Motorrad 2015 19 Continental deutsch

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SEPTEMBER

2015

T Ä R T R O P N E FIRM

CON

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Leben Firmenporträt Continental

CONTINENTAL

GLOBAL

Conti? Macht in Reifen. Aber auch in modernste ABS, in Zweitakt-Einspritzung und sogar in sprechende Ölflecke – ein Besuch in der Frankfurter „Chassis & Safety-Division“. Von Michael Schümann; Fotos: Jacek Bilski, Continental

Ohne Kurven-ABS

Notbremsung in Schräglage: Motorrad kann sich querstellen (Mitte), richtet sich auf und will geradeaus statt um die Kurve

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LEBEN

Mit Kurven-ABS

Gleiche Bremsung, gleiche Schräglage: Das Motorrad verzögert, weicht aber nicht von der angepeilten Kurvenlinie ab

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chwungvoll rollt die rote BMW auf die steile Rampe der Teststrecke. Auf halber Höhe bremst der Fahrer ab, die Maschine steht. Fast spitzbübisch grinst Hans-Georg Ihrig zu den Zuschauern herüber, stellt beide Füße auf den Boden und nimmt ganz locker die Hände vom Lenker, hält sie demonstrativ in die Höhe. Eigentlich müsste die 228 Kilogramm schwere S 1000 XR unter dem ContinentalFahrzeugtester jetzt unkontrolliert zurückrollen und umfallen. Tut sie aber nicht. Sie steht auf der Schräge wie festgeschweißt. Wir haben soeben die Vorführung einer „erweiterten Regelfunktion“ des neuesten Conti-ABS erlebt: MHG, was im unvermeidlichen Industrie-Denglisch für „Motorrad Hold & Go“ steht, vom Auto und aus den BMW-K-1600-Modellen her auch als „Rückrollsperre“ oder „Berganfahrhilfe“ bekannt. Wer als Motorradfahrer „Continental“ hört, denkt zunächst mal an Reifen. Schließlich hat der Konzern 1871 als „CaoutchoucCompagnie“ in Hannover angefangen. „Das ist auch bis heute unser Kernsegment“, bestätigt Sascha Till als Product Manager Motorcycle Tyres. Soeben erst hat Conti den TKC 70 als straßentauglichere Ergänzung zum beinahe schon legendären Grobstoller TKC 80 vorgestellt, deckt überhaupt die ganze Bandbreite von möglichen ZweiradGummis ab – vom Roller bis zum Supersportler. „Im Reifenbereich läuft der Techno-

logie-Transfer durchaus auch mal vom Motorrad zum Auto“, ergänzt Reifen-Spezialist Till. Als Beispiel nennt Till die „Black Chili Compound“-Mischung, die von Conti-Technikern eigens für den Zweiradbereich entwickelt wurde, jetzt aber auch in manchen Autoreifen Verwendung findet. Normalerweise geht der Weg der technischen Entwicklung aber andersherum: vom Auto zum Motorrad. Neben dem ABS und seiner stetigen Weiterentwicklung sei da etwa das adaptive Kurvenlicht ein schönes Beispiel. „Grundsätzlich kann man sagen, dass solche Techniken zunächst fürs Auto entwickelt und dann nach Bedarf aufs Motorrad übertragen werden. Beim adaptiven Kurvenlicht war das klar so, wobei die Hardware, also die Scheinwerfer und Lampen, nicht von uns, sondern von anderen Herstellern stammen“, erklärt Lothar Kienle, bei Continental Entwicklungschef des Bereichs Motorrad-ABS. Wie viele der 4000 Mitarbeiter in Contis Technik-Standort „Chassis and Safety“ in Frankfurt sind denn mit dem Thema Motorrad beschäftigt? Tja, das könne man eben wegen dieser Überschneidungen so nicht sagen. „Beide Fahrzeugbereiche, also Auto und Motorrad, sind eng verwoben. Wir haben hier auch durchaus personelle Wechsel zwischen den Bereichen, und das ist gewollt“, sagt ABS-Entwickler Kienle, der selbst auch aus dem Autobereich zum Motorrad

