S AM 14 - Filmbau / Constructing Film: Schweizer Architektur im bewegten Bild / Swiss Architecture i

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Ursula Riederer Rudolf Olgiati. Architekt 1988 © Kantonsbibliothek Graubünden, Digitalisierung Amt für Kultur Graubünden

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Jean-Luc Godard Opération Béton 1955 © Actua Films


Chris Niemeyer, Barbara Kulcsar Snozzi in Monte Carasso 1996 © ZHdK, DDK Departement Darstellende Künste und Film, Fachrichtung Film

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Content Preface 48 Chronology 50 Essays 58 Interviews 121

Inhalt

Vorwort

Chronologie

Essays

Interviews

Christoph Merian Verlag


Filmbau. Schweizer Architektur im bewegten Bild

Constructing Film. Swiss Architecture in the Moving Image

Evelyn Steiner Wer sich den vielfältigen Beziehungen zwischen Film und Architektur widmet, stellt fest, dass der Fokus in diesem interdisziplinären Forschungsgebiet auf der Gattung des fiktionalen Films liegt. Der als handlungsprägendes Gefüge fungierende Raum in Spielfilmen wird regelmässig in internationalen Ausstellungen, Symposien und Filmfestivals verhandelt, während dem Bewegtbild als dokumentarischem Wiedergabemedium von Architektur ein geringes Interesse zukommt. Die vorliegende Publikation ‹Filmbau. Schweizer Architektur im bewegten Bild›, die begleitend zur gleichnamigen Ausstellung erscheint, begibt sich auf einen neuen Pfad: Sie macht sich auf eine spannende Suche nach bewegten Bildern der Schweizer Baukultur ausserhalb des fiktionalen Films. ‹Filmbau. Schweizer Architektur im bewegten Bild› bildet die Fortsetzung einer 2012 am S AM initiierten Ausstellungs- und Publikationsreihe, die sich mit unterschiedlichen Vermittlungsmedien von Architektur auseinandersetzt. Nach Fotografie und Text steht die Charakterisierung des Films mit seinen Grenzen und Möglichkeiten als Analyseinstrument und Repräsentationsmedium von Architektur im Zentrum. Film wird dabei als breites Spektrum bewegter Bilddokumente unterschiedlichster Gattungen, Techniken sowie Aufführungskontexte verstanden – von klassischen Architekturdokumentarfilmen bis zu Handyfilmen und computergenerierten Animationen. Auch der Begriff der Architektur wird breit interpretiert: Geplante oder realisierte Gebäude, Infrastrukturbauten, Stadtlandschaften und Landschaftsarchitektur werden gleichermassen berücksichtigt. Hauptaugenmerk liegt dabei auf filmischen Erzeugnissen, die in den letzten 25 Jahren entstanden sind. Im Gegensatz zu Text und dem statischen Bild, die aus der architektonischen Praxis nicht wegzudenken sind, findet der Film im Berufsalltag sowie in der Ausbildung des Architekten nur begrenzt Verwendung – trotz der wachsenden Anzahl an Diffusionsorten sowie leichter zugänglicher Aufnahme- und Verarbeitungstechniken. Ausstellung und Publikation widmen sich der Fragestellung, warum die medialen Umwälzungen die Architekturpraxis bisher nur marginal erfasst haben. Darüber hinaus werden das Potenzial des Bewegtbildes ausgelotet sowie die Übersetzungsmechanismen und Darstellungskonventionen analysiert, die bei der Transformation des realen Raumes in den filmischen Raum Einsatz finden. Während die geschilderten Fragestellungen in der Ausstellung in einem Kompilationsfilm mit Ausschnitten aus über 100 Filmen verhandelt werden, bietet die Publikation mittels verschiedener Es­ says von Fachautoren eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit den Wechselwirkungen von Film und Architektur. Den Auftakt bilden zwei Beiträge, die Hintergrundwissen vermitteln: Fabian Ruppanner, kuratorischer Assistent am S AM, nimmt eine chronologische Übersicht über die Berührungspunkte der beiden Bereiche vor und führt in die wichtigsten technischen Errungenschaften in der Entwicklung des Filmes sowie der computerunterstützten Visualisierung ein. Der Filmwissenschaftler Rayd Khouloki beleuchtet eingehend die kinematografischen Gestaltungsmittel zur Raumkonstruktion. Daran schliesst mein Überblicksessay, der sich auf eine Spurensuche nach bewegten Bildern von Schweizer Architektur begibt und sich hinsichtlich der erwähnten Beispiele am Kompilationsfilm in der Ausstellung orientiert. Verschiedene Beiträge, die die unterschiedlichen Einsatzgebiete und die entsprechenden Filmformen im Einzelnen erörtern, folgen: Die Architektin und Dozentin Doris Agotai, die sich in Forschung und Lehre an der Schnittstelle von realem und virtuellem Raum bewegt, nimmt sich in ihrem Beitrag dem computeranimierten Film an. Umfassend zeichnet sie die aktuellsten technischen Entwicklungen auf und wagt einen Blick in die Zukunft. Ebenfalls im Bereich der digitalen Visualisierung bewegt sich der Essay von Riklef Rambow: Als Inhaber der Professur für Architekturkommunikation am Karlsruher Institut für Technologie ein ausgewiesener Experte für die Vermittlungsmedien der Architektur, erläutert er die

An investigation of the manifold relationships between film and architecture reveals that the focus in this interdisciplinary field of research lies upon the category of fictional film. The structural util­ isation of space in feature films is regularly examined in the course of international exhibitions, symposia and film festivals, whilst the moving image as documentary display medium for architecture is accorded little interest. The publication ‘Constructing Film. Swiss Architecture in the Moving Image’ that accompanies the exhibition of the same name follows a new path: that of an exciting search for moving images of Swiss architectural culture beyond fictional film. ‘Constructing Film. Swiss Architecture in the Moving Image’ represents the continuation of an exhibition and publication series initiated at the S AM in 2012, which investigates different methods of communicating architecture. After photography and text, the focus is upon the characterisation of film with its limitations and possibilities as an instrument of analysis and representative medium for architecture. In this, film is regarded as a broad spectrum of moving image documents of varying types, techniques and presentational concepts – from classical architecture documentary films to films recorded on phones and computer-generated animations. The concept of architecture itself is also given a broad interpretation: planned or real­ised buildings, infrastructural elements, urban landscapes and landscape architecture are given equal consideration. The main focus lies upon cinematic works created in the past 25 years. In contrast to text and the static image, central elements of architectural practice, film finds only limited use in both daily professional life and the training of architects – despite the growing number of diffusion points and more easily accessible techniques and technology for both recording and processing. Exhibition and publication are dedicated to the question of why the medial revolution in architectural practice has only thus far been addressed on the margins. In addition, the potential of the moving image is investigated, as well as an analysis undertaken of the translation mech­ anisms and presentation conventions applied in the transformation of real space into cinematic space. Whilst these questions are addressed in the exhibition in the form of a compilation film with extracts from over 100 films, the publication uses various essays by specialist authors to effect a multi-perspective investigation of the interaction between film and architecture. The series commences with two essays conveying background knowledge: Fabian Ruppanner, assistant curator at the S AM, takes a chronological overview of the points of contact between the two fields, providing an introduction to the key technical milestones in the development of film and computer visualisation, whilst film aca­demic Rayd Khouloki investigates cinematographic forms of spatial reconstruction. Next, my overview essay details the search for moving images from Swiss architecture, orienting itself towards the compilation film in the exhibition with regard to the examples it provides. Various texts detailing the diverse areas of use and the individual film forms follow: the architect and lecturer Doris Agotai, whose research and teaching deal with the interface between real and virtual space, covers the aspect of computer-animated film. She delivers a comprehensive overview of the latest technological developments, whilst also daring to look into the future. The field of digital visualisation is also covered by the essay of Riklef Rambow: as Professor of Architecture Communication at Karlsruhe Institute of Technology, he is an acknowledged expert on the communicative media of architecture, explaining here the rhetoric and seduction mechanisms of real-estate advertising films. From computer-animated film, the focus shifts to real film: the architect and academic Bob Martens, whose specialist field is spatial simulation and spatial design, joins with the architect Oliver Paar-Tschuppik to analyse cinematic simulations in the architectural model. In turn, this leads on to Hubertus Adam's description of the increasing use of

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Rhetorik und Verführungsmechanismen des Immobilienwerbefilms. Nach dem computeranimierten Film steht der Realfilm im Fokus: Der Architekt und Dozent Bob Martens, der auf das Fachgebiet der räumlichen Simulation und Raumgestaltung spezialisiert ist, analysiert zusammen mit dem Architekten Oliver PaarTschuppik filmische Simulationen im Architekturmodell. Daran schliesst Hubertus Adams Beschreibung über das vermehrt zum Einsatz kommende Medium Film in Architekturausstellungen. Mit der künstlerisch inspirierten kinematografischen Reflexion der gebauten Umwelt setzt sich der Filmwissenschaftler und Dozent Fred Truniger auseinander, der die Darstellung von Architektur im hiesigen Experimentalfilm beschreibt. Eine Erweiterung des Themas in den fiktionalen Bereich nimmt der Architekt und Filmemacher Marcel Bächtiger vor. Er thematisiert die Darstellungen von Architektur und Stadtlandschaften im Schweizer Spielfilm, die das Narrativ massgeblich mitbestimmen. Die verschiedenen Essays gehen ausnahmslos der medial übersetzten Architektur nach. Zum Schluss leistet der Beitrag der Architektur- und Kunsthistorikerin Rahel Hartmann Schweizer einen Perspektivenwechsel: Sie beschreibt ausführlich, wie filmische Bilder in den Entwurfsprozess einfliessen und wie sich Architekten hierzulande immer wieder vom Film inspirieren lassen. Zehn Interviews mit wichtigen Schweizer Protagonisten, die sich im Schnittbereich von Architektur und dem bewegten Bild bewegen, komplettieren die Analyse des Filmmediums: Architekten, Filmemacher, Journalisten sowie Vertreter aus Forschung und Lehre stehen Rede und Antwort über die Möglichkeiten und Grenzen des Films und lassen einen Einblick in ihre Arbeitswelten zu. An dieser Stelle sei allen Beteiligten herzlich gedankt, die uns auf der spannenden Spurensuche nach bewegten Bildern der Schweizer Baukultur begleitet haben.

the medium of film in architecture exhibitions. With an artistic­ ally-inspired cinematographic examination of the constructed environment, film researcher and academic Fred Truniger describes the representation of architecture in Swiss experimental film. An expansion of the subject into the fictional field is undertaken by architect and filmmaker Marcel Bächtiger. He addresses the presentation of architecture and urban landscapes in Swiss feature films, directly affecting the narrative. Without exception, the essays all address the medial translation of architecture. In conclusion, the essay of architecture and art historian Rahel Hartmann Schweizer introduces a shift of perspective: she describes in detail how cinematic images are incorporated into the design process and how Swiss architects are frequently inspired by film. Ten interviews with key Swiss protagonists active in the interface of architecture and the moving image complete the analysis of the film medium: architects, filmmakers, journalists and representatives of the fields of research and academia answer questions on the possibilities and limitations of film, providing an insight into their working environments. At this point we would like to thank all those who have accom­ panied us in following the eventful course of moving images in Swiss architectural culture.


