Mitteilungen aus dem Produktionstechnischen Zentrum Berlin
FUTUR
Vision Innovation Realisierung
Der Mensch im Mittelpunkt der Produktion
Der Fertigungsarbeitsplatz der Zukunft Bauteile per App identifizieren
»Produktionsumgebung von Morgen – ProMo«
KI-unterstützte Bildverarbeitung auf dem Smartphone
Inhalt Impressum FUTUR 2/2019 21. Jahrgang ISSN 1438-1125
04
Der Fertigungsarbeitsplatz der Zukunft – »Produktionsumgebung von Morgen – ProMo«
Herausgeber Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann
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Bessere Ergonomie am Arbeitsplatz – Interview mit Henning Schmidt
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Clous – Die Neuerfindung des Konstruktionsprozesses
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Die Köpfe hinter der Wolke – Claas Blume und Thomas Vorsatz
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Bringt Licht in die Produktion: Digitale Vernetzung – zuverlässig, effizient, intelligent
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Digitale Prozessmodelle für die Fertigung – Ein Democenter in China zeigt leistungsfähige Lösungen
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Kleine Wunder – Einzel- und Kleinstserienfertigung miniaturisierter Systeme
18
Batteriezellen 2,5 mal effizienter produzieren – Kontinuierliche z-Faltung steigert den Durchsatz für Unternehmen
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Bauteile per App identifizieren – KI-unterstützte Bildverarbeitung auf dem Smartphone
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Digitaler Goldstaub – Interview mit Prof. Dr. Jörg Krüger
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Plattform Industrie 4.0 – Das Netzwerk für den digitalen Wandel der Industrie
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Industrienahe Forschung zum Anfassen – Das neue Industrie 4.0 Transferzentrum Berlin
26
Ereignisse und Termine
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PTZ im Überblick
Mitherausgeber Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger Prof. Dr.-Ing. Michael Rethmeier Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark
Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin Redaktion Ruth Asan Claudia Engel Miriam Stock Satz und Layout Andy King Kontakt Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK Institutsleitung Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann Pascalstraße 8 – 9 10587 Berlin Telefon: +49 30 39006-140 Fax: +49 30 39006-392 info@ipk.fraunhofer.de http://www.ipk.fraunhofer.de Herstellung Ruksaldruck GmbH + Co. KG Fotos Faulhaber: 16 Fraunhofer-Allianz Reinigungstechnik: 31 IWF TU Berlin: 17 Siemens: 30 sompong_tom - stock.adobe.com: 1 TU Berlin / Arne Glodde: 18, 19 alle anderen: Fraunhofer IPK
© Fraunhofer IPK Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vollständiger Quellenangabe und nach Rücksprache mit der Redaktion. Belegexemplare werden erbeten.
FUTUR 2/2019
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser,
mit der Digitalisierung, der Etablierung Künstlicher Intelligenz und der zunehmenden Vernetzung von Maschinen und Anlagen hat sich die Produktion in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Dabei ist es durchaus bemerkenswert, dass diese Entwicklung sehr abstrakt diskutiert wird. Oft kommt nur am Rande vor, wer eigentlich im Mittelpunkt der Produktion steht: der
Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann
Mensch. Von ihm geht heute wie gestern die Initiative aus, welches Produkt wie her-
matisierungsexperte Prof. Dr. Jörg Krüger
gestellt wird. Er ist der kreative Geist hinter
erklärt im FUTUR-Interview, warum Unter-
jeder Form maschineller Intelligenz.
nehmen nicht nur in Hard- und Software investieren sollten, sondern auch systema-
Der Mensch steht deshalb klar im Mittel-
tisch das sogenannte Domänenwissen der
punkt der Forschung am Produktionstech-
Produktioner nutzen sollten.
nischen Zentrum Berlin. Er ist für uns der zentrale Anker einer vernetzten, digital inte-
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie sich die
grierten Produktion. Diese Idee schlägt sich
Wertschöpfung innerhalb Deutschlands und
auch in den aktuellen FuE-Vorhaben nieder,
im internationalen Wettbewerb durch die
die wir Ihnen in diesem Heft vorstellen. Um
digital integrierte Produktion verändern wird.
die Frage, wie Werkerinnen und Werker in
Wie können sich Unternehmen, Politik und
der Produktion durch Hightech unterstützt
letztlich auch wir Menschen auf diese Ver-
werden können, dreht sich das Projekt »Pro-
änderungen einstellen? Dazu laden wir Sie
duktionsumgebung von Morgen – ProMo«.
ein, sich mit uns und vielen weiteren Exper-
Hier arbeiten vier Fraunhofer-Institute
tinnen und Experten von Großunternehmen,
gemeinsam daran, den Fertigungsarbeits-
KMUs und Start-ups auszutauschen. Am 12.
platz der Zukunft möglichst komfortabel
und 13. September findet bei uns im Pro-
und effizient zu gestalten.
duktionstechnischen Zentrum Berlin das XVI. Internationale Produktionstechnische
Wie wir Technologien so weiterentwickeln
Kolloquium statt. Lernen Sie die Potenziale
können, dass sie für Menschen bestmög-
kennen, die Berlin/Brandenburg als neuer
lich einsetzbar werden, zeigt auch eine
Hot Spot der Digitalisierung bietet – und
neuartige App. Um bestimmte Bauteile zu
werfen Sie gemeinsam mit uns einen Blick
identifizieren, waren bisher aufwendige,
in die Lern- und Arbeitswelt 4.0. Wir freuen
hardwarelastige Verfahren notwendig. In
uns darauf!
naher Zukunft sollen dank KI-unterstützter Bildbverarbeitungsmethoden ein paar mit dem Smartphone aufgenommene Fotos
Ihr
ausreichen. Das Verhältnis zwischen Künstlicher Intelligenz und menschlicher Produktionsarbeit ist ein heiß diskutiertes Thema. Unser Auto-
Eckart Uhlmann
3
4
Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Der Fertigungsarbeitsplatz der Zukunft »Produktionsumgebung von Morgen – ProMo« Gleich vier Fraunhofer-Institute forschen gemeinsam an der Frage, wie man Arbeiterinnen und Arbeiter in Fertigungsberufen unterstützen kann. Im Rahmen des Leistungszentrums »Digitale Vernetzung« verknüpfen Fraunhofer FOKUS, HHI, IPK und IZM dazu ihre bahnbrechenden Technologien auf einzigartige Weise miteinander. Was dabei herauskommt und wie Industrieunternehmen in Zukunft davon profitieren sollen, zeigt das Projekt »Produktionsumgebung von Morgen – ProMo«. Durchgängig digitalisiert, vernetzt und auf
►►Alle an einem Strang
den Nutzer zentriert – so wird der Arbeits-
Diese Technologien sind jede für sich bereits
platz im Produktionsfeld der Zukunft aus-
hoch innovativ und setzen jeweils unterstüt-
sehen. Werden solche Arbeitsplätze zuneh-
zend an einem anderen Schritt in der Ferti-
mend etabliert, könnte das für Arbeitskräfte
gung an. Wenn es gelingt, sie alle in einem
eine Minderung körperlicher Belastungen
industriereifen System zu integrieren und
und für Unternehmen eine Steigerung der
zu vernetzen, kann der Produktionsprozess
Produktivität bedeuten. Genauere Erkennt-
auf den Menschen zentriert und gleichzeitig
nisse dazu soll das im Januar 2019 gestartete
optimiert werden. Ein Anwendungsszenario
Projekt »Produktionsumgebung von Morgen
für einen auf diese Weise integrierten Pro-
– ProMo« des Fraunhofer-Leistungszentrums
zess kann beispielsweise so aussehen:
»Digitale Vernetzung« liefern. Ein Produktionsarbeiter trägt das ErgoJackDas Leistungszentrum Digitale Vernetzung
System des Fraunhofer IPK (mehr dazu im
ist eine Kooperation der vier Berliner Fraun-
Interview ab Seite 6), das ihn bei der ergo-
hofer-Institute FOKUS, HHI, IPK sowie IZM
nomischen Bewegungsausführung unter-
und wird durch die Berliner Landesregie-
stützt. Das passive Exoskelett entlastet bei-
rung und die Fraunhofer-Gesellschaft geför-
spielsweise durch seine federnde Struktur
dert. Interdisziplinäre Teams erforschen hier
seine Lendenwirbel. Gleichzeitig wertet es
gemeinsam Lösungen für die vier Anwen-
dank integrierter Sensorik die Ergonomie der
dungsbereiche Gesundheit und Medizin,
Arbeitsschritte aus, sodass arbeitsbedingten
Mobilität und Zukunftsstadt, Industrie und
Verletzungen durch präventive Maßnahmen
Produktion sowie kritische Infrastrukturen.
zuvorgekommen werden kann.
»Produktionsumgebung von Morgen« hat zum Ziel, Herstellungs- und Instandhal-
Mittels Augmented Reality bekommt der
tungsprozesse mit Blick auf den Nutzer zu
Werker zur gleichen Zeit prozessrelevante
optimieren.
Anweisungen und Informationen mitgeteilt. Diese werden auf ein Head Mounted Dis-
Um dieses Ziel zu erreichen, werden ver-
play oder direkt auf ein Werkstück projiziert.
schiedene Technologien eingesetzt und auf-
Die dargestellten Informationen werden für
einander abgestimmt, die an den Instituten
die gestenbasierte Programmierung der Pro-
des Leistungszentrums entwickelt wurden:
duktionsanlage benötigt. Die Technologie
das Ergonomiesystem ErgoJack des Fraun-
zur Gestenerfassung und -interpretation
hofer IPK, ein Gestenerfassungssystem des
wird dabei vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-
Fraunhofer HHI, ein Sensorbaukasten des
Institut HHI bereitgestellt, die visuelle Auf-
Fraunhofer IZM sowie ein Augmented Rea-
bereitung und Projektion vom Fraunhofer
lity-System des Fraunhofer FOKUS.
FOKUS. Der Zustand des Werkstücks wird
FUTUR 2/2019
mit einem Sensorbaukasten des Fraunhofer
Einsatz kommt. Unter anderem möchte das
ein kollaborativer Roboter so programmiert,
IZM überwacht. Datenaustausch und Kom-
ProMo-Team den Mensch als Teil der Pro-
dass mit einem am Endeffektor montierten
munikation erfolgen je nach Bedarf online
duktionsumgebung von Morgen in Realzeit
3D-Scanner das Werkstück für die weitere
oder offline, kabellos oder kabelgebunden
digital erfassen, um ihn als eigenständige
Verarbeitung digitalisiert wird.
und unter Einsatz moderner Industrieproto-
Instanz in einer digitalisierten Produktions-
kolle und -netzwerke wie OPC UA und TSN
umgebung berücksichtigen zu können.
Der ProMo-Demonstrator soll seine Premiere
►►Demonstrator in Entwicklung
dahin können interessierte Kunden schon
auf der Hannover Messe 2020 haben. Bis
(Time-Sensitive Networking). ProMo ermöglicht die Kombination der
Um das Assistenzsystem an der LPA-Pro-
einmal einige der Technologien im Industrie
genannten Fraunhofer-Technologien zur
zesskette möglichst realitätsnah nachstel-
4.0-Showroom des Fraunhofer IPK auspro-
Unterstützung komplexer Fertigungspro-
len zu können, wird derzeit ein Demonst-
bieren.
zesse. Als Anwendungsfall für die praxisbe-
rator entwickelt. Im ersten Schritt fixiert die
zogene Umsetzung wurde ein innovativer
Werkerin oder der Werker das Werkstück
Fertigungs- und Instandhaltungsprozess aus
an einem Nullspannsystem und montiert das
der Additiven Fertigung ausgewählt. Dieser
Nullspannsystem unter Einsatz des Ergono-
eignet sich besonders gut, um ein solches
miesystems ErgoJack an einem Robotertisch.
Werkerassisstenzsystem daran entlang auf-
Mittels Gesteneingabe werden ROIs (Regions
zubauen, denn er ist sehr komplex und viel-
Of Interest) am Werkstück definiert. Das sind
fältig und enthält gleichzeitig wechselseitige
Bereiche, die Abnutzungsschäden aufweisen.
Mensch-Maschine-Interaktionen. Konkret
Die markierten ROIs werden mittels projekti-
Ihr Ansprechpartner
handelt es sich um einen Laser-Pulver-Auf-
ver AR hervorgehoben. Gleichzeitig werden
Boris Beckmann-Dobrev
trag-Schweißprozess (LPA), der zur Wieder-
wichtige Prozessparameter visualisiert. Auf
Telefon: +49-30-39006-207
aufbereitung von Gasturbinenschaufeln zum
Grundlage der erfassten Informationen wird
boris.beckmann-dobrev@ipk.fraunhofer.de
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6 mine Interview
Der Mensch im Mittelpunkt
Bessere Ergonomie am Arbeitsplatz Auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Zukunft hat das Fraunhofer IPK ein System entwickelt, das Bewegungen intelligent unterstützen und körperliche Fehlbelastungen verhindern soll. Über die Funktionsweise und Potenziale von sogenannten Wearable-Robotics-Systemen sprachen wir mit Henning Schmidt, Gruppenleiter Human and Rehabilitation Robotics am Fraunhofer IPK.
form sind ja durchaus sehr wichtige Punkte
FUTUR: ErgoJack gleicht tatsächliche Bewe-
für die Akzeptanz von tragbaren Robotiksys-
gungen mit ergonomisch sinnvollen Bewe-
temen. Herzstück von ErgoJack ist das Bewe-
gungsabläufen ab. Woher weiß das System,
gungssensorsystem und unser intelligenter
welche Bewegung ergonomisch richtig ist?
