60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention

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D er Europäische Gerichtshof

für Menschenrechte befasst sich sowohl mit Individualbeschwerden als auch mit zwischenstaatlichen Beschwerden. Seine Richter, die vollkommen unabhängig sind, werden von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt. Alle Urteile des Gerichtshofes basieren auf der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Anhörungen werden im Menschenrechtsgebäude in Straßburg abgehalten. In den 50 Jahren seines Bestehens hat der Gerichtshof nahezu 10.000 Entscheidungen gefällt und Verstöße der Staaten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen laut Konvention festgestellt. Anfang 2010 waren schätzungsweise 120.000 Fälle beim Gerichtshof anhängig.

Die häufigsten Verstöße

Ein Meilenstein der Rechte und Freiheiten in Europa

D

1 949, in Folge des Zweiten Weltkriegs,

ie Bestimmung der Konvention, gegen die am häufigsten verstoßen wird, ist Artikel 6 in Bezug auf das Recht auf ein faires Verfahren, dann wegen Nichteinhaltung einer angemessenen Frist. An zweiter Stelle folgen Verstöße gegen Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz von Eigentum) und Artikel 5 der Konvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Allerdings hat der Gerichtshof auch Entscheidungen zu zahlreichen sozialen Fragen gefällt, z. B. Abtreibung, Sterbehilfe, Körperdurchsuchungen, häusliche Sklaverei, Adoption durch Homosexuelle, das Tragen religiöser Symbole in der Schule, Schutz journalistischer Quellen und sogar Umweltfragen.

Europarat www.coe.int/de

Menschenrechtsgebäude

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Menschenrechtsgebäude

Um Urteile des Gerichtshofes einzusehen: www.echr.coe.int

Artikel 3 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Artikel 9, Abs. 1 der Konvention

60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention

Um den Text der Konvention zu lesen: www.conventions.coe.int

Hergestellt von: Direktorat für Kommunikation / Design: Les Explorateurs / Fotos: Europarat, Juni 2010

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

kamen zehn europäische Staaten zusammen, um den Europarat in Straßburg (Frankreich) zu gründen. Ihr Ziel war es, Diktaturen zu beenden, den Frieden zu sichern und sich für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa einzusetzen. Im darauf folgenden Jahr, am 4. November 1950, unterzeichneten zwölf Staaten die Europäische Menschenrechtskonvention. Dieser Vertrag des Europarats trat 1953 in Kraft und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 gegründet. Die Aufgabe des Gerichtshofes ist, allen vermuteten Verstößen gegen die Konvention nachzugehen. Seit 60 Jahren ist die Europäische Menschenrechtskonvention der Meilenstein für die Rechte und Freiheiten auf diesem Kontinent.

Europarat

Unsere Rechte, unsere Freiheiten

www.coe.int/de

Versammlungskammer

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. Artikel 14 der Konvention


D er Europäische Gerichtshof

für Menschenrechte befasst sich sowohl mit Individualbeschwerden als auch mit zwischenstaatlichen Beschwerden. Seine Richter, die vollkommen unabhängig sind, werden von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt. Alle Urteile des Gerichtshofes basieren auf der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Anhörungen werden im Menschenrechtsgebäude in Straßburg abgehalten. In den 50 Jahren seines Bestehens hat der Gerichtshof nahezu 10.000 Entscheidungen gefällt und Verstöße der Staaten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen laut Konvention festgestellt. Anfang 2010 waren schätzungsweise 120.000 Fälle beim Gerichtshof anhängig.

Die häufigsten Verstöße

Ein Meilenstein der Rechte und Freiheiten in Europa

D

1 949, in Folge des Zweiten Weltkriegs,

ie Bestimmung der Konvention, gegen die am häufigsten verstoßen wird, ist Artikel 6 in Bezug auf das Recht auf ein faires Verfahren, dann wegen Nichteinhaltung einer angemessenen Frist. An zweiter Stelle folgen Verstöße gegen Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz von Eigentum) und Artikel 5 der Konvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Allerdings hat der Gerichtshof auch Entscheidungen zu zahlreichen sozialen Fragen gefällt, z. B. Abtreibung, Sterbehilfe, Körperdurchsuchungen, häusliche Sklaverei, Adoption durch Homosexuelle, das Tragen religiöser Symbole in der Schule, Schutz journalistischer Quellen und sogar Umweltfragen.