Film Computer Architektur

Film Computer Architecture

1893 William K. L. Dickson baut auf dem Gelände der Edison-Laboratorien Black Maria, das erste kommerzielle Filmstudio, in dem mit dem ebenfalls von Dickson entwickelten Kinetographen einige der ersten Aufnahmen der Filmgeschichte entstehen.

On the site of the Edison laboratories William K. L. Dickson builds Black Maria, the first commercial film studio, in which kinetographs, also developed by Dickson, are used to create some of the first shots in film history.

1895 Erste kommerzielle Filmvorführung mit dem Cinématogra­phen der Gebrüder Lumière im Grand Café Paris. Auguste Lumière und Louis Lumière, La sortie des usines Lumière à Lyon; erster Film der Filmgeschichte.

First commercial film showing with the cinématograph of the Lumière brothers at the Grand Café Paris. Auguste Lumière and Louis Lumière, Workers Leaving The Lumière Factory in Lyon; first film in film history.

1899 Auguste Choisy beschreibt in Histoire de l’architecture die Akropolis als antikes Ensemble, das mit einem Bewusstsein für die dynamische Wahrnehmung von Architektur gebaut wurde.

In Histoire de l’architecture, Auguste Choisy describes the Acropolis as an ancient ensemble, erected with an awareness of the dynamic perception of architecture.

1900 In Europa und den USA entstehen die ersten Kinos.

The first cinemas are established in Europe and the USA.

1908 Emile Cohl und Winsor McCay produzieren die ersten Animationsfilme.

Emile Cohl and Winsor McCay produce the first animated films.

1914 «Die bewegliche kinematographische Aufnahme ersetzt beinahe die Führung um und durch einen Bau»

‘The moving cinematographic image almost replaces guidance around and through a structure’

Bruno Taut, zitiert in Andres Janser, ‹Bruno Taut und der Film›. In: Winfried Nerdinger, Bruno Taut 1880–1938. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 2001.

Bruno Taut, quoted in Andres Janser, ‘Bruno Taut und der Film’. In: Winfried Nerdinger, Bruno Taut 1880–1938. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 2001.

1920 Robert Wiene, Das Cabinet des Dr. Caligari. Paul Wegener, Der Golem, wie er in die Welt kam; Szenenbild von Hans Poelzig und Kurt Richter.

Robert Wiene, The Cabinet of Dr. Caligari. Paul Wegener, The Golem: How He Came into the World; set created by Hans Poelzig and Kurt Richter.

1921 Friedrich Wilhelm Murnau, Nosferatu, eine Symphonie des Grauens.

Friedrich Wilhelm Murnau, Nosferatu: A Symphony of Horror.

1922 Entwicklung des Teleview Systems zur Darstellung von stereoskopischen Filmen.

Development of the Teleview system for the presentation of stereoscopic films.

1923 Le Corbusier erwähnt in seinem Buch Vers une architecture die auf einen dynamischen Betrachter ausgelegte Architektur der Akropolis und nimmt die bewegte Wahrnehmung als Vorlage für seine ‹promenade architecturale›.

In his book Vers une architecture, Le Corbusier mentions the laying out of the architecture of the Acropolis for dynamic observation and takes moving perception as a pattern for his ‘promenade architecturale’.

1924 Kameramann Karl Freund verwendet in Der letzte Mann zum ersten Mal die ‹entfesselte Kamera›. Die filmische Bewegung beschränkt sich jetzt nicht mehr nur auf horizontale und vertikale Schwenks einer statischen Kamera, sondern wird vom Operateur selbst erzeugt. Marcel L’Herbier, L’Inhumaine; Szenenbild von Robert Mallet-Stevens.

Cameraman Karl Freund uses the ‘unleashed camera’ for the first time in The Last Laugh. Cinematic movement is now no longer restricted to the horizontal and vertical pans of a static camera, but is generated by the operator himself. Marcel L’Herbier, L’Inhumaine; set design by Robert Mallet-Stevens. 50  51


1925 «Unzweifelhaft hat das Kino einen markanten Einfluss auf die moderne Architektur, im Gegenzug bringt die moderne Architektur aber ihre künstlerische Seite mit ins Kino.»

‘There is no doubting that cinema has a distinct influence on mod­ ern architecture; in return, modern architecture brings its artistic side to the cinema.’

Robert Mallet-Stevens, ‹Le cinéma et les arts: l’architecture›. In: Les Cahiers du Mois , Paris, 1925, Nr. 16 –17.

Robert Mallet-Stevens, ‘Le cinéma et les arts: l’architecture’. In: Les Cahiers du Mois , Paris, 1925, no. 16 –17.

1926 Ernst Jahn, Walter Gropius, Bruno Taut und Ernst May, Wie wohnen wir gesund und wirtschaftlich?; Kurzfilmserie zur Verbreitung der Konzepte des Neuen Bauens.

Ernst Jahn, Walter Gropius, Bruno Taut and Ernst May, Wie wohnen wir gesund und wirtschaftlich?; short film series on the propagation of the Neues Bauen concept.

1927 Fritz Lang, Metropolis; Schauplatz des monumentalen Stummfilms ist eine futuristische Grossstadt, die aus über 500 Modellen gebaut wurde. Walter Ruttmann, Berlin – Die Symphonie der Grossstadt. «Das Kino wird der getreue Vermittler der gewagtesten Träume der Architektur sein.»

Fritz Lang, Metropolis; the silent film is set in a futuristic urban dystopia, which was built with over 500 models. Walter Ruttmann, Berlin: Symphony of a Great City. ‘Cinema will be the faithful facilitator of the boldest dreams of architecture.’ Luis Buñuel, ‘Metropolis’. In: La Gaceta Literaria, Madrid, 1927, no. 9.

Luis Buñuel, ‹Metropolis›. In: La Gaceta Literaria, Madrid, 1927, Nr. 9.

1928 Warner Bros, Lights of New York; erster vollständiger Sprech­film. Im Château de la Sarraz bei Lausanne gründen auf Initiative von Le Corbusier und Sigfried Giedion 28 europäische Architekten CIAM, den Congrès International d’Architecture Moderne. «Man müsste den Wandel des Blickes begleiten: Nur der Film kann neue Architektur fassbar machen!»

Warner Bros, Lights of New York; first complete talking picture. At the Château de la Sarraz near Lausanne, 28 European architects found CIAM, the Congrès International d’Architecture Moderne, at the initiative of Le Corbusier and Sigfried Giedion. ‘You need to accompany the transition of perspective: only film can make new architecture tangible!’

Sigfried Giedion, Bauen in Frankreich – Bauen in Eisen – Bauen in Eisenbeton. Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1928.

Sigfried Giedion, Bauen in Frankreich – Bauen in Eisen – Bauen in Eisenbeton. Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1928.

«Le Corbusier ist ein grosser Verehrer des Kinos, das er, neben der Architektur, für die einzige zeitgenössische Kunst hält. Le Corbusier sagte: ‹Es scheint mir, dass ich in meiner kreativen Arbeit gleich vorgehe, wie Eisenstein, wenn er seine Filme kreiert.›»

‘Le Corbusier is a great fan of cinema, which he considers to be the only contemporary art along with architecture. Le Corbusier said, “It seems to me that in my creative work I am thinking the way Eisenstein is thinking as he creates his movies”.’

Sergej Eisenstein, ‹Novaia klientura gospodina Korb’zu’e›. In: Sovetskij èkran, UdSSR 1928 Nr. 46, zitiert in Oksana Bulgakowa, ‹Eisenstein, the Glass House and the Spherical Book›. In: Rouge, 2005, Nr. 7.

Sergej Eisenstein, ‘Novaia klientura gospodina Korb’zu’e’. In: Sovetskij èkran, USSR 1928 no. 46, quoted in Oksana Bulgakowa, ‘Eisenstein, the Glass House and the Spher­ ical Book’. In: Rouge, 2005, no. 7.

Paul Schmid, Der Bau der Lorrainebrücke in Bern; Dokumentarfilm über den Entstehungsprozess des Bauwerks von den ersten Bauarbeiten bis zu seiner Einweihung.

Paul Schmid, Der Bau der Lorrainebrücke in Bern ; documentary about the building process of the bridge from the first constructional work until its inauguration.

1929 Im Château de la Sarraz bei Lausanne gründen junge Filmemacher, darunter Sergej Eisenstein, Hans Richter und Béla Balázs, CICI, den Congrès International du Cinéma Indépendant. «1928 die Architekten – 1929 die Filmleute!»

At the Château de la Sarraz near Lausanne, young filmmakers, including Sergej Eisenstein, Hans Richter and Béla Balázs, found CICI, the Congrès International du Cinéma Indépendant. ‘1928 the architects – 1929 the film people!’

