Auf der Brücke zur Moderne - Basels erster Film als Panorama der Belle Epoque

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Hansmartin Siegrist

Basels erster Film als Panorama der Belle Epoque

Auf der BrĂźcke zur Moderne

Christoph Merian Verlag


Auf der Brßcke zur Moderne Basels erster Film als Panorama der Belle Époque


Das Rad der Fortuna am Basler MĂźnster (um 1220)


Hansmartin Siegrist

Auf der Brßcke zur Moderne Basels erster Film als Panorama der Belle Époque

Christoph Merian Verlag


Vorwort: Die Brücke zum Film

Am Anfang ist das Rad. Es dreht das Bild der Welt von oben nach unten und von unten nach oben. Sein Mechanismus ist unsichtbar. Ein ebenfalls unsichtbar installiertes Läuten unterschiedlicher Glocken begleitet und dramatisiert seine Bewegung. Alles ist Bild und Sinnbild zugleich. So berichtet der Mönch Alberich von Dol im 12. Jahrhundert über ein in der Kirche des Benediktinerklosters im normannischen ­Fécamp aufgestelltes tönendes Rad, das er für ein Sinnbild der Vergänglichkeit und Vergeblichkeit menschlichen Tuns hält. Ein Klosterbruder jedoch belehrt ihn, es handle sich im Gegenteil um ein Sinnbild für das unvorhersehbare Walten der Fortuna und diene den Brüdern damit zur Warnung vor dem Leben in der Welt, dessen Bild das Rad damit zugleich sei. Das Rad von Fécamp mit seinem unsichtbaren Mechanismus war aber nicht nur Bild der von der Bewegung der Fortuna beherrschten Welt, sondern auch eine Allusion jener allmählich immer mehr Kirchen Westeuropas schmückenden grossen Fensterrosen, deren vermeintliche Bewegung durch jene Kurbeldrehung ausgelöst wurde, die nicht weniger unsichtbar war als der Mechanismus von Fécamp: der ‹ Kurbel Gottes  › als dem genuinen Beweger der Welt. Dass beide – Rosettenfenster und mechanisches Fortunarad – aufeinander Bezug nahmen, zeigt übrigens schon bald das berühmte Baumeisterbuch des Villard de Honnecourt aus dem 13. Jahrhundert, in dem Fensterrose und mechanisches Rad in einem Bild vereinigt sind. Damit wird das Bild des Rades aber zu einem Bedeutungsbild über die eigene Funktion und seine Funktionsweise – zu einem Bild des Wissens. Als Wissensträger und zugleich Mechanismus von Anschauung und Wissen nimmt es nun immer schneller Fahrt auf. So zeigt das Maschinenbuch des Agostino Ramelli von 1588 die Konstruktion eines Bücherrades, das den Leser mit acht Bücherpulten beglückt, die ihm über das Drehen einer Kurbel vor Augen ge-

führt werden. Auch das Bücherrad ist somit ein Bild der Welt, nämlich des unaufhörlich im Kontext der Renaissance wachsenden Wissens über sie. Höhepunkt dieser Art von Rädern, die über unsichtbare Mechanismen ‹Welt  › zeigen, vorspielen oder suggerieren, war der berühmte ‹ Proteus  › des Athanasius Kircher von 1646. Hier projizierte der Jesuit dem in eine dunkle Kammer blickenden Betrachter über eine doppelte und belichtete Spiegelung eine Reihe von unterschiedlichen Fabelwesen auf einen dem Blickfenster gegenüberliegenden Spiegel. Die Bildmotive wurden über eine Trommel bewegt und lösten damit einander «wie durch Zauberhand» ab. Es entstand damit eine Bildbewegung, die zwar noch kein bewegtes Bild war, aber den Reiz des Wechsels mit der Projektion aus dem Unsichtbaren vereinte – also ganz auf Überraschung zu setzen vermochte. Kirchers Bildmagie – auch als «Metamorphosenkammer» bezeichnet – war an sich nichts anderes als eine besondere Inszenierung des Prinzips der Camera obscura – also der Bildeffekte des Lichteinfalls in eine ‹ dunkle Kammer  ›. Die Illusionskünstler des Barock versuchten diese Möglichkeiten auch für andere Effekte zu nutzen, indem sie mehrere Projektionen nebeneinander setzten und damit schon erste Bewegungen im Bild vortäuschten oder mit Farbeffekten aufwarteten. Diese spielerisch-magischen Inszenierungen führten schliesslich zum ersten massentauglichen, auf Licht- und Bildeffekten beruhenden Illusionstheater: der ‹ Laterna ­Magica  ›. Hier wurde durch ‹ Nebelbilder  › einem n ­ un schon innerhalb der ‹ dunklen Kammer  › versammelten Publikum die Illusion von Bewegungen, also Bildveränderungen innerhalb eines Zeitrahmens vorgespielt. Alle diese Bildillusionen jenseits des Kircherschen ‹ Proteus  › innerhalb oder ausserhalb der ‹ dunklen Kammer  › beruhten jedoch auf dem Prinzip der Bildtäuschung durch perspektivische Tricks, wie sie seit der Entdeckung der Anamorphose und der in


Vorwort: Die Brücke zum Film

und mit ihr vorliegenden Weiterentwicklung der perspektivischen Illusion möglich wurden. Mario Praz bezeichnet die Anamorphose als eine bildliche Metamorphose und ordnet sie in den barocken Kosmos der Lust an Täuschungen, Verkleidungen und Maskierungen ein. Damit wäre auch die Laterna Magica noch ein spätes Produkt dieser vorindustriellen Spiellust mit den Reizen der Optik. Dennoch darf man die Freude der Filmkunst an diesen späten, zuweilen verblüffend kompletten illusionistischen, ‹ bewegten  › Bildern nicht ausser Acht lassen. Der empathische Blick der Kunst übertrifft zuweilen den analytischen Blick der Wissenschaft. So lässt Jean Renoir in seiner grossartigen ‹ La règle du jeu  › (‹ Die Spielregel  ›, 1939), einem Meisterwerk zwischen allen Stühlen, eine lange Sequenz für die vor- und frühtechnischen Automaten des «Gastgebers und Hausherrn» seines Drehortes in einem irrwitzigen Totentanz aus dem Projektor einer Laterna Magica enden. Damit findet er nicht nur ein vorausweisendes Symbol für das düstere Ende seiner Tragikomödie sowie den im Film vorausgespiegelten Untergang der Zivilisation, sondern auf filmhistorischer Ebene zugleich die Möglichkeit der Reverenz gegenüber einer Tradition bewegter Bildlichkeit, die Vormoderne und Moderne eng miteinander verbindet. Damit aber sind wir beim Phänomen der Brücke, dem Konstrukt der Moderne und der Frage nach den Wegen in die Moderne angelangt. Oder mit anderen Worten: Wir schlagen den vorliegenden Band über den ersten Film in Basel auf und entdecken, dass es nicht nur um die Metaphorik der Brücke geht, sondern auch um die Brücke als Baukörper, als Filmmotiv und als ­sozialen Ort sowie um die Frage, inwieweit ein früher phänomenologischer Filmblick auf einen symbolischen Ort in Basel (aufgenommen am Montag, dem 28. September 1896) zugleich eine Brücke in die Moderne darstellt.

Zunächst ist aber doch festzuhalten, dass die Rekonstruktion von Film, Blicken, Personen, Personengruppen im Film, Akteuren und Unternehmern um den Film herum und nicht zuletzt der Inszenierung eines vermeintlich einfachen Wahrnehmungsmoments sowie der technischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Folgen eines – je nach Vorführgeschwindigkeit, also Kurbelzeit – zwischen 50 und 60 Sekunden langen Filmes ein kleines Wunder an sorgfältiger Analyse darstellt. Der vermeintlich kleine Film wird auf diese Weise zur Kurbelachse der Geschichtsrolle Basels um 1900. Aber eben diese pointierte und kluge Beobachtung der vorliegenden Filmanalyse bringt uns noch einmal zurück zur Rolle des Rades und seiner symbolischen und technischen Funktion als Beweger von Bildern und Geschichte. Wir hatten erkannt, dass die barocken Projektionsweisen und ihr geschichtlicher Höhepunkt im Kontext der Laterna Magica als Derivate der Anamorphose zu verstehen sind. Sie alle kreisen um das Phänomen des Verschiebespiels mit der Zentralperspektive. Der von Hansmartin Siegrist und seinem Team untersuchte Baselfilm schliesst jedoch an das illusionäre Potential des Rades an. Wie das Rad der Fortuna basiert er auf dem Prinzip der Kreisbewegung, ausgelöst durch eine imaginäre (im Film und in der Rose unsichtbare) Kurbel sowie der Allusion des Lichtes in den grossen Fensterrosen der mittelalterlichen Kathedralen, so auch des Basler Münsters. Dort täuscht die vermeintliche Bewegung des Sonnenlichts ein Bewegungsspiel aus Schatten, Licht und Farben im dunklen Raum der Kathedrale vor, bewegt von der unsichtbaren Hand Gottes, hier ist es die mimetische Kurbelbewegung des Operateurs, die aus Einzelbildern die Täuschung des bewegten Bildes hervorbringt. Die technische, ökonomische und kulturelle Umrahmung dieses Wunders aus Licht und gemessener Geschwindigkeit – so zeigt die vorliegende Studie – erhebt den Film zur Metapher