Europarat www.coe.int/de

Menschenrechtsgebäude

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Menschenrechtsgebäude

Um Urteile des Gerichtshofes einzusehen: www.echr.coe.int

Artikel 3 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Artikel 9, Abs. 1 der Konvention

60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention

Um den Text der Konvention zu lesen: www.conventions.coe.int

Hergestellt von: Direktorat für Kommunikation / Design: Les Explorateurs / Fotos: Europarat, Juni 2010

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

kamen zehn europäische Staaten zusammen, um den Europarat in Straßburg (Frankreich) zu gründen. Ihr Ziel war es, Diktaturen zu beenden, den Frieden zu sichern und sich für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa einzusetzen. Im darauf folgenden Jahr, am 4. November 1950, unterzeichneten zwölf Staaten die Europäische Menschenrechtskonvention. Dieser Vertrag des Europarats trat 1953 in Kraft und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 gegründet. Die Aufgabe des Gerichtshofes ist, allen vermuteten Verstößen gegen die Konvention nachzugehen. Seit 60 Jahren ist die Europäische Menschenrechtskonvention der Meilenstein für die Rechte und Freiheiten auf diesem Kontinent.

Europarat

Unsere Rechte, unsere Freiheiten

www.coe.int/de

Versammlungskammer

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. Artikel 14 der Konvention


Ein sich beständig wandelnder Vertrag

47 Unterzeichnerstaaten, 47 Mitgliedsstaaten

Ergänzung der Konvention

Das Fundament für 800 Millionen europäische Bürger

Menschenrechte genießen Priorität

D

I m Laufe der Jahre hat der Europarat

I n 60 Jahren haben sich

die Rechte, die in der Konvention niedergelegt sind, dank des Fallrechts des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der zahlreichen Zusatzprotokolle weiterentwickelt, die neue Rechte in Bezug auf Situationen festgelegt haben, die bei der Verabschiedung der Konvention noch nicht absehbar waren, so z. B. Zusatzprotokoll Nr. 13 aus dem Jahr 2002 über die Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen. Das Zusatzprotokoll Nr. 11, das 1998 in Kraft trat, veränderte radikal die Maschinerie zum Schutz der Rechte, die von der Konvention geschützt werden. Ein neuer ständiger Gerichtshof wurde eingerichtet, wobei alle Personen das Recht haben, im Rahmen einer Individualbeschwerde ihre Fälle direkt einzureichen.

weitere Verträge verabschiedet, die in Bezug auf die Menschenrechte Schutz gewähren. Die Europäische Sozialcharta dehnt den Schutz auf Sozial- und Wirtschaftsrechte aus. Auch die Bandbreite der geschützten Rechte wurde durch die Verabschiedung neuer Übereinkommen erweitert, so z. B. das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels und das Übereinkommen über Bioethik. Andere Instrumente wurden speziell entworfen, um die kulturelle Vielfalt zu fördern und Rassismus zu bekämpfen: zu diesen gehören u.a. das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Einrichtung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI). Das Amt des Kommissars für Menschenrechte wurde 1999 vom Europarat eingerichtet. Hierbei handelt es sich um eine unabhängige Stelle, deren Aufgabe die Förderung der Menschenrechte in den Mitgliedsstaaten des Europarates ist, insbesondere durch Dialog und Berichte.

Verbot der Kollektivausweisung ausländischer Personen. Artikel 4 von Zusatzprotokoll Nr. 4 zur Konvention

Die Todesstrafe ist abgeschafft.

Artikel 1 von Zusatzprotokoll Nr. 13 zur Konvention

Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Artikel 2 von Zusatzprotokoll Nr. 1 zur Konvention

Die Zukunft des Konventionssystems

D

Design: Latitude Mapping Ltd map for illustrative purposes

Nichtmitglied des Europarats: Weißrussland

U m dem Europarat beitreten zu können, müssen die Staaten zuerst die

Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnen und ratifizieren. Es gibt 47 Staaten, die sich von Island bis Aserbaidschan erstrecken, die sich dem Schutz der Menschenrechte in ihrem Hoheitsgebiet verschrieben haben.

