MoneyMuseum Kurs 2: Geldgeschichte

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Kleine

Geldgeschichte Eine PowerPoint-Präsentation des MoneyMuseums

Diese Präsentation zeigt einen Überblick über die Geschichte der abendländischen Geldentwicklung. Als Ergänzung dienen die verschiedenen Publikationen des MoneyMuseums zum Thema. Die östliche - chinesische - Geldtradition wird im Kapitel «Komplementärgeld» behandelt.

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Der Beginn der abendländischen Münzprägung.

Kleinasien, unbestimmte Münzstätte. Hekte (Elektron), um 580 v. Chr.

Irgendwann im Verlauf der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. entstand an der Westküste der Türkei der Vorläufer dessen, was wir als Münze kennen. Es handelte sich um Metallklümpchen aus Elektron, einer natürlich vorkommenden Mischung von Gold und Silber. Gewicht und Wert dieser Metallklümpchen wurden durch die «Prägung» garantiert, durch ein Münzbild, mit dem der Hersteller der Münze sie als sein Produkt kennzeichnete. Die ersten markierten Metallklümpchen waren nichts anderes als genormte Tauschobjekte, wie es sie im Altertum schon seit Jahrhunderten gegeben hatte. Edelmetalle wurden bereits im 3. Jahrtausend vor Christus in Mesopotamien und Ägypten benutzt, um Rechnungen zu begleichen. Allerdings bediente man sich damals keiner normierten Stücke, sondern wog die verlangte Metallmenge auf Waagen ab. Dafür gab es bereits gesetzlich festgelegte Gewichtseinheiten, die von der Obrigkeit streng überwacht wurden. Wir wissen nicht, wer die ersten Münzen prägte. Wissenschaftler diskutieren sogar noch darüber, ob es sich um eine Art staatliche Autorität handelte, einen König oder eine Stadt, ob ein Händler sich so seinen Handel erleichterte oder eine religiöse Gemeinschaft das Metall, das für den Tempel bestimmt war, besonders kennzeichnete. Diese Münze zeigt ein geometrisches Muster. Davon finden wir viele auf den ersten Münzen. Gleichzeitig werden Tiere, wie vor allem der Löwe und der Hirsch, auf Münzen dargestellt. Auch wenn es von Wissenschaftlern versucht wird: derzeit sind wir nicht in der Lage, die meisten frühen Elektronprägungen eindeutig einem Ort oder einem Herrscher zuzuweisen.

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Was macht eine Münze zu Geld?

Griechenland, Aegina. Stater (Silber), um 470 v. Chr.

Erst die Prägung macht aus einer Münze Geld im modernen Sinn, denn damit übernimmt eine Obrigkeit die Garantie für Wert und Gewicht eines genormten Metallklümpchens. Das aufgeprägte Bild wurde zu einem gemeinsamen, sorgfältig ausgewählten, Identität stiftenden Symbol. Die genormten Metallklümpchen setzten sich schnell als Tauschobjekte durch. Ihren Geldcharakter erhielten sie, als die Griechen begannen, Münzen zum Mass für Wert und Dienstleistung zu machen. Jeder Stadtstaat schrieb seinen Bürgern vor, welche Münze auf dem Markt benutzt werden durfte. Die Griechen nannten die Münze daher nomisma (Pl. nomismata). Dieser Begriff umfasste Sitten, Gesetze, Regeln, aber auch alle Masse und Gewichte, die in einer Stadt angewandt wurden. Die wenigsten Städte prägten ständig eigene Münzen, denn die Münzprägung war teuer. Viele benutzten im täglichen Zahlungsverkehr die Münzen anderer Städte. Wurde ein Projekt geplant, das grosse Mittel erforderte – etwa wenn ein Tempel gebaut wurde, oder wenn Söldner für einen Krieg anzuheuern waren – dann gab die Stadt eine Münzemission in Auftrag. Gemäss der antiken Überlieferung fand die erste Münzprägung im griechischen Mutterland auf Aegina statt. Wir sehen hier einen Stater mit der für die Insel typischen Schildkröte auf der Vorderseite; die Rückseite zeigt ein Inkusum. Die Aegineten waren im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. bedeutende Fernhändler. Durch ihre Fahrten nach Kleinasien lernten sie die Münze kennen. Für den Handel hatten sie Jahrhunderte lang keine Münzen gebraucht. Aber für einen anderen Zweck war die Münze ideal: Sie war eine Kapitalanlage, mit der Reichtum und Gewinn dauerhaft gelagert werden konnten. Dies war wohl der Grund für den Beginn einer eigenen Münzprägung.

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Kleingeld und monetarisierte Gesellschaft.

Sizilien, Gela. Onkia (Bronze), um 420 v. Chr.

Erst die Erfindung des Kleingeldes führte zu den gesellschaftlichen Veränderungen, welche die griechische Kultur in der gesamten antiken Welt führend machten. Die ältesten Münzen aus Edelmetall waren viel zu wertvoll, um für den täglichen Einkauf auf dem Markt eingesetzt zu werden. Echtes Kleingeld entstand erst, als man begann, winzige Silbermünzen zu prägen. In Sizilien entwickelte man diesen Gedanken weiter und gab grössere, leichter zu handhabende Stücke aus Bronze aus. Ihr Materialwert war so gering, dass man mit ihnen einen Laib Brot oder einen Krug Wein kaufen konnte. Erst durch dieses Kleingeld wurde die differenzierte Gesellschaft möglich, in welcher der einzelne vom Ertrag seines Handwerks, seiner geistigen Arbeit leben konnte, ohne zusätzlich auf einem Bauernhof seine Nahrung selbst produzieren zu müssen. Diese kleine Münze aus der sizilischen Stadt Gela stellte nach der Einführung der Bronzemünzen den kleinsten Wert im Münzsystem Gelas dar. Die einzelne Kugel unter dem Stier auf der Vorderseite macht dies deutlich. Sie steht für eine Onkia, wobei zwölf bronzene Onkiai eine Litra ergaben. Neben der einzelnen Onkia existierten Münzen zu 2, 3, 4, 5 und 6 Onkiai. Die Münzdarstellung zeigt den für Gela typischen Flussgott, einmal auf der Vorderseite in seiner tierischen Gestalt als Stier, einmal auf der Rückseite in seiner menschlichen Gestalt, als junger Mann mit einem Stierhorn. Das Gerstenkorn hinter seinem Kopf weist darauf hin, warum man in Gela den Flussgott verehrte: seine Wasser schenkten der Stadt üppige Fruchtbarkeit.

