Vom Himmel her leben

Page 1

Zeitschrift der überkonfessionellen Bewegung Campus für Christus Schweiz

2_13

Vom Himmel her leben Angelika Amend

«Alles, was ich will, ist alles»

Mike Riches

Konflikt des Herzens

Hanspeter Nüesch

Worauf es in Zukunft ankommt


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | Inhalt

|

Editorial

Editorial | Peter Höhn

Die Gesinnung des Himmels

Wenn Sicherheiten zerbrechen, ist es wichtig, den Blick wieder ganz neu auf die «zukünftige Stadt» zu richten. Das, was bleibt, soll unser Leben und Arbeiten prägen, nämlich Glaube, Hoffnung und Liebe und Gottes Wort. Unser Heftthema «Vom Himmel her leben» passt perfekt, sowohl in den aktuellen wie auch in den übergeord­ neten Zeithorizont. Aktuell stehen wir im Kirchenjahr zwischen Himmelfahrt und Pfings­ ten. Wir feiern sie, danken Gott da­ für und erbitten sie von ihm immer wieder aufs Neue: die Ausgiessung seines Heiligen Geistes. Dazu will diese Ausgabe anregen – ganz beson­ ders dazu, den «Vornamen» des Hei­ ligen Geistes neu zu begreifen und zu beherzigen. «Der Heilige Geist ist uns gegeben, damit wir ein heili­ ges Leben führen können.» So sagt es Beat Strässler von der «Gemeinde für Christus» im Interview, und so er­ zählt es bis heute das starke Lebens­ zeugnis der Schwester Luise Buch­ mann (1884 bis 1944). 3

Ein heiliges Leben zeichnet sich aus durch eine Gesinnung, wie sie im Himmel herrscht (und herrschen wird), und ist geprägt von himmli­ schen Werten wie Gerechtigkeit, Demut, Freude, Liebe und Rein­ heit des Herzens. «Komm, Schöpfer Geist, besuche die Gesinnungen der Deinen; erfülle mit oberer Gnade die Herzen, die Du geschaffen hast!» – So lautet die wörtliche Übersetzung der ersten Strophe des berühmten la­ teinischen Hymnus aus dem 9. Jahr­ hundert. Machen wir uns in dieser Zeit mit diesem Gebet eins: dass der Heilige Geist vom Himmel her kom­ mend unsere Gesinnung und unser Herz auf den Himmel, auf unser zukünftiges Leben und Wirken in Gottes neuer Welt hin vorbereite! Die Gesinnung des Himmels zu ge­ winnen, scheint mir überhaupt ein Gebot der Stunde zu sein. Sie gibt uns für die Zeit, in der wir leben, die richtige Perspektive. Über dem Jahr 2013 steht die Losung: «Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.» Dieses Wort setzt einen star­ken Kontrapunkt zu unserer dies­ seitsfixierten Welt. Es fordert uns auf, unsere Glaubenssicht erweitern und erneuern zu lassen. Jetzt, da so viele Sicherheiten zerbrechen, ist es wichtig, den Blick wieder ganz neu

auf die «zukünftige Stadt» zu rich­ ten. Das, «was bleibt», soll unser Le­ ben und Arbeiten prägen, nämlich «Glaube, Hoffnung und Liebe» und «Gottes Wort» (1. Korinther 13,13; Markus 13,31). Zunächst bedeutet dies, wie Sabine Fürbringer schreibt, nochmals einge­ hend die Frage nach der Motivation unseres Glaubens zu klären: Worauf soll ich mich als Christ in diesem Le­ ben ausrichten und mit welcher Sicht im Alltag unterwegs sein? Wie Mike Riches am Beispiel von David zeigt und Ex-Esoterikerin Angelika Amend aus eigener Erfahrung erzählt, fordert es uns heraus, uns radikal ehrlich den inneren Widersprüchen unseres Her­ zens zu stellen. Es verlangt von uns, wie Agnes Wäfler ausführt, eine konse­ quente Erneuerung unseres Denkens. Es umfasst aber auch, wie Walter Dürr schreibt, die Bereitschaft, sich vom Himmel her in die Niederungen unserer Welt senden zu lassen und vom Himmel her auf irdische und menschliche Nöte zu antworten. Ich wünsche Ihnen eine bereichernde Lektüre und über Pfingsten hinaus ein kraftvolles Wachsen in der Gesin­ nung des Himmels!

Peter Höhn


Vom Himmel her leben Mit welcher Brille blicke ich als Christ auf mein irdisches Dasein? Die Bibel ermuntert uns, es aus einer Perspektive zu tun, die gleichsam den Himmel vorwegnimmt. So gestalten wir unser Hier und Jetzt nach himmlischen Prinzipien und werden selbst auf unsere himmlische Berufung vorbereitet.

Sabine Fürbringer

Sabine Fürbringer ist verheiratet mit Andreas und Mutter von zwei Teenagern. Sie ist Mitarbeiterin von Campus für Christus und Psychologin sowie Referentin zu seelsorgerlichen Themen, schreibt für das Christliche Zeugnis und be­ gleitet als Coach Frauen in Lei­ tungsaufgaben.

Wozu wende ich mich überhaupt Gott zu, und was hat er mit mir vor? Worin liegt der eigentliche Sinn des christlichen Glaubens? Worauf soll ich mich als Christ in diesem Leben ausrichten und mit welcher Sicht im Alltag unterwegs sein? Wie wir diese Fragen für uns beant­ worten, hat entscheidende Auswir­ kungen: auf die Gesundheit unseres Glaubens, auf unsere Lebensgestaltung als Christen sowie auf die Frucht, die unser Leben heute und in Zukunft hervorbringen wird. Verschiedene Blickwinkel Christen, ja ganze Gemeinden haben ganz unterschiedliche «Brillen» oder Perspektiven, worauf es im Glauben und Leben mit Gott eigentlich an­ kommt. Für die einen dreht sich alles um die Errettung: Es gibt eine Ewigkeit, und hier auf Erden entscheidet sich, wo ich diese verbringen werde. Wer sein Leben Jesus Christus anvertraut und für sich persönlich im Glauben in Anspruch nimmt, dass er durch des­ sen Kreuzestod und Auferstehung mit Gott ins Reine gekommen ist, wird vom ewigen Verderben gerettet und kommt in den Himmel. Tatsächlich gibt uns die Bibel diese gewaltige

Zuversicht. Die Gefahr besteht nun aber, das Christsein auf diesen einen Glaubensschritt zu reduzieren. Hauptsache, man glaubt an Jesus und bringt nun möglichst viele Menschen dazu, die Botschaft der Errettung anzunehmen. Wenn der Fokus aber nur darauf liegt, dass Menschen «Je­ sus annehmen», bleibt der Glaube in den Kinderschuhen stecken, Christen bleiben geistlich unreif und bringen nicht die Frucht hervor, die von Gott vorgesehen wäre. Eine zweite Gruppe von Christen (und manchmal auch Gemeinden) richtet sich ganz auf eine künftige, geistige Herrlichkeit aus. Ziel ist, dass man sich hier auf Erden von den Unreinheiten der verdorbenen Welt und den Machenschaften des Teufels fernhält. Man entwickelt ein isoliertes, von der Realität abgekop­ peltes Glaubensleben und sieht seine Aufgabe vor allem darin, andere vor der Welt und ihren Gefahren zu war­ nen. Tatsächlich fordert uns Gottes Wort auf, gegenüber der Welt und den Anläufen des Widersachers wach­ sam zu sein. Aber wenn nur noch dieser Aspekt betont wird, löst man sich in falscher Weise von der Welt und vergisst, dass Jesus seine Nach­ folger nicht aus der Welt nimmt, sondern sie mitten hinein sendet (Johannes 17,15–18).

Eine dritte Variante, den Glauben zu verstehen, liegt sozusagen in der ge­ genteiligen Betonung: Als Nachfolger Jesu sind wir von ihm in die Welt ge­ sandt, um hier durch Hingabe und harte Arbeit sein «Königreich» aufzu­ richten. Der Glaube wird zur Beru­ fung, die Welt nach den Prinzipien des Reichs Gottes zu erneuern, bzw. zu vollenden, was Jesus angefangen hat: nämlich, gegen ungerechte Ge­ sellschaftsstrukturen zu kämpfen, realen Nöten zu begegnen, Kranke zu heilen, Hungrige zu speisen, Ver­ achteten die Würde zurückzugeben. Tatsächlich ruft uns Gottes Wort zu dieser Art Wirken auf. Aber wenn das soziale Engagement, der Kampf für die Gerechtigkeit oder für den Schutz der natürlichen Ressourcen zum Dreh- und Angelpunkt unseres Glaubensverständnisses werden, überfordern wir uns und blenden aus, dass die Zukunft der Welt von Gott und nicht von unserem Engagement abhängt. Eine weitere «Glaubensbrille» kon­ zentriert sich ganz auf die Entfaltung des Individuums. Bei dieser Perspek­ tive dient der Glaube an Gott dazu, mein irdisches Leben erfüllt und wertvoll zu gestalten. Es geht darum, aus der Beziehung zu Gott heraus das ei­ gene Potenzial zu entfalten, lebens­ feindliche Barrieren zu überwinden 4