Algorithmus. Der wertet die Bewegungsdaten in Echtzeit aus und erkennt, ob eine kör-
Schmidt: Zum Glück gibt es bereits Ergeb-
perlich belastende Bewegung ergonomisch
nisse aus der Ergonomieforschung, auf die
richtig ausgeführt wird oder nicht. Ungefähr
wir zurückgreifen können. Im Grunde ist es
eine Sekunde nach Beginn einer falschen
ja Allgemeinwissen, dass man nicht aus dem
Bewegung zeigt die Weste dies durch ein
Rücken heben soll, sondern aus den Beinen.
leichtes Vibrieren an und der Träger kann
Was aber zunächst trivial klingt, ist in der
seine Haltung anpassen.
mathematischen Beschreibung gar nicht so einfach. Denn wir Menschen sind eben
Henning Schmidt, Gruppenleiter beim Fraunhofer IPK
FUTUR: Das Fraunhofer IPK beschäftigt sich
keine Roboter. Jeder von uns bewegt sich
ja vor allem mit Produktionsanlagen und
sehr unterschiedlich. Auch über den Tag
Konstruktionstechnik. Wie entstand die
verändern sich unsere Bewegungen durch
Idee, ein Ergonomiesystem zu entwickeln?
Ermüdung oder andere Einflüsse.
Schmidt: Stimmt, unserer Forschungs-
Am Fraunhofer IPK haben wir deshalb ver-
schwerpunkt liegt auf der Produktion. Dazu
schiedene Probanden mit Bewegungssenso-
zählen aber nicht nur Maschinen und Anla-
ren ausgestattet und sie wiederholt Bewe-
gen. Wenn wir uns am Fraunhofer IPK mit
gungsabläufe ausführen lassen, die in der
Digitalisierung befassen, tun wir das aus
Literatur als gesundheitsförderlich beschrie-
FUTUR: Herr Schmidt, ErgoJack ist Teil des
einer Philosophie heraus, die immer den
ben sind. So haben wir hunderte Bewegun-
Fertigungsarbeitsplatzes der Zukunft, der
Menschen im Mittelpunkt sieht.
gen im dreidimensionalen Raum erfassen
am Fraunhofer-Leistungszentrum »Digitale Vernetzung« erforscht wird (mehr dazu auf Seite 4). Was hat es damit auf sich?
und beschreiben können. Mit diesen Daten Wir forschen seit vielen Jahren zu human-
haben wir unseren Algorithmus gefüttert.
zentrierter Automatisierung und dort insbe-
Das war viel Arbeit, aber dafür läuft das Sys-
sondere zur robotergestützten Bewegungs-
tem heute sehr robust.
Schmidt: ErgoJack ist unser intelligentes
assistenz. Ein spannendes Feld, das weit über
Wearable-Robotics-System zur Ergonomie-
den Kern der klassischen Industrierobotik
FUTUR: Im Rahmen Ihrer Forschung sind Sie
analyse und -unterstützung. Wir haben
hinausgeht. Auf keinen Fall kann man das
auch mit vielen Unternehmen im Kontakt.
bereits mehrere Varianten entworfen und
ganz allein angehen. Deshalb arbeiten wir
Wie ist denn deren Haltung zu Wearable
gebaut. Publikumsliebling bei der Hannover
mit Forschungspartnern aus vielen Bereichen
Robotics?
Messe war ganz klar die neue textile Weste,
zusammen: Orthopädie, Neurologie, Biome-
die wir zusammen mit Kollegen vom Fraun-
chanik, Arbeitswissenschaften, Psychologie,
Schmidt: Im produzierenden Gewerbe
hofer IZM entwickelt haben. Die Weste ist
Medizintechnik, um nur einige zu nennen.
sehen wir großes Interesse an diesem Thema.
sehr leicht und bequem. Gewicht und Pass-
Dort gibt es in etlichen Bereichen körper-
FUTUR 2/2019
lich anstrengende Arbeiten. Und die wer-
FUTUR: Wie steht es um die Akzeptanz von
essanterweise sind nicht Arbeitgeber oder
den auch zukünftig nur bedingt maschinell
Exoskeletten bei der Arbeitnehmerschaft?
Vorarbeiter mit dieser Idee an uns herange-
ersetzt werden können. Außerdem steigt in
treten, sondern die potenziellen Anwender.
vielen Unternehmen der Altersdurchschnitt
Schmidt: Fast alle von uns haben ja schon
Die kennen Bewegungsdatenspeicherung
der Werkerinnen und Werker. Da muss man
einmal Rückenschmerzen gehabt. Deshalb
und Biofeedback bereits von ihren privat
etwas tun, damit die Leute möglichst lange
trifft man grundsätzlich zunächst auf Offen-
genutzten Fitnesstrackern und Smartphone
gesund und fit bleiben.
heit und Neugier. Anders sieht es aus, wenn
Fitness Apps und könnten sich selbst sehr
es an die konkrete Nutzung von Exoskeletten
gut vorstellen, dass sie die Daten aus dem
FUTUR: Gibt es denn bereits Unterneh-
im Arbeitsalltag geht. Da tritt oftmals schnell
Ergonomiefeedback zur eigenen Optimie-
men, die ihre Arbeitnehmer mit Wearable-
eine gewisse Ernüchterung ein. Bei den
rung nutzen. Man könnte zum Beispiel nach-
Robotics-Systemen ausgestattet haben?
meisten Exoskeletten ist der Bewegungs-
vollziehen, ob mit dem Tragen der Weste
spielraum ein Stück weit eingeschränkt. Und
die Zahl der fehlerhaften Bewegungen sinkt.
Schmidt: In vielen Unternehmen laufen
man sollte auch nicht unterschätzen, dass
Grundsätzlich ist aber eine externe Daten
Anwendungsstudien mit Exoskeletten. Von
gerade die aktiven Systeme ein hohes Eigen-
anbindung der Weste für ihre Funktionalität
einem flächendeckenden Einsatz sind wir
gewicht mitbringen. So kann ein System an
nicht notwendig. Eine Datenschnittstelle ist
meines Erachtens aber noch ein ganzes
ein und demselben Arbeitsplatz bei einem
zwar für uns für Entwicklungszwecke vor-
Stück entfernt. Viele Werksärzte möchten
Arbeitsschritt Entlastung bringen und bei
handen, aber im normalen Betriebsmodus
zunächst die mittel- bis langfristigen Aus-
einem anderen eher hinderlich sein.
ist sie ausgeschaltet.
wirkungen von tragbaren Systemen besser abschätzen können, bevor sie ihre Zustim-
Durchweg positives Feedback haben wir
FUTUR: Aktuell treffen Sie mit ErgoJack
mung zum dauerhaften Einsatz geben. Dafür
allerdings auf unser ErgoJack-System zur
auf sehr großes Interesse. Wie werden Ihre nächsten Entwicklungsschritte aussehen?
braucht man fundierte Erkenntnisse. Die lie-
Echtzeit-Ergonomiebewertung bekommen.
gen aktuell noch nicht vor. Nehmen Sie zum
Der Mehrwert hiervon wird sofort verstan-
Beispiel sogenannte passive Exoskelette zur
den. Dass ErgoJack in eine leichte und
Schmidt: Unsere aktuellen Prototypen sind
Hüft- und Rückenunterstützung. Bei denen
bequeme Weste verbaut war, kam auch
bereits sehr ausgereift und robust. Momen-
wird durch mechanische Federsysteme die
sehr gut an. Ich denke, softe Systeme, die
tan sind wir in Gesprächen mit Herstellern
Belastung vom Rücken auf die Oberschen-
Bewegungen nicht einschränken, die man
von Exoskeletten, die unser Ergonomie-
kel umgeleitet. Niemand kann heute mit
beim Tragen kaum spürt und die sich leicht
feedback gerne in ihre Produkte integrie-
Gewissheit sagen, ob dies langfristig unkri-
an- und ablegen lassen, haben die besten
ren wollen. Unternehmen haben Interesse
tisch ist oder nicht. Hier brauchen wir mehr
Chancen auf eine langfristige Akzeptanz bei
bekundet, dass wir ihre Arbeitsplätze und
Forschung.
Arbeitnehmern.
Bewegungsabläufe hinsichtlich deren Ergo-
Ähnliche Bedenken gibt es auch bezüglich
FUTUR: Was passiert mit den Bewegungs-
viele Bewegungsmuster wie möglich in Ergo-
der Anwendung sogenannter aktiver Exo-
daten, die sie aufnehmen? Gehen diese an
Jack abbilden. Wer also Interesse an einer
skelette. Bei diesen Systemen wird Unter-
den Arbeitgeber oder an Dritte?
gemeinsamen Weiterentwicklung hat, ist
nomie bewerten. Natürlich wollen wir so
stützungskraft durch Motoren zugesteuert. Es klingt ja erstmal toll, wenn es beispiels-
herzlich eingeladen, sich bei mir zu melden. Schmidt: Wir erfassen und speichern Daten
weise heißt, die Muskelbelastung geht um
nur in dem Umfang, wie der intelligente
Darüber hinaus forschen wir an der Unterstüt-
die Hälfte zurück. Aber langfristig kann
Algorithmus von ErgoJack sie für seine Arbeit
zung von Über-Kopf-Arbeiten und am Erken-
dies unter Umständen auch bedeuten, dass
benötigt. Das heißt konkret: Bewegungs-
nen muskulärer Ermüdung. Da möchte ich
sich die Muskulatur zurückbildet, dass sich
daten werden erfasst, ausschließlich in der
noch nicht ins Detail gehen. Nur so viel: In
Gelenke und Sehnen verändern. Und verges-
Weste zwischengespeichert und dort aus-
diesem Forschungsgebiet werden uns noch
sen wir nicht: Alle derzeit am Markt erhält-
gewertet. Nach wenigen Sekunden, wenn
lange Zeit die Themen nicht ausgehen.
lichen Systeme haben kein Feedback zur
die Bewegung abgeschlossen ist, werden
ergonomischen Vorteilhaftigkeit von Bewe-
die Daten wieder gelöscht beziehungsweise
gungen. Im schlechtesten Fall unterstützt
durch neue Daten überschrieben.
ein Exoskelett dauerhaft völlig ungesunde Bewegungen.
Kontakt
Wir wurden aber auch schon gefragt, ob wir
Henning Schmidt
nicht eine Möglichkeit schaffen können, die
Telefon: +49 30 39006-149
Daten zu speichern und auszulesen. Inter-
henning.schmidt@ipk.fraunhofer.de
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Clous Die Neuerfindung des Konstruktionsprozesses Die automatisierte Erstellung von CAD-Modellen ist eine wichtige Facette der Forschung zur Interoperabilität von Entwicklungsartefakten. Im Auftrag eines Werkzeugherstellers konnten Wissenschaftler des Fraunhofer IPK dank speziell entwickelter Algorithmen die Konstruktionszeit um bis zu 98 Prozent reduzieren. Diese Algorithmen bilden nun die Grundlage für eine neuartige, cloudbasierte Plattform, die den Konstruktionsprozess vollkommen anders denkt.
Am Anfang war das Wort: Um einen Algo-
arbeiten können. Diese »halbautomatische«
rithmus für die Erstellung von CAD-Model-
Lösung ersetzt die sehr aufwendige Auto-
len zu entwickeln, mussten die Forscher
matisierung der Modellierung. Damit stellt
zunächst mit den Konstrukteuren sprechen.
sie eine kreative, günstige Alternative auch
Denn das informelle Wissen der Entwickler
für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
musste formalisiert werden. Gepaart mit
dar, um ihre Konstruktionsaufträge bearbei-
den Entwicklungshandbüchern übersetz-
ten zu lassen.
ten die Forscher dieses Wissen anschließend in die Algorithmen, sodass prozesssichere
Der Grundgedanke kommt aus dem Model-
Ergebnisse erzeugt werden konnten. Die
based Systems Engineering (MBSE), bei dem
große Herausforderung lag bei der Imple-
aus einem Systemmodell partiell Modelle
mentierung unzähliger Sonderfälle. Hier galt
über definierte Schnittstellen ausgeleitet
es, zwischen dem exponentiell steigenden
werden können. MBSE beschäftigt sich vor-
Aufwand für die Implementierung und der
wiegend mit der Fragestellung einer sehr
zu erwartenden Produktivitätssteigerung
komplexen multidomänen Produktent-
abzuwägen.
wicklung von mechatronischen Systemen. Clous adaptiert diese Fragestellung auf den
An diesem Punkt setzt die cloudbasierte
Bereich der Konstruktion von mechanischen
Plattform Clous an. Clous erstellt ein Ent-
Modellen. In naher Zukunft soll diese aber
wicklungsnetzwerk mit genau definierten
auch auf weitere Domänen und komplexere
Schnittstellen. Aus der Konstruktionsauto-
Produkte erweitert werden.
matisierung wird so der Teil übernommen, der es erst ermöglicht, dass Algorithmen
Clous wächst gerade aus den Kinderschuhen
angewendet werden können. Jedoch wird
heraus: Derzeit durchlaufen Claas Blume und
dann die kreative Lösungsfindung nicht mehr
Thomas Vorsatz (im Porträt auf Seite 10), die
automatisiert, sondern aufbereitet, sodass
als Forscher am Fraunhofer IPK hinter dem
mehrere Ingenieure parallel an der Aufgabe
Projekt stecken, den neuen Hightech Company Builder »Ahead« von Fraunhofer Venture. Sie sind das erste Team, das erfolgreich
Ihre Ansprechpartner
in die Phase II eingetreten ist. Als nächste
Claas Blume
Schritte sind die finale Teamentwicklung und
Telefon: +49 30 39006-164
die Weiterentwicklung des Produktes bis zur
claas.blume@ipk.fraunhofer.de
Marktreife vorgesehen. Am Ende des Prozesses steht die Gründung von Clous als
Thomas Vorsatz Telefon: +49 30 39006-271 thomas.vorsatz@ipk.fraunhofer.de
eigenem Fraunhofer-Spin-off.
