Portfolio Charlotte Bรถhmer
Inhalt Lebenslauf
Berufswunsch
24
Folk 7
viertes Semester
2011-das Jahr des Waldes drittes Semester
Derzweites tolleSemester Tag Found Materials erstes Semester
Freie Arbeiten
21
33
49
53
Bildung: 2010-2011
Hochschule Pforzheim Fakultät für Gestaltung Studiengang Mode
1999-2009
Freie Waldorfschule Frankenthal Abschluss Abitur
1996-1998
Freie Goetheschule Frankeneck
Praktika: 02/2012-08/2012
Hugo Boss Creative Management Boss Orange Menswear
11/2009-02/2010
C.F.Design GmbH Modedesign/Schneiderei/Schnitt/Verkauf/Kundenberatung
09/2009-10/2009
Fashion IDee AG Modedesign/Schneiderei/Schnitt/Messe
06/2007
Filmzeiten GmbH Hilfe bei Dreharbeiten
Initiativen & Tätigkeiten: 2011
Stricktutorin Hochschule Pforzheim
2003-2009
Zirkus AG Ehrenamtliche Trainerin (sowie Kostüm, Maske, Bühnenbild und Choreografie) Freie Waldorfschule Frankenthal
2005-2009
Ehrenamtliche Tanzassistentin Latein- & Standardtanz TanzTreffAlex (ADTV)
Fremdsprachen: Englisch Französisch
sehr gut gut
Charlotte Böhmer Probstgasse 17 67433 Neustast a. d. Weinstr.
0174 90 276 90
charlotte.boehmer@web.de
Studieninhalte: Praxis
Schnittkonstruktion Drapieren
Adobe Photoshop/InDesign/Illustrator Modenschauplanung & -organisation Werkstofflehre Darstellungstechnik
Zeichnen/Malerei/Skulptur Theorie
Ästhetik Wahrnehmungstheorie Kreativitätstheorie
Semiotik Kultursoziologie
Modekonzeption/Modetheorie
Modejournalismus
Modegeschichte Allgemeine Designgeschichte
Typografie
Design & Management BWL
Hobbies:
Schwimmen Geige Zirkus
Klavier Latein- & Standardtanz Theater
Klettern Kochen Lesen
4 Schauspielerin
Eigentlich wollte ich immer werden; zumindest seit ich einen realistischen Berufswunsch formulieren konnte. Dass ich mit fünf Jahren Prinzessin werden wollte zähle ich mal nicht dazu. Warum die Schauspielerei mich so faszinier-
te weiß ich nicht genau. Es war auch nicht die Schauspielerei generell, Filmschauspielerin, das war mein Traum. Wir hatten nie einen Fernseher gehabt. Meine Kindheit verlebte ich mit Vater-Mutter-Kind
oder Pferdchen spie-
len. Traurigerweie war ich als Jüngste von drei Schwestern immer das Kind oder das Pferdchen, hatte also keine großen Sprechrollen. Als ich eingeschult wurde, änderte sich das ein wenig. Auf der Waldorfschule wurde viel Theater gespielt, jedes Jahr ein größeres Stück, und hier schaffte ich es auch ab und an wichtigere Rollen zu ergattern. Mit zehn Jahren sah ich dann meinen ersten
Kinofilm: Pünktchen und Anton in schwarz-weiß. Pünktchen sah aus, wie meine Mutter auf ihren Kinderbildern, und das
Ganze hinterließ einen starken Eindruck bei mir. Das Theaterspielen machte mir sehr viel Spaß, doch was mich wirklich faszinierte, war der Film. und so stand bald schon für mich fest: Filmschauspielerin wollte ich werden, und nichts anderes.
Thater, Tanz und Artistik
Ich spielte weiter viel Thaeter, war Mitbegründerin einer Zirkus-AG in der wir miteinander zu einer Show verwoben und träumte von einer großen Filmkarriere.