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Monetarisierung:

Vertiefende Übung

Wir dürfen uns nicht vorstellen, dass die Münze sich überall gleichermassen verbreitete. Während es in Grossstädten wie Athen oder Ephesos tatsächlich Menschen gab, die nur für Geld arbeiteten und sich ihre Nahrung, beziehungsweise ihre Gebrauchsgegenstände nur für Geld kauften, gab es in ländlichen Gegenden nach wie vor, und das bis ins 19. Jahrhundert n. Chr. hinein (!), Selbstversorger, welche die Münze nur nutzten, um gelegentliche Überschüsse in Geld zu lagern. Den komplexen Begriff der «Monetarisierung» kann man sich am besten verdeutlichen, wenn man die Anforderungen des dörflichen Lebens, wie es noch im 19. Jahrhundert existierte, mit den Anforderungen einer modernen Grossstadt vergleicht. Zu diesem Zweck werden hier zwei Bilder einander gegenüber gestellt. Die erste Abbildung zeigt eine ländliche Gegend mit Tieren, Feldern, einem Wald, Gemüsegärten; das zweite Bild stammt aus der Innenstadt von Zürich. Ziel der Übung ist es zu verdeutlichen, dass das Leben in einem dörflichen Zusammenhang keine monetarisierte Gesellschaft voraussetzt: Viele für das Leben notwendigen Nahrungsmittel und Rohstoffe können noch aus der Natur und dem eigenen Anbau bezogen werden. Das Leben in einer Grossstadt dagegen, mit seiner hoch differenzierten Arbeitswelt, fordert den Einsatz von Geld als Tauschmittel.

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Welche Möglichkeit gibt es, hier ohne Geld zu Nahrung zu kommen?

Zu dem Bild könnten folgende Fragen gestellt werden: Stellen Sie sich vor, Sie würden in dieser Umgebung leben, hätten einen kleinen Garten, ein kleines Feld, ein paar Tiere... Wenn Sie aus irgendwelchen Gründen gerade kein Geld zur Verfügung hätten, was könnten Sie tun, um sich satt zu essen?

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Welche Möglichkeit gibt es, hier ohne Geld zu Nahrung zu kommen?

Zu dem Bild könnten folgende Fragen gestellt werden: Stellen Sie sich vor, Sie würden in dieser Stadt leben, hätten eine schicke Wohnung, ein tolles Auto und eine erstklassige Stereoanlage. Leider ist gerade keinerlei Geld auf dem Konto und im Geldbeutel. Was könnte man tun, um sich trotzdem satt zu essen?

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Münzen als Mittel der Propaganda.

Römisches Reich, Kaiser Augustus (27 v. Chr.-14 n. Chr.). Denar (Silber)

Die Römer entwickelten die Münze zu einem Medium der politischen Tagespropaganda. Um die Botschaft der Münzen zu entschlüsseln, müssen wir den historischen, kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhang kennen, in dem diese Botschaften formuliert und verstanden wurden. Dieses Stück stammt aus der Zeit von Kaiser Augustus. Es wurde im Jahr 19-18 v. Chr. geprägt. Die Vorderseite zeigt das kaiserliche Porträt und nennt den Namen CAESAR AVGVSTVS. Die Rückseite bezieht sich auf ein Ereignis von hoher politischer Bedeutung. Im Jahre 20 v. Chr. hatte Augustus gegenüber dem parthischen König die Rückgabe von römischen Feldzeichen durchgesetzt, die im Jahre 53 v. Chr. durch den römischen Feldherrn Crassus verloren worden waren. Augustus schrieb diesen Erfolg seinen gottgefälligen Fähigkeiten, seiner «virtus», zu. Die römische Überzeugung lautete: Die Götter belohnen den Mann, der über «virtus» verfügt. Sie belohnen ihn mit militärischen Siegen. Aus diesem Grund ist jeder Sieg ein Beweis dafür, dass die Götter dem Sieger gewogen sind. Deshalb hingen in den Augen der Römer «virtus», Sieg und das Recht, andere zu beherrschen, eng miteinander zusammen. So konnte Augustus auf seinen Münzen den Clupeus Virtutis setzen, den Tugendschild, den der Senat ihm im Zusammenhang mit den zurück gewonnenen Feldzeichen verliehen hatte. Der Tugendschild ist im Zentrum der Münze dargestellt, die Feldzeichen rechts und links davon mit der Aufschrift SIGNIS RECEPTIS (= wegen des Empfangs der Feldzeichen). Augustus hatte mit seiner Münzpropaganda riesigen Erfolg. Er ging als Friedensfürst in die Geschichte ein, auch wenn er seine Karriere eher als Massenmörder begann. Generationen von Herrschern sollten ihm nacheifern und ihre Münzdarstellungen als Mittel der Propaganda nutzen.

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Die erste Inflation der Geschichte.