So funktioniert Clous (rechts): Ein Auftraggeber, meist ein produzierendes Unternehmen, benötigt die CAD-Konstruktion einer Maschine oder Anlage. Er legt einen Konstruktionsauftrag in der clous.platform an. Die clous. engine zerlegt diesen Konstruktionsauftrag in viele Teilaufträge, die dann unabhängig von den individuellen Auftragnehmern bearbeitet werden. Die Auftragnehmer sind dabei (freie) Konstrukteure und Konstruktionsbüros, die ihre Aufträge über die clous.platform beziehen. Nach Fertigstellung aller Teilaufträge werden diese auf die clous.platform zurückgespielt und von der clous.engine zu einer Gesamt-CAD-Konstruktion zusammengefügt. Die Alleinstellungsmerkmale von clous sind hierbei, dass durch die parallele Bearbeitung die CADKonstruktionszeit immens verkürzt wird und dabei das Intellectual Property jederzeit gewahrt bleibt, da jeder Auftragnehmer nur einen kleinen Teil der Gesamtkonstruktion kennt.
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Porträt
Der Mensch im Mittelpunkt
Die Köpfe hinter der Wolke Claas Blume und Thomas Vorsatz Natürlich kommen die Revolutionäre der vernetzten Ingenieurarbeit aus Berlin, der heimlichen Startup-Hauptstadt Europas. Claas Blume und Thomas Vorsatz sind beide Kinder der Hauptstadt und der Fraunhofer Forschung – und dennoch recht verschieden. Nun machen sie mit Clous dem Gründergeist der FraunhoferPhilosophie alle Ehre.
Claas Blume gründete bereits während
Unternehmer, Gestalter und Visionär selbst
seines Maschinenbau-Studiums an der TU
vorantreiben konnte.
Darmstadt sein erstes Startup, the HATs, ein Kreativunternehmen für die Entwicklung
Ein Startup-Bootcamp im Herbst 2018
individualisierter Applikationen für Apple-
machte aus den Grundüberlegungen ein
Produkte. Damit tauchte er bereits tief in
erstes belastbares Konzept. Auf den F-Days,
die Welt des Gründens, Fehlermachens, Ler-
dem Vorläufer des heutigen AHEAD Com-
nens und Neustartens ein. Kaum mit dem
pany Building Programms von Fraunhofer
Studium fertig ging er zum Fraunhofer IPK.
Venture, pitchten sie ihre Ideen und ent-
Doch Claas Blume wollte mehr. Ihn trieb der
wickelten und vertieften eine gemeinsame
Gedanke an, ein neues Unternehmen auf
Vision. Die Lösung der beiden Entrepreneure
Basis der Technologien zu gründen, die ihn
sollte nicht nur Hightech-Industrieanwen-
bei Fraunhofer so fasziniert hatten.
dungen mit unternehmerischer Pioniertätigkeit, sondern auch die hochvernetzte und
Auch Thomas Vorsatz studierte Maschinen-
agile Sphäre digitaler Geschäftsmodelle mit
bau. Nach mehrjähriger Tätigkeit in mehre-
der komplexen Welt der industriellen Pro-
ren Unternehmen im Sondermaschinenbau
duktion verbinden.
als Konstrukteur führte ihn seine HightechFaszination ans Fraunhofer IPK in Berlin, wo
►► Das »4.0« für industrielle
er an der virtuellen Absicherung mithilfe
Konstruktionsprozesse
von Multi-Domänen-Simulation als Teil des
Nach wie vor sind viele komplexe Konstruk-
Virtual Engineering sowie später auch an
tionsprozesse ähnlich organisiert wie die Pro-
der Implementierung neuer Technologien
duktion des berühmten Ford-Modells T in
im Rahmen von Industrie-4.0-Projekten
den 30er Jahren: Ähnlich einem Fließband
forschte. Inspiriert durch den Kontakt mit
mit standardisierten Arbeitsstationen und
angehenden Ingenieuren aus aller Welt im
definierten Abfolgen »fließen« Neuentwick-
Rahmen seines Lehrauftrages für CAD und
lungen durch einen sequenziellen Prozess,
CAE an der TU Berlin im internationalen
der Kompetenzfeld an Kompetenzfeld und
Studiengang Global Production Enginee-
Abteilung an Abteilung reiht: Eine neuent-
ring, wurde die technische und wirtschaft-
wickelte Produktionsanlage startet im Kon-
liche Verwertung von Ergebnissen für den
zeptentwurf, differenziert sich in die einzel-
Ingenieur immer mehr zu einer Art zweitem
nen Gewerke (Mechanik, Elektrik/Elektronik,
Forschungszweig. Eine Ausgründung schien
Software) und durchläuft mehrere Schleifen
ihm anfangs eine Verwertungsmöglichkeit,
der Konstruktion bis sie schließlich in der
wurde aber bald zu einem Wirtschafts- und
Erprobung landet.
Lebensmodell für den Fraunhofer-Forscher, mit dem er die Faszination Technologie als
FUTUR 2/2019
Thomas Vorsatz
Claas Blume
In diesem »ford’schen Konstruktionspro-
Auf diese Weise können viele Arbeitsschritte
soll Clous so eine ganze Plattformökonomie
zess« wirkt die Expertise der verschiede-
nahezu parallel durchgeführt werden. Der
werden, über die die gesamte Wertschöp-
nen Akteure nur im Rahmen ihres streng
größte Kostenfaktor für ein konstruieren-
fungskette von der Beschaffung bis zur Pro-
definierten Arbeitsschrittes, nicht mehr in
des Unternehmen, die Zeit von der Idee bis
duktion abgewickelt werden kann.
den Zuständigkeitsbereichen der anderen
zum erfolgreichen Prototypentest, wird so
Akteure. Diese Limitierung erhöht einerseits
auf einen Bruchteil reduziert.
andererseits viel Zeit und damit Geld, weil Probleme erst am Ende des Prozesses in der
Derzeit arbeiten die beiden Gründer intensiv im Rahmen des AHEAD Company Building
das Risiko für Fehlentwicklungen und kostet ►► Engineering nach dem CrowdPrinzip
Programms von Fraunhofer Venture an der finalen Entwicklung von Team-, Markt- und
Erprobung identifiziert werden können und
Die Zerlegung der Gesamtsystematik in viele
Produktreifegrad, sodass sie Ende 2019 mit
Feedback und Expertise quasi rückwirkend
kleine Mikroprojekte erlaubt es Unterneh-
Clous live gehen können.
eingearbeitet werden muss. Hier setzt die
men auch, mittels Clous externe Ressourcen
Plattform Clous an:
in den Konstruktionsprozess einzubinden, ohne die komplette Entwicklung preisge-
Clous löst den komplexen und linearen Kon-
ben zu müssen. Der Schutz von IP-Rechten
struktionsprozess in viele einzelne Projekt-
wird vom Clous-System quasi mit gemanagt
bausteine auf, die über KI-Methoden mit-
und öffnet innerbetriebliche Innovationspro-
einander verbunden sind und sich ständig
zesse damit auch für externe Experten. Die
aneinander anpassen. An die Stelle der gro-
knappe Ressource fähiger Ingenieure, Ent-
ben industriellen Fließbandabfolge tritt bei
wickler und Fachexperten für den Konst-
Clous ein virtuelles Netzwerk aus Kleinpro-
ruktionsprozess kann so flexibel integriert
zessen, interagierenden Akteuren und einer
werden, entweder aus den eigenen Abtei-
Newsrubrik von Fraunhofer Venture:
permanenten digitalen Überwachung und
lungen oder über Partner oder Freiberufler
www.fraunhoferventure.de/de/news/pres-
Anpassung aller Teilprojekte aufeinander.
aus dem Hightech-Ökosystem. Mittelfristig
se-2019/spin-off-clous.html
Dieses Porträt erschien ursprünglich in der
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Bringt Licht in die Produktion Digitale Vernetzung – zuverlässig, effizient, intelligent Die Digitalisierung der Produktion durch die Vernetzung der Produktionssysteme
spiel einer miniaturisierten Produktions-
und Prozesse eröffnet Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität. Das Fraunhofer-
halle wurde demonstriert, wie die digitale
Leistungszentrum »Digitale Vernetzung« zeigt, wie die digitale Vernetzung mittels
Vernetzung mehrerer Transportsysteme
optischer Drahtlostechnik die hohen Anforderungen im industriellen Umfeld
und Werkzeugmaschinen mittels optischer
effizient bedienen kann. Das Team des Leistungszentrum demonstrierte das
Drahtlostechnik die hohen Anforderungen
Potenzial dieser Technologie und ihre Anwendung auf der diesjährigen Hannover
im industriellen Umfeld effizient bedienen
Messe – und räumte damit den Think Tank Award der Fraunhofer-Gesellschaft ab.
kann. ►► Datenkommunikation mit sichtbarem Licht »Optical Wireless Communication – OWC« bietet eine zukunftsfähige Alternative zu funkbasiertem WLAN. OWC nutzt Licht anstelle von Funk als drahtloses Medium und gewährleistet hohe Übertragungsgeschwindigkeiten mit geringer Latenz und hoher Bandbreite. OWC ist immun gegen elektromagnetische Störungen oder Interferenzen mit anderen Funknetzen. Die drahtlose Datenkommunikation mit Licht kann mittels multiple-input multiple-output (MIMO)-Konzepten erweitert werden und ist so bestens geeignet für den Einsatz als Kommunikationslösung für zukünftige Fabriken oder als robuste Industrie 4.0 Kommunikation im Bestand. Die in Fabrikhallen installierte Beleuchtungsinfrastruktur auf Basis
Fraunhofer IPK-Institutsleiter Prof. Uhlmann und Bereichsleiter Prof. Kohl probieren auf der Hannover Messe die optische Drahtloskommunikation aus.
von LEDs kann sehr einfach um die neue Datenübertragungsfunktionalität erweitert und für den Aufbau robuster, sicherer draht-
Für die intelligente digital vernetzte Produk-
»Digitale Vernetzung« gemeinsam mit drei
tion in der Smart Factory der Zukunft wird
weiteren Berliner Fraunhofer-Instituten Tech-
Informations- und Kommunikationstechnik
nologien und Lösungen für die Vernetzung
loser Kommunikationsnetze genutzt werden. ►► Effizienzsteigerung in der Produktion
zum bestimmenden Element. Eine derartige
von Prozessen, Objekten, Menschen und
Vernetzung ermöglicht den ständigen Infor-
Systemen und bietet vernetzte Technolo-
Durch die Digitalisierung industrieller Pro-
mationsaustausch und die Interaktion zwi-
gie- und Serviceangebote für die digitale
duktionsprozesse werden Produktivitäts-
schen den beteiligten intelligenten Maschi-
Transformation.
steigerungen und eine höhere Flexibilität
Ein aktuelles Highlight der Forschung und
Produkte in kleiner werdenden Stückzah-
nen, Objekten, Prozessen und Menschen in der Wertschöpfungskette sowohl inner-
bei der Herstellung immer individuellerer
halb eines Unternehmens als auch unterneh-
Entwicklung des Leistungszentrums ist eine
len erzielt. In der digital integrierten Pro-
mensübergreifend in Echtzeit. Unternehmen
Anwendungslösung für hoch performante,
duktion im Sinne von Industrie 4.0 sind
erreichen so ein nie dagewesenes Maß an
robuste und sichere Kommunikation in der
alle beteiligten Prozesse, Produktionsmittel
Effizienz und Flexibilität. Das Fraunhofer IPK
Fabrik durch optische drahtlose Datenkom-
und Produkte miteinander vernetzt. Maschi-
entwickelt im Fraunhofer-Leistungszentrum
munikation mit sichtbarem Licht. Am Bei-
nen und Betriebsmittel tauschen miteinan-
FUTUR 2/2019
In der miniaturisierten Produktionshalle wird demonstriert, wie die digitale Vernetzung mehrerer Transportsysteme und Werkzeugmaschinen mittels optischer Drahtlostechnik funktioniert.
der Daten aus und steuern autonom Ferti-
Cloud werden möglich. Dies bildet die Basis
gungsschritte. Die robuste, leistungsfähige,
für daten- und wissensorientierte Dienst-
Fraunhofer-Leistungszentrum
drahtlose Kommunikation in der Fabrik ist
leistungen im Rahmen zukünftiger neuer
»Digitale Vernetzung«
hierfür eine wichtige Voraussetzung. Bishe-
Geschäftsmodelle in der produzierenden
Im Leistungszentrum bündeln die vier Fraunho-
rige funkbasierte Lösungen stoßen aufgrund
Industrie.
fer-Institute FOKUS, HHI, IPK und IZM ihre Kom-
von Interferenzen und Reflexionen in der
petenzen in den Bereichen Informations- und
Produktion an ihre Grenzen. Der Demonst-
►► Preisgekrönter Demonstrator
Kommunikationstechnologien (IKT), Datenver-
rator des Leistungszentrums zeigt, dass mit
Der Demonstrator wurde erstmals auf der
arbeitung, Produktion und Mikroelektronik am
drahtloser Datenkommunikation über Licht
HMI 2019 präsentiert und beeindruckte nicht
Standort Berlin. Erst durch diese Zusammenar-
eine neue Kommunikationsplattform für
nur die Messebesucherinnen und -besucher:
beit der verschiedenen Fachdomänen lässt sich
den industriellen Einsatz geschaffen wer-
Auch die Jury der Think Tank Awards der
das Potenzial und der Mehrwert der digitalen
den kann. Produktionsabläufe können fle-
Fraunhofer-Gesellschaft wurde auf das Expo-
Vernetzung als integrierte Gesamtlösung der
xibel aufeinander reagieren, Mitarbeitende
nat aufmerksam. So konnte das Team des
Teilsysteme in der Produktion erschließen. Ziel
informieren und sie in Entscheidungspro-
Leistungszentrums am Ende der Messe einen
ist es, in den Forschungsschwerpunkten Inter-
zesse einbeziehen. Große Datenmengen von
der Preise für die besten Exponate auf den
net of Things, Cyber Physical Systems, Industrie
und zu Maschinen und Prozessen können
Fraunhofer-Gemeinschaftsständen mit zurück
4.0 und 5G-Technologien Synergieeffekte zu
in Echtzeit übertragen werden. Die Steue-
nach Berlin bringen. In Zukunft soll der
nutzen und mit Technologien und Lösungen
rung von Anlagen sowie die Überwachung
Demonstrator auch interessiertem Publikum
Unternehmen bei der digitalen Transformation
und Optimierung von Prozessen über eine
am Leistungszentrum gezeigt werden.
zu unterstützen. Das Leistungszentrum »Digitale Vernetzung« wird vom Land Berlin mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und durch die FraunhoferGesellschaft gefördert.