Klavier, besuchte mit fünfzehn meinen ersten Tanzkurs und wurde bald Assistentin in der Tanzschule, fungierte im Zirkus mittlerweile als Trainerin für die Jüngeren, entwarf die Kostüme, zeichnete Plakate und
Ich spielte Geige und
Filmmusik
entwickelte Choreografien. Als wir im Orchester begannen zu spielen, bekam dieses einen ganz neuen Stellenwert für mich. Doch mein Traum war es nach wie vor, Filmschauspielerin zu werden. Und als ich bei einer großen Opernproduktion als Statistin mitwirken durfte, wähnte ich mich meinem Ziel schon um einiges näher. Doch mit dem Alter kommt die Weisheit, und langsam aber sicher dämmerte mir, dass mein Platz wohl nicht vor der Kamera sei, dafür fehlten mir so offensichtliche Dinge wie ein perfektes Gesicht und ein hübsches kleines Näschen. Ich begann damit, Alternativen zu suchen, doch am Film hielt ich weiter fest. Im Zirkus war ich für die Maske verantwortlich. Mit viel Eifer entwickelte ich verschiedenste Charaktere, geschminkt in allen Farben des Regenbogens, leuchtend wie Paradiesvögel. Ja,
Visagistin wäre wohl eine annehmbare Alternative. Um einen besseren Einblick in das Metier zu bekommen,
beschloss ich ein Praktikum bei einem Kameramann zu machen. Drei Wochen lang trug ich Stativ und Kamera zu diversen Drehs. Schade war nur, dass wir hauptsächlich Dokumentationen drehten, der Höhepunkt war ein Schlager- Musikvideo, einen Einblick in das Filmgeschäft wie ich es mir vorgestellt hatte bekam ich allerdings nicht.
Seit ich denken kann, bin ich ein sehr interessierter Mensch. Meine Eltern nannten mich früher immer ihre kleine Forscherin, da ich so lange keine Ruhe gab, bis ich alles durchschaut und verstanden hatte, egal welcher Mühen es bedurfte. Mit zwei großen Schwestern war das ja auch nicht verwunderlich, natürlich wollte ich schon groß sein, schon genauso viel wissen, sodass ich mir mit fünf kurzerhand das Lesen selbst beibrachte. Mit dem Stricken versuchte ich es auch, hierbei scheiterte ich jedoch kläglich. Mit sechs durfte ich es dann lernen, als Trost für ein gebrochenes Bein. Als ich älter wurde änderte sich nicht viel. Das Interesse an allen Dingen blieb, meine Forschungsprojekte gab ich jedoch auf.
Was der Grund für die plötzliche Kehrtwende meiner Wünsche war, kann ich gar nicht so genau sagen. Plötzlich stand für mich jedoch fest, dass ich den Film nicht zu meinem Lebensinhalt machen wollte. Doch was sollte ich nun mit mir anfangen? Nachdem
Berufswunsch
sei ich sechs Jahre lang fest daran geglaubt hatte, der einzige Filmschauspielerin zu werden, stand ich plötzlich mit leeren Händen da, denn weitere Gedanken hatte ich mir nie gemacht. Ich über-
Medizin oder Modedesign
. Mit Blut hätte ich kein legte, wo meine Stärken lagen, und hatte zwei Optionen: Problem gehabt, wohl auch nich mit dem Numerus Clausus, aber Tote, die waren noch nie so mein Ding. Also strich ich diese Opti-
on von der Liste und begann damit, eine Mappe zu gestalten. Ich besuchte die Werkschau in Pforzheim und war fasziniert von dieser bunten, mir noch völlig fremden Welt. Ich war als Kind oft mit meinen Eltern in Museen gewesen, hatte auch häufig klassische
doch hier trat ich in eine Kunstwelt ein, die eher aus der Zukunft zu stammen schien. Und sie zog mich unwiderstehlich in ihren Bann.
Konzerte und Opern besucht,
Ich kümmerte mich sofort um einen Praktikumsplatz für ein halbes Jahr, denn dies war eine der Vorraussetzungen für das
Aufnahmeprüfung
eingeladen. GlückStudium in Pforzheim. Ich reichte meine Mappe ein, und wurde zur licherweise erfuhr ich erst hinterher, dass es nicht gerade einfach ist, an der Hochschule aufgenommen zu werden, so dass ich das Ganze eher locker anging. Und wunderbarererweise bestand ich.
Mein Abitur hatte ich mittlerweile efolgreich bestanden. Mein Traum in Tansania ein Zirkusprojekt mit Straßenkindern ins Leben zu rufen zerplatzte leider kurzfristig, da meine Freunde mit denen ich alles geplant hatte absprangen und allein traute ich mir die Aufgabe, drogenabhängigen Kindern wieder etwas Lebensfreude und Vertrauen zu schenken, nicht zu.