Gallisches Sonderreich, Kaiser Victorinus (268-270 n. Chr.). Antoninian (Legierung aus Silber und unedlem Metall)

Die Verteidigung des römischen Imperiums kostete riesige Summen. Da durch Steuern nicht genügend Geld aufgebracht werden konnte, begannen die Kaiser, immer mehr Münzen aus immer weniger Silber zu prägen. Diese Art der «Geldvermehrung» wurde seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. praktiziert. Zunächst wurde der Silbergehalt der Denare unmerklich gesenkt. Das wirkte sich noch nicht negativ aus, denn es konnten immer wieder neue Provinzen, in denen man noch keine Münzen kannte, monetarisiert werden. Münzen blieben Mangelware. Doch seit dem 2. Jahrhundert dehnte sich das römische Reich nicht mehr aus. So liefen mehr Münzen um, als der Markt brauchte. Es kam zu einer Inflation. Wir sehen hier einen Antoninian aus dem 3. Jahrhundert. Diese Münze enthält wesentlich weniger Silber als der Denar des Augustus, obwohl ein Antoninian – zumindest theoretisch – ein doppelter Denar war, und die alten Denare mit den neuen Antoninianen völlig gleichberechtigt umliefen. Der flache und kunstlose Stempelschnitt zeigt, dass eine Massenproduktion von wertlosen Münzen eingesetzt hatte. Doch trotz der riesigen Mengen von Münzen setzten die Römer das Geld immer weniger im Handel ein. Im Verlauf des 4. Jahrhunderts entwickelte sich eine Subsistenzwirtschaft, eine Wirtschaftsform, die auf der Selbstversorgung des einzelnen basiert. Während im Osten des römischen Reichs die byzantinischen Herrscher ihre Bürger noch mehr als ein halbes Jahrtausend lang mit Geld versorgten, verschwand die Münze in Mitteleuropa weitgehend aus dem alltäglichen Gebrauch. Die Vorderseite des Antoninians zeigt Kaiser Victorinus. Seine Strahlenkrone deutet den Münzwert an, nämlich das Doppelte des Denars. Die Umschrift lautet IMP(erator) C(aesar) VICTORINVS P(ius) F(elix) AVG(ustus), also Feldherr und Kaiser Victorinus, frommer, von den Göttern begünstigter Herrscher. Auf der Rückseite ist die Gottheit Salus abgebildet, der man die Fähigkeit zuschrieb, die Gesundheit zu erhalten. In ihrer Hand hält sie als Attribut eine Schlange. Die Inschrift lautet SALVS AVG(usti), also das Heil, das vom Kaiser kommt.

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Byzantinisches Gold für Europa.

Byzantinisches Reich, Kaiser Konstans II. (659-668). Solidus (Gold)

Im 4. Jahrhundert n. Chr. hatte Konstantin der Grosse (306-337) eine neue Goldmünze eingeführt: den Solidus, der den alten römischen Aureus ersetzte. Die Herrscher des oströmischen Reichs prägten dieses Nominal über 600 Jahre lang. Der Solidus war im frühen Mittelalter die wichtigste Goldmünze. Nicht umsonst benutzen wir das von Solidus abgeleitete Wort «solide» für Dinge, die eine lange Dauer haben. Byzanz übte bis ins 7. Jahrhundert die Kontrolle aus über alle Handelsverbindungen nach Nubien und Arabien, in den Kaukasus und nach Dakien. Aus all diesen Gegenden wurde Gold importiert, das die byzantinischen Kaiser zu Solidi prägen liessen, um Tribute oder Söldner zu bezahlen. So verbreiteten sich die byzantinischen Goldmünzen in der ganzen damals bekannten Welt und wurden zum Vorbild auch für die arabische Münzprägung. Die im 7. Jahrhundert beginnenden arabischen Eroberungen hatten auch auf die byzantinische Wirtschaft eine grosse Auswirkung. Konstantinopel wurde nicht nur von seinen traditionellen Handelsrouten abgeschnitten, sondern auch von seiner Versorgung mit afrikanischem Gold. Die Folge war ein drastischer Rückgang der kaiserlichen Münzproduktion, was Auswirkungen bis in das ferne Europa hatte. Die hier gezeigte Münze ist ein Solidus, der unter Kaiser Konstans II. (659-668) geprägt wurde. Das Münzbild zeigt ihn im Kreise seiner Söhne, denn die meisten byzantinischen Kaiser nutzten ihre Münzen zur Familienpropaganda: ein hoher Bekanntheitsgrad erleichterte den kaiserlichen Sprösslingen die Übernahme der Macht.

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Die Basis des mittelalterlichen Geldsystems.

Reich der Karolinger, König Karl der Grosse (768-814). Denar bzw. Pfennig (Silber), Mailand

Das Ausbleiben byzantinischer Solidi bereitete der mitteleuropäischen Wirtschaft Probleme, weil damit die hochwertigen Zahlungsmittel für grosse wirtschaftliche Transaktionen fehlten. Die Goldvorkommen im Karolingerreich reichten nicht aus, um eine auf Gold basierende Währung zu garantieren. Deshalb begann der Frankenkönig Pippin (751-768) um 755 mit der Prägung von Silbermünzen. Er bestimmte, dass aus einem Pfund Silber (rund 327,6 Gramm) 240 Münzen geschlagen werden sollten. Diese Münzen nannte er nach den antiken römischen Silbermünzen Denare, zu deutsch Pfennige. Damit war das Münzsystem geschaffen, das zur Grundlage des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechnungswesens werden sollte: 1 Pfund Silber war in 20 Schillinge unterteilt. 1 Schilling galt 12 Pfennige bzw. Denare, so dass auf 1 Pfund 240 Pfennige gingen. Nach diesem System rechnete man in Grossbritannien bis ins Jahr 1971! Hatten unter den Merowingern königlich privilegierte Privatleute geprägt, monopolisierte Pippin die Münzprägung, machte sie zu einem Regal, einem Privileg, das nur dem König zustand. Unter Pippins Sohn Karl dem Grossen begannen die Münzen wirtschaftlich eine Rolle zu spielen – wenn auch vorerst nur eine geringe. Unser Pfennig wurde in Mailand geprägt. Er zeigt auf der Vorderseite ein Kreuz sowie die Inschrift CAR(o)LVS REX FR(ancorum) = Karl, König der Franken. Die Rückseite trägt in der Mitte das Monogramm des Königs, die Umschrift nennt den Namen der Prägestätte: MEDIOL(anum). Unter Karl und seinen Nachfolgern blieb die Münzprägung eng an die königliche Zentralmacht gebunden. Als der Einfluss der karolingischen Könige im Verlauf des 10. Jahrhunderts zurückging, wurde auch die Prägung der königlichen Münzen eingestellt. Fürsten, Abteien und Städte erhielten oder okkupierten das Recht der Münzprägung für sich.