Ihre Ansprechpartner Eckhard Hohwieler Telefon +49 30 39006-121 eckhard.hohwieler@ipk.fraunhofer.de
Felix Fehlhaber Telefon +49 30 39006-226 Glückliche Gewinner: Das LZDV-Team belegte den dritten Platz der Fraunhofer Think Tank-Awards
felix.fehlhaber@ipk.fraunhofer.de
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Digitale Prozessmodelle für die Fertigung Ein Democenter in China zeigt leistungsfähige Lösungen An moderne Fertigungssysteme werden immer höhere Erwartungen gerichtet. Die
monolithischen Systemarchitekturen. Statt
Systeme sollen auftragsindividuelle Produkte fertigen, Produktionskapazitäten
des kompletten Fertigungsprozesses wer-
dynamisch kommunizieren und sich möglichst einfach mit bestehenden Systemen
den innerhalb der dienstbasierten Architek-
verknüpfen lassen. Die einzelnen Maschinen werden so zunehmend zu Service-
tur einzelne Maschinen als cyber-physische
anbietern in einer nicht länger linearen Produktionskette. In der Konsequenz
Systeme dargestellt. Jedes System stellt
gewinnen Softwareschnittstellen und die übergeordnete Fertigungssteuerung
dabei Fertigungs- oder Logistikdienste zur
an Bedeutung. Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, ohne dass
Verfügung, welche von den Produkten
der Planungs- und Entwicklungsaufwand überproportional steigt, bedarf es
individuell in Anspruch genommen werden
moderner Engineeringsysteme.
können. Schnittstellen auf Basis des Unified Architecture Standards der OPC Foundation
Im Rahmen des Sino-German Intelligence
zwischen den unterschiedlichen Systemen
(OPC UA) erlauben der übergeordneten
Manufacture Research Institute (SGIMRI)
innerhalb einer Modellfabrik. Sie versorgen
Ablaufsteuerung Zugriff auf die Maschi-
zeigen Wissenschaftlerinnen und Wissen-
so Werkzeugmaschinen, robotergestützte
nendienste. Der Standard ermöglicht es, die
schaftler des Fraunhofer IPK auf, wie sich
Bearbeitungsstationen sowie Handarbeits-
angebotenen Dienstleistungen mit seman-
Anlagenplanung, -engineering und -betrieb
plätze, um die verkettete Fertigung von
tischen, maschinenlesbaren Informationen
auf Basis eines durchgehenden Prozessmo-
Zahnrädern zu demonstrieren.
dells umsetzen lassen. Die Leistungsfähigkeit
auszustatten. So kann die Ablaufsteuerung geeignete Dienstleister für spezifische Auf-
dieser Lösung demonstriert das Projektteam
►►Flexible cyber-physische Dienste
gaben identifizieren, mit den notwendigen
im SGIMRI-Democenter in Nanjing, China.
Die flexible Verkettung der Produktionssys-
Informationen versorgen und beauftragen.
Mobile Roboter transportieren hier Material
teme steht dabei im Kontrast zu bisherigen,
Dabei verschwimmt zunehmend die Grenze
Rendering der flexiblen Produktionskette im SGIMRI-Democenter
FUTUR 2/2019
Prozessmodell für das robotergestützte Polieren von Zahnrädern
zwischen physischen und digitalen Dienst-
die Ausführung von Fertigungsabläufen,
weitere Maschinen eines anderen Herstellers
leistungen. Die Bearbeitung des Bauteils in
können im Modell hinterlegt und für die
zum Einsatz kommen, müssen diese lediglich
einer Fertigungsmaschine wird über die glei-
Ausführung genutzt werden. Der Anwen-
mit der OPC UA-Schnittstelle versehen wer-
che Schnittstelle angefordert wie die cloud-
der definiert seine Produkte, Aufträge und
den. Da sich der Funktionsumfang der ein-
basierte Auswertung eines Kamerabildes,
Ressourcen. Er verwendet diese zur Defini-
zelnen Schnittstellen in Grenzen hält, kön-
um Parameter für eine Roboterbewegung
tion von Unternehmensstrategien, der Reali-
nen diese vor dem Einsatz robust getestet
zu ermitteln.
sierung von Managementsystemen oder der
werden, ohne die aktive Fertigung zu beein-
Planung von Unternehmensarchitekturen.
flussen. Das Prozessmodell kann anschlie-
►►MO²GO – ein Prozessmodell für alle Lebensphasen
MO²GO und die zugrunde liegende Metho-
ßend ohne Änderung mit den neuen
dik erlauben eine aufgabenorientierte Verfei-
Maschinen arbeiten. Der Preis für diese Fle-
Das zentrale Element für die intelligente
nerung des Modells. So bleibt der Überblick
xibilität ist eine weitere Abstraktionsschicht,
Orchestrierung der Dienste stellt das am
bei gleichzeitiger Abbildung von komplexen
die das Zusammenspiel der Dienste orches-
Fraunhofer IPK entwickelte Softwaresystem
Strukturen gewahrt.
triert. Der Einsatz des integrierten MO²GO-
zur Unternehmensmodellierung MO²GO dar.
Prozessmodells erlaubt es, diese Abstrakti-
In MO²GO werden die Strukturen, Leistungen, Prozesse und Daten eines Unternehmens in einem konsistenten Modell abgebildet und zielgerichtet zur Verfügung gestellt.
onsschicht auf Basis der vorhandenen
►►Komplexe Prozesse – einfache Integration
Planungsdaten automatisiert zu erstellen. So können dienstbasierte Architekturen auch
Eine dienstbasierte Architektur bietet eine
für komplexe Produktionsprozesse erfolgreich umgesetzt werden.
Die methodische Basis dafür bildet die Inte-
Reihe von Vorteilen. So erlaubt die Modula-
grierte Unternehmensmodellierung (IUM).
risierung der Systeme eine hohe Wiederver-
Die Modelldarstellung enthält nur wenige
wendbarkeit einzelner Funktionsbausteine.
Elemente und ist dadurch transparent und
Hierdurch wird die Austauschbarkeit der
gut verständlich. Aufträge (Blau) steuern
Module gewährleistet und das Testen der
Dienste (Gelb) an. Die Dienste sind mit den
spezifizierten Funktionalität verbessert. Im
Ihre Ansprechpartner
eigentlichen Ressourcen (Grün) verbunden.
Rahmen des SGIMRI-Projektes ermöglicht
Oliver Heimann
Je nach Art der angebotenen Leistung wird
dies unter anderem, die Transportroboter in
Telefon +49 30 39006-327
ein Auftrag oder ein Produkt (Rot) durch den
den regelmäßigen Ladepausen durch ein ver-
oliver.heimann@ipk.fraunhofer.de
Prozess manipuliert.
fügbares Modell zu substituieren. Die softwareseitige Abstraktion stellt zudem sowohl
Jan Torka
Alle relevanten Informationen, die für pro-
die Integration als auch die Austauschbarkeit
Telefon +49 30 39006-156
zessorientierte Aufgaben wichtig sind, wie
unterschiedlicher Hersteller sicher. Sollen
jan.torka@ipk.fraunhofer.de
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Kleine Wunder Einzel- und Kleinstserienfertigung miniaturisierter Systeme Miniaturisierte Systeme sind fester Bestandteil der modernen Produktwelt. Sowohl im B2B-Sektor als auch im B2C-Sektor erfahren sie hohe Umsatzsteigerungen. Hauptmärkte und -branchen sind derzeit die Medizintechnik, die Analytik und die Messtechnik. In den nächsten Jahren sind besondere Steigerungsraten in den Bereichen der personalisierten Medizin, der Landwirtschaft, der Umwelttechnik sowie in den vielfältigen Anwendungen für den Consumermarkt zu erwarten. Wie können fertigende Unternehmen die steigende Nachfrage bedienen?
Miniaturisierte Antriebe (links) stehen für unterschiedliche Anwendungen zur Verfügung. Beispielsweise werden miniaturisierte Stellmotoren patientenspezifische Lösungen wie diese Greifprothese (rechts) optimieren. (© Faulhaber)
Sogenannte miniaturisierte Systeme sind
können Geräte mobiler, handlicher und ein-
Am Ende dieser Phase soll die Überführung
nicht zu verwechseln mit klassischen Mik-
facher bedienbar gestaltet werden. Diese
von erarbeitetem Wissen in zukünftige Pro-
rosystemen. Unter Mikrosystemen versteht
großen Vorteile werden in naher Zukunft mit
duktionsprozesse stehen, die durch ein sehr
man üblicherweise Systeme mit einem Volu-
sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer stei-
hohes Maß an Digitalisierung und Nutzung
men von etwa einem Kubikzentimeter, in
genden Nachfrage an großen Stückzahlen
von Algorithmen zur Produktionsoptimie-
die unterschiedliche Funktionen zur Sicher-
von Miniaturen führen. Eine stärkere Auto-
rung geprägt sind (sehr anschaulich im Pro-
stellung einer gewünschten Funktionalität
matisierung der Produktion wird damit eine
jekt Clous, das auf Seite 8 vorgestellt wird).
integriert werden. Miniaturisierte Systeme
wirtschaftlich attraktivere Alternative, um
hingegen sind verkleinerte funktionelle Ver-
die Kosten für die Produktion pro Einheit
sionen bestehender makroskopischer Sys-
zu senken.
teme. Sie funktionieren anwendungssicher
►►Digitalisierung in der Montage Vor allem die Hersteller von Messgeräten, Geräten für die Medizintechnik und Ausrüs-
und reproduzierbar genauso wie ihre großen
Eine solche Miniaturisierung stellt die Her-
tungen für die Raumfahrt begleiten schon
Gegenparts, aber auf einem wesentlich klei-
steller vor einige Herausforderungen. Bereits
seit längerer Zeit Produktionsprozesse kon-
neren Raum.
in den Phasen der vorwettbewerblichen
sequent digital. Dies dient einerseits dazu,
Forschung und Entwicklung sowie der pro-
bestimmte Produkte rückverfolgbar zu
Die Miniaturisierung erweitert das Anwen-
totypischen Produktion sind signifikante
machen. Andererseits soll die Abhängigkeit
dungsspektrum bestehender Prinzipien für
Unterschiede zu bisherigen Produkt- und
vom Wissen einzelner Mitarbeiter dahin-
neue Märkte und Branchen. Mit ihrer Hilfe
Produktionsansätzen zu berücksichtigen.
gehend minimiert werden, dass Expertise
FUTUR 2/2019
erfordernde Prozessschritte durch adäquate Beschreibung und Nutzerleitung auch von Nicht-Experten ausgeführt werden können. Diese Prozesse werden derzeit sehr häufig in Form einer »hochgezüchteten Manufaktur« von Spezialisten ausgeführt. In Zukunft soll ihre Komplexität auf das Niveau einer angepassten, aber »normalen« Ausbildung reduziert werden. Die Produktion miniaturisierter Bauteile hängt besonders von Montageprozessen ab. Anwendungen, bei denen Einzel- oder Kleinstserienfertigung die Norm ist, sollten so gestaltet werden, dass sie für Produktfamilien flexibel einsetzbar sind und mit minimalem Montageaufwand das gewünschte
Miniaturisiertes Spektrometer
Position der optischen Elemente Lichtquelle,
Erkennbare Herausforderungen beim Trans-
Ergebnis erzielen. Ziel seitens des jeweiligen
Filter, Gitter und Spiegel gestellt. Darüber
fer des grundsätzlichen Vorgehens zur Pro-
Produktes ist die Funktionssicherheit. Ziel-
hinaus muss das aus den vorgenannten Ele-
zessoptimierung bestehen in der Datener-
größen der Montageprozesse sind zum Bei-
menten bestehende Subsystem in Relation
hebung für die notwendige Datenbank.
spiel die relative Genauigkeit der Position der
zum Detektor justiert werden. Wenn man
Dieses erfordert in bestehenden manuell
Komponenten, die absolute Genauigkeit der
bedenkt, dass theoretisch jedes Element in
geprägten Prozessen insbesondere die Mit-
Position von Komponenten zu Bezugsstruk-
jeweils drei Richtungen translatorisch und
wirkung der Beteiligten. Es konnte jedoch
turen, sowie die Engineering- und Imple-
rotatorisch Fehlstellungen aufweisen könnte,
am Beispiel der Produktion von Thermogra-
mentierungskomplexität des Montagepro-
heißt das, dass allein aus dem Montagepro-
phie-Kameras nachgewiesen werden, dass
zesses, des Montageequipments und der
zess 65 voneinander unabhängige Fehlerein-
der Einsatz der umfänglichen Analyse beste-
erforderlichen Mess- und Kontrollprozesse.
flüsse resultieren können. Diese potenziellen
hender Daten und die damit verbundene
Fehler sollen durch geeignete Maßnahmen
Erweiterung der Datenbasis unter Beachtung
►►Fallstudie Spektrometer
vermieden werden, um den Prozess repro-
der vorgegebenen Zielgrößen von Prozess
Ein Team am Fachgebiet Mikro- und Fein-
duzierbar zu beherrschen. In der genann-
und Produkt zu einer deutlichen Steigerung
geräte des IWF der TU Berlin exerzierte die
ten Fallstudie wählte das Forscherteam hier-
der Funktionssicherheit miniaturisierter
Anforderungen an die Einzel- und Kleinst-
für eine Kombination der folgenden vier
Systeme führen.
serienfertigung miniaturisierter Systeme am
Ansätze: Erstens ist es gelungen, zwei der
Beispiel eines miniaturisierten Spektrome-
Elemente in einer Komponente zu vereini-
ters durch. Dieses wird für die Detektion
gen. Zweitens trägt die Nutzung klassischer
bestimmter chemischer Substanzen in Flüs-
passiver und aktiver Positionierhilfen in Form
sigkeiten eingesetzt. In der Fallstudie wer-
von Markierungen und Vorrichtungen zur
den wichtige Fragestellungen aufgeworfen
Reduktion der Fehlermöglichkeiten bei. Drit-
und zumindest schon teilweise beantwor-
tens wird die abschließende Funktionsprü-
tet, die im digitalisierten Montageprozess
fung mit einem für die Hauptkomponente
zu lösen sind.
