Priesterlich leben

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Zeitschrift der 端berkonfessionellen Bewegung Campus f端r Christus Schweiz

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Priesterlich leben


I N H A L TE D I T O R I A L priesterlich leben | inhalt

priesterlich leben | editorial

Inhalt ZUM THEMA

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«Wenn Priester und Könige …» Interview mit René Winkler und Claude Schmutz

Jetzt sind königliche Priester gefragt Das Wort des Missionsleiters

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Ein modernes, priesterlich-prophetisches Leben

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Menschen mit Gott in Berührung bringen

Kolumne «von Wegen!» Fredy Staub: … Schritte zur Versöhnung

Marie-Anne Bülmann ist von Beruf Beterin «Ich bin nicht besser oder geistlicher als andere»

Die Lebensberichte und Zeugnisse in dieser Ausgabe zeigen: Priesterliches Leben findet mitten im Alltag und in einer grossen Vielfalt statt.

Kolumne «Farbe bekennen» René Bregenzer: Der andere Ruf zum Priester

Heinz Stübi (1951-2008)

Hände, die heilen Von der segensreichen Behandlung mit ätherischen Ölen

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Editorial

Eine Therapiehündin verbreitet Freude

KULTUR

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«Allegra ist oft Anlass zu Gesprächen»

Kolumne «New Generation»

Ben Becker DIE BIBEL – eine gesprochene Symphonie

Kolumnen «Filmtipp» und «Medien» Andy Schindler-Walch und Markus Baumgartner

Andreas Boppart: Lebensfreude

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AUSLAND

Priesterlich leben im Alltag

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Menschen mit Gott in Berührung bringen

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Bruder Lorenz (1608-91)

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Allzeit in Gottes Gegenwart

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Betende Mütter stehen in den Riss

HINWEISE

Kolumne «beziehungsweise»

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Damit unser Leben von Jesus spricht Die Stiftshütte – ein Bild für das Erlösungswerk von Jesus ... und ein Bild für unsere priesterlichen Aufgaben

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Kolumne «Unterwegs erlebt»

MIK – neu auch für Berufstätige und Grossmütter

Das alttestamentliche Priestergewand und seine Symbolik

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Christliche Werte für bolivianische Schülerinnen und Schüler

Roland Kurth: Weil Gott im Grossen und im Kleinen wirkt

Sabine Fürbringer: Ein «Sowohl-als-auch-Priester» werden

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Bolivien: Lebensperspektiven aufzeigen

Was machen eigentlich die Fahnenträger vom Christustag?

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CFC International Agape Finnland

CFC National CDK, CROWNLife, Wertikal, Praisecamp 08

Agenda/Inserate/Impressum

«Wenn ich Menschen begegne, ist es mein Wunsch, dass sie Gott näherkommen, dass sie spüren, dass Gott ihnen nahe ist, und dass sie erkennen, wo Gott in ihrer aktuellen Situation drin ist.» Diese Worte eines Freundes von mir fassen zusammen, worum es in dieser Ausgabe zum Thema «Priesterlich leben» geht. Es geht darum, dass durch unser Leben Menschen mit Gott in Berührung kommen, dass sie an Geist, Seele und Leib Gottes Menschenliebe erfahren und in jeder Hinsicht lebens- und beziehungsfähiger werden. Aber auch, dass sie angeleitet werden, Dinge auf die Seite zu räumen, die zwischen ihnen und Gott im Weg stehen. In diesem Sinn ist priesterliches Leben ein Wegbereiten: Dass Gott zu den Menschenherzen durchbricht und Menschen aufbrechen zu Gott hin.

Die Lebensberichte und Zeugnisse in dieser Ausgabe zeigen: Priesterliches Leben findet mitten im Alltag und in einer grossen Vielfalt statt. Bruder Lorenz in der Küche, Carmen Lang im Aussendienst, Maja Vollenweider in der Fusspflege, Urs Hitz bei seinen Therapiehund-Einsätzen, Sibylle Broggi als Masseurin: Sie machen Mut, unsere gewöhnliche Berufs- und Hausarbeit, unser Hobby, unsere alltäglichen Begegnungen als priesterlichen Dienst zu verstehen, durch den andere Menschen mit Gott – und damit mit dem Leben selbst – in Berührung kommen. Floyd McClung hat einmal gesagt: «Du kannst niemanden näher zu Jesus führen, als du selbst bist.» Priesterlich zu leben im neutestamentlichen Sinn heisst deshalb auch: Alles daran zu setzen, selbst mit Gott in Berührung

zu bleiben. Sich selbst von Jesus Christus, dem wahren Hohepriester, dienen zu lassen, und zwar gerade dort, wo es wehtut, wo es dunkel ist und wo das Leben alles andere als «rund läuft». Nur was der gekreuzigte und auferstandene Jesus an mir tun konnte, kann durch mich auch wieder zu anderen fliessen. Hier war Heinz Stübi für mich ein grosses Vorbild. Er hat mir und vielen anderen den Priesterdienst Jesu in einer neuen Tiefe erschliessen können. Weil er selbst von Gott berührt war, konnte er uns mit ihm in Berührung bringen. Und das ist es, was am Schluss zählt: nicht mehr die Person des Priesters, sondern die Begegnung mit Gott, der uns den Weg zum Leben zeigt.

Peter Höhn

ZUM SCHLUSS

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Vier Kennzeichen eines priesterlichen Lebens ... und ihre neutestamentliche Umsetzung im Alltag

Eine Umfrage

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INTERVIEW

priesterlich leben | wenn priester und könige …

«Wenn Priester und Könige …» Interview mit René Winkler und Claude Schmutz Zwei Welten prallten aufeinander, als sich Konzerndirektor Claude Schmutz und Gemeindeleiter René Winkler zum ersten Mal begegneten. Erst mit der Zeit konnten sie ihre gegenseitige Befangenheit überwinden. Heute sind beide überzeugt: Die Brücken zwischen Arbeitswelt und Gemeinde müssen ausgebaut und die Zusammenarbeit muss verstärkt werden.

Thomas Zindel CZ: René, was war damals deine grösste Herausforderung in der Begegnung mit Claude Schmutz? René Winkler: Ich fragte mich, was ich als Prediger einem so erfolgreichen «Weltmenschen» schon zu bieten hätte. Ich kam gar nicht auf die Idee, ihn auf seine Bedürfnisse als Wirtschaftskapitän anzusprechen. Damals freute ich mich zwar, ihn als Gottesdienstbesucher zu sehen. Mein Verhalten als Gemeindeleiter gegenüber Claude war jedoch geprägt von einem falschen und schlechten Selbst- und Gemeindebewusstsein, und ich hielt meinen Aktionsradius sehr eng. Claude, wie war dein erster Eindruck von René? Claude Schmutz: 1993, kurz nach meiner Lebensübergabe an Christus, lernte ich die Chrischona-Gemeinde in Muttenz kennen. Ich hatte überhaupt keine Vorstellungen und Erwartungen. Ich war von der klaren, ermutigenden Botschaft und der Gemeinschaft berührt. Die Predigt von René und die Art, wie er lehrte, 4

beeindruckten mich. Er entsprach nicht meinem Klischee. Mit Flipchart und moderner Technik kommunizierte er Botschaften, die mich persönlich ansprachen. Ich spürte, dass hier die Wahrheit und das Leben verkündet werden. Aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Art zu predigen spürte ich rasch eine Verbundenheit mit René. Vor allem aber beeindruckte mich seine wohltuend zurückgenommene Art und demütige Haltung, die so krass im Gegensatz zu meinem Berufsumfeld stand. René, wie hat sich bei dir die Beziehung zu Claude weiterentwickelt? René Winkler: Die Begegnung mit Claude offenbarte mein dualistisches Denken: Die Arbeitswelt ist da draussen in der Welt – ich selbst bin drinnen in der «Kirche», und dazwischen gibt es eine Menge ungelöster Fragen. Leider war ich mir in der ersten Zeit nicht bewusst, welches Potenzial sich in unserer Beziehung hätte entwickeln können. Als wir uns näher kennenlernten, war ich schon nicht mehr Prediger. Ich habe Claudes Ehrlichkeit schätzen gelernt. Er hat die Dinge beim

• Claude Schmutz und René Winkler sind heute im Zusammenhang mit der Chrischona-Initiative für Führungspersonen gemeinsam unterwegs.

Namen genannt und über seine Probleme offen gesprochen. Und wir haben herausgefunden, dass wir beide im Grunde sehr ähnliche Bedürfnisse und Fragen haben. Claude, wie ist es dir auf deinem weiteren Weg im Beruf und in der Gemeinde ergangen? Claude Schmutz: Etwa zwei Jahre nach meiner Bekehrung erhielt ich im Geschäft überraschend einen Besuch von Beat Christen1. Er fragte mich konkret nach meinen persönlichen Anliegen und Bedürfnissen im Business. Ich sah zu dem Zeitpunkt noch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Gemeinde und meiner Verantwortung als Christ in der Wirtschaft. Erst zwei, drei Jahre später öffnete mir ein Referat von Bill Hybels an der Leadership-Konferenz von Willow Creek in den USA die Augen und das Herz für die eigentliche Bedeutung der Gemeinde – auch für mich als Manager. Ich hatte seit meiner Bekehrung den

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Beat Christen leitet die Arbeit «Firmengebet» in der VBG (Vereinigte Bibelgruppen in Schule, Universität und Beruf), www.evbg.ch. cz 1|09

tiefen Wunsch gehabt, Licht und Salz zu sein. Ich hatte in der Beziehung auch in meinem Arbeitsumfeld schon viel erlebt. Aber nun realisierte ich, dass ich eigentlich ein Ausgesandter meiner Gemeinde sein müsste. Da zu dem Zeitpunkt gerade Thomas Altwegg, Renés Nachfolger, in unserer Gemeinde als Pastor begonnen hatte, suchte ich sofort das Gespräch mit ihm. Und bist auf offene Ohren gestossen ... Claude Schmutz: Ja, sehr! Wir haben zu einer guten Zusammenarbeit gefunden. Ich bin unterdessen Ältester der Gemeinde und sehe mittlerweile selbst aus der Innensicht, dass wir unsere Mitglieder oft zu sehr als Gemeinde- bzw. Gottesdienstbesucher sehen, aber zu wenig als Jünger Jesu in ihrem (Berufs-)Alltag. Mein Schulterschluss mit Thomas zeigt mir, was da alles möglich ist und welchen gemeinsamen Nutzen es bezüglich Ermutigung und Unterstützung gibt. Dieser Schulterschluss hat zum Beispiel dazu geführt, dass wir gemeinsam am theologischen Seminar St. Chrischona die Studierenden bezüglich Führungsthemen lehren. cz 1|09

Dieses Teamwork ist für die zukünftigen Leiter ein Zeichen und ein Modell, wie wir durch den Schulterschluss von «Priestern» und «Königen», vom Zusammenfliessen geistlicher und weltlicher Führungskompetenz, das volle Potenzial unserer Gemeinden freisetzen und relevant für die Welt sein können. Führungskräfte lassen sich nicht so einfach in Strukturen einbinden. Gleichzeitig ist man froh, dass sie den Zehnten zahlen und ihre Bekehrungsgeschichte erzählen. Wie finden die «Könige» die Kurve mit den «Priestern» und umgekehrt? Claude Schmutz: Geschäftsleute und Führungskräfte sind es gewohnt, dass sie konfrontiert und herausgefordert werden. Sie brauchen einen Challenge. Nicht jeder, der im Geschäftsleben eine Vision hat, hat sie auch für sein eigenes geistliches Leben und für die Gemeinde. Da muss der geistliche Leiter mutig die Begegnung suchen, sich die Zeit nehmen, um in Geschäftsleute zu investieren, sie bezüglich ihres geistlichen Lebens fördern und herausfordern. Hinter der harten und erfolgreichen Fassade von Führungsper-

sonen stecken viele Fragen, Bedürfnisse und auch Nöte. Sie suchen einen Glauben, der mit ihrem Leben «draussen» etwas zu tun hat und der dort auch umsetzbar ist. Ich denke, dass die Gemeinde für die praktische Umsetzung der Gottesbeziehung am Arbeitsplatz eigentlich Kompetenzzentrum sein müsste. Überkonfessionelle Institutionen wie die IVCG (Internationale Vereinigung christlicher Geschäftsleute) oder die von mir gegründete Stiftung LIF («Leaders‘ Integrity Foundation») können dabei unterstützen. Doch dafür müssen wir Christen wissen, was in der Geschäftswelt überhaupt abgeht, und in der Gemeinde müssen diese Themen reflektiert werden. Zum Beispiel die Frage, was die Finanzkrise bei Managern auslöst? Claude Schmutz: Ja, aber nicht, indem wir vor allem die Finanzkrise an sich thematisieren oder auf den «Abzockern» herumhacken. Wir müssen sie als Menschen sehen, die die Errettung und Erlösung durch Jesus Christus nötig haben. Es geht hier um Barmherzigkeit. Wir müssen ihre tieferliegenden 5


priesterlich leben | wenn priester und könige …

Bedürfnisse ansprechen. Manager sind nicht bewusst auf der Suche. Auch nicht in einer Finanzkrise. Der Erfolgsdruck ist so dominant, dass alles andere ausgeblendet wird. Die Herausforderung bleibt, dieses kleine Fenster im Leben der Manager zu entdecken und genau dort anzusetzen. Und wo ist dieses kleine Fenster? Claude Schmutz: Der Schlüssel ist die persönliche Beziehung und das Schloss die wirkliche Sehnsucht des Einzelnen. Ich glaube, «priesterlich» gesinnte Christen haben den Mut, Spiegel zu sein. Meine Tochter war es damals, die mich auf sehr direkte, aber entwaffnende Art mit der Wahrheit konfrontierte und damit viel auslöste. Die Gemeinde hat einen wichtigen Beitrag, die christlichen Führungskräfte aufzufordern, radikal in allen Lebensbereichen Jesus nachzufolgen und dadurch Zeugen und Boten zu sein. Die Menschen in unserem Umfeld, auch am Arbeitsplatz, müssen durch unsere Ausstrahlung und unser Handeln etwas von Jesus Christus «schmecken». Es geht nicht an, dass gläubige Geschäftsleute immer noch in Grauzonen

leben und in ihrem Leben Sünde tolerieren, sei dies in finanziellen oder in Beziehungsfragen. Diese Themen müssen in der Gemeinde mutig angesprochen werden. Im Sport gibt es schon lange Seelsorger, sogenannte Chaplains. Wäre es denkbar, Menschen wie René als Firmenseelsorger für Konzerne einzusetzen? Claude Schmutz: Mentoring und Coaching haben gerade in den letzten Jahren vermehrt in der Chefetage Einzug gehalten. Unsere Stiftung LIF fördert in erster Linie Geschäftsleute in ihrem Lebensstil und ihrer Geschäftsethik, und zwar durch persönliche Beziehung. Ob ein Theologe grundsätzlich auf der Chefetage akzeptiert würde, bezweifle ich. Es gibt jedoch viele KMUs, die von Christen geleitet werden. So ein Patron hätte die Möglichkeit, das «priesterliche Königtum» einzubringen, indem er zum Beispiel seinen Abteilungsleitern seinen Pastor oder einen Mitarbeiter aus der Gemeinde als geistlichen Unterstützer und Beter vorstellen würde. Der Pastor könnte auf angemessene Art die Belegschaft besuchen und sich nach ihrem Wohlergehen erkundigen. Er könnte

auch einmal an einer Geschäftsleitungssitzung dabei sein, in diese Welt eintauchen und verstehen lernen, was dort überhaupt abgeht. Aus solchen Besuchen könnte Vertrauen wachsen, könnten Gespräche entstehen und könnte Menschen geholfen werden. René, zu welchen Themen würdest du Claude einsetzen? René Winkler: Sicher für alles, was mit Führungskompetenz zu tun hat. Ebenso für Themen wie Identität und Persönlichkeit sowie den Umgang mit Leistungsdruck. Ich glaube, dass jede Lebensgeschichte und gerade die von Claude für die jüngere Generation so wichtig ist, weil sie sehen, wie jemand sich mit Jesus verändert, wie neue Werte entstehen und wie sich in diesem Prozess Gottes Berufung in einem Menschenleben offenbart. Fallbeispiel 1: Ein im Dorf bekannter Geschäftsmann kommt zum ersten Mal zur Kirche und sagt dem Pastor am Ausgang, was man alles in der Kirche verändern müsste ... René Winkler: Ich würde auf ihn zugehen und mit ihm über das, was er wahrnimmt,

Claude Schmutz und René Winkler führen mit einem Team der Pilgermission St. Chrischona am 23. – 25. April 2009 die «Chrischona Initiative Führungspersonen» (CIF 2009) durch, um den Schulterschluss zwischen Gemeindeleitung und Führungskraft aus unterschiedlichsten Berufsgruppen neu zu initiieren.

