprach Billy Graham, damals noch als Mitarbeiter von Jugend für Christus, vom 23. bis 25. August im Zürcher Volkshaus zur Zürcher Jugend. Links aussen Dr. Harold Ockenga, der zu einem der wichtigsten Mentoren und Förderer Billy Grahams werden sollte. 10 Billy Graham war der erste christliche Prediger, der in grösserem Stil hinter dem Eisernen Vorhang das Evangelium verkündigte. Das Bild wurde 1982 in der orthodoxen Epiphanien-Kathedrale in Moskau aufgenommen. Billy Graham sah seine Rolle als Botschafter Gottes, wo auch immer ihn Gott hinführte.


die einfachheit des evangeliums | billy in der schweiz

Billy Graham in der Schweiz Paul und Renate Herren erinnern sich «Sich für den Glauben entscheiden» (be) Heidi Blauner aus Zürich erinnert sich heute, als wäre es gestern gewesen: Sie verbrachte den Sommer 1966 in England und besuchte in London mehrere Evangelisationsabende mit Billy Graham.

August 1960. Von den 20 000 Plätzen im alten St. Jakobsstadion sind etwa 15 000 besetzt. Paul Herren, damals 16, witzelt auf dem Weg ins Stadion mit seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Martha: «Pass auf, sonst nimmt‘s dir noch den Ärmel rein in dieses fromme Zeug!»

Peter Höhn Paul und Martha sind ihrem Vater zuliebe hingegangen. Der hat als Mitarbeiter der Stadtmission Basel diese Billy-Graham-Evangelisation zusammen mit anderen Kirchen und Gemeinden der Region mitorganisiert. «In Sachen Glauben war bei mir nicht viel los», erzählt Paul Herren. «Drei Jahre zuvor hatte ich im Sog meiner älteren Geschwister eine Entscheidung für Jesus getroffen, aber der Ofen ging bald wieder aus. Ich lebte in einer Trotz- und Schmollhaltung und war der Überzeugung, dass das mit dem Glauben bei mir nicht funktionierte.»

kannst das selbst nicht machen. Und du weisst nicht, wann er das nächste Mal rufen wird.» «Das Schwierigste war, neben meiner jüngeren Schwester aufzustehen und nach vorne zu gehen, um meinen Entscheid für Jesus festzumachen», erzählt Paul Herren. Doch auch Martha ist angesprochen und vertraut ihr Leben am nächsten Abend Jesus an. Als Paul zu Hause von seinem Entscheid erzählt, meint die Mutter: «Wenn du dich auf den Weg des Glaubens machst, musst du nun auch etwas tun.» Sie beruft ihren Sohn kurzerhand ins Sonntagsschulteam. Entscheidende Impulse, um im Glauben zu wachsen, bekommt Paul von seinem älteren Bruder Theo, durch einen Schrifteinprägekurs der Navigatoren, als Glied der Chrischona-Jugendgruppe Muttenz-Pratteln und später in Genf, wo er als Schreibmaschinenme-

Was Billy Graham predigt, weiss Paul nicht mehr. Er ist nicht einmal besonders berührt, weder von der Atmosphäre noch von den Worten, aber plötzlich hat er den starken Eindruck: «Jetzt ruft dich Gott! Du 12

«Obwohl ich schon als Kind glaubte und während eines Welschlandaufenthaltes in Genf sogar von Gott den Ruf bekam, Missionarin zu werden, ist mir erst während dieser Veranstaltungen richtig bewusst geworden, dass es notwendig ist, mich für Gott und den Glauben an ihn zu entscheiden.» So vertraute Heidi an einem der Abende sich und ihr Leben Jesus Christus an.

chaniker arbeitet und in der Jugendarbeit der Stadtmission seinen Platz findet. Hier in der Romandie reift die Berufung in den Dienst als Pre­ diger. Nach seiner Ausbildung auf St. Chrischona lernt er in der Stadt­mission Neuenburg seine Frau Renate kennen, die dort als Jugendarbeiterin und Pastorin tätig ist. Auch Renate stammt aus Basel und erinnert sich an jene Tage mit Billy Graham: «Es war Stadtgespräch; sogar ein Werbetram fuhr durch Basel und lud für den ‹Feldzug für Christus› ein.» Paul und Renate Herren sind bis heute beeindruckt von den einfachen Menschen aus den verschiedenen Basler Gemeinden, die so etwas gewagt hatten: «Sie hatten einen unerschütterlichen Glauben in die Kraft des Evangeliums und hatten den Mut, für damalige Verhältnisse ganz neue Wege zu gehen. Etwas, was wir uns für unser Land neu wünschen!» cz 4|09

Vier Punkte, die Billy Graham immer wieder betonte, hat sie sich zu Herzen genommen: - Lies deine Bibel - Bete - Sei Jesu Zeuge - Geh in eine (Kirch-)Gemeinde.

• Seite 12, Oben links: Das Bild zeigt Besucher im Berner Wankdorfstadion. • Oben: 1960 evangelisierte Billy Graham in Basel, Bern, Lausanne und Zürich. • Rechts: Paul und Renate Herren leiteten bis im Sommer 2009 die Chrischona-Gemeinde Buchs ZH und geniessen heute den aktiven Ruhestand. cz 4|09

• Heidi Blauner

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die einfachheit des evangeliums | es wird dich alles kosten

«Es wird dich alles kosten»

Diese Predigt1 hielt Billy Graham 1969 anlässlich der Evangelisation im Madison Square Garden in New York. Ein Beispiel seiner Begabung, Klartext zu reden.

Predigt von Billy Graham vom 19. Juni 1969 in New York

Redner: Billy Graham «Ich bitte Sie, mit mir Lukas 14, Vers 25 bis 28 zu lesen, und Matthäus 16, Vers 24: ‹Es ging aber eine grosse Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein. Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es auszuführen.› ‹Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.› Jesus sagt zu uns: ‹Nimm dein Kreuz auf dich, verleugne dich selbst und folge mir nach.› Und er legte das Tempo vor. Sehen Sie: Wir suchen Reichtum, doch er war reich und wurde doch arm, damit wir reich werden können. Wir suchen Bequemlichkeit, aber ‹die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.› Wir suchen Anerkennung, aber er war verachtet und wurde von Menschen abgelehnt. Wir wollen Leiden vermeiden,

• Mehrere Tausend Menschen fanden keinen Platz mehr im New Yorker Madison Square Garden, um Billy Graham zuzuhören.

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aber er wurde wegen unserer Übertretungen verwundet. Er wurde für unsere Ungerechtigkeiten geschlagen. Wir sind auf uns selbst ausgerichtet, er aber sagte: ‹Ich gebe mein Leben für andere.› Christus lehrte es, er lebte es, und er verlangt nichts weniger als dasselbe von uns. Bist du bereit, heute Abend genau das zu tun, auch wenn es ums Ganze geht? ‹Leide mit als ein guter Soldat Christi Jesu›, schrieb Paulus an Timotheus. Er bittet dich, in seine Armee einzutreten. Er wird dich ins Ausbildungslager schicken. Gott gebraucht nur vorbereitete Menschen. Es wird hart und rau zugehen. Jesus sagt: ‹Komm zu mir und lern von mir. Sei diszipliniert.› Das Wort ‹Jünger› meint ‹Lernender› – ‹ein diszipliniert Lernender›. ‹Wenn mir jemand nachfolgen will.› Beachte, dass du eine persönliche Entscheidung treffen musst. Du hast ihn nie als deinen Herrn und Retter angenommen? Ich bitte dich, dass du dich der grössten Sache hingibst, der Sache Christi. ‹Verleugnet euch selbst›, sagt er. Wie verleugnet man sich selbst? Selbstverleugnung ist das Gegenteil von Egoismus. Es bedeutet, dass Liebe dein Leben dominieren soll. ‹Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, Verstand und von ganzer Seele und deinen Nächsten wie dich selbst.› Du verleugnest dich selbst, das heisst:

Aus: «Sermons from Madison Square Garden», 1969, Seite 103-118, leicht gekürzt.

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Du stellst Gott an die erste Stelle, andere Menschen an die zweite Stelle,und du selbst kommst zuletzt. Es bedeutet aber noch etwas viel Tieferes. Es bedeutet die Abweisung aller Versuchungen, denen junge Menschen heute ausgesetzt sind. Niemand kann Christus nachfolgen und ausserehelichen Sex praktizieren. Es bedeutet Selbstverleugnung sogar im Bereich des Essens: Du wirst mit Essen und Trinken massvoll umgehen. Es bedeutet, dass du dir sündige Vergnügungen, von denen du weisst, dass sie falsch sind, verbietest. Es bedeutet, dir den Stolz zu versagen, der falsch ist. Es gibt einen gewissen Stolz auf etwas Erreichtes, der in Ordnung ist. Es gibt ein gewisses Mass an Ehrgeiz, das gut ist, aber wenn der Ehrgeiz deiner Selbsterhöhung und -verherrlichung dient, dann ist er schlecht. Es bedeutet, das Verlangen abzutöten, aus sich selbst heraus jemand sein zu wollen, anerkannt und bewundert. Es bedeutet, dass du an deinem bedürftigen Nächsten nicht vorbeigehen kannst. ‹Lasst euch verändern durch die Erneuerung eures Denkens; habt die Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war.› Es bedeutet, dass Christus deine intellektuellen Prozesse dominiert. Wenn du Christus als Retter annimmst, nimmst du ihn nicht nur als Retter an, sondern auch als Herrn. Er übernimmt die Kontrolle über dein Leben. Er dominiert dein Denken – die Dinge, die du liest, die Dinge, die du dir ansiehst. Christus hat eine Stimme in diesen Dingen, und es ist die entscheidende 15


die einfachheit des evangeliums | die 180°-wende …

• Billy Graham: «Junge Leute wollen eine Herausforderung. Sie wollen etwas Schwieriges, etwas Raues. Genau das bietet Jesus.»