Vorwort: Die Brücke zum Film

der Moderne. Es ist deren Vieldeutigkeit und Repräsentationslust, der er wie kein anderes Medium entspricht. Ihre Vieldeutigkeit und die ihr eigentümliche «Neuverhandlung von Wirklichkeit», wie es nachdrücklich heisst, findet im Film die passende massenmediale Entsprechung. Das Rad der Fortuna, das im Film eine neue technische Variante aus Licht, Illusion und Bewegung gefunden hat, warnt somit auch hier, inmitten der ‹ Black Box  › einer nicht dingfest zu machenden Pseudoepoche, die sich «Moderne» nennen wird, vor der Unkalkulierbarkeit ‹ der Welt  ›. Achatz von Müller

Achatz von Müller ist emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Basel und Codirektor des ‹ Zentrums für Theorie und Geschichte der Moderne › an der Leuphana Universität in Kooperation mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung.


Das Fortuna-Fenster in Jacob Burckhardts ‹ Beschreibung der Münsterkirche und ihrer Merkwürdigkeiten in Basel › (1842)


Das neue Medium – zum Geistern oder Begeistern?. . . 18 Keine Geschichte?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Der Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1

Gesamtschau eines Augenblicks – der Ausschnitt als Achtel-Panorama

1.1 1.2 1.3

Rendez-vous. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Weitung als Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 ‘Close reading’ eines Fragments: Heraus-, nicht Hineinlesen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1.4 Zusammen-Spiel-Film. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1.5 Aufnehmen, Vervielfältigen und Vorführen: Ein Apparat zum Einstellen, Feststellen und Ausstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1.6 Distanzen und Instanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1.7 Dramatis Personae – oder die Suche nach sechs Personen als Regisseur. . 100 1.8 ‘Supporting Cast’. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1.9 Die Rheinbrücke als Bühnen- und Konfliktraum. . . . . . 108 1.10 Brücken zur Moderne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1.11 Brückenschläge zwischen Ort und Räumen. . . . . . . . . 113 1.12 Basel 1896 ‘A Tale of two Cities’: Eine Geschichte aus zwei Städten – oder der Stadtstaat mit zwei Geschichten. . . . . . . . . . . 113 1.13 Vom Machtzirkel zum nostalgischen Gesellschaftsbruderkreis: Die Basler Korporationen um 1896. . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1.14 ‹ Haus der Harmonie  › – oder doch eher ‹ Café Spitz  ›?. . 122 1.15 Brücke oder Mauern? Der grosse Spagat des Achilles Lotz. . . . . . . . . . . . . . . 124 1.16 Nicht im Bild und dennoch da. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1.17 “The past is a foreign country; they do things differently there”. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1.18 Der Langzeitnutzen von Wetterserien –  und von Zigarrenrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1.19 Wie lange dauert nun der Film tatsächlich? . . . . . . . . . 128 1.20 Ein Glücksfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

2 2.1 2.2 2.3

2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

Opérateur Constant Girel: zur rechten Zeit am rechten Ort Kamera läuft! Ein neuer Apparat inszeniert sich und die Welt.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Der Cinématographe als Karriere-Chance . . . . . . . . . . 133 Wie die Operateure damals ans Filmen gingen: Teilnehmendes Beobachten hinter dem buchstäblichen Stativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 ‘Smooth operator’: Der Novize bewährt sich.. . . . . . . . 134 Exkurs: Zwei bewegte Ansichten –  und Girel und Promio dahinter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Zwischenstation Basel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Lokaltermin alte Rheinbrücke, Montag 28. September 1896 – und was gleich nachher geschah . . . . . . . . . . . . . 141 Der Mann, der in Japan die Kinematografie einführte.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

3.4 3.5

3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15 3.16 3.17 3.18 3.19 3.20 3.21 3.22 3.23 3.24 3.25 3.26 3.27 3.28 3.29 3.30 3.31 3.32 3.33

4

Der schräge Patron: Achilles Lotz-Trueb VI.

4.1

Die Lyon–Basel–Connection: Affinitäten der Seidenstädte zur Kinematografie? . . . . 230 Von der Seidenbändel- zur Chemiestadt Basel . . . . . . 236 Traditionsgewerbe versus innovative Industrie: 400 Jahre Färbereiwesen in Basel –  sieben Generationen Seidenfärber Lotz . . . . . . . . . . . . 237 Das Färber- und das Fotografenauge . . . . . . . . . . . . . . 242 Das Versilbern von Zelluloid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Vom schmauchenden Schwarzpulver zum transparenten Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Drei Generationen ‹ Seidenfärberei Friedrich Lotz  ›: schnelles industrielles Wachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Kleinbasler Färbereialltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Lotz an der Landesausstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Erblasten im Lotz-Areal: Ein Baudenkmal auf Sondermüll . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Geld und Steuern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Hausfreund Speiser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Würde und Bürde der Vorfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Kleinbasler Biergeschichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

4.2 4.3

4.4 4.5 4.6 4.7

3

Der Rastlose: François-Henri Lavanchy-Clarke

3.1

Der Produzent als Schausteller: Lavanchy-Clarkes Basler Vorführungen . . . . . . . . . . . . 148 Ein Leben im Superlativ: «Ein Mann wie eine Lawine» . 153 Die Aufhebung des Moments: Lavanchy-Clarke und die Chronofotografie. . . . . . . . . . 154

3.2 3.3

Lavanchy, streitbares Bindeglied zwischen Demenÿ, Stollwerck und Lumière. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Méliès und Lumière zwischen Industrie und globalem Entertainment: Bild-Kunst-Schau-Gewerbe vor Ort oder internationaler Konzern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Patentkriege um Distinktion und Erfinderglorie . . . . . . 165 Von den Weiten des Lac Léman auf Basels frommen Hügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 “But his heart was always for the cause of the blind”. . . 170 Auszug nach Ägypten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Aus Ali wird Samuel – oder die traurige Geschichte einer fremdgeplanten Berufung. . . . . . . . . 172 ‘Follow the Money’  – oder die lawinenartige Akkumulation von Lavanchys Kapital . . . . . . . . . . . . . . 175 Ein gründerzeitlicher Enthusiast stiftet dynastische Lichtkunst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Lavanchys Expo-Filme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Wie Lavanchy-Clarke an die Genfer Landesausstellung kam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Das Luftschloss auf der Brache: Ein Feenpalast in der Calvinstadt. . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Mediale Einbettung als Programm. . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Das Forum wird zur Arena: Vorhaltungen und Abrechnungen um den ‹ Parc de plaisance  › . . . . . . . . . 189 Alles auf dem letzten Drücker: Le ‹ Café égyptien  › . . . 191 Der Calvinist als Zuhälter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Proteste zuhauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Mein Seifenreich von dieser Welt: William Hesketh Lever und François-Henri Lavanchy-Clarke . . . . . . . . . 197 Qualitätsseife für die Massen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Lavanchy-Clarke als Industrieller: Zwischen Liverpool – Port Sunlight und Olten – Tannwald. . . . . . 202 “You are no longer the W. H. Lever whom I knew, admired, esteemed”. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Verstrickt in den eigenen Netzwerken: Lavanchys Loyalitätskonflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 «Für die verhängnisvolle Trägheit der Natur ist schlechterdings kein Raum.». . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Kampagnen im Aargau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Hochadel für die Massen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Gottes Feuerstrafe für Teufelstrug?. . . . . . . . . . . . . . . . 218 Lavanchy-Clarke und die Erfindung der Filmregie. . . . 219 Prinzipien der Inszenierungen à la Lavanchy-Clarke. . . 222 Bewegtbildfotografie 1896 –  eine schnell verhallte Sensation. . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Ein neues Medium – eine neue Sprache?. . . . . . . . . . . 226

