Die Buchsammlung des MoneyMuseums: Renaissance-Werke
© MoneyMuseum Die alten Griechen und Römer wissen schon viel über Natur und Wesen der Welt. Doch im jenseits gerichteten Mittelalter verschwindet dieses Wissen in der Versenkung. Allenfalls stehen noch einige Abschriften der Werke antiker Denker und Mathematiker in Klosterbibliotheken, sind aber praktisch unzugänglich. Die Renaissance wendet sich wieder der diesseitigen Welt zu, entdeckt das alte Wissen neu und macht es für die Neuzeit fruchtbar. Die Entwicklung des Buchdrucks durch Gutenberg tut ein Übriges zu seiner Verbreitung. Wie hier zu sehen, sind zwar auch die Neueditionen antiker Autoren meist noch in Latein gehalten. Doch sie finden sich jetzt auch in Bibliotheken von Fürstenhöfen und Universitäten. Und zunehmend erscheinen zur Erziehung und Erbauung des Volkes auch Bücher in Deutsch.
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Opera Q. Septimii Florentis Tertvliani inter Latinos ecclesiae scriptores primi, sine quorum lectione nullum diem intermittebat olim diuus Cyprianus, per Beatum Rhenanum Selestadiensem è tenebris eruta (...)
[Basel, Froben, 1521]
Quintus Septimus Florens Tertullianus (*ca. 155-160, †ca. 220) ist einer der bedeutendsten lateinischen Kirchenschriftsteller; er gilt als Schöpfer der lateinischen Kirchensprache. Das hier ausgestellte Buch, gedruckt in Basel im Jahr 1521, ist die erste Ausgabe der gesammelten Werke Tertullians. Herausgeber ist Erasmus von Beatus Rhenanus (*1485, †1547). Beatus Rhenanus ist Philologe und Drucker – seinen eigentlichen Namen, Beat Bild, hat er nach Humanistenbrauch latinisiert. Als Liebhaber und Sammler von Schriften des klassischen Altertums sucht und findet Rhenanus in verschiedenen Bibliotheken immer wieder Manuskripte von bis dahin verschollen geglaubten Schriften. Da diese Texte oft sehr schlecht erhalten sind, erstellt er jeweils Abschriften. In dieser Edition der Werke von Tertullian hat Rhenanus nicht nur den Text wiederhergestellt, sondern zugleich eine Einführung in die theologische Gedankenwelt von Tertullian gegeben; zudem fügt er dem Text zahlreiche Kommentare hinzu. Als Buchschmuck verwendet er Bordüren nach Metallschnitten von Ambrosius Holbein («Imago vitae aulicae», Seite 1) und Jacob Faber («Tantalus», Seite 3). Die
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Bordüren bestehen aus jeweils vier Leisten: Das «Imago vitae aulicae» zeigt eine allegorische Darstellung des menschlichen Lebens nach dem antiken Autor Cebes; die zweite Bordüre illustriert die Geschichte des Tantalus. Auch im Buchinnern finden sich zahlreiche Darstellungen – die kleineren und grösseren Initialen mit biblischen und heidnischen Szenen entstammen u. a. einem Alphabet Hans Holbeins. Dem heute selten gewordenen Druck von 1521 ist ein grosser Erfolg beschieden, sodass die gesammelten Werke des Tertullian 1528 und 1539 erneut gedruckt werden.
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Plutarchi de Virtute morali libellus Graecus
Eiusdem libelli translatio per Illustriss. Andream Matth. Aquiuiuum Hadrianorum Ducem. Commentarium ipsius ducis in eiusdem libelli translationem in libros quatuor divisam (...). [Neapel, A. de Frizis, 1526]
Dies ist die erste, sehr seltene Einzelausgabe des griechischen Originaltexts dieser Plutarch-Schrift. Der Band enthält den griechischen Text, eine lateinische Übersetzung und einen umfangreichen, in drei Bücher gegliederten und mit zahlreichen Holzschnitten veranschaulichten Kommentar von Andrea M. Acquaviva, dem Herzog von Atri (*1458, †1529). Plutarch (*ca. 45, †125 n. Chr.) ist einer der einflussreichsten und produktivsten Schriftsteller des Späthellenismus. Von seinen über 200 Werken haben die Parallelbiografien grosser Griechen und Römer die weiteste Verbreitung gefunden. Aber auch seine breit gefächerte Beschäftigung mit ethischen, naturwissenschaftlichen und religiösen Fragen sind von grosser kulturgeschichtlicher Bedeutung. Als Verehrer der kulturellen Tradition Griechenlands ist Plutarch ein Anhänger des Platonismus. Dessen Jenseitsorientierung mildert er aber zugunsten einer Ethik der Diesseitsbezogenheit; gegen die Leugnung der Unsterblichkeit bei Epikureern wendet er sich genauso wie gegen den Rigorismus der Stoa.