Studium
in Pforzheim begann, und ich war begeistert. Anfangs hatten wir sehr viel freie Kunst wie auch TheoMein rie, die bis ins Philosphische ging. Ich fand es unglaublich spannend. Langsam wurden die Semester jedoch immer praxisbezogener,
Die Theorie kam also nun zu kurz und mir stellte sich die Frage, wo in der Mode sie zu finden sei. Ich liebte es schon immer, Geschichten zu schreiben,
alle philosophoschen Themen fielen weg, übrig blieb nur, was nützlich war: BWL, Management und Projekt.
später dann Aufsätze, in mein Tagebuch schrieb ich manchmal nur um des Schreibens willen und nicht, weil ich gerade etwas wahnsinnig spannendes erlebt hatte, oder tiefgründige Gedanken wälzte. Wäre Modejournalismus für mich vielleicht das Richtige? Oder vielleicht doch Stylistin, Fotostrecken zu Themen konzipieren, die noch kaum spürbar in der Luft hängen? Denn Konzepte entwickeln wurde für mich mit der beste Teil des ganzen Studiums. So entschloss ich mich, nicht nur ein Praxissemester bei Journalismus und Styling.
Hugo Boss zu machen, sondern wenn möglich auch im Bereich
Vielleicht verschlägt es mich ja auch doch noch eines Tages zum Film, denn der Traum, einmal in einem Film mitzuspielen, existiert immernoch irgendwo ganz weit hinten in meinem Herz.
Time
Smile
There is no for a warm oh do you know it yeah, this glance? No you
And there is no safe cause if they
don‘t!
Place where one could life,
pull, oh if they pull the Puppet
String
what happens next? Refrain:
You feel
safe overhead and shy if it gets deeper Time
Brain
I take my to rack my of what‘s you pushing forward it is Success what you need Cause if you use to
I prefer it to
to be?
life in hast and drive,
run Riot
.
Refrain: You feel
safe overhead and shy if it gets deeper
Sophia Wassner
8
Folk
veraltet? Wieder in Mode? Oder einfach immer nur das Gleiche?
vierten Semester
beschäftigte ich mich zum Thema Music & Fashion intensiv mit Folk. Mit der Im Musik, dem Lebensgefühl, den Gedanken, der Geschichte, eigentlich mit allem, ausser mit der Kleidung an sich. Ich hätte es schade gefunden, wenn die Kleidung der damaligen Zeit meinen Versuch, die Stimmung dieser Musik in Mode einzufangen, beeinflusst hätte. Doch was macht Folk- Musik besonders?
Denken
und fühlen durch ihre eigene Sie entstand aus dem Wunsch der europäischen Einwanderer in Amerika heraus, ihrem traditionelle Musik Ausdruck zu verleihen. Mit unserer Volksmusik ist sie aber in keiner Weise zu vergleichen.
„wer sich engagierten Liedern verschrieben hat, muss auch ein entsprechendes Leben führen“. Dieser Satz
Joan Baez sagte einmal
ist das eigentlich bezeichnende für mich am Folk und diese Lebenseinstellung wollte ich auch in meiner Kleidung einfangen. Beim Folk liegt das Augenmerk auf politischen und sozialen Problemen, die in den Texten thematisiert weden. Der Künstler setzt
sich in seinen Songs für Aussenseiter und Unterdrückte aller Art ein, und plädiert für gewaltlosen Widerstand. Doch wogegen gilt es in einer Gesellschaft, in der weder Krieg, noch der Kampf um die Rechte der Frauen oder Afro-Amerikaner eine große Rolle spielt,
Widerstand zu leisten?