Georg Schmidt, ‹Der Internationale Kongress für den Unabhängigen Film in La Sarraz›. In: Das neue Frankfurt. Frankfurt am Main, 1929, Nr. 10.

Georg Schmidt, ‘Der Internationale Kongress für den Unabhängigen Film in La Sarraz’. In: Das neue Frankfurt. Frankfurt am Main, 1929, no. 10.

Alfred Hitchcock. Blackmail. Man Ray, Les Mystères du Château de Dé; Auftragsfilm über die modernistische Villa Noailles von Robert Mallet-Stevens.

Alfred Hitchcock. Blackmail. Man Ray, The Mysteries of the Château de Dé; film commissioned for the modernist Villa Noailles of Robert Mallet-Stevens.

1930 In Brüssel finden gleichzeitig der CIAM und der CICI mit einem gemeinsamen Filmabend statt. Abgesehen vom Gründungsort weisen die beiden Kongresse aber keine weiteren Verknüpfungen mehr auf. David Butler, Just Imagine. Pierre Chenal, Trois chantiers. Pierre Chenal und Le Corbusier, Bâtir. Pierre Chenal und Le Corbusier, Architectures d’aujourd’hui; drei Filme zur Verbreitung der Konzepte der modernen Architektur, produziert von der Zeitschrift L’Architecture d’Aujourd’hui. Hans Richter, Die neue Wohnung; Auftragsfilm des Schweizer Werkbunds für die Woba in Basel. Joris Ivens, Wij bouwen.

In Brussels the CIAM and CICI are held in parallel, with a joint film evening. Apart from their place of founding, the two congresses have no further links to one another. David Butler, Just Imagine. Pierre Chenal, Trois chantiers. Pierre Chenal and Le Corbusier, Bâtir. Pierre Chenal and Le Corbusier, Architectures d’aujourd’­ hui; three films on the spread of the concept of modern architecture, produced by the journal L’Architecture d’Au­jourd’hui. Hans Richter, Die neue Wohnung; film commissioned by the Schweizer Werkbund for the Woba in Basel. Joris Ivens, Wij bouwen.


1931 Lew Kuleschow, Vierzig Herzen; Modellsimulationen werben für die Errichtung von 40 Wasserkraftwerken.

Lew Kuleshow, Forty Hearts; model simulations promote the construction of 40 hydroelectric power plants.

1932 Mit der Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica findet in Venedig das erste Filmfestival der Geschichte statt.

The first film festival in history takes place in Venice, the Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica.

1933 «Ici aussi, ici essentiellement. Au cinéma: esprit de vérité. Je l’ai réclamé, instamment, pour l’architecture […]» [Auch hier, hier am Wesentlichsten. Im Kino: den Sinn für Wahrheit. Ich hab ihn schon in der Architektur inständig gefordert]

‘Ici aussi, ici essentiellement. Au cinéma: esprit de vérité. Je l’ai réclamé, instamment, pour l’architecture […]’ [Here too, here most essentially. At the cinema: the spirit of truth. I instantly claimed it for architecture]

Le Corbusier, ‹Esprit de vérité›. In: Mouvement, Paris, 1933, Nr. 1.

Le Corbusier, ‘Esprit de vérité’. In: Mouvement, Paris, 1933, no. 1.

László Moholy-Nagy, Architects’ Congress; Dokumentation der legendären Schifffahrt des CIAM IV von Marseille nach Athen.

László Moholy-Nagy, Architects’ Congress; documentation of the legendary sea voyage of the CIAM IV from Marseille to Athens.

1935 Technicolor führt das Dreifarben-Verfahren ein und vereinfacht somit den Einsatz von Farbfilm. «Unsere Kneipen und Grossstadtstrassen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschliessen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunden gesprengt, so dass wir nun zwischen ihren weitverstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen unternehmen. Unter der Grossaufnahme dehnt sich der Raum, unter der Zeitlupe die Bewegung.» Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1989.

Technicolor introduces the three-strip process, simplifying the use of colour film. ‘Our bars and city streets, our offices and furnished rooms, our railway stations and factories seemed to enclose us hopelessly. Then along came film and blew apart this dungeon with the dynamite of a tenth of a second, so that now we can embark on voyages of adventure amidst its scattered rubble. In the close-up shot space is extended, in slow-motion, movement.’ Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt / Main: Suhrkamp Verlag, 1989.

1938 «Unbezweifelbarer Vorläufer des Films […] ist – Architektur.»

‘[…] its [film] undoubted ancestor […] is – architecture.’

Sergej Eisenstein, ‹Montage and Architecture›. In: Michael Glenny und Richard Taylor. Selected Works Volume II: Towards a Theory of Montage. London: British Film Institute, 1991.

Sergej Eisenstein, ‘Montage and Architecture’. In: Michael Glenny and Richard Taylor. Selected Works Volume II: Towards a Theory of Montage. London: British Film Institute, 1991.

«Die Akropolis als das perfekte Beispiel für einen Film des Altertums.»

‘The Acropolis of Athens could just as well be called the perfect example of one of the most ancient films.’

Sergej Eisenstein, ‹Montage und Architektur›. In: Michael Glenny, Richard Taylor, Selected Works Volume II: Towards a Theory of Montage . London: British Film Institute, 1991.

Sergej Eisenstein, ‘Montage und Architektur’. In: Michael Glenny & Richard Taylor, Selected Works Volume II: Towards a Theory of Montage. London: British Film Institute, 1991.

Sergej Eisenstein, Alexander Newski. Aleksandr Medvedkin, Novaya Moskva; neue städtebauliche Visionen in der UdSSR. Albert Speer, Die Bauten Adolf Hitlers; neue städtebauliche Visionen im Deutschen Reich. Jean Epstein, Les Bâtisseurs.

Sergej Eisenstein, Alexander Newski. Aleksandr Medvedkin, Novaya Moskva; new urban planning visions in the USSR. Albert Speer, Die Bauten Adolf Hitlers; new urban planning visions in the German Reich. Jean Epstein, Les Bâtisseurs.

1939 General Motors, To New Horizons; neue städtebauliche Visionen in den USA.

General Motors, To New Horizons; new urban planning vi­sions in the USA.

1941 Orson Welles, Citizen Kane.

Orson Welles, Citizen Kane.

1945 Roberto Rossellini, Roma, città aperta; die Stadt Rom fungiert als Hauptakteur des Films.

Roberto Rossellini, Rome, open City; Rome is the protagonist of the film.

1946 Die US-Armee entwickelt mit ENIAC , dem Electronic Numerical Integrator and Computer, den ersten vollständig elektronischen Universalrechner.

The US Army develops ENIAC, the Electronic Numerical Integrator and Computer, the first fully-electronic universal computer. 52  53


1949 King Vidor, The Fountainhead.

King Vidor, The Fountainhead.

1951 Der am MIT entwickelte Whirlwind-Computer besitzt erstmals einen Kathodenstrahlröhren-Bildschirm als Ausgabegerät.

The Whirlwind computer developed at MIT is the first to have a cathode ray tube screen as output device.

1954 Alfred Hitchcock, Rear Window. Federico Fellini, La strada. Jean-Luc Godard, Opération Béton; Dokumentation der Betonierarbeiten der Staumauer Grande Dixence.

Alfred Hitchcock, Rear Window. Federico Fellini, La strada. Jean-Luc Godard, Opération Béton; documentation of the concreting work on the Grande Dixence dam.

1955 Ray Eames und Charles Eames, House: After Five Years of Living; Dokumentarfilm des von ihnen entworfenen und bewohnten Case Study House #8.

Ray Eames and Charles Eames, House: After Five Years of Liv­ ing; documentary film on the Case Study House #8 that they designed and inhabited.

1958 Jacques Tati, Mon Oncle.

Jacques Tati, Mon Oncle.

1960 Michelangelo Antonioni, L’avventura.

Michelangelo Antonioni, The adventure.

1962 Terence Young, Dr. No; Szenenbild von Ken Adam. Pier Paolo Pasolini, Mamma Roma. Michelangelo Antonioni, L’eclisse.

Terence Young, Dr. No; set design by Ken Adam. Pier Paolo Pasolini, Mamma Roma. Michelangelo Antonioni, The Eclipse.

1963 Jean-Luc Godard, Le Mépris. Mit Sketchpad entwickelt das MIT das erste CAD-System (Computer-Aided Design) der Geschichte.

Jean-Luc Godard, Contempt. MIT develops Sketchpad, the first CAD system (Computer-Aided Design) in history.

1964 Michelangelo Antonioni, Il deserto rosso. Hiroshi Teshigahara, Woman in the Dunes. IBM präsentiert sein System / 360, eine neue Generation von Gross­ rechnern, die sowohl kommerziell wie auch wissenschaftlich genutzt werden können. Zusammen mit General Motors entwickelt IBM für die Auto­mobilund Flugzeugindustrie das CAD -System DAC -1 (Design Augmented by Computer).

Michelangelo Antonioni, Red Desert. Hiroshi Teshigahara, Woman in the Dunes. IBM presents its System / 360, a new generation of mainframe computers that can be used both commercially and for scientific purposes. In collaboration with General Motors IBM develops the DAC-1 (Design Augmented by Computer) CAD system for the automobile and aviation industry.

1965 Super 8 wird das neue Format im Amateurfilm. Jean-Luc Godard, Alphaville. Alain Tanner, Une ville à Chandigarh.

Super 8 becomes the new format for amateur film. Jean-Luc Godard, Alphaville. Alain Tanner, A City at Chandigarh.

1966 Michelangelo Antonioni, Blow-Up.

Michelangelo Antonioni, Blow-Up.

1967 Jacques Tati, Playtime; uniforme Kulissenstadt als Kritik der modernen Architektur. Jean-Luc Godard, 2 ou 3 choses que je sais d’elle. In Verucchio findet das Symposium Lo spazio visivo della città urbanistica e cinematografo statt. Thema ist das Verhältnis von Städtebau und Film.

