crescendo 1/2014, Premium Ausgabe Februar-März 2014

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Ausgabe 01/2014 Februar – März 2014 www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE

CD

inkl.

Auf Einen Kaffee mit... Markus Hinterhäuser „Die Dinge, die man aufführt, muss man in aller Konsequenz ernst nehmen!“ Ein Ausblick auf 2014 mit Daniel Barenboim „Ich versuche, mein Leben zu genießen und das gelingt mir auch.“

ROLANDO VILLAZÓN Der Star-Tenor gewährt seltene Einblicke in sein Seelenleben.

Schwerpunkt: 20er-Jahre! Welchen Einfluss hatte die Musik der Roaring Twenties auf die Klassik von heute? B47837 Jahrgang 17 / 01_2014

Heidelberger Frühling  15. März bis 12. April 2014 Igor Levit leitet zum zweiten Mal die Kammermusik Akademie mit 25 öffentlichen Veranstaltungen.


A K T I O N

crescendo & Blanc Kunstverlag bieten exklusiv in einer limitierten Auflage von 100 Stück

Original Richard Wagner Kupferdruck auf feinstem Büttenpapier! Größe: 40 x 60 Zentimeter Bestellung direkt bei: Blanc Kunstverlag, Levelingstraße 8, 81673 München Tel: 089-4312811, E-Mail: mail@blanc-kunstverlag.de, www.blanc-kunstverlag.de, Stichwort: Wagner Farb-Edition. Preis ungerahmt: 148 Euro / Echtholzrahmen Olivenfurnier braun: 135 Euro / zzgl. Versandkosten


p r o l o g

Zeit im Bild

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, die 20er Jahre, denen wir in dieser Ausgabe einen Schwerpunkt widmen, vermitteln oft das Bild feiernder, Charleston tanzender Damen und Champagner trinkender Herren im noblen Smoking. Dabei übersieht man gern die wirtschaftliche Not dieser Zeit, unter der die Menschen litten: das Pfund Brot kostete im Jahr 1923 zwei Milliarden Mark! Daran können auch Jahrhundertromane wie Thomas Manns Zauberberg (erschienen 1924) und der Erfolg der Comedian Harmonists nichts ändern. Erst jetzt, nach Fertigstellung dieser Ausgabe, wurde uns bewusst, wie Klischees und Bilder, die Wahrnehmung der Vergangenheit prägen und wie sehr wir aufpassen müssen, diese ungefiltert an die nächsten Generationen weiterzugeben. Was die 20er Jahre wirklich waren und welchen Einfluss vor allem das musikalische Berlin dieser Zeit für die klassische Musik heute hat, lesen Sie ab Seite 47. Wie man eine negative Vergangenheit in eine positive Zukunft umkrempelt, zeigt eindrucksvoll der Bürgermeister der Stadt Perm im russischen Ural: Ausländischen Besuchern war es zu Zeiten der Sowjetunion verboten, die Stadt zu besuchen, da

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Fotos Titel: Monika Hoefler / DG; Felix Broede

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dort viele Rüstungsfirmen ihren Sitz hatten. Im Jahr 2008 kämpfte Perm noch mit der höchsten Kriminalitätsrate ganz Russlands. 2011 entschied der Bürgermeister, sein Budget in die Kultur zu investieren und holte den exzentrischen Dirigenten Teodor Currentzis nach Perm. Der Grieche schaffte es in kurzer Zeit, das Diaghilev-Musikfestival im Ural zu etablieren und Perm auf die kulturelle Weltkarte zu setzen. crescendo-Chefredakteur Robert Kittel besuchte Currentzis für diese Ausgabe im kalten Norden Russlands, seine Geschichte finden Sie auf Seite 24. Zeichnet sich da ein Trend in Osteuropa ab? Auch die Stadt Baku, Hauptstadt des kulturell bisher nicht unbedingt auffälligen Landes Aserbaidschan, investierte in den Bau eines Konzerthauses, neben dem ein Gebäude wie der Münchner Gasteig wie eine Doppelgarage aussieht. Das Schöne: Auch Aserbaidschan möchte sein Image mit diesem Bauwerk und einer gigantischen Investition in die Kultur korrigieren. Wie das neue Kulturzentrum aussieht, sehen Sie auf Seite 8/9. Mein Bild von Aserbaidschan hat sich bereits nachhaltig geändert. Sehr empfehlen möchte ich noch unsere Titelgeschichte mit dem Tenor Rolando Villazón: Wir trafen ihn zu einem Ausflug ins Freud-Museum in Wien. Die lesenswerte Reportage über den Klassikstar und Clown aus tiefster Überzeugung finden Sie auf Seite 14.

Herzlichst, Ihr Winfried Hanuschik

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Ihre Abo-CD In der Premium-Ausgabe finden Sie nicht nur doppelt so viel Inhalt: mehr Reportagen, Porträts, Interviews und ­ Hintergründe aus der Welt der Klassik – in einer besonders hochwertigen Ausstattung, sondern auch unsere ­ crescendo Abo-CD. Sie ist eine exklusive Leistung unseres c­ rescendo Premium-Abonnements. Premium-Abonnenten erhalten sechs Mal jährlich eine hochwertige CD mit Werken der in der aktuellen Ausgabe vorgestellten Künstler. Mittlerweile ist bereits die 46. CD in dieser crescendo Premium-Edition erschienen.

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P r o g r a mm

8 Neue Kulturstätte In Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, gibt es ein Gebäude, das man sich ansehen sollte.