In unserer technisierten
Welt findet keine Kommunikation mehr statt. Jeder hetzt durchs Leben, ohne es wahrzunehmen, im-
mer von einem Meeting zum nächsten, in Gedanken schon beim Übernächsten. Durch die
fehlende Kommunika-
tion glaubt man, die Gesellschaft stelle extrem hohe Ansprüche an einen, die man ständig noch übertreffen muss. In unserer
heutigen Gesellschaft sind es weniger die politischen Probleme, die die Menschen beschäftigen, sondern vielmehr der Druck, der
perfekt
zu meistern, als Vorzeigefrau Familie, Karriere und Freizeitgestaltung zu vereinen und dabei auf jedem lastet, alles glücklich zu sein. Doch diesem Druck kann auf Dauer niemand Stand halten, und so kommt es zu den heutigen Krankheiten wie Burnout und Depressionen. Wenn wir heute aber nicht mehr unmittelbar von außen unterdrückt werden, nicht mehr wegen unserer politischen Überzeugungen oder Hautfarbe misshandelt und weggesperrt werden sondern vielmehr darunter leiden, dass wir uns selbst dem Druck und der Gesellschaft nicht gewachsen fühlen, uns selbst als nicht gut genug erachten, sind wir dann nicht heute
Was, wenn es nicht mehr die Repression von aussen gibt, sondern jeder sein eigener Unterdrücker ist? Liegt es dann nicht in der Hand eines jeden Einzelnen, diesen Zustand zu ändern, indem er dagegen aufbegehrt
selbst die von uns Unterdrückten?
in Schubladen gezwängt zu werden und fremde Erwartungen zu erfüllen? Bedeutet
einfach, sein eigenes Leben zu leben, wie es einem gefällt?
Widerstand leisten nicht ganz
Als Muse wählte ich eine selbstbewusste Frau, eine starke Persönlichkeit, die vielleicht nicht in das Standard- Schönheitsideal passt, die aber eine unglaubliche Lebensfreude gepaart mit dem Wissen über das Leid in der Welt ausstrahlt. Eine Frau, die feste Ansichten hat und diese auch lebt, die sich einsetzt für die Schwachen und Benachteiligten und völlig bodenstängig ist. Ein Mensch, der andere Menchen mitreißt und inspiriert, der sie Dinge tun lässt, die sie nie für möglich gehalten hätten. Deshalb ist das wichtigste Körperteil in meiner Kollektion ein starkes Aufgaben zu meistern. Hiervon leitet sich meine
Schnitte
Gesicht, das auf aufrechten Schultern ruht, bereit,
Silhoutte ab, die diese in den Mittelpunkt rückt.
orientieren sich an der geistigen Haltung. Die Freiheit zu tun, was man für richtig hält, anstelle vorgegeDie bener Wege zu folgen wird symbolisiert durch die Wahl von Drapierungen, statt klassischer Schnitte. Das Aktiv-werden zeigt sich in Jeans und Parka, ergänzt von schlichten Schnitten, die für die geradlinige Verfolgung der Ziele stehen.
Farben und Details
stammen aus der Musik. Der traditionelle Ursprung zeigt sich in Häkelspitzen, die sehr Die weiche etwas melancholische Stimmung in weich fallenden Stoffen und Drapierungen, der schlichte Musikstil in schlichten Schnitten ohne Prints und die starken Texte in robustem Jeansstoff. Die warmen sanften Farbtöne sind als Farbstimmung auf den Fotos aus der Blütezeit des Folk, den 68ern zu finden.
Material sind Naturfasern; Jeans Viskose, Baumwollstoffe, Crepe de Chine, Wollstoffe, Seide, Wolle, Mohair und Kup-
Die ferdraht.
Konzept
&
Mood
11
Lineup
14
feuchtem Moos und frischem Grün riechende Luft füllt meine Lungen und meinen Geist mit einem Gefühl der Ruhe, der Freiheit und einem leichten Beigeschmack von Ungewissheit. Pilze wachsen zwischen den Wurzeln Ich trete ein. Die kühle, nach
knorrigen Bäume
der , die sich in den dicken weichen Moosteppich krallen, um, allen Verwachsungen und jeder Schieflage zum Trotz, aufrecht zu stehen. Hier und da zwitschert ein Vogel. Ein leiser Windhauch lässt die
Blätter
rascheln durch die die Sonne stellenweise als dünner Strahl hindurch bricht, in
dem kleine Mücken und Staubkörner
Geheimnisse
tanzen. Ich setze mich unter die alte Eiche, die
all meine kennt, und genieße die Ruhe und Einsamkeit, während meine Gedanken sich zwischen den Bäumen verlieren.
drittten Semester
Im machten wir eine Exkursion nach Wir wussten schon vorher, was unser Semesterthema sein würde:
Moskau.
„2011-das Jahr des Waldes“
,
speziell bezogen auf den russischen Wald natürlich.