Jacques Tati, Playtime; uniform stage-set town as a critique of modern architecture. Jean-Luc Godard, Two or Three Things I Know About Her. The symposium Lo spazio visivo della città urbanistica e cinematografo takes place in Verucchio. Theme is the relation­ ship between urban planning and film.


1968 Stanley Kubrick, 2001: A Space Odyssey. Zur Darstellung von VR, Virtual Reality, und AR, Augmented Real­ ity, entsteht am MIT das erste HMD (Head-Mounted Display). Die am MIT gegründete Architecture Machine Group (ab 1985 MIT Media Lab) entwickelt mit URBAN5 das erste CAAD -System (Computer-Aided Architectural Design). Zur Analyse des Las Vegas Strip greifen Denise Scott Brown, Robert Venturi und Steven Izenour in Learning from Las Vegas auf Filmaufnahmen aus dem fahrenden Auto zurück. «Man sollte Filme nutzen, um die vergangenen und zukünftigen Tendenzen des Wachstums aufzuzeigen und eine statische Darstellung wie im vorliegenden Atlas zu vermeiden.» Denise Scott Brown, ‹Mapping the City›. In: Landscape 17, 1968, Nr. 1.

Stanley Kubrick, 2001: A Space Odyssey. For the representation of VR, Virtual Reality, and AR, Augmented Reality, the first HMD (Head-Mounted Display) is created at MIT. The Architecture Machine Group (from 1985 MIT Media Lab) founded at MIT develops URBAN5, the first CAAD system (ComputerAided Architectural Design). To analyse the Las Vegas Strip, Denise Scott Brown, Robert Venturi and Steven Izenour incorporate film shot from a moving car in Learning from Las Vegas. ‘Films should be used to show trends in growth past to future, to avoid the one-shot character of the present atlas [Urban Atlas MIT Press].’ Denise Scott Brown, ‘Mapping the City’. In: Landscape 17, 1968, no. 1.

1969 Rem Koolhaas und Rene Daalder, The White Slave.

Rem Koolhaas and Rene Daalder, The White Slave.

1970 Popularisierung des Videos durch die Einführung des PortapackSystems von Sony. Michelangelo Antonioni, Zabriskie Point.

Popularising of video with the launch of the Portapack system by Sony. Michelangelo Antonioni, Zabriskie Point.

1971 Alain Tanner, La salamandre. IBM präsentiert die Floppy Disk als neues Speichermedium.

Alain Tanner, The Salamander. IBM presents the Floppy Disk as new storage medium.

1972 Ray Eames und Charles Eames, A Computer Perspective; Dokumentarfilm für IBM über die Geschichte des Computers. Die Sprengung der Sozialsiedlung Pruitt-Igoe in St. Louis wird live im Fernsehen übertragen und zum Sinnbild für den Niedergang der modernen Architektur.

Ray Eames and Charles Eames, A Computer Perspective; documentary film for IBM on the history of the computer. The demolition of the Pruitt-Igoe housing project in St. Louis is broadcast live on television and becomes a symbol of the decline of modern architecture.

1973 Michael Crichton, Westworld; erstmals Verwendung von computergenerierten Grafiken und digitaler Bildbearbeitung im Film. Johannes Schaaf, Traumstadt. Aldo Rossi, Ornament and Crime; Kompilationsfilm für die XV. Triennale in Mailand.

Michael Crichton, Westworld; first use of computer-generated graphics and digital image processing in film. Johannes Schaaf, Traumstadt. Aldo Rossi, Ornament and Crime; compilation film for the XV Triennale in Milan.

1974 Andrei Tarkowski, Stalker.

Andrei Tarkowski, Stalker.

1975 Der Altair 8800 ist der erste Computer für den Heimgebrauch.

The Altair 8800 is the first computer for home use.

1977 Dario Argento, Suspiria; eine grossartige Etude über die Unheimlichkeit des Raumes und die bekennende Eigenmächtigkeit der Architektur. George Lucas, Star Wars; erste Verwendung von CGI, Computer Generated Imagery, in einem Film. Apple präsentiert den Apple-II-Computer der Öffentlichkeit. Für den geplanten Hobart Commonwealth Courts in Australien produziert Jonathan Ingram die erste 3D-Animation der Architekturgeschichte. Bernard Tschumi widmet sich in The Screenplays und The Manhattan Transcripts (1981) filmischen Thematiken und gewinnt aus den Theorien und Diagrammen Sergej Eisensteins die Erkenntnis von Architektur als Konstrukt aus Raum, Ereignis und Bewegung.

Dario Argento, Suspiria; a magnificent etude about the eeriness of the space and the openly high-handed nature of architecture. George Lucas, Star Wars; first use of CGI, Computer Generated Imagery, in a film. Apple presents the Apple II computer to the public. Jonathan Ingram produces the first 3D animation in architecture history for the planned Hobart Commonwealth Courts in Australia. In The Screenplays and The Manhattan Transcripts (1981), Bernard Tschumi dedicates himself to cinematic themes, deriving the theory of architecture as a construct of space, occurrence and movement from the theories and diagrams of Sergej Eisenstein. 54  55


1978 Die Aspen Movie Map der Architecture Machine Group, eine interaktive, virtuelle Version von Aspen, Colorado, erlaubt dem Benutzer, sich frei durch die Stadt zu bewegen.

The Aspen Movie Map of the Architecture Machine Group, an interactive, virtual version of Aspen, Colorado, enables users to move freely through the city.

1979 Fredi M. Murer, Grauzone.

Fredi M. Murer, Grey Zone.

1980 Rainer Werner Fassbinder, Berlin Alexanderplatz. Stanley Kubrick, The Shining.

Rainer Werner Fassbinder, Berlin Alexanderplatz. Stanley Kubrick, The Shining.

1981 Christian Schocher, Reisender Krieger. Dank dem von Microsoft entwickelten Betriebssystem PC DOS wird der IBM Personal Computer zum Standard für Mikrocomputer.

Christian Schocher, Reisender Krieger. Thanks to the PC DOS operating system developed by Microsoft, the IBM Personal Computer becomes the standard for microcomputers.

1982 Ridley Scott, Blade Runner. Disney, Tron; einer der ersten Filme, in denen computergenerierte Animationen zum Einsatz kommen. Godfrey Reggio, Koyaanisqatsi; mit der Sprengung von PruittIgoe. Gründung der beiden grossen Anbieter von CAAD-Software, Autodesk und Graphisoft. AutoCAD von Autodesk kommt für DOS-Systeme auf den Markt.

Ridley Scott, Blade Runner. Disney, Tron; one of the first films in which computer-generated animations are used. Godfrey Reggio, Koyaanisqatsi; with the demolition of PruittIgoe. Founding of the two largest providers of CAAD software, Autodesk and Graphisoft. AutoCAD from Autodesk is marketed for DOS systems.

1983 Rudolf Manz begründet am Departement Architektur der ETH Zürich das Fach Arbeiten mit Video (ab 1985 Raumerfahrung und Raumdarstellung mit Video).

Rudolf Manz establishes the subject Arbeiten mit Video (as of 1985 ‘Raumerfahrung und Raumdarstellung mit Video’) at the Department of Architecture of the ETH Zurich.

1984 Apple präsentiert den Macintosh.

Apple presents the Macintosh.

1985 Terry Gilliam, Brazil. Luc Besson, Subway. Die CD-ROM setzt den neuen Standard als Massenspeicher-Medium für Computer.

Terry Gilliam, Brazil. Luc Besson, Subway. The CD-ROM sets the new standard as mass storage medium for computers.

1986 Graphisoft veröffentlicht ArchiCAD für Apple Macintosh; das CAAD -System ermöglicht erstmals 2D- und 3D-Zeichnungen.

Graphisoft publishes ArchiCAD for Apple Macintosh; the CAAD system enables 2D and 3D drawings for the first time.

1987 Als Antwort auf die CD -ROM wird die DVD -Technologie für Videodaten entwickelt. Wim Wenders, Der Himmel über Berlin. Peter Greenaway, The Belly of an Architect.

As a response to the CD-ROM, DVD technology is developed for video data. Wim Wenders, Wings of Desire. Peter Greenaway, The belly of an architect.

1988 Die erste Animations-Software Softimage|3D findet über Jahrzehnte Verwendung in Film- und Gaming-Produktionen.

The first animation software, Softimage|3D, is used for decades in film and gaming productions.

1989 Tim Berners-Lee veröffentlicht am CERN in Genf die Grundlagen, auf denen das World Wide Web basiert. SimCity erscheint für Macintosh.

Tim Berners-Lee publishes the foundations for the World Wide Web at CERN in Geneva. SimCity is published for Macintosh.


1990 Das Internet wird für kommerzielle Zwecke freigegeben.

The internet is opened to commercial use.

1991 Die CAD-Software form·Z von AutoDesSys ermöglicht 3D-Modelle, Animationen und Renderings.

The CAD software form·Z from AutoDesSys enables 3D models, animation and renderings.

1992 CAVE, ein quadratischer Raum mit Wänden aus synchronisierten Projektoren, erlaubt erstmals ein 3D-Raumerlebnis.

CAVE, a rectangular room with walls formed by synchronised projectors, enables a 3D spatial appearance for the first time.

1993 Gründung der EAEA, der European Architectural Endoscopy Association, mit der Absicht, die Bedeutung des endoskopischen Films im Modell als Darstellungsform hervorzuheben.

Founding of the EAEA, the European Architectural Endoscopy Association, with the aim of enhancing the significance of endoscop­ ic film in modelling as a form of representation.

1994 Bernard Tschumi führt an der Columbia University das Paperless Studio ein, in dem erstmals nur noch digital entworfen wird.

Bernard Tschumi introduces the Paperless Studio at Columbia University, in which design is undertaken solely in digital form for the first time.

1995 John Lasseter, Toy Story; erster vollständig computeranimierter Langfilm. Microsoft präsentiert Windows95 der Öffentlichkeit. Christoph Schaub und Marcel Meili, Il Girasole – una casa vicino a Verona.

John Lasseter, Toy Story; first fully-animated feature film. Microsoft presents Windows95 to the public. Christoph Schaub and Marcel Meili, Il Girasole – una casa vicino a Verona.