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben

5


Himmel und eine neue Erde ver­ heisst. Dort werden Menschen leben, die von den Toten auferweckt wur­ den, um die Herrscher und Priester dieser neuen Welt zu sein. Es handelt sich um das Königreich Gottes, und dieses wird durch das Wirken von Jesus und des Heiligen Geistes er­ richtet. Im Glauben, durch die Tau­ fe und in der daraus resultierenden Umgestaltung werden wir Teil da­ von und bereiten uns jetzt in die­ sem Leben dar­ auf vor. Die Bekehrung zu Christus ist somit nicht ein Schlusspunkt, sondern der An­ fang einer ab­ solut neuen Le­ bensausrichtung. Nun geht es da­ rum, vom Ziel dieser endgülti­ gen Wirklichkeit des neuen Him­ mels und der neuen Erde her gedacht, unser heutiges Leben zu gestalten. Der neue Himmel Die Bekehrung zu Christus ist nicht ein Schlusspunkt, sondern der An­fang einer ab­solut neuen Le­bensausrichtung, die von und die neue Er­ der zukünftigen Wirklichkeit des Himmel her «sieht», denkt, de halten Auf­ redet und handelt. gaben für die an Jesus Glauben­ Vom Himmel her leben den bereit. Um diese später einmal All die beschriebenen Auffassungen wahrnehmen zu können, brauchen haben einen biblischen Bezug. Wenn wir Veränderung und Übung, zum man es sich genau überlegt, führen Beispiel in der Art, sie für sich allein genommen aber wie wir im Himmel miteinander am eigentlichen Ziel vorbei. Wir umgehen werden; sie entspricht brauchen eine andere, umfassende nicht unserer natürlichen, gefallenen Perspektive, wie wir unser irdisches Beziehungskultur. Leben und die himmlische Zukunft Die Bibel spricht auch von der neun­ in einen Zusammenhang bringen fältigen «Frucht des Geistes», die an­ können; eine Perspektive, wie sie stelle der «Werke des Fleisches» in 1 zum Beispiel N. T. Wright in sei­ uns wachsen soll (Galater 5,19-23). nem Buch «Glaube – und dann?» Indem wir uns nach ihr ausstrecken aufzeigt. Sinngemäss schreibt er, dass und ihr Gedeihen fördern, nehmen Gott uns in der Bibel einen neuen wir ein Stück des Himmels vorweg, und die Person zu werden, die Gott sich von Anfang an gedacht hat. Tat­ sächlich finden wir auch zu diesem Glaubensverständnis manche bibli­ sche Verheissung und Ermutigung. Aber wenn es zum ausschliesslichen Fokus wird, besteht die Gefahr, dass das eigene Ich zum Zentrum wird und der Glaube zu einem Programm zur Selbstverbesserung und Wohl­ fühloptimierung verkommt.

und Gottes Reich wird im Heute bereits sichtbar. Der Erneuerung unseres Denkens, das mit biblischen Wahrheiten gespeist wird, kommt ein weiterer zentraler Part in dieser Umwandlung zu. Ebenso sollen wir den «alten, fleischlichen Menschen» «ablegen» und den «neuen Men­ schen», der den künftigen Himmel besiedeln wird, «anziehen». Es geht also darum, dass wir uns vom Heiligen Geist an der Hand nehmen und hier und jetzt lehren lassen, sodass wir schon hier auf der Erde immer sicherer und selbstver­ ständlicher auf der himmlischen Klaviatur des Lebens spielen. Könige und Priester Was hat es denn nun mit der Di­ mension der königlichen Priester­ schaft auf sich, die wir bereits im Hier und Jetzt zu leben beginnen und die im Himmel ihre Vollendung finden wird? Vom Anfang der Schöp­ fung bis zu den Visionen der Offen­ barung sind es die beiden Aufträge an uns Menschen, die sich durch die biblischen Berichte ziehen: Wir sind zur Anbetung Gottes und zum Re­ gieren bestimmt, unser ganzes Sein ist auf Gott ausgerichtet, in ihm liegt unser letztes Ziel. In allem, was wir tun, soll sichtbar werden, dass er Gott ist. Gleichzeitig sind wir geru­ fen, die Welt so zu gestalten und zu ordnen, dass himmlische Lebensprin­ zipien zum Tragen kommen. Himm­ lisch inspirierte Innovation hat dabei ebenso ihren Platz wie der entschlos­ sene Widerstand gegen das Böse. Ein Beispiel: Das heutige Gesund­ heitswesen hat seinen Ursprung in christlichen Initiativen, die dem Lei­ den der kranken Menschen mit einer Perspektive vom Himmel her begeg­ net sind. Denn Leid, Schmerz und Geschrei sind keine Elemente von Gottes künftigem Reich. Wie kann dieser «himmlische» Zustand bereits heute in diesem für die Menschen so zentralen Lebensbereich vorwegge­ nommen werden? Neben dem Kran­ 6


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben

ten muss, das Geld mich aber nicht knechten soll, weder durch masslose Gier noch durch ängst­ lichen Geiz. Die himm­ lische Lebensweise be­ inhaltet Vertrauen in einen Versorger, der sogar die vergänglichen Lilien kleidet oder die Spatzen er­ nährt, ohne dass sie sich zu sorgen brau­chen (Lukas 12,22-34). Der Heilige Geist will durch diese Span­ nungsfelder in mir die himmlische Gesinnung und neue Reflexe heran­ bilden, die in der künftigen Welt Bestand haben werden. Auch in der Ehe und Familie kommt uns der Himmel ganz nah, wenn wir beginnen, die Beziehungen nach sei­ nen Vorgaben zu gestalten. Ein Paar, das sich einander gegenseitig unter­ ordnet und den anderen höher ach­ tet, bekommt die wohltuenden Aus­ wirkungen schon im Hier und Jetzt zu spüren (Epheser 5,21; Philip­ per 2,3-5). Wir dürfen den Heiligen Geist einladen, mitten in die viel­ leicht unschönen Realitäten unseres Ehealltags hineinzukommen. Er kann uns die himmlische Sicht und darin den nächsten Schritt zeigen. Dass dabei eigene Ansprüche und Ambitionen sterben, mag schwierig sein. Und trotzdem: Nur auf dieser Basis kann Ehe gelingen. Das ist aber nicht die einzige Motivation. Wir üben dabei Umgangsformen ein, die dannzumal im Himmel selbstver­ ständlich sein werden. Und gleichzei­ tig wird so durch unsere Ehe Gottes Reich zeichenhaft in der Welt sicht­ bar. Mittlerweile haben funktionie­ rende Ehen in einer verunsicherten Beziehungslandschaft eine enorme Strahlkraft erhalten.

Es geht also darum, dass wir uns vom Heiligen Geist an der Hand nehmen und hier und jetzt lehren lassen, sodass wir schon hier auf der Erde immer sicherer und selbstverständlicher auf der himmlischen Klaviatur des Lebens spielen. kengebet hat es dazu geführt, dass Christen sich ganz in den Dienst der Leidenden gestellt haben. Mit Barmherzigkeit, Liebe, Hoffnung und De­ mut haben sie sich ihrer angenommen. In ähnlicher Weise will Gott sein Reich in den grossen Gesellschafts­ themen unserer Zeit sichtbar machen, indem er Einzelne oder Gruppen be­ ruft, die himmlische Perspektive ein­ zunehmen und daraus zu handeln. In der Wirtschaft und Finanzwelt, in der Bildung, im Gesundheitswesen, in Umweltfragen oder in Migrationsfra­ gen sind die Nöte so offensichtlich, dass man die Schöpfung förmlich schreien hört (vgl. Römer 8,19 ff.). Sie sehnt sich nach Erlösung, und Christen sind aufgefordert, vom Himmel her inspirierte Zeichen des Reichs Gottes zu setzen. Himmlische Gesinnung im Alltag üben Die Basis, auf der ich vom Himmel her leben lerne, liegt jedoch in mei­ nem konkreten Alltag. Der Heilige Geist will mich hier lehren, nach den himmlischen Prinzipien zu leben. Ich soll sie, solange ich in der Welt bin, vorwegnehmen, anwenden und ein­ üben, wohl wissend, dass ich eben nicht mehr von der Welt bin. Welche Perspektive nehme ich beispielsweise im Umgang mit meinem Geld ein? Jesus hat sich zu diesem Thema verschiedentlich geäussert, und es wird klar, dass der Mammon im Himmel keine Rolle mehr spielt. Vielmehr ist dort volle Versorgung aus dem Reichtum des himmlischen Vaters Alltag. Noch in der Welt stehe ich in dem Spannungsfeld, dass ich zwar meinen Lebensunterhalt bestrei­ 7

Transformation des Charakters Den neuen, vom Himmel her ge­ prägten Lebensstil gilt es also immer wieder zuerst im ganz persönlichen Leben und in den Aufgaben, die Gott uns hier auf Erden zuteilt, ein­

zuüben. Die Transformation unseres Charakters steht im Fokus. Paulus braucht das Bild des Kleiderwechsels für diesen Vorgang. Unsere alte Na­ tur reagiert spätestens unter Druck und Rückschlägen mit «Zorn, Läste­ rung, Habsucht, schändlichem Re­ den, Lügen, Unzucht oder bösen Begierden». Paulus zählt diese Reak­ tionsmuster im dritten Kapitel des Kolosserbriefes auf. Er setzt ihnen das himmlische Verhalten entgegen, das sich in «Erbarmen, Langmut, Demut, Vergebung oder Güte» äus­ sert. Kann sein, dass ich mit diesem himmlischen Verhaltensrepertoire aus weltlicher Perspektive zu kurz komme. Die Frage ist, ob ich vom Himmel her denke. Jesus hat das auch so gemacht. Auf Erden hat ihn das sein Leben gekostet. Er hätte sich gegen das Kreuz auflehnen können, hat sich aber zur Demut und Selbst­ aufgabe durchgerungen. Das war der Weg, wie Gottes Reich in die Welt kam. Kinder Gottes sind Menschen, die den Mut haben, in dieser Welt nach himmlischen Massstäben zu leben, auch wenn sie dabei ihr An­ sehen, ihren Reichtum oder gar ihr Leben verlieren. Es gibt kein Lebensgebiet, das wir nicht aus Gottes himmlischer Pers­ pektive heraus prägen und zumindest zeichenhaft beeinflussen können. Vom Himmel her leben: Das macht Nachfolge bedeutungsvoll und er­ füllend, und allein diese himmlische Perspektive gibt uns auch in den eingangs erwähnten Teilaspekten des Glaubens die notwendige Balance, Gelassenheit und Weisheit.

