Basler Stadtbuch 2012

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13 3 .  J a h r / Au s g a b e 2 0 1 3 Z a h l e n, Ku r v e n, C h r i s t o p h M e r i a n S t i f t u n g (Hg.) S ä u l e n, Ku c h e n C h r i s t o p h M e r i a n Ve r l a g

Basler Stadt buch

Po l i t i k u n d Gesellschaft

Wi r t s c h a f t und Region

Stadtentwicklung u n d ­A r c h i t e k t u r

Bildung und Umwelt

2012

Ku l t u r u n d Geschichte

Alltag und Freizeit


www.baslerstadtbuch.ch www.baslerchronik.ch

Bas Stadt

201


13 3 .  J a h r / Au s g a b e 2 0 1 3 C h r i s t o p h M e r i a n St i f t u n g (Hg.) C h r i s t o p h M e r i a n Ve r l a g

sler tbuch

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E d it oria l

« Zeit und Raum in Zahlen » * Aus über tausend Erhebungspositionen setzt sich der Warenkorb, der dem Basler Preisindex zugrunde liegt, zusammen. Darunter sind auch Produkte zu finden, die man kaum erwarten würde: zum Beispiel Orangen, Ökoheizöl, Kontaktlinsen, Rennvelos, Theaterabonnemente und Badereisen. Der Index der Konsumentenpreise ist nur ein Beispiel erhobener Daten, die über die Teuerungsberechnung eine d ­ irekte Auswirkung auf die gesamte Stadtbevölkerung haben. Im diesjährigen Schwerpunktkapitel ‹Zahlen, Kurven, Säulen, Kuchen› stellen wir die Arbeit derjenigen Institution vor, bei der – neben einer Unsumme weiterer Datensätze ( zum Beispiel zur ‹Rattenbekämpfung seit 2000› oder der ‹Anzahl niederer Tiere› im Basler Zolli ) – auch die Preise des Warenkorbs erfasst werden. Das Statistische Amt des Kantons Basel-Stadt ist eine Behörde, mit deren Arbeit wir wenig vertraut sind, aber häufig in Berührung kommen; anhand von sieben Themenkreisen wird die Vielfalt ihrer Erhebungen aufgezeigt. Drei weitere Autoren befassen sich im Schwerpunktkapitel allgemein mit dem Thema Zahlen, würdigen die wegweisende Basler Wohnungsenquete von 1889 und fragen kritisch, wie statistische Daten erhoben, interpretiert und politisch eingesetzt werden. Den Anfang des Kapitels ‹ Politik und Gesellschaft › macht der Beitrag ‹ Alle wollen liberal sein ›, ein Essay zur Geschichte und Begrifflichkeit des Liberalismus in Basel, gefolgt von einem Blick von aussen auf die Kantonsfusion und zwei Beiträgen zum Thema Migration: Das Wort ‹ Abenteuer-Migrant › wird ebenso beleuchtet wie die Tatsache, dass in Basel « seit Jahrhunderten ein Kommen und Gehen » herrscht – sehr zum Wohle der Stadt Basel, die sich aus den unterschiedlichsten Gemeinschaften zusammensetzt, wie zum Beispiel den jüdischen Gemeinden ( ja, im Plural !) oder der ­Communauté Française mit ihrer eigenen Schule und ihrer eigenen Kirche. Selbstver­ständlich findet sich auch ein Artikel über die Grossrats- und Regierungsratswahlen 2012 . Wie geht es der Basler Wirtschaft in diesen turbulenten Zeiten, geprägt vom « starken Schweizerfranken, verlangsamter Konjunktur und internationalen Schulden- und Budgetkrisen », wie ein Autor schreibt ? Und was machen die Regio Basiliensis, Metrobasel, der Dachverband Metropolitankonferenz, die RegioTriRhena oder die Oberrheinkonferenz ? Diesen Fragen gehen die Beiträge im Kapitel ‹ Wirtschaft und Region › nach, das sich auch mit Projekten des öffentlichen Verkehrs ( Anschluss des EuroAirports an das Bahnnetz, ‹Tramnetz 2020 › ) befasst. Das kantonale Inventar der schützenswerten Bauten soll nach über dreissig Jahren Arbeit bis 2014 abgeschlossen werden – Grund für ein Interview mit dem Basler Denkmalpfleger Daniel Schneller, der die Vorgehensweise, die Risiken und die Probleme des Denkmalschutzes erläutert. Die den Beitrag begleitenden Abbildungen laden geradezu ein, 5


