ULRIKE KNOBLOCH, ANN-CHRISTIN KLEINERT, CORINNA DENGLER
Gestaltungs- und Transformationsprozesse zukunftsfähigen sorgenden Versorgens Die Covid-19-Pandemie hat für alle sichtbar gemacht, worauf Feminist*innen und Feministische Ökonom*innen schon lange hinweisen : Unser gesamtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem basiert auf der Sphäre der sozialen Reproduktion, auf bezahlter und unbezahlter Sorge- und Versorgungsarbeit. Während viele Menschen in Zeiten der Pandemie ihrer Lohnarbeit nicht mehr oder nur in eingeschränktem Maße bzw. vom Heimarbeitsplatz aus nachgehen können, waren im Gesundheitssektor oder im Einzelhandel Beschäftigte in Zwölf-Stunden-Schichten und mit Urlaubssperre praktisch rund um die Uhr für die Aufrechterhaltung unseres Versorgungssystems im Einsatz. In den letzten Jahrzehnten wurde das Gesundheitswesen an vielen Stellen privatisiert und/oder durch Sparmaßnahmen zu starken Abstrichen gezwungen – in anderen Ländern (z. B. in Italien und Griechenland) durch die europäische Austeritätspolitik noch deutlich mehr als in Deutschland. In Zeiten der Pandemie kostet diese Politik Leben. Dabei sind Frauen – insbesondere migrantische Frauen, wie sie vielfach im deutschen Pflegesystem eingesetzt werden, um Sorgelücken zu schließen – auch außerhalb des Gesundheitswesens von der Austeritätspolitik überproportional stark betroffen. Unbezahlte Sorgear-
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