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Die islamische Münzprägung.

Reich der Abbasiden, Kalif Al-Muktafi (902-908). Dinar (Gold)

Die islamische Münzprägung begann etwa 60 Jahre nach dem Tod des Propheten Mohammed (*ca. 570, †632). Die islamischen Goldmünze hiess «Dinar» – abgeleitet vom Namen einer römischen Goldmünze, dem Denarius Aureus. Das Gewicht, der Feingehalt und die ersten Darstellungen der Dinare imitierten die damals wichtigste Goldmünze, den byzantinischen Solidus. Die Dinare passten sich den Forderungen der Religion schnell an. Bald verschwanden figürliche Darstellungen, zumindest von den Goldmünzen, und wurden durch arabische Schriftzüge ersetzt. Unser Dinar wurde zu Beginn des 10. Jahrhunderts unter dem Abbasidenherrscher Al-Muktafi geprägt. Die Darstellung ist stark religiös durchdrungen. Auf der Vorderseite ist in drei Zeilen eine Kernbotschaft des Islam formuliert: Es gibt keinen Gott ausser Allah, er hat keine Begleiter. Dieser Satz ist von einer zweizeiligen Umschrift umgeben, die lautet: Mohammed ist der Prophet Gottes, der von Gott gesandt wurde mit Belehrung und der Religion der Wahrheit, um sie durchzusetzen über jede andere Religion. Auf der Rückseite des Dinars ist im Zentrum die Aussage zu lesen: Mohammed ist der Prophet Gottes, der Kalif. Die Umschrift nennt das Jahr der Prägung der Münze. Auch diese Jahreszahl bezieht sich auf die neue Religion, denn der Islam rechnet nach der Hedschra, der islamischen Ära. Übrigens fanden islamische Münzen nur sehr selten ihren Weg nach Zentraleuropa. Man kannte sie als Bezant oder Mancus und nutzte sie hauptsächlich als Schmuck. In Randgebieten wie Skandinavien, Spanien und Süditalien waren sie dagegen häufig.

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Vom Pfennig zum «fetten» Groschen.

Venedig, Doge Jacopo Contarini (1275-1280). Matapan (Silber)

Die Zivilisation Mitteleuropas war der Entwicklung im Osten Jahrhunderte lang hinter hinterhergehinkt. Das änderte sich im Verlauf des 11. Jahrhunderts. Im Zeichen des Christentums entstanden in Mitteleuropa Königreiche wie Frankreich, Portugal oder England. Die jeweiligen Könige versuchten, den Adel zu disziplinieren und die Reichsgrenzen zu sichern. Um unruhige innenpolitische Kräfte zu binden, forderten Kirche und Regierungen zum Kampf gegen die «Heiden» in Spanien und im Heiligen Land auf. Das Zeitalter der Kreuzzüge hatte begonnen. Die Kreuzzüge brachten – neben Leid und Tod – eine Intensivierung des Fernhandels. Dabei zeigte sich bald, dass die Kaufkraft der traditionellen Pfennige zur Bezahlung von Luxuswaren zu gering war. Der Markt brauchte eine neue Münze, und die entstand kurz vor 1202 in Venedig. Damals baute die Serenissima für den Transport der Truppen zum Schauplatz des 4. Kreuzzugs (1202-1204) eine Flotte. Um die dafür nötigen Ausgaben zu begleichen, war eine neue Münze geschaffen worden: der Matapan. Er zeigte auf der Vorderseite den Dogen mit dem Stadtheiligen Markus, auf der Rückseite den thronenden Christus. Der Matapan sollte Europa unter dem Spitznamen «Grosso» (= der Fette) - bzw. auf deutsch «Groschen» – erobern. Die neue Münze war nämlich 24 Pfennige wert und daher viel dicker und schwerer als die traditionellen Pfennige. Venedig war damals eine der wichtigsten Handelsstädte Europas. Viele deutsche, italienische und französische Händler kamen hierher, um Waren aus dem Osten für die heimischen Märkte zu kaufen. So lernten sie den Matapan kennen und schätzen. Nach ihrer Heimkehr regten sie in ihren eigenen Städten an, den Matapan als Grosso oder Groschen nachzuprägen.

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Das Zeitalter des Gulden.