Gefahrlos voll in die Bremse trotz Schräglage? Eine spezielle Software macht’s beim aktuellen Continental-ABS möglich

Messelektronik: Auf der Frankfurter Conti-Test­strecke werden Werte erfasst und Parameter sofort angepasst

Interview Alessandro Cataldi, Business Development Manager Synerject „Zweitakter sterben ohne Einspritzung“ ? 2016 kommt die neue Abgasnorm Euro4 für Motorräder. Welche Veränderungen sind dadurch zu erwarten? ! Da muss man unterscheiden zwischen Zwei- und Viertaktern. Was die Viertakter angeht, sind unsere Entwicklungen längst auf dem Stand von Euro4. Die einzige Veränderung, die ein Endkunde (gemeint ist der Käufer einer Neumaschine ab 2016, Red.) tatsächlich bemerken wird, ist das dann vorgeschriebene Kontrolllämpchen der Onbord-Diagnose OBD. Wir arbeiten längst an der Erfüllung der Euro5-Norm, die 2020 kommen wird. ? Wie sieht es aber aus für die doch nicht ganz wenigen Zweitakter, etwa im Offroad-Sport? Was bedeutet Euro4 für künftige Zweitakt-Crosser

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oder -Enduros? Wird es da ab 2016 überhaupt noch neue Zweitakter geben? ! Gehen wir erst einmal ein wenig zurück. Bisher haben die Zulieferer und Fahrzeughersteller noch immer Möglichkeiten gefunden, den Vergaser-Zweitakter die Abgasbestimmungen einhalten zu lassen. Mit Euro4 wird das ohne Leistungseinbußen – und die hohe spezifische Leistung ist ja gerade der Vorteil des Zweitakters – nicht mehr gehen. So viel ist klar: Ohne Einspritzung wird der Zweitakter sterben. Aber Continental bietet hier viele verschiedene Lösungen. Wir sind Weltmarktführer im Bereich der Zweitakt-Einspritzung, und Euro4 stellt für uns kein Problem dar. Unsere Systeme halten die Grenzwerte ein, auch ohne Leistungseinbußen. ? Werden Zweitakt-Einspritzer teurer als Vergaser-Modelle? ! Na ja, die Frage müsste man den Herstellern direkt stellen. Aber ich

denke, dass der Aufwand vergleichbar ist mit der letzten Generation elektronischer Vergaser. Die wurden ja auch notwendig, um Grenzwerte einzuhalten – und haben Motorräder natürlich auch teurer gemacht. Andererseits werden wir bei der Zweitakt-Einspritzung Komponenten nutzen können, die auch beim Viertakter eingesetzt werden. Das macht die Herstellung dann wieder günstiger. Außerdem wird der Verbrauch mit der Einspritzung sinken, und das Anspringverhalten wird sich verbessern. ? Was wird die Euro5-Norm ab 2020 für den Zweitakter bedeuten? ! Das wissen wir auch noch nicht. Für Viertakter ist sie wie gesagt kein Problem. Beim Zweitakter warten wir noch darauf, dass die Grenzwerte festgelegt werden. Unterm Strich sind wir aber zuversichtlich, dass wir auch diese Hürde meistern werden.

LEBEN

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Firmenporträt Continental gewechselt ist, aber privat immer schon Motorradfahrer war. Zu den wichtigsten Neuerungen in Kienles Bereich zählt das Kurven-ABS, das bei Conti oCB (Optimized Curve Braking) heißt und als Sonderausstattung „ABS-Pro“ für einige neue BMWs angeboten wird. Voraussetzung für das optimierte, möglichst gefahrlose Kurven-Bremsen sind Schräglagensensor und moderne Can-Bus-Elektronik. Ist beides an Bord, ist das Kurven-ABS im Prinzip als Software-Update nachrüstbar. Ebenfalls Software, aber noch Zukunftsmusik, ist der „e-Horizon“, den mehrere Conti-Teams aktuell entwickeln. Dieser „elektronische Horizont“ kennt exakte Kar-