D

ie Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle: • schützen das Recht auf Leben, Sicherheit, Eigentum, Gedanken- und Meinungsfreiheit und das Recht zu heiraten und das Wahlrecht. • verbieten Folter, unmenschliche Behandlung, Diskriminierung, die Todesstrafe, Sklaverei und die kollektive Ausweisung ausländischer Personen.

D

ie Konvention und ihre Zusatzprotokolle schützen die Rechte und Grundfreiheiten jedes Menschen - ob Mann, Frau oder Kind. Das Konventionssystem ist einzigartig, da es eine abschließende Beschwerdemöglichkeit für jede Person in der Jurisdiktion einer der 47 Mitgliedsstaaten des Europarats darstellt, gegen dessen Grundfreiheiten verstoßen wurde. Jede Person, Gruppe von Personen, jedes Unternehmen und jede nichtstaatliche Organisation kann sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden, vorausgesetzt, sie haben alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft. Die meisten Beschwerden beim Gerichtshof werden von Einzelpersonen eingereicht, aber auch ein Staat kann eine Beschwerde gegen einen Vertragsstaat der Konvention einreichen.

ie Konvention war ein Meilenstein in der Entwicklung des Völkerrechts. Nachdem die Staaten akzeptiert hatten, dass ein überstaatlicher Gerichtshof alle Entscheidungen ihrer innerstaatlichen Gerichte anfechten konnte, erhielten die Menschenrechte den Vorzug vor nationaler Gesetzgebung und Praxis. Die Urteile des Gerichtshofes sind bindend und haben tatsächliche praktische Folgen. Sie veranlassen die Staaten, Anpassungen vorzunehmen und Teile ihrer Gesetzgebung zu ändern. So hat z. B. Dänemark seine Regelung über das Sorgerecht bei unehelichen Kindern geändert, Frankreich hat ein Gesetz über das Abhören von Telefongesprächen verabschiedet, Italien hat es zur Pflicht für Verteidiger gemacht, während eines Gerichtsverfahrens anwesend zu sein, und Großbritannien hat die Prügelstrafe in staatlichen Schulen verboten.

er Gerichtshof ist Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Jedes Jahr geht eine Flut von Beschwerden ein, die den Gerichtshof an seine Grenzen treibt. Die explosionsartige Zunahme der Fälle in den letzten zehn Jahren ist das Ergebnis sowohl des Beitritts neuer Mitgliedsstaaten des Europarats als auch einer massiven Einreichung von Individualbeschwerden gegen alte und neue Mitgliedsstaaten. Die Situation birgt die Gefahr, den Gerichtshof ineffizient zu machen. Wenn er seine Schlüsselaufgaben erfüllen soll, ist es unerlässlich, die Bearbeitung derjenigen Fälle, die offenkundig unzulässig oder Wiederholungsfälle sind, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dies ist die Absicht von Zusatzprotokoll Nr. 14 zur Konvention, dessen Ziel es ist, die langfristige Effizienz des Gerichtshofs durch die Optimierung der Filterprozesse und der Bearbeitung der Beschwerden zu gewährleisten. Das Zusatzprotokoll trat im Juni 2010 in Kraft.

Das Recht jedes Menschen auf Leben ist gesetzlich geschützt. Artikel 2, Abs. 1 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Artikel 10, Abs. 1 der Konvention

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Artikel 4 der Konvention


Ein sich beständig wandelnder Vertrag

47 Unterzeichnerstaaten, 47 Mitgliedsstaaten

Ergänzung der Konvention

Das Fundament für 800 Millionen europäische Bürger

Menschenrechte genießen Priorität

D

I m Laufe der Jahre hat der Europarat

I n 60 Jahren haben sich

die Rechte, die in der Konvention niedergelegt sind, dank des Fallrechts des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der zahlreichen Zusatzprotokolle weiterentwickelt, die neue Rechte in Bezug auf Situationen festgelegt haben, die bei der Verabschiedung der Konvention noch nicht absehbar waren, so z. B. Zusatzprotokoll Nr. 13 aus dem Jahr 2002 über die Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen. Das Zusatzprotokoll Nr. 11, das 1998 in Kraft trat, veränderte radikal die Maschinerie zum Schutz der Rechte, die von der Konvention geschützt werden. Ein neuer ständiger Gerichtshof wurde eingerichtet, wobei alle Personen das Recht haben, im Rahmen einer Individualbeschwerde ihre Fälle direkt einzureichen.