Nicolas Thomas Wright ist Professor für

1

Neues Testament und frühe Christenheit, anglikanischer emeritierter Bischof von Durham (England) und einer der führen­ den neutestamentlichen Theologen im englischen Sprachraum.


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | «Alles, was ich will, ist alles»

alles Gott abzugeben. Gott hat das ernst genommen und meinen Mann Dinge eigenständig erfahren lassen. Heute haben wir eine gemeinsame Ebene, und wir stehen auch mitei­ nander im Dienst. Anfänglich stell­ te er sich hinter meinen Lehrdienst und kam als Chauffeur und Techni­ ker mit. Doch Gott hat ihn heraus­ gefordert, seinen Teil einzubringen, und er übernimmt heute auch einen Teil unseres Lebenszeugnisses und der Lehre. Der gemeinsame Dienst ist ein riesiger Segen für unsere Ehe; wir lernen, offen und transparent zu sein voreinander und Dinge so­ fort zu bereinigen. Im Gebet dran­

zubleiben, war nicht immer einfach, manchmal kamen wir in ein Kon­ kurrenzdenken, was unser Gebet blo­ ckiert hat. Aber fest eingeplante Ge­ betszeiten im Wochenablauf und die langen gemeinsamen Autofahrten haben uns geholfen. Gott kommt in die Spannungsfelder unseres Lebens hinein und schenkt Veränderung. Dazu gehören zum Beispiel die Finanzen, aber auch un­ sere Rolle als Eltern für die mittler­ weile erwachsenen Töchter oder die Versöhnung mit meiner Herkunftsfa­ milie. Obschon wir noch viel lernen müssen, sind wir von Gott gut ver­ sorgt und machen Schritte vorwärts.

|

Kolumne New Generation

Gemeinsam als Familie mit Gott unterwegs. www.angelika-amend.de

New Generation | Andreas Boppart Nur Fliegen ist schöner Im Moment hänge ich grad irgend­ wo zwischen London und Vancou­ ver. Der linke Flügel meiner Boeing 747 schiebt sich über den roten Ho­ rizont, und die Düse malt ’nen Kon­ densstreifen. «Vom Himmel her le­ ben» – auf Sitzplatz 44A erhält diese Aussage eine ganz eigene Dynamik. Und eigentlich wäre sie gar nicht so weit weg von meinem Alltag, der sich normalerweise 10 000 Meter weiter unten abspielt. Doch da unten krieg ich es oft nicht auf die Reihe, mein Leben «vom Himmel her» zu betrachten. Die letzten 48 Stunden vor meinem Abflug haben meine Frau und ich damit verbracht, die Bescherung zu beseitigen, welche die MagenDarm-Grippe unserer mittleren Tochter angerichtet hatte. Mitten in der Nacht, in dem Stadium, in dem man aufhört, zu zählen, hat man nur noch Mitleid mit der Kleinen. Und mit sich selbst. Und sehr leicht kommt einem die göttliche Sicht abhanden. 17

Jetzt, zwischen zwei Metallflügeln über den Wolken schwebend, erahne ich plötzlich wieder, was «vom Him­ mel her leben» bedeutet. Einerseits verliert man den Bezug zur Zeit. Durch wie viele Zeitzonen bin ich nun schon gebrettert? Darf ich nun müde sein und schlafen? Wobei schlafen ja schon mal partout nicht geht, ausser, ich zieh mir eines die­ ser Hardcore-Knockout-Mittelchen rein. Andererseits erhalten Distanzen eine ganz andere Bedeutung, vertikal wie horizontal. Wenn ich mir vorstelle, dass ich zu Fuss (und schwimmend) von London nach Vancouver müss­ te, dann krieg ich mehr als nur Schweissausbrüche. Oder wenn ich vor dem Matterhorn stehen würde und die 4478 Meter raufmüsste, würden meine Beine nur schon beim Hochschauen versagen. Doch von hier oben ist ein Matterhorn bloss noch ein lächerlicher Spitz. Und selbst die Strecke London-Vancouver nichts weiter als eine mehrstündige Wanderung.

Genau das ist der Punkt. Es ist so an­ ders und so befreiend, wenn man all die riesigen Alltagsberge, über die man nicht mehr hinwegsieht, von oben he­ rab betrachten kann. Es ist total gut, in Beziehungen oder bei den eigenen Kindern nicht einfach nur auf der fla­ chen Ebene zu funktionieren, sondern auf die Flugzeug-Meta-Ebene zu stei­ gen – die Sache sieht sofort weniger beängstigend und bedrohlich aus. Wie das Fliegen gibt auch der Glaube im Alltag die Chance auf eine neue Per­ spektive und eine neue Möglichkeit. Keine Distanz ist mehr zu weit und kein Berg unbezwingbar. Konkret – und wieder auf dem Boden – setze ich in meinem «daily business» vermehrt mal zu einem Glaubensflug an, auch wenn dieser vielleicht nur ein paar Sekunden dauert. Und ich frage Gott, was er über die Sache denkt. Nicht immer kommt die bril­ lante Instantlösung. Aber nicht selten gelingt es mir, sehr viel entspannter und mit veränderter Perspektive wieder im Alltag zu landen.

Andreas «Boppi» Boppart ist Event­ prediger und Autor und Mitglied der Missionsleitung von Campus für Christus.


«Ich suchte Sinn und wollte geliebt werden.» Ich fand dank der «Aktion Neues Leben» zum Glauben. Doch dies war erst der Anfang eines langen Weges innerer Heilung.

Cornelia Clark-Schewe, aufgezeichnet von Peter Höhn

Cornelia ClarkSchewe und ihr Mann John wohnen in der Nähe von Nürnberg und lehren Gemeinden im In- und Ausland in den Grundlagen der Bibel.

Als ich zwölf war, fing meine Mutter mit dem Trinken an, nachdem sie und mein Vater sich zunehmend ent­ fremdet hatten. Als Einzelkind hätte ich gerade in dieser Zeit Wärme, Zuwendung und Orientierung ge­ braucht; stattdessen war ich mir oft selbst überlassen und musste schau­ en, wie ich mit dem Leben klarkam. Traurigkeit, Selbstmordgedanken und eine diffuse Ahnung, dass es da doch noch mehr geben müsse in die­ sem Leben, prägten meine Teenager­ jahre. Erste Männergeschichten ver­ stärkten die Frage nach dem Sinn des Lebens und den Schrei nach Liebe. Als Frau fühlte ich mich austausch­ bar und wertlos. Mit zwanzig lernte ich einen Schweizer kennen, ich zog in die Schweiz, und wir heirateten. Nach sieben Jahren stellte sich her­ aus, dass er eine andere Beziehung hatte, und es kam zur Trennung. Aufbrechen Damals arbeitete ich in einer Bank. Eine Arbeitskollegin spürte, dass es mir schlecht ging und hielt mir eines Tages ein Inserat der «Aktion Neues Leben» unter die Nase mit den Wor­ ten: «Das könnte dir vielleicht hel­ fen!» Ich bestellte das angebotene Taschenbuch, in welchem Menschen

von ihren Erfahrungen mit Gott erzählten, und las es mit grossem Interesse. Nach drei Wochen rief mich eine Frau aus der Kirchgemeinde Seebach an und fragte, ob ich Interesse hätte, an einem offenen Bibelgesprächskreis der «Aktion Neues Leben» teilzunehmen. Ich ging regelmässig zu den Treffen und sog das Gehörte auf. Über die nächs­ ten Monate hinweg stellte ich un­ zählige Fragen und sprach für mich zu Hause sicher zwanzigmal ein Ge­ bet, um mich und mein Leben Jesus Christus anzuvertrauen. Abdriften Doch zur gleichen Zeit schien sich die ganze Welt aufzumachen, um meine Annäherung an Gott zu ver­ hindern. Ich wurde zu einer evange­ listischen Veranstaltung eingeladen, hatte danach mehr Fragen als Ant­ worten und stellte den neu gefun­ denen Glauben in Frage. Auch hat­ te ich einige Jahre zuvor den Kon­ takt zu meiner Mutter abgebrochen, nachdem mein Vater sich das Leben genommen hatte; und dann, einen Tag nach meiner Scheidung, folger­ te ich, ähnlich wie mein Vater, dass mein Leben hier auf Erden überflüs­ sig sei. Das Beste wäre, ich würde mich ebenfalls aus dieser Welt ver­ abschieden. Bevor ich den gefassten Entschluss zum Selbstmord in die

