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EISHOCKEY
NEUE AM SONNTAG 1. SEPTEMBER 2013
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NEUE AM SONNTAG 1. SEPTEMBER 2013
INTERVIEW
„Es war schon ein kleiner Kulturschock“ Bulldogs-Coach Dave MacQueen und Geschäftsführer Alexander Kutzer sprechen im Interview über die neue Saison, die Probleme bei der Kaderzusammenstellung und Autos mit Gangschaltung. ie Sommerpause ist vorbei, bald geht es wieder los. Ein Zeitpunkt, auf den Sie beide hingearbeitet haben. Wie streng war der Sommer? ALEXANDER KUTZER: Es ist die wichtigste Zeit der Saison. Wenn bei der Kaderplanung fehler passieren, dann müssen wir das ganze Jahr damit leben. Wir haben viel gearbeitet und oft telefoniert. DAVE MACQUEEN: Per Skype haben wir uns eigentlich täglich unterhalten. KUTZER: Wir hatten Monate mit einer Telefonrechnung von über 1000 Euro. Aber ich glaube, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Worin unterscheidet sich die Mannschaft zum Team der vergangenen Spielzeit? MACQUEEN: Wir spielen schneller. Und der Kader ist breiter geworden. Vor einem Jahr musste alles sehr schnell gehen, dieses Mal hatten wir mehr Zeit für die Kaderplanung. Jetzt habe ich mehr Alternativen, kann jemanden auch einmal rausnehmen, wenn es nicht so läuft. KUTZER: Das war am Freitag (4:3-Sieg gegen Schwenningen, Anm.) gut zu sehen. Einige Spieler wurden geschont, trotzdem konnten wir gewinnen. MACQUEEN: Eishockey ist ein harter Sport. Niemand kann die ganze Saison durch seine volle Leistung abrufen. Jetzt können wir variieren. Das war vergangene Saison oft ein Problem. Manche Spieler hatten unglaublich viel Eiszeit. MACQUEEN: Magnan, Printz oder D‘Aversa waren meist
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bis zu 30 Minuten pro Spiel auf dem Eis. Das war zuviel. Durch die Breite des Kaders reicht es, wenn solche Spieler 22, 23 Minuten spielen und so mit der Energie über die ganze Saison besser haushalten können. Auch auf den Stürmern lastete viel Druck. Wenn Aquino und Kozek nicht getroffen haben, dann haben wir verloren. Nun sind mehr Spieler im Kader, die ein Spiel entscheiden können. Ein weiteres Problem war die Auswärtsschwäche. 24 Punkten zu Hause standen neun Auswärtspunkte gegenüber. MACQUEEN: Das ist zu wenig, das muss sich ändern. Hier gilt es, mental besser zu werden. Es ist aber auch eine organisatorische Frage. Der neue Spielplan kommt uns da sicher entgegen. Im Grunddurchgang hat Ihr Team die zweitmeisten Gegentore kassiert. Hat sich auch hier etwas getan? MACQUEEN: Allerdings. Unsere Abwehr ist breiter aufgestellt, wir haben größere Spieler geholt. Alles in allem klingt das, als wäre die Mannschaft besser als letzte Saison. MACQUEEN: Ja, das war ja das Ziel. Und das bei gleichem Budget. Ist es schwierig, Spieler nach Dornbirn zu lotsen? KUTZER: Das geht eigentlich. Die harte Zeit ist davor. Wenn man zum ersten Mal einen Namen hört, dauert es drei, vier Wochen, bis die Kontaktaufnahme stattfindet. Das ist viel Arbeit. Man
Das Führungsduo des Dornbirner EC zeigte sich beim gemeinsamen Frühstück sehr gut gelaunt. BEATE RHOMBERG
informiert sich bei ehemaligen Trainern und Mitspielern und versucht herauszufinden, ob er zu uns passt. Dann nimmt man Kontakt mit dem Agenten auf und erklärt ihm, wo Dornbirn überhaupt liegt. MACQUEEN: Der sagt dann einen Preis den wir uns unmöglich leisten können. Und da denke ich mir anschließend: Warum hast du das nicht vor drei Wochen gesagt (lacht). Aber bei manchen klappt es dann doch. Und die gilt es dann zu integrieren. Wie geht es Nordamerikanern, die zum ersten Mal in Europa sind? MACQUEEN: Bei mir war das