weitere Verträge verabschiedet, die in Bezug auf die Menschenrechte Schutz gewähren. Die Europäische Sozialcharta dehnt den Schutz auf Sozial- und Wirtschaftsrechte aus. Auch die Bandbreite der geschützten Rechte wurde durch die Verabschiedung neuer Übereinkommen erweitert, so z. B. das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels und das Übereinkommen über Bioethik. Andere Instrumente wurden speziell entworfen, um die kulturelle Vielfalt zu fördern und Rassismus zu bekämpfen: zu diesen gehören u.a. das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Einrichtung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI). Das Amt des Kommissars für Menschenrechte wurde 1999 vom Europarat eingerichtet. Hierbei handelt es sich um eine unabhängige Stelle, deren Aufgabe die Förderung der Menschenrechte in den Mitgliedsstaaten des Europarates ist, insbesondere durch Dialog und Berichte.

Verbot der Kollektivausweisung ausländischer Personen. Artikel 4 von Zusatzprotokoll Nr. 4 zur Konvention

Die Todesstrafe ist abgeschafft.

Artikel 1 von Zusatzprotokoll Nr. 13 zur Konvention

Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Artikel 2 von Zusatzprotokoll Nr. 1 zur Konvention

Die Zukunft des Konventionssystems

D

Design: Latitude Mapping Ltd map for illustrative purposes

Nichtmitglied des Europarats: Weißrussland

U m dem Europarat beitreten zu können, müssen die Staaten zuerst die

Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnen und ratifizieren. Es gibt 47 Staaten, die sich von Island bis Aserbaidschan erstrecken, die sich dem Schutz der Menschenrechte in ihrem Hoheitsgebiet verschrieben haben.

D

ie Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle: • schützen das Recht auf Leben, Sicherheit, Eigentum, Gedanken- und Meinungsfreiheit und das Recht zu heiraten und das Wahlrecht. • verbieten Folter, unmenschliche Behandlung, Diskriminierung, die Todesstrafe, Sklaverei und die kollektive Ausweisung ausländischer Personen.

D

ie Konvention und ihre Zusatzprotokolle schützen die Rechte und Grundfreiheiten jedes Menschen - ob Mann, Frau oder Kind. Das Konventionssystem ist einzigartig, da es eine abschließende Beschwerdemöglichkeit für jede Person in der Jurisdiktion einer der 47 Mitgliedsstaaten des Europarats darstellt, gegen dessen Grundfreiheiten verstoßen wurde. Jede Person, Gruppe von Personen, jedes Unternehmen und jede nichtstaatliche Organisation kann sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden, vorausgesetzt, sie haben alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft. Die meisten Beschwerden beim Gerichtshof werden von Einzelpersonen eingereicht, aber auch ein Staat kann eine Beschwerde gegen einen Vertragsstaat der Konvention einreichen.

ie Konvention war ein Meilenstein in der Entwicklung des Völkerrechts. Nachdem die Staaten akzeptiert hatten, dass ein überstaatlicher Gerichtshof alle Entscheidungen ihrer innerstaatlichen Gerichte anfechten konnte, erhielten die Menschenrechte den Vorzug vor nationaler Gesetzgebung und Praxis. Die Urteile des Gerichtshofes sind bindend und haben tatsächliche praktische Folgen. Sie veranlassen die Staaten, Anpassungen vorzunehmen und Teile ihrer Gesetzgebung zu ändern. So hat z. B. Dänemark seine Regelung über das Sorgerecht bei unehelichen Kindern geändert, Frankreich hat ein Gesetz über das Abhören von Telefongesprächen verabschiedet, Italien hat es zur Pflicht für Verteidiger gemacht, während eines Gerichtsverfahrens anwesend zu sein, und Großbritannien hat die Prügelstrafe in staatlichen Schulen verboten.