Tat umsetzte, wollte ich aber noch­ mals zum Bibelkreis. «Dankbarkeit» war das Thema. Die Hauskreisleite­ rin sprach von einem Vietnamkriegs­ veteranen, der vor der Wahl stand, Gott zu fluchen oder ihm zu danken. Er entschied sich für das Zweite, und sein Herz wurde weich und neu. Ankommen Diese Geschichte fiel bei mir auf fruchtbaren Boden. Ich entschied mich, es ihm gleichzutun, und fing an, drei Wochen lang für alles zu dan­ ken: Essen, Trinken, Kleider, Arbeit, andere Menschen, das Dach über dem Kopf – und tatsächlich, ich er­ lebte Veränderung. Ich fand guten Anschluss in der Kirchgemeinde und lernte neue Leute kennen. Eines Tages bekam ich von einem Mann einen Blumenstrauss, doch dann irritierte mich meine eigene Reaktion: Ich wurde unendlich traurig. «Warum werde ich depressiv?», dachte ich. «Was stimmt da nicht?» Es stellte sich heraus: Mutterbeziehung! Mit einer Bibelkonkordanz forschte ich nach und fand, dass meine Traurig­ keit mit meiner unbereinigten El­ ternbeziehung zu tun hatte. «Ehre Vater und Mutter, damit du lange lebst ...» (2. Mose 20,12, und sieben weitere Stellen) – das traf in mein Herz. Nach sieben Jahren Funkstille schrieb ich meiner Mutter und 22


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | «Ich suchte Sinn und wollte geliebt werden.»

«Aktion Neues Leben», initiiert von Campus für Christus, mobilisierte in den 1980erJahren landesweit die örtlichen Kirchen und Gemeinden zum Glaubensgespräch. ‹ Dieses Inserat der «Aktion Neues Leben» bekam Cornelia 1982 von einer Arbeitskol­ legin; es wurde zum entscheidenden Anstoss für ihren Glaubensanfang mit Jesus.

besuchte sie. Obwohl es eine schwie­ rige Begegnung war, wurde mein In­ neres spürbar heil, als ich ihr vergab und Gott für meine Schuld ihr ge­ genüber um Vergebung bat. Ich war dankbar, und mein Wunsch war es, dass auch andere Menschen diesen Jesus kennenlernen. In «mei­ ner» Bank fing ich an, eine Bibelgesprächsgruppe zu Texten aus dem Johannes-Evangelium zu leiten. Die Gruppe wurde von bis zu zwanzig Leuten besucht. In dieser Zeit fan­ den etliche Menschen zum Glauben, darunter auch jene Kollegin, die mir damals das Inserat der «Aktion Neues Leben» zugesteckt hatte (sie war damals noch gar nicht gläubig gewesen!). 23

In diesen ersten Monaten erfuhr ich durch die Erfüllung mit dem Hei­ ligen Geist das, was die Bibel mit «Wiedergeburt» bezeichnet (Johan­ nes 3,1-8). Der Glaube wurde zur Gewissheit: Jesus liebt mich und nimmt mich an, wie ich bin! Aufleben Ermutigt durch Siegfried Spörri von «Mut zur Gemeinde», besuchte ich in den folgenden Jahren eine Seel­ sorgeausbildung in den USA, in der ich selbst weitere innere Prozesse der Vergebung, Heilung und Befreiung von dunklen Mächten erlebte und lernte, all dies anderen Menschen zu vermitteln. Später, anlässlich wei­ terer theologischer Studien, traf ich

meinen Mann John. Wir sind seit 2006 glücklich verheiratet und dienen Gott und den Menschen in einer Gemeinde in Deutschland. Mit meiner Mutter habe ich mich noch ganz versöhnt und ihr viel von Jesus erzählt, wenn auch vieles ihr Herz nicht mehr erreichte. Doch als sie starb und ich Jesus voller Sorge fragte, wo sie jetzt sei, hatte ich ein klares inneres Bild und seine Zusage: «Sie hats gerade geschafft.» – «Aktion Neues Leben» war für mich der Anfang einer Reise, die immer noch weitergeht. Wir werden auf die­ ser Erde und wohl auch später nicht fertig, Jesus immer noch tiefer ken­ nen- und lieben zu lernen.


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | Heiligung: Geist statt Gesetzlichkeit

|

Kolumne Beziehungsweise

Beziehungsweise | Sabine Fürbringer Mehr als ein Wegweiser In einer Teamsituation hätten wir einen Entscheid fällen sollen. Zwei Lösungswege standen zur Diskussion; jeder im Team hatte gute Argumente, die für die eine oder die andere Vari­ ante sprachen. Aber beide Optionen lösten auch Bedenken aus. Wir wa­ ren unschlüssig und vertagten den Entscheid mit der Vorgabe, jeder sol­ le diesbezüglich nochmals auf Gottes Stimme hören. Jetzt wäre ein prophetischer, rich­ tungsweisender Eindruck exzellent gewesen. Schon als wir uns trennten, sagte mir ein Gefühl in der Bauchge­ gend aber, dass wir auf diesem Weg kaum zu einem Resultat kommen würden. Es gibt Entscheide, die sol­ len wir aus der Weisheit und Einheit heraus fällen. Meines Erachtens ge­ hörte der anstehende Entscheid zu dieser Sorte. Gott drängt uns nicht vom Himmel her seinen Willen auf, sondern will, dass wir Verantwortung übernehmen. Er sieht uns als mün­ dig genug an und traut uns zu, dass wir aus dem erneuerten Denken he­ raus fähig sind, kluge Lösungen zu 27

finden. Natürlich steht er uns mit seinem Heiligen Geist in diesen Pro­ zessen bei, aber er lässt die Lösungen selten völlig vom Kontext losgelöst vom Himmel fallen. So war es denn auch: Niemand hatte den ersehnten Traum oder die Stim­ me vom Himmel gehört. In Über­ einkunft konnten wir aber einen wei­ sen und guten Weg einschlagen. In­ sofern hat die Bedenkzeit durchaus ihre Wirkung gehabt. Genauso erlebe ich es bei persönli­ chen Lebensfragen. Wenn ich bete und Gott eine konkrete Frage stelle, freut er sich, dass ich damit zu ihm komme. Und er antwortet auch. Oft passen sein Reden und meine Fragen im ersten Moment aber überhaupt nicht zusammen. Beispielsweise scheint Gott nicht im Sinn zu ha­ben, mir zu sagen, welche berufliche Weichenstellung ich vornehmen soll. Nicht, dass er keine Ideen hätte oder ihm das egal wäre. Er hat ein­ fach eine andere Herangehensweise. Er klärt mit mir die tiefer liegenden Themen. Identitätsfragen kommen

ins Spiel, mein Stolz und wie er De­ mut gewichtet, meine Ängste um die Zukunft oder was er unter Berufung versteht. Gott arbeitet an meinem Charakter und meinen Motivationen und nutzt mein Fragen, um selber ein Stück mehr zu meinem Lebens­ zentrum zu werden. In diesem Hin und Her zwischen ihm und mir lerne ich auszuharren, entwickle Geduld, und mein Ver­ trauensmuskel wird trainiert. Meine innere Freiheit wächst kontinuier­ lich. Dabei verliert die ursprünglich so dringende, offene Frage an Ge­ wicht, bekommt den richtigen Stel­ lenwert. Von hier aus kann ich nun die Optionen nüchtern betrachten und mit Weisheit entscheiden. Oder Gott offenbart den nächsten Schritt so eindeutig, dass mein vorbereitetes Herz zügig Ja sagen kann. Gott geht es eben um viel mehr, als Wegweiser für meine praktische Lebensbewältigung zu sein. Er will mich mehr und mehr in das Bild von Jesus verwandeln.

Sabine Fürbringer ist Psychologin und Familienfrau und arbeitet bei Campus für Chris­ tus als Referentin, Autorin und Beraterin.


Das Wort des Missionsleiters | Hanspeter Nüesch

Worauf es in Zukunft ankommt Wie können wir in unserem Leben und Dienst möglichst nachhaltig in Gottes Rückenwind bleiben und weiter ein Segen für Menschen im In- und Ausland sein? Im Hinblick auf den bevorstehenden Wechsel in der Leitung von Campus für Christus habe mich diese Frage bewegt und ich habe sie im Gebet vor Gott dargelegt.

Zwölf Werte sind es, die Gott mir neu ans Herz gelegt hat. Ich denke, dass sie nicht nur für Campus für Christus gelten, sondern für alle Nachfolger Jesu, die hier auf Erden einen Unterschied machen und sich gleichzeitig auf ihre Aufgabe in der künftigen Welt vorbereiten wollen.

Hanspeter Nüesch, Missions­leiter von Campus für Christus Schweiz.