4.8 4.9 4.10 4.11 4.12 4.13 4.14


4.15 4.16

Der Kleinbasler Bierfilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Ein Panorama auf der Brücke: Johann Rudolf Weiss’ ‹Vogel Gryff   ›. . . . . . . . . . . . . . . . 266 4.17 Herr Lotz macht sich rar: Ein sehr leibhaftes Phantom?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4.18 Ein spätes Heureka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 4.19 Lotzenzorn – eine streitbare Dynastie. . . . . . . . . . . . . . 280 4.20 ‹ Chronique scandaleuse  › eines Gesellschaftsbruderkriegs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 4.21 Das Drama in unzähligen Akten – zum Querlesen. . . . 287 4.22 Die Leibkapelle von Lotz und Lavanchy. . . . . . . . . . . . . 293 4.23 Lotz’ frühste Rehabilitation –  durch eine Grossbasler Fasnachtsclique . . . . . . . . . . . 294 4.24 Wer filmt was? Die Ausschnittwahl, ein schöner Kompromiss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 4.25 Wo Lavanchy Chef bleibt: Die Aufnahmeregie. . . . . . . 297 4.26 Das Private und das Öffentlich-Repräsentative –  kein Widerspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 4.27 Abstammung und Verwandtschaftsbeziehungen von Achilles Lotz-Trueb VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 4.28 Die sechs Inszenierungen des Achilles Lotz. . . . . . . . . 304 4.29 Die Katalogisierung von ‹ Lumière 308 Bâle: Pont sur le Rhin  › . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

5

Der Kinomissionar: Joseph Alexis ‹Abbé  › Joye, SJ

5.1 5.2

Introitus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Sichtbar ‘undercover ’: Ein Jesuit im reformierten Basel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Grosses Kino vor dem Kino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Ein riskanter Auftritt?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Klassisch jesuitischer Bildzauber: Die Diavorträge des ‹Abbé  › Joye. . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Vita hyperactiva. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Vier Parallelen – oder Überkreuzungen?. . . . . . . . . . . . 332

5.3 5.4 5.5 5.6 5.7

6

6.1 6.2

6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12

6.13

Zwei Dandies auf alten und neuen Bühnen der Schweizer Kunst: Eduard Hagenbach jr. und Emil Beurmann – oder: Der Ausschnitt wird Panorama . Kultur-Agenten auch in eigener Sache . . . . . . . . . . . . . 340 Kostümierter Erfolg: «Jedes Wort war verständlich und auf jedem Worte ruhte ein Accent, der aus dem Herzen kam und es darum zum Herzen dringen machte».. . . . 341 Seilschaften und Strippenzieher: Beurmann kommt an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 ‹ Zofingia  ›: Elite mit ‹ Cerevis-Couleur  › und Bierzipfel. 348 ‹ Gaudeamus igitur›: Ein ‹ Zofinger  › -Treffen auf der Rheinbrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Fest-Spiel-Züge: «Bei uns muss Alles, Alles auf die Bühne, und alles muss costümiert sein!» . . . . . . . . 352 Basel in Strumpfhosen –  die Festspiele von 1892 und 1901 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Eckdaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 (Non) plus ultra: Die Bundesfeier 1901. . . . . . . . . . . . . . 359 Zwinglis Blick auf die erfundene Folklore von seiner Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 BBB ade: Das Basel von Burckhardt und Böcklin. . . . 362 «Alles ist ja nicht preisenswerth, aber wissen muss man es bis zu einem gewissen Grade doch» –  Jacob Burckhardt und Basel im Herbst 1896 . . . . . . . . 363 Vom vergoldeten Zeitalter zum Jahrhundert der Ideologien – die Rückwärtsutopie des Historismus. . . 364

6.14 6.15 6.16 6.17 6.18 6.19

6.20 6.21

6.22 6.23 6.24 6.25 6.26 6.27 6.28 6.29 6.30 6.31

Die Fotografie, ein ‘Freeze Frame’?. . . . . . . . . . . . . . . . 365 Der Festspiel-Tambour im neuen Parlamentssaal . . . . 366 Posieren zwischen Zeigen und Erzählen: Das ‹Tableau vivant  › im frühsten Film. . . . . . . . . . . . . . 367 Fotografie und Dekorationsmalerei: Kaschierte Grenzlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Das Konstrukt einer historischen Authentizität als Fetisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 ‹ Chronophotogénie  › – die Kompensation des Natürlichkeitsmangels im Anspruch einer ‹ nature prise sur le vif  › . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Die Giesskanne, der Hund und die Pferde . . . . . . . . . . 372 Paradigmenwechsel an der Landesausstellung: «Ah! si Hodler voulait communier moins souvent avec l’infini !». . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Lavanchy inszeniert ein bewegtes Massenporträt der Schweizer Künstler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Neudatierung des Drehtags: Wetterpech als Analyseglück. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Systematische Suche nach anwesenden Künstlern . . 376 Platzhirsch Hodler?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Das Dorf in der Stadt und der Berg im Tal: das ‹ Village suisse  ›. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Kulissenhorizont und ‹ faux-terrain ›: Gipfelsturm und Talfahrt des Panoramas . . . . . . . . . . . 387 Farewell panorama – bonjour cinéma . . . . . . . . . . . . . . 388 Eine neue Morgendämmerung am Kunsthorizont? . . . 389 Ein Basler Panorama-Pionier: Marquard Wochers Panorama der Stadt Thun. . . . . . . 390 Und noch einmal die Expo: Professor Hagenbach stellt den Basler Tag auf die Beine – und Lavanchy? . . . . . . 391

7

Abgänge mit Abgesängen

7.1

7.6

Abgedreht: Constant Girels kurze Karriere als Operateur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Abgewickelt: ‹ Sortie des ouvriers chez Lumière et CIBA ›. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Abgespult: Lavanchy-Clarkes Erfolgsmodell läuft aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Ausgestritten: Achilles Lotz – genealogische Klitterungen um Balken und Scherben . . . . . . . . . . . . . 399 Aufgeheiligt: ‹Abbé › Joye wird zum Apostel der Basler Katholiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Abgehängt: ‘The Picture of Emil Beurmann’. . . . . . . . 403

8

Fazit

8.1 8. 2

Apparat der Moderne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Medien-Präsens: Festgehaltene Gegenwart vor Ort als Logik eines epochalen ‹ Davor-Seins › . . . . . . . . . . . 409 Die Rekonstruktion: Wie Lumière 308 ‹ Bâle: Pont sur le Rhin › entstanden sein mag . . . . . . . . . . . . . . 411

7.2 7.3 7.4 7.5

8. 3

9 Anhang Raumsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleines Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliografie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dieses Buch handelt von einem beiläufigen Ereignis an ganz bestimmtem Ort und zu ganz bestimmtem Zeitpunkt. Es versucht zunächst, eine Momentaufnahme des Schweizer Fin-desiècle vom kurzfristigen Standort einer Filmkamera her zu deuten. Dies mit dem Ziel, das älteste Basler Filmdokument aus seinem Zusammenhang mit den epochalen und globalen Umwälzungen um 1900 heraus zu verstehen. Der Apparat, den der Lumière-Operateur auf der alten Rheinbrücke auf das Obere Kleinbasel richtete, war nur wenige Monate zuvor in Paris beim Publikum eingeführt worden – und kein halbes Jahr später führte der gleiche Kameramann den ‹Cinématographe › in Japan ein. Alle gefilmten Menschen auf Brücke und Leinwand betraten damit sehr früh das Zeitalter des bewegten Bildes – und diese Ära ist heute weniger abgeschlossen denn je. Das Buch verhandelt deshalb Brüche und Kontinuitäten – in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, vor allem aber in den Medien: Das Entstehungsjahr 1896 lässt sich unschwer als Angelpunkt zwischen Buch-, Foto- und Filmkultur reklamieren, und der Urheber dieses Films als Pionier der modernen Massenmedien. Es ist deshalb nicht nur unvermeidlich, sondern gewollt, wenn dieses Buch zwischen literarischen, filmischen und Internet-spezifischen Erzählmustern hin und her wechselt, aber auch zwischen den vielfältigsten Lese-Interessen. Dabei sollen uns die sechs Hauptakteure vor und hinter der Kamera durch die verschlungenen Geschichten führen. Die Übergänge zwischen den engen und weiten Horizonten von Lokal-, Medien- und Globalgeschichte werden bald ausgelotet, bald nur umrissen, in beiden Fällen aber mit Anekdotischem veranschaulicht und mit Hintergrundmaterialien vertieft. Die gestalterische Präsentation der Text- und Bildelemente soll hier die Navigation erleichtern. 15


Der Film mit der Katalognummer ‹Lumiere 308: Bâle – le pont sur le Rhin › steht im Wortsinn mitten auf der Brücke, was ihn zum Übersetzen befähigt: Zwischen lokalem Traditionsgewerbe und internationaler Grossindustrie, zwischen Kleinbasler Gesellschaftsbruderzwist und globalen Marketingkampagnen, aber auch zwischen lokalpatriotischen Festspielen und den Landes- bzw. Weltausstellungen der Belle Époque. Vor allem aber zeigt er eine Gesellschaft zwischen zwei diametral unterschiedlichen Blickrichtungen: Rückwärts Richtung Dynastie und Historismus, vorwärts Richtung Moderne mit all ihren Versprechungen und Unwägbarkeiten. Vielleicht bringt diese Fotografie vom Neubau der Basler Rheinbrücke und des Kleinbasler Hintergrunds um 1902 dies alles auf das Bild: Sie zeigt den Standort des Lumière-Kameramannes als Abgrund – und Verheissung.


