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Zeitschrift der 端berkonfessionellen Bewegung Campus f端r Christus Schweiz

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Gesunde Gemeinde


gesunde gemeinde | inhalt

gesunde gemeinde | editorial

Inhalt

Editorial

ZUM THEMA

Gemeinde – Institution oder Bewegung?

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Ein Ort sein, an dem Gott Beziehungen wiederherstellt Ein Leitbild für die Gemeinde: von Graham Tomlin, zusammengestellt von Peter Höhn

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«Die Kirche soll den Heiligen Geist umfassend erfahren!» Interview mit Graham Tomlin

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Kolumne «New Generation» Andreas Boppart zum Thema «Gesunde Gemeinde»

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«Am häufigsten mangelt es an Spiritualität»

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Wie die Gellertkirche Basel freiwillige Mitarbeiter fördert

Es ist nicht zu übersehen: Die Gemeinde Jesu ist im Umbruch. Vieles, was früher nach gewohnter Manier ablief, funktioniert heute nicht mehr. Manchmal empfinde ich, es gehe der Gemeinde wie der Familie: Die Welt draussen entwickelt sich weiter, und die Möglichkeiten wachsen, was Mann und Frau alles auch noch tun könnten. Plötzlich scheinen die bisherigen Formen des Zusammenlebens und der Gemeinschaft nicht mehr mit der Welt und dem Leben überhaupt kompatibel zu sein.

Jesus mutet uns seit 2000 Jahren eine Welt zu, die sich ständig wandelt. Ich glaube, er tut das, damit wir nicht auf das Verändern oder Bewahren der äusseren Formen vertrauen, sondern stets aufs Neue dem Leben nachspüren, das er heute in dieses Gefäss giessen will. Das sollen und dürfen wir in unserer Ehe und Familie, aber auch in Kirche und Gemeinde immer wieder neu entdecken, und wir haben in dieser Ausgabe zum Thema «Gesunde Gemeinde» einige spannende Anstösse zusammengetragen. Lassen Sie sich inspirieren.

Nun gibt es zwei Wege, wie Menschen reagieren: Die Institution wird als Feind für das eigene Fortkommen erlebt. Man läuft aus der Ehe, opfert die Familie, tritt aus der Kirche aus, geht

Der theologische Berater der AlphaliveBewegung, Graham Tomlin, zeigt auf, dass eine Gemeinde gesund ist, wenn ihre Beziehungen gesund sind. Der Gemeindeberater Andreas Fürbringer

Gemeinde – in die Gesellschaft ausgegossenes Öl Mitarbeit in der Gemeinde neu verstehen: von Reinhold Scharnowski

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Kolumne «Farbe bekennen» 25 Jahre Crescendo - und kein bisschen leiser Wo Künstler eine geistliche Heimat finden

Dankesfest als Höhepunkt

«Jesus hat doch die Aufgaben recht deutlich definiert: ‹Ich baue meine Gemeinde – ihr geht hin und macht Jünger.›»

auf Distanz zur Gemeinde und hofft so, die nötige Freiheit zu finden. Die andere Reaktion: Die Institution wird zum Selbstzweck, zum Hort, um sich vor der bedrohlich gewordenen Welt zu schützen, man beschwört Treue, Verbindlichkeit und die «bewährten Formen» und hofft so, die nötige Sicherheit zu finden. Doch bei beiden Reaktionen, sei sie progressiv (verändernd) oder konservativ (bewahrend), besteht die Gefahr, dass man für oder gegen die Institution kämpft und nicht den Inhalt neu belebt.

Fünfzehn Jahre Natürliche Gemeindeentwicklung in der Schweiz

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Kolumne «Unterwegs erlebt» Roland Kurth über «Ärmere Gemeinden?»

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«Ich weiss mich auf dem Weg, den Gott mich gerufen hat» Marianne Reiser: Zurück in die katholische Kirche

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Maria Lourdes – eine katholische Pfarrei im Aufbruch

CfC national Athletes in Action, Christen im Dienst an Kranken, Frauenfrühstücksbewegung

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CfC international Was Campus für Christus in Haiti bewegt

Wer sich getragen weiss, arbeitet gerne mit Freiwilligenarbeit im Zürcher Langstrassenquartier: netZ4, Chrischtehüsli und streetchurch

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Kolumne «beziehungsweise» Väterliche Fürsorge oder Gemeindezucht: von Sabine Fürbringer

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HINWEISE

Studentengemeinde CAMPUS live in Zürich

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CfC international Offene Türen in Italien

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Inserate, Impressum

Ein Modell auch für andere Universitäten?

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Kolumnen «Filmtipp» und «Medien» Andy Schindler-Walch und Markus Baumgartner

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Die Bahnhofkirche

ZUM SCHLUSS

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Agape international Wir feiern dreissig Jahre Treue Gottes

berichtet aus über fünfzehn Jahren Erfahrung mit der Natürlichen Gemeindeentwicklung. Von der katholischen Pfarrei in Zürich-Seebach lernen wir, dass sie sich in allem, was sie tut, an drei Fragen nach dem «Leben» orientiert, unter anderem: «Sind wir auf Sendung?» Das Porträt der Gellertkirche in Basel zeigt, wie wichtig die Wertschätzung, Förderung und Freisetzung der freiwillig Mitarbeitenden ist. Berichte von der Zürcher Bahnhofkirche und aus dem Langstrassenquartier, aber auch aus den hauseigenen Zielgruppenarbeiten von Campus für Christus machen bewusst: Die Gemeinde Jesu ist je länger, je mehr nicht mehr nur in kirchlichen Gebäuden präsent, sondern lebt in der Welt und wirkt hinein in Krankenzimmer, Restaurants, Konzertsäle, Hochschulen und in die Sportszene. Durchs ganze Heft zieht sich die Hoffnung, unsere Zeit als Chance zu sehen, dass die Sorge um die Institution Gemeinde kleiner, dafür die Bewegung hin zu den Menschen grösser wird. Reinhold Scharnowski trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er schreibt: «Jesus hat doch die Aufgaben recht deutlich definiert: ‹Ich baue meine Gemeinde – ihr geht hin und macht Jünger.›» (Matthäus 16,18; 28,19) Peter Höhn

Ein Ort der Begegnung und des Gesprächs im HB Zürich

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Gaben und «Spezialitäten» der Gemeindelandschaft Schweiz Das Wort des Missionsleiters Hanspeter Nüesch

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gesunde gemeinde | ein ort sein, an dem gott …

Ein Ort sein, an dem Gott Beziehungen wiederherstellt Ein Leitbild für die Gemeinde, das hilft Graham Tomlin ist ein Studienfreund von Nicky Gumbel, dem Leiter von Alpha International, und seit 2005 theologischer Berater der Alphalive-Bewegung. Für ihn haben gesunde, lebendige, auf das Reich Gottes ausgerichtete Kirchgemeinden fünf Haupteigenschaften. Sie alle haben mit erneuerten Beziehungen zu tun. • Graham Tomlin (links, hier mit Rachel und Martin Stoessel von Alphalive Schweiz) ist Dekan des St Mellitus College in London und Vorsteher des St Paul‘s Theological College. Er entwickelt laufend neues Material zur Theologie der Alphalive-Bewegung und der missionalen Kirche.

Zusammengestellt von Peter Höhn «In der Gemeinde erschafft Gott die Welt aufs Neue», brachte es Graham Tomlin auf den Punkt. An der Tagung «Chancen für die Kirche von morgen» vom 27. November 2009 in Zürich sprach Graham Tomlin, der auch Mitglied der theologischen Fakultät der Universität Oxford ist, zu rund sechzig Leiterinnen, Leitern und Gemeindeverantwortlichen. Mit seinem scharfen Verstand und trockenem Humor gab er den Anwesenden ganz ohne Allüren eine hilfreiche Landkarte für die Gemeindearbeit mit auf den Weg. Sie kann der kleinen Gemeinde im grossen Reich Gottes helfen, ihren eigenen Weg und die nötigen Schritte zu finden. Nachstehend eine Zusammenfassung von Tomlins Referaten.

Warum gehen wir zur Kirche? Um zu verstehen, was Gottes Ziel für die Gemeinde ist, müssen wir zum Anfang von Gottes Geschichte mit dem Menschen zurückblenden. Hier erkennen wir, dass mit dem Sündenfall fünf Beziehungen zerbrachen, nämlich die Beziehung: 4

• zu Gott (1. Mose 3,8) – das zeigt sich daran, dass sich Menschen vor Gott fürchten und verstecken; • zu anderen Menschen (1. Mose 3,12) – das zeigt sich am gegenseitigen Schuldzuweisen, an Eifersucht, Gewalt usw.; • zur Schöpfung (1. Mose 3,14+17) – die Erde, die Tiere und die Natur werden für den Menschen oft zum Feind oder umgekehrt er für diese; • zu sich selbst (1. Mose 3,7) – der Mensch versteckt sich aus Angst und Scham hinter Feigenblättern aller Art; • zu unserem Reden (1. Mose 11) – Menschen reden aneinander vorbei, missverstehen und entfremden sich. Gott hat die Welt durch Christus mit sich versöhnt. Als Gemeinde sind wir der Leib Jesu und repräsentieren durch unser Leben dessen Glieder. Jesus Christus ermöglicht uns durch unser Verbundensein mit ihm, dass unsere Beziehungen auf jeder der erwähnten Ebenen heilen können und gesund werden. Und das, so Tomlin, ist der Hauptgrund, weshalb wir in die Gemeinde gehen sollten: «Damit wir

daran teilhaben, wie Gott in der Gemeinde die Welt neu erschafft!»

Beziehungspflege auf fünf Ebenen Davon ausgehend gibt es fünf Beziehungsfelder, welche die Gemeinde Jesu vor Ort pflegen und kultivieren sollte: 1. Adoration – Anbetung, gottesdienstliche Feier: Jesus half den Menschen, Gott immer neu zu begegnen. Deshalb sollten auch unsere Gottesdienste und Gebetszeiten so gestaltet sein, dass die Teilnehmenden Gott neu begegnen, ihm näherkommen und im Vertrauen zu ihm wachsen können. 4Das führt zur Frage: Empfinden regelmässige Gottesdienstbesucherinnen und -besucher, dass die gottesdienstlichen Angebote ihr geistliches Leben nähren, ihre Beziehung zu Gott vertiefen und ihnen eine neue Begegnung mit Gott ermöglichen? 2. Belonging – Dazugehörigkeit: Eine Gemeinde nach dem Vorbild von Gottes Reich sollte Gelegenheiten geben, dass Menschen in Beziehung zueinander treten können, dabei Gemeinschaft erleben und spüren, cz 2|10

dass sie angenommen, wertvoll und wichtig sind. 4Das führt zur Frage: Können die Mitglieder unserer Gemeinde Zuwendung erfahren und Zuwendung weitergeben? Empfinden unsere Mitglieder, sie könnten in der Gemeinde ihren Beitrag leisten, oder sehen sie sich hauptsächlich als passive Empfänger? 3. Compassion – Barmherzigkeitsdienste: Eine Gemeinde, die als Leib Jesu wirken möchte, sollte auf die eine oder andere Art an der Wiederherstellung der Schöpfung beteiligt sein, zum Beispiel durch Besuche, durch Heilungsgebete für Kranke, durch Einsatz von Zeit und Geld für Bedürftige oder durch andere diakonische Arbeiten vor Ort. 4Das führt zur Frage: Hat die Gemeinde Aktivitäten, die ein praktisches Anteilnehmen für die Menschen vor Ort (Dorf, Quartier, Stadt) zum Ausdruck bringen und zur Lösung der lokalen Probleme beitragen? 4. Discipleship – Jüngerschaft, persönliches Wachstum: Jesus half Menschen, die ihm begegneten, ihre Ganzheit wiederzufinden. So sollte cz 2|10

auch die Gemeinde ihren Mitgliedern durch Wortverkündigung und Lehre in zweierlei Hinsicht dienen: Erstens theologische Leitlinien und Lehre vermitteln, die zu einem gesunden Gottes- und Selbstbild sowie zu einer veränderten Wahrnehmung der Welt führen. Zweitens praktische Wege und Mittel bereitstellen, die dem Einzelnen helfen, in diesen Bereichen persönliche Fortschritte zu machen. 4Das führt zur Frage: Gibt die Lehre in der Gemeinde praktische Anweisung, wie ein Mensch unter Gottes Herrschaft persönlich wachsen kann? Gibt es Gefässe und Strukturen in der Gemeinde, die den einzelnen Gemeindegliedern ermöglichen, bezüglich ihres persönlichen und geistlichen Wachstums anderen Rechenschaft zu geben und entsprechende Hilfe zu bekommen? 5. Evangelism – Evangelisation: Jesus half den Menschen, die nach Gott fragten, auf ihrem Weg und forderte sie heraus, sich für Gottes Reich zu öffnen. Wenn Gemeinden heute wachsen wollen, brauchen sie ein Forum, in dem der christliche Glaube in zeitgemässen Worten beschrieben

und erklärt wird, wo Interessierte Fragen stellen und Antworten bekommen können. 4Das führt zur Frage: Gibt es in der Gemeinde einen Ort, an dem Menschen Fragen stellen und Antworten finden können – zum Beispiel Alphalive- oder andere Glaubenskurse?

Alphalive-Kurse nehmen die fünf Beziehungsfelder auf Ein Alphalive-Kurs ist wie eine Miniaturkirche, die diese Beziehungsebenen in einer lebensnahen, aber zeitlich beschränkten Form erfahrbar macht. «Viele Menschen wollen den Glauben heute zuerst erleben, bevor sie ihn ‹kaufen›, das heisst, bevor sie sich darauf einlassen», sagt Graham Tomlin. Durch Alphalive bekommen suchende Menschen einen Vorgeschmack darauf, wie es ist, wenn Gott durch seine Gemeinde die Welt erneuert. 1. Die Lieder und der Lobpreis, aber auch das Wochenende über den Heiligen Geist öffnet die Herzen der Menschen für die Begegnung und Beziehung mit Gott. 2. Die Kleingruppen ermöglichen das Gefühl der Zugehörigkeit, und hier 5


gesunde gemeinde | ein ort sein, an dem gott …

Alpha Libanon

kann man Beziehungen zu anderen Leuten finden und aufbauen. 3. Die Wiederherstellung der Beziehung zur Schöpfung kann man zum Beispiel am Abend erfahren, an dem für Heilung gebetet wird oder an dem soziale und diakonische Angebote der Kirche vorgestellt werden. 4. Das persönliche Wachstum und die Veränderung in der Beziehung zu sich selbst erfahren viele durch ihre Teilnahme an den Kursabenden und am Wochenende, durch das gemeinsame Beten und Hören auf die Verkündigung und durch das Miterleben, wie sich andere Kursbesucher verändern. 5. Die Beziehung zum Reden kommt zum Beispiel dort zum Tragen, wo an der Abschlussparty die Zeugnisse der Teil-

Internationale Alpha-Konferenz: auf der Wiese

nehmenden neue Interessierte ansprechen und diese ermutigen, sich auf den nächsten Alphalive-Kurs einzulassen.

Vom Alphalive-Kurs für das eigene Gemeindeleben lernen Was die Alphalive-Kurse im Kleinen enthalten und den Menschen draussen vermitteln, kann auch den Gemeindegliedern drinnen neu zeigen, was Gott mit Gemeindeleben meint. In diesem Sinne könnten Alphalive-Kurse als Anschauungsbeispiel, als Inspiration und als Orientierungshilfe der ganzen Gemeinde dienen, damit die Teilnehmenden auf allen fünf Beziehungsebenen wachsen können. Aber Graham Tomlin ist sich im Klaren: Auf diese Art eine Gemeinde zu bauen, ist nicht immer einfach. Die beschrie-

benen Eigenschaften im Gemeindealltag zu integrieren, braucht Zeit, Feingefühl, Demut und weise Leiterschaft. Graham Tomlin schlägt deshalb vor, dass man im Gemeindevorstand oder im erweiterten Mitarbeiterkreis die fünf Beziehungsgebiete miteinander durcharbeitet, von allen einschätzen lässt, Massnahmen definiert und die nächsten Schritte festlegt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, miteinander den Schlussabend eines bestehenden Alphalive-Kurses und/oder in London die internationale Alpha-Konferenz zu besuchen, von der schon viele Leitungsteams und Kirchenvorstände mit einer neuen Vision und Begeisterung für ihre Gemeinde zurückgekommen sind.

Grusswort zur Tagung in Zürich Prof. Dr. Ralph Kunz: «Brücken bauen zwischen Kirche und Theologie» «Ich freue mich sehr, dass ich hier sein darf. Es ist eine Ehre für mich. Ich wurde als Theologe der Universität eingeladen. Sie wissen, dass die akademische Fakultät gewisse Probleme mit Evangelisation und missionarischen Bewegungen hat, anderseits haben diese oft auch Mühe mit der Akademie. Was wir heute von Graham Tomlin hören werden, ist der Beweis dafür, dass Theologie und Evangelisation zu-

sammengehören: Vision für unsere Kirche, Freude an Jesus und ein sorgfältiges Nachdenken über das, was wir glauben und verkünden. Ich empfehle Ihnen das Buch von Graham Tomlin «The Provocative Church» («Die provokative Kirche»). Meine Aufgabe besteht darin, zu sagen, dass auch Theologie provokativ ist. Theologie provoziert. Wörtlich heisst provozieren ‹herausrufen›, und das ist sowohl Aufgabe der Mission wie auch der Theo-

logie. So glaube ich, dass Theologie die Kirche herausruft, sie provoziert, damit sie das wird, was sie schon ist und noch werden soll, nämlich der Leib Christi. Und andererseits provoziert die Kirche dort, wo sie lebt, die Theologie, das zu tun, was sie tun sollte, nämlich nachzudenken über den Glauben. Ich denke, Graham Tomlin hat hier einen wichtigen Auftrag des Brückenbauens zwischen Kirche und Theologie.»

«Die Kirche soll den Heiligen Geist umfassend erfahren!» Graham Tomlin war Vizedekan der theologischen Fakultät der Universität Oxford. 2005 liess er sich von Nicky Gumbel nach London berufen, um im Umfeld der Alphalive-Bewegung und ihrer Mutterkirche, der anglikanischen Holy Trinity Brompton Church, ein theologisches Studienzentrum aufzubauen. Wir haben ihn gefragt, was ihn dazu motiviert hat.

Interview: Peter Höhn CZ: Graham Tomlin, was hat Sie bewogen, Ihre akademische Karriere zu verlassen und sich in den Dienst einer Kirchgemeinde und der AlphaliveBewegung zu stellen? Graham Tomlin: Weil ich sah, wie Nickys Kirchgemeinde wuchs und gedieh und sich dadurch ein ganz neues Feld auftat. Ich führte dort jeweils samstags einen Theologiekurs durch. Nun wollte Nicky Gumbel die Theologie weiter stärken und Laien den Zugang zu guter theologischer Lehre ermöglichen. Viele Christen fragen sich, wie sie ihren Glauben erklären können. Theologie soll nicht allein Sache der Universität bleiben, sondern zurück ins Herz der Kirche und zu den Menschen kommen. Was machen Sie heute konkret? Ich leite eine theologische Ausbildung für Laien und eine für Leitungspersonen, stehe als theologischer Berater für Alphalive zur Verfügung und entwickle neue Materialien. Wir arbeiten cz 2|10

eng mit dem Bischof von London zusammen, und ein Ziel besteht darin, längerfristig einen Ordinationslehrgang für künftige Pfarrer anbieten zu können. Damit ist es Studenten möglich, Gemeindearbeit vor Ort theologisch zu reflektieren und umgekehrt die Theologie von der Gemeindearbeit her. Was ist Ihre persönliche Vision? Ich möchte, dass wir wieder in der ganzen Kirche Englands ein Fundament von guter, gesunder und bekennender Theologie bekommen. Ich möchte zweitens dazu beitragen, dass das Leben, die Energie und Dynamik des Heiligen Geistes in der Kirche – egal welcher Konfession – neu erlebt wird. Wenn der Heilige Geist kommt, und das sehen wir bei Alphalive weltweit, bringt er nicht eine neue Kultur, sondern neues Leben, Einheit, Offenheit, Grosszügigkeit und Liebe. Warum hat der Heilige Geist nicht mehr Raum in unseren Kirchen? Viele Gemeinden arbeiten zu ein-

dimensional. Einige sprechen vor allem den Verstand an. Andere pflegen nur die Bibel, das Gebet und die Gemeinschaft. Wieder andere betonen nur das soziale Engagement. Evangelikale Gemeinden sind oft gut im Heranführen an den Glauben, bringen aber die Menschen nicht zur ganzheitlichen Reife. Was kann eine Kirchgemeinde tun, damit der Heilige Geist mehr Raum bekommt? Geistliches Wachstum geschieht sehr vielfältig und umfasst nicht nur den Geist, sondern auch den Verstand, das Gefühl und den Willen,den Körper, das Leben in Beziehungen, das Engagement für die Bedürftigen und die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft. Gemeinden müssen sich neu damit befassen, was geistliches Wachstum überhaupt ist, wie es geschieht, welche verschiedenen Ebenen es umfasst und was das nun konkret für sie als Gemeinde heisst. 7


gesunde gemeinde | ein ort sein … | kolumne

AN eNw DG eRn eEr aAt i oSn B O P P A R T Gesunde Gemeinde

Da sitz ich an einem Sonntagmorgen friedlich in einer Predigt und fühl mich extrem angesprochen. Nicht, dass ich überrascht über diese Tatsache wäre. Denn eigentlich ist es ja genau das, was ich mir von einer Predigt erhoffe – dass ich sie mir nicht Sonntag für Sonntag selber schön in den Alltag reinreden muss, sondern dass da ein Ansatz von göttlicher Offenbarung ist, der mich inspiriert. So sitz ich also da in dieser Predigt und bin bewegt. Während dem letzten Song in der Anbetungszeit nach der Predigt zück ich mein Mobile – obwohl mir bewusst ist, dass das natürlich geistlich gesehen streng verboten ist und ich dafür in einigen Denominationen mein Seelenheil einbüssen könnte – und schreibe meinem Papa, dass er und Mama unbedingt am Abend auch in den Gottesdienst gehen sollen. Die Predigt sei der Hammer und der Worship sowieso zum Abschweben. Keine Minute später kommt eine SMS zurück: «Wir sind auch da.» Ich dreh mich um und seh die beiden bloss zwei Reihen hinter mir grinsen.