1997 Luc Besson, The Fifth Element. David Lynch, Lost Highway. Andrew Niccol, Gattaca.

Luc Besson, The Fifth Element. David Lynch, Lost Highway. Andrew Niccol, Gattaca.

1998 Der erste iMac von Apple kommt auf den Markt.

The first iMac from Apple is launched.

2000 @Last Software entwickelt SketchUp für den Architekturbereich zur Herstellung einfacher dreidimensionaler Modelle.

@Last Software develops SketchUp for architectural use in the creation of simple, three-dimensional models.

2001 Hubertus Siegert, Berlin Babylon.

Hubertus Siegert, Berlin Babylon.

2003 Die 3D-Infrastruktur Second Life geht online. Nathaniel Kahn, My Architect.

The 3D infrastructure Second Life goes online. Nathaniel Kahn, My Architect.

2005 Die Internetportale MySpace und YouTube initiieren die Verbreitung von Film und Video im Internet. Mit Google Earth werden die Satellitendaten der gesamten Welt im Internet verfügbar. Joseph Hillel und Patrick Demers, Regular or Super; Dokumentarfilm über Leben und Werk von Ludwig Mies van der Rohe. Mirjam von Arx, Building the Gherkin.

The internet portals MySpace and YouTube initiate the spread of film and video on the internet. Google Earth makes satellite data of the entire world available on the internet. Joseph Hillel and Patrick Demers, Regular or Super; documentary film on the life and work of Ludwig Mies van der Rohe. Mirjam von Arx, Building the Gherkin.

2006 VHS wird als Vertriebsmedium für Filme offiziell eingestellt.

VHS is officially discontinued as a sales medium for films.

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2007 Mit dem iPhone von Apple beginnt die Erfolgsgeschichte der Smartphones mit Multi-Touch-Screen. Google erweitert seinen Kartendienst um die Funktion Street View. Die detaillierte Architektur der Handlungsorte des Action-Adventures Assassin’s Creed und seiner späteren Fortsetzungen erlaubt dem Spieler eine Bandbreite von Interaktionsmöglichkeiten. SketchUp ermöglicht es, Gebäudemodelle in Google Earth einzubetten: Hamburg wird die erste vollständig in 3D aufgebaute Stadt. An der Ars Electronica in Linz wird der erste Architektur- und Designwettbewerb für Projekte in Second Life vergeben. Heinz Emigholz, Maillarts Brücken; Teil der von Emigholz seit 1993 produzierten Serie Architektur als Autobiografie.

The iPhone from Apple marks the beginning of the success story of smartphones with multi-touch screen. Google expands its map service to include the Street View function. The detailed architecture of the settings of the action adventure Assassin’s Creed and its sequels provides players with a range of interaction options. SketchUp enables building models to be embedded in Google Earth: Hamburg becomes the first city to be completely constructed in 3D. At the Ars Electronica in Linz the first architecture and design competition for projects in Second Life is awarded. Heinz Emigholz, Maillart’s Bridges; part of the Architecture as Autobiography series produced by Emigholz since 1993.

2008 Die Bauwerke einer konformistisch-dystopischen Stadt dienen dem Spieler im Action-Adventure Mirror’s Edge als Fortbewegungsmöglichkeit. Ila Bêka und Louise Lemoine, Koolhaas Houselife. Christoph Schaub und Michael Schindhelm, Bird’s Nest – Herzog & de Meuron in China.

The structures of a conformist-dystopian city serve as means of mobility for players of the action adventure Mirror’s Edge. Ila Bêka and Louise Lemoine, Koolhaas Houselife. Christoph Schaub and Michael Schindhelm, Bird’s Nest – Herzog & de Meuron in China.

2009 Luca Guadagnino, I Am Love. Das Open-World-Spiel Minecraft ermöglicht dem Spieler durch seine Welt aus frei kombinierbaren Würfeln einen grossen Gestaltungsspielraum.

Luca Guadagnino, I Am Love. The open world game Minecraft allows players a large degree of creative freedom in its world of freely-combinable blocks.

2010 Christopher Nolan, Inception. Wim Wenders, If Buildings Could Talk…; 3D-Installation des Rolex Learning Centers in Lausanne.

Christopher Nolan, Inception. Wim Wenders, If Buildings Could Talk…; 3D installation of the Rolex Learning Center in Lausanne.

2012 Durch Analyse der Satelliten- und Geodaten generiert Google Earth ein dreidimensionales Modell der gesamten Welt. Die AR-Brille Google Glass ermöglicht die direkte Überlagerung von realer und digitaler Welt.

Analysis of satellite and geodata enables Google Earth to generate a three-dimensional model of the entire world. The AR glasses Google Glass enable the direct superimposition of real and digital worlds.

2013 Joanna Hogg, Exhibition. Der Developer Kit der Oculus Rift kommt auf den Markt. Im Immobilien-Sektor findet AR-Software zunehmend Verwendung als neue Verkaufsvariante. Dieter Reifarth, Haus Tugendhat.

Joanna Hogg, Exhibition. The Developer Kit of Oculus Rift comes on the market. AR software finds increasing use as a new sales variant in the real estate sector. Dieter Reifarth, Haus Tugendhat.

2014 Wes Anderson, The Grand Budapest Hotel. Wim Wenders, Robert Redford, Michael Glawogger, Margreth Olin, Karim Aïnouz und Michael Madsen, Cathedrals of Culture. Maurizius Staerkle Drux, Die Böhms – Architektur einer Familie.

Wes Anderson, The Grand Budapest Hotel. Wim Wenders, Robert Redford, Michael Glawogger, Margreth Olin, Karim Aïnouz and Michael Madsen, Cathedrals of Culture. Maurizius Staerkle Drux, Concrete Love – The Böhm Family.

2015 Am South by Southwest Film-Festival in Austin, Texas wird das Virtual Reality-Kino vorgestellt, das dank Aufnahmen mit einer 360°-Kamera und HMD eine neue Generation von Kino einläuten möchte. Ian Hunter, Kaiju Fury!; der erste VR-Film greift auf ein analoges Stadtmodell als Kulisse zurück. Microsoft präsentiert die HoloLens und die AR-Benutzeroberfläche Windows Holographic, die dem User erlauben, interaktive Hologramme zu projizieren.

At the South by Southwest film festival in Austin, Texas, virtual reality cinema is presented, with film shot with a 360° camera and HMD, heralding a new generation of cinema. Ian Hunter, Kaiju Fury!; the first VR film uses an analogue urban model as a setting. Microsoft presents the HoloLens and the AR user interface Windows Holographic, which enable users to project interactive holograms.


65 Constructing Film. Swiss Archi­tecture in the Moving Image 75 The Yearning of the Architect for Film 80 ‘A Stunning Central Fireplace’ – The Video in Real-estate Marketing

Evelyn Steiner Filmbau. Schweizer Architektur im bewegten Bild

Doris Agotai Die Sehnsucht des Architekten nach dem Film

Riklef Rambow «A stunning central fireplace» – das Video im Immobilienmarketing

B. Martens – O. Paar-Tschuppik 83

60 From the Depth of the Image: Possibilities of the Cinematic Spatial Construct

Rayd Khouloki Aus der Tiefe des Bildes – Möglichkeiten der filmischen Raumkonstruktion

Essays


86 The Medium of Film in Exhibitions on Swiss Architecture

Hubertus Adam Das Medium Film in Ausstellungen schweizerischer Architektur

102 Odysseus on the Swiss Plateau. On Architecture and Urban Landscapes in Swiss Filmmaking 111 Film in Design – In Search of Clues. Clip

Marcel Bächtiger Odysseus im Mittelland. Über Architektur und Stadtlandschaften im Schweizer Spielfilm

Rahel Hartmann Schweizer Filmisches Entwerfen – Eine Spurensuche. Clip

Fred Truniger 95 Selbstverortungen. Der experi-­ Self-positioning. The Experi­mentelle Film und der Raum mental Film and Space

Cinematic Model Simulation: The Manipulated Eye of the Observer

Filmische Modellsimulation: Das manipulierte Betrachterauge


Aus der Tiefe des Bildes – Möglichkeiten der filmischen Raumkonstruktion

Rayd Khouloki

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From the Depth of the Image: Possibilities of the Cinematic Spatial Construct


Fernsehen, Internet und Kino produzieren tagtäglich sequenzielle Bilder. Trotz unterschiedlicher Technik, Rezeption und Verwendung haben diese Bilder eines gemeinsam: Sie erzeugen Raumillusionen im flächigen Bild mit Bewegung. Im Kino erzeugt der Film eine der am stärksten wirkenden Raumillusionen. Die Leinwandgrösse und der verdunkelte Saal schirmen gegen Reize von aussen ab und verstärken die Immersion des filmischen Bildes. Phänomenologisch gesprochen, wird die Leinwand so zum Grund, auf dem die Wahrnehmung Anker wirft: Der Zuschauer taucht in die diegetische Welt des Films ein und erfährt ihre unmittelbare Präsenz. Bedingung für dieses Erlebnis ist die filmische Raumillusionierung durch verschiedene ‹Tiefenkriterien›.