Stimme, und du disziplinierst deinen Verstand, um Christus zu studieren, über ihn zu lesen und von ihm zu lernen. Zu viele junge Leute wollen mit einem Fuss in der Welt stehen und mit dem anderen im Reich Gottes. Stell dich auf die eine Seite oder auf die andere. Ich glaube, wir könnten bessere Arbeit leisten, wenn wir hingegebene, disziplinierte Jünger wären, wie es sie in der Urkirche gab. Man braucht Disziplin, um morgens eine Stunde früher zum Bibelstudium aufzustehen. Man braucht Disziplin, um abends den Fernseher eine Stunde früher auszuschalten, um eine Stunde zu beten. Man braucht die Disziplin, die Hiob hatte, als er sagte: ‹Ich habe die Worte seines Mundes mehr wertgeschätzt als das notwendigste Essen.› Vor einigen Jahren brachte die ‹New York Times› eine Anzeige: Ein Mann Namens Shackleton wollte in die Antarktis gehen; die Anzeige enthielt 16

unter anderem Folgendes: ‹Die Bezahlung wird gering ausfallen, und es wird schwierig werden, richtig hart, und Sie können dabei umkommen.› Doch ich meine danach gelesen zu haben, dass diese Anzeige die meisten Reaktionen hervorgerufen hat, die je eine Anzeige in der ‹New York Times› hatte. Junge Leute wollen eine Herausforderung. Sie wollen etwas Schwieriges, etwas Raues. Genau das bietet Jesus. Er hat keine gute Zeit zu bieten, Jesus bietet Leiden. Er bietet ein Kreuz, er bietet den Tod, aber der Lohn ist fantastisch: ewiges Leben, Friede und Freude jetzt. Eine übernatürliche Kraft, um deine Freunde und Nächsten zu lieben. Eine neue Kraft, um der Welt, in der wir leben, dadurch zu helfen, dass wir sie zum Besseren umgestalten. Jesus sagte: ‹Wenn ihr mir nachfolgen wollt, dann werdet ihr die Gemeinschaft meiner Ablehnung mit mir teilen müssen›. Das bedeutet, dass du nach Hause gehst, zurück zu deinen

Leuten, und sagst: ‹Christus, ich habe genug von meinem alten Leben. Ich werde ein neues Leben führen.› Das ist es, was Gott von jedem von uns auf seine Weise zu tun verlangt, in unserem jeweiligen Bereich – für Christus zu leben, selbst wenn du dabei alleine stehst. Du könntest der Einzige in deinem Umfeld oder an deiner Schule sein. Wie Noah in seiner Generation. Er war der Einzige. Dann war da der Mann in der Bibel, der zu Jesus kam und ihm nachfolgen wollte, und Christus sagte: ‹Junger Mann, hast du die Kosten überschlagen? Es wird dich alles kosten.› Und ich möchte dir sagen: Wenn du nicht bereit bist, ihm ganz zu folgen und ihm alles zu geben, dann wirst du nicht als einer seiner Nachfolger angesehen. Wenn du aber willst, dass er dein Leben bestimmt, dass er dein Herr und Retter sein soll, dann frage ich dich, ob du ihn heute Abend annehmen willst. Willst du heute Abend anfangen und Christus in einem disziplinierten Leben nachfolgen, einem Leben des Gebets, des Bibelstudiums, mit diszipliniertem Verstand, einer gekreuzigten Zunge, einem Leben, in dem du die Zeit auskaufst? Du hast das Leben vor dir. Wir wissen nicht, wie lange das Leben sein wird, doch du hast nicht lange. Bist du bereit, alles, was du hast, für Christus hinzugeben? Du kannst kommen, wie du bist, mit all deinen Sünden, all deinen Problemen, all deinen Schwierigkeiten. Komm und sag: ‹Herr Jesus, ich nehme dich als meinen Herrn und Retter an. Ich will dein Nachfolger sein, ich will ein wahrer Jünger sein.› Wenn du Christus niemals als deinen Retter angenommen hast, oder wenn du dich ihm vielleicht irgendwann einmal verpflichtet hast, aber es dir in Wirklichkeit nicht viel bedeutet hat – dann bitte ich dich jetzt, nach vorne zu kommen.» cz 4|09

Die 180-Grad-Wende hinter der Kulisse «Billy Graham wurde mir zum Vorbild» Felix Rechsteiner, Assistent von Hanspeter Nüesch, hat bis heute über 700 Stunden für das Buch über Ruth und Billy Graham investiert. In dieser Zeit hat er seine Meinung über den grössten Evangelisten des letzten Jahrhunderts gründlich revidiert.

Johanna Schaller

• Das Buchprojekt ist noch lange nicht zu Ende (siehe Interview Seite 4). Felix Rechsteiner wird auch für die englische und französische Version des Buches über Billy und Ruth Graham arbeiten.

• Anja Ehrsam hat für das Buchprojekt viele Medien aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Später unterstützte sie Hanspeter Nüesch als Lektorin für die deutschen Texte.

• Der Kontakt zu Dr. Rainer Behrens kam genau rechtzeitig zustande, als Hanspeter Nüesch dringend jemanden suchte, der Zitate vom Englischen ins Deutsche übersetzen kann. cz 4|09

Verkündigung des Evangeliums konzentriert», erklärt Felix Rechsteiner.

Felix Rechsteiner erinnert sich gut an sein Vorstellungsgespräch bei Campus für Christus, als Hanspeter Nüesch ihm von seinem Buch­projekt erzählt und von Billy Graham schwärmt. Er selber hegt gegenüber dem berühmten Evangelisten einige Vorurteile: «Ich stellte ihn mir als hyperkonservativen, amerikanischen Wohlstandsprediger vor, der sich mit BMW und Privatjet von einer Konferenz zur nächsten bewegte und in Luxushotels übernachtete.» Trotzdem beginnt er im April 2008 für das Buchprojekt zu arbeiten, sammelt und sortiert mehr als viertausend Zitate aus Hunderten von Büchern, Zeitschriften und Zeitungsartikeln. Er verarbeitet die Notizen von Hanspeter Nüesch und überträgt Korrektur um Korrektur auf das Manuskript, bis alles angemessen formuliert ist. Durch diese Arbeit lernt er Billy Graham als eine durch und durch aufrichtige und geradlinige Persönlichkeit kennen. «Ich habe in keinem der vielen hundert Medien, die ich in diesen eineinhalb Jahren durchge­ackert habe, eine wirklich berechtigte Kritik an Billy Graham gefunden. Natürlich hat er auch Fehler begangen, doch diese hat er sich selber eingestanden», sagt Felix Rechsteiner, «es gab keine finanziellen Geschichten und keine sexuellen Eskapaden.» Die Integrität des berühmten Mannes und seine sowohl klare als auch barmherzige Botschaft, die über Jahrzehnte dieselbe geblieben ist, beeindrucken ihn. «Er ist meiner Meinung nach wegen seiner intensiven Beziehung zu Gott und dank seiner Frau Ruth auf dem Boden geblieben und hat sich trotz verlockender Angebote stets auf die einfache 17

Was er von Billy Graham lernen möchte, sei, ständig mit Gott zu kommunizieren. Billy Graham habe gebetet beim Aufstehen, während des Frühstücks, auf der Fahrt zur Konferenz und auch während der Konferenz. Während einer Plenumsfragestunde, die Hanspeter Nüesch besuchte, fragte jemand Billy Graham, wie oft er bete. Seine Antwort war: «Eigentlich ständig, im Moment bete ich gerade, dass ich Ihnen die richtige Antwort geben kann.» Ohne diese enge Gottesbeziehung, ja seine totale Abhängigkeit von Gott hätte er diesen Dienst nicht tun können. Diese Nähe zu Gott und die Verwurzelung im Wort Gottes strebt auch Felix Rechsteiner an. Das authentische Leben von Billy Graham und seiner Frau inspiriert ihn. Auch er möchte in jedem Umfeld, bei der Arbeit, in der Familie und unter Freunden und Bekannten echt und unverbogen leben: «Das ist für mich die einfache Verkündigung des Evangeliums.» Eines von verschiedenen Wundern während des Buchprojektes ist der Kontakt zu Dr. Rainer Behrens, Prediger der Chrischone-Gemeinde Kreuzlingen. Hanspeter Nüesch sucht dringend jemanden, der die Zitate vom Englischen ins Deutsche übersetzen kann. Einen Tag später erhält er per Post ein Buch, das Rainer Behrens ins Deutsche übersetzt hat, mit der Bitte, dieses Buch bekannt zu machen. Auf einen Anruf hin erklärt er sich bereit, die Zitate zu übersetzen. «Wir haben ihn bis heute nie gesehen, doch wenn das Buch erschienen ist, gehen wir mit ihm und Anja Ehrsam essen», so verspricht Felix Rechsteiner.


die einfachheit des evangeliums | ruth … | kolumne

privilegiert, zu Hause bleiben zu können. Oder drückt sich pointierter aus, wenn ihr die Fragerei zu bunt wird: Sie fühle sich befreit, auch zu Hause bleiben zu dürfen. Es sei ihre Berufung geworden, Ehefrau und Mutter zu sein. Sie liebe es, ihren Kindern ein Heim und ihrem Mann einen Rückzugsort zu schaffen. Das wird auch immer dringlicher. Je bekannter Billy Graham wird, umso mehr werden er und seine Familie in Montreat von Touristen und Besuchern belagert. Sein Studierzimmer liegt ebenerdig und bietet mit dem grossen Fenster zur Strasse hin einen herrli­ chen Ausblick – leider auch Einblick für ungebetene Gäste. Mehr als einmal kriecht Billy Graham auf allen Vieren zur Zimmertür, um neugierigen Blicken zu entgehen. So kaufen die Grahams 1954 weit oben in den Hügeln der Blue Ridge Mountains im Hinterland von Montreat ein etwa sechzig Hektar grosses Stück Land. Das neue Zuhause, «Little Piney Cove», liegt zwar sehr abgelegen, wird dann aber – als nach dem Attentat auf Martin Luther King jr. die Morddrohungen auch gegen Billy Graham zunehmen – auf Anraten des FBI mit einem über drei Meter hohen elektrisch gesicherten Zaun umgeben.

und Andachtsbüchern, die sie heiss liebt. In ihren Tagebüchern hält sie einen reichen Schatz an Familienanekdoten fest. In ihren Gedichten gibt sie Einblick in ihre Gefühlswelt als Ehefrau und Mutter, als Liebhaberin, als Abenteurerin, als Visionärin und bisweilen auch als Zweiflerin. Kurz bevor 1975 ihr erster Gedichtband «Sitting by my Laughing Fire» veröffentlicht wird, schreibt sie dem Verantwortlichen der Zeitschrift «Decision»: «Ich reagierte zuerst sehr zurückhaltend über die Veröffentlichung, kam dann aber zu folgendem Schluss: Wenn meine Gedichte ausdrücken, was ich oder sonst jemand erlebt hat, soll es egal sein, ob man sie mag oder nicht.» Ihre Zurückhaltung, andere Menschen blosszustellen, hindert sie keineswegs, ihre eigenen Schwächen offenzulegen. Die vielen Dankesschreiben, die sie auf ihre Kolumne in der Zeitschrift «Decision» erhält, zeugen von ihren praktischen und lebensnahen Ratschlägen, und 1975 wird ihr die Ehrendoktorwürde ihres College verliehen.

Endlich ganz zu Hause angekommen • Ruth Graham: Freiwilliges Sichunterordnen, nicht gefügiges Sichhintanstellen – das war die Entscheidung dieser Frau.

Familienleben Die Kinder der Grahams sind sich weder der Einsamkeit noch der Verantwortung bewusst, die auf ihrer Mutter lastet, sie praktisch alleine aufzuziehen. Der ältere Sohn Franklin, der nach drei Schwestern auf die Welt kommt, schreibt in seiner Biografie: «Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter jemals über die Abwesenheit von Vater geklagt hätte. Wir wussten, dass Vater irgendwo predigte, aber wir dach­ten, alle Väter seien oft weg. Wir wuchsen einfach damit auf.» Billy Graham jedoch weiss, was er seiner Frau zumutet. «War ich wieder 24

einmal zu Hause», erzählt er, «bekam ich jedes Mal wie in einem Crashkurs die Freuden und Leiden der Elternschaft und der Kindererziehung vorgesetzt. Wäre meine Frau nicht völlig überzeugt gewesen, dass es Gott war, der sie in diese Lage gerufen hatte, um die Seite unserer Partnerschaft als Mutter und Ehefrau zu erfüllen, ich wüsste nicht, wie sie hätte überleben können.»

in 185 Ländern das Evangelium. Mit ihrer eigenen unerschütterlichen Überzeugung macht Ruth Graham diesen Dienst nicht nur möglich, sondern unterstützt ihn auch aktiv. Sie sucht nach Illustrationen für seine Predigten, liest die Manuskripte seiner Bücher, versieht sie mit Anregungen und arbeitet für die Radiosendung «Stunde der Entscheidung» die entsprechenden Skripte aus.