Kirchgemeinde Wil

Thomas Gugger: «Die Alphalive-Kurse haben massgeblich dazu beigetragen, dass sich unsere Landeskirchgemeinde grundlegend verändert hat.»

Alpha International hautnah erleben

• Thomas Gugger ist Sozialdiakon in der reformierten Kirchgemeinde Wil SG, in der seit 1998 AlphaliveKurse durchgeführt werden.

Die Konferenz Alpha International Wir haben Gefässe in der Kirchgemeinde, die aus dem Alphalive-Kurs herausgewachsen sind, zum Beispiel Gebet für Kranke. Es ist heute bei uns selbstverständlich, dass jeden Montagabend unsere Kirche offen ist und Menschen für sich beten lassen können. Wir haben ein Gebetsteam, das diesen Dienst wahrnimmt. Es ist selbstverständlich, dass nach jedem Gottesdienst für Menschen gebetet wird, die es wünschen. Es ist auch selbstverständlich, dass nach jedem Gottesdienst Gemeinschaft gefeiert wird, sei es bei einem Apéro oder beim Kirchenkaffee. Dort geschieht ja manchmal viel mehr als vorher in einer «gescheiten» Predigt. Ich möchte nicht verschweigen, dass Alphalive unserer Kirchgemeinde auch eine heilige Unruhe gebracht hat: Wir mussten zum Beispiel unsere Gottesdienste grundlegend verändern, weil wir erkannt hatten, dass wir einerseits eine reformierte Tradition haben und auf der anderen Seite begeisterte Alphalive-Abgänger – und dass das nicht einfach so kompatibel ist. Wir haben jetzt über Jahre an unserer Gottesdienstkultur gearbeitet. Heute sieht unsere Gottesdienstgemeinde anders aus, sodass man auch Alphalive-Abgänger integrieren kann – und die Elemente, die wir bei Alphalive finden, sind heute auch Elemente im Leben unserer Kirchgemeinde. Natürlich bringt das für eine landeskirchliche Gemeinde auch Spannungen mit sich, aber es sind freudige und schöne Spannungen, besonders wenn man sieht, was alles möglich wird und wachsen darf. Auszug aus der DVD für die Alphalive-Initiative 2010 8

7. – 8. Juni 2010, (bzw. wiederum Anfang Juni 2011) in London ist eine ideale Möglichkeit, die Gründungskirche von Alphalive, die Holy Trinity Brompton Church, im Herzen Londons, kennenzulernen. Neben eindrücklichen Zeugnissen und Erfahrungen, was weltweit durch den Alphalive-Kurs bewegt wird, lernt man auch das Herz der gastgebenden Gemeinde und ihrer Mitglieder kennen.

Das, genau das ist gesunde Gemeinde, wird mir bewusst. Eine Kirche, die mir nicht einfach ein wohliges Gefühl verschafft, sondern die mich total begeistert und meine Nachfolge als Christ derart unterstützt, dass ich nicht anders kann, als andere mit in diese gesundmachende Gemeinschaft zu nehmen. Bildlich gesprochen heisst das: Gesunde Gemeinden sollten Kirchen sein, in denen wir während dem Gottesdienst Gott begegnen können und gleichzeitig unseren Freunden und Familien SMS schreiben, weil wir sie am liebsten hier neben uns auf dem Sitz haben möchten. Aber nicht etwa die Masche: Super, was der da predigt, dass müsste mein Freund hören – mich betrifft es ja überhaupt nicht ... Eigentlich ist ja der Titel «Gesunde Gemeinde» etwa ebenso passend wie «Schnelle Schnecke», «Subjektive Theologie» oder «Multitasking Mann». Kirchen und Gemeinden sind oft alles andere als gesund. Ich rede dann gerne über die Probleme der Gemeinde, um

Nicky Gumbel in der Schweiz Leiterforum/Abendveranstaltung/ Hip-Hop-Konzert am 5. November 2010 in Winterthur-Seen im evangelischreformierten Kirchgemeindehaus.

Mehr Informationen zu beiden Veranstaltungen: www.alphalive.ch/kurs-durchfuehren/ veranstaltungen/organisator-alphaliveschweiz

Alpha-Konferenz Plenum cz 2|10

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Andreas Boppart ist Eventprediger sowie Autor und leitet den Arbeitszweig Campus Generation Ministry von Campus für Christus.

mich mit meinen eigenen Problemen hinter dem unpersönlichen Begriff zu verstecken. Die perfekte Gemeinde gibt es einfach nicht. Nicht, solange du und ich dort Mitglieder sind. Nur wollen wir oft nicht wahrhaben, dass wir an uns zu arbeiten haben, da es einfacher ist, ständig an neuen Kirchenmethoden und -strukturen zu basteln. Und wenn ich als Eventprediger so durch diese Gemeindeprärie reite wie Lucky Luke durch seine Comics, dann scheint es, dass wir Christen bei unseren oft lottrigen Gemeinden auch sehr viel Energie und Farbe investieren, um die prunkvollen Fassaden in Schuss zu halten. Dort, wo Kirche nicht als Selbstzweck betrieben wird, sondern zum Ziel hat, Christen zu fördern, als Gesandte in eine Gesellschaft hineinzuwirken, dort beginnt Kirche zu gesunden. Dort, wo Kirche den Fokus von sich weg hin zu den Menschen und Gruppierungen lenkt, zu denen sie gesandt ist, dort beginnt Kirche zu gesunden. Das hat nichts mit der Form von Kirche zu tun, ob anziehende Jugendkirche oder kontemplative Hauskirche – es geht vielmehr um das Bewusstsein, dass Jesus uns sendet, wie der Vater ihn gesandt hat (Johannes 20,21). Dort, wo ich mein Herz und meine verbogenen Ansichten von Jesus heilen lasse, wird auch Kirche gesund. Und wenn wir an den Punkt gelangen, an dem wir so begeistert von unserer lebendigen Gemeinschaft sind, dass wir mitten im Worship Menschen dabeihaben möchten – was, wie gesagt, natürlich völlig unangebracht ist –, dann bewegen wir uns mitten in einem pulsierenden und gesunden oder zumindest gesundenden Umfeld.


gesunde gemeinde | dankesfest als höhepunkt

Dankesfest als Höhepunkt Wie die Gellertkirche Basel freiwillige Mitarbeiter fördert Die Gellertkirche Die Gellertkirche ist Teil der Münstergemeinde und gehört zur evangelischreformierten Kirche Basel-Stadt. Geleitet wird sie von Gemeindepfarrer Roger Rohner und einem Mitarbeiterteam. Der Gellertkirche kommt die Tatsache zugute, dass Christen aus dem ganzen Gebiet von Basel-Stadt hier Mitglied werden können und auch die Möglichkeit zur Mitarbeit finden, wenn sie aus der erweiterten Region stammen. Die Gottesdienste am Sonntag vermitteln aktuelle Themen auf zeitgemässe Weise. 10.10 Uhr: Klassischer Gottesdienst mit Orgel, Kirchenliedern, Lob-

Die Gellertkirche Basel ist keine Landeskirche wie jede andere: Über vierhundert Personen arbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen als Freiwillige mit. Das Christliche Zeugnis hat sich vor Ort umgehört und wollte wissen, warum sich so viele Menschen mit Freude in die Gemeinde einbringen.

Christian Bachmann Der imposante, kühne Bau der Gellertkirche bildet einen willkommenen Kontrast zu den rechtwinklig angeordneten Wohnblöcken im Quartier. Der grosse Eingangsbereich mit viel Glas wirkt einladend. An diesem Sonntagmorgen übt das Lobpreisteam bereits die Anbetungslieder. Ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besprechen die letzten Details zum Ablauf des Morgens. Nach und nach füllt sich der Saal. Pünktlich um 10.10 Uhr spielt die Orgel zum Auftakt des Gottesdienstes. Wir singen zwei, drei Lieder aus dem Kirchengesangbuch. Pfarrer Roger 10

Rohner geht mit einprägsamen Worten darauf ein, wie wir Gottes Stimme hören. Er erörtert mögliche Gründe für Gottes Schweigen und zeigt auf, wie wir darauf reagieren können. Das Thema ist lebensnah und lädt die vierhundert Besucherinnen und Besucher des Morgengottesdienstes ein, sich auf Gott einzulassen und mit seiner Gnade zu rechnen. Am Abend werden gut 120 Personen die gleiche Botschaft in einem etwas moderneren Rahmen hören.

Gemeinsam Reich Gottes bauen «Wir legen viel Wert darauf, dass wir als Gemeinde das, was die Bibel sagt,

leben und umsetzen», betont Christa Näf, Mitarbeiterin im Sekretariat und im Leitungsteam der Gellertkirche. «Wachstum entsteht dort, wo der Glaube lebendig ist, wo Jesus Christus im Zentrum steht.» Eine Gemeinde lebt, wenn die Mitglieder am gemeinsamen Auftrag, das Reich Gottes zu bauen, teilhaben. In der Gellertkirche herrscht grosse Freiheit. Die freiwilligen Mitarbeitenden können Ideen einbringen und geniessen das volle Vertrauen der Leitung. So erstaunt es nicht, dass über vierhundert Freiwillige ihre Zeit und ihre Gaben in die Gemeinde einbringen. Verschiedene Musikteams, die «Kirche für Kinder», die cz 2|10

preis, Interviews und lebensnaher Predigt. 07.07 Uhr: Abendgottesdienst in einem modernen Rahmen mit Lobpreis und einer Predigt zum gleichen Thema. Jeweils am Morgen Kinderprogramm für Kinder von sechs Monaten bis zwölf Jahren sowie ein Angebot für Teenager. Veranstaltungen: Alphalive-Kurse, Businesslunch, Cevi-Jungschar, Frauengesprächskreise, Hauskreise, Männertalk, Müttertreff, Schülerzmittag, Seniorennachmittage, Singletreff und viele mehr. Die Angebote gehen weit über das übliche Mass innerhalb der Landeskirche hinaus.

www.gellertkirche.ch

• Aus dem Leben einer Gemeinde (von links oben nach rechts): Zum Strassencafé, im Abenteuerland der Kinder und dann im Gottesdienst, Pfarrer Roger Rohner (oben): «Wir wollen unsere Begabungen für andere einsetzen und gemeinsam den Traum von Kirche in unserer Gesellschaft leben, wie ihn Jesus vorgelebt hat.»

Hauskreise, der Alphalive-Kurs – all diese Dienste würden ohne Freiwillige gar nicht funktionieren.

prägend mitwirken, wird rege besucht. Dort lässt die Gemeindeleitung die Teilnehmenden an ihrer Vision für die Zukunft teilhaben.

Ehrenamtliche wertschätzen Ein Höhepunkt ist das jährliche Mitarbeiter-Dankesfest mit einem schmackhaften Abendessen. Christa Näf: «Auf diese Weise drücken wir den Ehrenamtlichen unsere Wertschätzung aus. Beim letzten Fest Ende Januar durften wir 250 Gäste bewirten.» Regelmässige Gespräche mit den Freiwilligen tragen dazu bei, dass sich jeder wohlfühlt und niemand ausbrennt. Auch das Leiterwochenende im Frühling für alle, die in der Kirche cz 2|10

land bei den Sieben- bis Zwölfjährigen würden sich die Leitenden jeweils für ein Jahr verpflichten. So sei es wesentlich einfacher, genügend Freiwillige zu finden.

Zur Mitarbeit motivieren Auf meine Frage, was das Leitungsteam unternehme, um so viele Menschen für eine freiwillige Mitarbeit zu begeistern, meint Christa Näf: «Die Suche nach Mitarbeitenden ist ein konstanter Prozess. Motivieren ist besser als Druck ausüben. Es empfiehlt sich, mit einer Aufgabe einzusteigen, die den eigenen Begabungen entspricht und einen zeitlich nicht zu stark beansprucht.» Im Abenteuer-

Nach aussen wirken Die Leitung der Gellertkirche hat schon in der Anfangszeit realisiert, dass eine Kirche einen Auftrag nach aussen hat, so wie es ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer sagt: «Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.» So habe man Schritte nach aussen unternommen, erklärt Christa Näf. 1998 initiierte Pfarrer Bruno Waldvogel das Projekt «Gellertkirche für andere»: 11


gesunde gemeinde | dankesfest als höhepunkt

Mit Alphalive-Kursen, evangelistischen Standaktionen, einem Strassencafé oder einer Kinderwoche, an der rund 160 Kinder aus dem Quartier teilnehmen, will man Leute erreichen, die mit der Kirche nichts am Hut haben. «Diese Projekte sind für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine grosse Motivation, denn durch das Weitergeben des Glaubens kann man selbst wachsen.»

Auf Gottes Leitung vertrauen In all diesen Aktivitäten darf der Blick auf Gott und das Vertrauen in seine Leitung nicht verloren gehen. Vertrauen ist an diesem Sonntagmorgen im Februar das Thema in der Gellertkirche und kommt sowohl in der Lesung aus Psalm 13, im lebendigen Lobpreis als auch in der Predigt zum Ausdruck. «Wenn Gott schweigt, will er, dass wir genau hinhören», sagt Pfarrer Roger Rohner. Und Gottes Antwort mag manchmal überraschen. «Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig», heisst es im 2. Korintherbrief 12,9. Christa Näf weiss, dass letztlich alles, was in der Gellertkirche im Laufe der letzten vierzig Jahre entstanden und gewachsen ist, ein Geschenk Gottes ist. «Das Gebet hat für uns einen hohen Stellenwert. Es setzt Gottes Wirken frei. In allen Aktivitäten ist es wichtig, nahe bei Gott zu bleiben und immer wieder bei ihm zur Ruhe zu kommen.» Der Schlüssel liegt in der persönlichen Begegnung mit Gott. Er schenkt das Wachstum. 12

Norman Humm «Ich schätze die gute Organisation im Team»

Manuel Ruckstuhl «Jugendliche im Glauben begleiten macht mir Freude»

Margrit Schneider «Zeit fürs Reich Gottes zu haben, ist ein Privileg»

Kleingruppenleiter bei den Elf- bis Zwölfjährigen ist Norman Humm eher zufällig geworden. Er ist überzeugt, dass es sich lohnt, sich in andere zu investieren.

Mitzuerleben, wie Kinder und Jugendliche im Glauben wachsen, begeistert Manuel Ruckstuhl. Deshalb investiert er sich im Abenteuerland und in der Jugendarbeit. Er ist froh, dass andere sein Potenzial erkannt haben.

Ihre Tätigkeit als Kommissionsmitglied in der Kirchgemeinde Münster/Gellertkirche vergleicht Margrit Schneider mit dem Suchen von Ostereiern. Durch ihre freiwillige Mitarbeit wird Kirche für sie praktisch erfahrbar.

cb. Manuel Ruckstuhl muss nicht lange überlegen, als ich ihn frage, warum er sich in der Gellertkirche als freiwilliger Mitarbeiter einbringt: «Ich möchte der Gemeinde etwas zurückgeben von dem, was ich selbst gelernt habe. Von der Jugendarbeit habe ich viel profitiert.» Der 21-Jährige aus Allschwil BL engagiert sich in der Jugendarbeit als Hauskreisleiter, überwacht die Finanzen und ist seit Kurzem im Leitungsteam dabei. Im Abenteuerland investiert er sich einmal im Monat in sechs- bis achtjährige Kinder und betreut zusammen mit einem Freund eine Kleingruppe. So kann er etwas von seinem Glauben an Jüngere weitergeben. «Ich habe davon profitiert, dass andere mein Potenzial erkannt und mich zur Mitarbeit motiviert haben», ist Manuel Ruckstuhl überzeugt. «Es erleichtert den Einstieg wesentlich, wenn ich sehe, dass Menschen in meinem Umfeld mir diese Aufgabe zutrauen.» Besonders schätzt er den guten Austausch bei den Teamsitzungen und die ehrlichen Feedbacks, die er von den anderen Teammitgliedern erhält.

cb. «In der Begegnung mit anderen Menschen kann ich anwenden, was ich in der Predigt oder beim Bibellesen gelernt habe», sagt die pensionierte Zahnärztin Margrit Schneider, 66, aus Basel. «Nur so bewirkt das Wort Gottes Veränderung in mir.» Die verheiratete Frau arbeitet seit zwanzig Jahren in der Synode mit, dem kantonalen Kirchenparlament von Basel-Stadt. Daneben engagiert sie sich in der Geschäftsprüfungskommission der evangelisch-reformierten Kirche und hilft in der Gellertkirche mit, wo es nötig ist, zum Beispiel an der Infothek. Alles in allem kommt sie auf ein Pensum von gut zwanzig Prozent als freiwillige Mitarbeiterin.

cb. Norman Humm, Familienvater aus Bättwil SO, erzählt: «Als ich vor zwei Jahren für eine Mitarbeit angefragt wurde, herrschte im Abenteuerland akute ‹Not an Männern›. Ich habe mir überlegt, ob dies der Ort ist, an dem ich mich einbringen kann», sagt der 46-Jährige. Obwohl ihm das Organisieren besser liege als die Leitung einer Kleingruppe mit Kindern, hat er sich entschieden, den Einstieg zu wagen. Er hat selbst zwei Söhne im Alter von zwölf und vierzehn Jahren. Im Abenteuerland ist alles bestens organisiert: Das Programm am Sonntagmorgen wird von der Leiterin vorgegeben, zusammen mit Anregungen für Spiele, Quiz und andere Vertiefungsmöglichkeiten in der Kleingruppe. Norman Humm schätzt es, dass ihm so ein Grossteil der Vorbereitungsarbeit abgenommen wird. Er ist überzeugt, dass eine gut strukturierte Organisation wesentlich dazu beiträgt, dass sich freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längerfristig einsetzen. Immer wieder erstaunt ist er darüber, wie gut die Zeit in der Kleingruppe vorbeigeht. Es gibt Sonntage, an denen alles klappt wie geplant und der Heilige Geist am Wirken ist. An anderen Sonntagen hat er das Gefühl, dass seine Worte nicht ankommen. «Wenn wir ein paar Wochen später in der Kleingruppe nochmals auf das Thema zurückkommen, bin ich oftmals überrascht, was die Kinder alles mitbekommen haben.» Die Botschaft kommt an, auch wenn die Kinder scheinbar nicht zuhören. Für Norman Humm ist das eine grosse Ermutigung: «Es bringt etwas, sich in andere zu investieren, auch wenn wir es manchmal erst später sehen.» cz 2|10

In der Jugendarbeit ist er mehr gefordert. «In unserer Gruppe kennen wir uns gut und haben es meist lustig zusammen. Als Leiter muss ich jedoch darauf achten, dass Tiefe und Ernsthaftigkeit nicht verloren gehen.» Für Manuel Ruckstuhl ist es wichtig, dass man sich gemeinsam auf Gott ausrichten kann. «Ich finde es schön, zu sehen, wie Kinder und Jugendliche im Glauben wachsen und sich positiv entwickeln.» cz 2|10

Für Margrit Schneider ist es ein Privileg, Zeit zu haben, um sich – wie sie selbst sagt – «mit Kopf und Händen» ins Reich Gottes zu investieren. So wird Kirche für sie praktisch erfahrbar. «Die Zusammenarbeit in den einzelnen Kommissionen gefällt mir sehr gut. Der Beitrag von uns Frauen wird als gleichwertig geschätzt, was in einem politischen Amt nicht unbedingt der Fall ist.» Weil sie sich im Team optimal ergänzen würden, führe dies zu ausgewogenen Resultaten. Etwas schwer tut sich Margrit Schneider manchmal mit dem Einstieg in ein neues Dossier. Dies bringe viel trockene Arbeit mit sich. «Es ist wie beim Suchen von Ostereiern», meint sie. «Man muss strategisch vorgehen. Erst beim genauen Hinsehen, beim Einlesen in die Unterlagen entdecke ich die Themen, die diskutiert werden müssen. So entstehen lebhafte, fruchtbare Gespräche mit den anderen Kommissionsmitgliedern.» 13


gesunde gemeinde | ich weiss mich auf dem weg …

«Ich weiss mich auf dem Weg, auf den Gott mich gerufen hat!» Marianne Reiser: Zurück in die katholische Kirche Katholisch aufgewachsen, besucht Marianne Reiser mit ihrer eigenen Familie die Pfingstgemeinde Buchegg in Zürich. In einer von Angst bestimmten Lebenskrise bricht sie alle Kontakte ab. Eine neue Perspektive findet sie in der katholischen Kirche Maria Lourdes in Zürich-Seebach. • Marianne Reiser – neu begeistert von Gott und der Kirche.

