Die Bärin Katja im Glück

Page 1

Heike Jordan

Die B채rin Katja im Gl체ck

edition lithaus



Heike Jordan wurde 1965 in Hann. M端nden geboren. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften in Kassel. Seit 2009 lebt sie in D端sseldorf und schreibt als freie Autorin Artikel f端r Zeitungen und Magazine. www.heikejordan.de

1. Auflage 2012 Copyright 息 2012 edition lithaus Verlag, Berlin Druck: SDL Digitaler Buchdruck, Berlin ISBN 978-3-939305-81-1 www.lithaus.de


Heike Jordan

Die B辰rin Katja im Gl端ck Bilder von Christoph Grundmann

Gewidmet Petra Sperlich und Frithjof Banisch Mit dem Kauf dieses Buches unterst端tzen Sie den Wildpark Johannism端hle Verlag ! edition lithaus ! Berlin



Vorwort für die Eltern Die Reise der Bärin Katja von Berlin Hoppegarten zum Wildpark Johannismühle in Baruth, Brandenburg. Frithjof Banisch, Wildparkleiter in der Johannismühle bei Baruth in Brandenburg, hat der in Not geratenen Braunbärin Katja und drei weiteren Braunbärinnen – Mausi, Carla und Dolly – ein neues Zuhause in seinem Wildgehege gegeben. Alle vier Bärinnen stammen aus einem Staatszirkus in Berlin Hoppegarten in der ehemaligen DDR. Mit der deutschen Einheit 1989 kam auch die Wende für den Zirkusbetrieb. Der Staatszirkus wurde 1999 geschlossen. Die Bärinnen wurden nicht mehr gebraucht. Das Ehepaar Petra und Franz Sperlich, Dompteure und besorgte Bäreneltern, kämpften für die Zukunft ihrer vier „Mädchen“. Als Frithjof Banisch davon erfuhr, entschied er, die vier Braunbärinnen zu retten. Zusammen mit dem Ehepaar Sperlich bereitete er die Zirkusbärinnen auf ihr neues Zuhause vor. Zwischen zehn und sechzehn Jahren haben die Bärinnen in der Manege auf Bällen balanciert und im Zirkuswagen gelebt. Im Wildpark Johannismühle sollten sie gemeinsam in einem Freigehege leben. Hier beginnt für die vier Bärinnen die Reise von Berlin Hoppegarten zum Wildpark Johannismühle. Ziel ist eine 5,6 Hektar große Freianlage mit Bäumen, Hügeln und Wasserfläche. Eine der größten Bärenanlagen Europas. Die Zirkuswagen sind bis heute Futterstelle für die Bärinnen. Stellvertretend für ihre drei Gefährtinnen erzählt die Bärin Katja die Geschichte, wie eine ehemalige Zirkusbärin in ein Freigehege umzieht und ihr Glück findet.



Vorhang auf für die Bärin Katja „Hereinspaziert, hereinspaziert liebe Zirkusgäste“, rief der Zirkusdirektor, während der Clown das Zirkuszelt öffnete. Unsere Attraktion „die Bärin Katja“ wird Ihnen heute zum letzten Mal ihre Kunststücke in der Manege vorführen. Besuchen Sie unsere letzte, große Vorstellung.



Im vollbesetzten Zirkuszelt bestaunen die Zuschauer, wie die B채rin Katja auf einem Ball balanciert. Doch heute war es anders. Der Dompteur hatte nach der Vorstellung winzige Tr채nen in seinen Augen. Die Zuschauer riefen immer noch Zugabe, als Katja bereits in ihren Zirkuswagen zur체ckkehrte. Ja, etwas war anders, auch am n채chsten Tag.



„Törö“ machte der Elefant leise. Ein trauriges Brummen ist von Katja aus ihrem Zirkuswagen zu hören. An der Zirkuskasse standen keine Menschen, was sehr ungewöhnlich war. Der Elefant und das Kamel gingen mit ihrem Pfleger in Richtung eines großen Lastwagens und fuhren bald darauf davon. Nur die Ziege schien sich aus all dem nichts zu machen und weidete wie immer im Gras. Doch Katja begriff, dass der Zirkus nicht nur heute, sondern nie mehr wieder das Zirkuszelt öffnen würde.



Sie sah, wie der Zirkusdirektor, ihr Dompteur und der Pfleger im Zirkuszelt verschwanden. Alle sahen besorgt und traurig aus.



Nach einiger Zeit kam der Tierdoktor dazu, der Katja immer gut behandelt hatte, wenn sie mal krank war - was selten vorkam. Mit dem Zirkusdirektor und ihrem Dompteur sprach er über Katja. Sie hörte noch die Worte Wildpark Johannismühle, Freigehege, da näherte sich ein Traktor mit lautem Puffen und Zischen und der Lärm endete erst, als der Zirkuswagen von Katja an dem Traktor angekoppelt war.