Billy Graham tritt schliesslich ins­gesamt auf über 400 Grossveranstaltungen auf und verkündet vor mehr als 200 Millionen Menschen

Ein eigenständiges Leben Ruth Graham ist zeitlebens eine grosse Bibelleserin. Ihr eigener Schreibtisch ist übersät mit Bibelübersetzungen cz 4|09

Mehr als sechzig Jahre sind Ruth und Billy Graham verheiratet. Die Anpassungsschwierigkeiten während der ersten Ehejahre haben sie überwunden. «Heute sind wir gut aufeinander eingestimmt», bestätigt Ruth Graham am 13. August 2003, dem sechzigsten Hochzeitstag, und ihr Mann ergänzt: «Unsere Beziehung wird mit zunehmendem Alter immer besser. Das Geheimnis ist Jesus Christus, das Zentrum unseres Lebens.» Am 14. Juni 2007 stirbt Ruth Graham. Es waren mithin keine leeren Worte, die sie vor so vielen Jahren ihrer Tochter nach Florida geschrieben hat, der Glaube an Jesus werde in allen Umständen genügen und sein Wort durch alle Schwierigkeiten hindurch immer wieder lebendig werden. cz 4|09

Fbeziehungsweise Ü R B R I N G E R Holzhocker oder Designerliege Gedankenverloren blättere ich durch ein Inneneinrichtungsmagazin. Nach den wunderschönen Lampen, kreativen Vorhangideen und gestylten Lavaboarmaturen kommen einige Seiten über Stühle. Ob das noch bequem ist, was hier als neuste Innovation angepriesen wird? Futuristisch cool sehen sie schon aus, aber eben, sitzen darauf sollte man auch noch können. Dazu ist ein Stuhl doch da. Überhaupt, braucht es all das Geschnörkel, die ganze Farbpalette, die vielen Details, die nur um des Details willen da sind? Ich grüble über Sinn und Zweck des Wohnens nach und komme zum Schluss, dass es auch einfacher ginge. Eigentlich braucht der Mensch nicht viel, um sich behaglich und zu Hause zu fühlen: Schutz vor Wind und Wetter, Bett, Tisch, Stuhl, Koch­ gelegenheit, Licht und Wärme. Trotzdem mag ich Designhefte, freue mich an der Schönheit und Kreativität. Ein schöner Teppich am rechten Ort macht eben doch einen Unterschied! Noch viel wichtiger als die Inneneinrichtung ist allerdings das Leben, das sich in einem Haus abspielt. Wir kennen sie alle, die Geschichten von den verwahrlosten reichen Kindern, die zwar alles haben, aber mangels menschlicher Nähe, Liebe, Aufmerksamkeit und Wertschätzung seelisch verkümmern. Und wir haben das verklärte Bild eines lachenden, schmutzigen Kindes vor Augen, das trotz einfachster Lebensverhältnisse vergnügt und zufrieden mit einer alten Konservendose spielt. Auch das Umgekehrte gibt es: Brutalität und Gewalt in der Hütte, harmonisches Familienleben im gutbürgerlichen Milieu. Mit unserem Glauben ist es doch ganz ähnlich: Aus den Evangelien lassen sich ein paar Grundelemente herausschälen. Mit diesen lässt es sich glücklich und erfüllt leben, weil ich gerettet bin, weil der Heilige Geist bei mir wohnt, weil ich mit Gott in Beziehung leben darf, weil mein Leben eine Bestimmung hat, weil die Ewigkeit auf mich wartet. In unserer Gesellschaft blicken wir aber auch auf 2000 Jahre Kirchengeschichte zu25

rück. Theologische Fragen sind aufgetaucht und haben unterschiedliche Antworten provoziert. Das schlägt sich bereits in den neutestamentlichen Briefen nieder, und die Debatten sind bis heute nicht abgeschlossen. Sind diese theologischen Überlegungen zu Detailfragen eigentlich überflüssig, quasi ein theologisches Design des Glaubens? Wie bei der Inneneinrichtung geht es auch beim Glauben in erster Linie um das Leben, das er ermöglicht und das sich im Rahmen, den er bietet, abspielt. Tatsächlich sind es ein paar wenige, einfache Grundlinien. In denen kann ich das Leben finden. Ebenso kann mich auch ein vertieftes Nachdenken über einzelne Fragen bereichern; über komplizierte Gedankengänge erfasse ich am Schluss aus einer anderen Perspektive wieder, wer Gott wirklich ist, und freue mich an ihm. Die Erkenntnis wächst: Wie beim Wohnen gibt es auch beim Glauben die Möglichkeit, am Ziel vorbeizuleben. Vor lauter Richtigkeiten und intellektuellen Finessen gehen die Liebe und das Leben verloren. Die Einfachheit andererseits kann in Faulheit oder Gleichgültigkeit münden. Am Schluss ist es eine Frage des Herzens. Mehr als auf alles andere sollen wir auf unser Herz achtgeben. Dazu ermahnt uns die Bibel. Es spielt keine grosse Rolle, ob ich auf einem einfachen Holzstuhl oder in einem künstlerisch designten Sessel sitze. Viel wichtiger ist, dass ich ihn nahe zu Jesus heranschiebe und dort mit ihm Beziehung pflege, mein Herz offen und rein halte, mit ihm über alles spreche und dann auch aufstehe und handle, wenn er mich dazu ermuntert.

• Sabine Fürbringer ist Psychologin sowie Familienfrau und arbeitet bei Campus für Christus als Referentin, Autorin und Beraterin.


die einfachheit des evangeliums | eine familie …

Eine Familie findet neues Leben Wenn der Alphalive-Kurs Kreise zieht Frühling 2004. Die vierzehnjährige Sonja Durrer aus Trogen besucht zum ersten Mal einen Alphalive-Kurs. Sie wird von Gott tief angesprochen und entscheidet sich, ihr Leben in seine Hände zu legen. In den folgenden Jahren erleben drei weitere Familienmitglieder, wie Gott in ihr Leben eingreift, Versöhnung in ihre Beziehungen bringt und ihr Leben mit Freude erfüllt.

Vater dem Glauben gegenüber nicht abgeneigt ist, ihn aber auch verschiedene Sorgen umtreiben.

Toni, Vater

Rachel Stoessel Die Geschichte fängt damit an, dass Sonja Durrer 2002 von einer Schulkollegin in einen Bibelkreis eingeladen wird.

• Familie Durrer: Tochter Sonja, Sohn Thomas, Eltern Toni und Monika

Sonja, Tochter Obwohl Sonja, damals zwölf, nicht viel versteht, findet sie die Diskussionen spannend. Zwei Jahre später fragt die Leiterin, ob sie als Gruppe an einem Alphalive-Kurs teilnehmen wollten. Alle sind einverstanden, und Sonja nimmt mit ihren neuen Freunden am Kurs teil. Die anderen Kursteilnehmer sind alles Erwachsene; trotzdem fühlt sich Sonja wohl. Sie singt gerne mit, findet die Referate verständlich und interessant. «Doch verstanden, worum es tatsächlich geht, welches Angebot Jesus uns macht, habe ich damals nicht», erzählt sie heute. Erst im Alphalive-Wochenende, als sie mit Tamara, ihrer Gruppenleiterin, am Samstagnachmittag einen 26

Spaziergang unternimmt, dämmert es ihr: «Ich realisierte, dass Jesus all meine Schuld auf sich nimmt, ja, dass er mich vollständig befreit.» Am Abend nach dem Referat «Wie werde ich erfüllt mit dem Heiligen Geist?» spürt Sonja, dass sie innerlich bereit ist. Sie bittet die Kursleiterin um Gebet und vertraut so ihr Leben Gott an. Am Sonntagmorgen wird sie gebeten, den anderen davon zu erzählen. «Ich fühlte mich zuerst überfordert», erzählt Sonja, «verspürte dann aber plötzlich eine tiefe innere Freiheit und Freude, die bis heute anhält.»

Monika, Mutter Sonja versteht es, ihre Mutter Monika

für den Alphalive-Kurs zu begeistern. Ein Jahr später ist diese im Kurs mit dabei. Sie fühlt sich jedoch in der Gesprächsrunde nicht so wohl und nimmt auch nicht am Alphalive-Wochenende teil. Trotzdem hilft Monika in den nächsten zwei Kursen als Köchin mit. Beim Abwasch spricht man über die Referate. «Da ist mir vieles über den christlichen Glauben klar geworden», sagt Monika, «besonders, dass Gott mich bedingungslos liebt und in grenzenloser Gnade annimmt.» Monika beginnt eine persönliche Entdeckungsreise im Glauben. Inzwischen engagiert sich Sonja im Gebet weiter intensiv für ihre Familie, besonders auch, weil sie merkt, dass ihr cz 4|09

Für Toni, aufgewachsen in der katholischen Innerschweiz, war die Kirche seit je ein wohltuender Ort der Stille. «Ich kannte immer Ehrfurcht gegenüber Gott, die mir wohl meine Grossmutter vermittelt hatte», erinnert er sich und erzählt von seinem Werdegang: Mit fünfzehn Jahren zieht er aus, um am Genfersee ein Praktikum als Küchenhilfe zu machen. Nach seiner Kochlehre findet er eine gute Stelle in einem Hotel mit internationaler Küche, eignet sich die Kunst der Nouvelle Cuisine an und lernt seine künftige Frau Monika kennen, die dort als Au-Pair arbeitet und das Haushaltslehrjahr absolviert. 1982 ziehen die Durrers in die Ostschweiz, heiraten 1986, und ein Jahr später kommt ihr erster Sohn Thomas zur Welt, 1988 Christian, 1989 Sonja und zwei Jahre später Vreni. Als die Freude am exklusiven Kochen nachlässt und Toni eine neue Herausforderung sucht, ergibt sich die Möglichkeit, als Koch im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen einzusteigen. «Die Möglichkeit, mit Kindern und für einen guten Zweck zu arbeiten, gefiel mir», erzählt Toni. In diesen Jahren kaufen sie sich ein Haus in Trogen, renovieren es mit liebevoll-väterlicher Hilfe eines Schreiners und geniessen das Einrichten und Gestalten der eigenen vier Wände. Toni ist neben seinem Beruf auch sonst engagiert, sei es in der Feuerwehr oder im Männerchor. Mit dem Älterwerden cz 4|09

der Kinder findet die Familie Durrer durch die kirchlichen Angebote Zugang zur reformierten Kirche. Toni schätzt die Einfachheit und Schlichtheit dieser Gottesdienste. Hugo Welz, der Schreiner, lässt sie ab und zu etwas von seinem Glauben erfahren, und die Nachbarin, die ältere Menschen in ihrem Haus pflegt, versteht es, in Gesprächen von Jesus zu erzählen. Manchmal betet man auch gemeinsam. Als Sonja zur Teenagerin wird, beginnen sich verschiedene Dinge in der Familie zu ändern: Toni ist jetzt Feuerwehrkommandant und neben den Einsätzen auch sonst vermehrt unterwegs. Er spürt, dass sich seine Zeit im Pestalozzidorf dem Ende zuneigt. An der KV-Schule in St. Gallen tritt er eine neue Stelle als Mensaleiter an, wo es ihm gut gefällt. Da wird plötzlich über einen Verkauf der Mensa verhandelt. Tonis Stelle ist nicht mehr gesichert. In dieser schwierigen Zeit nimmt Toni an zwei, drei Abenden am Alphalive-Kurs in Trogen teil. Hier hat Monika in der Zwischenzeit an zwei Kursen gekocht, und so ist der Glaube auch bei Durrers zu Hause vermehrt zum Gesprächsthema geworden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ihr ältester Sohn Thomas ihnen dann und wann Sorgen bereitet.