Das Ende der Alten Brücke –  mit Blick auf das obere Kleinbasel


0 Vorspann Das neue Medium –  zum Geistern oder Begeistern?

Shakespeares ‹ Sturm › und Wagners ‹ Nibelungen › brausen uns aus diesem Dramentext entgegen. Ihm lauschten 1901 Tausende von Baslerinnen und Baslern vor einer Riesenbühne im Freien. Deklamiert – vielmehr der schlechten Akustik wegen herausgebrüllt – wurden diese Zeilen von einem Mitbürger in historischem Kostüm. Neun Jahre zuvor, im ersten Basler Festspiel, jenem zur Feier der Vereinigung von Klein- und Grossbasel, hatte der führende Politiker Paul Speiser den Festbericht unter K. A. Försters ungleich bescheideneres Motto zur Macht der Geschichte gestellt. Und nochmals bescheidener leuchtet uns heute der erste erhaltene Basler Film entgegen, aufgenommen mit einer Kamera aus dem Hause Lumière. Wie beiläufig ziehen Menschen an uns vorbei, die längst verstorben sind. Doch die Spur ihrer Bewegung hat sich erhalten – wir können ihr nachgehen. Für eine ungezwungenen Begegnung mit ‹ kleiner › Geschichte aus dem gerade noch ‹ alten › Basel, doch aufgezeichnet mit dem zukunftsmächtigen modernen Medienapparat Filmkamera. Damals wie heute wird Vergangenheit beschworen, verkörpert und medial festzuhalten versucht – zur Belustigung, zum tröstlichen Andenken oder sogar zur Warnung. Dabei würde es genügen, sie verstehen zu wollen. Seit der vergangenen Zeiten gedacht wird, waren diese alt, und gut war die alte Zeit stets jenen, die selber alt geworden waren. Um fatalen Nostalgien vorzubeugen zur angeblich guten alten Zeit des Vergoldeten Zeitalters um die vorletzte Jahrhundertwende, sei der konservative Basler Vater der Kunstgeschichte Jacob Burckhardt zitiert: Mit einigen erstaunlichen zukunftsoffenen Aussagen eines Mannes, der binnen Jahresfrist nach der ersten Filmerei vor Ort das Zeitliche segnen sollte. «Das Beste, was in Bildern steckt, Ist doch am Ende, was uns schmeckt.» (Brief an Robert Grüninger 22. August 1882, Briefe: 8: 71–74)

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Was vergangen, kehrt nicht wieder; aber ging es leuchtend nieder, leuchtets lange noch zurück. K. A. Försters

Seit der Photographie glaube ich nicht mehr an ein mögliches ­Verschwinden und Machtloswerden des Grossen. Jacob Burckhardt, Br X, 294

Möge sie [die Fotografie] in immer mächtigeren und vollkommeneren Methoden wirkend jeden hellen und lichten Tag ausnutzen! Sie kann der Zukunft dem Rückfall in die Barbarei entsagen helfen. Jacob Burckhardt, JBW 6, 542


Die Alten, die einst Basel füllten, die Toten alle stehen heut um uns, unsichtbar, aber sie sind da am Tag, für den auch sie gelebt. Nur Geister noch. Doch hier, voll roten Bluts, in Lebenskraft und Lust die Scharen, schau, mit starken Ellenbogen drängend sich zu dir hinan. Rudolf Wackernagel ‹ Festspiel zur Basler Bundesfeier › 1901, 68f.

Lassen wir doch jeder Epoche ihren Wert. Jacob Burckhadt 1843: ‹ Über Murillo – Die Kunst der Betrachtung ›


Keine Geschichte?

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Die Filmgeschichte beginnt fast ohne Filmgeschichten. Die frühen Filme wollen eher zeigen als erzählen. Erst ein Jahrzehnt nach der Pariser Präsentation des Lumière-‹ Cinématographe  › Ende 1895 kommen ortsfeste Kinos auf, als der Film erzählfähig geworden ist und seine Rollen länger, seine Technik besser und sein Publikum anspruchsvoller geworden sind. Vor allem aber kleben ab 1905 die Filmemacher immer häufiger ihre Einstellungen aneinander, um der Logik des Erzählens zu folgen: Das ‹ Es war einmal – und dann … und dann … und dann   › ersetzt das Prinzip des ‹ Hier sehen Sie!  ›. Aber trotz aller Kürze, trotz der Herrschaft von Zeigen und Repräsentieren und trotz – vermeintlicher – Spontaneität bergen die frühesten Filme starke Erzählkeime in sich: Bildzitate, Rätsel, kleine Showeinlagen und sehr viel Augenzwinkern zwischen den Menschen im Film, aber auch zum Publikum hin. ‹ Lumière 308 Bâle: Pont sur le Rhin  ›, der erste erhaltene Basler Film, entstand Ende September 1896 auf der Alten Rheinbrücke. Ihm sind die folgenden 440 Seiten gewidmet, und er verdient sie, denn er erwies sich als ein Glücksfall. Mehr als die allermeisten Filme aus dem Lumière-Katalog legt er nämlich zahllose Erzählfäden aus, die sein zeitgenössisches Publikum vor Ort zu verknüpfen wusste. Viele dieser Stränge lassen sich mit der erforderlichen Geduld noch heute rekonstruieren, verweben und schliesslich zum Flickenteppich verknüpfen. Wenn sich heute ein Basler Publikum den Film zum ersten Mal anschaut, erkennen die meisten darin nur ein interessantes, doch zufällig wirkendes Ensemble aus mehr oder weniger eiligen Passanten zwischen dem ‹ Café Spitz  ›, dem Käppelijoch und der Kamera: Knaben, die zur Kamera blicken und nicht zu wissen scheinen, was da abgeht, viele Männer in flachen, schwarzen Hüten und ein paar Frauen, eine Droschke und eine schwere Kutsche – kaum ein narratives Element.

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Warum fuchtelt dieser auffällige Herr mit hohem Hut so nervös aus seiner Droschke heraus? 2 Weshalb blickt dieser Junge so hilflos –  und jener so frech in die Kamera? 3 Wieso setzt sich dieser souverän posierende Schnauzträger mit Baslerhut so plötzlich in Bewegung? 4 Warum stellt sich dieser würdige Mann in Schwarz so knapp neben das Brückengeländer? 5 Wer ist dieser Dandy mit hoch aufgesetztem ‘Boater’? 6 Weshalb blickt dieser strenge Mann aus seiner Wartestellung heraus so finster zur Kamera? 7 Welchen Staub soll der Mann mit der Spritzkanne wegschwemmen, wenn es doch seit Tagen geregnet hat? 8 Wieso rennt dieser Rassehund ganz ohne Herrchen schnurstracks nach Kleinbasel? 1

Und wer steht überhaupt hinter dieser Kamera?


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Keine Geschichte?

Doch je öfter wir uns die rund 50 Sekunden die­ses Films anschauen, desto mehr (und meist amüsante Fragen) wirft er auf. Der Zuwachs an Entdeckungen und Erkenntnissen zwischen erstem, dann mehrfachem und schliesslich tausendfach wiederholtem Anschauen des Films ist enorm. Es ist dies der Abstand zwischen dem einfachen, dennoch medialen Erlebnis unter der Gnade des ersten Blicks und Baedekers (von Goethe geborgtem) Reiseführer-Motto: «Man sieht nur, was man weiss». Dann erst summieren sich Augenblicke zur Geschichtsfähigkeit.