Johanna Schaller «Herr, ich will nichts mehr mit dir zu tun haben!» Verzweifelt wirft Marianne Reiser das kleine Holzkreuz zu Boden. Oft hat sie zu Gott geschrien und um Heilung gebeten, doch nichts ist passiert. Ihre Ängste sind immer stärker geworden und haben sich auf alles ausgeweitet, was sich ausserhalb der Familie abspielt, bis sie schliesslich keine sozialen Kontakte mehr haben kann. Gott antwortet sofort: «Das macht nichts, weil ich immer ganz nahe bei dir bin.» Diese Antwort hilft ihr, und sie versöhnt sich schrittweise mit der Situation. Es kann sein, dass ihr Zustand so bleibt – doch Gott ist bei ihr, und darum wird sie die Hoffnung nicht aufgeben.

«Das denkt und fühlt wie ich» Vier Jahre lang geht sie wöchentlich zu einer Psychiaterin. In dieser Zeit schaut sie sich den Film «Franziskus» an und ist fasziniert vom Leben des Franz von Assisi. Sie liest weitere Biografien von katholischen Heiligen 14

und Mystikern, wie Teresa von Ávila, Johannes vom Kreuz oder Francisco de Osuna. In der Sprache dieser Menschen erkennt sie sich wieder: «Das bin ich, das denkt und fühlt wie ich», stellt sie erstaunt fest. Ermutigt durch die Lebensgeschichten der katholischen Mystiker, besucht sie wieder einmal eine Messe in der Ortskirche Maria Lourdes. Obwohl sie als Kind getauft worden ist und bis zur Firmung den katholischen Unterricht besucht hat, hat sie keine Ahnung, was sie erwartet. So sucht sie sich eine der hintersten Bankreihen aus, um möglichst nicht aufzufallen. Die Liturgie beginnt – Gebete und Gesänge wechseln sich ab, Messetexte werden vorgelesen. Die Gläubigen stehen auf, knien nieder, geben Antwort. Es folgt die Eucharistie, und Marianne Reiser geht nach vorne, um die Hostie zu empfangen. «Dabei hatte ich ein so unglaublich starkes Erlebnis von Gottes Gegenwart, dass ich wusste: ‹Da muss ich immer wieder hin›», erzählt Marianne Reiser. Eine weitere tiefgreifende Begegnung erlebt sie an der EXPLO 1997: Als frei-

willige Helferin betreut sie während der Konferenz die Diakone Marcel Bregenzer und Urban Camenzind von der katholischen Erneuerungsbewegung. Die beiden bringen Raniero Cantalamessa mit, den offiziellen Prediger des päpstlichen Hauses. Während er im Plenum spricht, beginnt sie zu weinen: «Ich weiss nicht mehr, was Cantalamessa sagte, doch mich schüttelte es vor Weinen – und eine unerklärliche, gewaltige Liebe für die katholische Kirche floss in mich hinein. Ich hatte den Eindruck, Gott zeige mir diese Kirche in ihrer ganzen Schönheit, so wie er sie selber sieht und unabhängig davon, wie sie in der Welt dasteht. Diese Liebe hat mich nie wieder verlassen.»

Ich bleibe hier, auch wenn sich nichts tut Fortan besucht Marianne Reiser während der Woche die Messe mit dem Eindruck, dass Gott ihr eine neue Art der Spiritualität schenken möchte, wie sie die katholischen Mystiker besassen. In ihrem Alltag liest sie viel und übt sich im kontemplativen Gebet, cz 2|10

das das Einswerden mit Gott zum Ziel hat. Während vier Jahren besucht sie die Messe der Ortspfarrei in Seebach. Ihr Zustand verbessert sich zusehends – nicht zuletzt dank der psychologischen Hilfe und Aufarbeitung findet Marianne Reiser ihren Atem wieder. Anschluss in der Pfarrei findet sie jedoch nicht. Obwohl sie gerne mitarbeiten möchte, ist sie zu schüchtern, um von sich aus mit dem Vikar Kon-

takt aufzunehmen. 2001, während einer Werktagsmesse, spricht sie betend zu Gott: «Wenn sich auch nichts Konkretes tut, so werde ich doch hierherkommen und im Gebet für die katholische Kirche und ihre Menschen einstehen – bis an mein Lebensende.» Kaum hat sie dieses Gebet zu Ende gesprochen, wird in der Gemeinde bekannt gemacht, dass demnächst ein neuer Pfarrer kommen werde.

Die katholische Erneuerungsbewegung Die wichtigsten Anliegen … der Erneuerung aus dem Geist Gottes sind der Dank, der Lobpreis und die Anbetung Gottes. Durch Glaubenserneuerung und Offenheit für die Gaben des Heiligen Geistes sollen die Pfarreien und geistlichen Gemeinschaften für ihren Auftrag gestärkt werden. Die Anfänge … der Erneuerung aus dem Geist Gottes in der katholischen Kirche gehen auf das Jahr 1967 zurück. Die Erneuerung (vielerorts charismatische Erneuerung genannt) kennt keine Gründerpersönlichkeit. Sie versteht sich als ein Wirken des Heiligen Geistes, das in verschiedenen Kirchen gleichzeitig begann. Weltweit zählen sich heute viele Millionen Katholiken aus Gebetsgruppen, Pfarreien und geistlichen Gemeinschaften zur Erneuerung. (Quelle: www.erneuerung-online.ch) cz 2|10

Die Erneuerung beginnt Mit Pfarrer Martin Piller weht ein frischer Wind in der Pfarrei Maria Lourdes. Er bemerkt, dass Marianne Reiser gerne mitarbeiten möchte, und gibt ihr die Gelegenheit, beim Gemeinschaftstag mit den Eltern der Erstkommunikanten mitzuhelfen und im Firmlager zu kochen.

Von Martin Piller ermutigt, wagt sie Schritte nach aussen und überwindet immer mehr ihre Angst, vor Menschen zu sprechen. Der neue Pfarrer erzählt Marianne Reiser auch von seinem Wunsch, einen Alphalive-Kurs durchzuführen. Da ihr Mann Horst bei Campus für Christus arbeitet, findet Martin Piller, sie sei die ideale Person, um auch hier mitzuhelfen. Sie selbst ist nicht besonders begeistert. Aufgrund früherer, eher anstrengender und fruchtloser Bemühungen im Verkünden der Frohen Botschaft, hegt sie keine grossen Erwartungen. In Zusammenarbeit mit der reformierten Kirche bildet sich jedoch rasch ein Team, und der Kurs wird im Herbst 2003 erfolgreich durchgeführt. Es entstehen daraus die ersten zwei Hauskreise der katholischen Kirche, und Marianne Reiser leitet einen davon. Alle zwei Wochen treffen sich diese – dank erneuter Alphalive-Kurse wachsenden – Hauskreise. Bei den Treffen steht das Wort Gottes im Zentrum mit dem Ziel, dieses im Alltag zu erleben und umzusetzen. Nach gut drei Jahren stellt sich bei ihr eine gewisse Unzufriedenheit ein, da 15


gesunde gemeinde | ich weiss mich auf dem weg …

Bibelteilens nicht mehr über das Wort Gottes geredet wird, sondern die Menschen sich durch das Hören auf das Wort persönlich ansprechen lassen. Neu ist auch die bewusste Auseinandersetzung mit der Sendung für die Menschen, hinein ins Quartier. Gleichzeitig ist es ihnen ein grosses Anliegen, die Einheit zwischen den verschiedenen Prägungen zu bewahren, sodass Altes und Neues sich nicht konkurrenziert. «Bis heute ist es uns gelungen, uns so einzusetzen und eine Sprache zu finden, dass sich alle wertgeschätzt wissen», erzählt Marianne Reiser.

Maria Lourdes – eine katholische Pfarrei im Aufbruch Sie laden zu Glaubenskursen ein, machen gemeinschaftliche Taufvorbereitungen für Familien, bieten randständigen Menschen Arbeit an und treffen sich in Kleinen Christlichen Gemeinschaften (KCG). Für Pfarrer Martin Piller von der römisch-katholischen Pfarrei Maria Lourdes in Zürich-Seebach heisst Kirche sein heute: Menschen darin fördern, Reich Gottes zu leben.

Vision • Marianne und Horst Reiser – versöhnt und fröhlich in der katholischen beziehungsweise in der reformierten Kirche unterwegs.

an diesen Treffen das Wort Gottes oft zerredet wurde, die Diskussionen über das Wort kaum Licht brachten und die Teilnehmenden im Glauben nicht wachsen liessen.

Eine andere Art Kirche sein

«Ziel der anderen Art von Kirchesein ist es, dass nicht mehr nur die kirchlichen Angestellten die arbeitende Instanz sind, sondern dass jeder Einzelne in seinen Begabungen entdeckt und gefördert wird und das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen hervortritt», erklärt Marianne Reiser. Nach einer Bewusstseinsbildung mit einem Grossteil der aktiven Pfarreiangehörigen über die Situation der Kirche und deren Zukunftsperspektiven wagen sie den Schritt, die Hauskreise in Kleine Christliche Gemeinschaften (KCG) umzuwandeln. Unterschied zu den Hauskreisen ist, dass durch die Art des

«Die Zeit war reif, und Gott kam uns mit der Vision der ‹anderen Art von Kirchesein› entgegen», erzählt Marianne Reiser. Christian Hennecke, ein Studienkollege, mit dem Martin Piller durch die Spiritualität der Fokolarbewegung verbunden ist, hatte ein Buch über die Situation der katholischen Kirche geschrieben. An einer Tagung im Herbst 2006 in DeutschDie Fokolarbewegung land treffen MarianGründerin Chiara Lubich(1920-2008), geboren in Trient, wurne Reiser und Martin de in den Vierzigerjahren zur Initiatorin einer neuen Form gePiller unverhofft auf meinschaftlich gelebten Christseins. Ihre Spiritualität hebt in Christian Hennecke. besonderer Weise die Bedeutung der Liebe zum Nächsten und Bereits begeistert zu Gott hervor. Ein Schlüsselwort ihrer geistlichen Grundlinien von seinem Buch ist der Begriff «Einheit», entnommen aus dem Gebet Jesu vor seinem Tod. Alle sollen eins sein (Johannes 17,20, Einheitsüber«Kirche, die über den setzung). Daraus begründet sich auch der besondere Einsatz Jordan geht», laden für die Ökumene und den Dialog unter den Religionen sowie sie ihn für eine Weimit nicht religiösen Weltanschauungen. Charakteristisch für terbildung in ihre die Fokolare ist ihr Engagement als Christen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Pfarrei ein. 16

Marianne Reiser wünscht sich, dass das Leben in den KCG in das Quartier ausstrahlt und das Reich Gottes sichtbar wird – dort, wo sich das Leben und der Alltag abspielen. Die Kleinen Christlichen Gemeinschaften sind nach Quartieren aufgeteilt. Alle sind willkommen, und weil diese Gemeinschaften sich als Kirche verstehen, gehören alle dazu, egal, ob sie an den Treffen teilnehmen oder nicht. Sie gehören dazu, ganz einfach weil sie in diesem Quartier wohnen. Marianne Reiser wünscht sich, dass die andere Art von gemeinsamem Leben als Kirche einen Lebensraum schafft, in dem Menschen gesund werden und ihre Begabungen entdecken. Dabei hat sie auch sich selber und ihren eigenen Werdegang vor Augen: «Jemand, der mich vor fünfzehn Jahren kannte und mich heute sieht, würde mich kaum wiedererkennen», erzählt sie. Sie sei stumm gewesen vor Angst, doch heute habe sie ihre Stimme wiedergefunden. «In der Vision der anderen Art von Kirchesein spüre ich meinen Ruf», sagt Marianne Reiser. «Es ist für mich rundum stimmig, und ich weiss mich auf dem Weg, auf den Gott mich gerufen hat!» cz 2|10

• Pfarrer Martin Piller (Mitte) sieht sich als Ermöglicher: «Ich arbeite, damit Menschen an der Vollmacht von Jesus Anteil bekommen und diese selbstbewusst hinaustragen.»

Peter Höhn Als Martin Piller 2001 als Pfarrer nach Seebach kommt, ist für ihn klar: «Wir müssen den Blick auf die Menschen richten, die nicht zur Kirche kommen.» Mit Alphalive-Kursen, gemeinsam mit der reformierten Kirchgemeinde durchgeführt und mit gemeindeeigenen Glaubenskursen verbunden, knüpft er einen ersten Strang zu Menschen, die mehr vom Glauben wissen möchten.

Arbeit mit Familien und im Team Als zweiten Strang nutzt Martin Piller Amtshandlungen auf neue Weise. Zum Beispiel werden nicht nur die Kinder auf die Erstkommunion vorbereitet, sondern auch deren Eltern. An fünf Gemeinschaftstagen mit Familiengottesdienst und anschliessendem Kinderprogramm befassen sich die Eltern parallel dazu mit dem, was die Kinder cz 2|10

im Religionsunterricht lernen: mit zentralen Inhalten des Glaubens und des Zusammenlebens als Familie. Beim gemeinsamen Mittagessen kommt man sich persönlich näher. Martin Piller führt diese Gemeinschaftstage mit einem Team durch: «Ich mache nichts mehr allein, wir entwerfen das Programm gemeinsam, und jeder übernimmt einen Teil.» Ebenso werden im Team Taufvorbereitungskurse für Eltern entwickelt und durchgeführt. Viele Menschen seien durch diese Gemeinschaftstage oder auch durch den Alphalive-Kurs zur aktiven Mitarbeit befähigt worden.

einem Fünfliber abzuspeisen, betreut heute ein grösseres Team – mehrheitlich aus Freiwilligen – die rund vierzig Leute, die an zwei Vormittagen in der Woche vorbeikommen. Für einen finanziellen Zustupf pflegen sie den Umschwung, schaufeln Schnee, reinigen die Kirche oder putzen die Küche. Eine Bäckerei aus dem Quartier spendet

Diakonische Laurentiusarbeit Als dritter Strang hat sich der diakonische Zweig Laurentiusarbeit (nach dem Heiligen Laurentius benannt) entwickelt. Statt randständige Menschen, die an der Pfarrhaustür klingeln, mit

• Laurentiusarbeit: Kerzenhalter putzen 17


gesunde gemeinde | ich weiss mich … | kolumne

bewegt werden, als sein Leib auf konkrete Nöte zu antworten, die wir in unserem Umfeld sehen.»

Sendung wahrnehmen – auf Nöte antworten lernen

• Begegnungen mit den Familien während der Gemeinschaftstage

überschüssiges Gebäck als Imbiss für die Pause, und eine Firma gibt von ihren sozialen Zuschüssen. Inzwischen interessiert sich auch das Sozialamt für das Modell. Die Laurentiusarbeit lebt ganz von Spenden und laut Martin Piller «reicht es auf wundersame Weise von Woche zu Woche».

«Sind wir auf Sendung?» Martin Piller hat für die geistliche Leitung seiner Pfarrei ein siebenköpfiges Team berufen, das neben ihm aus drei Angestellten und drei Ehrenamtlichen besteht. Marianne Reiser ist eine von ihnen. «Wir treffen uns jeden Monat an einem Vormittag, beten, hören auf Gott und suchen, wie unser Weg weitergeht», erläutert der Pfarrer. Sie ver18

folgen keine Strategie, orientieren sich aber konsequent an drei Leitsternen: Erster Stern: Ermöglicht das, was wir tun, miteinander Christus als lebendig und gegenwärtig zu erfahren (Matthäus 18,20)? Zweiter Stern: Hilft es, dass der Leib Christi sichtbar wird und so jeder mit seinem Talent aktiv werden kann (Römer 12,6-8)? Dritter Stern: Sind wir damit «auf Sendung», also nach aussen gerichtet, zu den Menschen hin offen, abholend und einladend (Lukas 10,1)? Was dem nicht entspreche, werde beendet oder, wenn es unverzichtbar sei, umgestaltet. Zum Beispiel habe man die Firmvorbereitung von einem Jahr auf drei Anlässe verkürzt. Erstaunlicher-

• Das Buch von Christian Hennecke war eine wichtige Quelle der Inspiration.

weise bildete sich gerade in dieser Zeit ein Team, das einen Jugend-Alphalive-Kurs durchführte. Ein Teil dieser Jugendlichen trifft sich bis heute weiter in einer KCG.

Kirche im Quartier: Kleine Christliche Gemeinschaften «Wir erkannten in den KCG ein Modell, das die Kirche vor Ort, in der Nachbarschaft, konkret werden lässt», erklärt Martin Piller. So wie Christus im Evangelium seinen Dienst der Liebe tat – nämlich punktuell und zeichenhaft –, so geschehe das heute in der Gemeinschaft seines Leibes. «In der KCG rechnen wir damit, dass wir hier und jetzt von Jesus, der als lebendiges Wort gegenwärtig ist, angesprochen und cz 2|10

Zum Beispiel erzählte in der KCG eine Lehrerin von einem Kind, das am Abend oft allein zu Hause sei, weil seine Mutter arbeiten müsse. Eine Frau wird im «Hören auf Jesus» angesprochen und sagt, das Kind könne an einem Abend pro Woche bei ihr sein. Das wird in der Klasse des Kindes bekannt, worauf ein Mitschüler sich anstecken lässt und Zuhause seine Mutter fragt, ob auch sie bereit wäre, jenes Kind an einem Abend pro Woche aufzunehmen. Durch das Teilen der Nöte und Bedürfnisse, die im Quartier wahrgenommen werden, bekam ein schulschwaches Immigrantenkind, dessen Eltern sich Nachhilfestunden nicht leisten konnten, diese gratis. Ein einsamer Koreaner im Häuserblock fand Anschluss unter gläubigen Landsleuten. Eine Frau erfuhr Trost und liebevolle Begleitung, als ihr Mann starb; das beeindruckte die Nachbarin so, dass sie sagte: «Da muss etwas dran sein am Glauben, ich will wissen, was es ist!»

KCG – Kirche vor Ort auf Sendung für den Menschen In den Kleinen Christlichen Gemeinschaften sind keine künstlichen Aktionen gefragt, sondern ganz einfach betendes Hinhören und Suchen, was es hier und heute braucht, damit Christi Liebe sich zeigen kann. Inzwischen gibt es sechs KCGs in Seebach. Eine siebte ist in einer Altersresidenz im Aufbau. Martin Piller: «Ob junge oder ältere Menschen, sie alle sollen nicht mehr vom Pfarrer abhängig sein, sondern fähig werden, eigenständig als KCG auf Gottes Wort zu hören und dort, wo sie sind, das Reich Gottes zu leben.» Für Interessierte:

www.kcg-net.de cz 2|10

Fbeziehungsweise Ü R B R I N G E R Väterliche Fürsorge oder Gemeindezucht Gemeinde ist nicht Gebäude, nicht Regelwerk, keine Institution, sondern in erster Linie eine Gemeinschaft von Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt sind. Vertikal stehen sie in einer lebendigen Beziehung zum himmlischen Vater, was sie horizontal miteinander als Glaubensgeschwister verbindet. Als Nachfolger von Jesus leben sie in den Realitäten des Königreichs Gottes, als irdische Menschen sind sie noch mitten in den weltlichen Gesetzmässigkeiten drin. Und genau hier fangen die Herausforderungen an – in der Spannung der zwei Dimensionen, die Gott seinen Kindern zumutet. Die neutestamentlichen Briefe geben einen Eindruck davon, wie dieses geschwisterliche Zusammenleben damals eingeübt und zuweilen auch erkämpft werden musste. Die Gebete von Paulus drehen sich immer wieder um den Durchbruch der Herrlichkeit Gottes in den Leben der einzelnen Gemeindeglieder. Von hier aus wird das Zusammenspiel der Einzelnen in ihren Gaben erst möglich. Und mit einem Seufzer im ersten Korintherbrief wünscht er sich mehr Väter, die die Menschen in der Gemeinde in das neue Leben hineinlieben. «Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in Christus hättet, so doch nicht viele Väter» (1. Korinther 4,15). Die Lebensweise in Gottes Reich unterscheidet sich dramatisch von der gängigen weltlichen Ordnung. Wer hineinkommt in die Gemeinde, setzt sich damit einem Erneuerungsprozess aus und braucht manchmal Begleitung. Paulus hält in diesem Zusammenhang Ausschau nach Vätern – und sieht zu viele Zuchtmeister. Zuchtmeister verkünden Wahrheiten, lehren Richtigkeiten und achten auf deren Umsetzung, notfalls auch mit Sanktionen. Väter – Eltern – verschwenden dagegen zuerst ihr Herz an die Aufgabe, Menschen im Leben zu begleiten. Sie leiden und freuen sich mit, sie gehen die Extrameile und scheuen keinen Aufwand. Wohlwollen erfüllt sie, sie geben nicht auf, hoffen und glauben und lieben. 19

• Sabine Fürbringer ist Psychologin sowie Familienfrau und arbeitet bei Campus für Christus als Referentin, Autorin und Beraterin.