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Plvtarchi Qvae Vocantvr Parallela
hoc est, uitae illustrium uirorum graeci nominis ac latini (...). Basileae M. D. XXXIII. [1533]
Hätten Sie Lust, eine vergleichende Biografie von Bill Clinton und Boris Jelzin zu lesen? Was es heute kaum mehr gibt, war von der Antike bis ins 17. und 18. Jahrhundert ein Dauerbrenner: die Parallelbiografien («Bioi Paralleloi») des Plutarch (*ca. 45, †125 n. Chr.). Der späthellenistische Schriftsteller malt charaktervolle Lebensbilder von berühmten Griechen und Römern, wobei er Leistung und Persönlichkeit paarweise vergleicht. Eines dieser Paare sind Alexander der Grosse und Julius Cäsar, ein anderes der legendäre König von Athen, Theseus, und der Gründer von Rom, Romulus. Plutarchs fesselnde Darstellungen formen das Urteil der Nachwelt massgeblich. Kein Wunder, dass er als meistgelesener antiker Autor in der Renaissance neu gedruckt wird.
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Familiares Epistolae
M. Tullii Ciceronis Venetiis, Apud Brandinum, et Octavianum Scoti fratres. M. D. XXXXI [1541]
Die in diesem Werk versammelten Briefe sind wichtige Zeugen politischen Geschehens und Spiegel der Seele eines antiken Menschen. Sie stammen aus der Feder des römischen Staatsmannes, Redners und Schriftstellers Marcus Tullius Cicero (*106, †43 v. Chr.). Als Zeitgenosse Cäsars erlebt er die Bürgerkriege der ausgehenden Römischen Republik. Meisterhaft beherrscht er alle Nuancen der lateinischen Sprache. Seinen Freunden gegenüber äussert er sich in einer für die Antike unerhörten Offenheit. Sein politisches Schwanken, sein Vertrauen auf das Ideal der «res publica», seine Reaktion auf Ereignisse in Familie und Staat – Cicero zeigt jede Regung seines empfindsamen Gemütes. Exemplarisch zeichnen die Briefe äussere und innere Biografie. Heute fordern sie die gleiche Bewunderung und Anteilnahme wie in der Renaissance, als sie von Petrarca und Salutato neu entdeckt werden.
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Anitii Manlii Severini Boethi In Omnibvs Philosophiae Partibvs Inter Latinos & Graecos autores principis Opera (...)
Basileae Apvd Henri Chvm Petrvm. [1546]
Anicius Manlius Severinus Boethius (*ca. 480, †524) steht an der Schnittstelle von Antike und Mittelalter: Er wird als letzter römischer und erster scholastischer Philosoph betrachtet. Gleichzeitig gilt er als grosser Gelehrter seiner Zeit: Er übersetzt die alten Griechen wie beispielsweise Aristoteles ins Latein und sammelt enzyklopädisches Wissen über Mathematik, Geometrie und Musik. Seine grosse Leistung ist es, das Wissen der Antike ans Mittelalter weiterzugeben. Aber an der Schnittstelle lebt es sich gefährlich. Unter dem Gotenkönig Theoderich steigt er politisch zwar zu höchsten Ehren auf. 524 jedoch lässt ihn derselbe Theoderich wegen Hochverrats hinrichten. Vor seiner Hinrichtung schreibt Boethius im Gefängnisturm von Pavia «Trost der Philosophie». Das Werk wird einer der grössten Bestseller des Mittelalters.
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Secvndi Historiae Mvndi
Libri triginta septem. C. Plinii Lvgdvni, Ex Officina Godefridi Et Marcelli Beringorvm Fratrvm, M. D. XLVIII. [Lyon 1548]
Gaius Plinius Secundus (*23/24, †79), besser bekannt als Plinius der Ältere, dient in der römischen Armee als Feldherr, zuletzt als Kommandant der Flotte in der Bucht von Neapel. Unsterblich wird er aber nicht durch seine Siege, sondern durch sein Mammutwerk «Naturalis Historiae» (traditionell als «Naturgeschichte» übersetzt, treffender wäre «Naturkunde»). In 37 Bänden trägt Plinius hier alles naturwissenschaftliche Wissen seiner Zeit zusammen und ordnet es. Der erste Band enthält die weltweit erste Bibliografie, denn Plinius gibt als Erster alle seine Quellen an. Durch Plinius bleibt die antike Naturerforschung der Nachwelt erhalten. Im Mittelalter stehen Kopien seines Werks in allen wichtigen Klosterbibliotheken. «Naturalis Historiae» ist eines der ersten Werke, das während der Renaissance neu aufgelegt wird, nämlich in Venedig im Jahr 1469. Die hier gezeigte Ausgabe wurde 1548 in Lyon ausgegeben.
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En Habes Lector In Omnes De Arte Rhetorica M. Tvl. Ciceronis Libros
Basileae [16. Jahrhundert] 1465 erscheint «De Oratore» des römischen Redners und Staatsmanns Cicero (*106, †43 v. Chr.) als erstes in Italien gedrucktes Buch.