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Der digital entleerte Schauplatz (Bildmontage)

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Der Film



Person Frame-Nr. Beschreibung Position / en im Bild bzw. Aktion Präsenz in Sekunden

P03 007 // 089106 Ehefrau Pauline Lotz-Trueb, Duttfrisur, wahrscheinlich in Trauerkleid mit Puffärmeln. Regenschirm in der rechten Hand. F01 als Rückenfigur in der Bildmitte, rechts von Stiefsohn PP02, Sohn 46 und Schwager 01. Geht energisch auf ihren Mann P67 zu, dem sie F49 knapp nach rechts ausweicht. Kreuzt F06 symmetrisch PP33 Burckhardt-Finsler und 38 Schwägerin Sara Luise PeyerLotz. 10s sichtbar, ist später noch punktuell Richtung Kleinbasel auszumachen: ganze Filmlänge präsent, doch stets nur von hinten. P37 007 // 089110 Paul Speiser junior: Eleganter Mann in hellem Anzug, Gilet und Krawatte. Dunkler Baslerhut, die rechte Hand in Westentasche. Wird von Portier (Hotel) oder Dienstmann (Bahn?) begleitet. Enger Pädagogia- und Zofingia-Bruder (aka ‹Lobesam›) von P50 Albert Lotz und P51 Karl Hagenbach. Ev. auch sein Bruder Felix oder sein Schwager Gedeon Karl Sarasin-Speiser. Geht auf linker Trambahn. Rechte Hand an Taille, spricht mit Portier P39 neben ihm. Exit rechts 67. 4s

→ P03

→ P37

→ P38

P38 007 // 089110 Sarah Luise Peyer-Lotz in dunkler Bluse mit schwarzem Kragen. Dunkler Rock mit zwei schwarzen Schulterträgern, karierte Halbschürze. Auffällig ähnlich gekleidet wie ihre Mutter P59. Geht schnellen Schritts gleich neben dem linken Tramgeleise. Folgt exakt Hans Huber P40. Burckhardt-Finsler P33 geht links auf gleicher Höhe, rechts hinter ihr, im gleichen Tempo folgen PP38 und 39. Exit rechts F53. 3s

F007 25



1 Gesamtschau eines Augenblicks – der Ausschnitt als Achtels-Panorama


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Gesamtschau eines Augenblicks …

1.1 Rendez-vous Es sind nur 48 Sekunden, doch auch das ist nicht ganz sicher. Es sind 757, in ihrer Abfolge vollständig erhaltene Einzelbilder einer Vorführ­kopie. Doch wie viele dieser Fotogramme ursprünglich tatsächlich aufgenommen, kopiert und – mit welcher Geschwindigkeit auch immer – vorgeführt und dabei an Anfang und Ende der Rolle zerschlissen wurden, wissen wir nicht. Aber wir wissen, wer sie wo und wie aufgenommen hat. Nach vierjähriger Forschungsarbeit wissen wir auch, wann und warum dieser Film so und nicht anders entstanden ist. Wir können rekonstruieren, wer sich vor der damals modernsten Kamera in Szene setzte und wer dabei im Hintergrund stand. Dies ­alles ist nicht wenig – für einen der frühesten Filme überhaupt. Im erstem umfassenden Lumière-Katalog trägt der Film die Nummer 308 und den knappen Titel: ‹ Bâle: Pont sur le Rhin ›. Wir verkürzen fortan in der Regel diesen hundertfach zu zitierenden ­Titel auf B-PR und die darin auftretenden, namentlich die nicht identifizierten Personen definieren wir mit P308.000. Die Vergleichstitel aus dem Lumière-­ Repertoire markieren wir mit einem ☐ und referenzieren die Fotogramme mit F308.ABC. Das Ziel unserer Studie war es, alle einhergehenden Fragen so präzis wie möglich zu stellen und zu beantworten, diese knappe Minute also in das gesamte Umfeld ihrer Aufzeichnung zu stellen. Ein schmaler Ausschnitt in Zeit und Raum sollte sich zum Panorama des Lebens im Fin de Siècle von Basel, ja der Schweiz und über sie hinaus weiten. Die Studie will, pragmatisch und transdisziplinär, Mediengeschichte mit Mikro-Historie verbinden – unter undogma­tischer Nutzung der geeigneten Methoden der ‘Digital Humanities’. Sie will einen Beitrag zur Debatte leisten, ob der früheste Film – noch vor seiner Institutionalisierung am neuen, spezialisierten Vorführort ‹ Kino › – die Schwelle zu einer Bewegtbild-Kultur markiert, die sich heute ins Grenzenlose entfesselt hat. Ist dies die entscheidende Wegmarke zur Post-Kino-Epoche mit ihren aufnahme-, vervielfachungs- und distributionsfähigen Smartphones? Mit ihren Milliarden von Selfie-Movies und atemlosen Mash-up-Programmen? Und mit den minimalsten Aufmerksamkeitsspannen, jedoch auch mit den unglaublich schnell gewordenen Augen und Ohren ihrer ‘User’?

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Das erste Fotogramm 001

Das letzte Fotogramm 757

Dezember 1995: Der Film kehrt an seinen Schauplatz zurück


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Unsere systematische Beschäftigung mit diesem Film reicht indessen viel weiter zurück. Im Dezember 1995 hatten wir, d.h. eine Arbeitsgruppe aus unseren Filmseminaren und Basler Filmproduktionsfirmen, ‹ ­Lumière 308 Bâle: Pont sur le Rhin › 99 Jahre nach seiner Entstehung an den ungefähren Entstehungsort zurückgebracht. Aus Anlass der damaligen – heute als eher willkürlich erachteten – 100 Jahrfeier der Kine­matografie [ vgl 1.4 ] zeigten wir auf der 1903 eingeweihten Mittleren Brücke in Grossprojektion diesen und ein gutes Dutzend weiterer Schweizer Lumière-­ Filme. Sie alle waren im gleichen Produktionszusammenhang entstanden. Mit von der Partie waren auch die beiden Filmhistoriker Roland Cosandey und Paul Meier-Kern. Sie hatten die Grundlagen zur Erforschung dieser frühesten Schweizer Filme gelegt, die Bedeutung des Waadtländer Pioniers François-­Henri Lavanchy-Clarke erkannt und diese schillernde Unternehmergestalt auch bei ihren Auftritten in eini­ gen seiner Filme identifiziert. Die Video-Dauerprojektion dieser Filme auf Grossleinwand – zumal am Ort von höchster Passantendichte – eröffnete neue Analysechancen jenseits der Hoffnung auf mögliche Quellen mündlicher Überlieferung. Eine damals aufwändige elektronische Korrekturbearbeitung hatte nämlich die Kompensation des Bildstand-Wackelns der Archivkopie möglich gemacht, die zuvor jede präzise Bewegungsanalyse verunmöglicht hatte. So wurde erst jetzt erkennbar, dass Lavanchy-Clarke sich auch im Basler Film prominent in Szene, konkret in eine Droschke gesetzt hatte, aus welcher der vorbeifahrende Konzessionär von L ­ umière und ‹ Sunlight ›-Seife die wartenden Statisten mit seinen Kommandos befeuerte. Wenn bereits die analogen Möglichkeiten von 1995 zur Bildbearbeitung und analytischen Visionierung ein solches Resultat zeitigten, so unser Kalkül, sollte über zwanzig Jahre später von den digitalen, hochauflösenden Bildtechnologien ungleich mehr Entdeckungen zu erwarten sein. Nicht voraussehbar war allerdings der Umstand, dass zwei Jahre intensivster Diplomatie vonnöten waren, um die beste der beiden 35 mm Inter-Positivkopien der Cinémathèque suisse 1 überhaupt in hoher 4K-Auflösung herstellen 1 Die Kontaktkopien des Originalnegativs (Bestand Cinémathèque française) CNC Bois d’Arcy, einer ehemaligen Festung, waren in den sechziger Jahren von Jean-Paul Boyer angefertigt worden. Das 4K-Digitalisat basiert demnach bestenfalls auf einer dritten ­­

Gesamtschau eines Augenblicks …

und unter­suchen zu dürfen – vom in Frankreich eingebunkerten Originalnegativ ganz zu schweigen. Die ‘Early Cinema’-Forschung, insbesondere die Arbeiten von Roland Cosandey, Paul Meier-Kern, ­Martin Loiperdinger, Jean-Marie Pastor und Consuelo Frauenfelder hatten sich alle auf die Zentralfigur L ­ avanchy-Clarke und dessen Aktivitäten innerhalb des Konzessionärssystems Lumière bezogen. Es bestand deshalb Anlass zur Hoffnung, mit den heutigen Möglichkeiten sämtliche Kontext-Dimensionen so zu erweitern und zu erschliessen, dass daraus ein neues, kohärentes Verständnis des fragmentarischen ‹ Textes ›, also unseres Films, entstehen könnte. Ein verpatztes Rendez-vous auf der Brücke