Claude Schmutz Claude Schmutz (1946) hatte als Manager im Pharmakonzern F. Hoffmann-La Roche hohe internationale Führungspositionen inne; unter anderem lebte er mit seiner Familie sieben Jahre in Hongkong. Nach seiner Bekehrung 1993 war er noch sieben Jahre als Manager im Konzern tätig und bekannte sich während dieser Zeit öffentlich zu seinem Glauben. Als Gründer und Leiter der Stiftung LIF («Leaders‘ Integrity Foundation») ist er seit 2000 als unabhängiger Ausbildner, Referent, Berater und Mentor tätig. Claude Schmutz ist verheiratet, hat zwei erwachsene Töchter und vier Enkelkinder.

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René Winkler René Winkler (1960) arbeitete als Betriebssekretär PTT, studierte am Theologischen Seminar St. Chrischona, leitete von 1986 bis 1995 die Chrischona-Gemeinde in Steckborn und von 1995 bis 2001 in Muttenz. Er ist seit 2000 Leiter der Chrischona-Gemeinden Schweiz. René Winkler ist verheiratet und hat drei Kinder.

Informationen zu CIF 2009 unter

http://cif.chrischona.org cz 1|09

sprechen. Mit Bestimmtheit könnte ich einiges von ihm lernen, auch wenn seine Vorschläge die Wirklichkeit nur teilweise abdecken würden. Claude Schmutz: Führungskräfte fühlen sich nicht automatisch berufen, sich in die geistlichen Angelegenheiten der Gemeindeleitung einzumischen. Doch wenn der Pastor sie nach ihrer Meinung und Unterstützung fragen würde, fühlen sie sich mit ihrem weltlichen Berufshintergrund ernst genommen und sind in der Regel noch so gern bereit, Unterstützung anzubieten. Fallbeispiel 2: Eine Gemeinde hat grosse Finanzprobleme. Es könnte sein, dass einige Geschäftsleute in der Gemeinde die Lösung in Händen bzw. in der Tasche hätten. Wie verhältst du dich? René Winkler: Persönlich habe ich grosse Mühe, Menschen direkt mit der Bitte um Finanzen zu konfrontieren und dann eine Absage zu bekommen. Daher würde ich diesen Geschäftsmann als Berater anfragen, denn sein Know-how in finanziellen Fragen könnte für die Lösung des Problems wertvoll sein. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass nicht jeder Geschäftsmann seine Finanzen nach biblischen Prinzipien verwaltet. So könnte aus diesem Gespräch eine Beziehung entstehen, in der wir einander dienen. Claude Schmutz: Wenn keine Beziehung zwischen dem Gemeindeleiter und dem Geschäftsmann da ist, fehlt jede Grundlage. Die Geschäftsleute sind verletzt, wenn man ihren Wert nur in Verbindung mit dem «Gold produzierenden Esel» sieht, aber sich sonst nicht um sie mit ihren ureigensten Anliegen kümmert. Sie möchten zuerst als Menschen wahr- und ernst genommen werden. Gerade Führungskräfte kommen selber oft nicht auf die Idee, dass sie wirklich einen Beitrag in der Kirche leisten könnten. Dafür braucht es den Aufbau von echten Beziehungen mit gegenseitiger Demut und Transparenz.

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Workplace Ministry im ICF Zürich Das ICF Workplace Ministry ermutigt und unterstützt Geschäftsleute bei der Frage, wie sie in der Arbeitswelt als Christen einen Unterschied machen können. Nic Legler, der diese Arbeit leitet, berichtet über das Konzept. «Menschen in der Arbeitswelt sollen verstehen, dass sie von Gott an diesen Arbeitsplatz berufen sind. Mit ihren einmaligen Begabungen, ihrem Design und Netzwerk sind sie ‹Vollzeiter› wie der klassische Missionar auch. In gemütlich-genüsslichem Rahmen führen wir regelmässig Meetings durch. Geschäftsleute vom ICF, aber auch externe Referenten sprechen zu aktuellen Themen. Die Leute werden motiviert, mit Gottes Gegenwart und Inspiration am Arbeitsplatz zu rechnen. Die Kirche hat die Aufgabe, Menschen in der Geschäftswelt geistlich zu unterstützen, damit sie in ihren Herausforderungen und Drucksituationen wachsen. Auf der anderen Seite haben Geschäftsleute der lokalen Kirche viel zu geben an Know-how, Erfahrung und anderen Ressourcen. Dafür bietet das ICF eine Plattform. Jungunternehmer können von erfahrenen Geschäftsleuten Coaching und Beratung bekommen. In Zusammenarbeit mit unserer Stiftung ACTS finden Geschäftsleute zudem Möglichkeiten für ein soziales Engagement. Diese Win-win-Situation möchten wir noch mehr entdecken und fördern.»

www.workplace.icf.ch

Nic Legler (Bild oben) studierte Betriebswissenschaft an der Uni Zürich und arbeitete fünf Jahre im Verkauf eines Schweizer Konsumgüterunternehmens. Von 2003 bis 2007 studierte er am Hillsong College, schloss mit einem Bachelor in Theologie ab und arbeitete zwei Jahre aktiv in der Geschäftsleute-Arbeit der Hillsong Church. Seit 2007 leitet er das ICF Workplace Ministry.

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PERSONLICH

priesterlich leben | persönlich

Jetzt sind königliche Priester gefragt Das Wort des Missionsleiters Gerade in wirtschaftlich und finanziell schwierigen Zeiten braucht es Christen, die mit königlichpriesterlicher Weisheit und Autorität anderen Menschen die Dinge erschliessen, die ewig bleiben.

Hanspeter Nüesch Sowohl Petrus wie Johannes schreiben davon, dass wir Christen «königliche Priester» sind (1. Petrus 2,9; Offenbarung 1,5 f.). Unser Auftrag ist es, priesterlich für unsere Mitmenschen vor Gott einzustehen und ihnen in königlicher Autorität sein Wort bekannt zu machen. Welch eine Berufung!

Priesterlich-königliche Brückenbauer Voraussetzung ist allerdings, dass wir zuerst «unsere eigenen Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darbringen» (Römer 12,1) und dass wir uns nicht der Welt anpassen, sondern unser Denken am biblischen Massstab ausrichten. Nur so können wir Gottes Willen für uns selbst und für unsere Mitmenschen erkennen (vgl. Römer 12,2) und die Brücke zwischen ihnen und Gott schlagen. In Zukunft sind solche priesterlich-königlichen Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen, wie auch zwischen den Menschen untereinander mehr denn je gefragt. Gott möchte in den zunehmenden Krisen aller Art zu den Menschen sprechen und sie ins Vaterhaus zurückrufen. Nur verstehen das unsere Mitmenschen nicht und sind deshalb auf 8

unsere Übersetzungsdienste angewiesen. Immer mehr Menschen suchen irgendwo Hilfe und Halt. Sie beten, aber sie kennen Gott nicht wirklich. Tatsächlich gibt es in akuten Krisen kaum Atheisten. Das ist unsere Chance, aber auch unsere Verantwortung. Wir dürfen ihnen wie Paulus von dem «unbekannten Gott» erzählen, zu dem sie wieder angefangen haben zu beten (vgl. Apostelgeschichte 17,23). Wir dürfen ihnen von Jesus Christus erzählen, der ihnen grundlegend helfen kann.

Sturz des babylonischen Finanz- und Wirtschaftssystems Als ich letztes Jahr in New York war, sprach Gott deutlich zu mir, dass er sich bald heftig mit «Babylon» und «Mammon» auseinandersetzen werde. An Gebetstagen sowie speziellen Mitarbeiterschulungen haben wir uns in der Folge damit beschäftigt, wie wir eine stark wachsende Ernte in einer Zeit knapper werdender Finanzen einbringen können. Auch wir Schweizer werden die zunehmend knappen Ressourcen zu spüren bekommen, und das noch mehrere Jahre. Die Bibel sagt, dass alle, die mit dem modernen Babylon Verkehr getrieben haben, in das Gericht Gottes hineingezogen werden. «Gefallen, gefallen ist Babylon, die Gros-

• Was steht auf dem Fünfliber? Dominus providebit – Der Herr wird versorgen. Ist das nicht ein wunderbarer Zuspruch?

se ..., denn von dem Glutwein ihrer Unzucht haben alle Völker getrunken, und die Könige der Erde haben mit ihr Unzucht getrieben, und die Kaufleute der Erde sind von ihrer gewaltigen Üppigkeit reich geworden ... Geht hinaus aus ihr, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt» (Offenbarung 18,2 ff.). Es geht mir nicht darum, eine spezifische Nation an den Pranger zu stellen. Es ging nicht allein um die USA, als 2001 die zwei Türme des Welthandelszentrums dem Erdboden gleichgemacht wurden. (Die Terroristen hatten es zwar auf die USA abgesehen. Gott hat die Schreckenstat aber zugelassen, weil die Twin Towers ein internationales Symbol des Götzen Mammon waren.) Und auch Wallstreet repräsentiert nicht die Vereinigten Staaten, sondern die Vereinigten An­beter des Dow Jones.

Weit geöffnete Türen erfordern geistesgegenwärtiges Handeln Jedes Gericht ist auch ein Zurechtrichten Gottes. Bei der Jagd nach Glück und Wohlstand hat man Gott auf die Seite gestellt, ihn negiert, ja ihn lächerlich gemacht. Nun meldet er sich in einer Weise, dass man ihn hören muss. Jetzt braucht es cz 1|09

allerdings königliche Priester, die den verunsicherten und oft verzweifelten Menschen das Vorgefallene geistlich auslegen, ihnen in ihrer Not beistehen und gleichzeitig von Gottes Vaterliebe und seinem Heilsplan erzählen. Es braucht priesterliche Könige, die in dieser Zeit der globalen Verunsicherung königlich regieren, Hoffnung und Vertrauen ausstrahlen und den Weg zum wahren Leben weisen können. Haben wir nicht darum gebetet, dass Gott die Türen zu den Herzen der Mitmen-schen öffnen möge? Jetzt ist die Zeit für uns Christen gekommen, den Menschen priesterlich zu dienen! Jetzt sind wir gefragt, wach und besonnen zu sein und geistesgegenwärtig zu handeln (2. Timotheus 1,7). Gott hat uns sowohl einen priesterlichen wie einen königlichen Geist gegeben. Als Priester haben wir die Verantwortung, stellvertretend die Schuld unserer Mitmenschen vor Gott zu bringen, im Bewusstsein, dass wir auch mitschuldig geworden sind. Ralf Luther im Neutestamentlichen Wörterbuch: «Wer für andere bittet, wer ihrer unablässig vor Gott gedenkt, wer unter der Not und Schuld seiner Brüder schwer trägt und cz 1|09

um Vergebung für sie fleht, der handelt wie ein Priester.» Mose, Nehemia und Daniel waren solche Personen, die priesterlich vor Gott für die Sünden des Volkes in der Fürbusse und Fürbitte eingestanden sind. Gleichzeitig sind wir aber auch Könige, was unsere geistliche Autorität anbetrifft. Als Könige stehen wir über der Sache – dank unserer täglichen Verbindung zum König der Könige. Wir herrschen als Gottes Beauftragte über die Umstände und weisen den Menschen den Weg. Als solche, die Jesus als das Licht der Welt (Johannes 8,12) persönlich kennengelernt haben, sollen wir dieses göttliche Licht den Menschen reflektieren. Je dunkler die Umstände sind, desto mehr entfaltet das Licht seine Wirkung. Gerade als Christen dürfen wir unser Licht nicht länger unter den Scheffel stellen. Das Licht Gottes muss durch uns hell leuchten. Es gab noch nie eine Zeit, die mehr auf dieses Licht angewiesen war als heute. «Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf dem Berge liegt, nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; so leuchtet es allen, die im Haus sind. So soll euer

Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen» (Matthäus 5,14-16).

Gott wird die Betenden versorgen Wir Christen werden auch in dürren Zeiten genug Mittel haben, um den Dienst, den Gott uns aufgetragen hat, zu tun. Umso wichtiger ist es jedoch, eine intensive Gebetsverbindung mit dem göttlichen Auftraggeber zu pflegen. In Zukunft geht es mehr denn je darum, dass wir Gottes Willen im Gebet suchen und in Gehorsam in die Tat umsetzen. Dann wird er uns auch in Zeiten des Mangels versorgen. Er wird uns segnen, damit wir wieder andere damit segnen können. Solange wir reichlich geben, werden wir auch reichlich bekommen. In einer Gebetszeit, wo es um unseren zukünftigen Dienstauftrag ging, schenkte mir eine deutsche Mitarbeiterin in unserem Team einen Fünfliber mit dem Kommentar, Gott möchte uns das, was auf dem Rand der Münze stehe, zusprechen. Sie selber wusste nicht, was die lateinischen Worte bedeuten. Was steht auf dem Fünfliber? Dominus providebit – Der Herr wird versorgen. Ist das nicht ein wunderbarer Zuspruch für alle, die ernsthaft nach Gottes Willen fragen? 9


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priesterlich leben | ein modernes …

Ein modernes, priesterlichprophetisches Leben Heinz Stübi (1951 – 2008) Es gibt sie selbst in der christlichen Landschaft nur ganz selten: Menschen, die mitten im Lärm der heutigen Zeit ihr Ohr ganz nahe am Herzen Gottes behalten und das, was sie hören, so vermitteln können, dass die Herzen von Menschen wahrhaftig zum Glauben finden und zum Leben kommen. Heinz Stübi war einer von ihnen.

Peter Höhn Heinz Stübi hat mir und anderen Menschen als geistlicher Begleiter über Jahre das Leben mit Gott, das Unterwegssein mit dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus in einer nie gekannten Unmittelbarkeit erschlossen.

«Gott ein Gegenüber sein» Ein Schlüsselerlebnis war für mich ein Gespräch im Oktober 1992: Ich war damals ziemlich frustriert, dass ich meines Erachtens mit meinem christlichen Dienst trotz all meiner Gebete einfach zu wenig für Gott bewegte. In der Erwartung, Heinz könnte mir sicher ein paar bessere Gebetstipps geben, sprach ich mit ihm darüber. Heinz hörte geduldig zu und meinte dann sinngemäss: «Peter, wenn du die Reihenfolge umdrehst, wirst du immer frustriert sein. Wenn du das Gebet dazu brauchst, um effektiver für das Reich Gottes zu sein, wird deine Beziehung zu Gott ein Mittel zum Zweck; du wirst dann immer das Gefühl haben, zu wenig zu bewegen. Gott hat dich aber nicht dafür geschaffen, einen 10

effektiven Dienst zu tun, sondern in erster Linie dafür, ihm ein Gegenüber zu sein. Lebe deine Beziehung mit Gott ohne Hintergedanken und lass es dann seine Sorge sein, was aus deiner Beziehung mit ihm an Leben für andere hinausfliesst.» Die Worte von Heinz waren lebendig und hatten Kraft, weil er sie selbst lebte. Damals wurde auf meinem geistlichen Lebensweg eine Weiche gestellt. Ich begann statt einer Zweckgemeinschaft mit Jesus eine Herzensbeziehung zu leben. Immer mehr ging es mir in Fleisch und Blut über: Ich darf vor Gottes Angesicht leben, fröhlich, freimütig und präsent. Ich bekam Mut, dem nachzuspüren, was in meinem Herzen war, und mit dem zu arbeiten, was ich an Leben in mir selber vorfand, statt irgendein äusserliches Soll zu erfüllen. Vor einem Jahr mussten wir nach Heinz‘ schwerer Krankheit von ihm Abschied nehmen. Sein Samenkorn, das er in mich und viele andere Menschen hin­ eingesät hat, wird bleiben und weiterhin Frucht bringen. Das bezeugen die Menschen, die nachfolgend zu Wort kommen, stellvertretend für viele.