Thomas, Sohn Thomas hat in seiner Ausbildung zum Motorradmechaniker angefangen, vermehrt am Wochenende einen über den Durst zu trinken. Oft kommt er betrunken nach Hause. Seine Schwester Sonja schreibt ihm Briefe und Karten,

in denen sie ihm sagt, wie gern sie ihn hat und wie sie sein Lebenswandel schmerzt. Dies bewegt ihn sehr, obwohl er das nach aussen nie zeigt. Als sich Sonja am 1. Juni 2008 in der Gemeinde des Evangelischen Brüdervereins (seit 2009 Gemeinde für Christus) taufen lässt, geht Thomas hin. «Zwar noch mit einem Nachbrenner der durchzechten Nacht, aber ich fand, dies sei ich Sonja schuldig», erzählt Thomas. Der Gottesdienst findet im Freien statt, und Thomas ist erstaunt, wie freundlich die Menschen dort sind. Die Erlebnisse mit Gott, die im Gottesdienst erzählt werden, berühren ihn tief. «Ich spürte, dass Gott hier ist.» Thomas ahnt, dass ihn dies alles noch weiterbeschäftigen wird. Was ihn besonders wundert, ist die Ruhe, die er im Hinblick auf seine Lehrabschlussprüfung verspürt, die am anderen Tag beginnen wird. Und als an jenem Montag die Prüfung gar nicht optimal läuft, erstaunt ihn der bleibende Friede noch mehr. Am Ende der Woche kann er dennoch mit einer guten Note abschliessen. In den nächsten zehn Tagen beginnt er sein Wochenendumfeld mit anderen Augen zu sehen. Die Flucherei in der Clique stört ihn plötzlich, und es zieht ihn mehr zur Schwester, um mit ihr über Gott und die Bibel zu diskutieren. Thomas hat bis dahin kein Interesse gehabt, sich mit Gott auseinanderzusetzen. «Ich wollte mich erst als Greis mit diesem Thema beschäftigen und vorher das Leben in vollen Zügen geniessen», gesteht er. «Ich suchte Anerkennung, träumte von einem rechten Motorrad, grossen Ferien und von 27

• Blick auf Trogen im Appenzellerland


die einfachheit des evangeliums | kolumnen

Frauen.» Am nächsten Wochenende geht er mit in die Jugendgruppe, in die ihn Sonja eingeladen hat. Er fühlt sich zwar wohl, findet aber, er brauche noch ein wenig Zeit, sich für Gott zu entscheiden. Eine Woche später unternimmt er eine Velotour mit einer Kollegin. Die Schönheit der Natur bewegt ihn. Er ist plötzlich überwältigt von Gott, der dies alles erschaffen hat. Als er sich auf den Heimweg macht, spürt Thomas einen unglaublichen Drang, möglichst schnell zu seiner Schwester zu fahren und jetzt reinen Tisch zu machen. Glücklicherweise ist sie zu Hause. Thomas betet mit ihr, bittet Jesus um Vergebung und lädt ihn ein, sein Leben neu zu füllen. «Von dem Moment an», erzählt Thomas, «hat sich meine ganze Lebenseinstellung geändert, ich erlebe, wie Gott bei mir ist und mein Leben wunderbar führt, auch in schwierigen Situationen.» Am auffälligsten ist wohl, dass er seit diesem Tag nicht mehr flucht, was seine Familie mit Schmunzeln bestätigt. Auch sonst erlebt er, wie sein Leben neue Werte erhält. Die Liebe zum Mitmenschen, vor allem auch zu Kindern, ist gewachsen, und er freut sich, dass sein Leben nicht mehr von Angst bestimmt ist.

Toni, Vater, zum Zweiten In den folgenden Monaten bekommt Toni in einer Gebetsrunde unter Freunden neue Hoffnung für seine Arbeitsstelle. Am Tag, an dem die Entscheidung fallen wird, fährt er zur Arbeit. Da ist es, als ob Jesus ihm klarmachen würde: «Toni, du musst mir beide Hände geben!» Bis zu dieser Zeit, erzählt Toni, habe er nach Bedarf zwar die eine Hand aufs Kreuz gelegt (als Verbindung zum Himmel), aber mit der anderen weiterhin sein Leben selbst gelenkt. Jetzt fordert Jesus ihn auf, sein Vertrauen ganz in seine Hände zu legen. Dies macht er an diesem Morgen im Auto bewusst

im Gebet fest. Er spürt: «Jetzt kann ich selber wirklich nichts mehr unternehmen.» Als er an der Arbeitsstelle ankommt, eröffnet ihm sein Vorgesetzter, dass die Aussichten schlecht stehen und er die Stelle kaum behalten könne. Noch in derselben Woche erlebt Toni, wie Gott eingreift und ihm diese Stelle wieder neu zuspricht. Überhaupt spürt er, wie ihm die Last, das Leben im Alleingang meistern zu müssen, genommen wird. In der Folge verändern sich sowohl bei Toni als auch bei Monika Gewohnheiten und Verhaltensweisen, welche die Ehe von Monika und Toni fast zum Scheitern gebracht haben. Toni erlebt, wie Jesus seine Verfehlungen vergibt und sein Sorgenberg verschwindet.

ANDREAS BOPPART

Alphalive

New Generation Einfach absurd

Der Alphalive-Kurs ist eine zehnwöchige praktische Einführung in den christlichen Glauben. Er bietet eine zeitgemässe Möglichkeit, sich aus erster Hand mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen – für Menschen unserer Zeit, mit Tiefgang und gleichzeitig locker und unkonventionell. Themen

Im Herbst 2008 besucht Vater Toni zusammen mit Thomas und Sonja den Alphalive-Kurs. Der Kurs wird in einem Bergrestaurant oberhalb von Trogen durchgeführt. Mit viel Ermutigung nimmt Monika zum ersten Mal am Alphalive-Wochenende teil. Hier erlebt sie, wie Gott sie mit seiner Liebe umfängt und ihr Dinge vergibt, die sie schwer belastet haben. Toni und Monika können einander vergeben und nehmen auch die Kinder mit auf ihren Versöhnungsweg. Monika besucht den Rest des Kurses und erlebt, wie Gott sie Schritt für Schritt von ihrer inneren Zerrissenheit heilt. «In dieser kurzen Zeit», berichtet Toni, «hat Gott so viel Wunderbares in unserem Leben gewirkt. Wir sind Jesus sehr dankbar, dass er uns nie aufgegeben hat.» Sonja meint heute: «Mein grösster Gebetswunsch hat sich in diesen letzten Monaten erfüllt. Wir erleben Gott in unserer Familie! Es ist, als würde uns Jesus als ganze Familie neu miteinander verbinden, auch wenn er mit jedem von uns seinen persönlichen Weg geht und seine eigene Geschichte schreibt.» 28

1 Wer ist Jesus? 2 Warum starb Jesus? 3 Was kann mir Gewissheit im Glauben geben? 4 Warum und wie bete ich? 5 Wie kann man die Bibel lesen? 6 Wie führt uns Gott? Wochenende: Wer ist der Heilige Geist? Was tut er? Wie werde ich mit dem Heiligen Geist erfüllt? Wie mache ich das Beste aus meinem Leben? 7 Wie widerstehe ich dem Bösen? 8 Warum mit anderen darüber reden? 9 Heilt Gott auch heute noch? 10 Welchen Stellenwert hat die Kirche?

Zahlen Weltweit - Mehr als 13 Millionen Menschen haben einen Alphalive-Kurs besucht. - In über 160 Ländern werden die Kurse angeboten. - Mehr als 33 000 Kurse sind registriert. - Der Kurs wurde in 78 Sprachen übersetzt.

Ist einfach zu einfach? Ich mag es eigentlich gerne einfach. Wenn Tamara, meine Frau, mir erklärt, wie ich die Waschmaschine zu bedienen habe, dann mag ich es einfach. Wenn ich am Computer irgendwelche Programme bedienen oder gar die Steuererklärung ausfüllen muss, dann mag ich es einfach. Nehmen wir mal an, ich wäre mitten in Zürich und müsste mal. Dringend. Angenommen, es gäbe nur eine einzige Toilette und ich würde genau an den Typen geraten, der mir den Weg so ausführlich und kompliziert erklärt, dass ich sicher dreimal das falsche Tram erwischte und noch siebenmal nach dem Weg fragen müsste, um am Ende zu realisieren, dass ich zu Beginn schon die Toilette bloss zwei Meter im Rücken gehabt hätte ... Ich würde austicken. Der Weg zur «Erlösung» wäre so einfach gewesen. Direkter. Schneller.

Alles Weitere und Kursorte in Ihrer Nähe unter:

www.alphalive.ch cz 4|09

denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist‘s eine Gotteskraft» (1. Korinther 1,18). Ganz viele lassen sich von diesem scheinbar Absurd-Banalen irritieren. Aber so hat Gott sich das ausgedacht und eingefädelt. Wer von ganzem Herzen zugibt, dass er eigentlich gar nicht so weit sieht und denken kann, wie er oft vorgibt, und dieses Einfach-Absurde des Evangeliums akzeptiert, wird ewig leben. Weil das so ist, bin ich in Sachen Glauben ganz gerne ein Narr. Einer, der ewig lebt.

Schon Paulus hat den Korinthern erklärt: «Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit

• Andreas Boppart ist Eventprediger und Autor und arbeitet im Arbeitszweig campus generation.

Fv o Rn WEe gDe nY! S T A U B Allzu naive Gleichgültigkeit oder sinnvolle Einfachheit? Ich leide. An naiver Gleichgültigkeit! Ja, ich leide an der allzu naiven Gleichgültigkeit vieler Zeitgenossen. Sie kommen kaum je an einen Gottesdienst. An Gebetsabenden treffe ich sie nie an. Sie sagen von sich, dass sie keine engere Beziehung zu Jesus pflegen. «Ach», seufze ich, «wenn die nur wüssten, was sie deshalb verpassen! So viel Sinn, Freude und Aufwertung!» Woran liegt es nur, dass sie sich nicht näher auf Jesus einlassen?

Schweiz - Zurzeit werden in ungefähr 600 Kirchen und Gemeinden Alphalive-Kurse angeboten. - Etwa 85 000 Besucher haben in den letzten 13 Jahren an einem Kurs teilgenommen.

Ist es nicht auch so mit dem Weg zur richtigen Erlösung? Zum erlösten Leben, das Gott uns anbietet und das wir im Glauben an Jesus erfahren können? «Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet» (Römer 10,9)! Sehr einfach. Sehr geradlinig. Und auch sehr machbar. Richtig. Das Toilettenbeispiel ist völlig absurd. Aber ist nicht auch das Evangelium einfach absurd? Also einfach und absurd. Wie anders lässt sich erklären, dass ein direkter Zusammenhang zwischen einem Zimmermann, den man an ein Holz nagelt, und einem ewigen Leben besteht? Oder dass es eine unsichtbare Verbindung zwischen «Vater und Mutter ehren» und einem langen Leben gibt (5. Mose 5,16)?