Florenz. Fiorino d‘oro (Gold), 1252-1303

Europa hatte Silber, Afrika Gold: So sah die Situation im Edelmetallhandel aus. Im Verlauf des 13. Jahrhunderts stieg der Silberpreis in Nordafrika und der Levante, so dass es sich lohnte, aus Europa Silber zu exportieren. Die damit erzielten Gewinne wurden auch dazu eingesetzt, aus Westafrika Gold nach Europa einzuführen. Der Goldhandel befand sich fest in den Händen von Genuesen, die damals im Bankengeschäft eine überragende Rolle spielten. In Genua und in Florenz begann man im Jahr 1252 eine eigene Goldprägung. Zwei Jahre zuvor war Kaiser Friedrich II. (1212-1250) gestorben, sein Nachfolger Konrad IV. (12501254) wurde von kirchlicher Seite nicht anerkannt. Da es keinen Kaiser gab, konnte auch das ausschliessliche Privileg des Kaisers auf die Goldprägung nicht gelten. Diese Rechtslücke nutzten Genua und Florenz, um Goldmünzen auszugeben. Der Fiorino d’oro oder Floren, in Deutschland besser bekannt als der «Güldene» bzw. der Gulden, wurde zur erfolgreichsten Goldwährung des Mittelalters. Sein Bild, die florentinische Lilie auf der Vorderseite und der heilige Johannes der Täufer auf der Rückseite, wurde in vielen europäischen Handelsstädten imitiert, als diese anfingen, ihre eigenen Goldmünzen zu prägen. Venedig, das in der Grossilbermünzenprägung der Vorreiter gewesen war, zog erst 1284 mit einer eigenen Goldmünze nach, die in Deutschland Dukat genannt wurde, weil auf ihr der venezianische Doge, lat. dux, abgebildet war.

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Silber statt Gold.

Heiliges Römisches Reich, Tirol, Erzherzog Sigismund der Münzreiche. Guldiner (Silber), 1486

Wer in Europa Goldmünzen prägen wollte, musste sein Gold teuer ankaufen. Für Silbermünzen dagegen war reichlich Material vorhanden – so verfügte zum Beispiel der Graf von Tirol über die gewaltigen Silbervorräte aus Schwaz. Mit denen konnte er Silbermünzen prägen. Allerdings hatten die kleinen Silbermünzen eine viel geringere Kaufkraft als die goldenen Gulden oder Dukaten. Die Idee lag deshalb nahe, eine Silbermünze zu prägen, die so viel Silber enthielt, dass ihr Wert dem eines Gulden entsprach. Im Jahr 1486 gelang es dem Münzmeister in Hall die technischen Probleme zu bewältigen, die mit der Ausprägung einer so grossen Silbermünze verbunden waren. Er stellte die ersten Guldiner her, Silbermünzen im Wert von einem Gulden. Wobei diese erste Emission noch nicht allzu umfangreich war und mehr Repräsentationszwecken diente als einer Erleichterung des täglichen Handels. Auf diesem Guldiner, dem Vorläufer des Talers, erscheint der Prägeherr, Sigismund der Münzreiche (1446-1490), der nicht nur das Amt des Erzherzogs von Österreich bekleidete, sondern auch das des Grafen von Tirol, mit Rüstung und Helm in der Rolle des Ritters – bemerkenswert für einen Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit. Die Rückseite zeigt den Erzherzog in voller Rüstung, mit Banner und Helm, zu Pferd.

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Der Taler.

Heiliges Römisches Reich, Schlick, Graf Stephan und seine Brüder. Taler (Silber), ca. 1519

Die Idee, eine grosse Silbermünze zu prägen, verbreitete sich in Windeseile in ganz Mitteleuropa. Bereits um 1500 wurden in folgenden Ländern regelmässig Guldiner geprägt: In Tirol, Lothringen, Hessen, Sachsen, Sitten, Bern, Savoyen, Ungarn, Spanien und Böhmen. Einen riesigen Aufschwung erhielt das Nominal, als die Grafen von Schlick begannen, die Silberausbeute ihrer Bergwerke von Joachimstal im böhmischen Erzgebirge zu Talern auszuprägen, um das Silber so zu exportieren. Nach 1520 gelangten derart viele Guldiner aus dem Joachimsthal in den Umlauf, dass ihre Benutzer bald nicht mehr von Guldinern oder Joachimsthaler Guldinern sprachen, sondern nur noch von Talern. Damit war eine Bezeichnung für ein Nominal entstanden, das bis heute im Wort «Dollar» weiterlebt. Dieser Taler zeigt auf der Vorderseite den heiligen Joachim mit dem Wappen der Grafen von Schlick. Die Rückseite bildet den doppelschwänzigen böhmischen Löwen ab.

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Das Silber der

Neuen Welt

Spanien, König Philipp II. (1556-1598). Real de a ocho (Silber)

Im 16. Jahrhundert eroberten die Spanier die Reiche der Azteken und der Inka. Damit verfügte Spanien über ein riesiges Territorium in der Neuen Welt, von dem aus in den kommenden Jahrhunderten zehntausende Tonnen Silber in Form von spanischen Münzen nach Europa flossen. Am weitesten verbreitet war der Real de a ocho, eine Münze im Wert von 8 Real, die später meist Peso genannt wurde. In Pesos zahlten die Spanier ihre Söldner, kauften sich teure Importwaren, die neuesten Schwerter und Rüstungen, hochwertige Wollstoffe, Möbel, Seide, Teppiche. Die spanischen Adligen sahen es als unter ihrer Würde an, sich selbst als Produzenten oder Händler zu betätigen; so machten Ausländer das grosse Geschäft. Massenweise floss das spanische Silber in die anderen europäischen Staaten ab. Der venezianische Botschafter schrieb darüber bereits im Jahr 1595 folgendes: «Über den Schatz, der aus Westindien (damals hielt man den neuen Kontinent noch für einen Teil Indiens, Anm. d. Verf.) nach Spanien gelangt, sagen die Spanier anscheinend nicht zu Unrecht, dass er für sie die gleiche Wirkung hat wie Regen auf Hausdächern. Wenn es heftig regnet, strömt das Wasser herab, ohne dass die ersten, auf die es trifft, davon profitieren können.» In Europa aber vervielfachte sich die Menge des umlaufenden Silbers. Spanische Reales wurden zu deutschen Talern, russischen Rubeln, englischen Crowns umgeprägt, mit denen sich die europäische Wirtschaft im 17. und 18. Jahrhundert enorm beschleunigte. Der Peso zeigte auf der Vorderseite den gekrönten Wappenschild des vereinigten spanischen Königreiches. Auf der Rückseite prangten die Wappen der beiden Länder Kastilien (Burg) und León (Löwe).

