In Zukunft ohne Geld?

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GERNOT JOCHUM-MÜLLER

Dem Monopol entwischen In einer mir gut bekannten Familie wusste der Familienvater um sein baldiges krankheitsbedingtes Ableben. Der Unternehmer und mehrfache Grundbesitzer verkaufte alles. Jedes Grundstück und die Firma. Ein kleines Wohnhaus für seine Frau und die Kinder hat er behalten. In dessen Dachgeschoss stellte er eine große geflochtene Truhe und bunkerte das gesamte Geld aus allen Verkäufen dort. Seiner Frau versprach er, dass sie Zeit ihres Lebens täglich Scheine aus der Truhe im Dachgeschoss holen könnte und solange sie lebte ein gutes Leben führen würde. Nach seinem Tod ging das auch einige Zeit gut. Aufgrund der großen Depression in den 1930er Jahren konnte sich die Mutter dreier Kinder mit der Hälfte der Scheine eines Tages einen letzten Laib Brot beim örtlichen Bäcker kaufen. Das Versprechen vom guten erfüllten Leben mit immer ausreichend Geld hielt nicht lange. In Seminaren über den Zusammenhang von Geld und persönlicher Entwicklung, die ich in den letzten 20 Jahren immer wieder einmal anleitete, äußerten viele Teilnehmer*innen, dass Geld Freiheit bedeute oder diese sogar selbst sei. Nämlich die Freiheit, sich z. B. aus familiären Situationen unabhängig zu machen oder sich Dinge leisten zu können wie schöne Urlaube, ein neues Motorrad oder gar den Luxus, weniger zu arbeiten. Wobei Arbeit in diesem Fall die Erwerbsarbeit meint, mit der dieses Geld erworben wird. An zweiter Stelle rangiert

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