wieder einmal mit offenen Augen durch Basel zu streifen und die architektonische Vielfalt der Stadt zu geniessen. Dass man bei einem solchen Spaziergang auch auf ‹ zugelassene Scheusslichkeiten › stossen kann, ist einem Text über die Arbeit der Stadtbildkommission zu entnehmen. Ergänzt wird das Kapitel ‹ Stadtentwicklung und Architektur › durch Artikel zur Neugestaltung des Hafenareals, wo ein ganzes Quartier neu entstehen wird, und zum Projekt Badischer Bahnhof, der in Zukunft vermehrt eine Zentrumsfunktion übernehmen soll. Das Migrationsthema wird im Kapitel ‹ Bildung und Umwelt › wieder aufgegriffen: Warum haben es Kinder ausländischer Eltern oft schwer, eine Lehrstelle zu finden ? Sind wirklich nur die Vorurteile gegenüber Migrantenkindern, eine mehr oder weniger versteckte Xenophobie, die Ursache oder gibt es andere Gründe dafür ? Und was steckt eigentlich hinter der Idee, das beliebte Schulfach PPP ( Philosophie, Psychologie, Pädagogik ) am Gymnasium am Münsterplatz abzuschaffen ? Kann es wirklich sein, dass eine Schule wegen ihres erfolgreichen Fächerangebotes zurückgebunden werden muss ? Es mutet doch seltsam an, dass die Basler Gymnasien zueinander in Konkurrenz stehen und sich gegenseitig die Schülerinnen und Schüler abzuwerben versuchen. Den Auftakt zum Kapitel ‹ Kultur und Geschichte › macht ein interessanter Essay über die ‹ Instrumentalisierung der Geschichte › mit Überlegungen zur Verwendung historischer Themen als Erklärung der Gegenwart und Zukunft, wie sie zum Beispiel in Artikeln der ‹ Basler Zeitung › immer wieder abgehandelt werden. Kritisch beleuchtet werden auch die beiden Kulturleitbilder von Basel-Stadt und Baselland: Ersteres ist be­ reits veröffentlicht, Letzteres wird noch erarbeitet und wohl 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ein weiterer Kulturbeitrag widmet sich der Frage, ob wir am Ende der Buchgeschichte stehen – ein spannendes und breit diskutiertes Thema. Abge­schlossen wird das Kapitel mit einem Beitrag über ein Gebäude, das wahrscheinlich viele von Ihnen nicht kennen: Hätten Sie gewusst, wo die Katholisch-Apostolische Kapelle steht und welche Bewandtnis es mit ihr hat ? Viel Platz erhält in diesem Stadtbuch der FC Basel, unserer Meinung nach zu Recht: Cupsieger, Meister, Titel-Hattrick, Champions-LeagueTeilnahme, Erfolg reihte sich an Erfolg. Ergänzt wird dieser Jahresrückblick durch Interviews mit dem FCB -Präsidenten Bernhard Heusler und mit dem im Sommer 2012 vom aktiven Fussball zurückgetretenen Benjamin Huggel, über Jahre das FCB -Rückgrat im Mittelfeld. Zu danken ist allen Autorinnen und Autoren, aber auch den Stadtbuchberaterinnen und -beratern. Für den kommenden Stadtbuch-Jahrgang werden neu Dr. Manuel Friesecke und Matthias Geering zum Team stossen; sie ersetzen die zurücktretenden Dr. Eric Jakob und Dr. Beat Münch, denen an dieser Stelle herzlich für ihre Arbeit und ihre Anregungen gedankt sei. Rosmarie Anzenberger als Lektorin und Kathrin Schulthess als Fotografin haben mit ihrer Arbeit das Stadtbuch massgeblich mitgestaltet 6


und mich mit ihrer Kompetenz und mit vielen Anregungen in hohem Mass unterstützt. Dafür danke ich von ganzem Herzen. Mein Dank geht auch an das Grafikbüro von ‹ groenlandbasel ›, Dorothea Weishaupt, ­Joseph Kennedy und Lars Egert, an den Lithografen Andreas Muster, an die Druckerei Schwabe AG und an den Christoph Merian Verlag und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihm insbesondere für das Vertrauen in mich. Das Umschlagbild entstand anlässlich des Stadtmusikfestivals 2012 , noch bevor bekannt wurde, dass das ‹ livingroom.fm Stadtmusik Festival Basel › nach drei Ausgaben im Jahr 2013 trotz stetig steigender Besucherzahlen nicht stattfinden wird. Laut den Veranstaltern ist noch nicht klar, ob und wie es weitergeht. Es bleibt zu hoffen, dass es sich bloss um eine Auszeit handelt und wir 2014 eine vierte Ausgabe erleben dürfen. Lukas Hartmann ( Redaktor ) *

Untertitel des Statistischen Jahrbuchs des Kantons Basel-Stadt

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Zah Kur S채u Kuc


Z a hle n, K ur ve n, S채 ule n, K uche n

hlen, ven, len, chen


Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n

Inhalt 11

Ma t t h ia s Bus ch le

Basel in ­Z ahlen Eine Stadt in Zahlen und Statistiken zu betrachten, wirkt seriös. Dass Ziffern auch abschreckend wirken können, liegt wohl an den Zahlen an sich: Diese sind immer eine Abstraktion, die viele ungern machen. Doch eine Stadt in Zahlen kann auch Spass machen. Hier einige Angebote 14

statistik in k artenfor m 22

Nathalie Grillon, Nana M ittelm aier

36

Die Statistik im Hintergrund

Ulric h Gräf

39

wohnungsbau in Basel-stadt

M ario König

43

Statistik, die ­a nstösst Die Basler Wohnungserhebung von 1889 und ihre Auswirkungen

Carlo Knöpf el

45

Statistik und Politik – ein spannungs­ r eiches ­V er hältnis

Befragungen als Entscheidungsgrundlage für die Politik 25

34

Grossr ats - und R e­g ier­u ngs­ r ats­wahlen

N a n a Mit t e lma ie r

was die basler denken

Ulric h Gräf

der basler pr eisindex

Das Statistische Amt des Kantons Basel-Stadt 18 S a n dra S ch e lb e rt , Be rn a rd Sp ich t ig

30

sozialber ichterstat tung

Ma d e le in e I mhof

Im Dienste der ­Tr anspar enz

Andrea Pf eif er Brändli

U lrich Grä f

Einkom men und v er mögen in Basel-stadt

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Basel in Zahlen Eine Stadt in Zahlen und Statistiken zu ­betrachten, wirkt seriös. Dass Ziffern auch abschreckend wirken können, liegt wohl an den Zahlen an sich: Diese sind immer eine Abstraktion, die viele ungern machen. Doch eine Stadt in Zahlen kann auch Spass machen. Hier einige Angebote

Die Bernoulli haben die Mathematik im 18. Jahrhundert dominiert, sie wurden je­ doch von einer anderen Basler Persönlich­ keit überstrahlt: dem genialen Leonhard Eu­ler. Der 1707 in Basel geborene Euler gilt bis heute als einer der wichtigsten Mathe­ matiker überhaupt. Auch er wirkte jahr­ zehn­te­lang an der Petersburger Akademie und starb dort 1783. Basel in Zahlen heisst also zuerst einmal, an die Zeit zu erinnern, in der Basel eine Kapi­ tale der Mathematik war. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass nicht das Basel­ deutsch diese Herren zu genialen Köpfen machte, es war eine andere Sprache, die sie beflügelte: die universelle Sprache der Ma­ thematik. Mit Zahlen sich auszudrücken – und dies so einfach wie möglich: Dies war ihre Kunst und ihre Wissenschaft. Zahlen sind auf den ersten Blick dürr, sie sind eine Abstraktion beziehungsweise ei­ ne Definition. Es kommt immer darauf an, was gezählt wird: Obst oder Äpfel, kleine