1. Fokus auf Evangelisation und Jüngerschaft als unseren Grundauftrag Wir können nur dann Gottes vollen Rückenwind empfangen, wenn wir in unserer Berufung leben und tätig sind. Für uns heisst das, dass wir alles dafür tun, damit Menschen Jesus kennenlernen und in einer ver­ bindlichen Beziehung mit ihm leben. Letztlich sollen auch unsere prakti­ schen, humanitären Dienste dazu dienen, dass Menschen durch Busse und Glaube an Jesus Christus vor der ewigen Verlorenheit gerettet wer­ den. Das zeitliche Wohl darf nicht vom ewigen Heil gelöst gesehen wer­ den. Diese gehören untrennbar zu­ sammen; Gottes Liebe muss sich in Taten und Worten ausdrücken. Sonst besteht die Gefahr, dass die so wich­ tigen diakonischen Bemühungen die Evangelisation und Jüngerschaft ver­ drängen oder geradezu auffressen,

wie es Pfarrer Wilhelm Busch einmal gesagt hat. 2. Jesus Christus als Zentrum unseres Lebens und Dienstes Wir müssen uns der Gefahr bewusst bleiben, dass wir selbst bei all unse­ rem «christlichen» Dienst vergessen können, für wen wir eigentlich un­ terwegs sind. Wir haben es heute zunehmend mit einem Christentum ohne Christus zu tun, was Huma­ nismus in christlichem Gewand ist. Letztlich geht es bei unserem Dienst an Christen und Nichtchristen dar­ um, sie zu Jesus Christus als Quelle des Lebens zu führen. Das Zentrum des christlichen Glaubens muss in unserem Leben und Dienst das Wichtigste bleiben, und das ist Je­ sus Christus, der Gottessohn, der für uns gestorben und auferstanden ist, der Erlöser, das Haupt der Kirche und der Herr der Welt. 3. Hunger nach Gottes verändernder Gegenwart Auch wenn wir alle von Gottes Gna­ de abhängig sind: Letztlich entschei­ det unser geistlicher Hunger, wie na­ he wir bei Gott sind und wie viel wir von Gott empfangen. Sind wir emp­ fänglich für Gottes Segen, oder hin­

dert uns unsere Selbstzufriedenheit daran, das zu empfangen, was Gott uns schenken möchte? Warum ha­ ben gewisse Menschen einen tieferen Glauben und sind in ihrem Dienst an den Menschen effektiver als ande­ re? Weil sie Lernende geblieben sind, hungrig nach mehr von Gottes ver­ ändernder Gegenwart in ihrem Le­ ben. Ruth Grahams Hauptanliegen war es zeitlebens, durstig zu bleiben und ihre Mitmenschen auch durstig nach Gott zu machen. 4. Verwurzelung in Gottes Wort und seinen Verheissungen In unserer von Individualismus, Erlebnishunger und schnellem Wan­ del geprägten Zeit ist es wichtig, eine feste Verwurzelung zu haben. Sonst bläst uns jedes noch so kleine Zeitgeistwindlein um. In unseren Breitengraden wächst eine Genera­ tion heran, die aus biblischen An­ alphabeten besteht. Deshalb ist es äusserst wichtig, in persönlicher Jüngerschaft, in Gesprächskreisen und in Bibelschulungen aller Art die Grundzüge des Wortes Gottes zu vermitteln und Schlüsselstellen der Bibel auswendig zu lernen. Statt erfahrungsorientiert soll unser Le­ ben und unser Dienst verheissungs­ 32


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | Worauf es in Zukunft ankommt

orientiert sein, das heisst auf die biblischen Verheissungen ausgerich­ tet. Eine Erweckung des Glaubens wird keine nachhaltigen Auswir­ kungen auf das persönliche Leben und die Gesellschaft als Ganzes haben ohne die Verwurzelung der Erweckten in Gottes Wort. 5. Gehorsam gegenüber der Leitung des Heiligen Geistes Das Bemühen um dauernde Geistes­ leitung war nie wichtiger als in unse­ rer Zeit. Nur wenn der Heilige Geist uns leitet, sind wir gewappnet gegen all die Treiber, die uns vom Wesent­ lichen ablenken oder den Weg des geringsten Widerstands weisen wol­ len. Gemäss Römer 8,14-16 ist es die Geistesleitung, die die Glauben­ den von den Nichtglaubenden un­ terscheidet. Hat Gott bei mir das Sagen? Nehme ich mir genug Zeit im Gebet und Bibelstudium, um die Stimme des guten Hirten zu verneh­ men? Es ist nicht so, dass Gott nicht spricht. Aber sind wir bereit, die oft leise Stimme des Heiligen Geistes zu hören? Gemäss Apostelgeschichte 5,32 ist die Bevollmächtigung durch den Heiligen Geist eng verknüpft mit unserer Bereitschaft, Gott zu gehorchen. 33

6. Mut zu Glaubenswagnissen und kindlichem Gottesvertrauen Oft erleben wir Gottes Segen und Rückenwind erst, wenn wir aufbre­ chen und konkrete Glaubensschritte unternehmen. Ein Auto ist erst dann lenkbar, wenn es in Fahrt ist. Immer, wenn ich in kindlichem Gottvertrau­ en mutig Dinge angepackt habe, die ich ohne Gottes Hilfe nie geschafft hätte, erfuhr ich Gottes Gegenwart und Kraft auf besondere Weise. Der Gründer von Campus für Christus, Bill Bright, hat auf dem Sterbebett, als er schon nicht mehr sprechen konnte, auf ein Blatt geschrieben und sich an die Christen gerichtet: «Wann habt ihr zum letzten Mal etwas getan, wozu ihr Gott gebraucht habt?» 7. Lernbereitschaft und Offenheit für neue Wege Schlechte Fussballspieler erkennt man daran, dass sie immer dem Ball nachrennen, egal, wo er gerade ist. Gute Fussballspieler sprinten in die Richtung, in die der Ball voraussicht­ lich gespielt wird. Als Christen soll­ ten wir den übrigen Menschen, die ohne die Inspiration des Heiligen Geistes auskommen müssen, im Erkennen künftiger Entwicklungen und Chancen voraus sein. Wie dank­

bar bin ich, dass Gott Matthias Langhans und mir mehrere Monate vor dem Tsunami in Japan in un­ missverständlicher Weise klarge­ macht hatte, wir sollten unverzüglich evangelistische Internetseiten vorbe­ reiten, was wir in Zusammenarbeit mit unseren japanischen Geschwis­ tern dann auch taten. 8. Vernetzung und Zusammen­ arbeit mit dem ganzen Leib Christi Als ich die Missionsleitung 1983 an­ vertraut bekam, legte mir Gott drei Ziele aufs Herz, die ich anstreben sollte: • den Aufbau einer erwecklichen Zelle in jeder politischen Gemeinde • die Förderung geistlicher Leiter­ schaft in allen Bereichen der Gesell­ schaft • das Bewirken geistlicher Ströme von der Schweiz in alle Himmels­ richtungen Als Strategie, um diese Ziele zu errei­ chen, spürte ich den Auftrag, mitzu­ helfen, die Christen in unserem Land in Gebet und Aktion zu vereinen und christliche Werke miteinander zu vernetzen. Ein direktes Ergebnis davon waren die «Aktion Neues Leben», die EXPLO-Konferenzen,

Ein Miteinander trotz unterschied­ licher Prägung soll das Kennzeichen der Christen sein. Das Foto schoss der Autor bei einer Jurawanderung.


Hanspeter Nüesch: «Wir brauchen immer wieder Ruhezeiten, um unsere Glaubenssegel neu am Wind Gottes auszurich­ ten.»

das sogenannte Siebnerteam, zu­ sammengesetzt aus meinen engsten Freunden, das Murtener Leitergebet oder das aktive Engagement bei Christustagen und anderen Initiati­ ven. Diese vernetzenden Dienste ha­ ben viel zur Einheit im Leib Chris­ ti beigetragen und die gegenseitige Wahrnehmung und Wertschätzung gefördert. In Zukunft wird das Mit­ einander von Christen unterschiedli­ cher Prägung noch wichtiger sein. Jesus Christus verbindet die Glaub­ würdigkeit und Wirksamkeit des christlichen Zeugnisses mit der Liebe der Christen untereinander (vgl. Johannes 13,32). 9. Grosszügigkeit im Weitergeben unserer Gaben an die Weltmission Wir Schweizer sind von Gott reich beschenkt worden. Damit verbunden ist die Verpflichtung, diesen Reich­ tum mit den Ärmeren und Bedürfti­ gen zu teilen. Geistlich gesehen, ha­ ben die Reichen es mindestens so nö­ tig, zu geben, wie es die Armen nö­ tig haben, zu empfangen, sonst wird den Wohlhabenden ihr Wohlstand

zum Unsegen. Es stimmt aber auch, dass wir nie mehr geben können, als Gott uns zurückgibt (vgl. Maleachi 3,16 ff.). Als wir bei Campus für Christus vor Jahren einmal knapp bei Kas­ se waren, haben wir als Mitar­ beiter entschie­ den, von un­ serem privaten Geld zu geben (zwei Drittel für andere Werke, einen Drittel, um das Defizit auszugleichen). Es kamen über 100 000 Franken zusammen. Darauf­ hin explodierten unsere Spenden ge­ radezu, obwohl die Spender von un­ serem Entscheid nichts wussten. Als gute Haushalter der uns anvertrauten Gaben sollten wir Gott immer wie­ der fragen, welchen Teil wir in der Weltmission einsetzen sollen. Gott ist grosszügig mit uns, seien wir auch grosszügig im Weitergeben! 10. Erneuerung durch Ausruhen von den «eigenen Werken» Wenn wir geistlich etwas bewegen wollen, dann müssen wir unterstüt­ zen, was Gottes Geist gerade am Be­ wegen ist. Wir müssen lernen, unsere Segel nach dem Wind Gottes zu stel­ len. Die Botschaft an uns Christen lautet: «Unternehmt alles aus dem Gebet und dem Hören auf Gottes Stimme heraus!» Besonders wir Mit­ teleuropäer sind eine Machergesell­ schaft. Das Reich Gottes kann man jedoch nicht «machen»; es wird allein von Gottes Geist erwirkt. Je länger meine Frau Vreni und ich im Dienst für Gottes Sache stehen, desto mehr empfinden wir das Bedürfnis, viel