er Gerichtshof ist Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Jedes Jahr geht eine Flut von Beschwerden ein, die den Gerichtshof an seine Grenzen treibt. Die explosionsartige Zunahme der Fälle in den letzten zehn Jahren ist das Ergebnis sowohl des Beitritts neuer Mitgliedsstaaten des Europarats als auch einer massiven Einreichung von Individualbeschwerden gegen alte und neue Mitgliedsstaaten. Die Situation birgt die Gefahr, den Gerichtshof ineffizient zu machen. Wenn er seine Schlüsselaufgaben erfüllen soll, ist es unerlässlich, die Bearbeitung derjenigen Fälle, die offenkundig unzulässig oder Wiederholungsfälle sind, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dies ist die Absicht von Zusatzprotokoll Nr. 14 zur Konvention, dessen Ziel es ist, die langfristige Effizienz des Gerichtshofs durch die Optimierung der Filterprozesse und der Bearbeitung der Beschwerden zu gewährleisten. Das Zusatzprotokoll trat im Juni 2010 in Kraft.

Das Recht jedes Menschen auf Leben ist gesetzlich geschützt. Artikel 2, Abs. 1 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Artikel 10, Abs. 1 der Konvention

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Artikel 4 der Konvention


Ein sich beständig wandelnder Vertrag

47 Unterzeichnerstaaten, 47 Mitgliedsstaaten

Ergänzung der Konvention

Das Fundament für 800 Millionen europäische Bürger

Menschenrechte genießen Priorität

D

I m Laufe der Jahre hat der Europarat

I n 60 Jahren haben sich

die Rechte, die in der Konvention niedergelegt sind, dank des Fallrechts des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der zahlreichen Zusatzprotokolle weiterentwickelt, die neue Rechte in Bezug auf Situationen festgelegt haben, die bei der Verabschiedung der Konvention noch nicht absehbar waren, so z. B. Zusatzprotokoll Nr. 13 aus dem Jahr 2002 über die Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen. Das Zusatzprotokoll Nr. 11, das 1998 in Kraft trat, veränderte radikal die Maschinerie zum Schutz der Rechte, die von der Konvention geschützt werden. Ein neuer ständiger Gerichtshof wurde eingerichtet, wobei alle Personen das Recht haben, im Rahmen einer Individualbeschwerde ihre Fälle direkt einzureichen.

weitere Verträge verabschiedet, die in Bezug auf die Menschenrechte Schutz gewähren. Die Europäische Sozialcharta dehnt den Schutz auf Sozial- und Wirtschaftsrechte aus. Auch die Bandbreite der geschützten Rechte wurde durch die Verabschiedung neuer Übereinkommen erweitert, so z. B. das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels und das Übereinkommen über Bioethik. Andere Instrumente wurden speziell entworfen, um die kulturelle Vielfalt zu fördern und Rassismus zu bekämpfen: zu diesen gehören u.a. das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Einrichtung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI). Das Amt des Kommissars für Menschenrechte wurde 1999 vom Europarat eingerichtet. Hierbei handelt es sich um eine unabhängige Stelle, deren Aufgabe die Förderung der Menschenrechte in den Mitgliedsstaaten des Europarates ist, insbesondere durch Dialog und Berichte.

Verbot der Kollektivausweisung ausländischer Personen. Artikel 4 von Zusatzprotokoll Nr. 4 zur Konvention

Die Todesstrafe ist abgeschafft.

Artikel 1 von Zusatzprotokoll Nr. 13 zur Konvention

Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Artikel 2 von Zusatzprotokoll Nr. 1 zur Konvention

Die Zukunft des Konventionssystems

D

Design: Latitude Mapping Ltd map for illustrative purposes

Nichtmitglied des Europarats: Weißrussland

U m dem Europarat beitreten zu können, müssen die Staaten zuerst die

Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnen und ratifizieren. Es gibt 47 Staaten, die sich von Island bis Aserbaidschan erstrecken, die sich dem Schutz der Menschenrechte in ihrem Hoheitsgebiet verschrieben haben.

D

ie Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle: • schützen das Recht auf Leben, Sicherheit, Eigentum, Gedanken- und Meinungsfreiheit und das Recht zu heiraten und das Wahlrecht. • verbieten Folter, unmenschliche Behandlung, Diskriminierung, die Todesstrafe, Sklaverei und die kollektive Ausweisung ausländischer Personen.