Basel als Zahlenkapitale Man sagt, dass es im 18. Jahrhundert an der Petersburger Akademie üblich war, sich auf Baseldeutsch zu unterhalten. Denn dort wa­ ren so viele Gelehrte tätig, die vom Rhein­ knie stammten, dass diese problemlos in ihrer Muttersprache reden konnten. Nicht nur in Russland hatten die Basler Zahlen­ männer die Nase vorne; ihre Theorien und Analysen wurden in ganz Europa rezipiert und diskutiert. Geprägt wurde diese Gruppe von der Fami­ lie Bernoulli, die in drei Generationen acht hochgeachtete Vertreter der exakten Wis­ senschaft hervorbrachte. An der Basler Uni­ versität hatten Mitglieder dieser Gelehrten­ familie 103 Jahre in Folge den Lehrstuhl für Mathematik inne, von 1687 bis 1790. Die ma­ thematischen Entdeckungen, Ergebnisse und Analysen der Bernoulli berühren bis heu­te unseren Alltag, ihre Schriften werden immer noch von Fachleuten studiert. 11

Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n

Ma t t hia s Bus ch le


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oder grosse, oder alle? Dies will immer vor­ so exakt sein will wie die beschriebene geo­ gängig geklärt sein. Und somit wagen wir grafische Landschaft, sie müsste mindes­ uns an die Zahlen von Basel. tens so gross sein wie die Landschaft selbst. Basel in Zahlen

Zahlenmagie

Machen wir den Versuch: Welche Beschreibung passt besser?

Bestimmte Zahlen üben einen Reiz aus, aus welchen Gründen auch immer. Warum ist die 13 eine Unglückszahl? Warum die eine oder andere eine Glückszahl? Göttliche Zahl: Was ist denn das? Ebenso: Was ist eine Loszahl? An Zahlen lassen sich der tägliche Zauber und Glaube verdeutlichen. Und so bieten sich Zahlen an, um an ein wissen­ schaftliches Grossprojekt zu erinnern, das in der Stadt angesiedelt war: das ‹Handwör­ terbuch des deutschen Aberglaubens›. Es erschien in den Jahren 1927 bis 1942 mit dem Ziel, allumfänglich die Phänomene des all­ täglichen Glaubens in Wissen und Praxis im deutschsprachigen Raum zu dokumentie­ ren. Die Herausgeber dieses üppigen Werkes wa­ ren die in Basel tätigen Volkskundler Eduard Hoffmann-Krayer (1864–1936) und Hanns Bächtold-Stäubli (1886–1941). Das Stich­ wort-Register beginnt mit ‹Aal› und endet mit ‹Zahl›. Das Werk gilt heute als nicht un­ umstritten, es ist ein Kind seiner Zeit, und bei einigen Interpretationen schossen die Autoren über das Ziel hinaus. Besonders die un­überschaubaren Quellen und Verweise über­fordern Leserin und Leser. Aber das ‹Handwörterbuch› wirkt sich bis heute aus: bis hin zu Künstlern wie Joseph Beuys, der das Nachschlagewerk gerne benutzte, um seine persönliche Mythologie zu untermau­ ern. Leider wurde der schon erwähnte Artikel ‹Zahl› nie vollendet, er steht als Ruine im Register des Kompendiums. An Einträgen zu Zahlen mangelt es jedoch nicht, zum ­Beispiel unter den Stichwörtern ‹Abend­ segen› ‹anschreiben am Dreikönigstag›, ‹Apokalyp­se›, ‹Bad›, ‹Erbsenzauber›, ‹Erlö­ sung›, ‹Glücksnummer›, ‹heilige Zahl›, ‹Jahr›, ‹Jahreszahlen-Weissagung›, ‹Lotte­

(1)

Nordpunkt (Landesgrenzstein 63) 7 ° 41´ 37, 2 ˝ östliche Länge, 47 ° 36´ 08 , 3 ˝ nördliche Breite / Südpunkt Rheinufer, Landesgrenze Kleinhüningen 244 ,75 m ü.M . / Höchster Punkt: St. Chrischona, Terrasse 522 ,03 m ü.M . / Gesamtbevölkerung 190 333 / Jahresmittel der Temperatur in °C 9 , 9 / absolutes Minimum − 11 , 0 / absolutes Maximum 35 ,5 / ­S onnenscheindauer in Stunden 1644 / Besucher in B ­ asler Museen 1 647 456 / Besucher im Theater Basel 176 166 (2)

«Basel ist, wie mir scheint der Mittelpunkt der Christenheit oder aber dem Mittelpunkt sehr nahe. (…) Durch die Stadt fliesst der Rhein und teilt sie in zwei Hälften. (…) Die Breite des Flusses misst innerhalb der Stadt zweihundert Schritte. (…) Die Hausdächer sind in der ganzen Stadt reizvoll. (…) Die Gassen sind weder eng noch unnötig und übermässig breit. (…) Auch möchte ich es ­d ieser Stadt nicht als Fehler anrechnen, dass sie vom Meere sehr weit entfernt liegt.»

Die Grundlagen für Nummer 1 sind die neu­ esten Zahlen des Statistischen Amtes des Kan­tons Basel-Stadt. Nummer 2 stammt aus der in Latein verfassten Stadtbeschreibung von Enea Silvio Piccolomini, dem späteren Papst Pius II. (1405–1464). Ehrlicherweise muss gesagt sein, dass beide eine mehr oder weniger zufällige Auswahl aus einem grös­ seren Material sind. Welche Beschreibung besser gefällt, dies sei den Lesern überlassen. Eines ist jedoch klar: Beide sind ungenügend. Jeder Versuch der Beschreibung, sei es in Ziffern oder in Wor­ ten, ist reduziert. Dieses Problem kennt die Kartografie schon lange: Eine Landkarte, die 12