»Detektor« optimierten Korrekturzyklus unter Fixierung sämtlicher vorangehender
Die Hauptforderung an die Wissenschaft-
Einflüsse eingesetzt. Viertens unterstützt
Ihre Ansprechpartner
lerinnen und Wissenschaftler besteht darin,
eine auf den späteren Produktionsprozess
Prof. Dr.-Ing. Dirk Oberschmidt
dass die Funktionalität des Spektrometers
adaptierbare Datenbank den situationsge-
Telefon: +49 30 314 22006
ohne zeitaufwendige Kontrollvorgänge im
rechten Einsatz des Korrekturzyklus. Die
dirk.oberschmidt@tu-berlin.de
Produktionsprozess sichergestellt wird. Das
Datenbank verknüpft Fehlermerkmale mit
Spektrometer selbst besteht zwar aus weni-
deren Abhilfemaßnahmen und kann damit
Prof. Dr.-Ing. Franz Dietrich
gen Komponenten, aber es werden höchste
direkt für Maßnahmen zur Funktionssiche-
Telefon: +49 30 314 22014
Ansprüchen an die relative Genauigkeit der
rung eingesetzt werden.
f.dietrich@tu-berlin.de
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Batteriezellen 2,5 mal effizienter produzieren Kontinuierliche z-Faltung steigert den Durchsatz für Unternehmen »Wir haben das Ziel, bis zum Jahre 2030 rund 30 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Batteriezellen aus deutscher und europäischer Produktion zu beliefern«, so Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier in einem Pressestatement bei der Vernetzungskonferenz Elektromobilität im November 2018. Um die hohen Kosten der Batteriezellen zu verringern und so diesem Ziel näher zu kommen, suchen Politik, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam nach effizienteren Produktionsmethoden. Mit dabei sind Forscherinnen und Forscher des IWF der TU Berlin.
Lithium-Ionen-Batteriezellen sind Schlüsselelemente der Elektromobilität und ein Hauptkostenfaktor für Elektrofahrzeuge.
KontiBAT in action!
Bei diesen entfallen ungefähr 40 Prozent der Wertschöpfung auf die Batterie, wobei davon allein bis zu 80 Prozent die Batteriezellen ausmachen. Die hohen Kosten der Batteriezellen werden unter anderem durch
In der Natur dieses Vorgangs liegen zeit-
die derzeitig ineffiziente Produktion verur-
raubende Bewegungen und Stillstände,
sacht. Ein neues an der TU Berlin entwickel-
wenn die Robotersysteme vor- und zurück-
tes Produktionsverfahren, die sogenannte
fahren. Die benötigte Zeit führt zu einer
kontinuierliche z-Faltung, verringert Zeit
Durchsatzlimitierung und so zu einem
und Kosten der Herstellung. Damit können
kostentreibenden Prozessschritt in der
Lithium-Ionen-Akkus in Zukunft günstiger
Batteriezellenproduktion.
und schneller produziert werden. Am IWF der TU Berlin haben Wissenschaft-
Funktionsdemonstrator der patentierten z-Faltung von Bandmaterialien (© TU Berlin/Arne Glodde)
Batteriezellen für E-Autos bestehen aus Elek-
lerinnen und Wissenschaftler ein Verfahren
troden-Separator-Verbünden, also dünnen
entwickelt, das durch eine kontinuierliche
Elektrodenfolien und extrem dünnen dazwi-
Materialbewegung Stillstandzeiten im Ver-
schenliegenden Separatorfolien aus Kunst-
fahrensablauf vermeidet und dadurch eine
stoff. Sie werden in Form einer Z-Struktur in
Durchsatzsteigerung im Vergleich zum inter-
der Batterie angeordnet. Diese Anordnung
nationalen Stand der Technik um rund 150
ermöglicht eine sehr hohe Energiedichte im
Prozent erreichen soll. Das bedeutet, dass
Vergleich zu anderen Verbundbauweisen,
in der Zeit, in der heute 100 Batterien pro-
sodass E-Autos möglichst viel Energie aus
duziert werden, in Zukunft mit dem neuen
einer Batterieladung ziehen und dement-
Verfahren 250 Batterien hergestellt werden
sprechend weit gefahren werden können,
könnten. Der Einsatz von Transportsystemen
bis die Batterie wieder geladen werden muss.
mit linear umlaufenden Greifern erlaubt eine
Bisherige Verfahren der Herstellung dieser
roden liegen dabei als zugeschnittene Folien
Batterien beinhalten »Pick-and-Place«-Bewe-
und die Separatorfolie als Bandmaterial vor.
kontinuierliche Faltenerzeugung. Die Elekt-
gungen. Dabei setzen Roboter die Elektroden- und Separatorfolien durch Aufgreifen
Das Forschungsprojekt mit dem durch das
und Positionieren Stück für Stück aufeinander.
Zentrum für geistiges Eigentum der TU Berlin patentierten Verfahren befindet sich
FUTUR 2/2019
Miniaturmodell des Demonstrators zur durchsatzgesteigerten Batteriezellproduktion (© TU Berlin/Arne Glodde)
momentan in einer Demonstrationsphase. In dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt KontiBAT wird aktuell ein Demonstrator entwickelt, der das Funktionsprinzip der kontinuierlichen Z-Faltung belegt. Der im Test befindliche Demonstrator stellt am Projektende mit der anvisierten Durchsatzsteigerung eine Sprunginnovation für den Markt der Batteriezellproduktion dar.
Danksagung Dank gilt dem Bundesministerium für Bildung
Nach Projektende soll der Demonstrator mit
und Forschung (BMBF), welches das Projekt
Praxispartnern im Anlagenbau, der System-
»KontiBAT« (Förderkennzeichen 03VP01480)
integration und Zellherstellung zu einem
im Rahmen der Förderbekanntmachung
seriennahen Prototyp weiterentwickelt wer-
»Validierung des technologischen und
den. Das Projektteam sucht aktuell nach
gesellschaftlichen Innovationspotenzials
Kooperationspartner aus der Industrie, um
wissenschaftlicher Forschung – VIP+« fördert.
die Innovation gemeinsam weiter in die Anwendung zu überführen, als auch aus der Wissenschaft, um das Verfahren in einem Folgeprojekt weiterzuentwickeln und auf
Ihre Ansprechpartner
andere Anwendungsgebiete zu übertragen.
Prof. Dr.-Ing. Franz Dietrich
Für Fragen zur Lizensierung steht das Zent-
Telefon: +49 30 314 22014
rum für geistiges Eigentum der Technischen
f.dietrich@tu-berlin.de
Universität Berlin zur Verfügung. Muhammed Aydemir Telefon: +49 30 314 79285 aydemir@tu-berlin.de
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Forschung und Entwicklung
Der Mensch im Mittelpunkt
Bauteile per App identifizieren KI-unterstützte Bildverarbeitung auf dem Smartphone Die neuesten Technologien in der digitalen Bildverarbeitung machen möglich, was vor ein paar Jahren noch undenkbar war: Computer erkennen Objekte mittlerweile mit höherer Präzision als der Mensch. Die Werkzeuge aus der Grundlagenforschung müssen jedoch erst fit gemacht werden für die Industrie. Am Fraunhofer IPK wird das Potenzial von neuronalen Netzen in der Bildverarbeitung erforscht und erfolgreich angewendet.
►►KI im Alltag
►►Von der Forschung in die Fabrik
Sie ist das aktuelle Thema der Stunde: Künst-
Sogenannte Convolutional Neural Networks
liche Intelligenz. Viele Methoden, die auf ihr
(CNNs) sind neuronale Netze, die speziell
beruhen, finden sich bereits im alltäglichen
für die Bildverarbeitung entwickelt wurden.
Leben wieder. Zu den bekanntesten Produk-
In der Grundlagenforschung sind sie aktu-
ten im Bereich der intelligenten Spracher-
ell die erfolgreichsten Werkzeuge für Klas-
kennung zählen Apples Siri und Amazons
sifikations- und Detektionsaufgaben. CNNs
Alexa. Aber auch in der Bildverarbeitung hal-
gehören im Bereich des Maschinellen Ler-
ten Methoden der KI Einzug. Die Reiseplatt-
nens zu den Methoden des überwachten
form Kayak analysiert beispielsweise Hotel-
Lernens. Sie benötigen Trainingsdaten, auf
bilder, damit Nutzer nach Kriterien wie der
deren Grundlage sie spezielle Muster erler-
Zimmeraussicht suchen können. Die hierbei verwendeten neuronalen Netze zählen zu den Methoden der künstlichen Intelligenz
Anwendung, dass für jedes Objekt, das wie-
sende Informationen, die aber für logistische
gekennzeichnet sein, welches Objekt auf
und weisen großes Potenzial für die Anwendung bei der Bildverarbeitung auf.
nen können. Die bedeutet in der praktischen
Der Logic.Cube dient als Erfassungs- und Wiedererkennungssystem in industriellen und logistischen Prozessen.
dererkannt werden soll, bereits bildhafte Daten existieren müssen. Zusätzlich muss
Anwendungen essenziell sind. Am Fraunho-
dem Bild zu sehen ist. Üblicherweise werden
►►Kein Lernen ohne Daten
fer IPK wurde für diese Aufgabe der Logic.
diese großen Netzstrukturen mit hunderten
Gerade im Bereich logistischer Prozesse
Cube entwickelt. Die Objekte werden in die
von Bildern für jedes Objekt angelernt. In
besteht ein großer Bedarf an intelligenten,
würfelförmige Vorrichtung gelegt und dort
industriellen Anwendungen stellt das Sam-
bildgestützten Lösungen. Eine zentrale Auf-
mit bis zu neun Industriekameras zeitgleich
meln und Kennzeichnen solch großer Daten-
gabe ist die Beantwortung der Frage »Was
aufgenommen. Das so entstandene Bilder-
mengen jedoch einen hohen Kostenfaktor
ist auf dem Bild zu sehen?«. Durch stand-
set kann durch Bildverarbeitungsalgorith-
dar. Mit Techniken wie dem Transfer Lear-
ortübergreifende Produktion und Zuliefer-
men dazu genutzt werden, um die äuße-
ning (gezielte Anwendung von Vorwissen)
firmen steigt der logistische Aufwand für
ren Abmaße, also das Verpacksungsvolumen,
oder der Data Augmentation (künstliche
produzierende Unternehmen kontinuier-
automatisiert zu bestimmen. Eine integrierte
Erweiterung der eigenen Daten) können mit
lich an. Nicht selten werden am Warenein-
Waage vermisst das Objektgewicht bis auf
bereits wenig Trainingsdaten gute Wieder-
gang lose Einzelteile ohne Verpackung, ohne
ein Gramm genau.
kennungsraten erzielt werden. Somit dient
Typenschilder oder ohne Barcodes vorgefunden. Die Wiedererkennung dieser Objekte
das neuronale Netz anfänglich als AssistenzMithilfe der so erfassten Daten kann ein KI-
system, das den Suchbereich für unbekannte
ist nur mit Expertenwissen oder manueller,
basiertes Assistenzsystem bei der Teilewie-
Teile stark einschränkt. Mit jeder Wiederer-
zeitaufwändiger Suche möglich. Zur Unter-
dererkennung unterstützen. Auf Grund der
kennung entstehen jedoch mehr Bilder, die
stützung dieser Prozesse ist es notwendig,
hohen Anzahl an zu unterscheidenden Tei-
gespeichert werden und so das System durch
die betreffenden Objekte zu digitalisieren.
len, der hohen Vielfalt, aber auch der starken
erneutes Training stetig verbessern. Die Kos-
Vor allem bildhafte Daten, aber auch Infor-
Ähnlichkeit braucht es robuste Methoden
ten für das Sammeln und Kennzeichnen von
mationen über das Objektgewicht oder das
zur Wiedererkennung.
Trainingsdaten können somit stark verrin-
Verpackungsvolumen sind einfach zu erfas-
gert werden.
FUTUR 2/2019
Die österreichische Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck lässt sich die App für die Bauteilewiedererkennung demonstrieren.
