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DONNA LEON UND LA DOLCE VITA
Donna Leon Die Donna und La Dolce Vita
Donna Leon, Autorin der Brunetti-Romane, feiert in diesem Jahr ihren 80. Geburtstag. Gleichzeitig erschien in Deutschland ihr 31. Krimi. Die Schriftstellerin wurde in den USA geboren, wohnt jedoch bereits mehr als ihr halben Leben in Italien. Vor diesem Hintergrund fragt sie: „Wären wir nicht alle gerne Italiener?“
Stilvoll erscheint Donna Leon vor der Webcam. Sie trägt eine schöne, weiße Bluse mit darüber fuchsiafarbenen Weste. Ihr Bob sieht aus, als käme sie geradewegs vom Friseur. Durch die Adern dieser charmanten Frau fließt kein italienisches
Blut, doch sie sagt: „Als ich vor 40 Jahren nach Italien kam, sah ich sehr wohl wie eine
Italienerin aus; ich hatte dunkles Haar.“
Eine Begegnung im Opernhaus von Venedig inspirierte sie dazu, ein Buch zu schreiben.
Venezianisches Finale mit Kommissar
Brunetti in der Hauptrolle erschien 1992.
Mittlerweile ist der 31. Band der erfolgreichen Serie in Deutschland erschienen:
Milde Gaben. Auch hier muss der Kommissar wieder an die Grenzen gehen, um in einem kniffligen Fall die Täter zu ermitteln. Dabei ist Brunetti nach all den Jahren noch immer mit Paola verheiratet. Sohn und Tochter wohnen noch zuhause und Signorina Elettra findet Informationen noch immer schneller als jede Suchmaschine. Hat Leon in Italien gefunden, wonach sie gesucht hat? Sie war nicht so sehr auf der Suche, sie war lediglich am glücklichsten in Italien.
Modische DNA
Wie Leon behauptet, sind Menschen wie Chamäleons. Sie passen ihre Erscheinung an, sobald sie wissen, dass sie sich länger in einer bestimmten Umgebung aufhalten. Leon selbst wohnte auch eine Weile in China. „Hätte man nicht an meinem Gesicht ablesen können, dass ich keine Chinesin bin, wäre ich unsichtbar gewesen. Ich habe dieselben blauen und grauen Klamotten wie die Chinesen getragen.“ Bald darauf zog Leon Italien. „Ich sah wie Italiener sich kleiden und dachte: ‚Sie sehen wirklich gut aus, don’t they?‘ Also habe ich meine chinesischen Kleider einer wohltätigen Organisation zur Verfügung gestellt und mich auf die Suche nach Kleidern mit den
Farben der Region gemacht. Ich wollte nicht, dass es eine visuelle Barriere zwischen mir und den anderen Menschen gibt, mit denen ich Zeit verbringen würde.“ In den BrunettiRomanen werden die Outfits diverser Charaktere detailfreudig beschrieben. Inspiration hierfür findet Leon bei italienischen Freunden und auf der Straße. „Ohne dass es sie groß kümmern würde, haben Italiener La Bella Figura einfach in ihrer DNA: sie müssen einfach immer gut aussehen. Italiener erkennt man immer. Selbst wenn sie alle Jeans, T-Shirt und Sneaker trügen.“
„Wäre ich in Rom geblieben, wäre ich ein völlig anderer Mensch geworden - und das gilt auch für Kommissar Brunetti“
Himmlische Küche
Neben der Kleidung hat es Leon vor allem die italienische Küche angetan. Sie ist Vegetarierin und mochte schon als Kind den Geschmack von Fleisch nicht. Die italienische Küche hat sie überrascht, weil die Italiener sich genial auf die Zubereitung von Gemüse verstehen. Ihre Augen strahlen: „Sie machen himmlische Pasta-Gerichte mit einer Zucchini und drei Tomaten. So sind sie groß geworden. Wenn es jemanden gibt, der die Gabe hat, Speisen zuzubereiten, dann sind es die Italiener. Letztlich wären wir doch alle gerne Italiener. “ Nach dem zehnten Brunetti-Roman bekam ihr Verlag
immer mehr Anfragen von Lesern: Ob sie wohl ein Kochbuch publizieren könne mit allen Gerichten, die Kommissar Brunetti serviert bekommt. Leon lacht. „Ich sagte: ‚Ich kann kein Kochbuch verfassen, ich habe keine Ahnung, wie das gehen soll, aber meine Freundin Biba ist die beste Köchin, die ich kenne. Sie kann die Rezepte schreiben und ich ein paar Essays über Italiener und das Essen‘. Das gefiel ihnen. Bei den Brunettis zu Gast ist das Ergebnis.“
Liebe zu Venedig
Bei aller Liebe zur italienischen Mode und Küche lebt Donna Leon schon seit Jahren auch in der Schweiz. Ihr Haus ist nur sieben Kilometer von der italienischen Grenze entfernt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist sie in vier Stunden in Venedig. Wichtiges Detail: „Es ist gar nicht so sehr Italien, dass ich liebe. Es ist Venedig. Es ist anders als der Rest; hier wird man dazu verpflichtet, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Man kann nicht an jemandem vorbeifahren ohne
zu grüßen, denn man ist zu Fuß und schaut ihnen in die Augen. Wenn ich von A nach B laufe und das soll 25 Minuten dauern, kalkuliere ich 35 Minuten ein; ich weiß, dass ich Menschen begegne und ein Schwätzchen halte. Das soziale Leben ist anders, als in Städten mit Autos und Bussen.“ Leon weiß wovon sie spricht, denn sie hat in Rom als Reiseleiterin gearbeitet.“ Die Römer sind ein völlig anderer Menschenschlag. Wäre ich dort geblieben, wäre ich ein anderer Mensch, das gilt auch für Brunetti.“
Der ideale Mann
Dass der Venezianer Brunetti als Figur für die Leser attraktiv ist, versteht Leon. „Er mag Frauen und ist geduldig. Auch reagiert er anders, als viele andere Männer; die denken, dass man etwas anderes mit ihnen vorhätte, sobald man Interesse zeigt. Frauen vertrauen ihm, erzählen ihm Dinge, die sie nie jemand anderem verraten würden.“ Brunettis Alter indes will Leon nicht verraten. „Er ist erwachsen.“
Die Donna
Leons Vorname Donna hat stets für einige Verwirrung gesorgt: „Es ist dasselbe als würde ich in Deutschland sagen, dass mein Vorname ‚Frau‘ ist. Ich musste oft erklären, dass Donna in den USA ein häufiger Vorname ist. In Venedig übrigens werden Frauen mit ‚la‘ vor ihrem Vornamen angesprochen. Ich habe für mich beschlossen, dass ich das nicht ändern möchte. Ich finde es schön. Es klingt richtig für mich.“ Wenn Leon nicht schreibt, liest sie die Werke anderer Autoren. „Ich lese englische und italienische Bücher, doch auf Englische kann ich die Qualität besser beurteilen. In den 70er Jahren habe ich in Perugia ein paar Monate Italienisch studiert, doch die Sprache habe ich eher wie ein Papagei erlernt, indem ich Dinge aufgeschnappt habe.“ Zurzeit liest sie Das achte Leben von Nino Haratischwili. „Der erste Teil der Sage hat mehr als 900 Seiten und es gibt noch zwei Teile. Ich bin ein glücklicher Mensch!“ •
Donna Leon, Milde Gaben, Diogenes, € 25