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»KRASSE ARBEIT WÜRDIGEN«

So Will Freiburgs Nachtmanagerin Der Szene Helfen

mens, des Schweifens, des Loslassens. Das möchte ich unterstützen.

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chilli: Das Nachtleben hier ist eher Brandherd als Prachtexemplar. Eine Challenge. Wie gehen Sie das an?

Mühlbach: Erst mal, indem ich vor allem zuhöre. Ich finds wichtig, zum Start eine Bestandsaufnahme zu machen. Wo brennts? Das Clubsterben zum Beispiel ist ja ein europaweites Thema. Da hat Freiburg keine Sonderrolle. In Freiburg gibt es eine lebendige Szene, die viel Widerstandskraft beweist. Das ist was Tolles.

Das Nachtleben in Freiburg kennt viele Konflikte. Kristina Mühlbach will helfen, Lösungen zu finden. Freiburgs Nachtkulturbeauftrage ist seit November im Dienst. Im Interview mit Till Neumann erzählt die 39-Jährige, wo sie Knautschzonen sieht und wie sie vermitteln kann.

chilli: Frau Mühlbach, was hat Sie an der Stelle gereizt?

Mühlbach: Ich glaube, es geht darum, dass man Stadt neu denkt. Als eine Stadt für alle – da spielt Nachtkultur eine krass wichtige Rolle als ein Ort des Träu-

Meine Sorgen

Zur studentischen Party gehört es wie Bierpong und Chips, Geschmacksrichtung

Ungarisch: Folklore über WG-Suche-Abenteuer. Am Bar gewordenen Frühstückstisch sammeln sich Studis aller Disziplinen, um wie die alten Griechen unglaubliche Heldengeschichten auszutauschen.

Auch ich kann von solch einer Suche epischen Ausmaßes berichten. Als moderner Odysseus befehligte ich statt eines mäch- chilli: Sie teilen sich ein Büro mit dem Popbeauftragen Tilo Buchholz. Wie läuft die Zusammenarbeit? chilli: Sie nennen sich eine Brückenbauerin. Wo sind die größten Gräben? chilli: Ein Graben ist die geforderte Freifläche im Dietenbachpark. Der Verein Clubkultur will dort ein Areal aufbauen. Der Frust ist nach zwei Jahren groß. Haben die Behörden wirklich einfach nur viel zu tun? chilli: Die fehlenden Freiflächen sehen Sie als lösbares Problem? Mühlbach: Ja.

Mühlbach: Gut läuft es! Wir sind noch am Auseinanderklamüsern, zu wem welche Themen gehören. Clubs, und Fragen der Stadtentwicklung sind eher bei mir. Er kümmert sich um Themen wie Bandförderung oder Proberaumlösungen. Wir machen gemeinsame Antrittsbesuche. Aber ich gehe natürlich auch alleine zu Kollektiven, Vereinen oder Clubs. Da es mir häufig darum geht, inhaltlich mit den Leuten zu reden, bin ich da eher nachmittags oder am frühen Abend zum Austausch.

Mühlbach: Ich glaube, die Problemzonen sind uns allen bewusst: Es fehlt an Räumen und Flächen, ein ganz drängendes Thema. Sobald irgendwo ein Stück Land frei ist, kommen Unmengen Interessierte, das ist komplex. Beim Brückenbauen braucht es Übersetzungsleistungen. Warum gehen beispielsweise Prozesse so lange? An den meisten Prozessen sind unglaublich viele Akteur·innen beteiligt, auch auf Ämterseite. Wenn man das erklärt, ist es schon sehr hilfreich.

Mühlbach: Der Frust ist einerseits verständlich, andererseits ist das auch einfach ein großes Unterfangen und wir sind da auf einem guten Weg. Der Bedarf für die Fläche wird von der Stadt gesehen.