«Vom gekreuzigten und auferstandenen Christus her leben» Elke Hendriksen «Das Bild mit der Skulptur ‹The Crucified and Risen Christ› hat Heinz Stübi zu Ostern 2007 in einem Rundmail mit folgendem Text verschickt: ‹Und plötzlich erkennen wir uns in IHM und IHN in uns – eins gemacht mit unserem Gekrümmten, Zerbrochenen, Schmerzlichen und schon aufgerichtet, auferstanden, lebendig gemacht ...› – Wort und Bild dieser Botschaft sprachen mich unmittelbar, tief an und begannen ihre stille Kraft zu entfalten. Eine Kraft, nach der ich mich sehnlichst ausstreckte. Denn seit über einem Jahr erlebte ich Gott – wenn überhaupt – vorwiegend als einen schweigenden, fernen Gott. Ich empfand mein Leben als ein Unterwegssein im trockenen, dürren Land. Die natürliche Folge davon war, dass mich mein Dienst viel mehr Kraft kostete als üblich. Grundlegende Fragen trugen das Ihre dazu bei. Wie sollte ich meine Studierenden am IGW ins cz 1|09

• Der gekreuzigte und auferstandene Christus (von Lyn Constable Maxwell lyn@lynmax.com www.lynmaxwell.com). cz 1|09

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priesterlich leben | ein modernes …

‹Hörende Gebet› einführen, wenn ich selber ‹Gottes Stimme› kaum mehr hörte? Wie sollte ich sie anleiten in der Pflege ihrer persönlichen Gottesbeziehung, wenn mein Gott sich in Schweigen hüllte? Wie konnte ich in einem solchen Zustand seelischer Dunkelheit und geistlicher Trockenheit noch glaubwürdig unterrichten? Die erwähnte Osterbotschaft von Heinz hat sich mir als das eindrücklichste, irgendwie auch existenziellste Geschenk meines Mentors erwiesen. Ich fühlte mich zwar immer noch schwach und hilflos in meiner Lage, doch da war dieser auferstandene Christus, der sich eins gemacht hat mit meiner inneren Not und der mich als der Auferstandene in meiner Schwachheit umfing. Jetzt, da ich selber nichts mehr zu bringen hatte, wurde diese Osterbotschaft zu etwas Besonderem in Gottes Hand. Es sollte noch weitere sechs Monate dauern, bis sich das Ende dieser herausfordernden Lebensphase abzeichnete. Es geschah völlig unerwartet, dass die Saat der Worte von Heinz Stübi aufging: Am 7. September 2007 gestaltete ich einen persönlichen ‹Stillen Tag›. An diesem ganz gewöhnlichen Tag durchbrach der Auferstandene das Schweigen und liess mich in einer Tiefe und Unmittelbarkeit etwas erleben, was ich noch nie zuvor erfahren hatte. Von einem Augenblick auf den anderen war meine insgesamt eindreiviertel Jahre dauernde Dürrezeit vorüber! Der auferstandene und erhöhte Herr, Christus, hat Heinz Stübi dazu gebraucht, in mir eine neue Realität auszusäen. Dafür bin ich ihm von Herzen dankbar.»

• Elke Hendriksen 12

«Die Kraft des Wortes vom Kreuz» Fred Grossenbacher «Zum Siebzigsten bat ich Heinz, meine Abdankung zu gestalten, wenn es dereinst so weit sein würde. Er sagte zu. Doch nun kam alles anders. Weshalb, wozu? War es sein Priesterlos? Das Geheimnis des Kreuzes, der gekreuzigte Messias Israels, durch den auch wir Heiden Zugang zur Erlösung, Annahme beim lebendigen Gott finden, das war das Hauptthema, die Mitte und Motivation des Dienstes von Heinz. In den gemeinsamen Fastenzeiten, Jugendlagern, Jugend-Pfingstwochenenden und Gebetstreffen wurde er nicht müde, die ‹Kraft des Wortes vom Kreuz›, dessen Ziel ‹Auferstehung› bedeutet, zu bezeugen. Aus dieser Kraft schöpfte und lebte er auch. Vor rund 25 Jahren suchten wir – Heinz und ich – unter Fasten Wegweisung in der Stille und erlebten in der Folge unterschiedliche Aufbruchs-Aufgebote. Der Ruf Jesu: «Folge mir nach!» wurde konkreter. Was meine Frau und mich besonders beeindruckte, war, wie Heinz und Christine konsequent beim Einstieg in den priesterlichen Beratungsund Lehrauftrag ihre Versorgung vom himmlischen Vater erwarteten – und auch erlebten. Wir dagegen wurden in unsere Berufe zurückgeführt, in den Arbeiterpriesterdienst. In diesen verschiedenartigen Aufgaben fanden wir durch gemeinsame Gebetsdienste und familiäre Kontakte bald noch enger zusammen, konnten miteinander teilen, einander ermutigen. Heinz schrieb im Januar 2007: ‹Wie gut, dass wir mit dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus unterwegs sein dürfen – ER ist in den Höhen und Tiefen dabei! Halleluja!› Ab Pfingsten 2007 wurde dieses Unterwegssein auf einmal zum harten Marathonlauf. Viele Ermutigungen, aber immer neue Tiefschläge folgten. Wir

kämpften, glaubten, hofften – und mussten schliesslich loslassen, ‹Bhüet di Gott!› sagen. Über dieses letzte Wegstück sind wir auch ein Jahr später noch kaum fähig, viel zu sagen. Aber immer wieder steht vor uns die von unseren Enkelkindern mit Edelsteinen verzierte Krone, die Heinz in den letzten Leidenswochen zum Durchhalten ermutigte und auch seine sterbliche Hülle ins Grab begleitete. Mit Heinz und seiner Familie blieb und bleibt Psalm 118,17 unser Bekenntnis: ‹Ich werde nicht sterben – ich werde leben und des HERRN Werke verkündigen!›»

salbte (Johannes 12), in meine (nicht gerade einfache) Situation hinein aus. So bekam ich spezifische Anweisungen für mein Handeln – ich war total ermutigt! Ein anderes Mal fuhr ich mit einer Freundin zur Vorbereitung einer Konferenz ins Kandertal zu Stübis. Ehrlich gesagt, wir waren kaputt. Herzlich in der gemütlichen Stube in Empfang genommen, wurden wir überrascht: Eine Riesenschüssel Orangentiramisu! Die Besprechungen liefen mühelos nebenher. Auf der Rückfahrt waren wir uns einig: Gottes Güte hat uns unerwartet ganzheitlich erwischt! Heinz hörte Gott, das spürte ich. An jedem Treffen mit ihm und seiner Frau Christine bin ich Gott begegnet. Heinz war und ist mir Vorbild darin, für andere vor Gott zu kommen, für andere Gottes konkretes Reden zu suchen, für andere im Himmel Ermutigung abzuholen und dabei die Menschen immer auf Jesus hin auszurichten. Ist es nicht gigantisch, dass der Schöpfer des Universums mit uns kommunizieren will!? Danke, Heinz, dass du mich das gelehrt hast!»

• Fred und Anemarie Grossenbacher

«Von Gottes Güte unerwartet ganzheitlich erwischt» Nica Spreng «‹Gott isch ke Laveri!›, meinte Heinz einmal. Aber: ‹Die Tatsache, dass der Kreator der gesamten Schöpfung zu uns spricht, ist phänomenal!› Heinz Stübi war mir väterlicher Freund, Seelsorger und weiser Ratgeber. Sein Auf-Tuchfühlung-Sein mit dem Auferstandenen faszinierte. Immer hatte er ein taufrisches Wort von Gott. Er verstand es, den Zusammenhang zwischen dem Hören auf Gottes Stimme und Gottes Leidenschaft für das Leben (Johannes 10,27 f.) mir und anderen aufzuzeigen und nahezubringen. Er nahm sich Zeit, für andere hinzuhören. So auch an einem schönen Februartag: Er legte mir die Geschichte von Maria, die Jesu Haupt und Füsse cz 1|09

und teilte sie mit vielen Menschen. So wurden durch ihn Christen jeden Alters auf ihrem geistlichen Weg gestärkt. Heinz Stübi diente den Ratsuchenden in der Tradition der Wüstenväter; er ermutigte Menschen mit einem biblischen Wort und meist auch mit einem weiterführenden Bild. In der Nähe von Heinz und seiner Familie sowie durch den Dienst von Heinz und Christine Stübi ereignete sich ein Stück Himmelreich – und das faszinierte uns. Die Jugendfreizeiten von Stübis waren gefüllt mit geistlichem Leben, Teenager wie wir wurden von der Wirklichkeit Gottes ergriffen. Prozesse der Erneuerung führten Jugendliche in die Christusnachfolge.

HEINZ STÜBI

Im Rahmen eines Praktikums konnte ich (Heinz Käser-Böhlen) Heinz Stübi ein Jahr lang begleiten und ihm über die Schulter schauen. Wir Praktikanten äusserten damals den Wunsch, beten zu lernen. Unvergessen bleiben in meiner Erinnerung die wöchentlichen Gebetsabende, die Heinz fortan mit uns Praktikanten und den Leuten der örtlichen Jugendgruppe feierte. Von Herzen sind wir Gott dankbar, dass er uns in Heinz Stübi einen Freund und geistlichen Vater geschenkt hat.»

Heinz Stübi wuchs im Berner Seeland auf. Während seiner Schreinerlehre fand er zu einem lebendigen Glauben an Jesus Christus und liess sich auf St. Chrischona zum Prediger ausbilden. Nach seiner Heirat mit Christine Pfister arbeitete Heinz Stübi von 1976 bis 1989 als Jugendsekretär des Evangelischen Gemeinschaftswerkes. Ende der Achtzigerjahre folgte er einem Ruf in einen eigenständigen Gebets-, Lehr- und Seelsorgedienst, den er bis zu seinem Heimgang am 22. Januar 2008 ausübte.

• Nica Spreng

«In der Tradition der Wüstenväter» Heinz und Barbara Käser-Böhlen «Die Gäste eines Geburtstagsfestes muss­ten sich mit einem Gegenstand vorstellen. Heinz Stübi stellte sich anhand eines Fernglases vor und sagte, Gott gebe ihm Anteil an seiner Sicht der Dinge bzw. eine Schau für Menschen. Diese ‹Sehergabe› schärfte Heinz im betenden Sein vor Gott cz 1|09

Daneben war Heinz ein lebensfroher Geniesser, liebte es, zu fischen, Beeren und Pilze zu sammeln und sich auf Wanderungen und Reisen an Gottes Schöpfung zu erfreuen. Heinz Stübi hinterlässt seine Frau Christine und zwei erwachsene Söhne. • Heinz und Barbara Käser-Böhlen 13


M A S S A G E

priesterlich leben | hände die heilen

Herkunft des Wortes «Massage» Der Ursprung des Wortes «Massage» findet sich im Griechischen: «massein» heisst «kneten». Im Hebräischen bedeutet «massa» «betasten», das arabische Wort «massah» «reiben» oder «streichen». Das Wort «Messias», «der Gesalbte», gehört in die gleiche Wortgruppe.

Hände, die heilen Von der segensreichen Behandlung mit ätherischen Ölen

• Eine Massage wird mit der Hand durch geführt, ist also im wahrsten Sinn des Wortes eine Be-Hand-lung. Sibylle Broggi: «Der Rücken eines Menschen ist für mich wie eine Landkarte.»

Das Wissen um Pflanzen und deren heilende Wirkung ist in der heutigen Gesellschaft weitgehend verloren gegangen oder wurde von esoterisch-alternativen Kreisen besetzt. Früher waren Klöster Heilstätten, in denen die Pflanzenheilkunde beherrscht wurde. Zum Beispiel mussten sich verwirrte und depressive Menschen in Beeten mit römischer Kamille wälzen. Heute ist wissenschaftlich erwiesen, dass die zerquetschten Blüten der römischen Kamille ätherische Öle freisetzen, die stark beruhigend, krampflösend und gegen depressive Verstimmungen wirken.

Sibylle Broggi (hier mit ihrem Mann Michel) ist ausgebildete Aromatologin und Masseurin. Immer wieder erwarten sie deswegen Unverständnis und das Vorurteil, ihr Dienst stehe unter «esoterischem Einfluss». Sie beweist jedoch als überzeugte Christin, wie ganzheitlich ätherische Öle und Massagen angewendet werden können – zur äusseren und inneren Heilung des Menschen.

Monika Blatter Martin Keller* war nach der Massage überwältigt und als Biologe von Sibylle Broggis Heilpflanzenkenntnissen beeindruckt. Er schenkte ihr als Dank eine seltene Sorte Salbei, die er auf einer Wanderung gefunden hatte. Der Mann konnte sich vor der Behandlung nicht mehr bücken und weder Socken noch Schuhe anziehen. Voller Misstrauen liess er sich von Sibylle Broggi massieren. Danach konnte er zu seiner Überraschung seine Socken wieder selber anziehen.

Verloren gegangenes Wissen «Die Behandlung mit Heilpflanzenölen ist schon sehr alt. Immer wieder wird in der Bibel Salböl oder kostbares Öl erwähnt», erklärt Sibylle Broggi. «Es handelt sich dabei um nichts anderes als um Ölauszüge oder ätherische Öle.» Diese ätherischen Öle sind leicht flüchtige wohlriechende Substanzen aromatischer Pflanzen und bergen den charakteristischen Geruch der Herkunftspflanze wie zum Beispiel Eukalyptus, Lavendel, Zimtrinde oder Myrrhe. Gebräuchlichstes

Verfahren zur Gewinnung ist die Wasserdampfdestillation. Zur körperlichen Anwendung wird ein ätherisches Öl mit Pflanzenölen wie Mandel-, Jojoba- oder Olivenöl verdünnt. Der Duft und das Einmassieren in Haut und Muskeln des menschlichen Körpers lösen über den Geruchs- und den Tastsinn entspannende Reaktionen im limbischen Teil des Hirns aus, an jenem Ort, wo unter anderem Emotionen und Schmerzinformationen gespeichert und gesteuert werden.

Der Geruchssinn spielt in unserem Leben eine zentrale Rolle. Er ist derjenige Sinn, der sich während der Schwangerschaft beim werdenden Kind als Erstes entwickelt. Auch Sie erinnern sich vielleicht an eine Situation aus Ihrer Jugend, wenn Ihnen ein bestimmter Duft in die Nase steigt ... Ein angenehmer, heilsamer Duft als Bestandteil einer Massage, der die verhärtete Muskulatur löst, und anschliessend etwas Zeit für die Menschen bewirke oft Wunder, wie Sibylle und Michel Broggi erleben.

Aroma- und Massagetherapeutin statt Ärztin

Verspannte Muskeln – verspannte Seele

Sibylle Broggi war schon immer fasziniert von der Schöpfung – der Beschaffenheit der Pflanzen und des menschlichen Körpers. Gerne wäre sie Ärztin geworden. Aus finanziellen Gründen wurde daraus nichts. So lernte sie vorerst den Beruf der technischen Zollbeamtin und bildete sich 1994 zur Aromatologin und Massagetherapeutin weiter. Später folgte ein Lehrgang in klassischer Massage. Für sie als Mutter und Hausfrau ist das die ideale Berufskombination. Zusammen mit ihrem Mann Michel hat sie zwei eigene Kinder und vor vier Jahren zusätzlich die drei kleinen Kinder von Michels verstorbener Schwester aufgenommen. Massieren kann Sibylle zu Hause im speziell eingerichteten Praxiszimmer im umgebauten alten Bauernhaus. Zudem unterrichtet sie regelmässig Aromatologie in der Schule für Christlich ganzheitliche Heilverfahren (CgH). Damit ein solches Engagement möglich ist, reduzierte Michel sein Pensum als Informatiker auf achtzig Prozent.