Die Antwort liegt wohl oft an einem ganz bestimmten Punkt: Sie machen es sich viel zu einfach! Ja, sie malen sich mit einer unverantwortbar oberflächlichen Meinung ohne grossen Aufwand ein mehr oder weniger religiöses Bild. Wie bei einer morschen Fassade scheint dann alles rund um Gott cz 4|09

und Bibel «schon recht» zu sein – bleibt aber doch völlig belanglos. Nein, so einfach ist die Sache mit Gott nicht. Wenn sich jemand nicht die Zeit nimmt, um sich mit tiefgründigeren Gedanken über Gott und Glauben zu beschäftigen, dann begeht er wohl einen seiner grössten Lebensfehler. Ich meine, so jemandem fehlt doch die Hauptsache. Zu den Hauptfragen unseres Lebens und Glaubens gehören die Fragen nach dem Sinn des Ganzen, nach dem Woher und Wohin unseres Daseins. Aber auch die Fragenbereiche rund um unsere Schuld, unsere Verantwortung und das Gottesgericht gehören dazu. Diese unabdingbaren Angelegenheiten lassen sich mit naiver Gleichgültigkeit bestimmt nicht verlässlich 29

klären. Nein, dazu braucht es wohl doch grosse Portionen von Offenheit, Interesse und Zeit. Doch sind diese Voraussetzungen vorhanden, braucht es freilich keinen akademischen Titel, um dem biblischen Evangelium Vertrauen zu schenken. Sinnvoll und doch einfach gesagt: Wer sucht, der findet. Wer anklopft, dem wird aufgetan.

• Pfarrer Fredy Staub erzählt in seiner Kolumne «von Wegen!» wahre Geschichten aus seinem Erleben mit Menschen.


die einfachheit des evangeliums | vier brüche – ein …

Vier Brüche – ein Evangelium Die Frohe Botschaft ganzheitlich verstehen und vermitteln

Wie können wir von Jesus und dem Glauben reden in einer Welt, in der die Wahrheit relativ ist, in der nur die eigene Erfahrung zählt? – Indem wir aufzeigen und selbst neu begreifen, wie umfassend das Evangelium ist: Dass es nicht nur unsere Beziehung zu Gott, sondern alle unsere zerbrochenen Beziehungswelten heilen will.

weniger erfolgreich gelernt, andere mit ihren Weltbildern und Geschichten stehen zu lassen.

Andrea Wegener

Alles relativ? Inzwischen habe ich diesen und ähnliche Sätze unzählige Male gehört und werde den Verdacht nicht los, dass die meisten Leute das tatsächlich denken: Eine Sache kann für einen Menschen wahr sein und für einen anderen nicht – Hauptsache, man lässt einander stehen in dem, was man so glaubt und denkt. Jahrzehntelang ist uns von unserer Kultur eingebläut worden, dass alles relativ ist, dass es keine endgültige Wahrheit gibt und dass man allenfalls seine persönliche Wahrheit haben kann, die man anderen aber, bitteschön, nicht aufdrängen darf. So haben sich die meisten von uns ein persönliches Weltbild zusammengestrickt, das zur eigenen Geschichte und den eigenen Erfahrungen passt, und wir haben mehr oder 36

Vom Glauben reden – früher und heute «Früher war alles viel einfacher!» Das behaupten zumindest manche Christen, die ich kenne. Früher, vor zwanzig, dreissig Jahren, konnte man davon ausgehen, dass Menschen um eine allgemeingültige Wahrheit wussten. Nicht alle suchten sie, nicht alle waren sich sicher, ob sie sich finden lasse, und nur wenige behaupteten, sie gefunden zu haben. Aber immerhin konnte man über die Wahrheitsfrage «vernünftig» miteinander reden. Als Christ konnte man Argumente für den Glauben anführen – etliche christliche Klassiker, die Zweifeln aller Art argumentativ begegnen, stammen aus dieser Zeit. Wenn

Menschen nach dem Sinn des Lebens fragten, nach dem Woher und Wohin, konnte man von der Bibel her Antworten geben. Heute funktioniert das nicht mehr so einfach. Heute «argumentiert» man mit der eigenen Geschichte und Erfahrung. Und in der kommt Gott in vielen Fällen nicht oder nur am Rande vor. Wenn sich eine Aussage wie «der Mensch ist durch Sünde von Gott getrennt» nicht mit der Erfahrungswelt meiner Freundin deckt, ist es für sie uninteressant, überhaupt darüber nachzudenken, ob die Aussage wahr sein könnte oder nicht. «Das ist sicher richtig für dich, aber ich kann damit nichts anfangen.» Ich gebe zu, dass mir auch der Mut sinkt, wenn ich diesen Satz höre. Wie weit werde ich wohl ausholen müssen, um zu erklären, dass es doch eine absocz 4|09

lute Wahrheit gibt – und dass der andere mir zumindest hierin zustimmen muss, damit ich ihm dann im nächsten Schritt erklären kann, was diese Wahrheit ist? Ist Evangelisation damit erschöpft, dass wir über den «Abgrund zwischen Mensch und Gott» reden und unseren Freunden dann helfen, an «Jesus als Brücke über diesen Abgrund» zu glauben? Wenn Bettina nun einfach nicht empfindet, dass sie von Gott getrennt und dass ihr Leben ohne ihn sinnlos ist, muss ich ihr dann zuerst ein Problem einreden, für das ich ihr dann souverän die Lösung anbieten kann? Gibt es keinen gemeinsamen Nenner mehr, um bei Glaubensgesprächen anknüpfen zu können?

ist (1. Mose 1-4). Gott schuf den Menschen, um mit ihm Gemeinschaft zu haben; der wollte sein Leben selbst in der Hand haben, und darüber zerbrach die Beziehung zu Gott. Diese Trennung von Gott, in die wir hineingeboren werden, ist sicher das dramatischste Problem, das wir als Menschen haben, auch wenn wir es nicht einmal als Problem sehen. Wir sind nicht mit Gott im Reinen! Und das zieht andere Probleme nach sich (1. Mose 3).

2. Der Bruch zwischen dem Menschen und seinem Innenleben

Vier Dimensionen des Evangeliums Bei aller Beliebigkeit: Ich glaube, dass in der Erfahrungszentriertheit unserer Generation eine grossartige Chance liegt. Wir sind gefordert, das Evangelium ganzheitlicher zu verstehen und zu vermitteln. Mir hat dabei besonders folgende Entdeckung geholfen: Als Menschen sind wir nicht nur von einem, sondern von vier Brüchen betroffen, an denen wir leiden und in denen wir Heilung brauchen.

1. Der Bruch zwischen Mensch und Gott

Die Bibel beschreibt in ihren ersten Kapiteln, was mit der Welt schiefgelaufen cz 4|09

Kaum hatten Adam und Eva von der Frucht gegessen, merkten sie, dass sich etwas ganz Neues in ihr Leben schob: Angst. «Ich versteckte mich, denn ich bin nackt», argumentierte Adam etwas hilflos, als Gott ihn auf sein kümmerliches Feigenblatt ansprach. Wir kennen das bis heute (selbst wenn wir auf Freikörperkultur stehen): Wir möchten nicht, dass andere uns ganz «nackt», mit allen Macken und ohne Schutzmechanismen wahrnehmen. «Wenn du wüsstest, wie ich wirklich bin, würdest du mich sicher ablehnen», denken wir im Stillen. Die Angst zu versagen oder abgelehnt zu werden macht uns unfrei, und mit der Zeit gewöhnen wir uns so an unsere Masken und Lebenslügen, dass wir sie irgendwann selbst glauben. Nein, wir sind nicht mit uns im Reinen!

3. Der Bruch zwischen Mensch und Mensch

Von der Begeisterung Adams für seine Eva blieb nach dem Sündenfall wenig übrig. «Eigentlich ist das alles ihre Schuld», wies er, auf sein Versagen angesprochen, alle Verantwortung von sich. Man kann sich denken, dass die Beziehung der beiden nach der Vertreibung aus dem Paradies nicht mehr allzu harmonisch war, und schon im darauffolgenden Kapitel wird der erste Mord der Menschheit geschildert. Wir erleben das heute nicht anders: Neid und Streit, Missverständnisse und Schuldzuweisungen machen unser Miteinander oft genug zur Qual. «Die Hölle, das sind die anderen», zieht Sartre im Theaterstück «Geschlossene Gesellschaft» Bilanz. Und selbst in funktionierenden Beziehungen nehmen wir Spannungen umso stärker und schmerzhafter wahr. Nein, wir sind nicht miteinander im Reinen!

4. Der Bruch zwischen Mensch und Umwelt

«Verflucht ist der Boden um deinetwillen», strafte Gott den Menschen für 37


die einfachheit des evangeliums | vier brüche | kolumne

seinen Ungehorsam. «Im Schweiss deines Angesichts sollst du dein Brot verdienen ...» In der Folge müssen sich Adams Nachkommen abmühen, um in einer feindlich gesinnten Umwelt überleben zu können – Stürme, Hochwasser, Erdrutsche, Erdbeben erinnern uns bis heute daran, dass die Natur sich nur begrenzt zähmen lässt. Andersherum leidet die Umwelt unter der Unfähigkeit und Unwilligkeit des Menschen, die ihm anvertraute Erde verantwortungsvoll zu verwalten. Das gilt nicht erst, seit wir uns über Klima­ erwärmung, Walfang und Ölreserven Gedanken machen. Selbst unsere Körperlichkeit macht uns zu schaffen: Wir sterben alle, und jede Krankheit ist nur eine kleine Anzahlung auf den Tod. Nein, wir sind nicht mit der Welt im Reinen!

Ein ganzheitliches Evangelium

Als Christen sehen wir oft nur den ersten Bruch. Wir glauben und erzählen es weiter, dass Jesus die Beziehung mit Gott wieder ermöglicht hat, indem er am Kreuz starb und die Strafe für unsere Rebellion gegen Gott stellvertretend auf sich nahm. Wir glauben, dass wir im Vertrauen auf Jesus Vergebung unserer Schuld erfahren, Kinder Gottes werden und ewiges Leben bekommen. Dass der Bruch mit Gott nicht die letzte Wahrheit bleibt, sondern durch Jesus geheilt wurde, ist die beste Botschaft, die sich überhaupt denken lässt. Doch gerade deswegen habe ich mich manchmal gefragt, warum die Evangelien das Leben Jesu denn so ausführlich beschreiben. Wenn es Je38

sus nur darum ging, die Trennung zwischen Gott und Mensch zu beseitigen, warum machte er sich dann überhaupt die Mühe, drei ermüdende Jahre lang durch die Gegend zu ziehen? Wenn es ihm nur ums geistliche Heil ging und darum, Menschen irgendwie «über den Abgrund zu führen»– warum hat er dann Menschen geheilt, die doch irgendwann sterben mussten? Und warum ist er ihnen so «überflüssig» wohlwollend begegnet? Er hätte doch ekeligen Aussatz nicht anfassen müssen, um ihn zu heilen (Markus 1,40-42), er hätte doch nicht Anstoss erregen und sich vom Sünder Zachäus einladen lassen müssen (Lukas 19,1-10), um ihm das Heil zu verkünden. Die Antwort ist ganz einfach – der etwas altmodische deutsche Begriff «Heiland» bringt es auf den Punkt: Jesus weiss um die Gebrochenheit der Menschen, und wo er erscheint, geschieht Heilung in einem umfassenden Sinn. Er kann sozusagen gar nicht anders, als Menschen mit sich selbst, mit anderen und mit der Welt wieder ins Reine zu bringen. Jesus setzt Zeichen: Er berührt den Aussätzigen und gibt ihm ein Stück der Würde zurück, die ihn als Geschöpf Gottes ausmacht. Jesus ist bei Zachäus zu Gast und bringt diesen Aussenseiter in die Gemeinschaft zurück. Er stillt den Sturm (Matthäus 8,26) und nimmt der Natur das Bedrohliche.