( 13) 1917 (14) 1946 ( 1 ) Erste Nennung des Namens Basel (2) um dieses Datum: Bau der ersten Rheinbrücke (3) das grosse Erdbeben ( 4) Vereinigung mit Kleinbasel ( 5) Konzil (6) Gründung der Universität ( 7 ) Anschluss an die Eidgenossenschaft (8) Lossagung vom Bischof (9) Gründung der Lesegesellschaft (10) Kantonstrennung (11 ) erster Zug von Richtung St-Louis in Basel (12 ) Erster Zionistischer Weltkongress (13) erste Mustermesse (14) Eröffnung des Flughafens

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rie› und ‹Orakel›. Das ist eine ziemlich bun­ Auch hier ist die Auswahl subjektiv, es feh­ te Sammlung, die aber schön die Rolle von len wichtige Ereignisse. Doch die Histori­ Zahlen in unserem Alltag illustriert. ker hatten sicher keine Mühe, anhand die­ ser Liste die Stadt zu erkennen – sollten sie Zahlen sind subjektiv jedenfalls. Dass Zahlen trotz allem auch subjektive Mo­ Machen wir einen weiteren Versuch: mente in sich tragen, ist unbestritten. Eben­ (1 ) 4058 (2) 40 (3) 34 (4) 11 (5) 4056 so sind Messungen Definitionssache. Ein ( 6) 248 Basler Beispiel, mit Begründung, sei hierzu angeführt: Noch im Jahr 1748 wird in einem Wer dies errät, ist gut – die Zahlenreihe be­ Universallexikon als eine Besonderheit der schreibt einen täglichen Arbeitsweg vom Kleinbasel ins St. Johann. Stadt die ‹Basler Zeit› angegeben: «Es ist zu mercken, daß die Uhren hie im­ (1 ) Postleitzahl Kleinbasel (2) Hausnummerdar um eine Stund später schlagen, als mer Wohnort (3) Bus (4) Tram (5) Postan anderen Orten, also daß, wenn es an an­ leitzahl St. Johann (6) Hausnummer deren Orten 12. Uhr schlägt, man zu Basel Bürogebäude schon 1. Uhr hat. Vom Ursprung dieses Un­ terschieds sind die Meiste der Meynung, es Auf diese Art lässt sich die Stadt mit viel komme von der Verrätherey her, die vor die­ Spass in Zahlen ausdrücken – allerdings sem habe sollen fürgehen, da einige Untreue wird deren Verwendung immer subjektiver. in der Stadt, denen äusseren Stadt=Feinden, Doch auch jede Statistik braucht ihre In­ Nachts um 12. Uhr, eine Stadt=Porten öff­ terpretation und Vergleichsfolie (apropos: nen, und also selbige hinein lassen sollen. ­Basel vergleicht sich auch bei den Zahlen Als nun beyde gewartet, habe man GOttes gerne mit Zürich, obwohl dies der sprich­ Verhängnüß, die Glocken anstatt Zwölfe wörtliche Äpfel-mit-Birnen-Vergleich ist). Eins geschlagen.» Und schon der gute alte Lenin soll ja gesagt Man kann es also immer auch anders sehen. haben: «Ich glaube nur der Statistik, die ich Deshalb soll an dieser Stelle versucht wer­ selbst gefälscht habe.» Doch prüft man den den, Basel anders als in statistischen Zahlen Spruch nach, so wird schnell klar: Wir wis­ zu beschreiben. sen nicht, von wem er wirklich stammt. Si­ cher jedoch nicht von dem sowjetischen Re­ ( 1 ) 374 (2) 1225 (3) 1356 (4) 1392 volutionär. Sprich: Bei Zahlen ist, wie auch ( 5) 1431–1448 (6) 1460 (7 ) 1501 (8) 1521 bei der Sprache, Vorsicht geboten. ( 9) 1787 (10) 1833 (11 ) 1840 (12 ) 1897


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Ma d e le ine Im hof

Im Dienste der Transparenz Das Statistische Amt des Kantons Basel-Stadt

Zahlen im Computer, auf Papier, in Kunstwerken: das Statistische Amt des Kantons Basel-Stadt (im Bild: ‹Vom Einen zum Andern› von Verena Thürkauf)

Auch wenn sich Statistik als zahlenmässige Erfassung von Produkten, Einnahmen und Ausgaben bis in das alte China, Ägypten oder Babylon zurückverfolgen lässt, gibt es die Institution der Statistischen Ämter erst seit der Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert. Das Eidgenössische Statis­ tische Bureau, das heutige Bundesamt für Statistik, wurde 1860 gegründet, der Kan­ ton Basel-Stadt erhielt 1902 eine entspre­ chende Einrichtung. Seit seiner Gründung

stellt das Statistische Amt Basel-Stadt wichtiges Datenmaterial für Gesellschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft zur Verfügung. Die statistischen Informationen dienen als Entscheidungsgrundlage für die Planung, werden zu Monitoring- und Con­ trollingzwecken eingesetzt und erlauben den Bürgerinnen und Bürgern, auf der Ba-­ sis gesicherter Informationen am gesell­ schaftspolitischen Diskurs teilzunehmen. Nicht zu vergessen ist zudem der Dokumen­ 14


ne Statistiken noch ausschliesslich mittels Bleistift, Schreibfeder, Heft und Rechen­ schieber. Später wurde mit Schreibmaschi­ nen und mechanischen Rechnern gearbei­ tet. Mittlerweile ist die Arbeit ohne Computer nicht mehr vorstellbar; das Statisti­ sche Amt beschäftigt Mitarbeiter, die sich nur um das elektronische Datenmanage­ ment kümmern und die komplexen Daten­ banken aufbauen und pflegen. Entsprechend den vielfältigen Bereichen, die im Statistischen Amt betreut werden, sind Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachgebieten vertreten. So bearbeiten bei­ spielsweise Geowissenschaftler neben The­ men wie ‹Bevölkerung› oder ‹Bauen und Wohnen› interdisziplinäre Fragen zur Stadt­ entwicklung und erstellen Karten zu allen statistischen Themen, Soziologen entwi­ ckeln und koordinieren Befragungen und er­ stellen die Sozialberichterstattung des Kan­ tons, Ökonomen befassen sich mit Steuern, Arbeitslosigkeit oder Aussenhandel und ar­ beiten an Modellen und Prognosen.