Seit vielen Jahren setzen sich Sibylle und Michel Broggi im Rahmen von «Heartstream Resources» für überlastete Missionare ein. «Heartstream Resources» ist eine christliche Non-Profit-Organisation, die Missionare und Mitarbeitende von Entwicklungshilfeorganisationen betreut, ausbildet und ausrüstet. Professionelle ärztliche und psychologische Betreuung, Seelsorge, Massage und die Möglichkeit, kreativ zu sein, sind jeweils Bestandteil der Seelsorgewochen in den französischen Alpen. In diesen Wochen erfahren Broggis, wie heilsam und freisetzend ihr Dienst ist. Das ermutigt sie immer wieder, ihren Weg fortzusetzen. Sibylle Broggi erzählt, sie habe einmal eine Missionarin, die unter grosser Anspannung litt, massiert. Schon während der Massage seien viele Tränen geflossen, weil sich durch die Massage nicht nur die muskuläre, sondern auch die innere Spannung gelöst habe. «Massage darf keine Massenabfertigung sein», findet Sibylle Broggi. Es brauche Zeit – ein kostbares Gut, das für die

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priesterlich leben | hände die heilen

Kurse und Termine CgH – Schule für Christlich ganzheitliche Heilverfahren Zweijährige nebenberufliche Weiterbildung Gesundheits- und Lebensberater/-in CgH (Kurs 8) Infonachmittag: 18. Februar 2009 Anmeldung bis: 16. März 2009 Kursstart: 14. April 2009 Es können auch einzelne Module oder Tage besucht werden. Verlangen Sie das Kursprogramm.

behandelte Person heilsam ist. «Wir versuchen, ganzheitlich zu dienen, zu praktizieren und zu lehren. Massage und Seelsorge gehören zusammen. Das Lösen von muskulären Spannungen führt oft zum Lösen von inneren Spannungen, und das muss man auffangen können», erklärt Sibylle Broggi. Mitunter erkenne sie durch das Berühren der Menschen, was mit ihnen los sei. Über die Jahre wagte sie auch immer mehr nachzufragen, wenn ein Gedanke, der ihr während der Massage kam, nicht mehr weichen wollte. Oft genüge nach der Massage die Frage: «Wie geht es Ihnen jetzt?», und es sprudle nur so heraus. Michel, ihr Mann, wunderte sich dabei schon öfter, warum wohl eine Massage zwei statt der geplanten einen Stunde dauerte. Aber Sibylle Broggi nimmt sich eben die Zeit fürs Reden, manchmal auch fürs Beten.

Ein Instrument Gottes sein Während der Behandlung wird nicht viel gesprochen, schon gar nicht über den Glauben. Trotzdem nehmen die Leute wahr, dass hier bei Broggis etwas «anders» ist als bei den Ärzten oder Therapeuten, die sie kennen. Sie fragen nach, Sibylle Broggi gibt Antwort. Auch macht sie keinen Hehl daraus, dass sie an Gott glaubt und betet. Die einen erwähnen das Thema nie wieder, andere haken später nach. «Wir dürfen die Massagetherapie nie als 16

Evangelisationswerkzeug instrumentalisieren», bemerkt Michel. «Wir verstehen sie als Heilungsdienst.» Gefreut hat Sibylle, als einmal eine Frau, die zweieinhalb Jahre nur mit Schmerzmitteln leben konnte, durch ihre regelmässigen Massagen schmerzfrei wurde. «Ich betrachte mich als Instrument», betont Sibylle. Offenkundig ist, dass die Behandlung durch Sibylles Hände das Wohlergehen der Menschen steigert, ganz unabhängig davon, wie gesund oder leidend diese sind. Broggis möchten mehr Christen zu diesem Dienst ermutigen und ausbilden. Sie haben im Juni die christliche Massagefachschule Sela gegründet. Dort bieten sie neben den Modulen der klassischen Massage und den schulmedizinischen Grundlagen, die sie in Lizenz von CgH übernommen haben, ebenfalls einen Lehrgang in Lymphdrainage sowie andere Weiterbildungen an. Sie planen, das Kursangebot laufend zu erweitern, sodass eine Ausbildung zum medizinischen Masseur mit Fachausweis möglich wird, die ohne esoterische Praktiken und Einflüsse auskommt. Der Gesamterlös der Massageschule Sela fliesst in ein künftiges Projekt zur Betreuung von Missionaren.

Weitere Informationen zu Sela: www.sela.info

CgH, Rolf Nussbaumer Bruggereggstrasse 9, 9100 Herisau Telefon 071 352 28 77 E-Mail RNussbaumer@cfc.ch www.cghschweiz.ch

Massageschule Sela Schulmedizinische Grundlagen ab 20. April 2009

Klassische Massage ab 7. Mai 2009

Weiterbildung manuelle Lymphdrainage 26. – 28.November 2009 Sela Zentrum GmbH Ulmizstrasse 115, 3144 Gasel Telefon 031 842 12 00 E-Mail info@sela.info www.sela.info

CgH – Christlich-ganzheitliche Heilverfahren Eine Weiterbildung, die den ganzen Menschen ins Zentrum stellt Die zweijährige nebenberufliche Weiterbildung besteht aus den Modulen Seelsorge und Gebet, Phytotherapie, Ernährungsberatung, Bewegung und Entspannung, Hydrotherapie und Wickel sowie Aus- und Ableitverfahren. Der Abschluss ist das Zertifikat Gesundheits- und Lebensberater/-in CgH. In der Schweiz ist dieses Angebot einzigartig.

Rolf Nussbaumer Vier Gesundheits- und Lebensberaterinnen CgH haben wir gefragt, was für sie an dieser Weiterbildung wertvoll ist und wie sie das Gelernte in ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit einsetzen. • Marianne Bachmann, diplomierte Pflegefachfrau IPS, Kurs 6: «CgH verändert und gibt neue Perspektiven. Gerne vergleiche ich die Ausbildung mit einem Korb voll guter Früchte: Von den verschiedenen naturheilkundlichen Möglichkeiten und Anwendungen, die ich kennenlernte, kann ich nun diejenigen Angebote wählen, die meinen Gaben entsprechen. So kann ich persönliche Schwerpunkte setzen und das Gelernte weiter vertiefen und anwenden. Folgende ‹Früchte› werden im Angebot meiner Praxis sein: Gesundheitsberatungen, Ab- und Ausleitverfahren, Anwendungen mit ätherischen Ölen, Kursangebote. Wegen einer schweren Krankheit musste ich eine unfreiwillige Pause einlegen. Nun freue ich mich darauf, meinen Traum, im Sommer 2009 eine Praxis zu eröffnen, zu verwirklichen.» • Brigitte Akert, medizinisch-technische Röntgenassistentin, Kurs 4: «Für Personen, die in der Schulmedizin arbeiten, bedeutet die Weiterbildung von CgH eine wirkliche Horizonterweiterung, weil der Mensch ganzheitlich erfasst wird. CgH-Absolventinnen erhalten durch ihre breite Ausbildung einen grossen Freiraum, der je nach Begabung und Interesse individuell genutzt werden kann. Viele Mencz 1|09

schen sind sehr verunsichert vom enormen Angebot an Alternativmedizin und sind dankbar, ihre Fragen stellen zu können. Da wir CgH-Leute nicht unter dem Druck von Tarmed stehen, können wir uns viel Zeit für die Anamnese und die Beratung nehmen. Ich arbeite in der ärztlichen Allgemeinpraxis meines Mannes.» • Gaby Solenthaler, Primarlehrerin, Kurs 6: «Bei CgH hat mich besonders das Ganzheitliche angesprochen. Ich konnte während der Weiterbildung ein breites Spektrum im Bereich Naturheilkunde kennenlernen und vieles vom Gelernten in die Praxis umsetzen. Sehr wichtig für mich ist, dass es im Dschungel esoterischer Angebote Alternativen gibt, die mit dem christlichen Glauben vereinbar sind. Ich bekam durch CgH grundlegendes Rüstzeug und wesentliche Impulse, mich auf Neues einzulassen, und bin sehr motiviert, auf dem Gelernten aufzubauen. Ich absolviere noch die Ausbildung zur klassischen Masseurin. Neben der Massage biete ich Beratungen an und stelle Kosmetika sowie Gesundheitsprodukte her.» • Thea Dummermuth, diplomierte Pflegefachfrau AKP, Kurs 5: «Durch CgH erhielt ich eine wunderbare Möglichkeit, mich auf dem Gebiet der Naturheilkunde so weiterzubilden, dass ich es als Christin auch vertreten kann. Besonders hilfreich für mich war, mich mit Methoden auseinanderzusetzen und in der Pflege Hilfe anzubieten, die keinen esoterischen Hintergrund hat. Ich habe in der

Praxis Sicherheit erhalten, kann meinen christlichen Standpunkt besser vertreten und mich klarer positionieren. In meiner Praxis als Beraterin schätze ich es sehr, dass ich Menschen ganzheitlich beraten und ihnen Möglichkeiten auf natürlicher Basis anbieten kann. Ich arbeite zu sechzig Prozent in einem Pflegezentrum. Nebenbei biete ich in einer Arztpraxis mit einer Kollegin zusammen Gesundheits- und Lebensberatung sowie klassische Massage an. Die naturheilkundlichen Mittel bestelle ich beim CgH-Dozenten und Drogisten Hanspeter Horsch in Heiden. Er liefert meinen Klienten die Präparate per Post nach Hause.»

Am 14. April 2009 startet die Schule für Christlich ganzheitliche Heilverfahren CgH den 8. Kurs.

• Eine Cgh-Teilnehmerin gewinnt mit dem Destilliergerät im Vordergrund ein ätherisches Öl. 17


A L L E G R A Eine Therapiehündin verbreitet Freude «Allegra ist oft Anlass zu Gesprächen» Allegra scheint nicht mit Sympathie oder Antipathie zu kämpfen. Sie begegnet einer körperlich oder geistig schwerbehinderten Person genau gleich wie einem Kind oder einem alten Menschen. «Das hat mir ein neues Bild davon gegeben, wie Gott ist», erzählt Urs Hitz aus dem bernischen Oberdiessbach. Er selbst hat durch die Arbeit mit Allegra einen besseren Zugang zu älteren Menschen gefunden.

Johanna Vollenweider Die Finger von Frau Hännis1 rechter Hand krallen sich verkrampft um einen Waschlappen, ihren Arm kann sie nicht mehr bewegen. Weil sie an einer Muskelkrankheit leidet, liegt sie die meiste Zeit fast

bewegungslos in ihrem Bett im Pflegeund Betreuungszentrum (PBZ) in Oberdiessbach. Doch einmal pro Woche bekommt sie ganz speziellen Besuch. Die Türe geht auf, und Allegra, eine GoldenRetriever-Hündin, läuft schwanzwedelnd

auf sie zu. Die Therapiehündin gehört Urs Hitz, der gleich neben dem Zentrum wohnt. Er begrüsst Frau Hänni freundlich und breitet neben ihr ein blaues Frotteetuch auf dem Bett aus. «Allegra, du darfst jetzt raufspringen», sagt er. Oben ange-

• Urs Hitz mit seiner Therapiehündin Allegra. Andere Hunde sind im PBZ Oberdiessbach verboten. 18

priesterlich leben | eine therapiehündin …

kommen, beginnt diese, die linke Hand von Frau Hänni zu lecken. Die Aktivierungstherapeutin, Frau Fleig, nimmt den rechten Arm von Frau Hänni und massiert ihn sanft, damit er sich etwas entkrampft. «Allegraaa», sagt Frau Hänni. Obwohl sie aufgrund der Muskelkrankheit kaum Mimik hat, zeichnen sich kurz zwei kleine Grübchen in ihren Wangen ab. Sie freut sich über die muntere Gesellschaft. Allegra liegt auf ihrem Bett und hechelt. Dadurch bewegt sich das ganze Bett, die sonst so starre Liegefläche von Frau Hänni kommt in Bewegung wie ein sanfter Massagestuhl. Am Ende des halbstündigen Besuchs bewegt Frau Hänni, die zu Beginn fast regungslos dalag, ihre Lippen und den Kopf, ihre Hand hat sich etwas entkrampft.

Leben verbreiten Wo Allegra hinkommt, da strahlen die Gesichter auf. Wie ein Star läuft sie durch die Gänge des Zentrums und bringt Leben und Bewegung unter die Bewohner. Auch Frau Meyer1 lebt sichtlich auf, wenn die

Hündin zu Besuch kommt. Aufgrund ihrer Demenz erinnert sie sich zwar nicht mehr daran, wie Allegra heisst, doch sobald sie angefangen hat, nach den Anweisungen von Urs Hitz mit ihr zu spielen, kommen die Erinnerungen zurück. Sie versteckt ein «Gudeli» in einer Hand, hält Allegra beide Fäuste hin und lässt sie daran schnuppern. Die oftmals von Verstimmungen geplagte Dame lächelt wieder und freut sich über das liebenswürdige Geschöpf. «Unsere Besuche hier sind Beziehungsarbeit», sagt Urs Hitz. Es ist sein 49. Besuch im PBZ. Diese Regelmässigkeit hilft den beiden Frauen, sich zu erinnern. Beide hatten in früheren Jahren selber einen Hund, und mit Hilfe von Allegra kann vor allem Frau Meyer ihre Fähigkeit, mit einem Hund zu spielen, wiedererlangen.

ven Therapiehunde in der Schweiz gilt, welche zum Verein Therapiehunde Schweiz (VTHS)2 gehören. Es gibt zwei Gründe, weshalb die Arbeit freiwillig und ehrenamtlich geleistet wird. Einerseits brauchen Therapiehunde sehr viel Energie, wenn sie mit den Menschen zusammen sind. Es seien auch schon Hunde «ausgebrannt», erzählt Urs Hitz. Andererseits sollen die Besuche allen Menschen zugänglich sein, unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten. Heute ist der Besuch im Pflege- und Betreuungszentrum Oberdiessbach angesagt. An einem anderen Tag gehen Urs und Allegra ins Psychiatriezentrum in Münsingen, der grössten Klinik im Kanton Bern, um mit einer kleinen Gruppe von Patienten und Patientinnen einer geschlossenen Abteilung spazieren zu gehen. Allegra begrüsst die Gruppe, die sich bereit macht, freudig. «Wie haben Sie‘s

Gespräche in Gang bringen Urs Hitz macht mit Allegra zwei ehrenamtliche Einsätze pro Woche. Das ist das maximale Pensum, das für alle 480 akti-

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Name von der Redaktion geändert. Mehr Informationen über Therapiehunde finden Sie unter www.therapiehunde.ch

• Die Patientinnen und Patienten leben sichtlich auf, wenn Allegra zu Besuch kommt: Hund und Bewohnerin sind ganz auf ihr Spiel konzentriert. cz 1|09

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priesterlich leben | eine therapiehündin …

K O L U M N E

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Lebensfreude

mit Hunden?», fragt Urs Hitz, denn die Patienten dieser Abteilung wechseln häufig, und heute ist es für alle der erste Spaziergang mit Allegra. Durch ihre Gegenwart kommen Gespräche in Gang. Einige beginnen von ihren eigenen Kindheitserinnerungen mit Hunden zu erzählen. Sonst eher verschlossene und stille Personen beginnen sich zu öffnen. Während der Kaffeepause nach dem Spaziergang erzählen Urs Hitz und die Pflegefachleute von einem ehemaligen Patienten, der kein Wort gesprochen hätte. Während eines Spaziergangs habe er sich plötzlich auf den Boden gelegt. Allegra habe sich intuitiv neben ihn hingelegt. «Ich war überrascht, wie viel Freude auch die Patienten, denen es sehr schlecht geht, am Spaziergang mit Allegra haben», erzählt eine Pflegefachfrau. 20

Für wen mache ich das? Urs Hitz ist von Beruf Pfarrer, einer, der – wie er selber sagt – gerne Rückmeldungen bekommt und von seinem Amt her oft im Rampenlicht steht. Immer wieder stellt er sich deshalb auch die Frage: «Für wen mache ich das eigentlich?» «Wenn ich nach Münsingen ins Psychiatriezentrum gehe», erzählt er, «dann hat das für mich einen ‹Inseleffekt›; ich verschwinde von der Bildoberfläche und mache etwas im Hintergrund. Das tut mir sehr gut.» Es sei eine Arbeit mit geringem Echo. Manchmal beschäftigt es Urs Hitz, dass er eine Situation nicht mit einem Gebet oder einem Wort aus der Bibel abschliessen kann. Doch das gehört während seiner Besuche mit Allegra vorab nicht zu seinen Aufgaben. Seit er im November 2006 angefangen hat, mit der Therapiehündin zu arbeiten, musste sich Urs Hitz nie für einen Einsatz

aufraffen. «Ich habe nach wie vor Freude daran und bin sehr motiviert.» Auch Allegra wedelt jedes Mal begeistert mit dem Schwanz, wenn er ihr das rote Halsband und die weisse Therapiehundeschärpe anzieht.