Zeit miteinander und im Gespräch mit Gott zu verbringen und Gottes Wort auf uns wirken zu lassen. Zu diesem Zweck lohnt es sich auch, den wöchentlichen Ruhetag wirklich zu heiligen. Es ist erstaunlich, was passiert, wenn wir uns von unseren eigenen Werken ausruhen und Gott wirken lassen. Wir sind dabei erst noch viel fröhlicher und entspannter. Hören wir auf, Dinge zu machen, für die allein Gott verantwortlich ist. Und wo wir spüren, dass wir gegen den Wind segeln, richten wir unsere Segel neu aus, bis wir den Rücken­ wind Gottes wieder spüren! 11. Barmherzigkeit und Solidarität im Umgang mit Schwächeren Schon in unsere Bundesverfassung wurde geschrieben, «dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen». Wenn man das Wort Gottes aufmerksam liest und insbe­ sondere die Worte Jesu studiert, dann spürt man, wie wichtig unserem Va­ ter im Himmel ist, dass seine Kinder den Schwächeren und Bedürftigen beistehen. So wie wir uns ihnen ge­ genüber verhalten, so würden wir uns Jesus gegenüber verhalten (vgl. Matthäus 25,45). Jesus weist in der Bergpredigt nachdrücklich darauf hin, dass wir so barmherzig bzw. unbarm­ herzig behandelt werden, wie wir an­ deren gegenüber sind (vgl. Matthäus 7,1). Echte Solidarität heisst: «Deine Freude ist auch meine Freude. Dein Leid ist auch mein Leid.» 12. Demut und Abhängigkeit im ausserordentlichen Gebet Demut ist die christliche Schlüsseltugend. Demut heisst, einen gesunden Realitätssinn zu besitzen. Wenn wir uns demütig von Gott abhängig machen, dann hebt uns Gott em­ por und lässt uns seinen Rückenwind spüren. Wenn wir uns selbst erhöhen, indem wir uns aus der demütigen Abhängigkeit von Gott entfernen, dann muss uns Gott demütigen. Die Bibel sagt ausdrücklich, dass Gott 34


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | Worauf es in Zukunft ankommt

|

Kolumne Blickpunkt Welt

den Stolzen widersteht (Jakobus 4,6). Stolz ist ein heimtückischer Feind, weil wir ihn oft nur schwer erken­ nen, wenn er uns angreift. In Bezug auf gelebte Demut ist Billy Graham für mich ein grosses Vorbild. Er de­ mütigte sich konstant vor Gott und den Menschen und gab Gott für alles Gelingen die Ehre. Die Folge davon war, dass Gott ihn dauernd erhob und schliesslich zum Segen für Millionen von Menschen machte. Echte Demut drückt sich auch dar­ in aus, dass wir zu unseren Fehlern und Schwächen stehen und uns die­ nen lassen durch Menschen, die Ga­ ben mitbringen, die wir nicht haben. Bei Campus für Christus sind wir immer wieder sehr gesegnet worden durch Christen und christliche Wer­ ke, die uns mit ihrer anderen Prä­ gung und mit Gaben, die wir nicht besassen, dienten.

In Bezug auf gelebte Demut ist Billy Graham das grosse Vorbild für Hanspeter Nüesch. Das Bild stammt von seinem Besuch bei Billy Graham kurz nach dessen 94. Geburtstag.

Blickpunkt Welt | Kurt Burgherr Gottes Liebe hören und essen Pastor Pablo in Bolivien, im Gebiet Lomerío rund 300 Kilometer nord­ östlich von Santa Cruz, will nicht nur Gemeinde bauen und die Men­ schen auf den Himmel vorbereiten. Er will auch etwas vom Himmel auf die Erde bringen. Und wir freuen uns, ihn dabei zu unterstützen. In Lomerío leben die Leute in Ar­ mut. Die meisten Häuser bestehen aus Lehm und haben Dächer aus Palmblättern. Strom und fliessendes Wasser sind Mangelware. Eigent­ lich stehen den Menschen in diesen Dörfern grosse Waldflächen mit ei­ nem reichen Bestand an Pflanzen, Tieren und natürlichen Ressour­ cen zur Verfügung, doch sie wissen 35

nicht, wie sie diese nachhaltig nut­ zen können. Pastor Pablo hat die Vision, den hier ansässigen Dorfge­ meinschaften zu zeigen, wie sie sich (statt durch Brandrodung) auf legale Weise selbst versorgen und ausge­ wogen ernähren können und wie sie ihre hygienischen Verhältnisse so weit verbessern können, dass vermeidbare Krankheiten reduziert werden. Unsere Agape-Mitarbeiter vor Ort haben Pablo in seinem Anliegen fachlich beraten und finanziell un­ terstützt. Zum Beispiel halten die Dorfbewohner ihre Hühner jetzt in einem Gehege und können so die Eier einsammeln und essen. Früher

liefen die Hühner frei herum, wur­ den häufig krank, die Eier lagen irgendwo, und nur ein kleiner Teil davon konnte eingesammelt wer­ den. Zudem haben die Menschen unter dem Motto «Vom Dschungel zum Garten» Gemüsegärten angelegt. Es braucht Zeit und Geduld, bis diese Art von Projekten greift. Doch es lohnt sich, denn Menschen be­ kommen eine Grundlage, ihr Leben eigenverantwortlich und erfolgreich zu gestalten. Sie hören von Gottes Liebe nicht nur durch die Predigten von Pastor Pablo, sondern beginnen, sie im täglichen Leben zu sehen, zu spüren und zu schmecken.

Kurt Burgherr leitet Agape international, die Auslandtätigkeit von Campus für Christus Schweiz, mit Schwerpunkt in Gemeinde- und Leiterentwicklung sowie Entwick­ lungszusammen­ arbeit.


Firmenseelsorger Daniel Zwahlen Beim welschen Frischwarengrossmarkt Aligro kümmert sich ein «Firmenseelsorger» um das Wohl der Angestellten. Daniel Zwahlen hat diese Aufgabe in der neu eröffneten ersten Deutschschweizer Filiale übernommen. Für ihn hat sich ein Traum erfüllt.

Peter Höhn

Dr. Daniel Zwahlen, Pastor Bewegung­ Plus Gemeinden, Coach für Führungs­ kräfte und Firmen sowie Leiter von «Swiss Workplace Chaplains».

Karin1 ist von ihrem Vater vor die Türe gesetzt worden. Die junge Frau hat neben schwierigen Verhältnissen zu Hause auch Schulden und wendet sich an Daniel Zwahlen, den neuen Firmenpfarrer. «Ich helfe ihr bei der Wohnungssuche und habe mit ihr und dem Betreibungsamt einen Ab­ zahlungsplan für die Schuldentilgung erarbeitet», erzählt der 52-jährige Familienvater. Es ist einer seiner ers­ ten Fälle, mit denen er als Firmen­ seelsorger bei Aligro konfrontiert worden ist. Als Menschen wahrgenommen An einem Wintermorgen besuche ich ihn an seinem neuen Arbeits­ platz in Schlieren. Wir gehen durch die gigantischen Einkaufshallen des Aligro-Marktes. Daniel Zwahlen grüsst die Angestellten. Seine Aus­ strahlung, seine freundliche, offene Art und ein kurzer Schwatz hier und dort sorgen allenthalben für frohe Gesichter. Eine Frau in der Fischab­ teilung macht sich Sorgen wegen ihrer Probezeit. Er kann ihr, weil er es soeben erfahren hat, versichern, dass sie definitiv angenommen ist.

1

Name geändert.

«Die Mitarbeiterinnen und Mitar­ beiter spüren, dass wir sie nicht nur als Arbeitskräfte, sondern als Men­ schen wahrnehmen und im Rahmen unserer Möglichkeiten um ihr Wohl besorgt sind», sagt Daniel Zwahlen. Dem Konzept der Firmenseelsorge ist er durch die Masterarbeit seines Pastorenkollegen Peter Seeberger zum ersten Mal begegnet. Von der Idee spontan begeistert, besucht er Samuel Ribagnac, der als «Market­ place Chaplain» die 460 Mitarbei­ tenden von Aligro in der West­ schweiz schon seit acht Jahren be­ treut, und lernt die Arbeit an ein paar Schnuppertagen kennen. Als Aligro in Schlieren seine erste Deutschschweizer Filiale plant, wird Daniel Zwahlen angefragt, ob er an der 30-Prozent-Stelle als Firmenseel­ sorger Interesse hätte. Damit rennt Aligro bei ihm offene Türen ein. Im November 2012 tritt er seinen Dienst an und lernt als Mitarbeiter zunächst die einzelnen Abteilungen kennen: Bäckerei, Molkerei, Metz­ gerei, Früchte- und Gemüseabtei­ lung, Fischmarkt, Reinigungsdienst. «Hier lerne ich die Mitarbeitenden und die Arbeitsabläufe eins zu eins kennen. Das schafft Vertrauen und erleichtert mir den Zugang zu ihren Herzen sowie ihren Sorgen, Fragen und Nöten.»