Vom Einmannbetrieb zum interdiszipli­ nä­ren Team

Die Aufgaben des Amtes – von aktuellen politischen Fragestellungen geprägt

Zum Zeitpunkt seiner Gründung 1902 wur­ de das Amt vom ersten Kantonsstatistiker Dr. Fritz Mangold als Einmannbetrieb ge­ führt. Eine personelle Erweiterung erfolgte vier Jahre später, als ein Adjunkt, ein Sek­ retär und eine Aushilfe hinzukamen. Heute sind im Amt, inklusive Aushilfen, Prakti­ kanten und befristet angestellten Mitar­ beitenden, dreissig Personen beschäftigt, zweiundzwanzig davon mit Teilzeitpen­ sen. Männer und Frauen sind zu gleichen Teilen vertreten, neunzig Prozent haben ei­ nen universitären Abschluss, zumeist er­ gänzt mit Zusatzausbildungen. Dies war nicht immer so: Bis weit ins 20. Jahrhun­ dert hinein war der einzige Akademiker im Team der Kantonsstatistiker. Auch die Hilfsmittel, die den Mitarbeitern des Amtes zur Verfügung stehen, haben sich stark gewandelt. Fritz Mangold erstellte sei­

Neben der grundlegenden Bevölkerungs­ statistik wurde die statistische Arbeit von Anfang an von den gerade aktuellen politi­ schen Problemen geprägt. Der Kanon der Aufgaben hat sich aufgrund neuer politi­ scher Fragestellungen kontinuierlich erwei­ tert. So löste der Druck sozialpolitischer Fra­ gen, vor allem die Sorge um die Lebens- und Arbeitsverhältnis­se der Arbeiterschaft, An­ fang des 20. Jahrhunderts den Aufbau von Sta­tis­tiken und die Veröffentlichung von Be­richten zur Arbeitslosigkeit und zur Preis­entwicklung aus. Weil damals die Wohn­ungspolitik zunehmend als Aufgabe kommunaler Sozialpolitik verstanden wur­ de, lag ein weiterer Schwerpunkt in einer detaillierten Bau- und Wohnungsstatistik. Es folgten unter anderem die Bildungssta­ tistik und die Tourismusstatistik. Ab den 15

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tationsauftrag: Späteren Generationen soll ermöglicht werden, frühere Lebensverhält­ nisse auf der Basis von Zahlen nachzuvoll­ ziehen. In einer zunehmend komplexen, sich rasch verändernden Welt erlangt die Verfügbar­ keit von verlässlichem Zahlenmaterial im­ mer grössere Bedeutung. Dies macht sich auch bemerkbar an der stetig steigenden Zahl von Anfragen, die an das Statistische Amt gerichtet werden. Beispiele sind etwa die im Zusammenhang mit der Gründung einer Spielgruppe benötigte Kinderzahl in einem bestimmten Quartier, eine Preis­in­ dex-Auskunft oder die Entwicklung des Ausländeranteils seit dem Jahr 1900 im Kan­ ton Basel-Stadt. Das Statistische Amt be­ar­ beitete 2011 knapp sechstausend Anfragen, die per E-Mail, Telefon, Brief oder durch persönliches Vorsprechen eingingen. Dabei gilt heute in jedem Fall die Regelung, dass der durch eine Anfrage ausgelöste Aufwand bis zu einer Stunde kostenlos geleistet wird.


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Siebzigerjahren – im Zuge der Abwande­ rung aus der Stadt in die Vororte und der Zuwanderung von Migranten – stellte das Statistische Amt Datensammlungen zu die­sem Thema zur Verfügung. Es wird seit­ her durch Analysen, aber auch mittels Be­ fragungen der Zu- und Wegziehenden, lau­ fend dokumentiert. Ab Mitte der Neunzigerjahre erhielt die Sta­ tistik eine neue Aufgabe, die mit dem Auf­ kommen des ‹New Public Management› in Zusammenhang stand. Politik und Öffent­ lichkeit erwarteten von den Behörden ein

Solche Kennzahlensysteme betreut das Sta­ tistische Amt aktuell zu den Themen Stadt­ entwicklung, Arbeitsmarkt, Soziale Sicher­ heit, Integration, Nachhaltigkeit und zum Legislaturplan. Als Gegenstück zu den Kenn­zahlensystemen werden im Auftrag des Regierungsrates regelmässig Befragun­ gen bei verschiedenen Bevölkerungsgrup­ pen durchgeführt, beispielsweise von Fami­ lien, Jugendlichen oder aus Basel-Stadt weggezogenen Personen. Alle diese statisti­ schen Informationen gelangen, als Grund­ lage für die politische Beurteilung und

verstärktes Kundenbewusstsein und mehr unternehmerischen Geist. Verteilung und Wirkung der Steuergelder sollten für die Allgemeinheit nachvollziehbar sein. Dieser neue Aufgabenbereich lässt sich unter dem Begriff ‹Monitoring und Controlling› zu­ sammenfassen. Hier wird mittels objekti­ ver Daten und subjektiver Einschätzungen verfolgt, wieweit die von der Politik formu­ lierten Ziele erreicht wurden. Dabei basiert die objektive Betrachtung auf statistischen Kennzahlen, die subjektive auf Befragungen der Bevölkerung.

­ iskussion, an Verwaltung, Politik und Öf­ D fentlichkeit. Aktuell arbeitet unser Amt an der statistischen Aufbereitung der Bereiche Energie, Gesundheit und Kultur – drei gros­ se, im Kanton Basel-Stadt bisher statistisch kaum abgedeckte Themen. Woher kommen die Daten? Zunehmende Nutzung administrativer Informationen Das Statistische Amt erhebt insgesamt nur wenige Daten selbst. Es bezieht sie in der ­Regel von anderen Stellen. Die wichtigste Quelle ist das Einwohnerregister als Grund­ 16


fentlich zugänglich sein. Zentral ist der An­ spruch der öffentlichen Statistik, die Daten und Informationen objektiv und frei von Par­tikularinteressen oder vorformulierten Zielen zu erheben und die Ergebnisse ohne politische Interpretationen oder Bewertun­ gen zur Verfügung zu stellen. Das Statistische Amt des Kantons BaselStadt formuliert im Jahr 2012 seine Aufgabe folgendermassen: «Die Statistik bildet ak­ tuelle Zustände ab, macht Entwicklungen sichtbar, dient der Planung, Entscheidvor­ bereitung und der Evaluation von Massnah­ men und dokumentiert die Zustän­de für spätere Generationen.» Zurzeit ist ein Kan­ tonales Statistikgesetz in Arbeit, welches diesen Grundsatz aufnimmt und dem Amt für die Zukunft auch die adäquate recht­ liche Legitimation für seine Arbeit geben soll. Damit wird sichergestellt, dass die po­ litischen Prozesse auch zukünftig auf ver­ lässliche Daten gestützt werden können.