Bedingungslose Annahme «Meine Frau Susanne hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Stärken von Allegra darin liegen, dass sie einem Menschen bedingungslose Annahme entgegenbringt», erzählt Urs Hitz. Bisher, so gesteht er, habe er oft beziehungslos gegenüber Tieren gelebt. Wenn er Hundehalterinnen beobachtete, habe er manchmal gar verächtlich über ihre Tierliebe gesprochen. Inzwischen hat er festgestellt, dass Tiere den Menschen therapeutisch dienen können. Und manchmal geschehen auch therapeutisch kaum zu erkläcz 1|09

rende Dinge. So besuchte er mit Allegra vor einiger Zeit einen schwerbehinderten Mann, der alles, was an ihm vorbeikam, festklammerte. Auch Allegras Leine schnappte er sich sofort. «Weil ich weiss, dass ein Hund sich wehren kann, wenn es ihm zu viel wird, liess ich ihn trotzdem in Allegras Nähe kommen», berichtet Urs Hitz, «ganz sanft legte der Mann den Kopf auf Allegra und fasste ihren Schwanz behutsam an.» Auch Urs Hitz wurde durch die unbefangene Art seiner Hündin ein wenig therapiert. Die Besuche im Pflege- und Betreuungszentrum haben ihm geholfen, leicht Zugang zu sehr alten Menschen zu finden, was ihm früher eher schwerfiel. 3

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verankert gewesen ist und sein Glaubensfeuer gelodert hat. Sein Bildschirmschoner zeigte den Vers von Römer 8,28: «Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.»

• Andreas Boppart ist Eventprediger und Autor und arbeitet im Arbeitszweig campus generation von Campus für Christus.

• Durch Allegras Atembewegungen bewegt sich die sonst so starre Liegefläche von Frau Hänni3.

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Eigentlich habe ich mich hingesetzt, um etwas über Lebensfreude und Lachen zu schreiben. Meine bereits rot geränderten, brennenden Augen starren nun doch schon eine Ewigkeit auf das imaginäre Wordpapier, auf dem schwarze Buchstaben erscheinen, um dann auch gleich wieder zu verschwinden. Die Suche nach dem «Jetzt-bin-ich-mal-lustig-Knopf» hab ich schon längst aufgegeben. In meinem Kopf kreisen Gedanken um Lukas, den fünfzehnjährigen Jungen, den ich eigentlich gar nicht kenne. Er kannte mich. Oder zumindest meine Blogs. War an einem meiner Events. Marianne, seine Mutter, schreibt in einem E-Mail von seiner Begeisterung für meine Arbeit. Und dankt. Doch dann plötzlich, ein paar Zeilen weiter, das Unerwartete: «Am letzten Dienstag wurde Lukas durch einen Verkehrsunfall aus diesem irdischen Leben genommen.» Ich schlucke leer und kämpfe gegen die Tränen. Was mich jedoch nebst Mitleid und Trauer zutiefst bewegt: Im ganzen E-Mail ist kein einziges verbittertes Wort herauszulesen. Nicht mal zwischen den Zeilen. Marianne fährt fort, mich zu ermutigen. Irgendwas läuft verkehrt. Ich müsste sie doch ermutigen und trösten?! Ich schreibe zurück, und wir lernen uns per E-Mail und Telefon ein bisschen kennen. Ja, da ist Trauer. Aber noch viel stärker spürbar auch dieser Trost, dass Lukas völlig in Gott 21

Marianne schreibt, wie sie gerade kürzlich mit Lukas einen meiner Blogs angeguckt habe, in dem ich über den wunderbaren Himmel schwärme. Und wie sie gemeinsam über den Schlusssatz gelacht hätten: «... ich freue mich darauf ... ich hoffe, man sieht sich!» Jetzt ist das, was wir erst glauben, für Lukas bereits Realität geworden. Es ist diese Hoffnung und das Wissen um unsere Zukunft, eine ewige Zukunft, die Marianne und ihrem Mann Kraft gibt und sie antreibt, diese Hoffnung anderen ebenfalls zuzusprechen. «Ich fühle mich wirklich mega umgeben von der Liebe Gottes – echt! Und er gibt mir immer wieder die nötige Kraft!» Beeindruckend. Bewegend. Ihr Herz brennt dafür, dass gerade auch ihre Schüler (sie unterrichtet als Religionslehrerin) durch das Ereignis erkennen, dass sie diesen Jesus brauchen, um Lukas wieder einmal zu begegnen. Für immer. Marianne schreibt: «Es ist mir ein Riesenanliegen, dass sich die Kinder und Jugendlichen jetzt gerade auch durch dieses Ereignis nicht enttäuscht von Gott abwenden, sondern sich erst recht an ihm festhalten und in seinen Armen Trost suchen.» Plötzlich bin ich da, wo ich ursprünglich mit meinen Gedanken hinwollte: Lebensfreude! Lebensfreude ist nicht abhängig von Trauer, Erfolg, Frust, Schicksal oder Humor. Lebensfreude findet sich da, wo Menschen zu dieser unzerstörbaren Hoffnung gefunden haben, die Gott uns in der Bibel vermittelt. Lukas ist jetzt da, wo er bereits sieht, was wir hoffen. Und meine Lebensfreude wird durch die unbeschreibliche Tatsache geschürt: Ich werde Lukas doch noch kennenlernen! Ganz bestimmt!


GEGENWART Bruder Lorenz (1608 – 1691)

priesterlich leben | bruder lorenz

Allzeit in Gottes Gegenwart

einfältiger und leichter zu fassen, als diese süsse Lehre von dem Weg unseres Heils, die unser armer Laienbruder Lorenz deutlicher und kürzer beschrieben hat, als mancher graduierte Doktor der Theologie es würde tun können!»

Er war ein einfacher Laienbruder, verrichtete jahrzehntelang in Küche und Werkstatt die niedrigsten Arbeiten und wurde zum Seelsorger und Tröster für Menschen aus allen Ständen. Sein Geheimnis: «Ich habe nichts anderes zu tun, als zu lieben und mit Gott fröhlich zu sein.»

Ein Weg, der allen möglich ist

Peter Höhn Bruder Lorenz hiess mit bürgerlichem Namen Nikolas Herman. Er wurde 1608 im Dorf Hermini in Lothringen als Sohn einfacher, aber gottesfürchtiger Eltern geboren, die bemüht waren, ihm das Evangelium in Wort und Tat vorzuleben.

Bekehrung und Berufung Bereits in jungen Jahren erfuhr Nikolas Herman als Soldat des lothringischen Heeres die Schrecken des Dreissigjährigen Krieges. Bei einem Angriff der Schweden in der Nähe seiner Heimat wurde er verwundet. Es folgte eine Zeit innerer Fragen und Kämpfe. Immer mehr reifte in ihm der Entschluss, sein Leben ganz in den Dienst Gottes zu stellen. Mit achtzehn Jahren hatte er ein tiefes Bekehrungserlebnis: Im Winter sah er einen Baum, der zu dieser Zeit völlig kahl und ohne Blätter dastand. Wie er diesen Baum betrachtet habe und sich vorstellte, wie nach einiger Zeit die Blätter, Blüten und Früchte wieder hervorkommen würden, sei er im Innersten von Gottes Allmacht und Vorsehung berührt worden. Gleichzeitig sei eine solche Liebe zu Gott in ihm geweckt worden, die nie mehr ausgelöscht worden sei. 24

Nikolas Herman trat ins Karmeliterkloster in Paris ein und bekam den Namen «Bruder Lorenz von der Auferstehung». Obwohl er während seiner Probejahre einen vorbildlichen Charakter und überdurchschnittliche Dienstbereitschaft bewies, geriet er in den Folgejahren nochmals in eine schwere Krise, in der er ständig hin- und hergerissen war zwischen seiner Liebe zu Gott und der Furcht, Gott unwissend zu widerstreben oder ihm sonst wie nicht zu genügen. Erst nach zehn Jahren konnte er sich endlich, so wie er war, ganz Gottes Liebe überlassen; «denn», so sagte er, «es liegt mir nichts daran, was ich tue oder was ich leide, wenn ich nur in Liebe und mit dem Willen Gottes vereinigt bleibe; denn das ist mein ganzes Werk.»

In der Küche in Gott bleiben Dieses völlige Sich-Gott-Überlassen wurde immer mehr zum bewussten Bleiben in der Gegenwart Gottes. «So pflegte ich mitten unter der Arbeit in der Küche im vertraulichen Gespräch mit Gott ihm meine kleinen Dienste aufzuopfern und ihn um seine Gnade anzurufen. Wenn dann die Arbeit zu Ende war, untersuchte ich, auf welche Weise ich sie getan hatte.

Fand ich etwas Gutes darin, dankte ich Gott dafür; bemerkte ich Fehler darin, so bat ich ihn um Vergebung, und, ohne mutlos zu werden darüber, brachte ich mein Gemüt wieder in seine Aufrichtigkeit und fing wieder an, beim Herrn zu bleiben.» Keinen Pfannkuchen habe Bruder Lorenz gedreht, ohne dies aus Liebe zu Gott zu tun, schreibt Gerhard Tersteegen in seinem Vorwort zu dessen Lebensbeschreibung. Tersteegen wurde von Bruder Lorenz in seinem eigenen Glaubensleben selbst stark beeinflusst und beschreibt, was es mit der «Übung der liebreichen Gegenwart Gottes» auf sich hat: «Es besteht aber diese Übung darin, dass wir einfältig und andächtig glauben, dass Gott überall, also auch in unserem Herzen gegenwärtig sei (Epheser 3,17), dass wir ihn da anbeten, lieben und ihm dienen sollen, so wie er sich auch uns da gerne mitteilen will ... und zwar zu aller Zeit und bei allem, was uns innerlich oder äusserlich vorkommt, es sei Gutes oder Böses ... und endlich, dass wir nach jeder Zerstreuung oder Untreue mit demütigem Vertrauen alsbald zu unserer vorigen Übung zurückkehren wie ein Kind zu seinem lieben Vater. Seht doch, was ist cz 1|09

Bruder Lorenz, schreibt Tersteegen weiter, habe diese Übung der liebreichen Gegenwart Gottes geübt «zu aller Zeit und an allen Orten, sowohl bei seinen Schüsseln in der Küche als in der Kirche und in der Kammer, sowohl in gesunden Tagen als in den heftigsten Schmerzen und Krankheiten, damit wir an diesem Vorbild sehen, dass nicht nur Geistliche und Klosterleute, sondern jeder in seinem Stand und an seinem Ort in der Gegenwart Gottes durch seine Gnade leben könne. Wer es versucht,» so Tersteegen, «wird es erfahren». Bruder Lorenz zog mit seiner Ausstrahlung viele Menschen an, die mehr über sein Glaubensleben wissen wollten. In zahlreichen Gesprächen und in Briefen an Ordensleute, an adelige und an «gewöhnliche Menschen» legte er darüber Rechenschaft ab. Eine alte Ordensschwester, die sich mit dieser Übung schwerzutun schien, mahnte er, sich zu entspannen: «Ich sage nicht, dass man sich deswegen viel gewaltsam anstrengen müsse; nein, man muss Gott in einer heiligen Freiheit dienen. Man muss treulich arbeiten, ohne Verwirrung und Unruhe; und wir müssen unser Gemüt sanft und ruhig zurückrufen, sooft wir es von ihm abgezogen finden.» Bei Bruder Lorenz findet sich nirgends nur eine Spur von frommer Verbissenheit cz 1|09

oder religiösem Dünkel. Im Gegenteil: Wer seine inzwischen über dreihundertjährigen Briefe liest, wird noch heute unwillkürlich hineingenommen und eingeladen, sich selbst auf den Weg zu machen, um Gott im eigenen Herzen zu begegnen. «Gott ist uns näher, als wir meinen», ermutigt er eine 64-jährige Frau. «Wir können aus unserem Herzen eine Betkammer machen, in die wir uns von Zeit zu Zeit begeben, damit wir uns mit ihm da freundlich, demütig und liebreich unterreden. Alle Menschen sind solcher vertraulicher Gespräche mit Gott fähig, einige mehr, andere weniger. Er weiss, was wir können. Beginnen wir doch!»

Vertrautes Reden mit und von Gott Wie Paulus wird auch Bruder Lorenz nicht müde, den Menschen, die ihn um Rat fragen, «immer wieder dasselbe zu sagen» (Philipper 3,1), wobei er sich zuweilen auch einer intimen Sprache bedient: «Meine gewöhnlichste und meistgeübte Weise ist dieses einfältige Aufmerken und das allgemeine und liebevolle Aufsehen auf Gott, woran ich mich oft mit grössten Lieblichkeiten und Vergnügungen hängend finde, wie wenn ein Kind an den Brüsten seiner Mutter hängt. Ich würde diesen Stand auch gerne die Brüste Gottes nennen, wenn ich dürfte, wegen der unbeschreiblichen Süssigkeiten, die ich dabei schmecke und erfahre.»

Heiliges Unbekümmertsein Im Unterschied zur übermässigen Gewissenhaftigkeit, die ihn in den ersten Klosterjahren so geknechtet hatte, dringt Bruder Lorenz im Lauf seines Lebens zu

einer bewundernswerten Gelassenheit durch. Sie wurde möglich, weil er jegliche Illusionen über sein eigenes Wollen und Können verloren hatte. Zum Generalvikar des Bischofs von Châlon, Herrn von Beaucourt, sagte Bruder Lorenz einmal: Wenn es vorkomme, dass er eine Tugend üben solle, so wende er sich an Gott und sage ihm: «Mein Gott, ich kann das nicht vollbringen, es sei denn, dass du es in mir und durch mich wirkst», und dann werde ihm sofort Kraft gegeben. Habe er gefehlt, so tue er nichts anderes, als dass er seine Schuld vor Gott bekenne und sage: «Herr, ich werde niemals etwas anderes tun, als fehlen, solange du mich bei meinem Tun allein lässt. Dein Werk ist es zu machen, dass ich nicht falle, und zu bessern, was nicht gut in mir ist.» Daraufhin bekümmere er sich nicht mehr um seine Fehler. Bruder Lorenz litt im Alter an verschiedenen Krankheiten, bevor er mit achtzig Jahren starb. Sein Beispiel, in heiliger Einfalt allzeit in Gottes Gegenwart zu leben, zeigt gerade in unserer verwirrten und verwirrenden Welt einen Weg auf, der nicht nur unser Inneres zur Ruhe bringt, sondern auch unsere Mitmenschen in Gottes Nähe zu ziehen vermag.

Buchtipp Bruder Lorenz: Allzeit in Gottes Gegenwart Briefe, Gespräche und Schriften. Metzingen: Ernst Franz Verlag, 1984, ISBN-10 3-937896-19-8,CHF 14.80. 25


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priesterlich leben | betende mütter …

Betende Mütter stehen in den Riss MIK – auch für Berufstätige und Grossmütter Am 14. und 15. November feierten in Winterthur 750 Frauen aus der Schweiz und aus 15 weiteren europäischen Ländern ein grosses Dankesfest: 15 Jahre «Mütter in Kontakt» (MIK). Woche für Woche beten weltweit Mütter für ihre Kinder, deren Schulen und Lehrpersonen. Was motiviert sie für diesen Dienst? • Das MIK-Leitungsteam, von links: Christina Büchi, Cornelia Amstutz, Ruth Kübler, Kathrin Larsen, Christine Schulthess.

Betende Mütter

• MIK-Gründerin Fern Nichols (rechts) mit ihrer Übersetzerin Nina Zaugg.

Helena Gysin Bevor Fern Nichols vor 25 Jahren in Kalifornien «Moms In Touch International» (MITI) und 10 Jahre später Vreni Henriksen «Mütter in Kontakt» (MIK) Schweiz gegründet hatte, liess Gott in ihnen die Überzeugung wachsen, dass Mütter einen besonderen Auftrag zum Gebet für ihre Kinder haben, ja dass Mutterliebe im Gebet ihren eigentlichen Ausdruck findet. 26

Gebetsstunden – Stunden der Kraft «Die Bibel ist voller Beispiele von Menschen, die durch Gebet und oft auch durch Gehorsam gegenüber Gott erstaunliche Dinge in Bewegung setzten», sagte Fern Nichols an der Konferenz in Winterthur. Während ihres packenden Referats verglich sie die betenden Mütter mit dem Volk Israel, das Jericho umrundete, genau so wie Gott es geboten hatte. «Auch bei unseren Gebetsrunden, die wir

für unsere Kinder drehen, wird unser Glaube oft auf die Probe gestellt», so die Referentin. Dennoch sei es ihre feste Überzeugung, dass gerade MIK-Runden Stunden der Kraft seien. «Mütter müs­sen aufstehen und zum Herrn schreien wie nie zuvor», ermahnte Nichols eindringlich. Satan gehe gerade in unserer Zeit wie ein Löwe um. Er locke unsere suchenden Kinder mit leeren Versprechen zu sich und führe sie in die Irre. cz 1|09

Heute stellen sich viele Frauen die Frage, ob Kinder überhaupt in ihren Lebensentwurf passen. Das Auseinanderbrechen von Ehen und Familien, Drogenprobleme, Gewalt unter Jugendlichen schrecken potenzielle Mütter ab. Viele Frauen empfinden ihr Muttersein mehr als Last denn als Segen. Genau hier setzt MIK an: MIKMütter bringen ihre Kinder im Gebet vor Gott. Sie treffen sich, um für deren Mitschülerinnen und -schüler, Lehrpersonen, für Schulleitung und Schulbehörden in den Riss zu treten. Die Vision von MIK lautete von Beginn weg: Dereinst soll hinter jedem Schulhaus in unserem Land eine Gruppe von betenden Müttern stehen. Für dieses Ziel setzt sich heute Kathrin Larsen, die Landeskoordinatorin der Schweiz, mit ihrem Team ein. In 15 Jahren entstanden in der Schweiz rund 1400 Gebetsgruppen in 24 Kantonen.