Eine gemeinsame Erfahrung Oben war ganz selbstverständlich von «uns» die Rede: Wir erleben Angst, Spannungen und Missverständnisse, wir stehen mit der Welt auf Kriegsfuss, wir brauchen Heilung. Als Christin lebe ich in der gleichen gefallenen Welt wie meine noch nicht an Christus gläubige Freundin und mache sehr ähnliche Erfahrungen: Grössere und kleinere Beziehungen sind mehr oder weniger dramatisch, mehr oder weniger endgültig zerbrochen. Wenn ich ehrlich vor mir selbst werde, merke ich, an wie

vielen Stellen ich nicht mit mir im Reinen bin, wie oft Angst, Eifersucht oder Eitelkeit mein Handeln bestimmen. Und was meine billigen T-Shirts, die häufigen Vollbäder und schnellen Autofahrten mit der Umwelt anrichten, darüber denke ich gar nicht erst nach. Diese Erfahrungen habe ich mit so ziemlich allen Menschen gemeinsam, die ich kenne – die anderen geben es vermutlich nur nicht zu. «Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken», hat Jesus gesagt (Lukas 5,31). Als Christ bin ich einfach nur ein Mensch, der um seine Brüche und sein Kaputtsein weiss und sich bewusst ist, dass er Hilfe und Heilung braucht. Bettina mag ihre Trennung von Gott nicht empfinden, aber den Auswirkungen dieser Trennung kann sie sich nicht entziehen – sie erlebt sie genauso schmerzhaft wie ich. Wenn ich zugebe, dass meine Krankheit die gleichen Symptome hat wie ihre, haben wir eine Gesprächsgrundlage, auf der wir über die Diagnose (wir sind von Gott getrennt) reden können und über die Therapie (wir brauchen Christus). Ich möchte, dass Bettina den kennenlernt, der Leben gibt und ihre Brüche heilt – nicht alles wird sofort geschehen und etliches erst nach diesem Leben, aber manches an Heilung wird schon jetzt zu sehen sein. Wenn sie mich ein bisschen kennt, kann sie sehen, dass Jesus in meinem Leben genau das bewirkt: Jedes Mehr an Geduld und jedes Weniger an Angst auf meiner Seite ist ein Zeugnis für die Kraft des Evangeliums.

BREGENZER Farbe bekennen

Fruchtbaren Boden finden «Ebendieser Geist bezeugt samt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.» So las ich es damals 1978, frisch bekehrt, im Römerbrief 8,16. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich diesen Vers meiner Frau Brigitta freudig erklärte. Die innere Gewissheit um diese Gotteskindschaft hatte in meinem Herzen fruchtbaren Boden gefunden und brachte seither ein Vielfaches an Frucht in meinem Leben. In Zeiten der Not, der Ablehnung oder des Unverstandenseins gibt mir diese einfache Botschaft festen Halt, eine Gewissheit um die Zugehörigkeit zur Familie Gottes und eine Ausrichtung auf die Ewigkeit. Ängste und Hoffnungen und darüber, dass wir alle nicht die sind, die wir gerne wären. Viel lieber präsentieren wir Christen uns als lebenstüchtige Erfolgstypen, mit patenten Antworten auf Fragen (die leider kaum jemand stellt) und Lösungen für Probleme (von denen wenige wissen, dass sie sie haben). Wir greifen oft nur einen einzelnen Aspekt des Evangeliums heraus – die Wiederherstellung der Beziehung zu Gott – und sind verwirrt, dass dies in der Lebenswelt unserer Freunde und Nachbarn auf so wenig Resonanz stösst. Wenn die Bettinas in unserem Leben nicht auf die Einladung eingehen, sich mit Gott versöhnen

Zur Person

«Was ist für dich das einfache Evangelium?», fragte ich kürzlich Brigitta. Wie aus der Pistole geschossen kam sie mit dem Vers aus Sprüche 2,7. Dort heisst es sinngemäss, «dass es der Herr dem Aufrichtigen gelingen lassen wird». Über die Jahre auf dem Weg mit Jesus, so Brigitta, sei ihr klar geworden, dass der Herr unser Herz und unsere Motive prüfe und schaue, wie wir es meinten. Brigitta durfte über verschiedene Prozesse der Vergebung und Versöhnung, der Wiederherstellung, des Entdeckens ihrer von Gott geschaffenen Persönlichkeit an Leib, Seele und Geist heil werden. An ihrer Seite konnte ich dies hautnah miterleben und beobachten, wie sich die Kraft des einfachen Evangeliums entfaltete. Heute bin ich mehr denn je überzeugt davon, dass das Evangelium von Jesus Christus einfach ist und einfach wirkt, wenn es fruchtbaren Boden vorfindet. Meine tägliche Herausforderung ist und bleibt dabei die Bereitschaft, dass Gott mein Herz immer wieder neu aufpflügen darf, um fruchtbaren Boden für sein Wort bereitzustellen.

• Andrea Wegener ist Assistentin der Missionsleitung von Campus für Christus Deutschland. Zu diesem Artikel inspiriert wurde sie durch die Ausführungen «Integral Salvation and Postmodernism» von Félix Ortiz, dem europäischen Ausbildungsleiter bei Campus für Christus.

Teilhaben am Heilmachen Ich vermute, es fällt uns als Christen manchmal schwer, das Evangelium mit all diesen Facetten zu kommunizieren, weil wir uns dafür auf die Menschen um uns her einlassen und uns ihnen gegenüber verletzlich machen müssen. Zeit und Liebe sind nötig, um eine Beziehung aufzubauen, in der offen über Spannungen und das eigene Scheitern geredet werden kann, über cz 4|09

zu lassen, geben wir früher oder später enttäuscht auf. Dabei hätten wir so viele Möglichkeiten, das Evangelium nicht nur zu verkündigen, sondern einfach zu leben. Alles, was wir tun, unterstützt entweder Gottes heilendes Handeln oder steht ihm entgegen; wir tragen, vereinfacht ausgedrückt, durch unser Verhalten entweder dazu bei, dass die bestehenden Brüche vertieft werden oder dass sie heilen. Und manchmal erleben wir sogar, dass der eine oder andere unserer Freunde Gott begegnet und Jesus sein Leben anvertraut. Wie gut, dass sich die Wahrheit des Evangeliums nicht nur erklären und begründen, sondern auch persönlich immer wieder neu erleben lässt!

• René Bregenzer ist Mitglied der Missionsleitung von Campus für Christus.

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die einfachheit des evangeliums | das reich gottes …

«Das Reich Gottes ist nahe gekommen!»

Sie besitzen eine innewohnende Kraft, die uns in Bewegung setzt, uns zum 7 Guten verändert und uns heilt. Bemerkenswert ist, dass wir diese Königsherrschaftsworte nicht irgendwo da draussen im Lärm und Getümmel der Welt finden, sondern dass wir sie 8 «inwendig», in unserem Innern, ver9 nehmen, wo sie uns «ganz nahe» sind.

Eine Bibelbetrachtung zur ersten Predigt von Jesus Das Evangelium ist die «gute Botschaft». Aber ist sie in uns lebendig? Und können wir anderen sagen, was eigentlich «das Gute» an der guten Botschaft ist? Ein Problem, vor dem auch Jesus stand, als er zum ersten Mal das Evangelium verkündete.

Peter Höhn

Entscheidend ist, wie wir hören

Die erste Predigt, die Jesus hielt, war kurz und bündig: 1 «Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Kehrt um, 2 und glaubt an das Evangelium!»

Jesus zeigt durch sein Heilen, Wirken und Lehren in vielen Bildern und Gleichnissen, was es mit dieser Königsherrschaft Gottes auf sich hat, wie sie funktioniert, wie sie sich ausbreitet und wie die Menschen sie erfahren können.

Gott ist ganz nah!

Gottes Herrschaft ist die Liebe

Das ist das Evangelium, die gute Botschaft, die bis heute gilt: «Gott ist dir ganz nah, er ist nicht fern. Du kannst sein Wirken, seine Liebe, seine guten Gedanken und Pläne für dein Leben erfahren. Du hast die Möglichkeit, Gott ganz persönlich und direkt zu erfahren. Du kannst jetzt in eine tiefere, unmittelbare Beziehung mit ihm treten.» Und Jesus fügt an: «Damit du das für dein Leben erfährst, musst du zwei Dinge tun: Kehr um (oder: ändere dein Denken und deine Gesinnung – über Gott, über das Leben, über dich selbst) und glaube dieser guten Botschaft – nämlich dass Gott dir nahe ist und dein Leben nochmals ganz anders füllen will, als du es bisher selbst konntest!»

Sinngemäss sagt Jesus dazu Folgendes: Mit der Königsherrschaft Gottes ist es anders als mit der Herrschaft von Menschen und von Mächten aller Art; diese operieren mit Unter3 drückung und Angst, mit Vergleichen und Konkurrenzkampf, mit Strafe und Belohnung. Die Königsherrschaft Gottes hingegen ist die Herrschaft der 4 Liebe, sie drängt sich niemandem auf. Die Liebe ist dir zugewandt, aber stellt dir frei, ob du sie empfangen und erwidern willst. Sie ist stärker als jede andere Macht. Sie bietet dir an, gleichsam unter ihre Flügel zu kommen und so allem, was dich knechtet und gebunden hält, zu entkommen.

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Das Besondere der Königsherrschaft Gottes ist, dass sie unscheinbar daherkommt – in Form von lebendigen Worten, die du nur mit deinem Herzen hören kannst. Gott spricht diese Worte in unsere Welt hinein und wartet, dass sie in den Herzen der Menschen Gehör und Glauben finden. Wie Samen fallen Gottes Worte manchmal auf fruchtbaren Boden, manchmal auch nicht.

Worte des Lebens Es sind «Samen» seiner Liebe, seiner Grosszügigkeit und Barmherzigkeit, die Gott aussät. Und weil er jeden von uns kennt und geschaffen hat, sucht er Mittel und Wege, wie er seine «Wortsamen» uns ganz persönlich zusprechen und in uns zum Wachsen 5 bringen kann. Er möchte seine guten Gedanken, die er für unser Leben hat, und seine Gerechtigkeit, sein Friede und seine Freude in unser Leben pflan6 zen und fruchtbar werden lassen. Es sind keine gewöhnlichen, sondern schöpferische Worte, die Gott spricht. cz 4|09

Das ist nun das Gute an der guten Botschaft vom Reich Gottes: Dass dieses lebendige, heilende, entlastende und erlösende, aber auch Leben schaffende, kreative und inspirierende Wort Gottes für jeden Menschen ganz nahe gekommen ist. Dass es hörbar und erfahrbar geworden ist. Dass es an uns seine Kraft entfaltet und uns zeigt, was die guten Absichten Gottes 10 für unser Leben sind, wenn wir uns ihm öffnen. Deshalb sagt Jesus im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld und im anschliessenden Gleichnis von der Lampe, dass wir «sorgfältig darauf 11 achten sollen, was wir hören und 12 wie wir hinhören». Denn wie oft sind unsere Herzensohren so verstopft oder zugedröhnt, dass wir überhören, was wir hören sollten und umgekehrt Dinge heraushören, die gar nicht gesagt wurden.