►►Flexibilisierung durch CloudDienste
Nutzerin bekommt somit auch ein Gefühl für das Verhalten der KI.
Nicht immer ist ein fester Standort für Identifikationssysteme wie den Logic.Cube aus
Der Fokus für zukünftige Arbeiten liegt wei-
Platzgründen möglich oder wirtschaftlich.
terhin darauf, das Potenzial für Künstliche
Deshalb verwendete das Fraunhofer IPK-
Intelligenz in der Bildverarbeitung aufzuzei-
Team die grundlegende Bildverarbeitungs-
gen und für Produktions- und Logistikpro-
methode dieser Technologie als Basis, um
zesse nutzbar zu machen. Dabei sollen auch
eine flexiblere, einfacher anwendbare und
für Nicht-Fachleute diese Methoden ver-
günstigere Alternative zu entwickeln: eine
ständlich gemacht werden, um die Akzep-
App.
tanz für die Nutzung von KI-Methoden zu stärken.
Eine cloudbasierte Client-Server-Architektur ermöglicht es, Bilder eines unbekannten Objekts mit einem mobilen Endgerät aufzunehmen. Anschließend wird das Foto mit der speziell dafür entwickelten Smartphone-App an einen Server gesendet. Hier erstellt ein CNN auf Grundlage des gesendeten Bildes eine sortierte Vorschlagsliste, die zur Einschränkung des Suchbereichs dient. Diese Liste wird anschließend an den Anwender zurückgesendet. Durch die serverseitige Auslagerung der Bildverarbeitung können auch
Je nachdem wie der Anwender das Objekt fotografiert, ändern sich die Wiedererkennungsraten des CNNs.
Tablets oder Laptops mit Webcam als mobiles Endgerät genutzt werden. Die Qualität der Bildaufnahme spielt hierbei eine entscheidende Rolle. So variieren die Wiedererkennungsgenauigkeiten der
Ihr Ansprechpartner
Objekte je nachdem, ob sie klar zu erken-
Jan Lehr
nen und gut beleuchtet sind oder ob sie teil-
Telefon: +49 30 39006-483
weise verdeckt wurden. Der Nutzer oder die
jan.lehr@ipk.fraunhofer.de
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Interview
Digitaler Goldstaub Mit Blick auf China, Japan und USA, die laut einer Studie von Boston Consulting aus dem Jahr 2018 auf dem Gebiet Künstliche Intelligenz (KI) schon lange kräftig aufrüsten, ist in Europa Aufwachen angesagt. Einen Weckruf startet daher Prof. Jörg Krüger, Leiter des Fachgebiets Industrielle Automatisierungstechnik am IWF der TU Berlin und Bereichsleiter Automatisierungstechnik am Fraunhofer IPK. Der Automatisierungsexperte sagt: »Wir müssen einfachere Strukturen der Automatisierung schaffen, mit denen sich die Komplexität maschineller Lernverfahren besser verstehen und beherrschen lässt.«
nal Neural Networks (laut Wikipedia ein von
alles schürt natürlich die Vorstellung, dass
biologischen Prozessen inspiriertes Konzept
der Mensch irgendwann unterliegt.
im Bereich des maschinellen Lernens, Anm. des Autors), die zum Teil die menschlichen
Und dann steht der Produktioner vor
Fähigkeiten in der Muster- und Bilderken-
einem Big Data-Gebirge. Wie geht er
nung bei der Verarbeitung von Audio- und
damit um?
Videodaten bereits übertreffen. Jörg Krüger: Es kommt sehr darauf an, um Prof. Armin Grunwald, Leiter des Büros
welche Art von Daten es sich handelt und
für Technologiefolgen-Abschätzung
welche Zielsetzung der Produktioner verfolgt.
beim Deutschen Bundestag (TAB), hat
So ging es einem Anwender darum, per Bil-
ein Buch veröffentlicht mit dem Titel
derkennung 50 000 bis 60 000 Teile in einem
»Der unterlegene Mensch: Digitalisie-
Lager zu erkennen und zu verwalten. Bisher
ren wir uns mit Algorithmen, künstlicher
übernimmt ein Lagerarbeiter die Arbeit, bei
Intelligenz und Robotern selbst weg?«.
der er die Teile anhand eines Kataloges iden-
Was halten Sie von den pessimistischen
tifiziert und sortiert. Wir ließen von jedem
KI-Ansichten des Autors?
Teil nur eine begrenzte Anzahl von Aufnahmen machen, die zum Erfassen einer neu-
Prof. Jörg Krüger leitet das Geschäftsfeld Automatisierungstechnik am Fraunhofer IPK und das Fachgebiet Industrielle Automatisierungstechnik am IWF der TU Berlin.
Jörg Krüger: Ich verstehe seinen skep-
ronalen Netzstruktur eigentlich nicht aus-
tischen Blick auf die teilweise Undurch-
reichen. Doch wir stellten fest, dass sich mit
schaubarkeit dieser Systeme, denn deren
vortrainierten Netzen auf Basis nichtindustri-
Komplexität nimmt weiter zu. Wir müssen
eller Bilddaten in Kombination mit wenigen
einfachere Strukturen der Automatisierung
industriellen Bauteildaten schon früh akzep-
schaffen, mit denen sich die Komplexität
table Erkennungsquoten für Assistenzfunk-
maschineller Lernverfahren besser verste-
tionen erzielen lassen.
Herr Professor Krüger, wie und wann
hen und beherrschen lässt. Es geht darum,
hatten Sie Ihren ersten Kontakt zu KI?
ob Produktioner einem lernenden Sys-
Das KI-System arbeitet dann als halbauto-
tem soweit vertrauen können, dass sie es
matischer Assistent, der dem Lagerarbeiter
Jörg Krüger: Das geschah 1992, als ich
in der Produktion »scharf schalten«. Weil
jeweils die fünf wahrscheinlichsten Teile
mich mit künstlichen neuronalen Netzen bei
sich Aus- und Weiterbildung aber oft nicht
anzeigt. Dank dieser Assistenz arbeitet er
der Diagnose von Werkzeugmaschinenach-
schnell genug an diese schnelle Entwicklung
nun deutlich effizienter und genauer. Das
sen beschäftigte. Heute bin ich fasziniert von
in der Forschung anpassen, gelingt es uns
funktioniert aber nur, wenn man die Pro-
den enormen Fortschritten durch Deep Lear-
nur mit erheblicher Verzögerung, entspre-
zesse sehr genau kennt. Daher lautet meine
ning (Teilbereich des Machine Learning, der
chende Fähigkeiten zur Beherrschung der
Botschaft: Nicht nur in Hard- und Software
neuronale Netze und große Datenmengen
Komplexität aufzubauen und Vertrauen in
investieren, sondern auch systematisch das
nutzt, Anm. des Autors) und Convolutio-
diese neuen Technologien zu schaffen. Das
so genannte Domänenwissen der Produkti-
FUTUR 2/2019
oner nutzen. Menschen müssen außerdem
delle und Nischen für kleine Unternehmen
lernen, Vorgänge in der Fabrik zu bewerten
sowie vor allem für Start-ups.
und zu entscheiden, welche Aufgaben die KI übernimmt. Generell ist das Einbeziehen des
Welche Rolle spielen Sensoren?
Domänenwissens aus der Produktion elementar, um neue Wertschöpfungspotenziale
Jörg Krüger: Die »Sensorisierung« ist in
schnell und systematisch zu identifizieren.
der Regel der erste Schritt, um Daten für das Lernen zu gewinnen. Je leistungsfähi-
Clevere Assistenz ist ein Aspekt, was hat
ger und günstiger die Werkzeuge für das
KI noch zu bieten?
maschinelle Lernen sind, umso wertvoller werden die Daten, mit denen dies geschieht.
Jörg Krüger: Die in den Firmen erzeugten
Gerade im Bereich der Sensorisierung sind
Daten sind für mich digitaler Goldstaub.
ja durch die Forschung und Entwicklung in
Viele Unternehmen sind sich aus meiner
Bezug auf Industrie 4.0 große Fortschritte zu
Erfahrung noch nicht bewusst, welche Wert-
sehen – eine gute Voraussetzung, um jetzt
schöpfungspotenziale sie damit erschließen
den nächsten Schritt zum maschinellen Ler-
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Pro-
können. Die Werkzeuge für das maschinelle
nen in der Produktion zu machen.
duktionstechnik WGP wird am Freitag, den
Lernen werden immer leistungsfähiger. In
13. September 2019 auf dem XVI. Internatio
der Produktion sollten wir nun systematisch
Wie sehen unsere Chancen aus gegen-
die Daten und das Domänenwissen verbin-
über Ländern wie China, die ja enorme
Berlin ein Standpunktpapier zum Thema KI-
den, um die Prozesse weiter zu verbessern
Beträge in KI stecken?
unterstützte Produktion vorstellen. Darin
und effizienter zu werden. Dieses Thema
nalen Produktionstechnischen Kolloquium in
werden Chancen und Risiken der Künstlichen
möchte ich mit den Kollegen der Wissen-
Jörg Krüger: Die Investitionen in KI-Infra-
Intelligenz (KI) für das produzierende Gewerbe
schaftlichen Gesellschaft für Produktions-
strukturen, die gerade aus China bekannt
erstmals umfassend beleuchtet. Darüber hinaus
technik (WGP) forciert angehen. Wir sollten
werden, sind in der Tat beeindruckend: kaum
zeigt die WGP praktische Wege auf, wie KI in
zum Beispiel unseren Fokus nicht wie frü-
vorstellbar, hier aus Deutschland in der glei-
die Produktion integriert werden kann. Das
her auf die Erhöhung der Erkennungsquo-
chen Dimension mithalten zu können. Im
Standpunktpapier soll ein Weckruf an Unter-
ten mithilfe von maschinellen Lernverfahren
internationalen Wettbewerb sehe ich jedoch
nehmen sein, sich mit Fragen der KI praktisch
richten, sondern einerseits systematischer als
für Deutschland eine gute Zukunftschance
auseinanderzusetzen und enthält konkrete
bisher die vorhandenen Produktionsdaten
darin, mit strukturierter Ingenieur-Denkweise
Handlungsempfehlungen für die Einführung
auf ihr Potenzial zum maschinellen Lernen
an das Thema der industriellen Nutzung von
der Technologien in der Praxis.
analysieren und andererseits auch systema-
KI bzw. dem maschinellen Lernen heranzu-
tischer die daraus resultierenden Potenziale
gehen. In dieser Form sollten wir in Zukunft
zur Effizienzsteigerung in der Produktion
auch unsere weltweit sehr gute Position im
ableiten.
Bereich der Automatisierung weiterentwickeln und erhalten können.
Das Interview führte der Journalist Nicolas Fecht im Auftrag der Wissenschaftlichen Ge-
Ich empfehle dazu das Youtube-Video des
sellschaft für Produktionstechnik. Es wird hier
kanadischen Wissenschaftlers Ajay Agra-
in leicht angepasster Form veröffentlicht.
wal beziehungsweise sein Buch Prediction Machines: The Simple Economics of Artificial Intelligence. Hier kann ein Automatisierer oder Produktioner die Chancen von KI aus der ökonomischen Perspektive kennenler-
Ihr Ansprechpartner
nen, um den digitalen Goldstaub im eigenen
Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger
Unternehmen zu entdecken. Es entstehen
Telefon: +49 30 39006-178
plötzlich völlig neue Wertschöpfungsmo-
joerg.krueger@ipk.fraunhofer.de
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Netzwerkpartner
Plattform Industrie 4.0 Das Netzwerk für den digitalen Wandel der Industrie Die digitale Transformation der Industrie gestalten: Das ist der Leitgedanke der Plattform Industrie 4.0 – einem der größten Industrie 4.0-Netzwerke weltweit. In der Plattform arbeiten über 350 Akteure aus Wirtschaft, Verbänden, Wissenschaft, Gewerkschaften und Politik gemeinsam in drei zentralen Handlungssträngen: Fachliche Vordenkerschaft, (inter-)nationale Kooperationen und Unterstützung des Mittelstands beim Praxistransfer. Die Plattform Industrie 4.0 ist Netzwerkpartner beim Produktionstechnischen Kolloquium 2019.
Fachlich vordenken
netzt. International kooperiert die Plattform
►► Die Zukunft digitaler Ökosysteme gestalten
Das Expertennetzwerk der Plattform versteht
mit Initiativen aus Australien, China, Frank-
sich als fachlicher Vordenker bei allen Fra-
reich, Italien, Japan, Österreich, Mexiko, Nie-
gen rund um Industrie 4.0. Aus Forschungs-
derlande, Schweiz, Tschechien, USA sowie
inhaltlichen Rahmen für die Aktivitäten der
und Praxiserkenntnissen werden Konzepte
auf G7/20- und EU-Ebene.
Plattform Industrie 4.0. Das Leitbild beschreibt,
►► Kleine und mittlere Unternehmen
Art und Weise gestaltet werden können, die
und Handlungsoptionen zur Umsetzung von Industrie 4.0 erarbeitet. Sechs Arbeitsgruppen befassen sich mit den Themen Standardi-
Das Leitbild 2030 für die Industrie bietet den
wie offene, digitale Ökosysteme auf eine vernetzen und unterstützen
unseren gesellschaftlichen Grundwerten und
sierung, Anwendungsszenarien, IT-Sicherheit,
Die Plattform Industrie 4.0 bietet und koor-
Recht, Arbeit sowie Geschäftsmodellen. Sie
diniert Informations- und Vernetzungsange-
liefern dazu Handlungsempfehlungen, Leit-
bote für kleine und mittlere Unternehmen in
Den Gesamtprozess der Plattform Industrie
Deutschland. Mit über 350 Beispielen sowie
4.0 verantwortet die Leitung des Bundesmi-
einer Übersicht an Testzentren veranschau-
nisteriums für Wirtschaft und Energie und des
fäden und Diskussionspapiere. Internationale Impulse setzten
einer sozialen Marktwirtschaft entsprechen.
licht die Online-Landkarte der Plattform, wo
Bundesministeriums für Bildung und For-
Die Plattform Industrie 4.0 hat Industrie 4.0
Industrie 4.0-Lösungen bereits heute erfolg-
schung, gemeinsam mit ausgewählten Spit-
international als Marke etabliert und gibt
reich umgesetzt werden. Mit Hilfe des vom
zenvertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaft
Impulse in den internationalen Diskurs zur
Bundeswirtschafts- und Bundesforschungs-
und Wissenschaft.