Tiefenkriterien des statischen Bildes Eine erste Tiefenwirkung lässt sich im statischen wie im filmischen Bild bereits durch verschiedene, sich überlagernde Ebenen erzielen. Im Film finden sich solche ‹Figur-Grund-Beziehungen› häufig in Gross- und Nahaufnahmen. Dabei wird zum Beispiel eine Person (Figur) in Nahaufnahme scharf gezeichnet, während der Hintergrund (Grund) extrem verschwommen bleibt. Die Figur erscheint wie ausgeschnitten, klar umrissen. Der Blick des Betrachters wird ganz auf sie gelenkt. Auch Bewegungen können eine Figur-GrundBeziehung definieren. Hierbei ändert sich das Verhältnis der Figur zum Grund. Bewegt sich die Person vor einer Wand von rechts nach links, nimmt der Grund im Verhältnis zur Person auf der rechten Seite zu, auf der linken hingegen ab. Die Person wirkt plastischer. Eines der wichtigsten Mittel zur filmischen Modellierung des Raums stellt das ‹Licht› dar. Dadurch, dass Licht die verschiedenen Objekte in einem Bild überlagert, schaffen Licht und Lichtgefälle eine räumliche Beziehung zwischen den sichtbaren Objekten. Je kontrastreicher der Übergang von hell zu dunkel wahrnehmbar ist, desto klarer ist auch die räumliche Ausdehnung der beleuchteten Oberfläche sichtbar. Auch die Ausdehnung des gesamten Bildraums wird durch die verschiedenen Abstufungen eines Helligkeitsgefälles für den Betrachter erfahrbar. Raumwirkung schafft das Licht vor allem durch seinen Gegensatz: den ‹Schatten›. Bei gleichmässiger Ausleuchtung eines Objekts werden dessen Oberflächenstrukturen geglättet, bei seitlicher Beleuchtung entstehen im Falle einer unregelmässigen Struktur hingegen Schatten. Licht kann das Objekt also geradezu modellieren. Weil Licht im Bewusstsein des Zuschauers meist nur eine untergeordnete Rolle spielt, erlauben Lichtkonzeptionen eine subtile Gestaltung des gesamten Geschehens. So lässt sich mit weichem Licht die Atmosphäre eines Traums erzeugen, mithilfe von Schatten können Räume als unheimlich, durch helles Licht hingegen als freundlich inszeniert werden. Die Einschätzung des Zuschauers von Tiefe und Entfernung im Bildraum basiert auch auf der ‹gewohnten Grösse von Gegenständen›. Die üblichen Proportionen zahlreicher Objekte sind dem Zuschauer bekannt und bilden einen Indikator für die Tiefendimension des jeweiligen Bildraums. Entscheidend hierfür ist das Prinzip der ‹Grössenkonstanz›, demzufolge die reale physikalische Grösse eines Objekts wahrgenommen wird, auch wenn sich dieses vom Auge entfernt und der Sehwinkel dadurch zwangsläufig kleiner wird. Statt einer Schrumpfung des Objekts nimmt der Zuschauer die grössere Entfernung seiner Position im Raum wahr. Ein weiteres Kriterium stellt die ‹Verdeckung› oder ‹Überschneidung› von Objekten dar. In nahezu jeder Filmeinstellung überlagern sich Objekte teilweise, sodass der Eindruck entsteht, sie befänden sich hintereinander. Es existieren auch komplexe Überschneidungsformen, bei denen ein mehrgliedriges Objekt mehrfach ein anderes verdeckt, wie bei einer Umarmung: Zwei Personen umschlingen sich und überlagern damit teilweise den Körper des anderen. Eine Verdeckung / Überschneidung eignet sich dazu, Neugier auf das Verdeckte zu wecken oder die Aufmerksamkeit auf das nicht Verdeckte zu lenken. Der Eindruck räumlicher Tiefe kann auch durch ‹Farbgestaltung› verstärkt werden. Aggressive Farben wie Rot erscheinen dem Zuschauer näher als kühle Farben wie Blau. Je kräftiger die Farbe, desto näher wirkt das Objekt. In einem monochromen Bild kann Tiefenwirkung zudem durch Abstufungen im Sättigungsgrad erzeugt

Television, the Internet and cinema produce sequential images on a daily basis. Despite different technologies, reception and usage, these images have one thing in common: they create spatial illusions in a flat image with movement. In cinema, film creates one of the most effective spatial illusions. The size of the screen and the darkened venue shield against external stimuli and intensify the immersion in the cinematic image. In a phenomenological sense, the screen thus becomes the ground in which the perception is anchored: the viewer plunges into the diegetic world of film and experiences its immediate presence. The prerequisite for this experience is the creation of a cinematic spatial illusion via various ‘depth criteria’.

Depth criteria of the static image An initial depth effect can be achieved in both the static and cine­ matic image, just by having various superimposed layers. In film, such ‘figure-ground relationships’ are often to be found in closeups. Here, for example, a person (figure) is shown in focus, while the background (ground) remains extremely blurred. The figure resembles a cut-out, clearly outlined. The observer’s gaze is directed towards it. Movements can also define a figure-ground relationship, whereby the figure-to-ground ratio changes. If a person in front of a wall moves from right to left, the proportion of ground in relation to the person increases on the right, but decreases on the left. The person appears more three-dimensional. One of the most important means of modelling space in film is light. By layering the various objects in an image, light and light gradients create a spatial relationship between the visible objects. The higher the perceptible contrast in the transition from bright to dark, the more clearly visible the spatial extent of the illuminated surface is. The various increments of a brightness gradient also enable the observer to experience the extent of the entire image space. Light primarily creates a spatial effect via its opposite: ‘shadow’. When illuminated in a uniform manner, an object’s surface structures are smoothed, but when lit from one side, shadows are formed if its structure is irregular. Thus, light can practically model the object. As light usually plays only a minor role in the viewer’s consciousness, light concepts allow subtle shaping of everything that happens. For instance, soft light can generate the atmosphere of a dream and shadow can be used to present spaces as sinister, whereas bright light can present them as friendly. The viewer’s assessment of depth and distance in the image space is also based on the ‘familiar size of objects’. The viewer knows the usual proportions of numerous objects and these constitute an indicator of the depth of the respective image space. One decisive factor here is the principle of ‘dimensional constancy’, according to which, an object’s actual physical size is perceived, even if it is taken away from the eye and the visual angle is thus inevitably reduced. Instead of perceiving a shrinkage of the object, the viewer perceives the object’s more distant position in the space. The ‘occlusion’ or ‘overlapping’ of objects constitutes another criterion. In almost every shot in film, objects partially overlap, giving rise to the impression that one is situated behind the other. There are also complex forms of overlap, where an object that comprises multiple parts occludes another many times over, such as in an embrace: two people entwine, thus partially overlapping each other’s bodies. Occlusion / overlapping works as a means of rousing curiosity with regard to what is concealed, or of drawing attention to what is not concealed. The impression of spatial depth can also be intensified by ‘colouration’. Aggressive colours like red appear closer to the viewer than cool colours like blue. The bolder the colour, the closer the object seems. In a monochrome image, a depth effect can also be generated by increments in the degree of saturation. The so-called ‘atmospheric perspective’, on the other hand, occurs because reflected light has to pass through a quantity of air particles that varies according to how far away the object is; these particles scatter the light, causing objects to gradually appear more blurred. If light can pass through a material, what lies behind it becomes visible. In order for ‘transparency’ to be perceived, the transparent material must be visible. Visual compositions that use transparency


werden. Die sogenannte ‹atmosphärische Perspektive› entsteht hingegen dadurch, dass abhängig von der Entfernung eines Objekts das reflektierte Licht eine variable Menge an Luftpartikeln durchdringen muss, die das Licht streuen, was die Objekte sukzessive unschärfer erscheinen lässt. Ist eine Materie lichtdurchlässig, wird das Dahinterliegende sichtbar. Voraussetzung dafür, dass ‹Durchsichtigkeit› wahrgenommen wird, ist die Sichtbarkeit des durchsichtigen Stoffs. Bildkompositionen mit Durchsichtigkeit schaffen Spannung, der Betrachter dringt darauf, das Objekt schärfer zu sehen. Ein Beispiel für Durchsichtigkeit, wie sie häufig im Film verwendet wird, ist Nebel, der häufig nur die Konturen einer Person erkennen lässt, ohne dass diese eindeutig identifiziert werden könnte. Oberflächenstrukturen vermitteln einen Eindruck von Plastizität, da sie mit zunehmender Entfernung dichter erscheinen. Dieses Phänomen wird als ‹Texturgradient› bezeichnet. Sind Gegenstände in gleichmässigen Abständen zueinander angeordnet, scheinen sie umso näher beieinander zu liegen, je weiter sie entfernt sind. Anders als bei der Verdeckung, deren Effekt aufgehoben werden kann, wenn sich der Betrachterstandpunkt ändert, bleibt die Oberflächenstruktur bei verändertem Standpunkt konstant. Weitere Tiefenkriterien sind die ‹relative Grösse und Höhe im Blickfeld›. Objekte, die im Verhältnis zu anderen Objekten gross erscheinen, wirken für den Betrachter in der Regel auch näher. Ist ein Objekt im Bild dagegen höher angesiedelt als andere, also näher an der Horizontlinie positioniert, erscheint es dem Zuschauer weiter entfernt.