Statistische Information im Zeitalter der Wissensgesellschaft Auch die Statistik kann sich nicht der Tat­ sache entziehen, dass Informationen heute prakt­isch überall und jederzeit verfügbar sind, muss aber ihre wissenschaftlichen Stand­ards beachten. Dem Anspruch der ­Öffentlichkeit, schnell und umfassend die gewünschten statistischen Informationen zu erhalten, steht die Einhaltung der Quali­ tätskriterien gegenüber, welche auch von der Charta der öffentlichen Statistik der Schweiz gefordert werden. Das Statistische Amt des Kantons Basel-Stadt verfolgt dar­ um seit Jahren die Strategie der vollstän­ digen Transparenz. Es werden nicht nur al­ le Statistiken und Analysen veröffentlicht, auch alle Angaben zur Methodik sollen öf­ 17

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lage für die Bevölkerungsstatistik, die ihrer­ seits wiederum oft Bezugsgrössen für ande­ re Statistiken liefert. Grundsätzlich sollen für die Erstellung von Statistiken immer bereits vorhandene Datenbestände genutzt wer­den. Direkte Erhebungen finden nur statt, wenn keine administrative Daten­ quelle vorhanden ist. Sowohl beim Bund als auch bei den Kan­ tonen werden heute wo immer möglich di­ rekte Vollerhebungen durch Registeraus­ wertungen und Stichprobenerhebungen ersetzt. Beispiele hierfür sind auf Bundes­ ebene die Eidgenössische Volkszählung und die Gebäude- und Wohnungszählung, wel­ che von 1850 bis 2000 alle zehn Jahre mittels Fragebogen bei allen Einwohnern respek­ tive Hauseigentümern der Schweiz durch­ geführt wurden. Seit dem Jahr 2010 werden die Daten zur Bevölkerung, die etwa mit ­Informationen zu Geschlecht, Alter oder Staatsangehörigkeit eine wichtige Grundla­ ge für viele Auswertungen bilden, dem Ein­ wohnerregister entnommen. Die Angaben zu den Gebäuden und Wohnungen stam­ men aus dem neu erstellten Gebäude- und Wohnungsregister.


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S a nd ra Sch e lb e rt , Bernard Spic htig

Statistik in ­K artenform Beim Thema Statistik denkt mancher an endlose Zahlenreihen und spröde T ­ abellen. Das Statistische Amt legt allerdings seit je­ her grossen Wert auf eine anschauliche Auf­ bereitung der Zahlen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Ergebnisse gra­ fisch dargestellt, damals noch in Handar­ beit. Mittlerweile bietet die Technik viel­ fältige Möglichkeiten, die insbesondere bei der Illustration durch Karten Verwendung finden. Im Folgenden soll anhand ausge­ wählter Aspekte der Bevölkerungsstatistik gezeigt werden, wie sich statistische Ergeb­ nisse in Karten darstellen lassen.

Neben der statischen Darstellung von ­Da­ten, wie auf den hier aufgeführten Ab­bil­ dungen, bieten interaktive Karten einen weiteren Vorteil: Verschiedene thematische Aspekte können in unterschiedlichen Kom­ binationen dargestellt werden. Diese dyna­ mische Betrachtungsweise lässt sich gut über das Internet nutzen. Mit dem ‹Basler Atlas› bietet das Statistische Amt auf seiner Internetseite eine interaktive Kartensamm­ lung. Die Benutzer können dort sowohl die thematischen Aspekte als auch die räumli­ che Betrachtungsebene selbst wählen und kombinieren.

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Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n Im Kanton Basel-Stadt nicht vertretene (schwarz) und vertretene Länder (weiss)

Auf dieser Weltkarte ist ersichtlich, woher der ausländische Bevölkerungsanteil in Basel ursprünglich stammt. Nur die Staatsangehörigen der schwarz gefärbten Länder sind in unserem knapp 200 000 Personen zählenden Kanton nicht vertreten. Von den Staaten mit über einer Million Menschen sind dies in Afrika Botswana, Zentralafrikanische Republik, Namibia sowie Swasiland,

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auf der Arabischen Halbinsel Kuwait, in Asien Tadschikistan und Nordkorea. Aus Europa fehlen einzig die Zwergstaaten Monaco, San Marino und Va­­ti­k anstadt. ­Insgesamt sind von den gut zweihundert Ländern nur rund dreissig nicht in BaselStadt vertreten, darunter viele sehr kleine Inselstaaten.


Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n

Bevölkerungsverteilung nach Staatsangehörigkeit

A Deutschland B Italien C Türkei

A

B

C

D

E

A

D Serbien, Montenegro, Kosovo E Spanien F Portugal

Die grössten sechs ausländischen Bevölkerungsgruppen bilden aktuell Personen aus den folgenden Ländern: 15 000 aus Deutschland, 8000 aus Italien, 6700 aus der Türkei, 4700 aus Serbien, Montenegro und Kosovo, 3000 aus Spanien und 2800 Personen aus Portugal. Die Dichtekarten zeigen, wie sich die einzelnen Gruppen auf das Stadtgebiet verteilen.

Dabei stechen dicht bevölkerte Quartiere wie Gundeldingen, St. Johann und Matthäus bei fast allen Abbildungen in dunkler Farbe heraus. Dennoch zeigen sich Unterschiede in Bezug auf die Verteilung. Am homogensten verteilt sind neben den Deutschen die Italiener.