Nicht, dass eine Gemeinde ohne Strukturen und definierte Werte auskäme. Aber diese Dinge bilden nur den Rahmen, wie bei einem Bild. Sie umreissen einen Lebensraum. Zuchtmeister sind darauf bedacht, dass dieser Rahmen korrekt definiert und genau eingehalten wird. Das mag ja manchmal auch nötig sein. Aber das wirkliche Leben spielt sich nicht an den Rändern ab, sondern in den Herzen der einzelnen Menschen und dem, was daraus fliesst.

Damit diese Herzen zu richtigen Quellen von lebendigem Wasser werden, braucht es väterliche Fürsorge. Das ist kein Plädoyer für väterliche Bevormundung in den Gemeinden. In der natürlichen Familiensituation ist die grösste Aufgabe der Eltern ohnehin das Loslassen. Vielmehr drückt diese Unterscheidung von Paulus zwischen Zuchtmeistern und Vätern etwas von dem aus, was Jesus in unsere Welt hineingebracht hat. Das alttestamentliche Gesetz ist nicht einfach so vom Tisch, nein, sein Kern kommt zum Vorschein – und der heisst: Leben aus der Fülle. Ich sehe die Zuchtmeisterpassage als Warnung an uns, nicht am Ziel des Gemeindelebens vorbeizuschiessen und vor lauter Rahmenbedingungen zu vergessen, das eigentliche Bild zu malen. Ob wir da der Wahrheit schon nähergekommen sind als die Korinther vor zweitausend Jahren?


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gesunde gemeinde | wer sich getragen weiss, …

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Heidi Schweizer: «Armen Menschen zu helfen macht mich glücklich» Salatrüsten, Tischdecken und Dessertvorbereiten, damit bis zu hundert Leute im Imbiss 54 zu Mittag essen können. Das dreiköpfige Team ist gut aufeinander eingespielt.

Wer sich getragen weiss, arbeitet gerne mit Freiwilligenarbeit im Zürcher Langstrassenquartier Um Drogenabhängige, Randständige sowie Migrantinnen und Migranten kümmern sich in Zürich Christen aus ganz unterschiedlichen kirchlichen Hintergründen. Das gemeinsame Anliegen, diesen Menschen Jesus nahezubringen und ihre Lebensumstände zu verbessern, verbindet sie. Im Chrischtehüsli, in der streetchurch und im NetZ4 leisten Freiwillige einen wesentlichen Beitrag. Autor: Christian Bachmann

Im Imbiss 54 kocht Heidi Schweizer (3. von links) mit einem Team Spaghetti für randständige Menschen. Daneben gibt sie Deutschunterricht für Kinder mit Migrationshintergrund.

Die Gäste sind randständige Menschen aus dem Quartier, aber auch AHV-Rentnerinnen und -Rentner, die nicht genug zum Leben haben. «Es macht mich glücklich, armen Menschen zu helfen und so zum Wohl der Gesellschaft beizutragen», erzählt Heidi Schweizer. «Oft ist es nur ein Lächeln, das man als Dank erhält.» Die Gastgeber essen zusammen mit den Gästen. So entstehen Beziehungen, und die pensionierte Heimleiterin kann den Gästen etwas von der Hoffnung in Jesus Christus weitergeben. Jeden zweiten Dienstagabend erteilt sie zusammen mit einer Kindergärtnerin fremdsprachigen Kindern Deutschunterricht. Als Heidi Schweizer kürzlich krank war, haben ihr die Kinder einen Brief geschrieben und gefragt, wann sie wiederkomme. «Es sind tolle Knaben in meiner Klasse. Die Arbeit mit ihnen bereitet mir viel Freude», meint die lebensfrohe Frau strahlend. Sie ist überzeugt, dass es sich lohnt, sich für andere Menschen einzusetzen.

netZ4

Chrischtehüsli

streetchurch

Sozialdiakonisches Werk der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) im Zürcher Stadtkreis 4

Unabhängige Anlauf- und Beratungsstelle für drogensüchtige Menschen im Zürcher Stadtkreis 5

Jugendkirche, macht Angebote für sozial schwach integrierte Jugendliche aus der Stadt und Region Zürich

«Manchmal würde ich lieber mit einer Freundin zum Lädele in die Stadt gehen als in die Gassenküche», sagt Heidi Schweizer. Nicht selten erlebt sie im Vorfeld recht starke geistliche Angriffe. Um 8.30 Uhr beginnt die 62-Jährige zusammen mit dem Küchenteam mit

Angebote: Projekte im Rotlicht- und

Angebote: Aufsuchende Gassenar-

Angebote: Gottesdienste mit Black

netZ4: Bewährtes Konzept und regelmässige Feedbacks

Vergnügungsviertel der Stadt zugunsten sozial und finanziell benachteiligter Menschen jeder Altersstufe, insbesondere für Kinder und Jugendliche sowie für Randständige Team: Claudia Schluep (Geschäftsführerin), Jürg Geilinger und Matthias Bommeli (Ressortleiter), drei Teilzeitangestellte sowie rund hundert Freiwillige aus der EMK Zürich 4 und deren Umfeld Trägerschaft: Unabhängiger Verein NetZ4

beit, Vermittlung von Entzugs- und Therapieplätzen, kostenloses Mittagessen für Randständige Team: Emmanuel Parvaresh-Glauser (Gesamtleiter), 24 Hauptamtliche und Freiwillige aus Landes- und Freikirchen, Praktikanten und Zivildienstleistende Trägerschaft: Verein INKLUSIV, christlicher Verein zur Integration randständiger Menschen Partnerschaft: Verein Franziskanische Gassenarbeit Delfinfamilie und Stiftung Zueflucht

Music (Rap, Soul, Gospel), Gospel and R&B-Chor, soziale und psychologische Beratung, Seelsorge, LifeSchool zur Bewältigung von Alltagsaufgaben, Arbeitsintegrationsprojekt «Saubere Jungs für saubere Fenster» Team: Pfarrer Markus Giger (Gesamtleiter), siebzehn Voll- und Teilzeitangestellte, rund dreissig Freiwillige aus Landes- und Freikirchen bzw. ohne christlichen Hintergrund Trägerschaft: Verband der evangelisch-reformierten Kirchgemeinden der Stadt Zürich, evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich, Kommission aus acht Mitgliedern

Die Idee, einen Mittagstisch für Randständige anzubieten, entstand vor neunzehn Jahren in der Evangelisch-methodistischen Kirche Zürich 4. Als plötzlich ausländische Jugendliche am Mittagstisch auftauchten, wurde ein eigenes Angebot für sie ins Leben gerufen. «Der diakonische Auftrag gehört zum Verständnis unserer Gemeinde», erklärt NetZ4-Geschäftsführerin Claudia Schluep. «Das gut durchdachte Konzept macht es uns leicht, Freiwillige für die Mitarbeit zu gewinnen.» Den beiden Ressorts stehen geschulte Fachpersonen vor. So ist eine professionelle Betreuung der Ehrenamtlichen gewährleistet, zu der Supervision, Feedbacks und regelmässige Auswertungsgespräche gehören. Die Arbeitsabläufe werden schriftlich dokumentiert. Zu den besonderen Herausforderungen in der Arbeit mit Freiwilligen meint Claudia Schluep: «Es braucht Fingerspitzengefühl, um den Ehrenamtlichen die passende Aufgabe zu übertragen. Nicht

www.netz4.ch

www.chrischtehuesli.ch

alle schätzen ihre Fähigkeiten und Grenzen richtig ein.» Schliesslich soll die Mitarbeit auf Freiwilligenbasis für beide Seiten zu einem positiven Erlebnis werden.

Claudia Schluep, Leiterin von NetZ4: «Wir legen Wert auf eine sorgfältige Betreuung der freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch eine Fachperson. Es ist uns wichtig, dass die ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der zeitweise sehr anspruchsvollen Begleitung von Menschen in belastenden Lebensumständen nicht ausbrennen.»

www.streetchurch.ch 20

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Chrischtehüsli streetchurch gesunde gemeinde | wer sich getragen weiss, …

Chrischtehüsli

streetchurch

Stefan Heiz: «Das Chrischtehüsli ist für mich wie eine Lebensschule»

Ahmed Youssuf: «Was ich für Gott mache, ist doch wenig»

Durch seinen Dienst im Chrischtehüsli bringt Stefan Heiz (2. von links) den Menschen auf der Strasse Hoffnung. Für die gute Atmosphäre im Team ist er dankbar. Bei einem Strasseneinsatz mit Operation Mobilisation im Jahr 2004 lernte Stefan Heiz aus Aarau das Chrischtehüsli kennen. Während dieser Zeit knüpfte er bleibende Kontakte mit Drogenabhängigen und Randständigen. Der Dreissigjährige bezieht eine IV-Rente und kann keiner geregel-

ten Tätigkeit nachgehen. So bringt er sich an vier Tagen pro Woche mit Leidenschaft in die Arbeit mit Drogenabhängigen im Chrischtehüsli ein. Seine Hilfsbereitschaft wird von den «Drögelern» sehr geschätzt. «Wir bringen den Menschen auf der Strasse Hoffnung und versuchen, ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufzubauen», fasst er seine nicht immer konfliktfreie Aufgabe zusammen. Stefan Heiz findet es schön, zu sehen, wie Menschen am Rand der Gesellschaft Schritte in Richtung ihrer Reintegration unternehmen. Und manche schaffen tatsächlich den Ausstieg aus der Sucht. Doch selbstverständlich ist es nicht. «Es sind Einzelfälle. Wenn man seine Motivation für die Mitarbeit vom Resultat abhängig macht, brennt man aus.» Die Kraft für seine Aufgabe empfängt der alleinstehende Mann aus dem Glauben an Jesus, der das Wollen und Vollbringen bewirkt. Er schätzt die entspannte Atmosphäre im Team. «Das Chrischtehüsli ist für mich wie eine Lebensschule. Durch die enge Zusammenarbeit werden wir geschliffen», ist Stefan Heiz überzeugt. Die Einheit im Team sei grundlegend für die Arbeit mit Süchtigen. «Durch unser Vorbild können die Randständigen den positiven Umgang miteinander lernen.»

Chrischtehüsli: Verantwortung übernehmen und Grenzen setzen Das Chrischtehüsli entstand 1991 aus dem christlichen Verein Zürcher Jugendhaus, der das Jugendkulturhaus Dynamo betrieb. Mitte der Achtzigerjahre war das als Drahtschmidli bekannte Jugendhaus Schauplatz der Zürcher Drogenszene. Dank Freundschaftskontakten fällt es dem Chrischtehüsli leicht, genügend Freiwillige zu finden. Corinna Schmidt, Mitarbeiterin im Sekretariat und in der Gassenberatung, erklärt: «Bei uns lernen die Ehrenamtlichen: Ich kann etwas. Es lohnt sich, seine Zeit für Gottes Reich einzusetzen. Das löst Freude und Zufriedenheit aus.» Zu den Freiwilligen gehören Hausfrauen, Berufstätige und Pensionäre. Auch Menschen mit einer Beeinträchtigung arbeiten mit. «Neue Volontäre führen wir gut in ihre Aufgabe ein – und man darf auch mal Fehler machen», erklärt Corinna Schmidt. Jüngere und ältere Freiwillige lernen im Chrischtehüsli, Verantwortung zu übernehmen, sich zu organisieren, aber auch Grenzen zu 22

Ahmed Youssuf bringt sich im monatlichen Gottesdienst der streetchurch ein. So trägt er dazu bei, dass ausländische Jugendliche Gottes Wort hören, statt zu trinken und rumzuhängen. Ahmed Youssuf hat in seinem Leben alles verloren – und trotzdem ist er dankbar. «Ich habe immer Zeit, Gott zu dienen», sagt er. «Der Dienst, den ich in der streetchurch mache, ist klein.» Er setze seine Zeit gerne für Gott ein und freue sich, wenn er helfen könne.

Der 28-Jährige aus der Elfenbeinküste lebt seit drei Jahren in der Schweiz. Kriegswirren haben ihn gezwungen, seine Heimat zu verlassen. Vor zwei Jahren sah Ahmed Youssuf ein Plakat der «Sauberen Jungs für saubere Fenster», dem Arbeitsintegrationsprojekt der streetchurch, und bewarb sich. So ist er jeden Tag ein paar Stunden beschäftigt. «Die streetchurch ist für mich wie eine Familie», meint er. Alles sei stets gut organisiert, und die Mitarbeitenden seien pünktlich und zuverlässig. Die Menschen arbeiten gerne mit dem ruhigen jungen Mann zusammen. Ahmed Youssuf hilft im monatlichen Gottesdienst der streetchurch mit, bei dem auch viele ausländische Jugendliche aus dem Quartier teilnehmen: Material in den Bus verladen, Stühle aufstellen, Technik einrichten, manchmal auch das Essen vorbereiten für vierzig bis fünfzig Personen – alles in allem nimmt die Arbeit gut acht Stunden pro Sonntag in Anspruch. Und was begeistert ihn an der freiwilligen Mitarbeit im Gottesdienst? «Es macht mir Freude, jungen Menschen zu dienen. Ich will etwas für sie tun und verteile deshalb Einladungsflyer vor dem Gottesdienst, damit sie Gottes Wort hören. Das ist besser für sie als trinken und rumhängen.»

streetchurch: Professionalität mit Freiwilligenarbeit verbinden

setzen. Jeweils eine Person übernimmt die Tagesleitung, leitet die Teamandacht oder gibt aus der Bibel einen Input für die Gäste. Es gibt viel Raum, um innerlich zu wachsen. Die «Drögeler» fühlen sich wohl im Chrischtehüsli. Sie spüren das echte Interesse an ihrer Person und öffnen sich allmählich für das Evangelium.

Emmanuel Parvaresh (rechts), Leiter Chrischtehüsli: «Bei uns gibt es viel Raum, um innerlich zu wachsen. Die freiwilligen Mitarbeiter lernen, Verantwortung zu übernehmen und Grenzen zu setzen. Wir nehmen die Menschen, wie sie sind, und haben Verständnis, wenn Fehler passieren.» cz 2|10

Die Jugendkirche streetchurch wurde 2003 von der evangelisch-reformierten Kirche ins Leben gerufen, um jugendgerechte Gottesdienste im urbanen Umfeld anzubieten. Pfarrer Markus Giger entwickelte ein Konzept, das nicht nur reformierte Jugendliche ansprechen sollte, sondern auch die sozialen Nöte junger Menschen unterschiedlichster Herkunft berücksichtigt. «Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf dem Alltag der Menschen», erklärt Gesamtleiter Markus Giger. «Es gibt immer mehr Menschen mit sozialen und psychischen Problemen, die staatlich nicht aufgefangen werden und Hilfe brauchen.» Die Arbeit mit Freiwilligen sei eine Gratwanderung: «Da viele Zürcher Konzerte technisch hochstehend sind, müssen wir möglichst professionell arbeiten, um mithalten zu können. Im Gegensatz zum säkularen Raum gilt bei uns das Motto ‹Talent vor Schönheit›.» Sehr wichtig sei auch die Identifikation mit der Arbeit, ist der Jugendpfarrer cz 2|10

überzeugt: «In der streetchurch bringen die Jungen ihre Themen ein, die sie im Alltag beschäftigen. Sie schreiben einen Rap für den Gottesdienst oder stellen eine Multimediaproduktion her.» Die Stärke der streetchurch besteht darin, Professionalität mit Freiwilligenarbeit zu kombinieren.

Pfarrer Markus Giger, Leiter streetchurch: «Je höher die Identifikation mit einer Arbeit ist, desto höher ist auch die Bereitschaft, sich zu investieren. Im Gottesdienst der streetchurch bringen die Jugendlichen ihre Themen ein, die sie im Alltag beschäftigen.» 23


gesunde gemeinde | kolumnen

«Warum engagier t ihr euch in der Studentengemeinde?» Das Christliche Zeugnis befragte fünf ausgewählte Mitlieder der Studentengemeinde, was sie zur Mitarbeit motiviert und was sie hier fürs Leben lernen. Antonia …

Salvatore …

Georgina …

Manuel …

AFilmtipp NDY SCHINDLER-WALCH

Benjamin …

Freiwurf: Was zählt, ist das Team

… leitet eine Gebetsgruppe.

… Leiter Welcometeam, Informatiksupport.

… coacht eine Studentin und engagiert sich im Alphalive-Kurs.

… leitet einen Hauskreis.

«Bei CAMPUS live wurde ich immer wieder ermutigt, Herausforderungen anzunehmen. So entschloss ich mich nach einigem Zögern, zusammen mit einer Freundin eine Gebetsgruppe zu übernehmen, nachdem der ehemalige Leiter sein Studium im Ausland fortsetzen wollte. Gebet war mir schon immer wichtig, mittlerweile im Besonderen auch das Gebet für die Hochschulen. Denn wir Studierenden verbringen dort sehr viel Zeit. Umso motivierter bin ich, bei Gott für unser Umfeld einzustehen. Ich habe festgestellt, dass ich Gottes Anwesenheit und Hilfe nirgends so stark erlebe und nirgends so sehr wachse, wie wenn ich neue Schritte wage und Herausforderungen anpacke.»

«Ich investiere meine Zeit gerne in eine Gemeinde, in der man sich gegenseitig hilft, im Glauben zu wachsen. Zu Beginn packte ich einfach mal dort mit an, wo ich konnte, zum Beispiel bei der Technik. Mit der Zeit wurde ich zu neuen Aufgaben ‹berufen›. Ich merke, je mehr ich meine Identität kennenlerne, die ich in Gott habe, desto glaubensvoller kann ich Herausforderungen annehmen. Etwas völlig Neues war dann für mich, als ich die Verantwortung für das sechsköpfige Welcometeam erhielt. Das blieb auch im Beruf nicht ohne Folgen: Als ich von meinem Chef den Auftrag erhielt, einen Kurs für Studenten zu geben, hatte ich beim Unterrichten total den inneren Frieden. Noch vor einigen Jahren wäre das absolut unvorstellbar gewesen!»

«Die geistlichen und emotionalen Impulse, die wir bei CAMPUS live bekommen, empfinde ich als sehr bereichernd, und ich möchte, dass das auch andere erleben. Ich habe entdeckt, dass ich im Umgang mit anderen Studierenden etwas zu geben habe. Mir fällt es leicht und es macht mir Freude, auf andere Studierende zuzugehen. Deswegen engagiere ich mich auch gerne bei Umfragen, wo es darum geht, etwas über den Glauben von anderen zu erfahren. Dabei kann ich auch eigene Glaubenserfahrungen weitergeben. Ich lerne dabei, dass mein Leben auf mein Umfeld Auswirkungen hat. So hat sich vor kurzem meine Schwester für ein Leben mit Jesus entschieden. Sie hat anscheinend etwas vom diesem Unsichtbaren an mir mitbekommen. Immer mehr entdecke ich, wie frei ich geschaffen bin. Aber ich brauche Mut, aus dieser Freiheit heraus Entscheidungen zu treffen, für die ich selber die Verantwortung trage.»