Hindernisse Jesus nennt auch andere Gründe, warum wir das, was Gott in unser Leben redet, nicht hören und im Herzen an13 nehmen und aufgehen lassen: Einfluss von widergöttlichen Mächten, an die wir gebunden sind, Unversöhnlichkeit, Unglaube, mangelndes «Verwurzeltsein» in uns selbst, Sorgen, Zerstreuung, Habsucht. Das Reich Gottes, sagt Jesus, komme in unserer Zeit auch oft vermischt und verunreinigt daher, und oft werde es ignoriert, angefeindet und cz 4|09

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abgelehnt; all das macht es uns oft zusätzlich schwer, es zu «hören» und «anzunehmen».

ein Kind immer wieder im Gebet zu 25 erbitten und zu empfangen .

Agenten der Liebe werden Vertrauen, dass Gott Liebe ist Entscheidend ist deshalb, trotz allen Stürmen in und um uns von dem auszugehen, was Johannes schrieb: Gott ist Liebe und sein Ziel ist, dass wir alle 15 Angst vor ihm verlieren. So werden wir immer schärfer hören und den lebendigen Worten vom Reich Gottes persönlich vertrauen können: Dass Gott mich so liebt, wie ich bin; dass er 16 mich total angenommen hat und ich für ihn etwas ganz Besonderes, Stau17 nenswertes bin. Dass er mir aus Liebe immer die Entscheidung überlässt, ob und wie weit ich mich auf ihn ein18 lassen will. Dass er mich aus Liebe immer wieder lockt, die Herzensbegegnung mit ihm zu wagen und mich von ihm beschenken und überraschen 19 zu lassen. Dass er mir schwierige Erfahrungen nicht erspart, aber selbst aus meinem und anderer Leute Versagen Gutes und neues Leben werden 20 lässt. Dass er mir hilft, dass ich an 21 schmerzvollen Erfahrungen wachse und getrost loslassen kann, was sich in meinem Leben dem Reich Gottes 22 noch entgegenstellt. Dass er mich zusammen mit allen, die ihm vertrauen, immer mehr erkennen und verste23 hen lässt, was Liebe überhaupt ist 24 und weshalb sie das Wichtigste ist.

Der Liebe trauen Das ist wirklich das Gute am Evangelium: Dass es einen Ort gibt, wo wir an diese unerschöpfliche Quelle der Liebe angeschlossen werden. Leben im Reich Gottes heisst, sich an diesen Kreislauf der Liebe, die von Gott her fliesst, anschliessen lassen. Leben im Reich Gottes heisst, immer konsequenter der Liebe Gottes zu trauen und sie wie

In der Nachfolge von Jesus dürfen wir als Agenten von Gottes Liebe in diese Welt hineinwirken, zuallererst da, wo Gott uns hingestellt hat. Das ist auch der tiefste Sinn des Wortes von Jesus: «Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, dann wird 26 euch alles andere hinzugetan.» Es geht darum, in jeder Lebenslage betend danach zu suchen, was jetzt in dieser gegebenen Situation der Weg von Gottes Liebe und Gerechtigkeit, Gnade und Barmherzigkeit ist. Je mehr wir erfassen, dass das Reich Gottes im Grunde nichts anderes meint als die Liebe, umso mehr wird das Evangelium nicht nur für die anderen, sondern auch für uns selbst immer mehr zu einer wahrhaftig «guten Botschaft»!

1 oder: die Königsherrschaft 2 Markus 1,15 3 Markus 10,42-45 4 Jesaja 42,2-3; 1. Johannes 4,18 5 Jesaja 43,1 6 Jeremia 29,11; Römer 14,17 7 1. Korinther 4,20 8 Lukas 17,21 9 Römer 10,8; Markus 1,15 10 Epheser 2,10 11 Markus 4,24 12 Lukas 8,18 13 Lukas 8,4-15 14 Matthäus 13,24 ff.; 22,1 ff.; Lukas 12,35 ff. u. v. a. 15 1. Johannes 4,16-18 16 Jeremia 31,3 17 Psalm 139,14 18 Johannes 6,67; 7,17 als Beispiele 19 Hosea 2,16-17; Offenbarung 3,20 20 Römer 8,36-39; 2. Korinther 4,11 21 Römer 8,28 22 Römer 2,4 23 Epheser 3,17-19 24 1. Korinther 13,13 25 Matthäus 18,1-5; Lukas 18,15-17 26 Matthäus 6,33 41


cfc | national

CfC national Koreaner beten für Zürich

Evangelium für ausländische Touristen in Genf

Ermutigung für CAMPUS live | Karin Flatz Im Juli besuchten sieben Studenten mit koreanischem Hintergrund aus New York die Schweiz, um gemeinsam mit Studenten und Mitarbeitern von CAMPUS live für die Zürcher Hochschulen zu beten und mit Studierenden ins Gespräch zu kommen.

1600 DVDs, 230 Neue Testamente und zahlreiche gute Gespräche | Monika Lukas Schon zum zehnten Mal führten wir diesen Sommer in Genf das Projekt Salam Alaikum durch, mit dem Ziel, den vielen arabischen Touristen in einem Land mit Religionsfreiheit von Jesus zu erzählen.

Unser Team und die Studenten, die an diesen drei Wochen teilnahmen, wurden während dieser Zeit sehr ermutigt. Das Gebet ist eine Stärke der Koreaner; so beteten sie mit uns vom Uetliberg aus für Zürich und gaben den Schweizer Studenten neue Impulse fürs Gebet. Sie machten mit Stu• Die koreanischen Studenten aus New York beten vom Uetliberg dierenden Umfragen über ihre Weltanschauung, beteten auf dem Hochaus für Zürich. schulgelände, und wir verbrachten zusammen fröhliche Lobpreiszeiten. Auch wenn es an manchen Tagen schwierig schien, gab es immer wieder ermutigende Begegnungen und gute Gespräche. Daniel erzählte von einem Medizinstudenten: Dieser sei sehr offen gewesen und habe viele Fragen gestellt. Obwohl er sich nicht sicher sei, ob es Gott wirklich gebe, sei er nach dem Gespräch bereit gewesen, an Ort und Stelle für sich und sein Anliegen beten zu lassen. Daniel: «Es hat Anita und mich enorm ermutigt, zu erleben, wie Gott uns gebraucht hat, weil wir uns ihm voll zur Verfügung gestellt haben. Wir konnten uns nach dem Gespräch vor Freude kaum mehr halten.»

Schülertreff – ein Ort der Ermutigung

• Begegnungen mit arabischen Touristinnen.

Salam Alaikum in Genf Jedes Jahr kommen Tausende von arabischen Touristen nach Genf, um dort Ferien zu machen. In ihrer Heimat haben sie kaum eine Chance, die Frohe Botschaft zu hören. In all den Jahren haben wir eine grosse Offenheit für das Evangelium erlebt. Wir möchten ihnen auch 2010 von unserem Glauben erzählen. Parallel dazu setzen wir Gebetsteams ein. Da wir ein internationales Team sind, ist die Projektsprache Englisch.

Wie Erwachsene Schülertreffs unterstützen können | Johanna Schaller Voraussichtliche Daten:

Am 22. August besuchten 25 Personen den Schülertreff-Motivationstag für Erwachsene in Zürich. Darunter waren Jugendleiter, Leiterinnen von «Mütter in Kontakt», Grossmütter, Lehrpersonen der Oberstufe und ein Leiter der Schulpflege. Ihr gemeinsames Anliegen: dass neue Schülertreffs entstehen und die bestehenden stark bleiben.

11. bis 23. Juli 2010 (Projekt 1), 25. Juli bis 6. August 2010 (Projekt 2) Weitere Informationen finden Sie auf www.agape.ch unter «Mitarbeit». Oder rufen Sie uns an: 044 857 13 20

Ein neues Schuljahr, das bedeutet neue Klassen sowie neue Schülerinnen und Schüler – für den Schülertreff Chance und Herausforderung zugleich. «Viele Schüler sind motiviert für den Schülertreff. Er ist für junge Christen ein Ort der gegenseitigen Ermutigung und des Gebets für ihre Mitschüler und ihre Schule. Doch sie brauchen Unterstützung von Erwachsenen, die sie bei diesem Anliegen mittragen», so Mike Zurbrügg, Leiter der Schülertreff-Arbeit bei Campus für Christus. Ein Beispiel dafür ist Daniela Pauli aus Schinznach-Dorf. Sie berichtet: «Vor sechs Jahren war die Schülergebetsgruppe im Oberstufenschulhaus in der Krise. Eine Mutter wusste, dass wir gleich neben dem Schulhaus wohnten, und fragte mich, ob das nicht eine Aufgabe für mich wäre.» Seither stellt Daniela Pauli einmal im Monat über Mittag Festbänke im Wohnzimmer auf und kocht für mindestens fünfzehn Schülerinnen und Schüler Spaghetti mit zwei, drei feinen Saucen. Nach dem Essen fragt sie in die Runde, ob jemand ein Erlebnis gemacht oder etwas auf dem Herzen habe. Gerne gibt sie auch einfache geistliche Lektionen für den Alltag weiter, zum Beispiel, indem sie in ein Glas Wasser einen Löffel mit Dreck taucht und damit zeigt, wie wir uns mit dem, was wir mit Augen und Ohren aufnehmen, verunreinigen können und deshalb achtgeben müssen, was wir uns anhören oder ansehen. Oder sie erklärt die verschiedenen Teile der geistlichen Waffenrüstung anhand einer Spielzeugfigur ihres Sohnes. «Das Schönste für mich ist, dass immer wieder neue Schüler kommen», sagt Daniela Pauli. Die drei anderen Male im Monat treffen sich die Schüler selbständig in der Schule zum gemeinsamen Gebet. «Wir hoffen, dass sich noch viele Mütter, Väter und Eltern rufen lassen, um einen Schülertreff an ihrem Ort in dieser Weise zu starten oder zu unterstützen», sagt Mike Zurbrügg. «Die Erfahrungen in den bestehenden sechzig Schülertreffs zeigen, dass Schüler wie Eltern und letztlich auch die ganze Schule davon profitieren.»

• Die Schweiz aus Kerzen symbolisiert das Licht, das an die 1600 Oberstu fen der Deutschschweiz kommen soll.