Geballter Conti-Input für MOTORRAD (v. r.): Motorrad-Welt-Vertriebschefin Bettina Lehmann, Einspritz-Experte Alessandro Cataldi, ABS-Entwicklungschef Lothar Kienle, Product Manager Reifen Sascha Till, Tester Hans-Georg Ihrig, Pressefrau Miriam Baum (vorn)

Interview Dr. Bettina Lehmann, Conti Key Account Executive Motorrad „Wie ein guter Kopilot bei einer Rallye“ ? Wagen Sie mal einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Möglichkeiten, Motorrad­ technik und auch die Sicherheitstechnik weiter zu verbessen? ! Wenn wir mal nur über PremiumMotorräder und nicht über den globalen Massenmarkt sprechen, dann konzen­ trieren sich die Anforderungen auf drei Bereiche: Sicherheit in Form eines bestmöglichen Bremssystems und optimaler Reifen, aber auch Komfort und Information. Und zum Teil sind diese Bereiche ganz eng verknüpft. Zum Beispiel über e-Horizon, ein System, das dem Motorrad und dem Fahrer Informationen über die vorausliegende Strecke liefert, die wiederum auch der Fahrsicherheit dienen. Hier stellt sich die Frage, wie wir es dem Fahrer ermöglichen können, in die Zukunft zu schauen. Das wird sehr, sehr spannend. Techniken, an denen wir heute bereits arbeiten, werden helfen, Unfälle, etwa durch einen Ölfleck auf der Straße voraus, zu vermeiden, auch wenn er nicht im Sichtfeld ist. ? Wie soll ein Ölfleck mir als sich näherndem Fahrer denn bitte signalisieren: „Pass auf, sonst rutschst du in 100 Metern auf mir weg!“? ! Der Ölfleck kann das nicht, aber andere Fahrzeuge können das. Dasselbe gilt beispielsweise für einen gerade eingetretenen Unfall oder eine Gewitterzelle. Wir werden bald die Möglich-

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keit haben, über e-Horizon ein Fahrzeug als Sensor zu benutzen und wichtige Informationen an andere Fahrzeuge weiterzureichen.

? Bleibt der Punkt Information. ! Richtig. Da ist die Frage, wie tauschen wir Informationen mit Freunden unterwegs? Wie kriegen wir News?

? Basiert das auf der sogenannten Car-toCar-Technologie? ! Ja, stimmt. Genauer gesagt handelt es sich dann um Car-to-Server-to-BikeKommunikation. Aber die Technik informiert nicht nur die folgenden Fahrzeuge über das, was gerade passiert. Der e-Horizon nutzt hochgenaue digitale Kartendaten und informiert etwa auch den Fahrer, wenn er die Kurve nicht richtig anfährt und diese sich zuzieht, so wie ein guter Kopilot bei einer Rallye. Das könnte für Motorradfahrer ja durchaus ein Thema sein.

? Doch nicht „Social Media“ am Motorrad? ! Doch. Vielleicht ist das aus deutscher Sicht, die wir gern sportlich fahren, kein Thema. Aber in anderen Ländern durchaus. Da wird etwa gern in Gruppen gefahren, und die wollen vernetzt sein. Oder Adaptive Cruise Control …

? Also ein weiteres Assistenzsystem. Was ist noch denkbar? ! Das Motorrad als drahtloser Stromlieferant. Die Geräte, die wir so mit uns rumschleppen, die werden zwar immer kompakter und vielseitiger, brauchen aber auch immer mehr Strom. ? Das heißt, mein Handy wird in der Tasche geladen, sobald ich auf dem Motorrad sitze? ! Das kommt auf die Tasche an. Mit „Wireless Power Charging“-Technik, die wir heute schon im Auto haben, könnte man problemlos ein Handy im Tankrucksack laden, wenn der Rucksack diese Technik bietet. Die zum Laden nötige Kontaktfläche wäre ganz einfach ins Motorrad zu integrieren. Das wäre etwa der Punkt Komfort.