D

ie Konvention und ihre Zusatzprotokolle schützen die Rechte und Grundfreiheiten jedes Menschen - ob Mann, Frau oder Kind. Das Konventionssystem ist einzigartig, da es eine abschließende Beschwerdemöglichkeit für jede Person in der Jurisdiktion einer der 47 Mitgliedsstaaten des Europarats darstellt, gegen dessen Grundfreiheiten verstoßen wurde. Jede Person, Gruppe von Personen, jedes Unternehmen und jede nichtstaatliche Organisation kann sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden, vorausgesetzt, sie haben alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft. Die meisten Beschwerden beim Gerichtshof werden von Einzelpersonen eingereicht, aber auch ein Staat kann eine Beschwerde gegen einen Vertragsstaat der Konvention einreichen.

ie Konvention war ein Meilenstein in der Entwicklung des Völkerrechts. Nachdem die Staaten akzeptiert hatten, dass ein überstaatlicher Gerichtshof alle Entscheidungen ihrer innerstaatlichen Gerichte anfechten konnte, erhielten die Menschenrechte den Vorzug vor nationaler Gesetzgebung und Praxis. Die Urteile des Gerichtshofes sind bindend und haben tatsächliche praktische Folgen. Sie veranlassen die Staaten, Anpassungen vorzunehmen und Teile ihrer Gesetzgebung zu ändern. So hat z. B. Dänemark seine Regelung über das Sorgerecht bei unehelichen Kindern geändert, Frankreich hat ein Gesetz über das Abhören von Telefongesprächen verabschiedet, Italien hat es zur Pflicht für Verteidiger gemacht, während eines Gerichtsverfahrens anwesend zu sein, und Großbritannien hat die Prügelstrafe in staatlichen Schulen verboten.

er Gerichtshof ist Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Jedes Jahr geht eine Flut von Beschwerden ein, die den Gerichtshof an seine Grenzen treibt. Die explosionsartige Zunahme der Fälle in den letzten zehn Jahren ist das Ergebnis sowohl des Beitritts neuer Mitgliedsstaaten des Europarats als auch einer massiven Einreichung von Individualbeschwerden gegen alte und neue Mitgliedsstaaten. Die Situation birgt die Gefahr, den Gerichtshof ineffizient zu machen. Wenn er seine Schlüsselaufgaben erfüllen soll, ist es unerlässlich, die Bearbeitung derjenigen Fälle, die offenkundig unzulässig oder Wiederholungsfälle sind, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dies ist die Absicht von Zusatzprotokoll Nr. 14 zur Konvention, dessen Ziel es ist, die langfristige Effizienz des Gerichtshofs durch die Optimierung der Filterprozesse und der Bearbeitung der Beschwerden zu gewährleisten. Das Zusatzprotokoll trat im Juni 2010 in Kraft.

Das Recht jedes Menschen auf Leben ist gesetzlich geschützt. Artikel 2, Abs. 1 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Artikel 10, Abs. 1 der Konvention

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Artikel 4 der Konvention


D er Europäische Gerichtshof

für Menschenrechte befasst sich sowohl mit Individualbeschwerden als auch mit zwischenstaatlichen Beschwerden. Seine Richter, die vollkommen unabhängig sind, werden von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt. Alle Urteile des Gerichtshofes basieren auf der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Anhörungen werden im Menschenrechtsgebäude in Straßburg abgehalten. In den 50 Jahren seines Bestehens hat der Gerichtshof nahezu 10.000 Entscheidungen gefällt und Verstöße der Staaten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen laut Konvention festgestellt. Anfang 2010 waren schätzungsweise 120.000 Fälle beim Gerichtshof anhängig.

Die häufigsten Verstöße

Ein Meilenstein der Rechte und Freiheiten in Europa

D

1 949, in Folge des Zweiten Weltkriegs,

ie Bestimmung der Konvention, gegen die am häufigsten verstoßen wird, ist Artikel 6 in Bezug auf das Recht auf ein faires Verfahren, dann wegen Nichteinhaltung einer angemessenen Frist. An zweiter Stelle folgen Verstöße gegen Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz von Eigentum) und Artikel 5 der Konvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Allerdings hat der Gerichtshof auch Entscheidungen zu zahlreichen sozialen Fragen gefällt, z. B. Abtreibung, Sterbehilfe, Körperdurchsuchungen, häusliche Sklaverei, Adoption durch Homosexuelle, das Tragen religiöser Symbole in der Schule, Schutz journalistischer Quellen und sogar Umweltfragen.