Einfaches Konzept Um eine MIK-Gruppe zu starten, müssen nicht erst Freundinnen gefunden cz 1|09

werden, und man braucht sich auch nicht vorab umfassendes Bibelwissen anzueignen. Es genügt, ein paar Frauen zu finden, die an Jesus glauben und die bereit sind, wöchentlich eine Stunde zu investieren, um für ihre Kinder zu beten. Mütter, die damit beginnen, nehmen positiven, unterstützenden Einfluss auf die Schule ihrer Kinder. Sie erheben geistlich gesehen Anspruch auf Gottes Gegenwart und weisen durch ihre Gebete feindliche Mächte vom Platz. Das Konzept einer MIK-Stunde ist einfach und gliedert sich in vier Teile: • Anbetung • Schuldbekenntnis • Dank • Fürbitte Die Anliegen werden direkt vor Gott gebracht und nicht zuerst einander erzählt. Mindestens 45 Minuten sollen ausschliesslich dem Gebet vorbehalten sein. Dabei wird so lange für ein Anliegen gebetet – zum Beispiel für ein bestimmtes Kind –, bis möglichst alle Aspekte vor Gott gebracht sind. MIK nennt

dies «Gebet im Einklang». Erstaunt stellen Mütter bei dieser Art zu beten fest, wie das Austauschen überflüssig wird und das Gebet an Tiefe gewinnt.

Betende Grossmütter Inzwischen ist Fern Nichols dank der Familien ihrer vier erwachsenen Kinder Grossmutter geworden, aber ihr brennen­ des Anliegen für das Gebet von Müttern hat weder an Kraft noch an Jugendlichkeit verloren. Sie selber sieht ihre Aufgabe zusammen mit anderen Grossmüttern nun darin, für die nächste Generation zu beten. Sie ermutigt Frauen zuerst, künftige Ehepartner der eigenen Kinder und danach die Enkel – schon während der Schwangerschaft – zu «umbeten». «Steht auf!» – so war die Jubiläumsfeier in Winterthur überschrieben. Heute möchte ich Ihnen als Autorin und begeistertes MIK-Mami zurufen: Liebe Frauen, Mütter, Grossmütter: Steht auf! Beginnt zu beten, bringt die Not der verlorenen Kinder in unserem Land vor Gott – damit sie ihn finden! 27


K O L U M N E

priesterlich leben | betende mütter …

Fbeziehungsweise Ü R B R I N G E R

Mütter in Kontakt ist

Ein «Sowohl-als-auch-Priester» werden

• Eine Gruppe von zwei oder mehr Müttern, die sich wöchentlich treffen, um für ihre Kinder und deren Schulen und Lehrpersonen zu beten. • Für Mütter, Grossmütter oder für jeden bestimmt, der bereit ist, für ein bestimmtes Kind und eine bestimmte Schule zu beten. • Dazu da, unsere Kinder von der Vorschule bis in die höheren Schulen betend zu begleiten.

• «Steht auf!» – Unter diesem Motto trafen sich 750 betende Mütter in Winterthur.

• Die Möglichkeit, geistlich zu wachsen und beten zu lernen.

Erfahrungen

Hinweis MIK Schweiz berät gerne Frauen, die sich für die Gründung einer MIK-Gruppe interessieren oder Informationen zu bestehenden Gruppen wünschen. Das MIK-Büchlein liefert wertvolle Hinweise zur Gestaltung der Stunde und steht auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch zur Verfügung. Elfriede Gaberthüel, 66 Jahre, Grossmutter von 3 Enkeln, Frauenfeld

Mütter in Kontakt, Bordeaux-Strasse 5 4053 Basel, Telefon: 061 331 55 61

www.muetterinkontakt.ch www.momsintouch.org

«Als meine Kinder im Schulalter waren, gab es MIK noch nicht. Ich fühlte mich oft allein mit meinen Problemen. Zu wissen, dass andere Mütter ähnliche Sorgen haben, hätte mir mehr Zuversicht gegeben, auch wenn wir als Ehepaar jeden Tag für unsere vier Kinder beteten. Da ich jetzt über mehr Zeit verfüge als früher, ist es mir ein Bedürfnis, sie sinnvoll einzusetzen. Heute bete ich als Grossmutter in einer MIK-Grup­pe mit, nicht in erster Linie für meine Grosskinder, sondern für die Kinder der anderen Mütter, für die Nachbarsund Schulkinder. Es ist ein echtes Privileg, zu beten, weil ich überzeugt bin, dass Gott Gebete erhört und nach seiner Weisheit eingreift. Das Gebet bringt mir auch persönlich einen ganz grossen Segen.»

• Wenn Mütter beten, wird die Welt verändert. 28

Brigitte Omusoru, 38 Jahre, 3 Kinder, zu 30 Prozent berufstätig im Kinderspitex, Rikon ZH «Menschlich gesehen hätte ich in manchen Wochen keine Zeit, um in der MIKGruppe zu beten, doch sehe ich es als wichtigen Auftrag für mich als Mami. Kinder verbringen viel Zeit in der Schule. Durch das Gebet für sie und ihre Schule kann ich sie in Gottes gute Hände ‹bet(t)en›. Es berührt mich auch immer wieder, wenn andere Mütter Fürbitte für meine Kinder leisten. Manchen Frauen scheint der Austausch fast wichtiger zu sein als das Gebet. In meinen Augen geht so kostbare Zeit verloren: Ich möchte, dass das Schulhaus meiner Kinder durch unsere Gebete unter dem Einfluss der guten Herrschaft Gottes steht! Für mich war die Konferenz eine grosse Ermutigung. Ich will dran bleiben!»

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Susanna Brügger, 43 Jahre, 3 Kinder, zu 30 Prozent berufstätig als Hauswart eines Schulhauses (Baar) «Als ich vor drei Jahren umzog, war mein grösstes Anliegen, eine MIKGruppe zu finden. Für das Schulhaus, dessen Hauswart wir wurden, gab es noch keine. Ich sprach zwei Frauen aus der Gemeinde auf mein Anliegen an – diese hatten förmlich auf diese Möglichkeit gewartet! Für mich und meinen Mann ist die Atmosphäre im Schulhaus spürbar friedlich, das freut uns sehr. Als MIK-Mutter erlebe ich, dass Themen wie Umgang mit Gewalt, für die wir gebetet haben, plötzlich im Unterricht thematisiert werden. Aber auch das andere: Als mein Sohn gemobbt wurde, verschlimmerte sich die Situation, bis sie eskalierte – trotz unserer Gebete. Gott griff schliesslich gnädig ein, zwar anders als erwartet, aber zum Besten für unseren Sohn. cz 1|09

Im Alten Testament finden wir das Buch Samuel, das von diesem gesalbten Priester erzählt. Aber warum eigentlich gibt es kein Buch Eli? Es war doch Eli, der in seiner wachsamen Liebe die betende Hanna im Tempel angesprochen hat, sich nach ihrem Anliegen erkundigte und ihr Gottes Wohlwollen zusprach. Hanna gab den auf Verheissung hin empfangenen kleinen Sohn denn auch in Elis Obhut, auf dass er ein Diener Gottes würde. Im Tempel hat Eli seine priesterliche Arbeit hingebungsvoll, gut und gewissenhaft erfüllt. Doch es gibt noch eine andere Realität im Leben Elis. Seine eigenen Söhne lästern Gott mit ihrem ganzen Sein und Verhalten. Es ist diese Seite von Elis Leben, die den Segensstrom über seinem Haus zum Versiegen bringt. Gott tadelt Eli dafür, dass er dem schändlichen Tun seiner Söhne nicht entgegengestanden ist. Im 1. Samuel 1-5 ist die Geschichte nachzulesen. Woran ist er wohl gescheitert, der Eli? Ich kann nur mutmassen, aber eine Textpassage macht mich stutzig. Als er seine Söhne mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert, beruft er sich auf Aussagen Dritter: «Das ist kein gutes Gerücht, von dem ich reden höre in des Herrn Volk» (1. Samuel 2,24). Wie kann ein Mann, der sich in einer Nacht drei Mal von einem fremden, rufenden Jungen wecken lässt, nur vom Hörensagen über seine eigenen Söhne Bescheid wissen? Da scheinen zwei Welten auseinanderzuklaffen, die aus Got­ tes Perspektive zusammengehören. Diese Kluft kenne ich selber nur zu gut. Im gemeindlichen Rahmen bringe ich meine Begabungen ein – und blühe auf. Einer aussen stehenden Person höre ich geistesgegenwärtig zu – und erlebe, wie mich der Heilige Geist im Gespräch führt. In der Einsamkeit mache ich eine wunderbare Gotteserfahrung – und bin glücklich. Gleichzeitig gibt es in meinem Leben Wäscheberge, die sich wöchentlich neu auftürmen – und die trage 29

• Sabine Fürbringer ist Psychologin und Familienfrau und arbeitet bei Campus für Christus als Referentin, Autorin und Beraterin.

ich murrend ab. Ein Kind will morgens nicht aus dem Bett, geschweige denn zur Schule – und ich flippe entnervt aus. Mein Mann braucht meine Hilfe – und mir stinkt‘s. Der reale Alltag unterscheidet sich vom «Dienst im Tempel», ist schwerfälliger, unspektakulärer. Kein Wunder, entscheidet sich Eli und mit ihm so viele andere, das Hauptaugenmerk auf den ausserfamiliären Bereich zu legen. Aber Gott sieht unser Leben als Einheit, und er hat uns sowohl im eigenen Haus als auch darüber hinaus als Priester eingesetzt. Alles, was ihr tut, das tut von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen. Sich auf diese Spannbreite einzulassen, lohnt sich. Die unterschiedlichen Lebensbereiche, in denen wir uns bewegen, brauchen wir nicht nach verschiedenen Geistlichkeitsgraden zu klassifizieren. Der Heilige Geist ist in der Waschküche genauso präsent wie am Predigerpult, weil er in mir lebt und überall Gottes Kraft, Weisheit und sein Leben hineinhaucht. Die Erfahrungen im einen Bereich befruchten den andern. «Sowohl-als-auch-Priester» haben ein erfülltes, reiches Leben. Sie sind authentisch und ganzheitlich, 24 Stunden am Tag die gleiche Person. Sie sind Gesegnete, weil sie ihre Familienangehörigen nicht nur vom Hörensagen kennen, sondern in inniger Beziehung zu ihnen leben dürfen. Auch wenn sie damit noch keine Garantie dafür haben, dass ihre Kinder die Kurve mit Gott und dem Leben finden, wird es ihnen gerade in Situationen der Schwachheit und des Versagens leichter fallen, an Gottes Gnade festzuhalten.


K U L T U R

priesterlich leben | kultur …

AFilmtipp NDY SCHINDLER-WALCH Saint Ralph – Und ein Wunder geschieht Kanada, eine Stadt in den Fünfzigerjahren: Das Verhalten des 14-jährigen Ralph Walker (Adam Butcher), eines typischen Teenagers, missfällt dem erzkonservativen Pater Fitzpatrick (Gordon Pinset). Er ist Direktor der katholischen Ordensschule, die Ralph besucht. Wegen un­ gebührlichen Verhaltens muss Ralph beim Geländelauf in der Schule mitmachen. Trainer der Läufer ist Pater Hibbert (Campbell Scott), der früher aktiver Marathonläufer war.

Ben Becker DIE BIBEL - eine gesprochene Symphonie Der Berliner Charakterschauspieler Ben Becker hat sich einen langjährigen Wunsch erfüllt. Er hat das Buch der Bücher in Szene gesetzt und begeistert in Deutschland seit einem Jahr Zehntausende von Menschen.

Peter Höhn Gemeinsam mit seiner «Zero Tolerance Band» und dem «Deutschen Filmorchester Babelsberg» gibt Becker eine dreistündige konzertante Performance, die unter die Haut geht. Bibeltexte, die den Bogen schlagen von der Schöpfung über Jesus bis zur Offenbarung, werden untermalt mit atmosphärischen Videos und eigens neu komponierter und bearbeiteter klassischer Musik von Gustav Mahler sowie Popsongs von Johnny Cash, Elvis Presley und Dolly Parton («He‘s alive!»). Wenn Beckers schwere, markante Stimme das schlichte Gotteswort vorträgt, geht das zwischendurch schon mal durch Mark und Bein. Als Zuhörer wird man unwillkürlich in seinen Bann gezogen. Nach der Uraufführung in Berlin im Herbst 2007 überschlug sich die Presse mit positiven Kritiken. Die «Welt» notierte: «Das Bühnenspektakel riss die knapp 3000 Zuschauer im Tempodrom vor Begeisterung von den Sitzen» und die «Frankfurter Rundschau» schrieb: «Becker ist zweieinhalb Stunden lang 40

durch eine ‹musikalische Lesung der Bibel› gewirbelt: ... Das Publikum ist begeistert. Becker is back.» Dass Ben Becker «zurück» ist, grenzt an ein Wunder. Denn am 27. August 2007 wurde der exzentrische Schauspieler nach dem Konsum harter Drogen morgens leblos in seiner Wohnung aufgefunden. Becker schwebte in Lebensgefahr, ein Notarzt musste ihn wiederbeleben. Anschliessend verbrachte Becker vier Wochen in einer Rehaklinik. «Offenbar hatte Gott noch etwas mit ihm vor», meint Alexander Koderisch, der als Orchesterinspektor das Babelsberger Orchester logistisch betreut, zeitweilig als Cellist einspringt und als Christ seit mehr als 15 Jahren mit «Crescendo», der Musikerarbeit von Campus für Christus, verbunden ist. Koderisch hat Beckers BibelTournee hautnah miterlebt: «Es ist schon erstaunlich, die Leute kommen zu Tausenden, weil sie die Bibel hören wollen. Sie fühlen sich sicher, weil sie wissen, hier werden sie weder missioniert noch fromm vereinnahmt – in Deutschland die beste Evangelisation seit Jahren!»

Es sei schlechterdings das Interesse an den Wurzeln der abendländischen Kultur und die Lust am Pathos gewesen, die Ben Becker dazu getrieben habe, die­ se Bibel-Symphonie zu machen. Und doch schlägt Ben Becker auch nachdenklichere Töne an, wenn er sagt: «Die Bibel, das ist die Geschichte, die alle kennen – und doch keiner richtig. Die Geschichte, in der jede andere Geschichte verankert ist, die jeden betrifft. Für jeden von uns hing dieser Mann an diesem beschissenen Kreuz.»

• «DIE BIBEL – eine gesprochene Symphonie» ist als CD und DVD im Handel erhältlich. Weitere Informationen: www.bibel2008.com cz 1|09

Als Ralphs Mutter, die krank im Spital liegt, ins Koma fällt, kann sie «nur noch ein Wunder retten», wie die Ärzte sagen.

Medien MAR

• Saint Ralph ist ein Film über den Glauben und den Mut, etwas zu wagen und dazu das eigene Leben umzustellen. • «Saint Ralph – Ich will laufen» (Kanada, 2004, 98 Minuten) ist überall im Handel als DVD erhältlich.

• Andy Schindler-Walch, Filmspezialist und Redaktor bei www.fernsehen.ch.