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Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n Anzahl Kinder im Alter von 0 –16 Jahren pro Wohnblockseite e

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Die Verteilung der Be­völkerung lässt sich bis in die räumliche ­E inheit von Wohnblockseiten verfolgen, wie an diesem Beispiel aus dem St. Johanns-Quartier. Diese kleinräumige Auswertung dient beispielsweise als Planungshilfe bei der Anlage eines Spielplatzes oder einer Schule.

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< 10 Kinder

21–30 Kinder

> 40 Kinder

11  –   2 0 Kinder

31–40 Kinder

keine Kinder

Grenzgänger im Kanton Basel-Stadt

Um Start- und Endpunkte anzuzeigen, sind sogenannte Spiderkarten ideal. In der nebenstehenden Abbildung wird das Umland von Basel in die Analyse mit einbezogen. Hier steht im Mittelpunkt, woher wie viele Personen aus dem Ausland zum Arbeiten nach Basel pendeln. Die meisten Grenz­gänger kommen auf deutscher Seite aus Lör­r ach, Weil am Rhein und Freiburg, auf französischer Seite aus ­S t-Louis und Mulhouse.

Freiburg

Neuenburg am Rhein Müllheim

Illzach Schliengen

Rixheim Mulhouse

Bad Bellingen Kandern Kembs

Steinen Schopfheim Lörrach

Blotzheim

Weil am Rhein  St-Louis

Basel

10 km

Grenzgänger nach Basel

Grenzach-Wyhlen

< 250

751–1000

250–500

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501–750

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Rheinfelden (Baden)


Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n

N a na Mittelm aier

Was die Basler denken Befragungen als Entscheidungsgrundlage für die Politik Das Statistische Amt führt im Auftrag des Regierungsrates regelmässig Befragungen der Bevölkerung durch. Diese sollen Daten und Informationen erfassen, die nicht aus der traditionellen öffentlichen Statistik her­ vorgehen: zum Beispiel, wie eine Person ih­ re eigene wirtschaftliche Situation beur­ teilt oder wie sicher sich die Bevölkerung im Kanton fühlt. In der Überzeugung, dass die­ se subjektiven Einschätzungen von grosser Bedeutung für die Arbeit von Politik und Verwaltung seien, verabschiedete der Re­ gie­rungsrat 2007 ein eigenes Befragungs­ konzept. Die seit 2003 alle vier Jahre durch­ geführte Bevölkerungsbefragung bildet dabei das Rückgrat des Systems. Die ab­ gefragten Themen reichen von Mobilität, Bildung und Integration über Gesundheit, Sicherheit und Wirtschaft bis zu Chancen­ gleichheit, Beurteilung der Verwaltung und der Lebensqualität in Basel-Stadt. Ergänzt wird die Bevölkerungsbefragung durch ­regelmässige Jugend- und Familienbefra­ gungen. Seit 1998 wird alle zehn Jahre eine Befragung zum Thema Zu- und Wegzug durchgeführt. Das Statistische Amt interviewt im Rahmen seiner kantonalen Befragungen jeweils nur einen Teil der Bevölkerung, eine sogenann­ te Stichprobe, die zufällig aus dem Einwoh­ nerregister gezogen wird und repräsentativ ist. Die Befragung ‹55plus› wurde, wie auch die Familien- und die Jugendbefragung, schriftlich und mittels eines Fragebogens durchgeführt. Andere Befragungen erfol­

gen telefonisch oder online über einen Com­ puterzugang. Für die Wahl der Methode ausschlaggebend ist neben den Befragungs­ inhalten die Einschätzung zur Erreichbar­ keit und der Mitwirkungsbereitschaft der zu befragenden Personen. Bei jeder Befra­ gung wird der Rücklauf ausgefüllter Fra­ gebögen sorgfältig ausgewertet, um even­ tuelle Verzerrungen bei den Resultaten festzustellen. Dabei ist die Untervertretung fremdsprachiger Personen bei den Antwor­ tenden eine konstante Tendenz und eine Verzerrung, die sich nicht durch übersetzte Fragebögen oder Übersetzungshilfen auf­ fangen lässt. Folglich muss eine sich mani­ festierende Über- oder Untervertretung ei­ ner Personengruppe zwingend bei der Interpretation der Befragungsergebnisse berücksichtigt werden. Insgesamt bieten die Ergebnisse der kanto­ nalen Bevölkerungsbefragungen wichtige Anhaltspunkte für Politik und Verwaltung. Zum einen sind sie eine Art Stimmungs­ barometer, zum anderen können sie auch konkrete Hinweise liefern, welche Mass­ nahmen ergriffen werden und wo diese an­ setzen sollten. So wird nun zum Beispiel das Kommunikationskonzept zur Alterspolitik überarbeitet, weil sich gezeigt hat, dass sich die Bevölkerungsgruppe ‹55plus› (noch) nicht im erwarteten Ausmass über das In­ ternet informiert, sondern eher den Weg über Freunde und Bekannte wählt.

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www.seniorenbasel.ch


Z a hle n, K ur ve n, Sä ule n, K uche n Die Antworten von 999 Personen auf die Frage, warum sie den Kanton Basel-Stadt ­s eniorenfreundlich bzw. nicht seniorenfreundlich finden. Von insgesamt 1131 Nennungen entfielen 803 auf die Top-10 -Themen.

Gute Angebote/Ermässigungen Gute Infrastruktur Zu teuer Zu unsicher Mangelhafte Wohnungs-/Betreuungsangebote Hilfsbereitschaft vorhanden Zu wenige Angebote Allgemein positiver Eindruck ÖV nicht seniorenfreundlich Bedürfnisse werden ernst genommen

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2011 fand erstmals eine Befragung der ­Personen ab 55 Jahren statt. Diese folgte inhaltlich den 2007 vom Regierungsrat ­f ormulierten Leitlinien zur Seniorenpolitik, welche eine Reihe von Projekten und Massnahmen vorsahen, die «das Bewusstsein in der Verwaltung und in der Öffentlichkeit für die Anliegen der Seniorinnen und Senioren schärfen und die Mitwirkung dieser Generation im öffentlichen Leben stärken» sollten. Zur Überprüfung dieser Ziele beauftragte das Basler Gesundheitsdepartement das Statistische Amt mit einer Befragung dieser Altersgruppe, die rund ein Drittel der Kantonsbevölkerung ausmacht. Die Umfrage sollte auch dazu dienen, die konkreten Bedürfnisse und Ansprüche zu ermitteln und auf der Basis der Ergebnisse einen ersten Abgleich mit den formulierten Leitsätzen zu ermöglichen.