Eine 1995 von uns verpasste weitere Chance, diesmal jenseits aller Medientechnologie, geriet uns zum Ansporn für weitere Untersuchungen: Unsere Auskunftsperson beim Projektor auf der Brücke wurde damals nämlich von einem alten Herrn angesprochen, der seinen Vater auf der Leinwand als jungen Mann erkannt haben wollte. Sträflicherweise unterblieb die Frage nach Adresse und Details. Noch eine Generation später blieb uns also nur die klassische Archiv­ arbeit, um den verschütteten mündlichen Quellen aus diesem verschwundenen Menschenalter nachzugehen. Doch auch hier eröffnete die Digitalisierung und mit ihr die blitzschnelle Erfass- und Abrufbarkeit der scheinbar entlegensten Text- und Bilddokumente ungeahnte Möglichkeiten für Recherche, Abgleich und Verknüpfung. Dennoch müssen wir bescheiden bleiben, weil die Potenziale digitaler Archivdatenverarbeitung nicht nur nicht ausgeschöpft sind, sondern sogar täglich grösser werden: Die Entdeckungsfahrten in die analogen Tiefen der Archive mit Hilfe digitalen Navigationsmittel für den Ozean elektronischer Daten stehen zwar noch am Anfang, doch sie legen schnell zu.2 Kopie-Generation. Zur handwerklich-genialen ‹ Erfindergestalt der Filmrestauration › Boyer vgl. Frappat 2015. Die Lumière-Filme wurden ohne Titelkarten vorgeführt – erst Boyer ergänzte seine ‹ Contretype ›-Rollen entsprechend. 2 Die fachwissenschaftlichen Diskussionen um Medienarchäologie, Medienkonvergenz und Remediatisierung können sich am Studium der Medientechnik Film besonders profilieren – insbesondere anhand der neuen digitalen Möglichkeiten für Filmästhetik und -analytische Methodik. Die Erhaltung des kinematografischen Erbes im Sinn einer stabilen, materiellen Archivierung ist schliesslich nicht identisch mit der Erhaltung seiner Verfügbarkeit in Kino, Forschung und den ‘venues’ von Hoch-, Alternativ- und Populärkultur.

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Gesamtschau eines Augenblicks …

Hier möchte diese Studie zur Entwicklung einer transdiziplinären Methode beitragen. Sie ist daher von Anfang an spartenübergreifend ausgelegt und versteht sich als Plädoyer für eine kreative Verbindung von traditionellen philologischen Methoden mit jenen der sich schnell formierenden Digital Humanities. Dabei hielten wir uns an das Prinzip, ­digitale Bildbearbeitung sowie Software für Identifikation und statistische Modellierung ausschliesslich für Analyse und Veranschaulichung einzusetzen: Ein historisches, zumeist ruinöses Filmdokument muss ein solches bleiben – ohne dass dessen interessante Zersetzungsartefakte elektronisch getilgt, ohne dass verlorene oder nie vorhandene Informationen wie Farbe oder Ton digital hineinmanipuliert würden.3 Selbst digital forcierte Zeitgenossenschaft muss illusorisch bleiben, weil sich das Medium, bei all seinen so authentischen Vermittlungsleistungen dennoch mit Macht und bleibender Spur selber in die Mitte dieser ungleichzeitigen Rencontres drängt. Die Medävistin Barbara Tuchmann hat unsere Begegnung mit einer fernen Zeit anhand ihrer Spuren mit dem treffenden Bild des «fernen Spiegels» beschrieben.4 In Abwandlung dieses Vergleichs lässt sich ein Stück Film wie B-PR mit einem fernen, etwas eingetrübten Fenster vergleichen: Ihm gilt es sich anzunähern, um es durchsichtiger zu machen und dann auch zu öffnen. Erst dann können wir uns aus seinem Rahmen hinaus lehnen, soweit dies unser Körper erlaubt … Denn seit die Bilder dank Innovationen wie Rahmen, Leinwand und Ölfarbe beweglich und dank der Zentralperspektive imaginär betretbar wurden, hat sich die Metapher des Bildes, in das man sich setzen und in dem man bleiben kann, um schliesslich über seine Grenzen zu schauen, verwörtlicht. Und wenn nun Bildräume mit immersiven, digitalen Technologien ausgemessen, ja bereist werden können, ist dies nur ein weiterer, konsequenter Entwicklungsschritt.5 Dies alles macht unseren Film quasi zum Splitter eines Hologramms, in dem das Bildganze eingeschrieben bleibt. Somit dient der aufwändige virtuelle Nachbau der alten Rheinbrücke, den eine Fachgruppe in 3 Eine solches artefaktreiches, altes Fragment einer Filmkopie mit geradezu auratischem Authentizitätspotenzial entspricht einem typischen ‹ Simulacrum ›, wie Jean Baudrillard es in ‹ Simulacres et simulations › 1981 postuliert hat, als Objekt und dessen Bild zugleich. 4 Barbara Tuchman, ‘A Distant Mirror: The Calamitous Fourteenth Century’, 1978. 5 Dies gilt besonders auch für die filmwissenschaftliche Debatte um den Stellenwert von ‘place’ bzw. ‘space’.

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Hodler als Person 65 auf Film Lumière ☐312. Fotografie um 1903.

Methodischer Verzicht auf GesichtserkennungsSoftware

Die Möglichkeiten digitaler Tools für Bildanalyse, -archivierung und -bearbeitung sind fantastisch. Trotzdem (oder gerade deshalb) sieht man sich über das Ausmass ihrer Verwendung immer wieder vor methodische Grundsatzentscheide gestellt. Ganz besonders gilt dies für die digitale Gesichtserkennung. Eine Vielzahl unter den Tausenden von konsultierten Vergleichsbildern war gemalt oder gezeichnet und oft geschönt.a Die Mehrzahl der Fotoporträts liess überdies an Auflösung, Konturschärfe und Kontrastumfang zu wünschen übrig. So misslang mehreren evaluierten Systemen selbst die wechselseitige Zuweisung verschiedener beglaubigter fotografischer Porträts von Ferdinand Hodler – ganz zu schweigen von den gemalten. Dies hinderte die gleichen Tools aber nicht daran, den Maler lieber mit einem Testbild von Buster Keaton zu identifizieren. Wir entschlossen uns deshalb, sämtliche Abgleiche nur anhand fünfstufiger OverlayFolgen von Vergleichsbild und Fotogramm mit möglichst ähnlicher Kopf- und Körperhaltung vorzunehmen. Dies natürlich unter Verzicht auf jegliches Morphing,b doch unter Zuhilfenahme von einfacher Spiegelung v.a. bei Profilporträts. Solche punktgenauen Überlagerungen vermessen und vergleichen qua evidentia die relevanten Merkmale von den Abständen zwischen Augen, Ohren, Nase, die Mundform, den Haaransatz und die Kopfform. Diese Overlays wurden stets auf begründete, quellenbelegte Verdachtsmomente hin ausgeführt und wenn möglich durch statistisch interessante spezielle Merkmale wie Kinngrübchen oder Schielen weiter abgestützt. Zur Beurteilung offenkundiger

Ferdinand Hodler, fälsch­ licherweise identifiziert mit Buster Keaton.

Anomalien wie Kleinwüchsigkeit oder Gehbehinderungen wurden medizinische Spezialisten zu Rate gezogen. Die damalige Mode mit Bärten, Stehkragen und Hüten behinderte zwar die Vergleichsarbeit oft, doch ergaben sich gerade daraus nicht selten wesentliche Indizien: Die bevorzugten Kragen, Halsbinden, Vestons, Gehröcke und Corsagen lieferten wichtige Hinweise, ebenso die oft indi­ viduelle Art und Weise des Huttragens zur persönlichen Silhouettierung oder die höchst unterschiedliche Bereitschaft zum Wechsel der Barttracht.c a Die Referenzierung dieser individuellen Porträtdossiers wird in der Buchpublikation nicht ausgewiesen, kann aber bei den Autoren eingesehen werden. Verbleib und Datierung dieser Bilder werden nur in Ausnahmefällen angeführt, finden sich doch Fehldatierungen und Falschidentifikationen, wie sie in den Internetquellen (etwa zu Auktionen) fast die Regel sind, leider sehr häufig auch in der Fachliteratur. b D.h. ohne jegliche zum Passen bringende interpolierende Zwischenbildberechnungen und auch ohne digitale Verzerrung zur anamorphotischen Kompensation von Linsenfehlern. Die Overlays wurden von Dan Wenger erstellt. c So kleideten sich z.B. Amiet und Potter im Expo-Film 312 auch aus Sicht ihrer Zeitgenossen geradezu dandyhaft und Lisa Wenger-Ruutz, soeben aus den USA zurückgekehrt, trägt eine auffällige Robe mit Hut nach amerikanischem Geschmack. In anderen Merkmalsbereichen, besonders auch in Wechsel und Konstanz in Barttracht und Accessoires wie Uhrketten, wurden kleine Register angelegt.


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einjähriger Designarbeit bewerkstelligte, jenseits von didaktischem Erlebnis und baugeschichtlicher Veranschaulichung hinaus auch der filmischen Detailanalyse: Die Lokalisierung von Kamera und Inszenierung, ja sogar die Ermittlung der verwendeten Objektive lassen sich dank vollständiger Parametrisierung der Bildräume mittels Simulation ermitteln. Mehr noch: Wir können die erfolgreichen und verpatzten Treffen mit unseren Protagonisten auf der Brücke virtuell nachholen.