Der Mann auf dem Traktor tauschte noch das Schild an ihrem Wagen aus. Darauf stand jetzt Johannism체hle. Dann ruckte es auch schon kr채ftig und Katja verlor beinahe das Gleichgewicht, als der Traktor losfuhr. Der Zirkusdirektor hob seinen Zylinder hoch in die Luft und Katja sah viele Tr채nen in den Gesichtern der Zirkusleute.



Der Traktor fuhr schneller und schneller, bis die B채rin nur noch die roten Fahnen des Zirkusdaches sehen konnte.



Was war passiert? Wo stand das Zirkuszelt und wo war ihr Dompteur? Katja sah viele Felder und Wiesen an sich vorbeiziehen. An einem Wiesenteich endete die Reise. Dort wurde der Zirkuswagen schließlich abgestellt. Dieser sah für Katja wie ein riesiger Wassernapf aus. Sie war so aufgeregt, dass sie nicht mal ihr Lieblingsobst Aprikosen fressen mochte. Gleichzeitig spürte sie eine leise Freude in sich aufsteigen.



Am frühen Morgen rüttelte der Mann, der den Traktor fuhr, an ihren Gitterstangen und öffnete die Rampe in Richtung Wiesenteich. „Willkommen im Wildpark“, sagte er noch. Katja schaute ganz vorsichtig hinaus und erblickte Tiere, die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Einer hatte ein seltsames Geflecht auf dem Kopf, das sich Geweih nennt, wie sie später erfuhr. Viele Augen sahen sie gespannt an.



Katja nahm allen Mut zusammen und setzte ihre linke Bärentatze vorsichtig auf die Rampe. Sie war sich unsicher, ob sie ihren Zirkuswagen verlassen sollte. Niemand klatschte und jubelte wie im Zirkus. Dort, wo sie geboren war und viele Kunststücke von ihrem Dompteur gelernt hatte. Schließlich tapste sie Schritt für Schritt die Rampe hinunter.



Gleich lachte ihr die Sonne strahlend ins Gesicht. Was krabbelte da so? Gras und Kiefernadeln kitzelten unter ihren Bärentatzen. Als sie ein paar Meter von ihrem Zirkuswagen entfernt war, flog ihr beinahe ein Schmetterling auf die Nase. Da verspürte die Bärin Katja große Unternehmungslust und Lebensfreude. Sie rannte so schnell wie sie konnte los und erkundete ihre neue Umgebung.



Nach drei großen Runden, die sie um den Wiesenteich lief, bekam sie großen Durst. Als sie ganz nah am Ufer des Teiches stand, sah sie einen zweiten Bären im Wasser, der wieder auf wunderliche Weise verschwand, sobald sie ihn mit ihrer Vordertatze anstupste. Wieder spürte Katja leise eine Freude in sich aufsteigen. Und mit einem großen Sprung überwand sie ihre Furcht und landete im Wasser. Sie badete, tauchte und tobte stundenlang darin. Danach legte Katja sich rücklings ins seichte Wasser und blickte glücklich in den Himmel. Dabei schlief sie ein und träumte ein letztes Mal davon, wie sie im Zirkus auf einem Ball balancierte.





Durch das laute Quaken eines Frosches wurde Katja aufgeweckt. Sie schüttelte sich das Wasser aus dem Pelz und ging zu der mittelgroßen Tanne, die direkt am Teich stand. Wie selbstverständlich rieb sie ihren Rücken daran und fühlte sich wohlig und entspannt. Sie sah den Teich, die anderen Tiere und wusste, dass dies nun ihr neues Zuhause ist. Vor Glück darüber sprang sie hoch in die Luft.



Der Zirkusdirektor und die Dompteure, das Ehepaar Sperlich, nahmen 端bergl端cklich das Angebot von Frithjof Banisch an. Die B辰rin Katja darf nun f端r den Rest ihres Lebens im Wildpark bleiben.


Danksagung Ich danke meinem Ehemann Kai-Arne für die Inspiration zu diesem Buch. Svea und Finn Mangels danke ich für ihren klaren und ideenreichen Blick eines Kindes, die mit großer Begeisterung an diesem Buch mitgewirkt haben. Ich danke Dominique Bridstrup, die den Text redigiert hat. Illustrator: Christoph Grundmann, www.grundlinie.de


„Als sie ein paar Meter von ihrem Zirkuswagen entfernt war, flog ihr beinahe ein Schmetterling auf die Nase. Da verspürte die Bärin Katja große Unternehmungslust und Lebensfreude. Sie rannte so schnell wie sie konnte los und erkundete ihre neue Umgebung.“ edition lithaus


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.