Russland ist ein Land der Gegensätze. Wir fuhren vom Flughafen ca eine Stunde mit dem Zug in die Stadt, vorbei an
len Birkenwäldern
kah-
und grauen Plattenbauten unter grauem Himmel. Überhaupt schien alles grau zu sein. Es lag bestimmt auch an der Jahreszeit, Anfang April grünt und blüht in Russland noch nichts, zumindest nicht rund um Moskau. Es blieb auch grau, als wir nach Moskau hineinkamen, ein irgendwie bräunliches Grau, das alles zu bedecken schien, als hätte man aus alten Fotos die Sättigung genommen. Es stellte sich heraus, dass wirklich über allem ein Film lag, eine feine Schicht von Braunkohlestaub. Als wir aus der U-Bahn-Station ans Tageslicht traten, blieben wir erst einmal abrupt stehen. Der rote Platz war tatsächlich rot,
ohne jegliches Grau, und auf jeder Seite geschmückt mit einer kunterbunten Kirche, so farbenprächtig wie nicht einmal die Zuckergusshäuschen meiner Kindheitsträume waren. Die Farben strahlten so frisch, als wären sie erst am Vortag aufgetragen worden.
Ähnlich verhielt es sich mit den Gegensätzen Stadt-Land. In Moskau gehören zur Standardkleidung der Frau spitze schwarze kniehohe Pfennigabsatzstiefel, dazu eine fleischfarbene Nylonstrumpfhose, ein sehr knapper schwarzer Rock, enganliegend, und eine Pelzjacke in der Farbe ihrer Wahl. Dieses Outfit wird auch bei -20 °C und Schnee getragen, vorausgesetzt, man ist noch nicht verheiratet. Jeder hat das neueste Smartphone, überall blinken und flimmern Leuchtreklamen und Miet und Lebensmittelpreise sind höher als in Deutschland irgendwo auffindbar. Wir machten einen Ausflug aufs Land, in ein Städtchen, das aus hundert
Einwohnern, vierzig Kirchen und fünf Klöstern bestand. Es gab kein Strom und fließend Wasser mehr, da es zu teuer war. Auch junge Menschen fehlten gänzlich, sie
waren schon vor langer Zeit in die großen Städte gezogen. Wir sahen kein einziges Kind. Und dennoch war es wunderschön.
Es lag ein Gefühl von Märchen und vergangenen Zeiten in der Luft. Es war, als wäre man in eine andere Welt gestoßen worden, alte Holzhütten mit nur
noch einer Erinnerung an Farbe, abblätternd, sonnenverblichen, pastellfarben.
geblümtem Kopftuch
Auf dem Marktplatz saßen alte Frauen mit Wollmantel und , neben sich auf der Mauer ein großes Glas eingelegter Gurken, alles, was sie zum Verkauf bieten konnten. Und direkt daneben erstrahlten die Kirchen in allen Farben des Regenbogens und wirkten nicht älter als ein Jahr. Es ist vielleicht wichtig zu wissen, dass es im orthodoxen Russland üblich ist, sobald man etwas Geld übrig hat, eine Kirche zu bauen. Dies erklärt auch die Unverhältnismäßigkeit von Kirchen und Einwohnern. Hier sah man nichts mehr von modernster Technik und überteuerten Lebensmitteln, nur den reinen Kampf ums Überleben. Dieser Ausflug aufs Land jedenfalls hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir. Ob es wohl möglich wäre, diese Stimmung in einer Herrenkollektion einzufangen? Die abblätternden Farben der Holzhäuser und die kunstvollen Schnitzereien um die Fenster erinnerten mich an
Märchenwälder, mit Blumen und Pilzen, Vögeln und
Schmetterlingen. Ein schöner Ort an den man sich zurückziehen kann, um seine Gedanken schweifen zu
lassen.
Ursprünglichkeit
. Denn Wälder gab es schon, bevor es Menschen gab. Die Wald bedeutet für mich verschlungenen Wurzeln und Äste bilden einzigartige Figuren, die sich doch zu einem wunderbar harmonischen Gesamtbild zusammenfügen.