1.2 Weitung als Prinzip Jede methodische Konzentration auf ein einzelnes, äusserlich wenig spektakuläres historisches Dokument spielt sich dennoch in einem weiten Feld ab, das zwischen den Koordinaten Tiefe und Breite prekär auszustecken und nur mit einer Abfolge von induktiven wie deduktiven Schritten auszuloten ist. Zu Beginn kannten wir nur den Ort (Alte Rheinbrücke mit Blick auf das Obere Kleinbasel), die ungefähre Entstehungszeit (zwischen dem 24. und 28. September 1896) und zwei Personen (Lavanchy-Clarke als die einzige identifizierte Person, dazu den Kameramann Constant Girel, von dem ein paar Briefe erhalten sind). Wir mussten also zunächst das nötige Kontextwissen recherchieren: zum räumlichen, zeitlichen und sozialen Umfeld, aber auch zum gesamten Corpus der Produktionen mit Lavanchy bzw. Girel. Das Buch folgt diesem Prinzip insofern, als es im Eingangskapitel Informationen zur Methodenwahl liefert und die Umstände erklärt, die zur Entstehung von B-PR führten. Und diese Umstände erwiesen sich für uns als Glücksfall: Die Hauptkapitel können nämlich anhand von sechs Leitpersonen erzählt werden, die durch Mikroanalyse der Inszenierungsmuster lebendig werden. Durch klassische Archivarbeit können wir aufzeigen, wie sehr die Netzwerke dieser Personen ineinandergriffen. Wir können sie heute nachknüpfen. Eingeschobene Textblöcke mit Detailinformationen, Originaldokumenten und Anekdoten ergänzen dabei Haupttext und Illustrationen.  ← Methodischer Verzicht auf Gesichtserkennungs-Software

Die Schlüsselfiguren der Basler Rheinbrücke begegnen sich auf weiteren wichtigen Bühnen. Ihre Befindlichkeiten spielen in die Szene, die auf der Brücke ge-

Gesamtschau eines Augenblicks …

dreht wurde, hinein und sie überschneiden sich auch auf anderen Schauplätzen. Deshalb müssen zentrale Ereignisse wie die zweite Schweizer Landesausstellung von Genf, das Basler Festspiel zur Vereinigungsfeier von 1892 oder das alljährliche Kleinbasler ­‹Vogel Gryff › -Fest oft mehrfach thematisiert werden, doch stets mit neuen Materialien, vor allem aber aus dem charakteristischen Blickwinkel der jeweils betrachteten Person. Der Schlussteil versucht, die Ergebnisse der ‹ Rundum-Analyse › des Films anhand der übrigen identifizierten Subjekte erneut zu personalisieren, bevor anstelle einer Zusammenfassung eine Art ex-post-Drehbuch konstruiert wird. Der Materialienteil ist am Buchende komprimiert und, zusammen mit Bewegt- und Breitbildmaterial, auf der regelmässig aktualisierten Website abgelegt. Denn alles muss ‘work in progress’ bleiben, geht aber über den Werkstattbericht hinaus: Mit der schnell wachsenden Zahl der im Film identifizierten Personen hat sich der Wissenszuwachs schon bis zum heutigen Zeitpunkt im gleichen Mass beschleunigt wie der Einbezug des Expertenwissens weiterer konsultierter Fachpersonen und von immer neuen Digitalisaten. Dieser Umstand wird schon bei Erscheinen dieses Buches zu weiteren Entdeckungen, Indizienketten und Verifikationen geführt haben. Andererseits werden wir einzelne Ausgangshypothesen und schlecht belegbare Spekulationen gewiss auch verwerfen müssen. Wenn sich die Sichtschneise vom einzelnen Blickpunkt zur systematischen 360°-Analyse eines Panoramas, ja eines städtischen Raumes weiten soll, ist diese Perspektivenerweiterung nur möglich, wenn die Methodenpalette selbst verbreitert wird. Dies führt zwangsläufig zu den üblichen und keineswegs unberechtigten Vorwürfen von Voluntarismus, Synkretismus und Amateurismus. Damit wollen wir gerne leben, denn immerhin gelang es uns, zahllose Fachpersonen in das Projekt einzubinden, das sich vom Inter- zum Transdisziplinären geweitet hat. In gleicher Weise weitete sich der medienhistorische bzw. -ästhetische Grundansatz notwendigerweise in Richtung der Anliegen der Alltags- und Mentalitätsgeschichte und anderer geschichtswissenschaftlicher Teildisziplinen. Damit vergrösserte sich auch der Massstab von der Lokal- zu Weltgeschichte. Nach mehrjährigen Forschungsarbeiten sind wir zur Überzeugung gelangt, dass es wohl keine zugleich konzisere und dennoch reichhaltigere Quelle zum Fin de

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Gesamtschau eines Augenblicks …

Siècle geben kann als ein Film des ‘Early Cinema’, das übrigens noch viel reichhaltiger und breiter ist als das schöne Etikett ‹ Lumière ›.

1.3 ‘Close reading’ eines Fragments: Heraus-, nicht Hineinlesen! Dabei geht es nicht darum, den Trojanischen Krieg aus einer einzelnen Scherbe zu rekonstruieren oder aus dem Fragment des Hildebrandslieds auch die verschollene frühalthochdeutsche Literatur he­ rauslesen zu wollen. Nicht minder unsinnig wäre es, ­Basel über jenes Mass hinaus zu einer Pionierstadt der ­Kinematografie zu stilisieren, das ihr im Bescheidenen zusteht. Denn Film war schon sehr früh bereits auf den Ebenen von Technologie und Material ein komplexes, weit verbreitetes und rundum modernes Produkt ohne singuläre Erfindergestalt, vom Informationsreichtum seines Darstellungsvermögens ganz zu schweigen. Und die Kinematografie hat von Anbeginn an ihre Vor­ gängerkünste mitsamt ihren Stoffen nicht minder rigoros in sich eingeschlossen, wie sie dies auch mit den sich rasant entwickelnden anderen Medientechniken tat. Dies alles verleiht einem beliebigen – selbst fragmentarischen – Film viel müheloser die Qualität eines aufschlussreichen Hypertexts, jedenfalls mehr als dies bei der schriftlichen Quelle eines bekrakelten Stücks Papier Fall sein kann. Das lässt auch eine ‹ reine › Beschränkung auf den mikrohistorischen Ausschnitt sinnlos werden. Über die Frühzeit der Kinematografie an der Schwelle zwischen Belle Époque und Moderne findet sich überdies eine Flut von Originaldokumenten, Zeitungsartikeln und Forschungsarbeiten – wobei es oft lange dauert, bis man daraus Erkenntnisse herleiten kann. Sogar für die früheste Filmgeschichte, von der Fotografie via Chronofotografie zur Kinematografie und über sie hinaus, lässt sich als Weitung des Prinzips ‹ der Ausschnitt als Ganzes › zum Panoramatischen hin deuten. Auch Louis Lumières lebenslanges Forschungs- und Entwicklungsinteresse über klassische Fotografie und Kinematografie hinaus zielte ja auf eine immer totalere Wiedergabe der Wirklichkeiten wie Farbe, 360°-Fotografie, Riesenprojektion, Stereo­ skopie und Holografie ab.