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Die Auswertung ergab ein sehr differenziertes Bild dieser Bevölkerungsgruppe. Zwar zeigte sich eine deutliche Mehrheit insgesamt zufrieden mit der Seniorenpolitik im Kanton, dennoch trat in vielen Bereichen deutlicher Handlungsbedarf zutage. Positiv verzeichnet wurden vor allem die vielfältigen Angebote für ältere Menschen sowie die gute Infrastruktur, speziell der öffent­ liche Verkehr und die Zunahme von Betreuungsangeboten inklusive der Arbeit von Spitex und Pro Senectute. Auf der Negativseite standen in erster Linie als zu hoch empfundene Kosten, etwa von Steuerabgaben oder Mieten. Ein weiterer negativer Aspekt war die mangelnde Sicherheit. Neben dem allgemeinen Gefühl, sich nicht sicher zu fühlen, wurde explizit die Unsicherheit im Verkehr, beispielsweise durch Velofahrer auf den Trottoirs, erwähnt.

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Die Antworten von 806 Personen auf die Frage: Was würden Sie konkret für Seniorinnen und Senioren tun, wenn Sie Regierungsrat oder Regierungsrätin des Kantons Basel-Stadt wären? Von insgesamt 1056 Nennungen entfielen 884 auf die ersten 15 .

Günstiger, alternativer alternativer Wohnraum Wohnraum Günstiger, Niedrige Steuern Steuern Niedrige Mehr Sicherheit Sicherheit Mehr Barrierefreie Stadt Stadt Barrierefreie Vergünstigung für für Senioren Senioren Vergünstigung Mehr Mehr Betreuungspersonal Betreuungspersonal Einzelne Projekte Projekte Einzelne Zufrieden/Angebot weiterführen weiterführen Zufrieden/Angebot Mehr Angebote Angebote für für Senioren Senioren Mehr Niedrigere Kosten Kosten im im Gesundheitssystem Gesundheitssystem Niedrigere Mehr Infos/persönliche Infos/persönliche Beratung Beratung Mehr Mehr, günstigere günstigere Altersheime Altersheime Mehr, Höhere Höhere Renten Renten Werte wie wie Ehrlichkeit, Ehrlichkeit, Höflichkeit Höflichkeit fördern/vorleben fördern/vorleben Werte Bessere Bessere Integration Integration Alt-Jung/Ausländer Alt-Jung/Ausländer

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Handlungsbedarf sahen die Befragten in erster Linie beim Bereich Wohnen. Sie wünschen sich ein grösseres Angebot an günstigen Wohnungen, ausserdem alternative Projekte wie Generationenhäuser und

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Seniorenwohngemeinschaften. Dazu sollte im öffentlichen Raum die Barrierefreiheit stärker gewichtet werden. Viele wünschen sich auch eine Senkung der Kosten für einen Alters- oder Pflegeheimaufenthalt.

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Einkommen und Vermögen in Basel-Stadt Jedes Jahr ist es für die Basler Einwohner­ innen und Einwohner eine mehr oder we­ niger lästige, aber notwendige Pflicht: das Ausfüllen der Steuererklärung. Die Steuer­ einnahmen tragen wesentlich zur Finanzie­ rung der öffentlichen Aufgaben bei. Im­ merhin stammt mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen des Kan­tons Basel-Stadt aus Steu­ererträ­gen. Die Informationen aus den Steuererklär­un­gen bieten aber auch die Grundlage für ­weitergehende Fragestel­ lungen: Wo wohnen die vermögendsten Per­sonen? Hat sich ­dies in den letzten Jah­ ren geändert? Wie haben sich einkommens­ schwache Quartiere entwickelt? Haben sich Massnahmen der Stadtentwicklung posi-­ tiv ausgewirkt? Zeigen sich konjunkturelle Schwankungen ­direkt beim Einkommen der Einwohnerschaft? Für die Beantwortung solcher und ähnli­ cher Fragen steht seit 2010 in Basel-Stadt eine detaillierte Steuerstatistik zur Ver­ fügung, die auswertbaren Daten reichen zurück bis zum Beginn der Neunzigerjahre. Politik und Verwaltung erhalten daraus wichtige Hinweise, um unerwünschte Ent­ wicklungen rechtzeitig zu erkennen, vor­ herrschende Meinungen zu überprüfen

oder den Erfolg von Massnahmen zu mes­ sen. Die neuesten vorliegenden Informationen der Steuerstatistik stammen aus dem Steu­ erjahr 2010. Erst 1 3/4 Jahre nach Ende des Steuerjahres gelten die Werte als ausrei­ chend vollständig für statistische Auswer­ tungen. Mehr als 112 000 Veranlagungen von Personen, die das ganze Jahr über in BaselStadt wohnen, wurden untersucht. Da bei­ spielsweise Verheiratete eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, repräsentieren diese Werte fast 145 000 Steuerpflichtige. Das durchschnittliche Reineinkommen, al­ so die Einkünfte abzüglich gewisser Aus­ gaben wie Berufskosten und weiterer Be­ lastungen, liegt im Kanton bei fast 66 000 Franken pro Steuererklärung. Die Spann­ weite reicht je nach Wohnviertel von 137 000 Franken auf dem Bruderholz bis zu 42 000 Franken im Klybeckquartier. Beim Reinvermögen ist diese Diskrepanz deutlich grösser: Auch hier liegt das Bruder­ holz mit durchschnittlich 2 Mio. Franken pro Steuererklärung weit vorne, den nied­ rigsten Wert weist erneut das Klybeckquar­ tier mit 54 000 Franken pro Steuererklärung auf.

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U lrich Grä f


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