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Verschiedenes Geld für verschiedene

Aufgaben.

Heiliges Römisches Reich, Nürnberg. Kippermünze zu 15 Kreuzer (Silber), 1622

Während grosse Summen mit Gold- und schweren Silbermünzen beglichen wurden, wickelte das einfache Volk seine täglichen Geschäfte mit Kleinmünzen ab. Die Obrigkeiten achteten streng darauf, welche Kleinmünzen auf dem lokalen Markt benutzt wurden. Denn das Prägen von minderwertigem Umlaufgeld war ein gutes Geschäft. Der Gold- und Silbergehalt von Gulden und Talern war durch Reichsmünzordnungen vorgeschrieben; an diesen Münzen konnte ein Prägeherr nicht viel verdienen. Viel grösser war der Schlagschatz, der Unterschied zwischen Herstellungskosten und Nominalwert, bei den Kleinmünzen: bei diesen konnte der Prägeherr den Silbergehalt nach Belieben senken, um grösseren Profit zu machen. So wurden die lokalen Kleinmünzen mancherorts ständig abgewertet. Für die Thesaurierung eigneten sich diese Münzen deshalb nicht. Doch genau auf dieses Geld waren die meisten Bürger angewiesen. Schliesslich wurden sie von ihrer Obrigkeit gezwungen, auf dem Markt das einheimische Kleingeld zu benutzen. Wer auf dem Markt viele Pfennige verdient hatte und diese sparen wollte, der musste diese gegen eine hohe Gebühr in Gulden oder Taler umtauschen. Besonders arg wurde die Geldabwertung betrieben, wenn eine Obrigkeit Geld brauchte. So kam es in den Anfangsjahren des 30jährigen Krieges (1618-1648) zu einer gewaltigen Münzverschlechterung. Damals benötigten die Habsburger grosse Summen, um den Krieg zu finanzieren. Sie erhielten das benötigte Geld, indem sie den Silbergehalt des Kleingeldes auf ein Minimum herabsetzten. Bald ahmten viele Obrigkeiten dieses Tun nach. Diese Jahre sind als Kipper- und Wipperzeit in die Geldgeschichte eingegangen. Geschäftemacher wogen (= wippen) jede einzelne Münze, und sonderten jene mit hohem Silbergehalt aus (= kippen). Die wertvollen Silbermünzen wurden eingeschmolzen und in neue Münzen umgeprägt – mit dem gleichen Nominal wie zuvor, aber mit einem deutlich geringeren Silbergehalt.

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Die Einführung des Dezimalsystems.

Russland, Zar Peter I. (1689-1725). Rubel (Silber), 1719

In der frühen Neuzeit war es ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung von Kaufleuten, die Währungen der verschiedenen Königreiche, Fürstentümer und Städte auseinander halten zu lernen. Zwar gab es zumindest im Heiligen Römischen Reich eine einheitliche Münzordnung, nach der Dukaten und Taler geprägt wurden. Doch daneben besass jeder Kleinstaat eigene Nominale, mit denen gehandelt wurde. Kam ein Kaufmann um 1700 zum Beispiel nach Berlin, dann sah er sich neben Dukaten und Reichstalern noch Albertustalern bzw. Kreuztalern gegenüber, Gulden bzw. Zweidritteltalern, halben Gulden bzw. Dritteltalern, 1/12 und 1/24 Talern nach Reichstalerfuss, 6, 4, 2 und 1-Pfennigstücken, 18 Gröschern die man im Volksmund auch Tympfe nannte, 6, 3, 2 und 1 Gröscher-Münzen und Schillingen. Dazu kamen noch alle anderen Münzen, welche die preussische Regierung für umlaufsfähig erklärt hatte. Diese Vielfalt an Münzen verursachte enorme Probleme: Wie viele Gröscher war ein Gulden wert? Wie viele Pfennige ein Tympf? Kein Wunder, dass aufgeklärte Wirtschaftsexperten für ein neues, dezimales Währungssystem plädierten. Peter I. von Russland hatte grosse Pläne zur Modernisierung seines Reiches. Im Jahr 1704 führte er eine Münzreform durch, die das Verhältnis der Münzen untereinander zum ersten Mal nach dem Prinzip des Dezimalsystems regelte. Ein Rubel entsprach 100 Kopeken, was das Rechnungsstellen wesentlich erleichterte – auch wenn das die Zeitgenossen damals noch nicht so empfanden. Die Russinnen und Russen zogen es vor, nach ihrem altbekannten System zu rechnen, was der Zar im Jahr 1721 ausdrücklich verbieten liess.

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Die Verbreitung des Dezimalsystems.

Frankreich, Kaiser Napoleon I. Franc (Silber), 1810

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte Peter der Grosse das Dezimalsystem in der russischen Währung eingeführt. Doch erst die Französische Revolution von 1789 schuf ein dezimales Münzsystem, das durch die Kriegszüge Napoleons in ganz Europa Verbreitung fand. Am 28. Germinal des Jahres 3 nach der Gründung der Republik – gemäss unserer Zeitrechnung am 17. April 1795 – wurde der französische Franc eingeführt, der in 10 Décimes bzw. 100 Centimes unterteilt war. Mit den Eroberungen Napoleons wurde das französische Münzsystem in viele Länder exportiert, darunter auch in die Schweiz und nach Italien. Allerdings gelang es den neuen Währungen nicht, die alten Nominale zu verdrängen. Keine der von Napoleon eingesetzten Regierungen verfügte über genügend Silber, um so viel neues Geld auszugeben, dass es das alte hätte im Umlauf ersetzen können. So kehrten die meisten Staaten nach dem Wiener Kongress (1815) einfach wieder zu den vornapoleonischen Münzverhältnissen zurück.