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Am Vormittag erhielten die Teilnehmer eine Einführung in den Islam und Anleitungen, wie sie auf häufig gestellte Fragen hilfreiche Antworten geben können, denn viele Muslime glauben, dass unsere Bibel gefälscht sei, dass wir an drei Götter glaubten und dass Gott und Maria Sex gehabt hätten, um Jesus zu zeugen. Ausserdem lernten sie, wie sie selber ihren christlichen Glauben erklären können. Gegen Abend bereiteten wir uns jeweils in Lobpreis und Gebet auf die Einsätze vor. In Zweierteams verteilten wir DVDs mit dem Jesus-Film und versuchten, mit den Menschen aus der arabischen Welt ins Gespräch zu kommen. Andere waren als Gebetsgruppen unterwegs, um für die Einsatzteams zu beten. Hier einige Erlebnisse: «Wir trafen einen Mann, der Yusuf (Josef in Arabisch) heisst. Wir fragten ihn, ob er die Geschichte des Josef in der Bibel kenne. Er verneinte. So erzählten wir ihm die Geschichte und was es heisst, wirklich zu vergeben. Wir erklärten ihm, dass Vergebung zu den zentralen Punkten im christlichen Glauben gehört. Er hörte aufmerksam zu und nahm dankbar eine Bibel an.» «Wir trafen eine Frau, die ihren Ehemann in der Menge verloren hatte. Wir kamen mit ihr ins Gespräch. Dann segneten wir sie und zeigten ihr den Weg zu ihrem Hotel. Sie fragte, warum wir das täten. Wir erzählten ihr von der Liebe Jesu und boten ihr die DVD an. Sie nahm sie gerne an.» «Ich hörte, wie eine Gruppe junger Männer, die die DVDs schon erhalten hatten, darüber redeten. Einer meinte, er müsse die Scheibe wohl wegwerfen, da sie christlich sei. Doch ein anderer sagte, er wolle sie wirklich sehen, da er mehr über das Christentum wissen wolle.» «Wir baten Gott, uns zu einer Person zu leiten, die er vorbereitet hatte. Dann sprachen wir eine Frau an und boten ihr die DVD an. Sie erzählte uns, dass sie die DVD schon letztes Jahr erhalten und sie sehr gerne geschaut habe. Dann konnten wir ihr das Evangelium erklären.» «Wir trafen einen Mann, der schon viel über das Evangelium gehört hatte, aber noch zahlreiche Fragen hatte. Wir versuchten ihm diese zu beantworten und Klarheit zu bringen. Mit der Zeit verstand er, worum es wirklich geht, und er war bereit, Jesus im Gebet in sein Leben einzuladen.»

• Monika Lukas ist Leiterin Kommunikation bei Agape international und führt jeden Sommer die Projektwochen in Genf durch.

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Im Verlauf des vierwöchigen Projekts konnten wir über 1600 DVDs und 230 Neue Testamente verschenken, unzählige Gespräche führen und an die 100-mal das Evangelium erklären. Dankbar blicken wir auf diese Wochen zurück und beten, dass die Saat, die wir hier gesät haben, eines Tages aufgehen und Frucht bringen wird.

www.agape.ch

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ANDY SCHINDLER-WALCH

Campus für Christus kennen lernen?

Filmtipp

Der Schein-Heilige – authentisch statt plakativ Reverend Jonas Nightingale (Steve Martin) zieht mit grossen Trucks und einem eigenen Gospelchor durch den mittleren amerikanischen Westen. Er ist ein gewiefter Wanderprediger, der jeweils am Abend in einem grossen Zelt mit Gesang, Musik und Lichtspielen seine Show abzieht. Perfekt inszeniert er sich auf der Bühne und arbeitet mit Tricks, um als Wunderheiler bei den Besuchern anzukommen. Als Nightingale und sein Personal eines Tages wegen eines Motorschadens gezwungenermassen in der Ortschaft Rustwater im US-Bundesstaat Kansas haltmachen müssen, denkt der clevere Prediger nur daran, wie man diese «verlorene» Zeit in dieser Kleinstadt finanziell nutzen

könnte. Er lässt auf einem Feld sein grosses Zelt aufbauen und ruft zu Erweckungsversammlungen auf. Viele Menschen leiden in dieser Gegend unter Arbeitslosigkeit und Armut. Zudem warten sie sehnsuchtsvoll auf Regen, der wegen der andauernden Trockenheit dringend für die Maisfelder benötigt wird. Voller Hoffnung strömen sie deshalb zu Nightingale, der aber nur den gutgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche ziehen will. Der ortsansässige und ehrliche Sheriff Will (Liam Neeson) durchschaut das falsche Spiel, doch der Prediger kontert geschickt dessen Anschuldigungen. Doch dann geschieht etwas Unglaubliches: Jemand wird tatsächlich während einer Veran-

Ziel • Möchten Sie einen Überblick gewinnen über Campus für Christus, möchten Sie die Vision und die Geschichte unserer Missions- und Schulungsbewegung näher kennen lernen? Möchten Sie Möglichkeiten der Mitarbeit kennen lernen? • Andy Schindler-Walch, Filmspezialist und Redaktor bei www.fernsehen.ch.

Inhalt • Wer ist Campus für Christus • Geschichte und Auftrag des Werkes • Geistlicher Input über Berufung • Missionspartner gewinnen • Bewerbungsprozedere • Fragen

staltung geheilt und Nightingale erlebt zum ersten Mal fassungslos das Wirken Gottes. Dies löst eine Kehrtwende bei ihm aus. «Der Schein-Heilige» ist eine sehenswerte Satire mit Tiefgang um Glaube und Evangelisation. Der Film stellt gelungen Echtheit gegenüber plakativem Handeln dar. «Der Schein-Heilige» (USA/1992, 108 Minuten), überall im Handel als DVD erhältlich.

Zielgruppe • Interessierte, sowie Menschen, die eine vollzeitliche oder freiwillige Mitarbeit bei Campus für Christus Schweiz prüfen. Datum & Ort • 22.1.2010 / 5.3.2010 • 19.00 – 21.00 Uhr Campus für Christus • Josefstrasse 206 • 8005 Zürich Leitung / Referenten • Barbara Höhn und Mitarbeitende von Campus für Christus Anmeldeschluss • 15.1.2010 / 26.2.2010 Veranstalter & Anmeldung: Campus für Christus • Barbara Höhn Josefstrasse 206 • CH-8005 Zürich Tel. 044 274 84 52 • Fax 044 274 84 83 bhoehn@cfc.ch • www.cfc.ch

Gottes Liebe in Bewegung Als innovatives, dynamisches Missisonswerk bieten wir für August 2010 in Zürich, die Möglichkeit zur Ausbildung als:

Christentum steht vor neuem Boom lautet: Gott geht dorthin, wo er gebraucht wird.» In den letzten hundert Jahren hat sich der Schwerpunkt der christlichen Welt unaufhaltsam südwärts verschoben. Professor Jenkins prognostiziert, dass bis im Jahr 2025 die Zahl der bekennenden Christen von 2,0 auf über 2,6 Milliarden zunehmen wird. Die Hälfte davon befindet sich dann in Afrika und Lateinamerika. Während wir in Europa zunehmend säkularisiert sind, ist im Süden ein Boom des Christentums zu beobachten. Europa befindet sich in der Situation von Jesus, der gegen das Establishment protestierte, das mit seinen veralteten religiösen Institutionen unter dem Gewicht des eigenen Reichtums, Wohlstands und seiner

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inspirierend, herausfordernd und komplex.

Kosten • keine

Medien M ARKUS BAUMGARTNER Das Christentum gibt es schon seit über zweitausend Jahren. In unserer säkularisierten Welt entsteht rasch der Eindruck, dass es immer unbedeutender wird. Dem widerspricht der USReligionswissenschaftler Philip Jenkins: «Die Geschichte vom Niedergang des christlichen Glaubens ist ein Märchen. Wir befinden uns im Gegenteil am Beginn einer neuen christlichen Epoche.» Dabei ist eine interessante Wanderschaft zu beobachten, wie der USSchriftsteller Philip Yancey schreibt: «Bei meinen Reisen habe ich ein Muster bemerkt – ein seltsames, geschichtliches Phänomen, dass Gott ‹weitergeht› – vom Mittleren Osten nach Europa, dann nach Amerika und in die Entwicklungsländer. Meine Theorie

Die internen und externen Aufgaben von Hanspeter Nüesch, Gesamtleiter von Campus für Christus, sind

• Kauffrau/Kaufmann (Profil E/M) • Informatiker/Informatikerin

• Markus Baumgartner, PR-Profi und Präsident von www.cnm.ch.

In der modernen Verwaltung unserer international tätigen, überkonfessionellen Missions- und Schulungsbewegung, können wir zwei vielseitige und anspruchsvolle Ausbildungsplätze mit qualifizierten Mitarbeitern garantieren.

Privilegien ins Straucheln geriet. Afrika, Lateinamerika und Asien befinden sich in der Situation des Paulus, der Kirchen auf unberührtem Boden gründete. Für diese Entwicklung gibt es ein Erfolgsgeheimnis, sagt Professor Jenkins: «Die Anpassung des Evangeliums an die lokal herrschende Kultur war der Weg zum Erfolg.» Da bleibt nur noch Martin Luther zu zitieren: «Ecclesia semper reformanda.» – Die Kirche muss sich ständig reformieren.

Direktions-Assistent/in Ihr Aufgabengebiet ist vielseitig und beinhaltet sowohl administrative als auch organisatorische Tätigkeiten. Dazu gehören: Korrespondenz in Englisch und Deutsch, Organisation von kleineren Projekten, Terminkoordination, Protokollführung und allgemeine Büroarbeiten. Sie haben ein fröhliches, unkompliziertes Wesen, bewahren auch in Stresssituationen den Überblick und reagieren flexibel auf ungeplante Ereignisse. Voraussetzungen: Exzellente Deutsch- und Englischkenntnisse sowie sicherer Umgang mit MS-Office Anwendungen. Zudem erwarten wir die Bereitschaft, einen persönlichen Gebets- und Unterstützerkreis aufzubauen. Wir bieten: Am Puls einer dynamischen internationalen Bewegung bieten wir Ihnen neben einer interessanten Tätigkeit die Möglichkeit der persönlichen Entfaltung.

Wenn du eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus hast, einen guten Sekundarschulabschluss A, sowie eine hohe Lernbereitschaft mitbringst, freuen wir uns, dich baldmöglichst kennen zulernen.

Beim Aufbau eines persönlichen Missionspartnerkreises für Finanzen und Gebet werden Sie nach einem Einführungstraining durch einen Coach unterstützt.

Unsere Berufsbildnerin, Yvonne Jehle, steht dir für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann richten Sie Ihre vollständige Bewerbung zusammen mit einem Bericht über ihren geistlichen Werdegang bitte an

Deine schriftliche Bewerbung sendest du bitte an: Campus für Christus Josefstrasse 206 • CH-8005 Zürich Tel. 044 274 84 51 YJehle@cfc.ch / www.cfc.ch cz 4|09

Zu seiner Unterstützung suchen wir in Zürich eine/n

cz 4|09

Campus für Christus • Brigitte Anderes Josefstrasse 206 • CH-8005 Zürich Tel. 044 274 84 24 banderes@cfc.ch 51


D

A

N

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E

Die Mitarbeitenden und der Vorstand von Campus für

Christus

Schweiz

Weihnachtszeit

und

wünschen Gottes

Ihnen

Segen

eine

für

frohe

2010.

Wir danken Ihnen herzlich für das uns geschenkte Vertrauen und freuen uns, dass wir auch im neuen Jahr auf Sie zählen dürfen.

Wir grüssen Sie mit einem Mitarbeiter-Gruppenbild, das Peter Jehle an der Campus-Retraite 2009 in Gomadingen aufgenommen hat.


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