Was hinter den Problemen steckt Probleme am Arbeitsplatz sind oft eine Folge von tiefer liegenden Nöten, die die Menschen plagen. Als Firmenseelsorger ermutigt und unterstützt Daniel Zwahlen die Personen, Hilfe zu finden, die sie persönlich weiterbringt. Ein Mann fiel durch übertriebene Freundlich­ keit auf, die plötzlich in Aggressivi­ tät umschlug. Im Gespräch kam heraus: Vor fünf Jahren hatte er bei einem Unfall seine beiden Kin­ der verloren. Die schwere traumati­ sche Erfahrung hat er nie richtig verarbeitet. «Da ich selbst psycho­ therapeutisch gearbeitet habe, be­ gleite ich ihn in seiner Trauerarbeit. Gleichzeitig stehe ich mit einer Oberärztin einer Traumaklinik in Verbindung.» Eine Frau bricht beim Gestellein­ räumen zusammen. Daniel Zwah­ len besucht sie im Spital und hilft ihr, herauszufinden, was geschehen ist, wie sie es einordnen kann und was ihre nächsten Schritte sein könnten. «In meiner therapeuti­ schen Arbeit habe ich vieles über die menschliche Seele gelernt und erfahren, dass sie mit Gottes Hilfe und guter fachlicher Arbeit heil werden kann», erzählt Daniel Zwahlen über die Motivation für seine Arbeit. 40


Aligro – Der erste Schweizer Cash & Carry Aligro ist ein in dritter Generation geführtes West­ schweizer Familienunternehmen. Die Familie Demau­ rex, überzeugte Christen, gründeten 1960 mit dem «Aux Délices»-Markt in Genf den ersten Cash & Carry der Schweiz. Daraus entstanden die heutigen AligroMärkte in Chavannes-Renens, Genf, Sion, Matran und Schlieren.

Daniel Zwahlen hat früher eine grosse Freikirche im Aargau mitauf­ gebaut und betreut zurzeit drei klei­ nere Gemeinden. Die zusätzliche Teilzeitarbeit als Firmenseelsorger kommt seiner Begabung als Ermu­ tiger und Visionär entgegen. «Für mich erfüllt sich hier ein Traum», sagt er. «Ich habe schon lange nach Wegen gesucht, wie das Christsein in die Berufswelt hineinkommt und für die Menschen am Arbeits­ platz bedeutungsvoll wird.» Daniel Zwahlen doktorierte in pastoraler Theologie und schöpft aus seiner reichen Lebenserfahrung als Pastor und Seelsorger; er greift aber auch auf Fachwissen zurück, das er sich in Weiterbildungen in systemischer Beratung, Mediation und Trauma­ therapie angeeignet hat. Zudem ist er gut vernetzt mit Ärzten und Psy­ chologen, mit denen er anstehende Fragen bespricht, etwa, wenn es da­ rum geht, Personen an geeignete Fachstellen weiterzuleiten. Gebet wird dankbar angenommen Zwahlen nimmt seine Arbeit bewusst als Christ wahr. «Das gehört zur Fir­ menkultur, und es wird den Ange­ stellten auch gesagt, dass Aligro auf dieser Wertebasis arbeitet. In der Be­ ratung oder am Krankenbett erkläre ich immer, es gehöre zu meiner Kul­

Auf eine hohe Qualität der Produkte und des Services, aber auch des Kontaktes mit dem Kunden zu achten, ist ein Grundwert bei Aligro. Aligro ist der einzige Engrosmarkt, bei dem man auch als Privatkunde einkaufen kann. www.aligro.ch

tur, am Ende des Gesprächs noch zu beten und die Angelegenheit Gott anzubefehlen, von dem letztlich alle Hilfe komme; und ich frage die Be­ troffenen: ‹Soll das laut oder leise ge­ schehen?›» Ob Buddhist, Jude, Mus­ lim, Agnostiker oder Christ – noch nie haben Daniel Zwahlen oder auch sein Kollege Ribagnac erlebt, dass dieses kurze Gebet nicht akzeptiert und geschätzt worden wäre. «Natürlich drängen wir das nie­ mandem auf, wir lassen auch jeden zu seinem Gott beten», sagt Daniel Zwahlen. «Aber wir rechnen damit, dass die Menschen von Gottes Ge­ genwart berührt werden und mich als jemanden erleben, der auf glaub­ würdige Weise christliche Werte ver­ tritt und fassbar macht.» Aligro ist ei­ ne der ersten Firmen in der Schweiz, die sich dafür einsetzt, dass in die Mitarbeiterbetreuung neben sozialer und psychologischer Hilfe auch die spirituelle Dimension integriert wird. Daniel Zwahlen sieht hier ein grosses Potenzial. Laut Studien hätten Fir­ men mit einem «Marketplace Cha­ plain» zwischen 12 und 18 Prozent weniger Stellenwechsel zu verkraften. «Abgänge und Neueinstellungen sind teuer; Firmenseelsorge bringt Stabi­ lität, ein besseres Klima und tiefere Kosten im Personalbereich.» Daniel Zwahlen hat die Vision, das

Konzept der Firmenseelsorge wei­ terzuverbreiten. Dazu gründete er Swiss Workplace Chaplains (www. swisschaps.ch). Ziel ist, interessierten Firmen die Idee der Firmenseelsorge nahezubringen, aber auch, geeignete «Chaplains» auszubilden. Vorerst muss er zum nächsten Ge­ spräch, das der Filialleiter initiiert hat. Daniel Zwahlen hat den Auf­ trag, mit einer an sich qualifizierten Frau zu besprechen, weshalb sie bisweilen verbale Ausfälle hat. «Was steckt wirklich dahinter?» Diese Frage soll zunächst auf einer seel­ sorgerlichen Ebene angesprochen werden, bevor dann zuhanden der Personalabteilung nächste Schritte vorgeschlagen werden. Obwohl es für die Frau vielleicht nicht einfach wird, weiss Daniel Zwahlen aus Er­ fahrung: «Wenn Menschen spüren, dass wir ihnen wohlgesinnt sind und sie nicht beschämen, und dass klare Werte und Strukturen für Sicherheit sorgen, dann öffnen sie sich manch­ mal wie eine Blume. Und das ist die Voraussetzung, um schliesslich Hilfe zu finden, die Menschen persönlich und beruflich weiterbringt.» • Namen wurden geändert, Ereignisse sind wirklichen Begebenheiten nachempfunden. 42


CZ 2_13 | Vom Himmel her leben | Firmenseelsorger Daniel Zwahlen

|

Kolumnen Medien und Filmtipp

Medien | Markus Baumgartner Wir leben in einer heiligen Welt «Heiligung» ist ein interessantes Wort. Luther meinte bei der Reformation im Zusammenhang mit der Taufe dazu: «Bei der Taufe wurde der alte Adam ersäuft, aber das Biest kann schwimmen!» Es ist also bis heute eine grosse Frage, ob nachhaltige Veränderung, die definitive Erneuerung unseres Denkens, gelingen kann. Spannend ist da ein Blick in die Schweizer Zeitungen der letzten zwölf Jahre: Das Wort «Heiligung» kommt in rund 1000 Meldungen vor. Die verschiedenen Zusammenhänge zeigen auf: Eine einheitliche Auslegung des Wortes «Heiligung» gibt es nicht. • Heiligung der Mittel durch den Zweck • Das hebräische «Keduscha» bedeutet Segnung oder Heiligung • Antennenstreit: Geschichte von Heiligung und Entwei­ hung des Kreuzes • Heiligung des Sonntags • «Sakramente» heisst übersetzt «Mittel zur Heiligung» • Heiligung des Menschen durch Heiligung des heiligen Bodens • Heiligung durch die Taufe im Heiligen Geist • Bedürftig nach Heiligkeit und Heiligung • Heiligung ist ganz konkret das heilende Tun

• Heiligung der Kühe • Abwaschung und Heiligung des homosexuellen Begehrens • Streben nach Sündenlosigkeit durch die Heiligung • Heiligung und Verteufelung von Personen • Heiligung des Menschen von innen • Sekte: Weiterbildung und Sport gelten auf dem Weg zur Heiligung als problematisch • Heiligung durch Musik • Ehe ist die beste Heiligung des persönlichen Lebens • Klosterleben bedeutet, der Heiligung und der Armut verpflichtet zu sein • Heiligung des Egoismus • Heiligung der Gewalt wird Tor und Tür geöffnet • Durch Verzicht und Hingabe wirken wir mit an unserer Heilung und Heiligung • Heiligung von Strukturen und Nebensächlichkeiten • Schocktherapie ist als Heiligung der Mittel zum Zweck umstritten • Heiligung des Kriegs • Mutter Teresa: Rettung und Heiligung der Ärmsten der Armen • Heiligung des Ökonomischen

Markus Baumgartner, PR-Profi und Präsident von cooperation neue medien (www.cnm.ch).