Durch die Ursprünglichkeit übertragen auf Russland kam ich wieder auf die russische Tradition zurück, die ich sowohl in der nun schon etwas verblassten Farbigkeit der Häuser als auch in den traditionellen Schnitten wieder fand. Diese und die in ihrer Ursprünglichkeit belassenen Formen alter Bäume, Pilze und Wurzeln, sowie Ursprünglichkeit als Unverändertheit durch Menschenhand, also
Natürlichkeit, wurden zur Grundlage für meine Kollektion. In der Mode fand ich sie in ursprünglichen
handgesponnenem Garn, Leinen und Birkenrinde.
Materialien, wie Den Aspekt der Ursprünglichkeit herauszuarbeiten und somit nur natürliche Rohstoffe zu verwenden war mir sehr wichtig, da es in unserer heutigen Gesellschaft sehr schnell zu einem Zerfall der Natur, also des Inbegriffs der Ursprünglichkeit kommen kann, wenn wir nicht anfangen, sorgsamer mit ihr umzugehen. Um einen weiteren Aspekt der Heutigkeit herauszuarbeiten, kombinierte ich die traditionellen Schnitte nicht nur mit den ursprünglichen Formen des Waldes, sondern auch mit klassischer Herrenmode.
Träumer
Der Mann ist ein , kein Realist. Er hasst das stressige Leben, also flüchtet er sich in eine Traumwelt und den märchenhaften Wald, wo alles geschehen könnte.
Konzept
&Mood
Lineup
31
„Mein Wörter
Herz beginnt zu klopfen, wenn ich nur eine Frau sehe; die
LIEBE
und
LUST lassen es erzittern. Das
Bedürfnis jemandem zu sagen ich
liebe dich ist so dringend in mir geworden, dass ich es sage, wenn ich ganz allein durch den Park
laufe, zu deiner Herrin, zu dir, zu den Bäumen, den Wolken, zu dem Wind, der sie mit meinen Worten vertreibt.“ Caron de Beaumarchais
35
Irrungen und Wirrungen,
Liebe und Intrigen bei Hofe. Auf den ersten Blick scheint
Der tolle Tag
“ von Caron de Beaumarchais (die Textvorlage für „Die Hochzeit
„
des Figaro“) eine ganz normale Komödie des 18. Jahrhunderts zu sein. Doch die Tatsache, dass in diesem Spiel
der Intrigen am Ende die
Dienerschaft gewinnt, war für diese Zeit fast so revolutionär wie der Sturm
auf die Bastille wenige Jahre später. Unsere Aufgabe im
zweiten Semester
war es nun, für einen der Charaktere ein Outfit
des 18. Jahrhunderts und der Kleidung von heute. Der zu verwendende Stoff: ein sonnen- und wiesengebleichter Nessel. zu kreieren. Eine Kombination aus Details der Mode
Cherubim ist ein
junger Page am Hofe des Grafen. Er entdeckt gerade seine erwachenden
Gefühle gegenüber allem und jedem. Er ist sehr zart und schön, romantisch und kindlich, doch aus jedem seiner Worte spricht die Begierde.
männlich, andererseits aber auch sehr weiblich. Diese zwei Seiten arbeitete ich durch verschiedene Details heraus. Zur Betonung der Weiblichkeit verwendete ich Haube, Corsage, Strapsen und Poschen, für die Männlichkeit Fechtmaske, Kummerbund, das betonte Geschlecht und die Hose.
Er ist einerseits
36
Mood
43
In Zeiten, in denen
Musik immer mehr an Wertigkeit verliert, und statt gehört zu
werden nur noch konsumiert wird, war es mein Ziel, der
Schallplatte
wieder eine Bedeutung zu geben. Diesmal wird sie nicht unter die Nadel gelegt, sondern
als
Kleid getragen. Mit der Verformung der Platten möchte ich das Ende ihrer Ära als
Musikträger visualisieren und mit ihr einen
Wandel vom Musikträger zum
getragenen Objekt vollziehen.
51
Ein
Haute- Couture- Kleid kreieren ohne Stoff und Fa-
Found Materials
den; das Thema „
Semester nen.
“ sollte uns im
helfen, Abstand zu den gängigen Vorstellungen von Mode zu gewin-
Als Material durfte alles verwendet werden was man finden konnte, mit
von Textilien.
ersten
Ausnahme
53 Freie
Arbeiten
Illustration
Kunst
57
Vielen
Dank!
Charlotte Bรถhmer Probstgasse 17 67433 Neustast a. d. Weinstr. 0174 90 276 90
charlotte.boehmer@web.de