KUS BAUMGARTNER

Wie Trends entstehen Weshalb werden hässliche Schuhe plötzlich trendy? Haben Sie sich auch schon gefragt, wie sich Trends durchsetzen? Da gibt es seit 2006 diese «Zoggeli» – aus speziell entwickeltem Zellgranulat hergestellt, das wie Plastik aussieht. Die löchrigen Sandalen nennen sich Crocs. Sie sind leicht von Gewicht und resistent gegen Schmutz, was sie grundsätzlich bequem und praktisch macht. Aber ihr Anblick ist so klobig und schrill, dass mit diesen strassentauglichen Badelatschen eher Pumuckl oder Pippi Langstrumpf herumhüpfen kann. Crocs sind hässlich, eine Beleidigung fürs Auge. Sie sind so unförmig, dass sie selbst dem ansehnlichsten Fuss das uncharmante Aussehen einer Schweinsklaue verleihen. Wie konnte gerade so etwas sich zu Kultlatschen entwickeln? Die Antwort auf das Crocs-Rätsel ist der «Tipping Point». cz 1|09

Nach einer Vision glaubt Ralph, dass dieses Wunder geschieht, wenn er den berühmten Marathonlauf von Boston gewinnt. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er, gemäss einem Lehrbuch, neben dem Lauftraining das Leben eines Heiligen führen. So beschliesst er, sich auch in Glauben, Gebet und Reinheit zu verbessern. Unterstützung für sein ungewöhnliches Vorhaben erhält er von der gleichaltrigen Claire, seinem Freund Chester, der Krankenschwester Alice und Pater Hibbert, der durch Ralphs Entschlossenheit neuen Glaubensmut erhält und ihm gezielt beim Training hilft. Ralph läuft immer schneller, und plötzlich fiebert die ganze Stadt dem Rennen entgegen. Wird es zu einem Wunder kommen?

Ihn hat der kanadische Autor Malcolm Gladwell mit dem Buch «Der Tipping Point. Wie kleine Dinge Grosses bewirken können» bekannt gemacht. Wissenschafter sprechen vom «qualitativen Umschlagpunkt». Ein Trend verbreitet sich nicht schrittweise, sondern explosionsartig wie ein Virus. Zuerst sind nur ein paar Menschen eingeweiht, dann kommt es innert kürzester Zeit zu einer Epidemie. Im Fall der Crocs entwickelte sich das so: Erfunden als Outdoor- und Bootsschuhe, wurden die Plastikpantoffeln lange nur von Bootbesitzern getragen, weil sie nicht rutschen. Dann tauchten Bilder des US-Surfers und -Sängers Jack Johnson auf, der bei jedem Interview Crocs trug. Hier spielt ein zweites wichtiges Element: Die Richtigen sind die Wichtigen. Wer von sehr vielen Menschen ernst ge-

nommen wird, wird zum Multiplikator. Viele nehmen dann die plötzlich unwiderstehliche Information lawinenartig auf. Es entsteht eine soziale Epidemie. Ehe sich die Welt also versah, trugen alle Crocs. Da wird in mir der Wunsch wach, dass noch viel mehr überzeugte Christen solche Multiplikatoren werden und soziale Epidemien auslösen! Aber bitte für bessere Themen ...

• Markus Baumgartner, PR-Profi und Präsident von www.cnm.ch 41


U S L A N D

B O L I V I E N

ausland | bolivien

Lebensperspektiven aufzeigen Christliche Werte für bolivianische Schülerinnen und Schüler Mehr als die Hälfte der Kinder an den öffentlichen Schulen Boliviens wachsen nicht bei Vater und Mutter auf. Carlitos und Esther Vaca haben sich mit ihrem Schülerprojekt zum Ziel gesetzt, vernachlässigten und verwaisten Schülerinnen und Schülern eine Basis fürs Leben zu geben, ihnen christliche Werte zu vermitteln und von Jesus zu erzählen.

Johanna Vollenweider Der vierzehnjährige Alvaro hat seinen Vater zu Beginn des Schuljahres durch einen Unfall verloren. Seine Mutter ist oft auf Geschäftsreise, sodass der Junge bei seiner Grossmutter aufwächst. In der Schule zeigt Alvaro keinerlei Interesse am Unterricht. Die Folge sind schwache Noten - und ihm droht, das Schuljahr wiederholen zu müssen.

Abwesenheit seiner Mutter ausgelöst wurden. Esther und Carlitos unterstützen ihn durch Nachhilfeunterricht, sodass er die vernachlässigten Schulfächer aufarbeiten kann. Die Freude ist gross, als Alvaro das Schuljahr besteht. Alvaro ist einer von 390 Schülerinnen und Schülern, die im vergangenen Jahr das Evangelium gehört haben, und einer von 110, welche die richtige Entscheidung fürs Leben getroffen haben.

• «Wir möchten den Schülern und Jugendlichen helfen, gesunde und emotional gefestigte Personen zu werden, deren Leben auf biblischen Prinzipien und Werten gründet.»

zeigen sich verhaltensauffällig, und es fehlt ihnen an Respekt gegenüber Lehrkräften und Mitschülern. Die Auswirkungen sind schwache schulische Leistungen und fehlendes Interesse, den Einsatz zu steigern. Sie haben keine Perspektive für ihr Leben, wissen nicht, wofür sich eine Anstrengung lohnt, weil sie sich nicht an Vorbildern und guten Werten orientieren können.

Offene Türen in zwei Schulen Alvaro schafft es

Kinder ohne Eltern

In einer Schulstunde hören Alvaro und die anderen Kinder Esther und Carlitos Vaca erklären, wie man ein reines Herz vor Gott bekommen kann. Sie erzählen den Kindern die Geschichte von Jesus und laden sie ein, im persönlichen Gespräch noch mehr zu erfahren. Eine Woche später nimmt Alvaro das Angebot an und lernt Schritt für Schritt, was ein Leben mit Jesus Christus bedeutet. Er bekommt Gelegenheit, den Schmerz und die Wut loszulassen, die durch den Tod seines Vaters und die

Vernachlässigte Kinder: Zum einen sind sie das traurige Ergebnis hoher Scheidungsraten und – damit verbunden – einer grossen Anzahl alleinerziehender Mütter. Zum anderen ist es die wirtschaftliche Not, die in den letzten Jahren viele Väter und Mütter veranlasste, Bolivien zu verlassen, um vor allem in Spa­ nien besser bezahlte Arbeit zu finden. Ihre Kinder bringen sie bei Verwandten, Bekannten oder Nachbarn unter, was meist bedeutet, dass diese Kinder sich selbst überlassen sind. Solche Kinder

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Als Mitarbeitende von Campus für Christus Bolivien bieten Esther und Carlitos Vaca den staatlichen Schulen in Santa Cruz an, Lektionen zu verschiedenen Themen zu halten, wie beispielsweise Drogen, Sexualität, Familie, Schule und Zukunftsperspektiven. Ein Angebot zur Wertevermittlung, das weit und breit fehlt. Obwohl es nicht einfach ist, Zugang zu den staatlichen Schulen zu finden, haben sich die Türen für das kostenlose Angebot von Carlitos geöffnet. Die Direktorinnen zweier Schulen sind begeistert von den Themen, weil auch sie cz 1|09

merken, wie wichtig diese Inhalte für die Schülerinnen und Schüler sind. Drei Monate lang durfte Carlitos an einer der Schulen jeden Mittwoch verschiedene Schulklassen mit Dreizehnbis Achtzehnjährigen zum Thema «sexuelle Orientierung» unterrichten. Eigentlich hätten die Klassen während dieser Zeit ein anderes Unterrichtsfach gehabt, doch der zuständige Lehrer stellte Carlitos seine Zeit zur Verfügung. In zwei weiteren Klassen kann er zurzeit das Seminar «Erfolgreich studieren» unterrichten und durch sein eigenes Lebenszeugnis biblische Grundwerte vermitteln. Letzten November luden Carlitos und Esther ihre Schülerinnen und Schüler zum Abschluss des Semesters zu sich nach Hause ein und verbrachten mit ihnen einen besonderen Nachmittag. Da Evangelisation an den staatlichen Schulen nicht erlaubt ist, haben sie in diesem Rahmen die Möglichkeit genutzt, ihren Schülerinnen und Schülern anhand der Broschüre «Gott persönlich kennenlernen» den Weg zum ewigen Leben zu erklären. cz 1|09

Mütter lernen lesen Im Februar 2008 bot Esther erstmals einen Lese- und Schreibkurs für Mütter an. Ihr war aufgefallen, dass einige ihrer Schülerinnen und Schüler im Unterricht und bei den Hausaufgaben Probleme hatten, weil ihre Mütter Analphabetin­ nen sind und sie schulisch nicht unterstützen können. Drei der sechs Mütter haben das Angebot angenommen und sind sehr motiviert. Auf praktische Wei­se bringt Esther den Frauen Buchstaben bei. Für «A» serviert sie ihnen Milchreis, «arroz con leche», für «E» bastelt sie mit ihnen einen Besen, «escoba». Das hilft den Frauen, besser zu lernen und schliesslich dazu beizutragen, dass ihre Kinder besser in der Schule werden.

Nach Bolivien berufen «Ich freue mich sehr über diese Projek­te, weil die Schülerinnen und Schüler dadurch die Möglichkeit haben, Jesus als ihren Herrn und Erlöser kennenzulernen», sagt die Schweizerin Therese Bucher de Vaca. Sie leitet diese Arbeit

als Mitarbeiterin von Agape international. Man spürt, wie sehr ihr Evangelisation am Herzen liegt, war sie doch selbst zwölf Jahre in der Studierendenarbeit auf den Universitätsgeländen von Santa Cruz unterwegs. Heute unterstützt sie als zweifache Mutter ihren Schwager Carlitos und dessen Frau mit ihren administrativen und konzeptionel­len Fähigkeiten. Als Schweizerin plant sie voraus. Ihre bolivianischen Mitarbeitenden hingegen packen viele Gelegenheiten erst kurzfristig an. Die Jahresplanung zum Beispiel wird erst im Januar gemacht. Um elf Uhr kommt die telefonische Einladung zum Mittagessen, und die Gäste werden etwa zwei Wochen vor der Hochzeit eingeladen. So haben Carlitos und Esther in diesem Jahr beinahe vergessen, den Jugendleiterkongress sowie die Nacharbeit für interessierte Schülerinnen und Schüler zu planen. Therese erinnerte sie einen Monat vor dem Kongress daran, und zusammen erarbeiteten sie einen Plan, wann was umgesetzt wird. 43


AUSLAND

ausland | bolivien

• Therese und Willy Vaca mit William und Nathanael.

• Carlitos und Esther Vaca sind Leiter des Schülerprojekts und unterrichten an den staatlichen Schulen und bei evangelistischen Jugendkonferenzen (siehe unten) Themen wie den Umgang mit Drogen, Sexualität, Familie und Zukunftsperspektiven. Biblische Werte wie Liebe zu Eltern und Mitmenschen oder Selbstachtung und Achtung vor dem Nächsten sollen die jungen Menschen prägen.

Wie Therese ihren Willy kennenlernte «Ich dachte bereits 1993, als ich an einem dreiwöchigen Missionsprojekt in Bolivien teilnahm, dass ich länger oder für immer hierbleiben könnte», erzählt Therese Bucher de Vaca. Ein Jahr später reiste sie nach Bolivien, um an der staatlichen Universität von Santa Cruz in der Studierendenarbeit tätig zu sein. Die Menschen begegneten ihr herzlich und offen, und Therese fühlte sich von Anfang an ausgesprochen wohl. Sie lernte ihre Kolleginnen und Kollegen von Campus für Christus Bolivien kennen und auch die Studentinnen und Studenten, die sich in der Stu­ dierendenarbeit engagierten. Einer der Mitarbeitenden war Carlos Vaca. Er hatte drei Brüder, Roland, Willy und Javier, die noch studierten. «Alle vier waren so freundlich, aufmerksam und hilfsbereit», erinnert sich Therese, «zu jedem entwickelte sich eine individuelle Freundschaft, da wir uns auf der Universität häufig antrafen.» Bald lernte sie auch die Eltern und die vier anderen Geschwister kennen. Sie 44

luden Therese an Geburtstage, zu Weihnachten und bei anderen Gelegenheiten ein. 1998 machten die Studierenden in den Sommerferien Einsätze mit dem JesusFilm, und Willy Vaca war in dieselbe Gruppe eingeteilt wie Therese Bucher. Am freien Nachmittag tummelte sich die ganze Gruppe im Wasser, und Willy übte sich im Fischen. Auch Therese startete einige Fischversuche. Willy nahm sich Zeit für Therese und brachte ihr das Fischen geduldig bei, so entwickelten die beiden ein gemeinsames Hobby. Über die Jahre vertiefte sich ihre Freundschaft, und auch mit der Familie verstand sich Therese bestens. «Rein äusserlich hat mir Willy auf den ersten Blick gefallen», erzählt Therese. Die beiden beschlossen, dass jeder nochmals für sich allein mit der Frage nach einer gemeinsamen Zukunft vor Gott kommen solle. Therese hatte damals gerade zwei Wochen Ferien, die sie in Brasilien am Meer zu verbringen plante. «In dieser Zeit hatte ich ein unvergessliches Gespräch mit Gott», erinnert sie sich. Danach «wusste» Therese innerlich:

Gottes Segen würde über ihrer Zukunft mit Willy liegen. Heute ist Therese Bucher de Vaca Mutter von zwei Kindern, William (dreijährig) und Nathanael (eineinhalbjährig). Es sind zwei lebendige Jungen, die viel Aufmerksamkeit brauchen und Kraft kosten. «Sogar meine Mutter, die fünf Kinder grossgezogen hat, meinte schon kurz nach Williams Geburt, keines ihrer Kinder sei so anstrengend gewesen wie mein Sohn.» Therese ist froh, dass sie als Leiterin des Schülerprojekts die Möglichkeit hat, von zu Hause zu arbeiten. Dennoch vermisst sie manchmal die Besuche an der Universität und die Arbeit unter den Studierenden an der «Front».

Unruhige politische Situation An Herausforderungen mangelt es ihr aufgrund der aktuellen politischen Unruhen aber nicht. Sie brachen aus, weil die Regierung von Evo Morales den erdölund erdgasfördernden Tieflandprovinzen die seit 2007 gesetzlich festgelegten Zuschüsse um vierzig Prozent gekürzt hatte. cz 1|09

Die Opposition, die weitgehend aus den vier Staaten im Tiefland besteht, wirft Präsident Evo Morales, dem Führer der Kokabauern, vor, die Gelder aus den Erdöl- und Erdgasexporten hauptsächlich in Projekte im Hochland zu investieren. Die Opposition im Tiefland fordert deshalb eine unabhängige Regierung. Um Santa Cruz, wo Therese mit ihrer Familie lebt, kam es im Zuge dieses Konflikts im September 2008 zu Aufständen. Die Regierung hatte 10 000 Indios mobilisiert, die mit Dynamit, Gewehren und Knüppeln bewaffnet alle Strassen von und nach Santa Cruz besetzten und die Stadt belagern sollten. «Ihnen wurde für diesen Aufstand pro Tag so viel Geld bezahlt, wie sie in einer Woche verdienen», erzählt Therese Bucher de Vaca. Am 23. September waren die belagernden Gruppen nur noch dreissig Kilometer von Santa Cruz entfernt, als die Meldung eintraf, sie würden sich zurückziehen. «Ich war Gott dankbar, dass er im letzten Moment eingegriffen hat», so Therese Bucher de Vaca. cz 1|09

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AUSLAND

ausland | bolivien

• Anhand von Zeugnissen vermitteln Carlitos und Esther den Kindern biblische Grundwerte.

• Landleben in Bolivien

Gott vertrauen Für den Fall einer erneuten Belagerung versucht Therese Vorräte anzulegen – ein schwieriges Unterfangen in diesem tropischen Klima. Konservendosen kosten ein Vermögen. Früchte und Gemüse müssen wegen des Ungeziefers und des schnellen Verfalls im Kühlschrank aufbewahrt werden. Doch die Stromversorgung lässt zu wünschen übrig, immer wieder gibt es Unterbrüche. «Jetzt, wo ich Kinder habe, ist eine solche Situa­ tion sehr herausfordernd, und ich merke, wie abhängig ich von Gottes Versorgung bin», berichtet Therese. Für sie und Willy ist die Situation auch deshalb schwierig, weil Willy Vaca als Forstingenieur seit längerer Zeit immer wieder Arbeit sucht. Wiederaufforstungsprojekte, für die er sich beworben hat, werden permanent verschoben, und die Familie ist herausgefordert, in finanziellen Angelegenheiten allein auf Gott zu vertrauen. Bolivien ist ein Land mit vielen Nöten und Mängeln, aber auch mit offenen Türen für Hilfe und Veränderung – und vor allem mit einem Gott, dem nichts unmöglich ist! 46

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Weil Gott im Grossen und im Kleinen wirkt Unsere Novemberreise nach Russland begann in Moskau, wo ich mich mit unseren Partnern traf. Wir suchten Gottes Willen fürs neue Jahr, planten eine Konferenz in Karelien und überlegten, wie wir in Kamtschatka Gemeinden gründen können. Wir analysierten den Schulungsbedarf für die Nationalen Leiter und legten gemeinsam die Weiterbildung fest. Dann wurde ich gebeten, für uns alle um den Segen Gottes zu bitten. Anschliessend fuhr ich in unser Büro nach Nischni Nowgorod, führte Gespräche mit allen Mitarbeitenden und ihren Ehepartnern. Wir schmiedeten Pläne für 2009, führten ein Eheseminar für die Mitarbeitenden durch und machten uns mit den ledigen Mitarbeitenden Gedanken über die Eheplanung.