«Zur Mitarbeit motiviert mich die Dankbarkeit, dass sich andere in mich investiert haben, und so möchte ich selbst mit dazu beitragen, dass andere Menschen Gott näherkommen. Am Anfang, als ich die Leitung eines Hauskreises übernahm, war für mich noch alles neu und herausfordernd. Aber Herausforderungen spornen mich an, denn ich bin offen und motiviert, Neues zu lernen. In der Zwischenzeit hat sich meine Motivation etwas geändert: Für mich ist es vor allem ein Privileg, zu sehen, wie sich die Leute im Hauskreis verändern und immer mehr zu Menschen werden, die fähig sind, sich in geistlichen Belangen selbstständig zu ernähren, die in Selbstverantwortung Entscheidungen treffen und die ihren eigenen Beitrag einbringen. Ich freue mich riesig auf das, was noch kommt.»

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… coacht einen Studenten und engagiert sich im Alphalive-Kurs. «Meine Frau und ich waren als frisch gebackenes Paar auf der Suche nach einer Gemeinde, in der wir uns wohlfühlen konnten und unsere Mitarbeit geschätzt würde. Ganz unvermittelt bot sich uns die Gelegenheit, mit den Leuten von CAMPUS live zusammen die Studentengemeinde zu gründen. Anfangs fühlte ich mich manchmal als Aussenseiter, weil ich weder eine Matura hatte noch studierte. Doch dann entdeckte ich immer mehr, wie ich aus dem Reichtum meiner Beziehung zu Jesus schöpfen kann. So kann ich immer wieder Aufgaben und Verantwortungen übernehmen und erlebe dabei, wie er mich bevollmächtigt, gerade auch in Bereichen, wo ich selber noch nicht so weit bin. Mittlerweile gehe ich regelmässig und ganz ohne Komplexe in die ‹heiligen Hallen des Wissens›, mache Umfragen, arbeite bei LiFe- und AlphaliveKursen mit oder gehe zum Coaching eines Studenten, der sich in einem unserer Kurse neu für Jesus entschieden hat.» cz 2|10

Norman Dale (Gene Hackman) ist ein eigensinniger Trainer in den Fünfzigerjahren, der durch sein unbeherrschtes Verhalten einen Fehler gemacht hat. Nun erhält er eine letzte Chance, die er nutzen will: Er soll eine Basketballmannschaft an einer Highschool im Provinzstädtchen Hickory im US-Bundesstaat Indiana trainieren. Dale findet dort aber keine Mannschaft vor, sondern nur eine Reihe von Spielern mit individuellen Verhaltensweisen. So beginnt er, aus diesen so unterschiedlich begabten Jugendlichen eine Mannschaft zu formen, bei der die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht. «Team, Team, Team» ist sein Motto. Der Ball soll bei den Spielern zirkulieren und

untereinander abgegeben werden. Und Dale zögert nicht, beim ersten Spiel vor heimischem Publikum unpopuläre Entscheidungen zu treffen, als er sieht, dass Spieler aus seiner Mannschaft mit Einzelaktionen auftreten, statt als Team zu spielen. Mit seinem Verhalten stösst er auf Kritik und Ablehnung bei der örtlichen Bevölkerung. Nur wenige halten zu Beginn der Spielsaison zu ihm. Doch Dale glaubt an seine Methode und an das Training. Er ermutigt seine Spieler, ihr Potenzial auszuschöpfen und das Beste zu geben, unabhängig davon, was am Ende des Spiels auf der Anzeigetafel als Ergebnis steht. Dank seiner Ausdauer und der Inspiration, die er vermittelt, führt Dale die Mannschaft als Team schliesslich zum Erfolg.

• Andy Schindler-Walch, Filmspezialist und Redaktor bei einer Lokalzeitung.

«Freiwurf» ist ein mitreissender Film, bei dem es um den Wert der Gemeinschaft und der Teamarbeit geht.

«Freiwurf» (USA/1986, 114 Minuten) ist zwar in den Läden vergriffen, aber via Internet als DVD im Handel erhältlich.

Medien M ARKUS BAUMGARTNER Jesus – Marke seit 2000 Jahren «Jesus, seit 2000 Jahren eine starke Marke – wie macht er das?» Mit diesem Titel startete eine Basler Marketingagentur dieses Jahr eine Serie von Events zum Nachdenken. Als Referent geladen war Ludwig Hasler, der Physik und Philosophie studiert hat. Als Philosoph lehrte er an den Universitäten Bern und St. Gallen, als Journalist war er in Chefredaktionen («St. Galler Tagblatt», «Weltwoche») tätig. Hasler stolperte bei seiner Analyse dauernd über Widersprüche dieser «literarischen Figur», wie er Jesus bezeichnete, zum Beispiel Radikalität versus Empathie. Widersprüche taugen wunderbar für Geschichten, wirken aber eher geschäftsschädigend für Marken. Dass Jesus bis heute so populär ist, cz 2|10

das kann für Hasler nur bedeuten: Diese Konsequenz spricht in den Menschen einen zeitlosen Nerv an. Und dieser Nerv sagt: Ja, so möchte auch ich leben – mit diesem Ewigkeitshorizont, mit dieser Erlösungsperspektive, die aber überhaupt keine Lizenz für irdischen Schlendrian bedeutet. Sie nimmt gerade hier und jetzt in die Pflicht. Jesus rackerte sich selber ab. Und vor allem: Er liess sich für seine Überzeugung umbringen. Wofür liesse ich mich hinrichten? Jesus quasselte nicht von Auferstehung, er tat es. Ging durch Nacht, Erniedrigung, Verzweiflung, Tod – und stand wieder auf. Dass das Leben auch nach der entsetzlichsten Angst weitergeht, ist keine vollmundige These, kein Lehrsatz, es ist existenzielle Erfahrung. Damit wird Jesus

• Markus Baumgartner, PR-Profi und Präsident von www.cnm.ch.

zur glaubhaften Führerfigur. Dass die Marke funktioniert, das bedeutet laut Hasler: Insgeheim träumen wir davon, unser Leben spirituell auszurichten. Wir kommen bloss nie dazu: Wir müssen anschaffen, Skiferien planen, Klamotten kaufen. Die Marke Jesus führt uns den Menschensohn vor, der es getan hat, trotz elender Geburt, widriger Umstände, Todesangst. Es sind nicht die Gedanken, die überzeugen – es ist das Exempel. 27


gesunde gemeinde | gaben und spezialitäten

Gaben und «Spezialitäten» der Gemeindelandschaft Schweiz Das Wort des Missionsleiters In meinen Lehr- und Wanderjahren als Wirtschaftsstudent habe ich die ganze Vielfalt der christlichen Gemeindelandschaft kennen- und schätzen gelernt. Das hat mich bis heute geprägt. • Die Vielfalt des Leibes Christi in der Schweiz verstehen …

Hanspeter Nüesch

Um Erfahrungen in der Praxis zu machen, unterbrach ich mein Studium immer wieder durch praktische Einsätze – so bei der Migros in Genf, bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in St. Gallen, bei IBM in Luzern, in der väterlichen Stickerei im St. Galler Rheintal oder auch im Toggenburg, um als Aushilfslehrer zu unterrichten. Dabei tauchte immer wieder die Frage auf, welcher christlichen Gemeinde ich mich für diese Zeit anschliessen sollte. Ich war landeskirchlich aufgewachsen und kannte deshalb die Freikirchenlandschaft nicht. So traf ich eine Abmachung mit Gott, dass die Gemeinde der ersten christusgläubigen Person, der ich begegnen würde, auch für eine gewisse Zeit meine Gemeinde sein sollte. Interessanterweise 30

führte mich Gott jedes Mal mit einem Mitglied einer anderen Denomination zusammen. So lernte ich neben der mir schon bekannten evangelischen Landeskirche die ganze Freikirchenlandschaft kennen – von der Pfingstmission über die Chrischona, die Methodisten, die Heilsarmee bis zur Brüdergemeinde. Überall lernte ich vorbildliche Christinnen und Christen kennen und auch einige, die weniger vorbildlich waren. Die einen betonten mehr das Wort Gottes, die anderen mehr das Wirken des Heiligen Geistes; die einen sangen alte Hymnen, die anderen damals moderne Schlager von Siegfried Fietz und Manfred Siebald. Mir war das schon damals egal. Hauptsache, sie liebten Jesus und ihre Mitmenschen und taten das mit Leidenschaft.

Gaben und «Spezialitäten» Dabei drückte sich diese Leidenschaft sehr unterschiedlich aus. Meine Frau und ich liessen uns dann in der einzigen Gemeinde in St. Gallen taufen, von der wir wussten, dass sie ein Taufbecken hatte. Nach der Taufe und der Aufnahme in die Gemeinde stellten wir fest, dass die grosse Mehrheit der Mitglieder ältere Frauen waren –

aber das machte uns nichts aus, weil sie Jesus liebten und sich über den unerwarteten Zuwachs von Jungen in der Gemeinde freuten. Bald stiessen immer mehr jüngere Menschen zur Gemeinde. Erst viel später fand ich heraus, dass ich in einer, wie man mir sagte, «sehr konservativen Brüdergemeinde» gelandet war. «Leider» hatte ich nichts davon bemerkt, ausser dass Vreni einmal dafür gelobt wurde, dass sie ihre Haare zusammengebunden hatte. Sie wusste aber gar nicht, dass man das als vorbildliche Christin so tat. Es war ein glücklicher Zufall, dass ihre Haarpräferenzen mit der Theologie dieser Gemeinde übereinstimmten.

machenden Glaubens erhoben werden. Mir haben die Erfahrungen in so unterschiedlich geprägten Gemeinden geholfen, die Vielfalt des Leibes Christi besser zu verstehen. Zudem war es eine gute Vorbereitung auf meinen späteren Dienst innerhalb eines übergemeindlichen Missionswerks.

Gott hat offensichtlich keine Favoriten. Alle christlichen Gemeinden haben spezielle Gaben und Beiträge im Leibe Christi. Alle haben Stärken, von denen wir lernen können, und auch ihre schwächeren Seiten. Dann gibt es noch Traditionen und gemeindliche Prägungen, die oft mehr menschenals geistgeprägt sind. Ich möchte sie als «Spezialitäten» bezeichnen. Aber Gott kann auch mit gemeindlichen «Spezialitäten» umgehen, solange diese nicht zum Massstab allein selig

Ich freue mich, dass am kommenden Christustag vom 13. Juni in Bern die Christen aller Gaben und «Spezialitäten» gemeinsam Jesus Christus als Haupt der Gemeinde und König der Könige feiern werden. Das wird ein gewaltiger Lobpreis zur Ehre Gottes werden!

cz 2|10

Das andere schätzen – der Christustag 2010 Ich habe die unterschiedlichen Geschwister, ob mehr volks- oder mehr freikirchlich geprägt, schätzen und dabei etwas von der Weite des Reiches Gottes kennengelernt. Alle Gemeinden zusammen ergeben einen wunderbaren Blumenstrauss.

Weitere Informationen und Anmeldung: www.christustag.ch Tel.: 0900 770 171 (CHF 1.27/min.) cz 2|10

Christustag: Sie werden es nicht bereuen! Ich bin begeistert von der Christustagsidee, … … weil es beim Christustag allein um Jesus Christus geht, das Haupt der Kirche und den Freund von uns allen, unabhängig von unserer kirchlichen Herkunft. Die Juden pilgerten dreimal jährlich nach Jerusalem, um gemeinsam ihren Herrn zu erheben. Wäre es da nicht angebracht, wenn wir Christen wenigstens alle paar Jahre aus allen Kirchen und Sprachregionen zusammenkämen, um unseren gemeinsamen Herrn und Freund zu ehren und einander in seiner Nachfolge zu unterstützen? Als Programmkoordinator kann ich Ihnen versichern, dass Sie es nicht bereuen werden, dass Sie am 13. Juni nach Bern gepilgert sind. Der Gedanke des Christustages entstand vor über 30 Jahren. Im Anschluss an den Kongress für Weltevangelisation 1974 in Lausanne (gesponsert von der Billy Graham Evangelistic Association) wurde die

Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Evangelisation (SAFE) ins Leben gerufen, um die Anstösse des Kongresses aufzunehmen und auf die Schweizer Verhältnisse zu übertragen. In der Arbeitsgruppe 4 der SAFE entstand dann der Gedanke eines Christustages, der die Christen in unserem Lande zusammenrufen und zum Dienst in der Welt zurüsten sollte. Man plante bewusst keinen Kirchentag, sondern einen Christustag, weil es nicht darum gehen sollte, uns Christen vor der Welt darzustellen, sondern um den gemeinsamen Herrn und Erlöser zu erheben und einander in der Nachfolge Christi zu ermutigen. Die ersten Christustage fanden im Berner Eisstadion statt. Über zwanzig Jahre später findet am 13. Juni 2010 wieder ein Christustag in unserer Hauptstadt statt, diesmal im umgebauten Fussballstadion Stade de Suisse. Hanspeter Nüesch

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gesunde gemeinde | am häufigsten mangelt …

«Am häufigsten mangelt es an Spiritualität» Fünfzehn Jahre Natürliche Gemeindentwicklung in der Schweiz Wenn auf dem Acker gute Frucht wachsen soll, müssen gewisse Mineralstoffe in ausgewogener Weise und ausreichender Menge vorhanden sein. Auch für die Entwicklung von gesunden Kirchen und Gemeinden gibt es ähnliche, universell gültige Prinzipien. Dies zeigt das Konzept der Natürlichen Gemeindeentwicklung (NGE). Im Interview erzählt Andreas Fürbringer von seinen Erfahrungen als Gemeindeberater und Leiter von NGE-Schweiz.

Interview: Peter Höhn CZ: Andreas, was motiviert dich, seit fünfzehn Jahren mit NGE zu arbeiten? Andreas Fürbringer: Bei einem Treffen 1994 mit Christian Schwarz hörten wir von seiner Vision, eine weltweit einzigartige Forschungsarbeit durchzuführen. Dahinter stand die Frage: Worin unterscheiden sich wachsende von schrumpfenden Gemeinden auf allen Kontinenten, unabhängig von ihrer Grösse, ihrem kulturellen und kirchlichen Hintergrund? Wir sprachen in diesem Zusammenhang von ‹Gottes Gemeindecode›, den wir entdecken wollten. Die Resultate aus der damaligen Forschung aus 1000 Gemeinden haben uns begeistert, weil wir nun zum ersten Mal wissenschaftliche Zusammenhänge zwischen der Qualität des Gemeindelebens und dem Wachstum aufzeigen konnten. Wachsende Gemeinden unterscheiden sich nachweislich qualitativ in acht Bereichen von schrumpfenden Gemeinden. Unterdessen liegen genaue Daten von über 60 000 Gemeinden weltweit vor, die diese Tatsache bestätigen. Den 32

offensichtlichen Zusammenhang zwischen Qualität und Wachstum finde ich sehr bemerkenswert. Zudem motiviert mich die Tatsache, dass NGE eine entlastende Botschaft für Pastoren und Gemeindeleitungen hat, denn der Wachstumsdruck, die Orientierung an Mitgliederzahlen oder Gottesdienstbesuchern legt meiner Erfahrung nach ein gewaltiges Joch auf die Gemeindeverantwortlichen. Der Perspektivenwechsel, weg von den Zahlen hin zum Freisetzen der Wachstumsautomatismen, mit denen Gott selbst Gemeinde baut, eröffnet vielen Pastoren eine neue Sicht der Gemeindeentwicklung. Wie ist die Nachfrage nach NGEGemeindeprofilen heute, und welche Gemeinden arbeiten am stärksten damit? Zu den Gemeindeverbänden und Bewegungen, die schon breitere Erfahrungen mit NGE gesammelt haben, gehören die BewegungPlus, Chrischona Schweiz, EMK, FEG und Vineyard. Erfreulich ist, dass ich auch mehrere evangelisch-reformierte Kirchgemein-

den in NGE-Prozessen begleiten durfte und im vergangenen Jahr auch das erste Profil in einer katholischen Pfarrei erstellt wurde. Was ist bei der Arbeit mit NGE und dem Gemeindeprofil zu beachten? Entscheidend für den nachhaltigen Nutzen ist einerseits, dass die Leitung einer Gemeinde mit den NGE-Prinzipien und -Wachstumskräften vertraut ist und diese verinnerlicht hat, und andererseits, dass sie in regelmässigen Abständen das Profil erhebt. Ein erstes, isoliertes Profil gleicht einem Schnappschuss, der nur bedingt aussagekräftig ist. Als Berater frage ich deshalb beim ersten Profil immer nach, ob die Werte der Qualitätsmerkmale eher auf einen Aufschwung oder auf einen Rückgang hindeuten. Was ist übers Ganze gesehen das Qualitätsmerkmal, das am häufigsten bzw. am spärlichsten auftritt? Nach mehreren Hundert Gemeindeprofilen zeichnet sich eine eindeutige Tendenz ab: Der häufigste Maximumfaktor ist die bedürfnisorientierte cz 2|10

Evangelisation. 23 Prozent aller Gemeindeprofile der Schweiz haben hier ihren stärksten Wert. Dies ist für mich die überraschendste Erkenntnis meiner Tätigkeit als NGE-Berater. Meine Interpretation hierfür lautet, dass immer mehr Gemeinden für sich erkannt haben, dass sie die klare Aufgabe haben, das Evangelium hinauszutragen. Hier gab es in den vergangenen fünfzehn Jahren starke Impulse aus Bewegungen wie Alphalive oder Willow Creek bis hin zu den aktuellen Einflüssen unter dem Stichwort der missionalen Gemeinschaften. Im Gegensatz dazu steht der häufigste Minimumfaktor, die leidenschaftliche Spiritualität. Dies überrascht mich weniger: 21 Prozent aller Profile haben hier den niedrigsten Wert. Zusammengefasst bedeutet das also, dass wir es in der Schweizer Gemeindelandschaft weniger mit einer evangelistischen Notlage als mit einer spirituellen Herausforderung zu tun haben.

• Andreas Fürbringer ist nationaler Partner für Natürliche Gemeindeentwicklung in der Schweiz und arbeitet als Gemeindeberater, Coach und Trainer. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung von Campus für Christus.

Worin liegt diese spirituelle Herausforderung für die Gemeinde? Wie ist ein niedriger Wert bei Spiritualität zu deuten? Im Qualitätsmerkmal leidenschaftliche Spiritualität wird unter anderem nach der persönlichen Gottesbeziehung, dem Gebet und dem Umgang mit der Bibel gefragt. Alle Werte basieren auf der Rückmeldung von engagierten Gemeindegliedern aus dem Kern der Gemeinde. Niedrige Werte für leidenschaftliche Spiritualität resultieren dann, wenn diese Leute ihr geistliches Leben als wenig leidenschaftlich beurteilen, nur wenig vom Wirken Gottes in ihrem Leben erfahren oder das Bibellesen als wenig inspirierend erleben.

Die acht Qualitätsmerkmale

Wo liegen deiner Ansicht nach die Gründe für die oftmals niedrigen Spiritualitätswerte? In der Arbeit mit den betroffenen Gemeinden zeigt sich oft, welches die

Kernstück von NGE ist das Gemeindeprofil mit den Werten für die acht Qualitätsmerkmale (siehe oben das Beispiel einer Kirchgemeinde). Die umfassende Auswertung zum NGE-Profil vermittelt einen detaillierten, objektiven Einblick in den Gesundheitszustand der Gemeinde und ermöglicht so, entsprechende Prioritäten zu setzen. Dabei geht es darum, wie die am schwächsten entwickelten Bereiche – meist mit Hilfe der am stärksten entwickelten Bereiche – gefördert werden können.