Das ist kein Zufall. Denn die Renaissance erweckt das Interesse an der Antike zu neuem Leben. Autoren wie Aristoteles (*384, †322 v. Chr.), Vergil (*70, †19 v. Chr.) und Cicero werden neu entdeckt und finden Eingang in die Bibliotheken der Klöster, Fürstenhöfe und Universitäten. Bildung, ja die Ausbildung zum Humanisten, wird ein wichtiges Ziel nicht nur für Kleriker und Fürsten, auch für die reichen Kaufmannsfamilien, die vom blühenden Handel in Norditalien profitieren. In dieser Bildung spielt Rhetorik ein grosse Rolle. Sie lehrt den Menschen, sich gewandt zu benehmen und tüchtig am öffentlichen Leben mitzuwirken. Recht, Medizin, Rhetorik, Philosophie und Astronomie bilden die Grundpfeiler der humanistischen Universitätsausbildung. Die Erfindung des Buckdrucks durch Johannes Gutenberg (um 1450) macht es überdies möglich, dass die bisher auf wenige (vor allem Klöster) beschränkte Bildung sich ab jener Zeit weitherum verbreiten kann. Wissen wird demokratisiert.
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Trostspiegel in Glueck vnd Unglueck
Francisci Petrarche / des Hochberuempten / Fuertrefflichen / vn[d] hoch weisen Poeten vnd Oratorn zwey Trostbuecher / Von Artznei vnd Rath / beides in guotem vnd widerwertigem Glueck (...) Getruckt zu Franckfort am Meyn / Bey Christian Egenolffs Erben. M. D. LXXII. [1572]
Der Florentiner Francesco Petrarca (*1304, †1374) ist Dichter, Gelehrter und einer der Humanisten, die das Menschen- und Weltbild nachhaltig prägen. Der Humanistendevise «ad fontes» (zu den Quellen) folgend, sammelt er antike Texte. In seinen Sonetten an Laura lässt er die selbständige Bedeutung der leidenden Seele hervortreten. Im 14. und 15. Jahrhundert beruht Petrarcas Ruhm vor allem auf der Schrift «De remediis in utriusque fortunae» (1366), deren deutsche Übersetzung hier gezeigt wird. Sie gibt eine Anleitung zum Leben im christlichen Sinne, enthält aber auch Einflüsse aus der stoischen Philosophie. Zu eindrücklichen Bildern fügen sich glückliche und widerwärtige Situationen menschlichen Lebens in den schönen Illustrationen. Dieser Lebensratgeber wird in seiner Zeit immer wieder neu aufgelegt und kennt einen ähnlichen Erfolg wie heute z. B. Dale Carnegies «Sorge dich nicht, lebe!».
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Q. Horativs Flaccvs, Ex Fide, Atqve Avctoritate Com Plvrivm Librorvm Manv Scriptorum (...)
Lutetiae, Apud Ioannem Macaeum (...) sub scuto Britanniae. M. D. LXXX. [Paris 1580]
Die lateinische Lyrik kennt zwei Begründer: Vergil (*70, †19 v. Chr.) und Horaz. Horatius Flaccus (*65, †8 v. Chr.) – der Sohn eines Freigelassenen – erhält zwar eine gute Bildung in Rom und Athen, schlägt sich nach der Ermordung von Gaius Julius Cäsar im Jahr 44 v. Chr. aber nur schlecht und recht durch die Bürgerkriegswirren. Die Rettung erscheint dem armen Schreiber in Gestalt des reichen Politikers Gaius Maecenas (*c. 70, †8 v. Chr.), dem Urmäzen, der ihm ein Landgut schenkt. Nun steht der dichterischen Schaffenskraft nichts mehr im Wege: Es entstehen Satiren, Epoden (Schmähgedichte), die berühmten Oden, Epistel und die «Ars Poetica».
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Della Simmetria De I Corpi Hvmani
Di Alberto Dvrero Pittore, E Geometra Chiarissimo. Libro Qvarto. In Venetia, M D XCI [1591]. Apresso Domenico Nicolini.
Albrecht Dürer (*1471, †1528) aus Nürnberg ist ein Maler und Grafiker von enormer schöpferischer Kraft. Sein Werk führt von der Spätgotik in die Renaissance. Berühmt wird er durch die Holzschnitte zur Offenbarung des Johannes. Genau stellt er da die apokalyptische Stimmung seiner Zeit dar. Gleichzeitig sucht er die Kunst zu erneuern, indem er ihre Formgesetze erkennt und theoretisch festhält. Dies ist die seltene italienische Ausgabe von Dürers Kunsttheorie, die unter dem Titel «Vier Bücher von menschlicher Proportion» bereits 1528 erschienen ist. Die Illustrationen muten heute wunderlich an, und doch hatte das Buch einen Riesenerfolg, wie die zahlreichen Ausgaben zeigen.
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