? … die dann automatisch mein Tempo dem von Erich anpasst, der vorneweg fährt? ! Ganz genau. ? Arbeitet Continental etwa auch schon am selbstfahrenden Motorrad? ! Das tun wir heute tatsächlich noch nicht. Aber wenn das selbstfahrende Auto Realität wird, dann ist auch das Thema selbstfahrendes Motorrad so aktuell, dass wir uns das ein paar Jahre später vorstellen können. ? Ich will aber auch künftig selber fahren! ! Aber wir wollen, dass das Motorrad etwa in einer kritischen Situation eingreift. Heute fahren viele Menschen Motorräder, die stärker sind als ihre Fähigkeiten. Anders als beim Auto muss beim Motorrad vor einer automatisierten Notbremsung der Fahrer informiert werden, sonst geht er möglicherweise über den Lenker. Diese Information könnte über die Griffe kommen, damit der Fahrer in eine aktive Körperspannung kommt. Da ist vieles vorstellbar.

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Spiegel mit Totwinkelassistent-Symbol (BSD) Temperatur- und Ansaugluft-Drucksensor

Kontaktlose Schnellladung**

Schlüsselloses Start- und Zugangssystem**

Kraftstoffpumpe

Kombiinstrument Kraftstoffschläuche/Entlüftungsschläuche

Audiosystem/Infotainment mit integriertem Navigationssystem

Fahrzeug Steuereinheit

Sensor zur Unfallerkennung

Sensorbox Funkgesteuertes Sicherheitsmodul**

Stereo-Multifunktions-Kamera (Verkehrszeichenerkennung, Kollisionswarnung, Fernlichtassistent)

Rückwärtsgerichteter Kurzstreckenradar (Totwinkelassistent)

Lichtmanagement Einheit** Kollisionswarnradar Wegfahrsperre

Fahrzeug Steuereinheit

ABS MK 100® MAB*/MK 100® MIB*

Connectivity Box

Kühlwasserschläuche Sauerstoffsensor Raddrehzahlsensor

Raddrehzahlsensor TKC 70

METALIT® Katalysatorträger Hochleistungszahnriemen aus Kautschuk und Kunststoff

Motortemperatursensor Einspritzventil

Leerlaufsteller

Kraftstoffverteilerleiste

Elektronische Drosselklappen

Motorsteuerungssystem

Boxermotor mit Riemenantrieb? Nein, kein Modell der Zukunft, sondern Schaubild für sämtliche Motorrad-Features, die verschiedenste Bereiche der Continental AG für jede Art motorisierter Zweiräder entwickeln bzw. liefern können ten- und Topografie-Daten und verbindet sie mit Infos, die von anderen Fahrzeugen übertragen werden. Wie eine solche Vernetzung e­ twa auch das Motorradfahren in Zukunft sicherer machen kann, erklärt Contis „Motorrad-Key-Account-Executive“ Bettina Lehmann im Interview links.

Doch Conti hat nicht nur die Zukunft der Hightech-Bikes im Blick. Lohnend ist auch das andere Ende der Skala: die Millionen von Klein-Motorrädern. Aktuell liege die Zahl kleiner Bikes mit ABS weltweit noch unter einem Prozent. Sicher ist aber: Sie wird wachsen. Das will Conti auch.

* entweder oder ** in Entwicklung

Zurück zur anfangs mit der S 1000 XR gezeigten Conti-Berganfahrhilfe. Außer bei BMW K 1600 und R 1200 RT gibt es sie noch nirgends – kommt die denn nun bei vielen Modellen? „Da müssen Sie deren Hersteller fragen.“ Dass Conti sie auch in anderen Maschinen testet, haben wir gesehen.

Das ABS und was es sonst noch alles kann

Kernkompetenz: Blockieren verhindern

Traktionskontrolle: kein Durchdrehen

RLP-Funktion: Überschlag vermeiden

Gelände-ABS: erlaubt gewollte Rutscher

Berganfahrhilfe: verhindert Zurückrollen

oCB: optimiertes Kurvenbremsen

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Mastering roads. Thrilling ride. Growing portfolio. Technologies for a better ride. Continental has an expanding product offering around powered two-wheelers. Ultimately, we will provide a comprehensive portfolio for safety, connectivity, environment and comfort for standard two-wheelers as well as for high-end motorcycles and scooters.

Find out more under www.continental-automotive.com


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