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gesunde gemeinde | am häufigsten mangelt …

Auslöser für diese Aussagen sind: Gesetzliche Tendenzen, liberale Theologie, Spannungen und Krisen scheinen sich oft direkt und negativ auf die persönliche Spiritualität der involvierten Gemeindeglieder auszuwirken. Gleichzeitig wage ich die Hypothese, dass dies auch eine Folge davon ist, dass eine postmodern geprägte Sicht von geistlichem Leben auf einen hoch technologisierten und sehr schnelllebigen Alltag trifft. Diese Mischung führt tendenziell zu einer Abkehr von einer Lebensgestaltung, welche die Leidenschaft in der Gottesbeziehung fördern würde. Wie könnte eine Gemeinde diesen Tendenzen entgegenwirken und das geistliche Leben des Einzelnen fördern? Die Herausforderung liegt darin, dass Gemeinden sich sehr sorgfältig darum bemühen, Voraussetzungen zu schaffen, in denen das geistliche Leben zum Blühen kommt und nicht durch die oben genannten Hindernisse torpediert wird. Ich denke, viele Gemeinden brauchen dringend eine neue und klare Sicht für geistliches Leben und dafür, wie dieses in der heutigen Zeit in der Schweiz gefördert werden kann. Ich erwarte hier früher oder später eine Retrobewegung zurück zu den unspektakulären Basics und den Säulen christlicher Spiritualität wie Zeiten der Stille vor und mit Gott, ein Streben nach einem geisterfüllten Leben, eine Verankerung im Evangelium. Hast du ein besonders ermutigendes Beispiel, das zeigt, wie eine Gemeinde diesbezüglich von NGE profitiert hat? Aktuell steht mir eine Gemeinde vor Augen, in die sich viele langjährige und hingegebene Christen mit grossem Engagement einbrachten. Aber irgendwo auf dem Weg hat das persönliche geistliche Leben einen Dämpfer erhalten. Die Folge davon 34

war nach ihren eigenen Worten ein ‹evangelikales Machertum›. Die Gemeindeleitung hat dies erkannt und sich auch der eigenen Unbeholfenheit gestellt, der Spiritualität wieder mehr Leben einzuhauchen. Seither ist sie auf dem Weg, die Dimension des Heiligen Geistes neu zu entdecken und sein Wirken zu fördern. Entsprechend hat sie die Jahresschwerpunkte formuliert, hat begonnen, als Gemeindeleitung dem Gebet vermehrt Raum zu geben, und hat sich mit neuen Ausdrucksformen der Spiritualität auseinandergesetzt. Gespannt warten wir auf das nächste Gemeindeprofil, in dem sich dieser Weg auch in den Qualitätsmerkmalen niederschlagen wird. Welche begleitenden Massnahmen sind notwendig, damit das Arbeiten mit NGE in einer Gemeinde wirklich etwas bringt? Entscheidend ist, dass die verschiedenen Elemente von NGE verstanden werden und als geistlicher Prozess in den Köpfen und Herzen der Leiter verankert sind. NGE ist kein Wachstumsrezept, kein Allheilmittel und schon gar keine Sofortmassnahme, sondern eine tiefgehende Einsicht darüber, wie Jesus seine Gemeinde baut. Dies erfordert eine langfristige Perspektive und ein Verständnis für Nachhaltigkeit und organisches Wachstum. Sind diese Voraussetzungen einmal vorhanden, ermutigen wir die Gemeinden, in einen kontinuierlichen NGE-Kreislauf einzusteigen, in dem die Erhebung des Gemeindeprofils nur ein Abschnitt ist. Analyse, Interpretation und das Formulieren von Massnahmen sowie Identifikation von Hindernissen benötigen Sorgfalt und verlangen eine hohe Leitungskompetenz. Mein Anliegen als Berater ist es, die Gemeinde in diesen Prozessen zu unterstützen.

Materialien zu NGE

Rolf Senn:

Pastor «Als Gemeindeleitung vernetzt denken gelernt»

Farbe bekennen mit Natürlicher Gemeindeentwicklung Die grundlegende farbige Einführung in die Welt der Natürlichen Gemeindeentwicklung zeigt, wie sich die biblischen Prinzipien, die hinter der Natürlichen Gemeindeentwicklung stehen, nicht nur in der (Kirch-)Gemeinde, sondern auch im eigenen Leben praktisch umsetzen lassen. 191 Seiten, CHF 33.00, erhältlich im CfC-Shop: www.cfc.ch (Natürliche Gemeindeentwicklung).

Das Einmaleins der Gemeindeentwicklung Die wichtigsten Prinzipien von NGE in Kurzform. 32 Seiten, CHF 3.00, erhältlich im CfC-Shop (siehe oben):

www.cfc.ch.

Informationen und Beratung zu NGE

• Rolf Senn, Leiter der Chrischona-Gemeinde Weinfelden, arbeitet seit 1999 mit der Natürlichen Gemeindeentwicklung und ist zurzeit in Ausbildung zum NGE-Coach.

rs. «Die Chrischona-Gemeinde Weinfelden besteht seit gut hundert Jahren und ist in dieser Zeit zu einer Grösse von durchschnittlich 150 bis 170 Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern angewachsen. Die Gemeinde zählt heute rund 150 ehrenamtliche Mitarbeitende. Wir arbeiten seit zehn Jahren konsequent mit dem Instrument der Natürlichen Gemeindeentwicklung (NGE). An einer Retraite im Jahr 1999 beschäftigte sich die Gemeindeleitung mit der Frage nach unseren Zielen als Gemeinde für das kommende Jahr. Dabei fiel uns auf, dass unser Vorgehen ziemlich intuitiv und subjektiv gefärbt war. Daraus entstand die Idee, eine Analyse der Gemeinde zu machen, die uns objektivere Fakten für unsere Leitungsarbeit liefern könnte. Als junger Pastor befand ich mich damals unmittelbar am Anfang meiner beruflichen Laufbahn und brachte das Konzept der NGE aus meiner Ausbildung mit. Das erste Gemeindeprofil fiel nicht sonderlich positiv aus, doch es bestätigte unsere Eindrücke und erklärte manche Situation. Dadurch wirkte das Resultat trotzdem ermutigend. Der am stärksten entwickelte Bereich war gabenorientierte Mitarbeiterschaft mit 51 Punkten. Als am schwächsten entwickelter Bereich zeigte sich leidenschaftliche Spiritualität mit 22 Punkten.

Eine 24-seitige Broschüre (als WordDokument erhältlich) darüber, wie eine Gemeinde mit NGE arbeiten kann, sowie weitere Informationen und Beratung zu NGE: Andreas Fürbringer, 044 274 84 47,

Das Resultat führte zu konkreten Massnahmen und positiven Veränderungen in den verschiedensten Gemeindebereichen – von der Sitzungsgestaltung über Predigtthemen bis zur Mitarbeiterförderung. Uns ist durch NGE bewusst geworden, wie vernetzt Wachstumsdynamiken zusammenhängen.

afuerbringer@cfc.ch.

Im Jahr 2002 führten wir eine weitere Analyse durch. Leidenschaftliche Spiritualität hatte sich in der Zwischenzeit um 47 Punkte auf 69 gesteigert und war neu unser zweitstärkster Bereich. Mit 44 Punkten lag der Minimumfaktor nun bei bedürfnisorientierter Evangelisation. In der Zwischenzeit haben wir weitere Analysen vorgenommen und stehen nun kurz vor der fünften Auswertung. Aktuell liegt der Fokus wieder auf leidenschaftlicher Spiritualität.»

Links:

www.koinonia.ch. Eine Seite NGE-Schweiz ist in Vorbereitung, NCD-International:

www.ncd-international.org cz 2|10

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Henning Hüsemann:

Pfarrer «Die Möglichkeit, klare Schwerpunkte zu setzen» • Henning Hüsemann lernte zunächst Automechaniker, bevor er sich auf dem zweiten Bildungsweg zum Pfarrer ausbilden liess.

ph. Wittenbach-Bernhardzell ist einer von sechs Kirchkreisen der Kirchgemeinde St. Gallen-Tablat mit rund 2500 Gemeindegliedern, 150 ehrenamtlichen und neben dem Pfarrer 4 weiteren angestellten Mitarbeitenden. Die Bevölkerung setzt sich aus einem grösseren Anteil von Menschen im Pensionsalter, aus vielen jungen Familien mit Kindern, aber auch aus einer der höchsten Raten von Sozialhilfeempfängern des Kantons zusammen. Als Pfarrer Hüsemann vor sechs Jahren in die Kirchgemeinde kam, habe es zwar ein gutes Leitbild gegeben, doch habe die Strategie für dessen Umsetzung gefehlt, obwohl der Kirchenvorstand daran festgehalten habe, die Ergebnisse der Arbeit jährlich überprüfen zu wollen. Von Beginn weg war es für Henning Hüsemann wichtig, herauszufinden, welche Bedürfnisse die Menschen vor Ort haben. Ihn habe auch die Frage bewegt: «Wie können wir herausfinden, ob das, was der Kirchenvorstand und ich als Pfarrer tun, Sinn macht, und wie gut wir unsere Ziele erreichen?» NGE schien ihnen dafür ein geeignetes, weil unabhängiges Instrument zu sein. 2005 wurde das erste Gemeindeprofil erhoben. Seither wird die Erhebung alle zwei Jahre wiederholt mit anschliessender Retraite mit dem Kirchenvorstand/ Mitarbeiterteam, in der man über die Resultate und die nächsten Umsetzungsschritte spricht. Der schwächste Punkt war und ist immer noch leidenschaftliche Spiritualität. Den niedrigen Wert nahm man zum Anlass, neue Angebote zu schaffen, um interessierten Menschen die Gelegenheit zu geben, im Glauben zu wachsen. Dazu gehören bis heute Glaubenskurse, Gabenkurse, Familienferien, neue Gottesdienstformen (dank der künftigen Teilzeitanstellung eines Musikers), Predigtreihen mit anschliessendem Predigtgespräch über Bibel, Spiritualität, Leidenschaft, Heiliger Geist, Bedeutung von Gemeinde und Kleingruppen usw., Predigtreihen mit Laien (zum Beispiel predigten Frauen über biblische Frauengestalten) sowie verbindliche Taufelternabende, an denen auch das Bedürfnis Taufe oder Einsegnung geklärt wird. All diese Massnahmen hätten den Wert für leidenschaftliche Spiritualität zwar noch nicht dramatisch wachsen lassen, berichtet Henning Hüsemann, dafür seien die Werte für bevollmächtigende Leitung, gabenorientierte Mitarbeiterschaft und inspirierender Gottesdienst je um zwölf bis fünfzehn Punkte gestiegen. «Das Werkzeug des Gemeindeprofils», sagt der Wittenbacher Pfarrer, «gibt uns die Handhabe, neben der landeskirchlichen Grundversorgung klare Schwerpunkte zu setzen. Es zeigt den Menschen, die sich bei uns engagieren, warum wir tun, was wir tun.» Den Bedürfnissen der Kerngemeinde und der erweiterten Kirchgemeinde könne man so besser gerecht werden. 35


gesunde gemeinde | in die gesellschaft ausgegossenes …

Gemeinde – in die Gesellschaft ausgegossenes Öl

Immer mehr Christen fühlen sich offenbar berufen, irgendwo in dieser Gesellschaft am Bau des Reiches Gottes mitzuwirken, jagen Gottes Spuren nach und sind so seine Mitarbeitenden – aber eben «da draussen».

Mitarbeit in der Gemeinde neu verstehen

Beobachtung 2: von der Gemeinde zur Welt Gemeinde und Mitarbeit haben Zukunft - ziemlich sicher allerdings in anderer Form als in den letzten Jahrzehnten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Ich mache Beobachtungen und sehe hintergründige Entwicklungen in den letzten Jahren, die praktisch alle Gemeinden betreffen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach wie vor da, aber die Leute sind am Umdenken.

Reinhold Scharnowski Ich bin in den letzen Monaten in Gesprächen mit Pastorenkollegen und Leitern immer wieder auf dasselbe Phänomen gestossen: Es ist offenbar schwierig geworden, längerfristige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Gemeinde zu gewinnen, geschweige denn zu begeistern.

Umschwärmter Star in der Krise Ausnahmen bestätigen die Regel, aber der umschwärmte Star «Mitarbeiter» scheint in der Krise zu sein. Wenn man nach Gründen fragt, kommen zuerst die vordergründigen: «Die Leute haben keine Zeit mehr, überlastet, Wirtschaftskrise.» Dann geht der Kollege in der Regel tiefer und beklagt die abnehmende Verbindlichkeit und das zunehmende Lustprinzip, verbunden mit einem bösen Seitenblick auf die Postmoderne. Von dort ist es zum Seufzer «Es ist halt Endzeit» nicht mehr weit – auch wenn ich den in den letzten Jahren nicht mehr so häufig gehört habe wie auch schon. Ich möchte eine andere Sicht anbieten. Ich bin tief überzeugt: Sündenbock36

suche bringt nichts und ist kontraproduktiv. Was wichtiger wäre: Dass wir offene Augen und eine quasi «prophetische» Ahnung von den Makroveränderungen bekämen, die um uns her vorgehen. Ich möchte (in sträflicher Knappheit) einige Beobachtungen zur Diskussion stellen – und drei Herausforderungen, die sich daraus ergeben.

Beobachtung 1: vom Dualismus zur Ganzheitlichkeit Ob wir es wollten oder nicht – die starke Betonung von «Gemeinde» in den letzten vier Jahrzehnten führte zu einem Lebensdualismus: zu einer frommen Welt auf der einen und der Welt «draussen» – die vorwiegend als negativ und verloren bezeichnet wird – auf der anderen Seite. Die Menschen draussen sind «Aussenstehende», «Ungläubige» oder «Kirchenfremde». Wenn sie «Sucher» sind, sind sie uns willkommen, aber eine deutliche Grenze ist spürbar. Was «Gemeinde» bisweilen unbewusst mit gefördert hat, kommt heute als evangeliumsfremde Beimischung

immer mehr ans Tageslicht: der griechisch-platonische Dualismus, der Welt, Materie und Körper als todverfallen und niedrig bezeichnete und dessen Hauptziel es war, sich zu einer rein geistigen Existenz höherzuentwickeln. Immer mehr Christen heute wollen nicht mehr in solchen zwei künstlich voneinander getrennten Welten leben. Natürlich: Die Dualität des ganzen Seins dürfen wir nicht leugnen, ohne das biblische Weltverständnis grundsätzlich aufzugeben. Es gibt Licht und Finsternis, Gott und Satan, Gut und Böse, Sünde und Erlösung. Tatsache ist nur: Die Trennlinien laufen nicht dort, wo wir sie oft orten, sondern mitten durch unsere Gemeinden hindurch, durch unsere Familien, unser eigenes Leben und Herz. Wir können die «Welt» nirgends künstlich raushalten. Darauf kann man nun auf zwei Arten reagieren: Entweder leidet und beklagt man, dass die Welt so aggressiv und «überall» ist. Oder man fängt nach guter Völkerballmanier den Ball und beginnt, das Reich Gottes als neue Realität zu sehen, die überall am Wachsen ist. So wird man selbst zum Jäger. cz 2|10

«Stop starting with church!» – «Hört auf, immer mit der Gemeinde anzufangen!» Diesen Satz meines Freundes Bob Hopkins an einer grossen Konferenz vor einigen Jahren werde ich nie vergessen. In den letzten vierzig Jahren haben Pastoren gelernt und wurden unzählige Bücher darüber verfasst, wie «Gemeinde» aussehen soll. Für viele ist dieses Bei-der-GemeindeAnfangen Schnee von gestern. Viele Christen fragen heute mit Leidenschaft, wie eine Gesellschaft aussehen soll, in der das Reich Gottes zum Leben kommt – «Gemeinde» ist eine Folge davon und muss sich der Sendung und dem Auftrag anpassen, statt umgekehrt. Dies ist wirklich eine paradigmatische Entscheidung, die letztlich auf die Frage hinausläuft: «Bauen wir Gemeinde oder bauen wir Reich Gottes?» Immerhin hat Jesus die Aufgaben recht deutlich definiert: «Ich baue meine Gemeinde – ihr geht hin und macht Jünger» (Matthäus 16,18; 28,19). Spätestens unsere postchristliche Gesellschaft zwingt uns, unseren Arbeitsschwerpunkt zu überdenken. Es geht nicht um ein Entweder-oder, aber was würde geschehen, wenn sich die nächste Vorstandssitzung mit Leidenschaft der Frage widmen würde «Wie sollte oder könnte das Reich Gottes in unserem Dorf aussehen?», statt sich immer wieder auf dem – zugegeben angenehmeren – Parkett «Wie können cz 2|10

Reinhold Scharnowski (58), geboren im Ruhrgebiet, hat in der Schweiz Theologie studiert und ist dort hängengeblieben. Er ist verheiratet mit Regula (auch Pfarrerin), war 21 Jahre Pastor in der FEG Steffisburg und ist heute Leiter des DAWN European Network, einer Forschungs- und Impulsbewegung zur strategischen Gemeindegründung. Er ist in Beratung, Forschung und Lehre tätig und setzt sich, wo er kann, für mehr, bessere und neue Gemeinden ein. Reinhold und Regula wohnen in Steffisburg bei Thun, haben 4 Kinder zwischen 20 und 28 Jahren und ein Grosskind. Mehr auf www.reinhold.typepad.com.

Beobachtung 3: von Evangelisation und Diakonie zur Gesellschaftsrelevanz

der Gemeindearbeit, sondern Existenzgrund der Gemeinde überhaupt. Nicht «die Gemeinde Gottes hat eine Mission», sondern die Mission Gottes hat eine Gemeinde. Gesandt sein ist «Grundgegebenheit des Christseins».

Evangelisation und Diakonie sind die klassischen Teilbereiche der Sendung einer Gemeinde, die lange in Spannung zueinander standen (siehe zum Beispiel die Lausanner Diskussion). Natürlich muss die Gemeinde «mit Herzen, Mund und Händen» Gott und den Menschen dienen. Aber zunehmend tritt heute der Begriff der «missionalen Gemeinde» in den Vordergrund. Missionale Gemeinde bedeutet: Die «Sendung» ist nicht mehr ein Teilbereich

Für eine missional denkende Gemeinde ist die Frage «Evangelisation oder Diakonie?» keine Alternative mehr. In der Praxis mögen die Gaben verschieden eingesetzt werden, aber man spürt: Beide Elemente sind untrennbare Elemente der Missio Dei, der Sendung Gottes. Wobei die «Sendung» und die ganze Bandbreite des gesellschaftsrelevanten Handelns noch weit mehr Möglichkeiten umfasst – ich

wir unsere Gemeinde besser bauen?» zu bewegen?

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gesunde gemeinde | in die gesellschaft ausgegossenes …

erinnere nur an Kunst und Kultur, Geschäftsleben oder Politik.

meinde eher als ein Netzwerk und eine Reihe von Beziehungen und Aktivitäten sehen. Bestimmend ist nicht so sehr, wer am Sonntag da sitzt, sondern wer partizipiert und sich engagiert. In einem dynamischen Verständnis kann Gemeinde schneller reagieren und entwickelt die Fähigkeit, in verschiedene Aggregatzustände überzugehen – Eis, Wasser und Dampf sind ja alles H20.

Tatsache ist: Im Licht des angebrochenen Reiches Gottes wollen immer mehr Christen gesellschaftsrelevant handeln und leben, egal ob das geistliche oder natürliche Bedürfnisse abdeckt. Der neue Begriff «missional» drückt eben genau das aus: Das Gesandtsein ist für viele der Hauptmotor ihres Christseins geworden, das «Motiv» (wörtlich: das, was bewegt) schlechthin. Gott lieben heisst sich senden lassen; Gott anbeten heisst sich ihm zur Verfügung stellen. Ich glaube, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind da, und das Christentum wird zunehmend wieder zu dem, was es einmal war: eine kraftvolle, überzeugte, nicht immer super organisierte, aber sehr lebendige Minderheitsbewegung.

Ich habe in den letzten Monaten mehrfach gemerkt: Wenn wir Menschen zu Jesus hin einladen möchten, ist heute das Problem oft nicht mehr, dass wir keine Kontakte hätten. Nach vielen Jahren Schulung haben viele Christen viele Kontakte. Man ist im Sportverein und macht in der Gesellschaft aktiv mit.

Wenn wir das Neue Testament – vor allem auch die Evangelien – mit offenen Augen lesen, sehen wir: Jesus wurde nicht nur «geboren, um zu sterben» (wie ich es gelehrt wurde). Die Schuldund Vergebungsfrage ist ein zentrales, aber nicht das einzige Einstiegstor in die Nachfolge Jesu. Wir müssen eine Sprache und neue Themen finden, in denen Jesus und das Reich Gottes als alternativer Lebensstil im weitesten Sinn attraktiv sind. Es ist wie bei der Hochzeit zu Kana: Wir stellen immer noch «Krüge zur Reinigung» hin, während Jesus sie schon lange mit dem besten Wein füllen will. Jesus ist nicht nur die Lösung für das Schuldproblem, sondern für das Lebensproblem; das angebrochene(!) Reich Gottes ist eine zunehmend attraktive Alternative zum zerstörerischen Lebensstil bei uns im Westen. Jesus wollte nie Leute in den Himmel bringen und sie damit der Erde entfremden, sondern sein Kommen war der Anfang einer neuen Liebesgeschichte zwischen Himmel und Erde, die mit ihrer Hochzeit enden wird in Offenbarung 21 kommt der Himmel auf die Erde herab! Das Reich Gottes lädt Menschen ein, wach zu werden und Leben in der Fülle zu leben. Es gibt Sinn, erneuerte Beziehungen, ist lebenssprühend und macht die Gebeine gesund.

Nein, das Problem liegt darin, was wir mit diesen Kontakten machen können. Unsere herkömmliche evangelistische Schiene geht in der Regel immer noch über Schuld, Sünde, Vergebung und ewiges Leben (was für die meisten irgendetwas nach dem Tod ist). Seien wir aber ehrlich: der augustinisch-reformatorisch-pietistisch-evangelikale Weg über Sünde und Kreuz zur Erlösung läuft in unserer Gesellschaft weitgehend ins Leere, und was nach dem Tod kommt, interessiert wenige. Hier liegt in meinen Augen ein Hauptgrund für «viele Kontakte, aber wenig Bekehrungen».