Bewegungsinduzierte Tiefenkriterien Während die bislang dargestellten Tiefenkriterien auch für das statische Bild Geltung besitzen, existieren darüber hinaus filmspezifische Kriterien, insbesondere die ‹bewegungsinduzierten Tiefenkriterien›. Im Falle jener Kriterien, die mit der ‹Bewegung von Objekten›, also der ‹Bewegung vor der Kamera› zusammenhängen, sind ‹Grössen›- und ‹Formkonstanz› Voraussetzungen dafür, dass ein Gegenstand trotz Veränderung der Reizbedingungen unverändert erscheint. Denn obwohl sich bei jeder Bewegung das Netzhautbild ändert, wird der Gegenstand in Grösse und Gestalt konstant wahrgenommen. Dieses Zusammenspiel von Objektbewegung und Konstanzmechanismen erzeugt in der Wahrnehmung des Zuschauers schliesslich den Eindruck von Tiefe. Komplexere Tiefenwirkungen als die ‹Bewegung vor der Kamera› entfaltet die ‹Kamerabewegung›. Kamerafahrten können beim Zuschauer zum Beispiel die ‹Illusion einer Eigenbewegung› erzeugen. Der Zuschauer hat den Eindruck, sich selbst durch die im Film dargestellte Welt zu bewegen. Dabei ist die konkrete Empfindung abhängig von der Inszenierung: Eine rasante Kamerabewegung kann dem Zuschauer den Eindruck vermitteln, haltlos durch den Raum geschleudert zu werden. Eine langsame Bewegung erzeugt hingegen den Eindruck von Zögerlichkeit und vorsichtigem Tasten. Wenn sich der Beobachter selbst in Bewegung befindet, kann zudem auch die Wahrnehmung unterschiedlicher Bewegungsgeschwindigkeiten von Objekten, die gleichzeitig nah und entfernt vor dem Auge vorübergleiten, zum Tiefeneindruck beitragen. Die Ursache dieser sogenannten ‹Bewegungsparallaxe› ist physiologischer Natur: Abbilder jener Objekte, die dem Betrachter näher sind, legen schneller grössere Entfernungen auf der Retina zurück als die der weiter entfernten. Sieht man bei einer Autofahrt aus dem Fenster, rasen die in der Nähe befindlichen Gegenstände so schnell vorüber, dass sie verwischen, weiter entfernte hingegen bleiben erkennbar. Im Film kann dieser Eindruck durch Einsatz einer Kamerafahrt entstehen. Liegen zwei Objekte hintereinander, und der Blick des Betrachters bewegt sich nicht frontal, sondern seitlich auf diese zu, sodass der Eindruck entsteht, die Objekte bewegten sich relativ zueinander, wird eine verstärkte Tiefenwahrnehmung erzeugt. Je nach Bewegungsrichtung wird vom Objekt mehr sichtbar oder verdeckt. Das Kriterium der Bewegungsparallaxe spielt im Falle dieses ‹fortschreitenden Zu- oder Aufdeckens› ebenfalls eine Rolle, da sich das Verhältnis der Objekte zueinander im Blickfeld durch den dynamischen Betrachterstandpunkt stetig verändert.

create tension: the observer strives to see the object more clearly. One example of transparency frequently used in film is mist, which often only allows a person’s outline to be seen, without enabling them to be conclusively identified. Surface structures convey an impression of three-dimensionality because they appear denser as their distance increases. This phenomenon is called ‘texture gradient’. Objects arranged with equal gaps between them appear closer together, the further away they are. If the observer’s position changes, the surface structure remains constant, so this is unlike occlusion, where such a change can cancel out the effect. The ‘relative size and height in the visual field’ constitute additional depth criteria. Objects that appear large in relation to other objects generally also seem nearer to the observer. On the other hand, if an object is at a higher position in the image than others, i.e. it is situated closer to the horizon, it appears to be further from the viewer.

Motion-induced depth criteria While the aforementioned depth criteria also apply to the static image, there are also criteria specific to film, ‘motion-induced depth criteria’ in particular. In the case of criteria associated with the ‘motion of objects’ (i.e. ‘movement in front of the camera’), ‘dimensional constancy’ and ‘constancy of form’ are prerequisites for an object to appear unchanged despite changes in the stimulus conditions: although the retinal image changes upon every movement, the object is perceived to have a constant size and shape. This interplay between an object’s motion and constancy mechanisms ultimately creates the impression of depth within the viewer’s perception. ‘Movement of the camera’ produces more complex depth effects than ‘movement in front of the camera’. For example, when a camera travels, it can give the viewer the ‘illusion of self-motion’. The viewer has the impression that they themselves are moving through the world represented in the film. Here, the specific sensation depends on the enactment: a rapid camera movement can give the viewer the impression of being hurled through the space without restraint, whereas a slow movement creates the impression of hesitancy and cautiously feeling one’s way. If the observer themselves is moving, the perception of close and distant objects moving at different speeds as they simultaneously pass in front of the eyes can also contribute to the impression of depth. The cause of this so-called ‘motion parallax’ is physiologic­ al: images of objects closer to the observer travel relatively long distances across the retina more quickly than those of objects that are further away. From the point of view of someone looking out of the window while riding in a car, close objects race past so quickly that they blur, whereas more distant objects remain recognisable. In film, this impression can be created by using a travelling camera. If two objects are positioned one behind the other and the observer’s viewpoint moves towards them, not frontally, but laterally, creating the impression that the objects are moving in relation to each other, this produces an intensified perception of depth. More of the object becomes visible or concealed, depending on the direction of motion. The motion parallax criterion also plays a role in this ‘progressive covering or uncovering’, as the relationship between objects in the visual field is constantly changed by the observer’s dynamic position. In a ‘pan or tilt’, the camera does not leave its position; it can pan to the left or right and tilt up or down. Horizontal pans usually serve to convey a spatial overview, or to follow the motion of an object. If the camera pans or tilts slowly, this lets the viewer’s gaze roam, to a certain extent, which emphasises the coherence of the space. The space itself is then the object of representation. On the other hand, hectic pans or tilts often convey a character’s mental state. For example, if the camera replicates the hasty eye movements of a fleeing character, this also enables the viewer to physically sense the character’s fear. Such ‘point-of-view shots’ are a common compositional device in film. In contrast, ‘whip pans and whip tilts’ are used more rarely, but work as a way of creating an impression of dizziness because when the speed of the pan or tilt increases, the objects also become increasingly blurred.

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Bei einem ‹Kameraschwenk› verlässt die Kamera ihre Position nicht; sie kann nach rechts und links, nach oben oder unten schwenken. Schwenks auf der horizontalen Achse haben meist die Funktion, einen räumlichen Überblick zu vermitteln oder der Bewegung eines Objekts zu folgen. Schwenkt die Kamera langsam, lässt sie den Blick des Zuschauers gewissermassen schweifen, wodurch die Kohärenz des Raums betont wird. Der Raum selbst ist dann Gegenstand der Darstellung. Hektische Schwenks vermitteln hingegen oft die psychische Verfassung einer Figur. Die Kamera zeichnet zum Beispiel die hastige Blickbewegung einer flüchtenden Figur nach, wodurch deren Angst für den Zuschauer auch physisch spürbar wird. Solche ‹Point-of-View-Shots› sind ein gängiges Gestaltungsmittel im Film. ‹Reissschwenks› finden hingegen seltener Verwendung, eignen sich aber zur Erzeugung eines Eindrucks von Schwindel, da die Objekte mit zunehmender Schwenkgeschwindigkeit auch zunehmend verschwimmen. Die stärkste Raumillusion wird im Film mithilfe von ‹Kamerafahrten› erzeugt; der Raum wird durch die fliessende Bewegung der Kamera plastischer und intensiver erfahrbar. Meist hat eine ‹Kamerafahrt vorwärts›, in den Raum hinein, den Charakter einer visuellen Aneignung des Raums. ‹Rückwärtsfahrten› werden hingegen häufig eingesetzt, um den Raum zu öffnen und den Kontext zu enthüllen. ‹Kamerafahrten seitwärts› erzeugen beim Zuschauer eine gewisse Distanz zum Objekt, weil die Blickführung parallel zum dargestellten Raum verläuft. Die Aufmerksamkeit wird weniger auf die Bewegungsrichtung als vielmehr auf das Geschehen gelenkt. Eine Sonderstellung nimmt der ‹Zoom› ein, der eine Fahrt lediglich suggeriert. Er kann den Eindruck einer Raumdehnung oder -verflachung erzeugen.

Perspektiven Konstruieren lässt sich die Perspektive im Filmbild durch den Einsatz verschiedener Objektive, durch die Gestaltung des Szenenbilds vor der Kamera sowie durch Postproduktion und Computertechnik. Die am häufigsten verwendete Form im Film stellt die ‹perspektivische Organisation des Bildraums› mit einem (Zentralperspektive) oder mehreren Fluchtpunkten dar. Dabei ist der gesamte Bildraum auf den Standpunkt des Betrachters hin organisiert, wodurch dieser in die Darstellung gleichsam hineingezogen wird. Durch Variation der Fluchtpunktgestaltung lassen sich verschiedene Empfindungseffekte beim Zuschauer erzielen. So kann dieser durch die Illusion eines alles erfassenden Blicks emotionalisiert, durch eine nüchterne, zurückhaltende Komposition hingegen auf Distanz zum Geschehen gehalten werden. Das Phänomen der ‹Bewegung› bedeutet für das Filmbild eine kontinuierliche Veränderung, wodurch völlig andere Voraussetzungen als beim statischen Bild entstehen: Bewegung zieht den Blick an. Der Zuschauer orientiert sich mehr am dynamischen Objekt als am Fluchtpunkt. Kamerabewegungen können die perspektivische Ausrichtung eines Bildes zudem grundlegend verändern, der ursprüngliche Fluchtpunkt verliert seine Funktion. Damit befindet sich der Betrachterstandpunkt in einem fliessenden Veränderungsprozess.

Montage Die ‹Montage›, also die Verbindung verschiedener Einstellungen, ist ein filmspezifisches Gestaltungsmittel, das zur Raumillusionierung massgeblich beiträgt, indem es den Eindruck eines homogenen Raums erzeugt. Basis hierfür ist das Kontinuitätsprinzip, das es dem Zuschauer gestattet, gedanklich eine Verbindung zwischen den Einstellungen herzustellen, die sogenannte ‹Cognitive Map›. Diese Landkarte ermöglicht eine Orientierung im Raum über die einzelne Einstellung hinaus. Suggeriert wird der kohärente Raum dabei durch sogenannte ‹Invarianten›, visuelle oder akustische Reizbeziehungsweise Handlungsmerkmale, die den geografischen Zusammenhang zweier Einstellungen anzeigen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Figuren, Geräusche oder Verbindungen auf der Blickachse. Eine typische Montagetechnik ist in diesem Zusammenhang der ‹harte Schnitt›, der sich durch die Schnelligkeit des Übergangs auszeichnet, wodurch die Kohärenz des Raums für den Zuschauer leicht nachvollziehbar ist. Raum-Zeit-Sprünge lassen

The most powerful spatial illusion in film is generated with the aid of a ‘travelling camera’; the flowing movement of the camera en­ ables the space to be experienced in a more three-dimensional and intense manner. Usually, a camera travelling ‘forwards’ into the space constitutes a visual appropriation of the space. ‘Backwards’ travel, on the other hand, is often used as a way of opening up the space and revealing the context. If the camera travels ‘sideways’, this generates a certain distance between the viewer and the object because the viewpoint is directed along a line that is parallel to the represented space. Here, attention is drawn to what is happening, more than to the direction of movement. The ‘zoom’ has a special status, as it merely suggests travel. It can create the impression of a stretching or flattening of space.