→ Vom Jahrhundert der Beschleunigung zum Jahrhundert der veränderten Wirklichkeiten

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Das Bildfenster, eingepasst in die digitale Rekonstruktion

Vom Jahrhundert der Beschleunigung zum Jahrhundert der veränderten Wirklichkeiten

Das bewegte 19. Jahrhundert, dessen Lebenswirklichkeiten durch Eisenbahn, Telegraf und Telefon beschleunigt und durch Kolonialismus und Nationalismus geprägt worden waren, endet mit der perfektionierten fotografischen Wiedergabe von Bewegung und der Feier der Beweglichkeit. Die flügge gewordene Kinematografie steht dabei am Anfang einer revolutionären Dekade von nie gesehener Innovationsverdichtung, von entfesselten Realitäten, aufgefächerten Perspektiven und gesprengten Massstäben. Es ist dies das späte Schlussbouquet des ‹langen› 19. Jahrhunderts – zehn Jahre, die uns Röntgenstrahlen und Motorflug, drahtlosen Funk und Relativitätstheorie, Kubismus und Psychoanalyse bescherten. Vor allem aber war die anbrechende Moderne die Zeit der materiellen Netzwerke für Eisenbahn, Elektrizität, Wasser und Gas. Erst deren gründerzeitliche Implementierung hatte eine grosstädtische Massenzivilisation möglich gemacht, die ihrerseits auf zunehmend internationalen Verbünden von Grossindustrie und Kapitalgesellschaften basierte. Und schliesslich war die Dekade um 1900 das Jahrzehnt einer beschleunigten Mobilität – auch der sozialen. Anzeichen dafür sind unter anderem die Ströme der Emigranten in die Neue Welt und der beginnende Tourismus. Es ist die Zeit mit einer Welle neugegründeter Aktienge­ sellschaften, Vereinen und inter­ nationalen Organisationen. Es kommt zu einer Lawine von

Patentanmeldungen, was sich indessen aus der grossindustriellen Arbeitsteiligkeit und dem kapitalistischen Konkurrenzkampf allein nicht erklären lässt: Der ‹Mythos Edison› stand für neue soziale Mobilität, für die Aufstiegschancen vom Zeitungsjungen zum Prometheus der Neuen Welt. Und er befeuerte das ‹amerikanische› 20. Jahrhundert, das auf das ‹europäische› 19. Jahrhundert folgen sollte, das der Erste Weltkrieg beendet hatte. Thomas Alva Edison, der ‘Selfmade Man’ schlechthin, zudem ohne Hochschulbildung, war in Sachen Selbstvermarktung und PR mindestens so beschlagen wie in den neuen Schlüsseltechnologien Elektrik, Chemie und Aufzeichnungs- bzw. Übertragungstechnik. Der nachmalige Mitbegründer von General Electric, des ersten und grössten globalen Technologie-Mischkonzerns, war als Boss des Miterfinderteams von Phonograph und Kinetoscope auch der erste, der Medienapparate weltweit und unter seinem Markennamen lancierte. Trotz seiner über 1000 Einzelpatente war ­Edison weniger ein einsames Erfindergenie in der Dachstube als vielmehr ein industrieller Entwickler, Implementierer und nicht selten skrupelloser Vermarkter. Dies gilt es auch beim Erfinderkult rund um die Frères Lumière in Erinnerung zu behalten.


Frankreichs Geschenk an die Weltkultur?

‹Lumière 308› wurde in der Schweiz – wahrscheinlich auf US-Filmmaterial – gedreht von einem französischen Kameramann für einen Schweizer ‹Produzenten› und für eine französische Firma, die bis 1896 schon in 12 Ländern Filme hatte drehen und vorführen lassen.a Hergestellt wurde der Film auf einer französischen Kamera mit deutschem Objektiv und englischen Komponenten, zunächst für ein schweizerisches, dann ein französisches, doch bald schon für ein internationales Publikum. Das Originalnegativ wird im staatlichen Filmarchiv in der Pariser Banlieue gelagert – und eine private Stiftung in Lyon beansprucht die universellen Rechte darauf. Die Archivpolitik zu den mit einem langen Leben gesegneten Frères Lumière, die Quellenlage wie auch deren Beurteilung in der französische Forschungsliteratur sind durchzogen von einigem Chauvinismus, von hagiografischem Biografismus und gewissen regionalen Lyoner Sensibilitäten gegenüber dem Pariser Zentralismus. Das alles umklammernde Narrativ lautet: Ein forschendes, das Licht von Aufklärung und Projektor schon im Namen tragendes Erfinder-Brüderpaars und ihr Künstlervater haben den Film ‹erfunden›. Dieser Mythos sollte bis zu den vielen Jahrhundertfeierlichkeiten von 1995 die herrschende Denkfigur der ‹Grande Nation› bleiben. Solche nationalistische Personifikation war selbst Georges Sadoul (1904 – 1967) nicht fremd, dem Doyen der französischen Filmgeschichtsschreibungundverdienstvollen Pionier der Filmarchive. Der kommunistische Alt-Surrealist und Résistance-Angehörige tat kurz nach dem Zweiten Weltkrieg sogar in einen immer freundschaftlicheren Austausch mit dem alten Patron und Pétain-Verehrer Louis Lumière. Dennoch gilt: Trotz aller berechtigter Polemik der Neopositivisten unter den ‘Early Cinema’Forschenden über den laxen, essayistischen, nicht selten

auch klitternden Umgang mit historischen Dokumenten sind die Arbeiten der Sadoul-Generation von hohem Gebrauchswert – und sei dies nur schon aufgrund der schieren Zeugnissicherung.c a Im Februar 1995 wurden anlässlich der Jubiläumsfeiern die zuvor verstreut archivierten ‹Vues Lumière› in die ‹Archives françaises du film du Centre national de la cinématographie› (CNC) überführt. Das CNC regte die Gründung der ‹Association frères Lumière› an und übertrug dieser die Rechte. Seit 2015, dem Jahr der Auf­ lösung der Association, liegen die Rechte beim Institut Lumière in Lyon. b Die sendungsbewusste französische Kulturpolitik stellte zur Dezennarfeier vielen internationalen Filmarchiven hervorragende Inter-Kopien der jeweiligen Lumière-Katalogfilme zur Verfügung, zum Glück auch der Schweiz. Von dieser generösen Praxis ist man heute leider weit entfernt. Zur Umdeutung des Lumièreschen Gesamtwerks in den verschiedenen Jubiläen vgl. Frappat S. 151–153. Vgl. v.a. Cosandey 1996 (‘Back to Lumière, or The Dream of a Essence: Some Untimely Considerations about a French Myth’). c Auf Sadoul geht übrigens auch die von Puristen so gegeisselte wie von didaktischen Essayisten noch heute geliebte Dichotomisierung von ‹Lumière versus Méliès› für jene beiden Traditionslinien der Kinemato­ grafie zurück, die ihr von Beginn weg innewohnten: die realistische und die illusionistische, wie sie durchaus von beiden Gründerfiguren bedient wurde, wenngleich in reziproker Verteilung.

Die «génies créateurs» de la ‹Grande Nation› (Broschüre: «Les grandes inventions françaises.» «Le Cinémato­ graphe [ 1947]». Ed. ‹Flambeaux› Saint-Étienne. Firmenarchiv der Novartis AG.

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Gesamtschau eines Augenblicks …

1.4 Zusammen-Spiel-Film ‹Auf der Brücke zur Moderne› rekonstruiert, was in, vor, hinter und zwischen den Einzelbildern und Projektionen dieses kurzen Filmfragments steht. Wir möchten das Dort und Damals mit unserem Hier und Jetzt in einen Dialog treten lassen. Wir versuchen, den Achtelkreis einer unspektakulären Ansicht des Oberen Kleinbasels, wie er vom 50 mm-Objektiv einer der ersten Lumière-Kameras festgehalten wurde, zum ­Panorama zu weiten und aus einer Momentaufnahme das Porträt einer ganzen Epoche zu lesen. Wir verstehen die noch mit Fichtenholz beplankte, verschwundene alte Rheinbrücke als genau das, was sie den Beteiligten zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen mit dem modernen Apparat aus Lyon war: als eine Bühne für Repräsentation und Inszenierung eines dokumentarischen Spiel-Films ‹ avant la lettre› mit Rollentragenden. Es entstand letztlich ein Schauspiel, das sich durchaus nach Massgabe der aristotelischen Dramentheorie nach Raum, Zeit und den Handlungen der sich bewegenden Charaktere kategorisieren lassen darf. Behandeln wir deshalb diesen Film auch wie ein inszeniertes Drama bzw. eine Aufführung mit Auftritten von Rollenträgern, Repräsentanten, Nebenfiguren, Störern und impliziten, aber auch unbotmässigen Zuschauern! Die meisten Zuschauenden reagieren nach erstmaliger Begegnung mit einem Lumière-Film mit Unglauben darauf, doch hatten es bereits die Dauervisionierungen von 1995 auch für unseren Film als Faktum bestätigt: Die bewegten Bilder jener vergangenen Welt vor fünf Generationen wirken unerhört authentisch und vermitteln den Eindruck einer unerhörten Spontaneität, doch sind die allermeisten dieser frühesten Filme bis ins Detail inszeniert. Ironischerweise sind es aber gerade die Regiepannen in diesen Wirklichkeitskonstruktionen, die diesen ‹ vues › genannten Filmen jenen Spontaneitäts- und Realitätseindruck verleihen, den die Lumière mit langlebigen, der Momentfotografie entnommenen Formeln wie ‹ nature prise sur le vif › zu bewerben wussten. Eine vertiefte filmische Interaktionsanalyse lässt sich nie allein aus der noch so genauen Musterung der Einzelfotogramme bewerkstelligen. Die wichtigsten Details enthüllen sich erst aus dem Studium des Bewegten, und dies besonders auch in Grossprojektion. Dank der ‘motion-decay’- Techniken zur stufenlosen Deformation der Abspielzeit bestätigte sich der

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