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Zeiten der Einigung.

Heiliges Römisches Reich, Frankfurt. Doppeltaler zu 3 1/2 Gulden (Silber), 1843

Napoleon brachte neben dem Dezimalsystems noch andere Ideen. Das Heilige Römische Reich war in eine Vielzahl kleiner Staatsgebilde unterteilt. Die einzelnen Kleinstaaten waren dem übermächtigen Nationalstaat Frankreich weder wirtschaftlich noch militärisch gewachsen. So zwangen die Napoleonischen Kriege die Bürger Europas, über ihre Nationalität nachzudenken. Es entstand die Idee des Nationalstaats – als eine politische Einheit, aber auch als einheitlicher Wirtschaftsraum. Deutschland gehörte zu den Vorreitern. 1834 wurde der Deutsche Zollverein geschaffen, der mit Ausnahme Österreichs alle wichtigen Staaten des Deutschen Reichs umfasste. Der Vertrag beinhaltete auch eine Vereinbarung, dass man das Geldwesen zu vereinheitlichen plane. Zwei miteinander konkurrierende Münzsysteme beherrschten damals das deutsche Wirtschaftsleben: der preussische Taler und der süddeutsche Gulden. Es bereitete einige Mühe, diese beiden Systeme miteinander in Verbindung zu setzen. Man konnte sich nicht auf ein gemeinsames Nominal einigen, aber man schuf wenigstens eine Vereinsmünze: den Doppeltaler zu 3 1/2 Gulden, der im ganzen Vereinsgebiet kursfähig war. Die einzelnen Mitgliedsstaaten durften je nach Bevölkerungszahl bestimmte Mengen dieser Doppeltaler prägen. Alle anderen Nominale, vor allem die Kleinmünzen, wurden weiterhin den lokalen Gegebenheiten angepasst. Es sollte noch bis zur Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 dauern, bis in Deutschland die Währung vereinheitlicht wurde. Dieser Doppeltaler stammt aus der Reichsstadt Frankfurt. Er nennt auf der Vorderseite den Wert und das Prägejahr, während die Rückseite die Ansicht der Stadt zeigt.

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Die Schweiz in der Lateinischen

Münzunion.

Schweizerische Eidgenossenschaft. 5 Franken (Silber), 1873

Als die schweizerischen Kantone sich in der Bundesverfassung von 1848 als Bundesstaat organisierten, stand die Vereinheitlichung des Münzwesens ganz oben auf der Agenda. Eine gesamtschweizerische Währung sollte geschaffen werden. Im schweizerischen Raum waren damals zwei Währungssysteme vorherrschend – die französische Dezimalwährung und die süddeutsche Guldenwährung. Es dauerte zwei Jahre, ehe sich die Bundesversammlung auf eine dieser Währungen einigen konnte. Die Entscheidung fiel zugunsten Frankreichs: am 7. Mai 1850 bestimmte ein Bundesgesetz den Franken zu 5 g Silber als Grundnominal. Er sollte nach dem Dezimalsystem in 100 Rappen unterteilt werden. Da sich die Schweiz bei ihrem Mangel an eigenen Edelmetallquellen nicht in der Lage sah, ihre Bürger mit genügend Münzen zu versorgen, wurden gleichzeitig die entsprechenden Silbermünzen von Frankreich, Belgien, Sardinien und Parma für umlauffähig erklärt. So war es keine wesentliche Neuerung, als die Schweiz 1865 der Lateinischen Münzunion beitrat. Neben der Schweiz gehörten noch Belgien, Frankreich und Italien zur Union, der sich im Jahr 1868 auch Griechenland anschloss. All diese Länder verpflichteten sich, ihre Münzen nach dem gleichen Münzfuss auszuprägen, also mit dem gleichen Anteil an Feinsilber bzw. Gold. So konnten belgische und französische Francs, italienische Lire und griechische Drachmen gleichberechtigt neben schweizerischen Franken auf dem Staatsgebiet der Eidgenossenschaft umlaufen. Die Lateinische Münzunion war überaus erfolgreich und funktionierte bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918). Ihre offizielle Auflösung erfolgte 1926. Seit dem 1. April 1927 sind in der Schweiz nur noch schweizerische Münzen als Umlaufmünzen zugelassen.

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Banknoten erobert das Bargeschäft.

Schweizerische Eidgenossenschaft. Private Banknote der Caisse d‘Escompte de Genève. 10 Franken, 1856

Die sich ständig intensivierende Geldwirtschaft verlangte im 19. Jahrhundert nach einem neuen, allgemein akzeptierten Zahlungsmittel. Gold- und Silbermünzen waren zu schwer, um grössere Summen an Bargeld mit sich zu führen. Die Lösung war Papiergeld, das private Banken für ihre Kunden ausgaben. Jeder Geldschein musste von der ausgebenden Bank durch seinen realen Gegenwert in Goldund Silbermünzen gedeckt sein. Wer immer mit dem hier gezeigten Schein der Caisse d’Escompte an einem Schalter dieser Bank erschien, erhielt dort dafür Goldmünzen im Wert von 10 Franken. Papiergeld war im 19. Jahrhundert nichts Neues mehr. In Europa kannte man seit dem späten 13. Jahrhundert den Wechsel, der anstelle von Bargeld als Zahlungsmittel eingesetzt wurde. Doch Versuche, staatliches Papiergeld im grossen Stil einzuführen, waren in Europa bisher stets spektakulär gescheitert. Den privaten Banknoten war mehr Erfolg beschieden. Papiergeld verbreitete sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der ganzen Welt. So etablierte sich die Banken als Geld ausgebende Institutionen neben den Regierungen. Das war allerdings ein Zustand, den die meisten nach immer mehr Kontrolle strebenden Nationalstaaten nicht zu akzeptieren bereit waren. Sie zogen das Recht, Geldscheine auszugeben, an sich. In der Schweiz steht das Recht, Banknoten auszugeben, seit 1891 ausschliesslich dem Bund zu. Der Bund delegierte diese Aufgabe im Jahr 1905 an die Schweizerische Nationalbank. Das Privileg der Geldausgabe wurde der Nationalbank jedoch nicht unbefristet verliehen, sondern muss alle zwanzig Jahre erneuert werden.