• Der Markt und die Hauptkathedrale von Santa Cruz

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An den Abenden fuhren wir mit der Seelsorgeausbildung fort, die wir im Frühling 2008 angefangen hatten. Wir durften Unglaubliches erleben. Im April habe ich für ein Mädchen mit einem grossflächigen nassen Ekzem an beiden Armen gebetet. Ich erinnere mich genau, weil es mich viel Überwindung gekostet hatte, diese Arme zu berühren. Eine Woche später konnte die Mutter diese Ekzeme wie eine Haut abziehen, und das Mädchen ist bis heute frei davon. Damals im April hatte ich auch für ein Mädchen mit Tuberkulose gebetet, bei ihr wurde alles noch schlimmer. Im Juli betete ich noch einmal für sie, und jetzt vor drei Tagen bekam sie den Bericht: Keine Tuberkulose mehr, völlig geheilt. Ebenfalls im Juli hatten wir für ein Mädchen gebetet, das 47

• Roland Kurth ist Leiter von Agape interna­ tional und 120 Tage im Jahr in den Einsatzgebieten unterwegs.

in einen schrecklichen Autounfall verwickelt gewesen war und auf der Intensivstation lag; die Diagnose der Ärzte war hoffnungslos. Jetzt, sechs Monate später, besucht sie ohne zurückbleibende Schäden wieder die Schule. Ich bin beeindruckt und dankbar heimgekehrt, ermutigt von unserem grossen Gott, der im Grossen führt und im Kleinen wirkt - und fühle mich einmal mehr von ihm bestätigt, mit unserem Dienst in Russland weiterzufahren!

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C F C - N A T I O N A L cfc schweiz

Wertikal - Werte fürs Leben

Christen im Dienst an Kranken (CDK)

Weiterentwicklung von wertikal unter neuem Dach

Christen im Pflegeberuf stärken

eurer Last fast erdrückt werdet; ... so werdet ihr Ruhe finden» (Matthäus 11,28).

Karin Briggen

Mit der Vision, Pflegende mit dem Evangelium zu erreichen, damit sie die Liebe Gottes weitergeben können, reiste CDK-Gründer Francis Grim um die Welt. Sein Credo: «Mehr Menschen gehen durch die Spitäler der Welt als zur Kirche.» Seit über dreissig Jahren ist CDK in der Deutschschweiz aktiv, seit 1997 unter dem Dach von Campus für Christus. Während der letzten Jahre haben sich in vielen Spitälern, Heimen und in der Spitex der Schweiz Gebetszellen gebildet. Am ersten Mittwoch des Monats findet in einer der zwölf Regionen der Deutschschweiz und des Tessins ein Gebetstag statt, zu dem sich jeweils zwölf bis fünfzig Personen treffen. Diese Tage zeigen Gottes Kreativität und Schönheit, denn sie werden bunt, vielfältig und liebevoll gestaltet – ganz nach dem Motto von Jesu Einladung: «Kommt her zu mir alle, die ihr euch plagt und von

Gerade weil Gott ein ganz besonderes Anliegen für Bedürftige, Schwache, Kranke und Sterbende hat, liegt ihm daran, dass Christen im Pflegeberuf und -dienst immer wieder die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und so als Botschafterinnen und Botschafter an Christi Statt Gottes Liebe weitergeben. Dass dies gelingt, zeigen Aussagen von Teilnehmenden aus verschiedenen Regionen: Irene Werren vom Gebetstag Berner Oberland: «Für uns heisst es, dorthin zu gehen, wo Gott uns hineingepfropft hat, nämlich in den gewöhnlichen Alltag mit aussergewöhnlichen Gelegenheiten, die nur Gott schaffen kann.» Jaqueline Jenelten vom Gebetstag Wallis: «Das Motto ‹Was Jesus euch sagt, das tut!› hat mich in den vergangenen Jahren beglei­tet. Denn es gilt sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft.»

Sabine Widmer, FaGe erstes Lehrjahr, über das «Weekend für Lernende»: «Das Weekend war für mich eine riesige Motivationsspritze, und ich konnte von den geistlichen Themen enorm profitieren.»

Peter Höhn

Wertikal ist ein Arbeitsbereich, der sich mit Prävention und Intervention im Bereich Jugendgewalt und Rassismus beschäftigt. Philipp Frei hat diese Arbeit in den letzten zwei Jahren innerhalb von campus generation, der Jugendarbeit von Campus für Christus, aufgebaut. • Oben: Karin Briggen; • Links: Weekend für Lernende; • Unten: Gebetstag in Biel, Gebetszeit in der Natur mit Sicht über Stadt und Region.

Rita Schänzle, die am Seminar «Schwerkranke und sterbende Menschen begleiten» teilnahm: «Mir wurde vieles klarer, zum Beispiel was es heisst, auf natürliche Art mit Sterben­ den und Trauernden umzugehen. Das anregende Seminarmanuskript dient mir als Werkzeug im Alltag.»

Campus für Christus weitergeführt. CrossRoads ist ein Lehrmittel für Lehrpersonen sowie Pfarrerinnen und Pfarrer, das hilft, Jugendlichen Werte in den Bereichen Freundschaft und Gruppendruck, Selbstbild und Werte, Gewaltprävention usw. zu vermitteln. Durch diese Partnerschaft entstehen viele Synergien, die dem Anliegen beider Organisationen dienen: Menschen ganzheitlich zu helfen. Weitere Infos: www.wertikal.com

Am 1. Januar 2009 hat wertikal zum Jugendsozialwerk JSW des Blauen Kreuz Baselland gewechselt. Verschiedene Überlegungen führten zu diesem Entscheid: So bietet das JSW einen idealen Rahmen, um das Projekt wertikal weiterzuentwickeln und zu festigen. Durch das vielfältige und langjährige Engagement des JSW im sozialen Bereich verfügt es über viel Erfahrung und Kompetenzen, von denen wertikal profitieren kann. In einigen Projekten, wie beispielsweise CrossRoads, wird aber weiterhin eine enge und freundschaftliche Zusammenarbeit mit

• Philipp Frei: «Jungen Menschen neue Perspektiven geben, ist das Ziel meiner Arbeit bei wertikal.»

CROWNLife

Biblische Prinzipien für finanzielle Freiheit

Tom Sommer

Über 1200 Teilnehmende, darunter viele Verantwortliche aus Kirche und Beruf, zeigten mit ihrem Interesse an der zweiwöchigen Novembertour mit Earl Pitts, IBM-Ingenieur und Finanz­ experte: Das Thema «Befreiter Umgang mit Finanzen» geht alle an, auch Christen. Weiter Infos: www.crownlife.ch

Schuldenexperte Martin von Känel hatte es drastisch auf den Punkt gebracht, als er in der «Leben live»-Sendung des Schweizer Fernsehens zeigte, wie nach einer Predigt ein grosses Glasgefäss mit zerschnittenen Kreditkarten gefüllt werden konnte: Offenbar sei in den Herzen der Leute etwas passiert. Plastikgeld, so von Känel, habe das Potenzial, Menschen in Schulden und gar in den Ruin zu treiben. Schulden führten zu einem dreifach erhöhten Erkrankungsrisiko, und jeder fünfte Suizid stehe im Zusammenhang mit Finanznöten.

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Das Thema nicht verdrängen

Hilfsangebote

Earl Pitts forderte in verschiedenen Veranstal­ tungen Verantwortliche und «Normalbürger» dazu auf, sich bewusst zu entscheiden, sich dem Thema Finanzen zu stellen – auch wenn es einem relativ gut gehe. Es gehe weder um ein Evangelium der Armut noch um ein Wohl­ stands­evangelium, sondern um eine Haltung der Verwalterschaft, der Freiheit und Grosszügigkeit gegenüber Geld und Gütern, die uns als Menschen von Gott anvertraut seien und uns ja sowieso nur temporär zur Verfügung stünden.

Horst Reiser von CROWNLife stellte eine Reihe von konkreten Angeboten vor, wie das Thema privat, in Gruppen, Gemeinden oder Organisationen angepackt werden kann. Dazu gehörten spezifische Schulungen für Jugendliche, Schritte zur Schuldensanierung, die Einbindung von erfolgreichen Geschäftsleuten und Multiplikatoren mit ihrem bibli­ schen Lebenskonzept, Entwicklung und Einsatz von DVD-Lehrmitteln und anderen Kursmaterialien.

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• Earl Pitts, Annette von Lerber, Übersetzerin, Horst Reiser, vlnr.

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www.jugendsozialwerk.ch


C F C - N A T I O N A L cfc schweiz

Stimmen zum PraiseCamp 08 Verheissung und Verpflichtung für die Zukunft Fritz Herrli, Medienstelle (SEA)

Bereits zum dritten Mal fand vom 27. Dezember 2008 bis zum 1. Ja­nuar 2009 in den OLMA-Hallen von St. Gallen ein PraiseCamp statt. Mit rund 2800 Personen war es das grösste PraiseCamp aller Zeiten. Die Geschichte nach der biblischen Person Nehemia forderte die Teilnehmenden heraus,

PraiseCamp08 Im Alltag einen Unterschied machen

mit ihrem Leben Salz und Licht in unserer Gesellschaft zu sein. Das sechstägige Camp unter dem Motto «ALL IN – damit sich was verändert!» wurde von der Jugendorganisation «King‘s Kids», Campus für Christus, der Ju­ gend­allianz der Schweizerischen Evangeli­ schen Allianz (SEA), dem Bund Evangelischer Jungscharen (BESJ) und dem Bibellesebund getragen und stand in Verbindung mit über vierzig weiteren befreundeten Organi­sationen. Ein Leitungsteam von vierzehn Personen und

rund fünfhundert freiwillige Mitarbeitende machten diese Veranstaltung möglich. Die Teilnehmenden waren grössten­teils in sogenannten «Regio-Tracks» unterwegs. In diesen regionalen Gruppen wurde das abendliche Plenumsthema jeweils vertieft und nach konkreter Umsetzung im Alltag gesucht. Bilder und Videos sowie weitere Informationen und Berichte unter:

www.praisecamp.ch

Prisca Meier

Unsere Erfahrungen im Ministry-Team zeigten: Viele Jugendliche haben genug von einem oberflächlichen Leben ohne Kraft und Sinn und wollen von ganzem Herzen den Turn­around schaffen. Andere haben ihren ganzen Schmerz heraus­geweint, der oft die Folge eines zerbrochenen Elternhauses ist. Viele Jugendliche kamen in die Aussprache, luden bei Jesus ihre Nöte und ihren Mist ab und wurden im Gebet durch ein persönliches Wort von Gott getröstet, ermutigt und mit neuer Hoffnung beschenkt. Ich bin überzeugt, dass auch die andere Botschaft des PraiseCamp 08 angekommen ist: die

• Das gemeinsame Beten, Bibellesen und Lebenteilen in kleinen Gruppen war eine Stärke des PraiseCamp 08.

PraiseCamp08

Andreas Boppart

Das PraiseCamp 08 setzte ein Zeichen, das Geschichte machen wird. Eine Zusammenarbeit auf Allianzebene gab es in diesem Ausmass noch nie. Eine Jugendbewegung ist am Heran-

wachsen, eine Generation, die sich nicht mehr darüber streitet, welcher der Gemeindeverbände denn nun wirklich den Himmel erreicht und welcher nicht. Es ist eine Generation mit entflammten Nehemia-Herzen, die wieder bereit ist, über die Verlorenheit ihrer Freunde und Nachbarn zu weinen. Und ihnen von dieser Hoffnung zu erzählen, die Jesus durch seinen Tod am Kreuz gebracht hat. Gott hat neue Mitstreiter gefunden, er ist dabei, eine Nation zu wecken. Die Frage ist nur noch: Bist du auch einer dieser Neuzeit-Nehemias!? 52

Etliche Teens beschlossen, neu einen Schülertreff zu gründen und an ihrer Schule Farbe zu bekennen. Auch die Bereitschaft, für ihre nichtgläubi­ gen Kollegen zu beten, ist gewachsen. Direkt bei uns am Schülertreffstand haben Hunderte im Austausch gegen einen Pin für ihre Freunde gebetet, dass diese Jesus kennenlernen.

• Prisca Meier betreut als Mitarbeiterin von «campus generation» zusammen mit Theres Brandenberger rund siebzig Schülertreffs in der deutschen Schweiz.

PraiseCamp08 Junge Menschen brauchen geistliche Eltern Hanspeter Nüesch

Eine Bewegung von Gottes Geist

Gott hat Menschen körperlich geheilt und unzählige Herzen verändert. Innerhalb von drei Tagen nach dem Camp habe ich rund fünfhundert SMS aus der ganzen Schweiz erhalten, von Jugendlichen, die mir schrieben, was sie erlebt haben und dass sie dranbleiben werden!

Herausforderung, im Alltag einen Unterschied zu machen, gerade auch in den kleinen Dingen. Jesus nachzufolgen könne konkret bedeuten, den Abfall eines anderen zu entsorgen, sagte Matthias Kuhn (Kuno). In kleinen Dingen, so Kuno, würden Helden geboren, und nicht auf der grossen Bühne.

• Andreas Boppart arbeitet als Referent und Buchautor bei «campus generation», dem Jugendarbeitszweig von Campus für Christus. cz 1|09

Es war wunderbar, die Hingabe und den Lerneifer der Jungen zu erleben. Mich hat es persönlich ermutigt, im Alltag noch mehr zu erwarten, dass Gott spricht und sich suchenden Menschen als liebender Arzt und Vater offenbart. Diesbezüglich gehen die Jungen manchen von uns älteren Christen voraus. Sie glauben an einen lebendigen Gott, der heute noch spricht und handelt. Und sie erleben es auch. Vor den evangelistischen Einsätzen in der Stadt St. Gallen bekamen sie oft schon zum Voraus von Gott die Menschen samt ihren Nöten gezeigt, denen sie begegnen würden. Und immer wieder wurden auch Personen auf Gebet hin geheilt. Ich selber wurde zweimal von PraiseCamp-Teilnehmenden, die mich nicht kannten, «evangelisiert». Sie erzählten freudestrahlend, wie sie Gott in ihrem Leben ganz praktisch erfahren hätten. Ihnen fehlte es dann aber an Know-how, mir nach der Umfrage den Weg zu Jesus zu zeigen. Ich outete mich und gab ihnen ein Exemplar des Heftes «Gott persöncz 1|09

• Hanspeter und Vreni Nüesch waren auf Einladung der Konferenzleitung als «geistliche Eltern» dabei.

lich kennenlernen» und «Wo bist du Gott?», die ich bei mir trug. Sie waren echt dankbar für diese praktischen Hilfen, um Menschen in eine persönliche Beziehung zu Jesus führen zu können. Ich andererseits wusste, worauf wir in unserem Missionswerk Campus für Christus unser Augenmerk in Zukunft noch vermehrt legen müssen. Deutlicher hätte Gott nicht zu mir sprechen können. Damit das PraiseCamp bei den jungen Menschen nachhaltige Auswirkungen hat, brauchen sie Personen, die ein offenes Ohr haben, sie ermutigen, coachen und ihnen biblisches Grundwissen vermitteln. Gut ist, dass der 53

Bibellesebund allen Teilnehmenden ein spezielles Vertiefungsheft zum Buch Nehemia für die ersten dreissig Tage nach dem PraiseCamp mit auf den Weg gab, mit vielen Tipps für die tägliche Bibellese. Das Verlangen nach biblischer Nahrung und geistlichem Wachstum ist gross; aber selbst bei vielen Jugendleitern fehlt es an der Fähigkeit, die biblischen Basics zu vermitteln, weil ihnen diese auch nie systematisch gelehrt worden sind. Ein Jugendleiter hat es so ausgedrückt: «Unserer Jugend fehlt es zunehmend an allem; nicht nur an Glaubenskompetenz, sondern auch an Lebenskompetenz. Wir brauchen dringend mehr geistliche Eltern.»


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