Europarat www.coe.int/de

Menschenrechtsgebäude

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Menschenrechtsgebäude

Um Urteile des Gerichtshofes einzusehen: www.echr.coe.int

Artikel 3 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Artikel 9, Abs. 1 der Konvention

60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention

Um den Text der Konvention zu lesen: www.conventions.coe.int

Hergestellt von: Direktorat für Kommunikation / Design: Les Explorateurs / Fotos: Europarat, Juni 2010

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

kamen zehn europäische Staaten zusammen, um den Europarat in Straßburg (Frankreich) zu gründen. Ihr Ziel war es, Diktaturen zu beenden, den Frieden zu sichern und sich für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa einzusetzen. Im darauf folgenden Jahr, am 4. November 1950, unterzeichneten zwölf Staaten die Europäische Menschenrechtskonvention. Dieser Vertrag des Europarats trat 1953 in Kraft und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 gegründet. Die Aufgabe des Gerichtshofes ist, allen vermuteten Verstößen gegen die Konvention nachzugehen. Seit 60 Jahren ist die Europäische Menschenrechtskonvention der Meilenstein für die Rechte und Freiheiten auf diesem Kontinent.

Europarat

Unsere Rechte, unsere Freiheiten

www.coe.int/de

Versammlungskammer

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. Artikel 14 der Konvention


D er Europäische Gerichtshof

für Menschenrechte befasst sich sowohl mit Individualbeschwerden als auch mit zwischenstaatlichen Beschwerden. Seine Richter, die vollkommen unabhängig sind, werden von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt. Alle Urteile des Gerichtshofes basieren auf der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Anhörungen werden im Menschenrechtsgebäude in Straßburg abgehalten. In den 50 Jahren seines Bestehens hat der Gerichtshof nahezu 10.000 Entscheidungen gefällt und Verstöße der Staaten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen laut Konvention festgestellt. Anfang 2010 waren schätzungsweise 120.000 Fälle beim Gerichtshof anhängig.

Die häufigsten Verstöße

Ein Meilenstein der Rechte und Freiheiten in Europa

D

1 949, in Folge des Zweiten Weltkriegs,

ie Bestimmung der Konvention, gegen die am häufigsten verstoßen wird, ist Artikel 6 in Bezug auf das Recht auf ein faires Verfahren, dann wegen Nichteinhaltung einer angemessenen Frist. An zweiter Stelle folgen Verstöße gegen Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz von Eigentum) und Artikel 5 der Konvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Allerdings hat der Gerichtshof auch Entscheidungen zu zahlreichen sozialen Fragen gefällt, z. B. Abtreibung, Sterbehilfe, Körperdurchsuchungen, häusliche Sklaverei, Adoption durch Homosexuelle, das Tragen religiöser Symbole in der Schule, Schutz journalistischer Quellen und sogar Umweltfragen.

Europarat www.coe.int/de

Menschenrechtsgebäude

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Menschenrechtsgebäude

Um Urteile des Gerichtshofes einzusehen: www.echr.coe.int

Artikel 3 der Konvention

Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Artikel 9, Abs. 1 der Konvention

60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention

Um den Text der Konvention zu lesen: www.conventions.coe.int

Hergestellt von: Direktorat für Kommunikation / Design: Les Explorateurs / Fotos: Europarat, Juni 2010

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

kamen zehn europäische Staaten zusammen, um den Europarat in Straßburg (Frankreich) zu gründen. Ihr Ziel war es, Diktaturen zu beenden, den Frieden zu sichern und sich für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa einzusetzen. Im darauf folgenden Jahr, am 4. November 1950, unterzeichneten zwölf Staaten die Europäische Menschenrechtskonvention. Dieser Vertrag des Europarats trat 1953 in Kraft und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 gegründet. Die Aufgabe des Gerichtshofes ist, allen vermuteten Verstößen gegen die Konvention nachzugehen. Seit 60 Jahren ist die Europäische Menschenrechtskonvention der Meilenstein für die Rechte und Freiheiten auf diesem Kontinent.

Europarat

Unsere Rechte, unsere Freiheiten

www.coe.int/de

Versammlungskammer

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. Artikel 14 der Konvention


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