Digitalisierung der Produktion. Zahlreiche
ministerium gegründeten Transfer-Netz-
Kooperationen mit nationalen und interna-
werks Industrie 4.0 werden regionale und
tionalen Allianzen sind aus der Arbeit der
nationale Angebote vernetzt, um Synergien
Plattform hervorgegangen. Über strategi-
zu erzielen. In Kooperation mit den Industrie-
sche Partnerschaften im Bereich der Digita-
und Handelskammern sowie den Verbänden
lisierung ist die Plattform in Deutschland mit
ZVEI, VDMA und Bitkom hat die Plattform
beispielsweise der Plattform Lernende Sys-
zudem Informations- und Transferformate
teme und dem International Dataspace ver-
für den Mittelstand entwickelt.
Plattform Industrie 4.0 online: www.plattform-i40.de
Ihre Ansprechpartnerin Janina Henning j.henning@plattform-i40.de
Porträt
FUTUR 2/2019
Industrienahe Forschung zum Anfassen Das neue Industrie 4.0 Transferzentrum Berlin Seit weit mehr als einem Jahrzehnt ist die digital integrierte Produktion der zentrale Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer IPK. Mit der Eröffnung des Industrie 4.0 Transferzentrums Berlin unterstreicht das Institut einmal mehr seine Leistungsfähigkeit in der Entwicklung von Technologien für die digitale Transformation. Ab September 2019 können sich Interessierte aus Industrie, Wissenschaft und Politik im neuen Transferzentrum live über den aktuellen Forschungsstand informieren.
ten wie diejenigen, die auf der Suche nach
►►Sensorik in additiven Bauteilen
Lösungsansätzen für singuläre Problemstel-
Wirkstellennahe Ausrüstung komplexer
lungen bei der digitalen Transformation ihres
Bauteilgeometrien mit Sensorik
Unternehmens sind. ►► ErgoJack Insgesamt neun Demonstratoren machen
Softorthese mit Echtzeit-Bewegungserken-
Industrie 4.0 im Transferzentrum Berlin
nung und Feedback zur ergonomischen
erlebbar. Folgende Themen werden
Haltungsverbesserung
präsentiert:
►►Digital Maintenance ►►Virtual Reality und Digitaler Zwilling
Detektion von Schäden an einer Kugel umlaufspindel mittels Machine Learning
Entwicklung von Produkten mit virtuellen Prototypen und der Produktionsumgebung als digitalem Zwilling
►►Intelligente Produktions umgebung Demonstration einer Produktionsumgebung
►►Smart Scratch Präsentiert werden Lösungen verschiede-
Gestenbasierte Roboterprogrammierung,
ner Technologie-Reifegrade. Damit ist das
für die keine Robotik- oder Programmier-
Transferzentrum gleichermaßen Leistungs-
kenntnisse notwendig sind
schau und Zukunftsvision. Es gewährt Einblicke in die gesamte Bandbreite der Industrie 4.0-Forschung am Fraunhofer IPK.
der Zukunft
►►Smart Service Customization Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle mittels Data Analytics
►►Gestenbasierte Roboterprogrammierung Intuitive und schnelle Einrichtung neuer
Forschung für digital integrierte Produktion
Fertigungsaufgaben dank einer Kombina-
am Fraunhofer IPK ist stets humanzentriert.
tion aus Gestenerfassung und Augmented
Gezeigt werden deshalb vor allem auch
Reality
Technologien, die die Arbeit der Werkerin und des Werkers vereinfachen und eine
►►Industrie 4.0 aus dem Koffer
intuitive Steuerung softwarebasierter Anla-
Schnelle Vernetzung von Maschinen und
gen und Roboter möglich machen.
Anlagen zur auftragsindividuellen Einpla-
Besucherinnen und Besucher, die sich über
Spezialaufträgen
nung und einfachen Nachverfolgung von Ihr Ansprechpartner
die intelligente Vernetzung entlang der
Claudio Geisert
gesamten Wertschöpfungskette informie-
Telefon: +49 30 39006-133
ren wollen, kommen genauso auf ihre Kos-
claudio.geisert@ipk.fraunhofer.de
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Ereignisse und Termine
Neuer Einsatz für den ePuzzler Fraunhofer IPK und Fundación IWO präsentierten erste Erfolge bei der virtuellen Rekonstruktion von durch Terror zerstörten Archivalien
Eindrucksvoller Rahmen für ein beeindruckendes Projekt: Die Veranstaltung fand im Wappensaal des Roten Rathauses statt.
Am 7. August 2019 wurden im Berliner Roten Rathaus erste Ergeb-
am IPK entwickelten Software, sollen die Bestände automatisiert
nisse eines deutsch-argentinischen Kooperationsprojekts vorgestellt.
rekonstruiert werden. Kern des ePuzzlers sind modernste Bildver-
In dem Projekt werden jüdische Kulturgüter automatisiert wieder-
arbeitungs- und Mustererkennungsalgorithmen, auf deren Basis
hergestellt, auch dank einer neuen Scantechnologie.
gescannte Papierfragmente ohne Vorlage virtuell zu vollständigen Seiten zusammengesetzt werden können.
In einer vom Auswärtigen Amt geförderten Pilotphase gelang es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer IPK,
Das Projekt profitiert enorm von jüngsten Entwicklungsfortschrit-
erste Stichprobendokumente aus der Bibliothek der Fundación IWO
ten bei der Digitalisierung von Papierfragmenten. Gemeinsam mit
(Idisher Visnshaftlejer Institut – Instituto Judío de Investigaciones)
der Firma MFB MusterFabrik Berlin GmbH hat das Fraunhofer IPK
zu rekonstruieren. Diese wurden beschädigt, als 1994 in Buenos
einen neuartigen Dokumentenscanner entwickelt, der Papierfrag-
Aires ein Bombenanschlag auf das Gebäude der Asociación Mutual
mente nahezu jeder Form und Größe hochauflösend sowie farb-
Israelita Argentina (AMIA), der Zentrale der jüdischen Gemeinde in
und geometriegetreu gegenüber den Originalen erfasst. Dies ist
Argentinien, verübt wurde.
notwendig, um Beziehungen zwischen den Teilen, wie zum Beispiel identische Pigmentierung oder benachbarte Kanten zuverlässig zu
Seit dem Anschlag steht das IWO vor der Herausforderung, Milli-
erkennen. Gleichzeitig erreicht das Gerät eine hohe Durchsatzrate
onen von Fragmenten in ihren Originalzusammenhang zurückzu-
sowohl bei der Zuführung der Originale als auch bei der Bildauf-
bringen. Neben dem Beschädigungsgrad schließt schon die Menge
nahme. Ein Scanner, der all diese Qualitätsmerkmale aufweist, ist
der einzelnen Teile eine manuelle Rekonstruktion aus. Hier kommt
am Markt bisher nicht verfügbar.
das Fraunhofer IPK in Berlin ins Spiel. Mithilfe des ePuzzlers, einer
Ereignisse und Termine
FUTUR 2/2019
Festlicher Abschluss im Säulensaal des Roten Rathauses
Seit Anfang 2019 wird im Rahmen der Pilotphase des IWO-Projekts erstmals die neue Scantechnologie für eine Stichprobenanalyse von Dokumenten mit unterschiedlichen Zerstörungsgraden angewendet. Unter den bisher digitalisierten und erfolgreich rekonstruierten Papieren befinden sich bedeutende Zeugnisse der ostjüdischen Kultur und bislang nicht publizierte Manuskripte von Shoa-Überlebenden. Auf der Veranstaltung im Roten Rathaus ordneten hochrangige Vertreter und Vertreterinnen des IWO aus Buenos Aires die Rekonstruktionsergebnisse ein und zeigten deren Bedeutung auf. Der ePuzzler hatte seine Leistungsfähigkeit zuvor schon in mehreren Projekten unter Beweis gestellt. Ursprünglich war er entwickelt worden, um zerstörte Akten des DDR-Staatssicherheitsdienstes wieder lesbar zu machen. Später wurde er unter anderem bei der Wiederherstellung der beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im Jahr 2009 zerstörten Dokumente eingesetzt sowie für die Rekonstruktion des mittelalterlichen Gebetbuches Narek in Jerewan, Armenien.
(von oben) Silvia und Chaskiel Hansman, Archivarin und Präsident der Fundación IWO, berichteten von den Folgen des Terroranschlags für die jüdische Erinnerungskultur. Dr. Bertram Nickolay leitet am Fraunhofer IPK das Projekt zur virtuellen Rekonstruktion der zerstörten Archivdokumente. Eine Podiumsdiskussion bildete den Abschluss des Vortragsprogramms.
Die Präsentation des IWO-Projekts am 7. August im Roten Rathaus erfolgte in Kooperation mit der Senatskanzlei Berlin und dem Aus-
Ihr Ansprechpartner
wärtigen Amt im Rahmen des 25. Jubiläumsjahres der Städtepart-
Dr.-Ing. Bertram Nickolay
nerschaft Berlin – Buenos Aires.
Telefon: +49 30 39006-201 bertram.nickolay@ipk.fraunhofer.de
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Ereignisse und Termine
Früh übt sich... ... wer zum Thema Produktentwicklung forschen will Das Fraunhofer IPK engagiert sich für die Nachwuchsförderung. Im Juni und Juli dieses Jahres wurden einigen Schülern und einer Schülerin Einblicke in Forschung und aktuelle Projekte des Geschäftsfeldes Virtuelle Produktentstehung ermöglicht. Vier Acht- und Neuntklässler verschiedener Berliner Gymnasien und eine Elftklässlerin der Deutschen Schule Quito aus Ecuador verbrachten ihr Schulpraktikum von zwei bzw. vier Wochen in der Abteilung für Informations- und Prozesssteuerung (IPS). Mit minimalen Vorkenntnissen zum Thema Produktentwicklung begannen die Berliner Schüler ihr Praktikum. Den Praktikanten wurde die Aufgabe gestellt, einen Demonstrator für die Forschungsthemen der Abteilung zu konzeptionieren und zu bauen. Sie sollten eigenständig als Team verschiedene Methoden erarbeiten und anwenden, um neben ihren technologischen Kenntnissen auch ihre
»Ich werde auf jeden Fall [in der Schule] erzählen, dass wir
Teamfähigkeit, Selbstständigkeit und strukturiertes Arbeiten zu ver-
eine eigene App entwickelt haben.« (Niclas Plietz)
bessern. Dabei lernten sie insbesondere, wie ein Produktentwicklungsprozess abläuft, welche Hilfsmittel die virtuelle Produktentste-
»Vorher wusste man gar nichts, und jetzt hat man hier alles
hung bietet und welche aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit und
selber gestaltet. Das ist schon ein krasses Gefühl.«
Smart Services dabei berücksichtigt werden müssen. Den Demons-
(Fouad Foda)
trator entwickelten sie mithilfe von Methoden aus dem Bereich des Design Thinkings, wie Persona-Entwicklung, Customer Journeys
»Gefühlt haben wir in den letzten zwei Wochen zehnmal
und Prototypenbau. Um die Forschungsthemen zu verstehen und
mehr gelernt als im letzten Schuljahr.« (Oskar Xylander)
auch darstellen zu können, führten die Schüler Interviews mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung. Anschließend durften die Schüler selbst verschiedene Domänen der Produktentwicklung, wie 3D-Modellierung, Prototypenbau, Elektronik- und Softwareentwicklung, ausprobieren und ihre selbst entwickelten Ideen umsetzen. Am Ende der zwei Wochen präsentierten die Schüler ihr Konzept und den Prototypen des Demonstrators sowie eine dazugehörige Android-App mit den integrierten Interviewvideos vor der gesamten Abteilung. In den darauffolgenden vier Wochen wurden der Prototyp und die App von einer weiteren Schülerpraktikantin weiterentwickelt. Hierbei lag der Fokus auf der Anpassung und Umsetzung des bereits vorhandenen Demonstrators. Die Schülerin lernte Grundzüge der App-Programmierung, Elektronik und 3D-Modellierung und implementierte selbst eine Steuerung zur Bewegung von Bauteilen des Demonstrators. Aus Sicht aller Beteiligter waren die insgesamt sechs Wochen auf jeden Fall ein voller Erfolg.