Christen sind «nicht die letzten Fusskranken eines untergehenden christlichen Abendlandes, sondern die Pioniere von Gottes neuer Schöpfung» (H. K. Hoffmann). Gemeinde ist Gottes Zukunftswerkstatt, und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter sein heisst von daher, an Gottes Projekt «Neue Welt» beteiligt zu sein. Grosse Worte? Vielleicht. Dahinter steckt aber eine Vision, die grösser ist als die Erhaltung einer religiösen Institution. Wenn Gemeinde sich als «in die Gesellschaft ausgegossenes Öl» neu definiert, wird sie meiner festen Überzeugung nach nie zu wenig Mitarbeitende haben.

Neben ihren Kernaktivitäten wird die missionale Gemeinde lernen, immer wieder neue, den gesellschaftlichen Herausforderungen entsprechende Taskforces zu bilden. Damit wird sie in der nachchristlichen, neuheidnischen Gesellschaft wieder mehr bewegungsähnliche Züge annehmen – und als Bewegung begann die Kirche ja bekanntlich.

Herausforderung 3: Neue Wege zu Jesus finden

Was ergibt sich aus diesen skizzenhaften Beobachtungen für Leiter von Gemeinden? Ich möchte drei Herausforderungen benennen, die zum Teil ein wesentliches Umdenken erfordern:

Herausforderung 1: Wer dient wem? Eine Grundfrage musste ich mir schon als Pastor in den Achtziger- und Neunzigerjahren stellen: Wer dient wem? Dienen die Menschen (eben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) der Gemeinde – oder dient die Gemeinde den Menschen, damit sie in ihre Berufung kommen (in Gemeinde und Welt)? Gemeinde ist nicht Endprodukt, sondern Rekrutierungsfeld; sie ist dazu da, dass ganz normale Christen in ihre Berufung finden. 38

Immer mehr «normale Christen» empfinden heute einen Auftrag oder haben eine Vision, und sie werden nicht unbedingt gern instrumentalisiert, um die Vision des Pastors zu erfüllen. Natürlich braucht es einige Arbeitsbereiche, die abgedeckt werden müssen, und da sind Mitarbeitende nötig. Letztlich muss Gemeinde aber den Mitarbeitenden Gottes dienen, damit die ihren Auftrag erfüllen können. Wir haben unsere treuen Gemeindeglieder seit zwanzig, dreissig Jahren gelehrt, auf Gott zu hören, ihre Gaben zu erkennen und einzusetzen; wir haben Hauskreis- und andere Leiter geschult. Nun sollten wir uns nicht wundern, dass Menschen reif werden und von Gott eine Berufung empfangen, die inner- oder ausserhalb der Gemeinde liegen kann. Menschen, die als Missionare oder Diakone in ihrer Firma, Schule oder in ihrem Quartier arbeiten, gehören genauso von der Gemeinde

wahrgenommen, gesandt, gesegnet und unterstützt wie die, die sich in der Sonntagschule abmühen. Ich bin tief überzeugt, dass einer Gemeinde, die Menschen sendet und «gibt», auch für ihre internen Bedürfnisse genügend Mitarbeitende gegeben werden.

Herausforderung 2: Flexibilisierung Als natürliche Folge dieser Prozesse stellt sich die Aufgabe, das Gemeindeprogramm zu verschlanken und flexibler zu gestalten. Unsere Gesellschaft wird immer mobiler und flüssiger – müssen wir nicht Wege finden, auch das recht statische Gebilde «Gemeinde» (das in vielem noch für die Ewigkeit entworfen wird) zu verflüssigen? Das traditionelle Verständnis von «Gemeinde» ist ja «eine Gruppe von Menschen, die sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort trifft». Ein dynamisches Verständnis würde Gecz 2|10

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BFarbe R Ebekennen GENZER René Bregenzer ist Mitglied der Missionsleitung von Campus für Christus.

Farbe bekennen Kaum war ich Christ geworden, stiess ich auf das Wort in Johannes 17,21-23. Hier bringt Jesus seinen Wunsch nach Einsein mit dem Vater wie auch untereinander zum Ausdruck. Ist das überhaupt möglich bei der Vielfarbigkeit und Unterschiedlichkeit der vielen Kirchen und Gemeinschaften? Dies war lange für mich eine offene Frage, die ich mir als mitverantwortlichem Leiter von drei ganz verschiedenen Gemeinschaften oft stellte, gerade wenn Zeiten der Disharmonie den Wunsch von Jesus so offensichtlich durchkreuzten. Jahre später zeigt mir Jesus in einem Bild seine Lösung: Ich sah ein grosses, herrlich duftendes Blumenbouquet, wunderschön arrangiert in voller Pracht, das sorgsam von meisterhafter Hand hergerichtet war. Bei genauerem Hinschauen sah ich plötzlich die einzelnen Blumen in ihrer Unterschiedlichkeit, ihren verschiedenen Farben und Formen, ihrer Grösse und Art. Dann war es, als ob Jesus zu mir sagte: «Schau genau hin, denn jede der Blumen, die ich schuf, trinkt von demselben lebendigen Wasser, ehrt mich, bekennt Farbe und verrichtet seinen spezifischen Auftrag.» Dieses Bild zeigte mir eindrücklich auf, dass unser Meister seine Braut zusammenstellt, reinigt, hegt und pflegt und mit dem lebendigen Wasser versorgt, sodass «jede Blume auf ihre ArtFarbe bekennt». Ich muss nicht primär links und rechts schauen, vielmehr auf Jesus und dabei den Auftrag verrichten, den er mir gegeben hat, ob er angenehm ist oder nicht, ob er dem Nächsten schmeckt oder auch nicht. So bin ich seither fröhlich unterwegs im Wissen, dass ich meinen spezifischen Auftrag unter seiner Anleitung ausführen darf und damit «Farbe bekenne», sei es zurzeit oder auch mal zur Unzeit.

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25 Jahre Crescendo – und kein bisschen leiser Künstler sollen eine geistliche Heimat finden «Hallo Beat, ich habe 117 Musiker eingeladen, die an Crescendo interessiert sein könnten. Wie geht es dir? Ich freue mich, bei Crescendo mitzumachen. Ehrlich gesagt, ist das der einzige Grund, warum ich noch Violine spiele», schreibt Darja, eine Violinistin aus der Slowakei1. Crescendo-Kreise und Gebetsgruppen bieten mittlerweile in vielen Ländern Europas Künstlern eine geistliche Heimat.

sam beten und ermutigt werden. Die Vision von Crescendo ist ein dichtes geografisches Netzwerk von geistlichen Anlaufstellen für Künstler. Darüber hinaus soll die Sicht für das christliche Zeugnis von Kunstschaffenden in der Kulturwelt gefördert werden.

Johanna Schaller

«Was uns immer wieder überrascht», sagt Beat Rink, Leiter von Crescendo International, «ist die Aussage von Musikern und Künstlern, dass sie sich so etwas schon lange gewünscht hätten.» Es sei für Musiker nicht einfach, sich einer örtlichen Gemeinde anzuschliessen, da sie viele Termine am Wochenende und im Ausland wahrnehmen müssten. Hinzu komme, dass Musiker oft nicht verstanden würden – Unverständnis, das bei manchen bereits in der Jugendzeit beginne.

Künstler sein ist kein Zuckerschlecken Sie sind sensibler und haben eine feinere Wahrnehmung als ihre Klassenkameraden. Manche sind Aussenseiter, weil sie ein klassisches Instrument spielen. Es kann sein, dass

1 Englischer Originalton: «Hello Beat, I ve invited 117 musicians who could be interested in Crescendo. How r u Doing? I do look forward to being in Crescendo. Honestly it is my only last reason to play violin.» 40

• Beat und Airi Rink, das Leiterehepaar von Crescendo international.

ein Musiker in der Jugend weder von Lehrern noch von Eltern oder Freunden verstanden wird. Trotzdem folgt er seiner Berufung und wird Musiker. Wenn er zum Glauben an Jesus findet und eine christliche Gemeinde besucht, kommt es vor, dass er sich in der Kirche als Künstler nicht verstanden fühlt. Und mit seinem neu gefundenen Glauben wird er auch unter den Musikern zum Aussenseiter. «Ein Teil unserer Arbeit besteht darin, Künstler aufzufangen», erzählt Beat Rink. Seine Frau Airi kann mit dem

Hintergrund ihrer psychotherapeutischen Ausbildung vielen Musikern durch Gespräche und Gebet in schwierigen Phasen helfen. «Es ist nicht nur schwierig, mit Misserfolgen umzugehen, auch der Erfolg hat seine Schattenseiten», erklärt Airi Rink. Das Anliegen von Beat und Airi Rink besteht darin, Künstlerinnen und Künstler geistlich und psychisch zu begleiten und ihnen in ihrem Reifungs- und Heilungsprozess beizustehen. Doch das tun sie nicht alleine: An vielen Orten Europas gibt es Crescendo-Zellen, in denen Künstler gemeincz 2|10

Die Verantwortung des Künstlers

aus dem 2008 erschienenen Buch «Mich umgibt ein grosser Klang» von Franz Mohr und Beat Rink). Seiner Meinung nach ist Musik ohne Zuhörer nicht lebendig. «Ich schreibe Musik für viele», sagt er, «das ist meine Möglichkeit, mit Menschen zu sprechen, und auch das, was Gott mir gegeben hat, damit ich es weitergebe.»

«Ein Künstler hat die Verantwortung, aus seinen Gaben und Veranlagungen in einer gesunden Weise das Beste zu machen», sagt Beat Rink. Ein Künstler vermittelt eine Botschaft. Indem er sich ernsthaft mit seinem Material, seien es Farben, Töne oder Worte, auseinandersetzt, kann er seiner Botschaft Ausdruck verleihen und lässt so sein Werk sprechen. Dabei muss er sich seines Gegenübers, des Zuhörers, Lesers oder Zuschauers, bewusst sein und ihn ernst nehmen. Als Beispiel für einen solchen Künstler nennt Beat Rink den Komponisten Rihards Dubra aus Lettland. «Als ich etwa acht Jahre alt war, hatte ich den Drang, etwas schreiben zu müssen – und so schrieb ich ein paar kleine Werke für Klavier im Mozartstil (...)», sagt dieser in einem Interview (Auszug

Durch seine Kunst gibt die Künstlerin ein Stück von sich selbst preis. Sie zeigt sich authentisch und macht sich verletzlich. Beat Rink sieht in der Kunst eine wertvolle Art des christlichen, ganzheitlich glaubwürdigen Zeugnisses. In der Kulturwelt sollen Zeichen gesetzt werden, die auf Gott hinweisen und somit einen weiteren Zugang zu seinem Reich öffnen. Denn «Gottes Reich, wie Jesus es verkündet und gebracht hat, spricht schliesslich den ganzen Menschen an und nicht nur den Kopf», sagt Beat Rink. Am 18. Oktober 2009 konnte zum Beispiel die erste «Kirche Kreativ» in Paris durchgeführt werden. In der reformierten Kirche des Pariser Distrikts Marais erklang viel Musik, der dortige Pfarrer hielt eine Predigt zum Thema

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Schönheit, und es gab künstlerisch gestaltete Gebetsstationen. Die Besucherinnen und Besucher zeigten sich offen, interessiert und neugierig. «Es ist uns ein Anliegen, sowohl Musikstudentinnen als auch Berufsmusiker zu motivieren, im geistlichen Bereich dynamischer zu werden, etwas zu wagen und Land einzunehmen», hört man von den Crescendo-Leitern. Man könne zum Beispiel Hauskonzerte geben und diese unter geistliche Themen stellen oder ein Künstlercafé mit einer Bühne eröffnen. Ein solches haben Beat und Airi Rink zusammen mit dem Team von Crescendo Finnland im Frühjahr 2009 in Helsinki eingeweiht.

Das Sommerinstitut als Highlight Viel Ermutigung für Kunststudierende aus zwanzig Ländern bietet das Sommerinstitut der Künste, das seit 2003 jedes Jahr von Crescendo angeboten wird. Ein Ziel neben der intensiven fachlichen Arbeit ist es, die Studenten zum Glauben einzuladen. Airi Rink berichtet über das Crescendo-Sommerinstitut der Künste 2009: «Es fanden während dieser 14 Tage 28 Leute zum Glauben – 41


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und seither aufgrund der dortigen Erlebnisse noch einige mehr.» Allein die freundliche Atmosphäre und die grosse internationale Gemeinschaft sind für viele Studierende des Sommerinstituts etwas ganz Besonderes. Denn viele der rund zweihundert hochbegabten Musikerinnen und Künstler kommen aus ärmeren Verhältnissen. Für sie bietet das Institut nicht nur einen Ort, an dem sie von hervorragenden Lehrpersonen Unterricht erhalten, ein Orchesterwerk oder eine Oper einstudieren können – diese Tage sind auch eine Gelegenheit, andere Christen kennenzulernen. Da die Dozierenden und rund die Hälfte der Studenten gläubig sind, entsteht durch die Arbeit mit Kunst und Musik eine besondere Dynamik. Die jungen Leute

beginnen miteinander zu diskutieren – auch über den Glauben. Das qualitativ gute Angebot und die geistliche Atmosphäre tragen dazu bei, den Glauben an Jesus attraktiv und interessant zu machen. Gläubige Studentinnen und Studenten machen während des Sommerinstituts geistliche Fortschritte und können auftanken. «Jetzt habe ich wieder Kraft für das nächste Jahr», sagt ein Teilnehmer, der aus einem geistlich eher trockenen Land kommt. Noch lange nach dem Sommerinstitut werden die Kontakte zwischen Studierenden oder auch zwischen Dozenten und Studenten via Facebook aufrechterhalten. Sie ermutigen sich gegenseitig über die Landesgrenzen hinaus. Manche Studentinnen

und Studenten kehren mit der Vision in ihr Land zurück, eine neue CrescendoArbeit zu gründen.

Wenn Künstler den Leib Christi zusammenbringen Beat Rink ist sich bewusst, dass es überall klein anfängt. «Was aus den kleinen Anfängen alles wachsen kann, ist jedoch ermutigend», sagt er. In Russland beispielsweise hat Crescendo vor Jahren mit einer einzigen Frau begonnen. Heute gestaltet das dortige CrescendoOrchester das nationale ParlamentarierGebetsfrühstück mit. Etwas ganz Besonderes hat sich der russische Leiter Oleg Romanenko für Ostern einfallen lassen: Er führt Haydns «Sieben Worte Jesu am Kreuz» auf und lässt zu

Unterwegs K U RerlebtT H

jedem dieser Worte einen Geistlichen aus einer anderen Denomination sprechen: vom orthodoxen Priester über den Baptisten bis zum Pfingstprediger. So entsteht durch ein geistliches Konzert ein Stück Gemeinschaft innerhalb des Leibes Christi. «Wir erleben immer wieder, wie aus kleinen Samen schöne Dinge wachsen.» Auch Crescendo hat einmal in einem Studentenkreis in Basel begonnen. Heute, 25 Jahre später, ist ein grosses internationales Netzwerk und vielerorts eine Bewegung entstanden, die sich bis nach Asien ausgebreitet hat. Und wer weiss, wo in der Schweiz, in Europa oder in der Welt sich in Zukunft Musiker und Kunstschaffende zusammenschliessen – und was daraus entsteht?

• Roland Kurth ist Leiter von Agape international, das sich in rund sechzig einzelnen Entwicklungs- und Hilfsprojekten, vor allem in Asien, Südamerika und Afrika, engagiert.

Ärmere Gemeinden? Ich habe die Möglichkeit, in vielen Ländern unsere Partnerkirchen zu besuchen, und lerne so den Gemeindealltag vor Ort kennen. In ärmeren Nationen, wie Kuba, Bolivien, Ruanda, Burundi, Russland, Kasachstan, Portugal oder der Ukraine, ist Gemeinde immer auch soziales Netzwerk. Hier ist die tätige Liebe, die Diakonie, fester Bestandteil der Gemeinde und des Hauskreises. Hier bei uns in der Schweiz hat der Staat diese Aufgabe übernommen. Bei Arbeitslosigkeit, unerwarteter Armut, bei Krankheit oder Unfall verweisen wir unsere Brüder und Schwestern ans zuständige Büro, an die Rechtsberatung, ans Sozialamt usw. In den oben erwähnten Ländern wendet man sich in persönlichen Notlagen immer an die Gemeinde, den Hauskreis oder an die Brüder und Schwestern in der Nähe. Bei meinem Besuch in einem Hauskreis erzählte eine Frau, dass ihr Mann arbeitslos geworden sei. Die Anteilnahme ihrer Glaubensgeschwister war gross: Sofort wurde gefragt, wie gross die finanzielle Einbusse sei. Allen war klar, dass sie gemeinsam versuchen würden, diese Summe aufzubringen und so ganz konkret materiell zu helfen. Die Geschwister waren sicher auch eifrig im Gebet und in der praktischen Arbeitssuche für den Arbeitslosen. Denn erst, wenn er wieder eine Arbeit gefunden haben wird, werden sie frei von ihrer Verpflichtung sein.

Für Jazzmusiker 2009 wurde unter der Leitung von Uwe Steinmetz in Berlin Crescendo Jazz gegründet. Es ist ein Netzwerk für Jazzmusiker, die ihre spirituelle Heimat im Glauben an Jesus Christus suchen oder gefunden haben. Crescendo Jazz dient zudem als Ansprechpartner für Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die Jazz integrieren möchten.

• Titelbild des neuen Hörbuchs mit Franz Mohr (in deutscher und englischer Fassung erhältlich). • Li Qui, chinesischer Musiker als Solist in Mendelssohns Violinkonzert mit dem Rundfunkorchester Budapest im Rahmen des Sommerinstituts und des säkularen ZempléniFestivals, mit dem Crescendo zusammenarbeitet. 42

• Buch von Franz Mohr: «Mich umgibt ein grosser Klang.» Eine Interviewsammlung mit renommierten klassischen Musikern im Gespräch über Gott und die Welt. Basel: Brunnen Verlag, ISBN 978-3-7655-1988-8 cz 2|10

Weitere Informationen:

Krankenbesuche, praktische Hilfe im Haus und bei den Kindern gehören in diesen Gemeinden zum Alltag. Gemeinde gibt Halt im Leben, gibt Hoffnung, Zukunft und ganz praktisch Geborgenheit, Hilfe und ein tiefes Eingebundensein in eine Gemeinschaft der Liebe. Das macht die Gemeinden dieser ärmeren Länder so reich!

www.crescendo-jazz.com

• Uwe Steinmetz, der Leiter von Crescendo Jazz. cz 2|10

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cfc | national

CfC national Athletes in Action an den Olympischen Winterspielen

«Ich bin offen für deine Nöte!» Seminar für den Besuch am Krankenbett | Beatrice Gobeli Mit dem Tagesseminar «Besucht die Kranken» am 17. Februar 2010 in Aarau bot der Arbeitszweig «Christen im Dienst an Kranken (CDK)» einen Impulstag an, um sich praktisches Handwerkszeug anzueignen. Die Nachfrage nach diesem Seminar war so gross, dass über vierzig Interessierte auf das Seminar vom 24. November 2010 vertröstet werden mussten. auf dem Gebiet völliger Laie bin, total motiviert, Schritte Der Referentin, Pfarrerin Monika Riwar, gelang es, den achtzig Teilnehmerinzu wagen.» – «Sehr bereichernd, aufschlussreich und kom- nen und Teilnehmern mit verschiedenen Hintergründen das Thema Krankenpetent. Hilfreich, um Hemmschwellen zu überwinden.» besuch näherzubringen. Aus ihrem reichen Erfahrungsschatz aus Pfarramt, Beratung und Seelsorge zeigte sie anhand von praktischen Beispielen auf, wie ein Besuch für alle Beteiligten zum Gewinn werden kann. Hilfreich sei es, im Vorfeld Folgendes für sich zu klären: • Ist der Besuch privater oder offizieller Natur? • Stehe ich in einer nahen oder lockeren Beziehung? • In welches Umfeld komme ich hinein – Spital, Pflegeheim, Zuhause?

Stimmen von Teilnehmenden: «Es hat mich, die ich

Die wichtigste Fähigkeit für den Besucher sei das Zuhören, das heisst, ehrliches Interesse zu zeigen, den anderen reden zu lassen, Stille auszuhalten und bereit zu sein, auch schwierigen Gesprächsinhalten zu begegnen. Wichtiger, als die richtigen Worte zu finden, sei jedoch die Herzenshaltung – eine Haltung, die signalisiert: «Ich bin offen für deine Erfahrungen, deine Probleme und Nöte.» Der Krankenbesuch gilt von jeher als christliche Tugend. Durch gutes Zuhören und Nachfragen kann man in Erfahrung bringen, wo das Gegenüber im persönlichen Glauben steht. Je nach Offenheit kann man auf natürliche Weise ein Gebet sprechen, in der Bibel lesen oder zusammen eine Predigt hören. In jedem Fall darf man dem anderen anbieten, für ihn zu beten.