Filmtipp | Andy Schindler-Walch Damit ihr mich nicht vergesst Mitch Albom (Bradley Whitford) ist ein Autor und Sportjournalist, der in Detroit arbeitet. Eines Tages wird er von Rabbi Albert Lewis (Martin Landau) aus seiner alten Heimatge­ meinde angesprochen. Dieser hat ei­ nen besonderen Wunsch. Mitch soll bei seiner Beerdigung den Nachruf halten. «Sterben Sie?», fragt Mitch den Rabbi erstaunt. «Noch nicht», lautet dessen Antwort. Mitch ist ver­ wundert über diese Anfrage und bittet um Bedenkzeit, denn er ist selber nicht besonders religiös. Schliesslich gibt er seine Zusage. Doch um den Nachruf zu verfassen, will er den Rab­ bi zuerst besser kennenlernen. Da­ durch kommt es zu regelmässigen Begegnungen zwischen den beiden Männern, bei denen Mitch mehr über 43

das Leben und den Glauben des alten Mannes erfährt. In der gleichen Zeit lernt Mitch auch den schwarzen Pfar­ rer Henry Covington (Laurence Fish­ burne) kennen. Henry war früher ein Krimineller, der mit Drogen handelte, bis er nach einem prägenden Erlebnis zum Glauben fand. Der Pfarrer ar­ beitet in einer heruntergekommenen städtischen Kirche mit viel Liebe und sozialem Einsatz für seine Gemeinde­ glieder und die Nachbarschaft. «Damit ihr mich nicht vergesst» ist die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Mitch Albom und be­ ruht auf einer wahren Geschichte. Der Originaltitel «Have a Little Faith» («Hab ein wenig Glauben») trifft den Inhalt dieses sehenswerten Films noch

besser. Er erzählt aus dem Leben von zwei Männern, einem Rabbi und ei­ nem Pfarrer, die Gott getreulich und engagiert mit ihrem Leben dienen. So wird Mitch Albom durch diese beiden Männer aufgezeigt, was es heisst, den Glauben im Alltag sichtbar zu leben und trotz Schwierigkeiten daran fest­ zuhalten. Obwohl sich der Rabbi und der Pfarrer nicht kennen, wird durch ein Erlebnis im Film klar, dass es zwi­ schen diesen beiden Männern eine Parallele gibt, was diese Geschichte noch eindrücklicher macht.

«Damit ihr mich nicht vergesst», USA/2011, 92 Minuten, ist als DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

Andy SchindlerWalch, Film­ spezialist und Redaktor bei einer Wochenzeitung.


Impressum

28. - 30. Nobember 2013

Der Himmel ist ...

... erst der Anfang

CZ 2_13 | Inserate

Herausgeber | Campus für Christus Josefstrasse 206, 8005 Zürich, Tel. 044 274 84 84, www.cfc.ch Campus für Christus ist eine überkonfessionelle Organisation mit rund zwanzig in der Erwachsenenbildung, Diakonie und Mission tätigen Dienstzweigen. Darunter fallen u. a. Beratung und Schulung in lokalen Landes- und Freikirchen, Studentenarbeit/Dozentenforum, Agape-Mis­ sion/ Entwicklungshilfe, Athletes in Action, Crescendo-Berufsmu­siker, Christen im Dienst an Kranken, FamilyLife, Campus Generation und EXPLO-Schulungskonferenzen. Verlag | Christliches Zeugnis Josefstrasse 206, 8005 Zürich, Tel. 044 274 84 34, Fax. 044 274 84 83 E-Mail: christlicheszeugnis@cfc.ch, www.christlicheszeugnis.ch ISBN 978-3-905789-43-0 ISSN 1662-243X Auflage | 4927 Gemeinnützige Organisation, WEMF-beglaubigt Redaktion | Verantwortlicher Redaktor: Peter Höhn (ph) Brigitte Eggmann (be); Sabine Fürbringer (sb). Mitarbeiter an dieser Nummer: Agnes Wäfler, Andrea Xandry Copyright | Wiedergabe von Artikeln und Bildern nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Grafik und Satz | 720.ch, Thayngen Druck und Versand | Jordi AG, Belp, klimaneutral gedruckt Erscheinungsweise | Vierteljährlich

Ende gut, alles gut - die biblische Hoffnung auf eine vollkommene Welt Seminar mit In diesem Seminar beschäftigen wir uns mit Kathi & Jens Kaldewey dem «Danach». Themen: Unsere Sehnsucht nach dem Himmel - Wer an mich glaubt wird Seminar- und nicht sterben - Was geschieht nach dem Tod? Freizeithaus Wydibühl, Herbligen www.cdkschweiz.ch • Telefon 031 771 12 14

MORE THAN CHOCOLATE AND CHEESE

Chuchichäschtli

Auf dieser sehens­ werten DVD werden die landschaftlichen Schönheiten, Traditionen, die gelebte Demokratie, wirtschaftliche und wissenschaftliche Spitzenleistungen bis zu internatio­ nalen Organisationen und der Ursprung der Schweiz beleuchtet, der im christli­ chen Bekenntnis der Gründerväter liegt. Ideal als Geschenk! DVD, 28 Min. Dokumentation, Sprachen: D / F / I / GB, inkl. Film «JeSuS» (84 Min. in 24 Sprachen), Einzelpreis: CHF 19.80

Inserate | Das Christliche Zeugnis publiziert grundsätzlich nur Inserate von Campus für Christus bzw. von CfC-Partnerschaftsprojekten sowie von Veranstaltungen, die das landesweite Miteinander des Leibes Christi im Fokus haben. Kündigungsbedingungen | Auf Ende Jahr telefonisch/schriftlich Bildnachweis | Titelseite: istockphoto.com S. 3, 17 Mitte, 21, 23, 24, 25, 32, 34, 35, 42 Campus für Christus; S. 4, 8, 14, 16, 17 oben, 18, 28, 33, 34, 36, 39, 40, 41, 43 Privat; S. 5, 6, 9, 27, 29 istockphoto.com; S. 10 Eben-Ezer, Frenkendorf; S. 11 Illustrati­ on Gabi Mache, 720.ch; S. 19 Jenn Dickie; S. 22 Kate Noelle; S. 44 bis 47 Agape international - Daniel Graf; S. 48 oben Frauenfrühstückstref­ fen; S. 48 unten FamilyLife; S. 49 oben Nacht des Glaubens; S. 49 un­ ten Campus Generation

Verlust, Sorgen und schmerzhafte Enttäuschung sind bitter. Doch sie haben nicht das letzte Wort. Sie zeigen uns vielmehr, dass die Zeit jetzt reif ist, uns erst recht zu entfalten. Im Buch „Der Überlebenskünstler“ lesen Sie wie.

Bestellung: Campus für Christus Josefstrasse 206 8005 Zürich Tel. 044 274 84 84 info@cfc.ch

www.chocolate­and­cheese.ch 55

Abonnement | Schweiz: SFr. 28.–, Ausland: SFr. 36.–/€ 30.–, inkl. Ver­ sandkosten (Preisänderungen vorbehalten)

F R E D Y S TA UB

Notfallstation. ReanimaBesser leben tionsraum. Operationsbeginn ohne Betäubung. Und die Frage nach dem Sinn. Atemberaubende Erfahrungen aus erster Hand von Fredy Staub. Mit jeder Menge tiefgründiger Gedanken und Wegweisern zu einem bedeutungsvolleren Leben. Jetzt für nur CHF 9.90 bestellbar im Shop bei www.FredyStaub.ch oder am Telefon: 044 780 20 25


COME HELP

CHAN E G THE WORLD

40 JAHRE CAMPUS F†R CHRISTUS SCHWEIZ UND LEITERWECHSEL - WIR FEIERN! Wir laden alle unsere Freunde, Bekannte und Missionspartner ein, anlässlich des 40-jährigen Jubiläums von Campus für Christus Schweiz am 2. November 2013 in der Eulachhalle in Winterthur mit uns zusammen ein Fest zu feiern. Gemeinsam wollen wir Gott für den gewaltigen Segen danken, der in den vergangenen 40 Jahren in die Welt hinausgeflossen ist. Der Blick zurück soll uns gleichzeitig zu neuen Taten inspirieren und Mut machen, unter der Leitung des Heiligen Geistes neues Land einzunehmen. Nur vereint ist es möglich, die freimachende Botschaft von Jesus Christus wirkungsvoll an die heutige Generation heranzutragen und die Welt positiv zu prägen. Ein besonderer Moment wird sein, wenn das langjährige Leiterehepaar, Hanspeter und Vreni Nüesch, die Leitung an Andreas «Boppi» und Tamara Boppart übergibt, um in die zweite Reihe zu treten und vermehrt international tätig zu sein. Wir beten, dass Boppi und seine Frau Tamara vom ersten Tag an in ihrer Leiterschaft den vollen Rückenwind Gottes spüren. Wir freuen uns, wenn Sie den für unser Werk historischen Moment mit uns zusammen feiern. Hanspeter Nüesch wird von den wichtigsten Lektionen aus über 30 Jahren Leiterschaft erzählen, und Andreas Boppart wird uns an seiner Vision Anteil haben lassen, die Schweiz und Europa wieder an Gottes Herz zurückzuführen. Daneben wird es viele bewegende und unterhaltsame Programmpunkte geben, die niemand verpassen sollte. Bis spätestens im November!

Hanspeter nüesch Missionsleiter bis 2. November 2013

SAMSTAG, 2. NOVEMBER 2013 WINTERTHUR, EULACHHALLE 13.00 - 17.00 UHR

Andreas «Boppi» Boppart Missionsleiter ab 2. November 2013

WEITERE INFOS UND ANMELDUNG AUF 40JAHRE.CFC.CH


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.