Ihre Ansprechpartnerin Theresa Riedelsheimer Telefon: +49 30 39006-219 theresa.riedelsheimer@ipk.fraunhofer.de
Ereignisse und Termine
FUTUR 2/2019
Mobilität der Zukunft ... muss produziert werden Wie muss sich die deutsche Automobilindustrie angesichts von Veränderungen durch Digitalisierung, Markt, Mensch und neuen Antriebstechnologien wandeln? Wie werden die neuen Fahrzeuge aussehen? Sind sie elektrisch, durch fossile Brennstoffe angetrieben, automatisiert oder fahren sie sogar autonom? All das ist heute mit Bestimmtheit noch nicht vorhersagbar. Eine Sache, die im Gegensatz dazu deutlich vorhersagbar ist, ist der Handlungsbedarf für die Sicherung und den Ausbau des Produktionsstandortes Deutschland. In ihrem Whitepaper stellt die Fraunhofer-Allianz autoMOBILproduktion Optionen und einen konkreten Lösungsraum vor. Die Studie steht zum kostenlosen Download zur Verfügung: www.automobil.fraunhofer.de/de/FormularDownload.html Ihr Ansprechpartner Eckhard Hohwieler Telefon: +49 30 39006-121 eckhard.hohwieler@ipk.fraunhofer.de
Neues aus unserer Forschung PTZ-Jahresbericht 2018 / 2019 erschienen Sie wollen Forschung jenseits der Schlagworte? Lesen Sie den Jahresbericht 2018 / 2019 des Produktionstechnischen Zentrums (PTZ) Berlin! Die Digitalisierung sowie die Vernetzung in der Industrie schreiten konsequent voran. Damit einhergehend entwickeln sich neue Möglichkeiten im Bereich des Cross Research Developments, in dessen Zentrum in diesem Jahr das Querschnittsthema »Additive Fertigung« gestellt wird. Auch die »Digitale Vernetzung« nimmt weiter Fahrt auf. Zahlreiche Projekte, die in diesem Rahmen durchgeführt werden, stellen wir Ihnen in unserem Jahresbericht vor. Der Jahresbericht steht zum kostenlosen Download zur Verfügung: s.fhg.de/ipk-JB18 Ihre Ansprechpartnerin Katharina Strohmeier Telefon: +49 30 39006-331 katharina.strohmeier@ipk.fraunhofer.de
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Ereignisse und Termine
Let's Talk Innovation Pläne für das Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science vorgestellt Unter dem Motto »Let’s Talk Innovation« fiel am 27. Juni 2019 der offizielle Startschuss für die Kooperation von 26 Unternehmen und Forschungsinstitutionen zum Aufbau des Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science. Bei der Veranstaltung in der eindrucksvollen Siemens-Mosaikhalle in Berlin gaben Vertreter der vier größten Partner TU Berlin, Fraunhofer-Gesellschaft, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie Siemens erste Einblicke in die Pläne für die Institution, die als Forschungsarm des Siemensstadt-Projekts die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Industrie bildet. Der Berliner Senat, der das Projekt von Beginn an unterstützt, war unter anderem durch den Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach vertreten. Fraunhofer IPK-Leiter Prof. Dr. Dr. Eckart Uhlmann erläuterte bei einer Panel-Diskussion die Rolle der Fraunhofer-Gesellschaft im Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science. Als Einrichtung der anwendungsorientierten Forschung ist sie das Bindeglied zwischen der Grundlagenforschung und dem Endanwender und bringt mit ihren vier Berliner Fraunhofer-Instituten FOKUS, HHI, IPK und IZM vor allem Kompetenzen in den Technologiebereichen Digitalisierung und Additive Manufacturing in das Centre ein. Wie gelungene Kooperationen zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung sowie Endanwendern aussehen, erörterte Prof. Uhlmann anhand des reichhaltigen Erfahrungsschatzes des Fraunhofer IPK, zum Beispiel im Bereich Maintenance, Repair and Overhaul.
Ihr Ansprechpartner Prof. Dr. Dr. Eckart Uhlmann Telefon: +49 30 39006-100 eckart.uhlmann@ipk.fraunhofer.de
Oben (v. l. n. r.): Panel-Diskussion mit Moderatorin Lydia Bierwirth, Prof. Ingomar Kelbassa, Dr. Karina Rigby (alle Siemens), Prof. Ulrich Panne (BAM), Prof. Christian Thomsen (TU Berlin), Prof. Eckart Uhlmann (Fraunhofer IPK). Mitte und unten: Ausstellung der Partner des Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science. (© Siemens)
FUTUR 2/2019
Termine Mehr Können – Veranstaltungen 2019 Unsere Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung präsentieren wir regelmäßig auf Messen, Konferenzen, Technologietagen, Industrieworkshops und in Seminaren. Wo und wann Sie mit uns ins Gespräch kommen können, verrät Ihnen unser Terminkalender. 12. – 13. September 2019
PTK 2019: Digital Integrierte Produktion – Lösungen aus Berlin/Brandenburg
23. – 27. September 2019
Fraunhofer-Zertifikatsprogramm PLM Professional
26. September 2019
IAK Keramikbearbeitung
26. September 2019
Workshop: Future Qualification Morning
Oktober 2019
International Master (M. Sc.) Global Production Engineering
22. Oktober 2019
Workshop: Modellbasiertes Systems Engineering
25. Oktober 2019
Seminar: Wissensmanagement im Kontext der IS0 9001:2015
06. – 08. November 2019
Seminar: Grundlagen der industriellen Bauteilreinigung
08. November 2019
Workshop: Der Arbeitsplatz der Zukunft
13. – 14. November 2019
Seminar: Doppelseitenplanschleifen mit Planetenkinematik
14. November 2019
Industrieworkshop: Lifecycle Monitoring
21. – 22. November 2019
Seminar: Wissensbilanz Made in Germany
28. – 29. November 2019
Workshop: Kantenworkshop
4. Dezember 2019
IAK: Nachbereitung von additiv gerfertigen Bauteilen
Detaillierte Informationen zu allen Veranstaltungen und Möglichkeiten zur Anmeldung finden Sie unter www.ipk.fraunhofer.de/weiterbildung
TIPP
Grundlagen der industriellen Bauteilreinigung
Seminar, 6. - 8. November 2019, PTZ Berlin Die Reinigungstechnik ist ein fester Bestandteil in der Prozesskette zur Herstellung eines Produkts und ein wichtiges Querschnittsthema für den Maschinen- und Anlagenbau sowie für die Produktions- und Verfahrenstechnik. Reinigungstechnisches Wissen kann nicht in einem Ausbildungsberuf oder Studium erlernt werden, somit fehlt es in der Industrie an qualifiziertem Know-how und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dieses fehlende Wissen zum methodischen und systematischen Vorgehen in der Reinigungstechnik können Sie bei der Fraunhofer-Allianz Reinigungstechnik erlernen. Die Fachleute der Allianz Reinigungstechnik stellen bewusst nicht bestimmte Verfahren, Anwendungen oder Branchen in den Vordergrund. Ihr Ziel ist
Entlang dieser Fragestellungen erlernen die Teilnehmerinnen und
vielmehr eine bedarfsorientierte, unternehmens- und anwendungs-
Teilnehmer eine methodische Herangehensweise zur Lösung von
neutrale Schulung zu den folgenden Fragestellungen:
Reinigungsaufgaben und erwerben theoretische Grundlagen zu Reinigungssystematik, -verfahren, -analytik und Qualitätsmanagement.
- Wie gehe ich Reinigung an? - Wie gliedert sich die Reinigung in die Produktionskette ein? - Welche Reinigungsverfahren stehen mir zur Verfügung? - Wie messe ich die Sauberkeit meines Bauteils? - Welche Möglichkeiten der Qualitätssicherung habe ich?
Weitere Informationen und Anmeldung: www.ipk.fraunhofer.de/weiterbildung
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Kurzprofil Produktionstechnisches Zentrum (PTZ) Berlin Das Produktionstechnische Zentrum PTZ Berlin umfasst das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb IWF der Technischen Universität Berlin und das Fraunhofer -Institut für Produktionsanlagen und Kons truktionstechnik IPK. Im PTZ werden Methoden und Technologien für das Management, die Produktentwicklung, den Produktionsprozess und die Gestaltung industrieller Fabrikbetriebe erarbeitet. Zudem erschließen wir auf Grundlage unseres fundierten Know-hows neue Anwendungen in zukunftsträchtigen Gebieten wie der Sicherheits-, Verkehrs- und Medizintechnik. Besonderes Ziel des PTZ ist es, neben eigenen Beiträgen zur anwendungsorientierten Grundlagenforschung neue Technologien in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu entwickeln. Das PTZ überführt die im Rahmen von Forschungsprojekten erzielten Basisinnovationen gemeinsam mit Industriepartnern in funktionsfähige Anwendungen. Wir unterstützen unsere Partner von der Produktidee über die Produktentwicklung und die Fertigung bis hin zur Wiederver-
Ihre Ansprechpartner im PTZ Berlin Unternehmensmanagement, Nachhaltige Unternehmensentwicklung Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl Telefon: +49 30 39006-233 holger.kohl@ipk.fraunhofer.de Virtuelle Produktentstehung, Industrielle Informationstechnik Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark Telefon: +49 30 39006-243 rainer.stark@ipk.fraunhofer.de Produktionssysteme, Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann Telefon: +49 30 39006-101 eckart.uhlmann@ipk.fraunhofer.de Füge- und Beschichtungstechnik (IPK) Prof. Dr.-Ing. Michael Rethmeier Telefon: +49 30 8104-1550 michael.rethmeier@ipk.fraunhofer.de Beschichtungstechnik (IWF) Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Rupprecht Telefon: +49 30 314-25176 rupprecht@tu-berlin.de Automatisierungstechnik, Industrielle Automatisierungstechnik Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger Telefon: +49 30 39006-178 joerg.krueger@ipk.fraunhofer.de Montage- und Handhabungstechnik Prof. Dr.-Ing. Franz Dietrich Telefon: +49 30 314-22014 f.dietrich@tu-berlin.de
Hierzu gehört auch die Konzipierung von Produktionsmitteln, deren Integration in komplexe Produktionsanlagen sowie die Innovation aller planenden und steuernden Prozesse im Unternehmen.
Kompetenzzentren
AdvanCer Hochleistungskeramik Christian Schmiedel Telefon: +49 30 39006-267 christian.schmiedel@ipk.fraunhofer.de
Additive Fertigung Dr.-Ing. André Bergmann Telefon: +49 39006-107 andre.bergmann@ipk.fraunhofer.de
autoMOBILproduktion Dipl.-Ing. Eckhard Hohwieler Telefon: +49 30 39006-121 eckhard.hohwieler@ipk.fraunhofer.de
Anwendungszentrum Mikroproduktionstechnik (AMP) Dr.-Ing. Julian Polte Telefon: +49 30 39006-433 julian.polte@ipk.fraunhofer.de
Big Data und Künstliche Intelligenz Dipl.-Ing. Kai Lindow Telefon: +49 30 39006-214 kai.lindow@ipk.fraunhofer.de
Benchmarking Dr.-Ing. Ronald Orth Telefon: +49 30 39006-171 ronald.orth@ipk.fraunhofer.de
Generative Fertigung Dr.-Ing. André Bergmann Telefon: +49 39006-107 andre.bergmann@ipk.fraunhofer.de
Leistungszentrum Digitale Vernetzung Geschäftsstelle Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann Telefon: +49 30 39006-101 eckart.uhlmann@ipk.fraunhofer.de
Numerische Simulation von Produkten, Prozessen Sebastian Uhlemann Telefon: +49 30 39006-124 sebastian.uhlemann@ipk.fraunhofer.de Reinigungstechnik Dr.-Ing. Sascha Reinkober Telefon: +49 30 39006-326 sascha.reinkober@ipk.fraunhofer.de SysWasser Dipl.-Ing. Gerhard Schreck Telefon: +49 30 39006-152 gerhard.schreck@ipk.fraunhofer.de Verkehr Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann (komm.) Telefon: +49 30 39006-101 eckart.uhlmann@ipk.fraunhofer.de
Qualitätswissenschaft Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem Telefon: +49 30 314-22004 roland.jochem@tu-berlin.de
Arbeitskreise
Fraunhofer Innovationscluster
Berliner Runde (Werkzeugmaschinen) Simon Thom, M. Sc. Telefon: +49 30 314-24456 simon.thom@iwf.tu-berlin.de
wertung mit von uns entwickelten oder verbesserten Methoden und Verfahren.
Fraunhofer -Allianzen
LCE Life Cycle Engineering Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann Telefon: +49 30 39006-100 eckart.uhlmann@ipk.fraunhofer.de Next Generation ID Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger Telefon: +49 30 39006-178 joerg.krueger@ipk.fraunhofer.de
Keramikbearbeitung Alexander Eulitz, M. Sc. Telefon: +49 30 314-24963 eulitz@iwf.tu-berlin.de Mikroproduktionstechnik Dr.-Ing. Mitchel Polte Telefon: +49 30 39006-434 mitchel.polte@ipk.fraunhofer.de Werkzeugbeschichtungen und Schneidstoffe Gerret Christiansen Telefon: +49 30 314-24963 gerret.christiansen@iwf.tu-berlin.de
PDM/PLM Dr.-Ing. Kai Lindow Telefon: +49 30 39006-214 kai.lindow@ipk.fraunhofer.de Prozessmanagement Prof. Dr.-Ing. Thomas Knothe Telefon: +49 30 39006-195 thomas.knothe@ipk.fraunhofer.de Simulation und Fabrikplanung Prof. Dr.-Ing. Thomas Knothe Telefon: +49 30 39006-195 thomas.knothe@ipk.fraunhofer.de dip – Digital Integrierte Produktion Dipl.-Ing. Eckhard Hohwieler Telefon: +49 30 39006-121 eckhard.hohwieler@ipk.fraunhofer.de Veranstaltungsmanagement Mehr Können Claudia Engel Telefon: +49 30 39006-238 claudia.engel@ipk.fraunhofer.de Virtual Reality Solution Center (VRSC) Dipl.-Sporting. Andreas Geiger Telefon: +49 30 39006-109 andreas.geiger@ipk.fraunhofer.de Wissensmanagement Dr.-Ing. Ronald Orth Telefon: +49 30 39006-171 ronald.orth@ipk.fraunhofer.de Zentrum für Innovative Produktentstehung (ZIP) Dr.-Ing. Kai Lindow Telefon: +49 30 39006-214 kai.lindow@ipk.fraunhofer.de