schon ein kleiner Kulturschock. Es ist ein großer Vorteil, dass hier beinahe jeder Englisch kann. Wir versuchen, den Spielern schön möglichst viel Informationen zukommen zu lassen, bevor sie ankommen. KUTZER: Sie bekommen ein Infoblatt, auf dem zum Beispiel steht, dass wir hier drei verschiedene Arten Müll haben (lacht). Auch Informationen bezüglich Arbeitserlaubnis und Versicherungen bekommen sie davor. Und Fahrstunden für Autos mit Gangschaltung? KUTZER: (lacht) Also wir haben einen in der Mannschaft, der kapiert es einfach nicht. Gott sei Dank kann er wenigstens Eisho-
ckey spielen. Namen nenne ich aber keinen. Keine Fahrstunden für den armen Kerl? KUTZER: Ich habe es schon vielen Spielern beigebracht, auch Spielerfrauen haben es bei mir gelernt. Aber bei dem klappt das nicht. Damals, beim Autohändler, wurde ihm das Auto übergeben und ich bin losgefahren. Nach zehn Minuten rief mich der Händler an. Der Spieler sei immer noch auf dem Parkplatz. Ich bin also zurück und er sagte etwas ratlos zu mir: „Ich kann mit diesem Auto nicht fahren.“ Gab es sonst auch einmal Verständigungsprobleme? MACQUEEN: Einmal bin ich mit Blumen anstatt Zucker vom Su-
permarkt nach Hause gekommen. KUTZER: (lacht) Und dann gab es Kaffee mit Milch und Blumen? MACQUEEN: Jaja, solche Probleme gibt es eben. Aber ansonsten ist nicht viel Unterschied. Die Menschen sind mehrheitlich hilfsbereit und freundlich. Das Essen ist ähnlich. Was mir auffällt: Hier sind viel mehr Menschen draußen unterwegs, gehen Rad fahren und wandern. Meine größte Angst war die Sprache, aber langsam kann ich sogar schon ein paar Worte Deutsch. Da will ich mich allerdings noch verbessern. Verbessern soll sich auch die Infrastruktur in Dornbirn, oder? KUTZER: Das ist das Um und Auf.
EBELCountdown
noch 6 Tage Wir haben einen Fünfjahresplan, den wir umsetzen wollen. Erst wenn das passt, können wir über Tabellenplätze reden. MACQUEEN: Wir wollen zu den professionellsten Teams der Liga gehören. Wenn das Umfeld passt, kommen die Spieler gerne zu uns und der Erfolg stellt sich früher oder später ein. Aber die Erwartungshaltung ist schon größer als letztes Jahr. Spüren Sie da gar keinen Druck? MACQUEEN: Der einzige Druck, den ich spüre, ist der, den ich mir selbst auferlege. Ansonsten nicht. Die Erwartungen sind höher, und niemand hat höhere als ich selbst. Aber wir müssen realistisch bleiben. Wenn man Innsbruck oder Graz sieht, alle haben sich verstärkt. KUTZER: Wichtig ist, dass die Fans sehen, wie hart wir arbeiten. Punkte und Siege sind nicht alles. Vergangene Saison hatten wir beim letzten Spiel die meisten Zuschauer und bekamen trotz einer Niederlage stehende Ovationen. Ich denke, unsere Zuschauer wissen es richtig einzuschätzen. Aber trotzdem: Ein Ziel müssen Sie doch haben? MACQUEEN: Klar, wir wollen gewinnen. Und zwar immer. Aber ob es klappt, sehen wir dann. Wer sind denn die großen Favoriten auf den Titel? MACQUEEN: Wien, Salzburg, KAC, Villach ... KUTZER: Villach hatte letztes Jahr schon eine starke Truppe. Die haben sich nur punktuell verstärkt, sind also eingespielt. Dadurch haben sie einen großen Startvorteil. Also gleich ein harter Brocken zum Auftakt. MACQUEEN: Ja, aber wir werden bereit sein. Wir kennen die Gegner jetzt, nicht so wie letztes Jahr. Wir haben die Chance. Wie hoch sehen Sie die Chancen auf einen Play-off-Einzug? MACQUEEN: Fragen Sie mich das in einem Monat, dann gibt es eine Antwort. INTERVIEW: MICHAEL PROCK UND BEAT SCHÖN
9/6/2013 12:33:28 PM