VANESSA RAINER
Geld wächst nicht auf Bäumen Von der Notwendigkeit, das Geld zu überwinden
Ein ganz normaler Tag bricht an. Seit etwa drei Wochen habe ich mich an eine neue Morgenroutine gewöhnt : Ich gehe hinunter in die Küche, bereite mir ein Frühstücksgetränk zu und gehe dann Richtung Garten. Immerhin sollen ja die Keimlinge und jungen Pflänzchen, die wir vor einigen Tagen ausgesät und gepflanzt haben und die bald in vielen Gärten gedeihen sollen, gehegt und gepflegt werden. Nach dem Gießen setze ich mich hin und genieße die Sonnenstrahlen des Frühlings. Sie sind in den letzten Jahren spürbar intensiver geworden, doch nach der langen winterlichen Kälte stört mich das nicht. Ich höre die Vögel zwitschern, höre die Bienen im Blütenmeer des Apfelbaumes summen und atme den Geruch von taufeuchter Erde ein. Alles scheint intensiver zu sein – lauter, schöner, bunter und lebendiger. Viele sprechen und twittern darüber, wie sie plötzlich die Natur entdecken, wie schön alles ist und wie froh wir sein können, hier geboren worden zu sein. Dabei ist draußen alles so wie immer. Unser Planet lebt eben. Nur die Wirtschaft ist plötzlich auf ein Minimum heruntergefahren – der sogenannte »Lockdown«, eine Reaktion auf die globale Covid-Pandemie, hält in Österreich seit Wochen an. Und so bleiben wir mal zu Hause ; wir hetzen nicht zum Arbeitsplatz, und auf dem Heimweg müs-
119