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Die Hyperinflation.

Deutsches Reich, Weimarer Republik. 50 Millionen Mark, 1923

In Deutschland hob die Regierung zu Beginn des Ersten Weltkrieges die Goldbindung ihrer Banknoten auf. Damit wurde Papiergeld zu einer «Fiat»-Währung, einer Währung ohne Deckung. Dies machte sich schnell durch den Wertverlust der Mark bemerkbar. Bereits während des Krieges hatte sie die Hälfte ihrer Kaufkraft im In- und Ausland verloren. Durch die hohen Reparationszahlungen an die Siegermächte geriet das Verhältnis von verfügbaren Waren und Dienstleistungen zu umlaufenden Geldmitteln in Deutschland immer mehr in eine Schieflage. Die junge Weimarer Demokratie hatte das Erbe des Krieges angetreten und sah sich einer ständig fortschreitenden Geldentwertung gegenüber, der sie nichts entgegensetzen konnte. Galt der Dollar im Oktober 1922 noch 4'430 Mark (gegenüber 420 Mark im Juli 1914), war er bereits im Juli 1923 auf 414’000 Mark gestiegen. Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation, im November 1923, tauschte man einen Dollar gegen 4’200 Milliarden Mark. Im November 1923 führte die Weimarer Republik in Zusammenarbeit mit den Siegermächten eine Währungsreform durch. Dadurch stabilisierten sich im Verlauf des Jahres 1924 die wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Kosten des sinnlosen ersten Weltkrieges aber hatte die Bevölkerung Deutschlands getragen, die durch die Inflation ihre gesamten Ersparnisse verlor.

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Der Dollar als

Leitwährung

Vereinigte Staaten von Amerika. 1 Dollar, 1995

Am Ende des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) war der grösste Teil der europäischen Produktionsanlagen zerstört. Nur mit Hilfe von Lieferungen aus den USA schien es möglich, den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Länder zu bewerkstelligen. Gleichzeitig war aber während des Krieges der grösste Teil des weltweit verfügbaren Goldes in die USA geflossen. Die europäischen Länder waren dadurch nicht in der Lage, ihre Lieferungen mit einer durch Gold gedeckten Währung zu bezahlen. Das war der Ausgangspunkt für die Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944. Auf ihr wurde beschlossen, den Dollar als internationale Leitwährung zu akzeptieren. Die USA verpflichtete sich, für ihre Scheine eine Goldreserve anzulegen. Dafür erklärten sich die Unterzeichnerstaaten bereit, jederzeit jede beliebige Menge Dollars als vollgültiges Zahlungsmittel anzunehmen und das zu einem festgesetzten Kurs von 35 Dollar je Unze Feingold. Dieser Kurs hielt sich bis ins Jahr 1971. Ein Problem der Ergebnisse von Bretton Woods war die Tatsache, dass keinerlei Kontrollmechanismen existierten, die den Zusammenhang zwischen umlaufenden Dollarscheinen und real existierender Goldreserve kontrollierten. So entstand während des Kalten Krieges eine Diskrepanz. Diese war so gross, dass die USA den Dollar im Jahr 1971 von der Golddeckung lösen musste.

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Der Franken – eine

Fiat-Währung

Schweizerische Eidgenossenschaft. 1 Franken (Kupfer-Nickel), 1968

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges begannen die Menschen an der Zuverlässigkeit ihres Geldes zu zweifeln. Wer immer konnte, investierte in Edelmetall. Dadurch entstand weltweit eine gewaltige Nachfrage nach Gold und Silber, welche die Preise für beide Metalle so hoch trieb, dass sie den Schweizer Franken in Bedrängnis brachten. Einige Nominale, das 2- und das 1-Frankenstück sowie das 50-Rappenstück, bestanden nämlich immer noch aus Silber. Dieses Silber wurde nun durch die Entwicklung der Edelmetallpreise mehr wert als die eigentliche Münze: zu Beginn des Frühjahrs 1968 betrug der Materialwert eines Zweifränklers 2,92 Franken, der des Einfränklers 1,46 Franken und der des 50-Räpplers 73 Rappen. Schmelzanstalten nutzten dies, um Geld zu verdienen: sie tauschten Papiergeld gegen Silberwährung und schmolzen das Kleingeld ein. Dies führte vor allem in der Deutschschweiz zu einer Kleingeldverknappung. So wurden in der Schweiz seit 1968 neue, silberlose Münzen ausgegeben. Sie wurden von der Bevölkerung genauso als Kleingeld akzeptiert wie die alten silberhaltigen Münzen. Die Schweiz war nicht das einzige Land, das die Metalldeckung seiner Münzen in diesem Jahr aufgab. Auch in den USA hob der Senat im März 1968 die Golddeckungspflicht auf. Drei Jahre später, im August 1971, wurde nach zahlreichen Stützkäufen europäischer Banken auch der feste Dollarkurs aufgegeben. Seitdem sind weltweit alle Währungen reine «Fiat»-Währungen, also Währungen, die keine Deckung in Edelmetall besitzen, sondern deren Umlauffähigkeit allein auf einer allgemeinen Übereinkunft beruhen.

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