Perspectives Perspective can be constructed in the cinematic image via the use of various lenses and via the production design in front of the camera, as well as via postproduction and computer technology. In film, the most common variety is ‘perspective-oriented organisation of the image space’ with one (central perspective) or more vanishing points. Here, the entire image space is organised according to the observer’s position, whereupon the observer is incorporated into the presentation, as it were. The arrangement of the vanishing point(s) can be varied, so as to cause the viewer to perceive different effects. For instance, the illusion of an all-encompassing view can emotionalise the viewer, whereas a sober, reserved composition can maintain a distance between the viewer and what is happening. For the cinematic image, the phenomenon of ‘motion’ means continual change, entailing completely different conditions from those that apply to the static image. Motion attracts the gaze. The viewer orients themselves towards a dynamic object more than towards a vanishing point. Camera movements can also fundament­ ally realign the perspective in an image, as the original vanishing point loses its function. As a result, the observer’s position changes in a flowing process.

Editing ‘Editing’, i.e. the combination of different shots, is a compositional tool specific to film, which makes a significant contribution to the spatial illusion, in that it creates the impression of a homogeneous space. This is based on the principle of continuity, which allows the viewer to make a mental connection between shots, a so-called ‘cognitive map’. This map enables orientation in the space, beyond the individual shot. Here, coherent space is suggested by so-called ‘invariants’, visual or acoustic stimulant features or action-based features that denote the geographical interrelationship between two shots. These include characters, noises, or eye-line matches, for example. One typical editing technique in this context is the ‘hard cut’, which is characterised by the high speed of transition, making the coherence of the space easy for the viewer to comprehend. In contrast, gaps in space and time can be suggested with the aid of a ‘match cut’, a ‘fade-out and fade-in’ or a ‘dissolve’. In the case of the ‘match cut’, continuity is not achieved via geographically or temporally attributable invariants but, for instance, via movements, or the similarity of objects’ forms, transcending a single shot. With the ‘fade-out and fade-in’, on the other hand, the effect is based on the fact that the intervention is clearly percep­tible: the image darkens, then brightens again. In turn, the dissolve involves two shots directly blending into each other, whereby one is temporarily superimposed on the other. However, the most important strategy for a coherent spatial construct beyond two shots is not an editing technique in itself, but a form of visual composition: the ‘eye-line match’, as seen, for example, in ‘shot / reverseshot editing’. The perspective-oriented organisation of the image space and the change of perspective caused by editing generally create the impression of an endless homogeneous space, which indicates the significance of the so-called ‘off-screen space’ with regard to the construction of the cinematic space. This intrinsically invisible space is taken for granted by the viewer and can be more present or less


sich hingegen mithilfe eines ‹Match-Cut›, einer ‹Auf- und Abblende› oder einer Überblendung suggerieren. Kontinuität wird im Falle des ‹Match-Cut› nicht durch geografisch oder temporal zuzuordnende Invarianten erzielt, sondern zum Beispiel durch die Ähnlichkeit von Objektformen oder Bewegungen über eine einzelne Einstellung hinaus. Bei der ‹Auf- und Abblende› beruht der Effekt hingegen auf der deutlichen Wahrnehmbarkeit des Einschnitts: Das Bild verdunkelt sich und hellt anschliessend wieder auf. Bei der Überblendung wiederum gehen zwei Einstellungen, die sich zwischenzeitlich überlagern, direkt ineinander über. Die wichtigste Strategie für eine kohärente Raumkonstruktion über zwei Einstellungen hinweg ist allerdings selbst keine Montagetechnik, sondern eine Form der Bildgestaltung: die ‹Verbindung auf der Blickachse›, zum Beispiel durch Verwendung einer ‹Schuss-Gegenschuss-Montage›. Die perspektivische Organisation des Bildraums und der Perspektivwechsel durch die Montage erzeugen in der Regel den Eindruck eines unendlichen, homogenen Raums, was auf die Bedeutung des sogenannten ‹Off-Raums› für die Konstruktion des filmischen Raums verweist. Dieser per se unsichtbare Raum wird vom Zuschauer vorausgesetzt, kann in dessen Wahrnehmung mehr oder weniger präsent sein, je nachdem, ob er in die Inszenierung einbezogen wird oder nicht.

Der Ton Ein Instrument für die Raumillusionierung, das häufig auf den ‹OffRaum› verweist, ist der ‹Ton›, wobei hier zwischen Sprache, Musik und Geräuschen unterschieden werden kann. Für die Raumbildung besonders wichtig ist der sogenannte ‹Off-Screen›-Ton, da die Wahrnehmbarkeit des filmischen Raums über den unmittelbaren Bildraum hinausgeht. So zeugt eine Stimme aus dem Off von der Präsenz einer Figur, die im Bildraum nicht zu sehen ist, wodurch der bislang nur visuell wahrgenommene Raum eine Erweiterung erfährt. Auch kann durch An- und Abschwellen der Lautstärke akustisch der Eindruck einer Bewegung im ‹Off-Raum› hervorgerufen werden. Schliesslich können mithilfe des Tons auch Vorder-, Mittel- und Hintergrund akustisch inszeniert werden. Zur Veranschaulichung dient eine Szene, in der ein Paar in einem Lokal sitzt. Der Schauplatz wird mit einer Totalen eingeführt, eine Band spielt, während gleichzeitig Stimmengewirr und andere Geräusche zu hören sind. Die Musik dominiert die Geräuschkulisse. In der nächsten Einstellung ist das Paar in Nahaufnahme zu sehen, der Dialog der beiden deutlich zu hören. Die Stimmen der Figuren überlagern jetzt alle anderen Geräusche. Es entsteht eine Art akustischer Figur-GrundBeziehung, wobei die Stimmen die Figur, Musik und Lärm den Grund bilden. Erwähnt werden sollte schliesslich noch die 3D-Technik, deren Durchsetzung seit einigen Jahren vonseiten der Filmindustrie forciert wird. Anknüpfungspunkt dieser Technik ist die menschliche Fähigkeit zu ‹stereoskopischem› Sehen. Dabei werden zwei Bilder derselben Szene mit leicht unterschiedlichen Perspektiven übereinander projiziert. Die Überlagerung wird mithilfe spezieller Brillen anschliessend wieder entzerrt, sodass ein Bild jeweils auf der Retina eines Auges erscheint, beide Bilder aber, wie beim alltäglichen Sehen, in der Wahrnehmung zu einem plastischeren Raum­eindruck verschmelzen. Der Bildvordergrund wirkt näher. Allerdings ist die Technik bis heute nicht gänzlich ausgereift, immer wieder kommt es zu kontraproduktiven Raumeindrücken, wenn ein Objekt im Bildvordergrund irreal wirkt oder Unschärfe entsteht. Zweifel an dem künstlerischen Nutzen dieser Technik werden auch immer wieder artikuliert. Es bleibt abzuwarten, ob die verbesserte 3DTechnik nur ein weiteres Zwischenspiel wie das 3D-Verfahren der 1950er Jahre darstellen oder ob sie die Filmästhetik dauerhaft prägen wird.

Dr. Rayd Khouloki (* 1972 in Düsseldorf) studierte Erziehungswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und promovierte an der Universität Hamburg über filmischen Raum. Seitdem arbeitet er als externer Lektor und gibt theoretische und praktische Seminare im Bereich Filmwissenschaft unter anderem an der Universität Hamburg, der Muthesius Kunsthochschule Kiel und der Universität Wien. Er lebt in Wien.

present in the viewer’s perception, depending on whether or not it is incorporated into the presentation.

Sound One tool for creating a spatial illusion, which often refers to the ‘offscreen space’, is sound, whereby a distinction can be made here between speech, music and noises. So-called ‘off-screen’ sound is particularly important for the creation of space, as the perceptibility of the cinematic space goes beyond the immediate image space. For instance, an ‘off-screen’ voice provides evidence of the presence of a character who cannot be seen in the image space, whereupon the space, which could previously only be perceived visually, is expanded. Increasing and decreasing volume can also acoustically evoke an impression of movement in the ‘off-screen space’. Ultimately, sound can also help to present the foreground, middle ground and background acoustically. Take, for example, a scene where a couple is sitting in a pub. The setting is introduced with a long shot; a band is playing, while a babble of voices and other noises can be heard at the same time. The music dominates the soundscape. In the next shot, the couple is shown up close and their dialogue can be heard clearly. The characters’ voices are now superimposed on all other noises. A kind of acoustic figure-ground relationship is produced, whereby the voices constitute the figure, and the music and noise constitute the ground. Finally, 3D technology should also be mentioned, technology that has been pushed forwards by the film industry for several years. The starting point for this technology is the human capability of ‘stereoscopic’ vision. Here, two images of the same scene with slightly different perspectives are projected on top of each other. The superimposed images are then descrambled with the aid of special glasses, such that one image appears on the retina of each eye, but the two images are perceived to blend, forming a more three-dimensional impression of space, like in ordinary vision. The image’s foreground appears to be closer. To this day, however, this technology has not quite been perfected: counterproductive spatial impressions often arise, whereby an object in the foreground appears unrealistic or blurring occurs. Doubts about the artistic bene­ fits of this technology are also frequently voiced. It remains to be seen whether enhanced 3D technology is just another phase, like the 3D system used in the 50s, or whether it will have a lasting influence on film aesthetics.

Dr. Rayd Khouloki (b. 1972 in Düsseldorf, Germany), studied pedagogy at HeinrichHeine-Universität Düsseldorf and wrote his doctoral thesis on space in film. Since then he has worked as an editor and gives theoretical and practical seminars in the field of film science at University of Hamburg, Musikhochschule Kiel, University of Vienna and others. He lives in Vienna.

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Filmbau. Schweizer Architektur im bewegten Bild

Evelyn Steiner Constructing Film. Swiss Architecture in the Moving Image


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