Die K Che Ist Nicht Genug

tigen Schiffes aber einzig ein quietschendes Cityrad. Während mein antiker Leidensgenosse Unholden wie dem einäugigen Zyklopen entgegentrat, nahm ich es mit der üblen Gattung der mitunter vieräugigen WG-Mitbewerber·innen auf. Auch Sirenen wollten mich mit Verheißungen zu sich locken, Verbindungen nannten die sich. Nach langen Reisen erreichte ich mein Ithaka: Ein 16-Quadratmer-Zimmer unterm Dach. Bei der Zusammenkunft der Geschichtenerzähler·innen an Bar/Frühstückstisch müssen

KOLUMNE auch jene Gehör finden, die ein Zimmer weitergeben möchten. Dieses Unterfangen wurde für mich zu „Die Odyssee Episode Zwei – Die Küche ist nicht genug“. In der Stadt der raren WG-Zimmer war das ein Kritikpunkt potenzieller Nachmieter: die kleine Küche. Peu à peu gab ich fünf Leuten eine Zusage fürs Zimmer – vier sagten ab. Ich befürchte, dass ich mit meiner Erzählung als Lügner gebrandmarkt werde. Vielleicht glauben mir ja die Schnapsleichen am Bierpong-Tisch.

Pascal Lienhard

chilli: Mit welchem Sound wollen Sie das angehen? Als Megafon oder als die leise Vermittlerin hinter den Kulissen?

Mühlbach: So habe ich noch nie über mich nachgedacht. Ich glaube, dass ich in kleinen Runden mehr bewirken kann. Das Interview hier ist ja wiederum das Megafon. Man muss in jeder Situation das probate Mittel ergreifen.

chilli: Sie sollen Ansprechpartnerin sein. Was wurde bisher an Sie herangetragen?

Mühlbach: Häufig gehts um das Vermitteln bei Gastrofreiflächen. Bei Konflikten mit Ämtern und Clubs muss ich mich erst auf den aktuellen Stand bringen, gerade wenn das schon jahrelange Konflikte sind. Ich habe den Eindruck, dass es wichtig ist, dass einfach jemand da ist, der die krasse Arbeit in der Nachtkultur würdigt und wertschätzt, die häufig auch ehrenamtlich läuft. Da stecken teilweise ganze Lebensentwürfe und Lebensträume dahinter.

chilli: Sind Sie wie andere Nachtbürgermeister eigentlich auch nachts im Dienst?

Mühlbach: Ich habe keine ordnungspolitische Funktion. Ich gehe nicht Streife nachts. Ich schaue aber in Clubs und bei Veranstaltungen vorbei. Aber ich habe auch einen laufenden Bürojob. Ich bin oft um halb 9, 9 im Büro – morgens. (lacht) chilli: Also eher Team Frühaufsteherin? chilli: Im Seepark ging es im Sommer hoch her zu später Stunde. Wie stehen Sie zu einem Bluetooth-Box-Verbot? chilli: Ein weiterer Tiefpunkt war das Aus des Spätis 2021 an der Egonstraße. Wie bewerten Sie das? chilli: Was wäre eine schöne Bilanz am Ende Ihres Zweijahresvertrags?

Mühlbach: Nee, ich bin eher eine Eule. Aber notgedrungen bin ich öfter mal früher im Büro.

Mühlbach: Das finde ich komplex. Die Anwohner·innen haben ein Schutzbedürfnis, das muss gewahrt werden. Auf der anderen Seite brauchen wir öffentlichen Raum, an dem informell zusammengekommen werden kann. Deswegen ist es wichtig Alternativen zu schaffen, wie etwa im Eschholzpark. Orte, an denen der Störfaktor nicht so hoch ist.

Mühlbach: Zu der Zeit gab es meine Stelle noch nicht, aber aus meiner Perspektive schien das tatsächlich ein geradezu unlösbarer Konflikt. Was wir brauchen, ist eine Dezentralisierung des Feierns, um die Hot Spots und die Menschen vor Ort zu entlasten. Wahrscheinlich wäre die Antwort, dass es mehr Spätis braucht. Und nicht, dass es gar keinen gibt.

Mühlbach: Eine schöne Bilanz wäre tatsächlich, dass der Verein Clubkultur mit seiner Straßenbahn (Red: ausgemustert von der VAG und vom Verein für ein noch zu findendes Partyareal erstanden) gut untergekommen sind. Schön wäre auch, wenn sich mehr Clubs antirassistisch und feministisch schulen lassen. Und toll wäre, wenn wir es schaffen, neuen Orten in Freiburg Chancen zu geben und da, wo es jetzt gerade schwierig ist zwischen Anwohner·innen und Betreiber·innen, produktiv zu vermitteln.

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