• Adrian Hofmann an den Paralympics in Whistler.

Regula C. Maag und Adrian Hofmann ermutigten Sportler im Multi-Faith Centre | Johanna Schaller In Vancouver und Whistler waren 25 christliche Sports Chaplains (Sportseelsorger) in den beiden olympischen Dörfern im Einsatz. Auch Regula C. Maag von Athletes in Action Schweiz gehörte zum internationalen ChaplaincyTeam. Im Multi-Faith Centre standen täglich kurze Andachten und Gebetszeiten auf dem Programm, die vor allem in Whistler viele Athleten besuchten. Durch den Todesfall des Rodlers Nodar Kumaritaschwili zu Beginn der Spiele entstand eine Offenheit für Lebens- und Glaubensfragen. Regula C. Maag berichtet von einer Begegnung: «Ein Athlet kam im Centre vorbei, um für den georgischen Rodler eine Widmung ins Memorialbuch zu schreiben. Ich erklärte ihm meine Funktion, und er erzählte sogleich von seinen Herausforderungen an der Olympiade.» In einem solchen Moment ist es Regula C. Maags • Regula C. Maag mit Katya Antonyuk, einer Sports Chaplain Wunsch, ihrem Gegenüber zu verstehen zu geben, dass er sehr wertvoll ist. und ehemaligen Olympia-Langlaufteilnehmerin, im MultiDenn im Sport geht es oft um Identität, und diese ist stark mit der Leistung Faith Centre in Whistler. verknüpft. «In meinen Gesprächen konnte ich immer wieder vermitteln, dass Gott als unser Schöpfer uns die wahre Identität gibt. Auch wenn die Gespräche im olympischen Dorf häufig nur fünf bis zehn Minuten dauerten, vertraue ich, dass diese kurzen Momente viel bewirkten», sagt Regula C. Maag. Adrian Hofmann war für die Paralympics vom 12. bis 21. März als Sports Chaplain im Einsatz: «Auf meinen täglichen Besuchsrundgängen wurde ich von den Schweizern immer sehr herzlich empfangen. Dabei liessen sich einige gerne auf ein kurzes seelsorgerliches Gespräch ein.» Vor allem gegen Abend besuchten die Menschen das Multi-Faith Centre, um ihre geistlichen Bedürfnisse zu stillen. «Einige Personen wünschten ein Einzelgespräch, andere wiederum wollten ein geführtes Bibelstudium, ein Gebet oder suchten die Stille», erzählt Adrian Hofmann und berichtet von einer islamischen Frau, die den islamischen Gebetsraum für Frauen besuchte und nach ihrem Gebet ein christliches Buch mit nach Hause nahm. 44

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Mitarbeiterinnenwochenende der Frühstückstreffen «Ergreife das Leben!» | Maja Guidon Hundert Frauen aus neunzehn Teams der deutschsprachigen Frauenfrühstücksbewegung trafen sich Ende März zum Motivationswochenende.

Zitate von Teilnehmerinnen: «Ich will aus dem Schatten meiner selbst heraustreten in das Leben mit und in Jesus.» – «‹Dankbarkeit festigt die Siege Gottes.› Dieser Satz ermutigt mich, der Dankbarkeit in meinem Leben wieder viel mehr Raum zu geben.»

«Wir können Menschen geistlich nur dort mit hineinnehmen, wo wir selbst drinstehen.» Mit dieser Aussage forderte Monika Flach die Zuhörerinnen auf, «in die himmlischen Räume des Wortes Gottes einzutreten». Sie machte Mut, das Wort nicht nur zu lesen, sondern es auch innerlich zu «sehen», daran festzuhalten und es ganz praktisch in den Alltag einzubeziehen. Es gehe darum, das dem Wort innewohnende Leben zu ergreifen. Monika zeigte als anschauliches Beispiel, was es bedeutet, durch Jesus, die Türe (Johannes 10,9), ein- und auszugehen, sein Wort im Hier und Jetzt zu empfangen und so «Weide» – das heisst Ruhe, Sättigung und Leben – zu finden. Mit ihrer sprühenden Art ermutigte sie die Teilnehmerinnen, im eigenen Umfeld und an den Frühstückstreffen nicht nur freundliche Frauen zu sein, sondern die Furcht abzulegen und das Wort mutig zu bekennen. Gott werde als Folge davon gute Frucht wachsen lassen.

Die Impulse für das persönliche geistliche Wachstum, der Austausch unter den Frauen, das Hotel mit seinem Wellnessbereich, die grandiose Aussicht und die vielen Begegnungen machten diese Zeit auf dem Berg zu einem besonderen Erlebnis. cz 2|10

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CfC national Gottkennen-Kampagne im Raum Basel

Was Campus für Christus in Haiti bewegt

Antworten geben auf verzweifelte Fragen | Johanna Schaller

Nach dem Erdbeben | Brigitte Eggmann

Vom 15. März bis Ostern warb Gottkennen.ch mit 150 Grossplakaten, mit Tram-, Kino- und Onlinewerbung in Basel-Stadt und Basel-Land für die Website Gottkennen.ch. Unterstützung erhielt die Kampagne von der Evangelischen Allianz Basel mit 22 lokalen Partnerkirchen.

Am 12. Januar 2010 wurde Haiti von einem Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala erschüttert. Es forderte über 200 000 Menschenleben und machte 1,5 Millionen Menschen obdachlos.

• Bereits bis Ende Februar wurden 130 Tonnen Babynahrung und Lebensmittel nach Haiti gebracht und schliesslich 27 000 Menschen versorgt.

Das Global Aid Network (GAiN), der Partner für humanitäre Hilfe von Campus für Christus Deutschland, stellte Lebensmittel und Wasserfilter als erste direkte Hilfeleistungen zur Verfügung, ermöglichte mit Teams von freiwilligen Medizinern erste notwendige Behandlungen und schulte mit zwei Psychologenteams bisher tausend Pastoren und Gemeindeleiter, wie sie traumatisierten Menschen beistehen können. Ihr Partner vor Ort ist Pierre Esperandieu, der Campus für Christus Haiti leitet und mit seiner Familie das Erdbeben überlebt hat. Schon seit Jahren arbeitete er mit rund 35 lokalen Kirchen zusammen und konnte nach dem Erdbeben auf diese Kontakte zurückgreifen, um sofortige und längerfristige Hilfe anzubieten. Für weitere Informationen:

• Eric und Anne Rivière mit ihren zwei Kindern haben als einziges Möbelstück ihr Ehebett aus dem zerstörten Haus retten können.

• Das Gottkennen-Plakat, E-Coaches aus der Region Basel und zwei Gottkennen.ch-Mitarbeiter.

www.GAiN-Germany.org www.cpchaiti.org www.nehemiahvisionministries.org

Im Vorfeld der Kampagne wurden dreissig E-Coaches aus der Region geschult, um auf die vielen E-Mail-Reaktionen angemessen eingehen zu können. Diese liessen dann auch nicht lange auf sich warten: Von den ersten Tagen der Kampagne an verzeichnete Gottkennen.ch 250 zusätzliche Besucher pro Tag, darunter suchende Menschen mit Fragen wie: «Warum gibt Gott nie Antwort, wenn ich verzweifelt bin?» oder «Wo ist Gott? Ich brauche Erlösung von all meinen Depressionen!» Pro Woche wurden durchschnittlich zwanzig E-Mail-Kontakte an die lokalen E-Coaches weitergeleitet, zum Beispiel an Theresa Hunzinger und Michel Fischer, die bereits seit mehreren Jahren als E-Coaches für die Region Basel aktiv sind.

Michel Fischer «Ich bin begeistert, Menschen ein Gegenüber zu sein, die wirklich Fragen und Anliegen haben», erzählt Michel Fischer, der als Pastor in der Vineyard Basel angestellt ist. Die direkte Auseinandersetzung mit diesen ehrlichen, aber auch schwierigen Fragen und Sorgen fordere ihn selbst immer wieder heraus. Dadurch bleibe er näher an der «Realität» und den Problemen, die die Menschen heute beschäftigten. Pro Monat nimmt seine Aufgabe als E-Coach rund fünf Stunden in Anspruch.

• Für den Wiederaufbau des zerstörten Landes braucht es wohl eine mehrjährige Entwicklungspartnerschaft.

Theresa Hunzinger «Wenn ich als E-Coach eine Person begleite, die ein Familienmitglied verloren hat, und mir daraufhin fast die ganze Familie schreibt, kann das schon sehr viel Zeit in Anspruch nehmen», berichtet Theresa Hunzinger aus Ettingen BL. Als Beraterin und Seelsorgerin mit ICL-Ausbildung stand sie auch schon anderen E-Coaches mit ihrem psychologischen Wissen unterstützend zur Seite. «Ich liege sicher nicht immer ganz richtig mit meinen Antworten, Gott aber ist grösser», erzählt Theresa Hunzinger. Sie ist überzeugt, dass Gott durch diese Seiten im Internet schon vielfach Menschen wieder oder erstmals zu sich ziehen konnte. Sie berichtet, dass sie über diese E-Mail-Kontakte immer wieder schöne Begegnungen erlebt habe und sogar schon persönliche Freundschaften habe schliessen können.

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• Klaus Dewald (links), Leiter von Global Aid Network (GAiN) Deutschland: «Bis die ersten Lieferungen eintrafen, kauften wir Bohnen, Reis und Öl in der Dominikanischen Republik und verteilten die Lebensmittel in den Lagern.» • Claudia Dewald (Mitte) und Raphael Funck von GAiN Deutschland reisten im Februar nach Haiti, um sich ein Bild von der Situation zu machen: «Um Nahrungsmittel, Medikamente und Hilfsgüter vor Hitze, Regen und Diebstahl zu schützen, planen wir in der Region Chambrun eine Lagerhalle zu errichten.»

Zu Haiti

• Eine von rund sechshundert improvisierten BettlakenZeltstädten, die in den Wochen nach dem Erdbeben rund um die Hauptstadt Port-au-Prince entstanden.

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Haiti zählt rund neun Millionen Einwohner. Nur ein kleiner Teil der Geburten und Todesfälle wurde auch schon vor dem Erdbeben amtlich registriert. Daher beruhen alle Zahlen auf Schätzungen und Annahmen. Zur schwachen Wirtschaft Haitis kommt eine instabile politische Lage mit zahlreichen Unruhen, weshalb im letzten Jahrzehnt über drei Millionen Haitianer ausgewandert sind. (Quelle: Wikipedia)

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CfC Länderübergreifend Materialien

Offene Türen in Italien Campus per Cristo, der italienischsprachige Zweig von Campus für Christus, hat in den ersten vier Jahren seines Bestehens nahezu eine halbe Million Menschen in der Schweiz und in Italien mit dem Evangelium erreicht. Salvatore Farinato | Jahrelang war es meine Sehnsucht gewesen, die italienischsprachige Bevölkerung in der Schweiz vermehrt mit dem Evangelium zu erreichen. Nachdem ich sechzehn Jahre in einem renommierten Finanzinstitut gearbeitet hatte und sich Ende 2005 eine berufliche Wende abzeichnete, baten meine Frau Elisabeth und ich Gott um seine Führung. Diese liess nicht lange auf sich warten: Bereits im April 2006 tat sich eine Tür bei Campus für Christus auf.

• Salvatore Farinato hat seine Frau Elisabeth in Emmetten kennengelernt, wo sie als Rezeptionistin im Hotel Seeblick arbeitete.

Italiens geistlicher Zustand Wenn wir an Italien denken, haben wir wunderschöne Landschaften, gute Weine und feines Essen vor Augen. Wir stellen uns auch ein christliches Land vor, lauter Menschen, die das Evangelium kennen. Ersteres mag wohl stimmen, Letzteres entspricht leider nicht der Realität: Italiens Bevölkerung besteht aus sechzig Millionen Menschen. Davon bezeichnet sich nur gerade ein Drittel als Kirchgänger. In den letzten fünfzig Jahren haben Materialismus und atheistische Ideologien das einst christliche Land verändert und das Fundament christlicher Werte nachhaltig untergraben. Auch verzeichnet es durch die jahrzehntelange Einwanderung eine starke Ausbreitung muslimischer und fernöstlicher Religionen. Das Gegengewicht dazu bilden evangelische Bewegungen und einzelne katholische Strömungen, die den geistlichen Kampf aufgenommen haben. Italien verfügt über ein Netz von mehr als 3000 evangelischen Kirchen und Gemeinden mit rund über einer halben Million Mitgliedern. Aber für die rund 8000 politischen Gemeinden Italiens stellen diese Christen nur den sprichwörtlichen Tropfen auf den heissen Stein dar. Hinzu kommt, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Denominationen nicht immer einfach ist: Fundamentalismus bei den einen, Liberalismus bei den anderen bilden zum Teil unüberwindbare Barrieren.

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Schweizer Neutralität spielt positive Rolle

Italienischsprachige Bücher, Medien und Kurse sind in unserem Internetshop unter www.campus-per-cristo.ch zu finden, wie zum Beispiel:

Für uns fing alles damit an, dass wir 2006 angefragt wurden, unsere Internetarbeit ConoscereDio.com auch in Italien zu starten. Wir waren uns bewusst, dass schon ein Versuch ein Jahr zuvor gescheitert war. Doch wir spürten, dass wir Schweizer dank unserer geografischen Distanz und konfessionellen Neutralität sowohl bei den Kirchen als auch bei wichtigen Missionswerken Vertrauen genossen und mit offenen Türen rechnen durften. Mit Gebet und einer grossen Portion Gottvertrauen machten wir uns an die Arbeit. Inzwischen verzeichnet unsere Webseite ConoscereDio.com in den ersten achtzehn Monaten ihres Bestehens über 380 000 Besucher. Über hundert E-Coaches (Berater) betreuen und korrespondieren per E-Mail mit über 4000 Personen, die mehr über den Glauben wissen wollen. 95 Prozent dieser Korrespondenz stammt aus Italien. Bis zum Sommer 2010 rechnen wir damit, über eine halbe Million italienischsprachiger Menschen mit dem Evangelium erreichen zu können. • Giuseppe und Esperanza Mazzotta haben ein Ehewochenende besucht: «Obwohl wir schon seit zehn Jahren verheiratet sind, haben wir erst hier gelernt, Gott tiefer zu vertrauen. Mit seiner Hilfe können wir Probleme jetzt viel besser lösen.»

• «Next Wave» ist das Schiff von Jugend mit einer Mission. Mit der Crew dieses Schiffs und dem Einsatz der Lokalgemeinden werden wir Sizilien mit dem Evangelium erreichen.

sondern der Verfall von Moral und ethischen Werten. Und das scheint viele Menschen zunehmend zu beschäftigen. Ein Zeichen dafür ist zum Beispiel das enorme Echo auf die DVD «Le ali della libertà», auf der sieben Menschen erzählen, wie ihr Leben durch die Begegnung mit Jesus Christus verändert wurde. Tonino Ciccaglione, Mitinitiator der DVD, ist einer davon. Er sagt, er bekomme ständig Anfragen von Menschen, die ihn aufgrund seines Lebensberichts um Hilfe bitten. In Italien ist diese DVD bereits 35 000-mal verteilt worden und hat auch in der Schweiz rund 10 000 Abnehmer gefunden.

– Le ali della libertà (Sieben Lebensberichte), DVD (siehe unten) – Corso matrimoniale (Ehekurs), DVD – Corso di preparazione al matrimonio (Ehevorbereitungskurs), DVD – More than Chocolate and Cheese, DVD für italienische Touristen – Benessere, ricchezza e denaro (biblische Finanzprinzipien), von Earl Pitts, als Buch und DVD (siehe unten) – Alphalive-Kurs und viele mehr .

Die Türen nach Italien sind weit offen. Kaum sind unsere Produkte in Italien bekannt, werden wir auch schon für Projekte und Seminare angefragt. Erst kürzlich hat uns der Leiter des Missionswerks Creactio bestätigt: «Was Italien braucht, sind zeitgemässe evangelistische Tools.»

Gottes Zeiten erkennen Aber ein ebenso grosses Wunder ist: Wir stehen heute in Zusammenarbeit mit über 50 Kirchen und Gemeinden aus 37 Denominationen. Und dies ohne Rivalitäten oder Konflikte.

Mit dem Evangelium um Sizilien Wir werden oft angefragt, bei kleineren und grösseren Evangelisationen mitzuwirken. Zurzeit arbeiten wir mit italienischen Missionswerken und Gemeinden vor Ort an einem gewaltigen Projekt, dem «Festival della Vita»: eine Evangelisationsumseglung von Sizilien, die in 55 Tagen 15 Städte entlang der Küste berühren wird. Zeitungen, Radio und Lokalfernsehen machen diese Kampagne bereits bekannt. Auch im Hinblick auf die Weltausstellung 2015, die in Mailand, Parma, Venedig und Lugano stattfinden wird, sind wir in erste Vorbereitungen von evangelistischen Projekten involviert. Natürlich verbinden die Italiener mit der Weltausstellung auch immer wirtschaftliche Hoffnungen. Aber das dringendste Problem ist nicht die Wirtschaftskrise,

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Natürlich läuft nicht immer alles rund. Aber immer wieder erlebe ich, dass mir Gott genau zum richtigen Zeitpunkt freiwillige Mitarbeitende mit den entsprechenden Qualifikationen zur Seite stellt. Es sind mehrheitlich ehemalige Arbeitskolleginnen und -kollegen, die damals zu Jesus fanden. Sie sind motiviert, ihr Herz brennt für die Sache Gottes, und sie investieren gerne ihre Zeit, Talente und Gaben, um andere Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Ich versuche ganz einfach, ihnen eine angenehme Arbeitsatmosphäre anzubieten und sie vor allem in die Entwicklung des jeweiligen Projektes von Anfang an einzubeziehen. Es gibt nichts Schöneres, als die freudigen, leuchtenden Augen dieser Mitarbeitenden zu sehen, wenn sie vernehmen, dass auch durch ihre Arbeit Ewigkeitsfrucht entstehen durfte! Weitere Informationen:

www.campus-per-cristo.ch www.ConoscereDio.com www.ioti.it

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Benessere, ricchezza e denaro DVD «Le ali della libertà» Sieben Lebensgeschichten von Menschen, die in ihrer Verzweiflung durch Jesus den Sinn des Lebens gefunden haben. Diesen Menschen hat Gott einen neuen Anfang und eine neue Lebensperspektive geschenkt. Ein sehr praktisches Geschenk für Freunde und Bekannte. 1 DVD 10 DVD 50 DVD 100 DVD

CHF 7.50 CHF 5.00 pro Stück CHF 4.50 pro Stück CHF 4.00 pro Stück.

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Hill, Craig; Pitts, Earl Lugano: Campus per Cristo, 267 Seiten, ISBN 978-3-905789-22-5, Über Geld spricht man nicht! Oder doch? In den USA und im deutschsprachigen Raum gehört dieses Buch bereits zu den Bestsellern. Es erläutert die biblischen Prinzipien zum Umgang mit Geld. Ein gelungenes Werk, das jeder Pastor und seine Älteste lesen sollten. Bonus: Eine zehnminütige Einführungs-DVD von Earl Pitts. Preis inkl. DVD: CHF 27.00


Agape international Wir feiern dreissig Jahre Treue Gottes

Wir möchten alle unsere Freunde, Bekannten und Missionspartner von Campus für Christus herzlich einladen: Am 25. September treffen wir uns aus Anlass des Dreissig-Jahr-Jubiläums unseres Aussenmissionszweiges Agape international in der Parkarena Winterthur, um Gott für den grossen Segen und die Bewahrung in all den Jahren zu danken.

– Eine multimediale Film projektion wird einen Einblick geben in das, was Gott in vielen Teilen der Welt tut.

– Geistliche Leitungspersonen aus Russland und Kuba werden ihr Herz mit uns teilen. – Ein besonderer Moment wird sein, wenn der bisherige Leiter,

Roland Kurth, die Leitung von Agape international an Kurt Burgherr übergibt, der in seiner Leitungsaufgabe von Dr. Martin Stoessel und Stefan Burckhardt assistiert wird. – Roland Kurth wird in einer Rückschau einige wesentliche Stationen seines Dienstes aufzeigen und mit Bildern unterlegen.

– Hanspeter Nüesch wird zum Thema «Zeichen der Zeit» ein Wort weitergeben.

– Ein Kabarettist sowie eine Jazzformation von Crescendo werden den Anlass bereichern.

– Für einen internationalen Powersnack ist gesorgt.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie und Ihre Familie diesen Nachmittag in der Parkarena Winterthur, Barbara-Reinhart-Strasse 24, gemeinsam mit uns verbringen würden. Hanspeter Nüesch, Leiter von Campus für Christus


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