14 Spazieren mit Villazón crescendo wanderte mit dem Tenor auf den Spuren Sigmund Freuds durch Wien.

34 Ray Chen Der Geiger hat mit Christoph Eschenbach ein hörenswertes Mozart-Album veröffentlicht.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. 8...... Blickfang Das neue Kulturcenter in Baku, Aserbaidschan. 10..... Ouvertüre Ein Anruf bei... Aino Laberenz, die den Bau des Operndorfes von Christoph Schlingensief in Burkina Faso vorantreibt. „Ende gut, alle tot.“ Warum in vielen Opern am Schluss immer so viele sterben müssen. 30.... Personaia Mit Rafał Blechacz & Valery Gergiev. 33.... Impressum

12..... Ein Kaffee mit ... Markus Hinterhäuser. 14..... Rolando Villazón Der Tenor verrät auf einem dreistündigen Spaziergang durch Wien erstaunlich Privates. 20.... Daniel Barenboim Ein schöner Ausblick auf das Jahr 2014 mit dem Dirigenten. 24..... Teodor Currentzis Zu Besuch bei einem Exzentriker in dessen Opernhaus in Perm. 26.... John Axelrod Porträt eines crescendoKolumnisten, der in erster Linie natürlich ein großer Dirigent ist. 28.... N EWCOMER: Cathy Krier Die Pianistin sieht sich als Verfechterin der Neuen Musik.

32.... Attilas Auswahl Die wichtigsten CDs unseres Kolumnisten. 36.... Guitarissimo XL Das neue Album von Sigi Schwab und Peter Horten. 43.... Die Christoph SchlürenKolumne Über die Schwierigkeit, Franz Schubert zu spielen. 44.... Ak ustik Ottavia Maria Maceratini testet die Schwingungsharmonisierer.

Fotos: Iwan Baan; Peter Mayr; Chris Dulop

54.... Kolumne Axel Brüggemann über die Relevanz der 20er-Jahre. 46.... R ätsel des Alltags

31..... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION

82.... Hope trifft... Menahem Pressler. 4

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SCHOOL. MUSIC. BOARDING.

48 Die 20er-Jahre! Was passierte musikalisch in den „Roaring Twenties“ von Berlin?

57 Reise & Kultur Spezial Ein Themenspecial mit den schönsten Kulturreisen 2014.

76 Kurt Weill Fest Dessau Jetzt mit eigenem Festival-Radio und eine „Twitterfonie“.

gesellschaft

Lebensart

erleben

57..... R eise & Kultur Ein Navigator der schönsten Kulturreisen des kommenden Jahres auf 16 Seiten. 73..... Weinkolumne Dirigent und Kolumnist John Axelrod über den idealen Wein zum Schwerpunkt 20er-Jahre.

74..... Heidelberger Frühling Das Festival kommt mit innovativen Konzerten und einer hochkarätig besetzten Akademie daher. 76..... K urt Weill Fest Die Dessauer freuen sich über den diesjährigen Artist-in-Residence, den GMD der Anhaltischen Philharmonie, Antony Hermus. 78.... Vorschau Die wichtigsten Termine im Februar und März.

Fotos: Scherl SZ Photo; Anja Upmeier; Schulte-Bunert

47..... K lassik in Zahlen 48.... Schwerpunkt 20er-Jahre! Stefan Frey über die Musik dieser spektakulären Zeit. 51..... Dagmar Manzel Ein Interview mit der Sängerin und Schauspielerin über ihr neues 20er-Jahre Album. 52..... Berlin Comedian Harmonists Gründungsmitglied Horst Maria Merz über die Anfänge des Ensembles. 52..... Woher kommt... ...das Jazzige in der klassischen Musik der 20er Jahre?

Exklusiv für Abonnenten

We invite you – 12 February 2014 Open House | 08:30 – 14:00 – 29 – 30 March 2014 Master Class with Johannes Mertl (voice) – 18 June 2014 End of School Year Concert | 19:00

Hören Sie die Musik zu ­unseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 83.

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E n s e m b l e

Hinter der Bühne

Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern & Mitarbeitern, die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Produktion.

Stefan Frey & DIE 20er Die 20er-Jahre waren für viele eine Zeit, die sie gerne erlebt hätten: so auch für unseren Autoren Dr. Stefan Frey, der sich freute, über diese Zeit, insbesondere die Musik der 20er in Berlin, eine Geschichte zu verfassen. Der promovierte Kunsthistoriker ist aber nicht nur schriftstellerisch für Publikationen tätig, sondern schrieb unter anderem bereits eine eigene Operette (Die Molratte balzt oder Liebesspiel am Nil). Warum ihn die 20er-Jahre faszinierten und welche Persönlichkeiten diese Zeit prägten, lesen Sie auf Seite 48.

Julia Hrdina & Rolando Villazón Auch für eine Reportage, in der crescendo mit Startenor Rolando Villazón durch Wien spaziert, benötigt man ein klein wenig Styling, das diesmal Julia Hrdina übernahm, die in der österreichischen Kulturstadt vor allem an den Theatern (Burgtheater, Theater an der Wien, etc.) die Maske übernimmt. Mit einem „Star“ wie Rolando Villazón hat sie zwar seltener zu tun, war aber umso überraschter, wie locker der Tenor in solchen Situationen agiert. „Mit gestochen scharfem Humor schafft er eine wunderbare Stimmung während der Arbeit.“ Nur eine Einschränkung gab’s: Seine Augenbrauen ließ er nicht so gerne kämmen, da die Wildheit seine Männlichkeit betonen sollte, sagte Hrdina später. Die Reportage finden Sie ab Seite 14.

Daniel Hope & Menahem Pressler Unser langjähriger Kolumnist und Geiger startet mit Beginn dieser Ausgabe eine neue Serie auf der letzten Seite: Daniel Hope trifft dort Weggefährten und Persönlichkeiten, denen er auf seinen vielen Reisen durch die Welt der klassischen Musik begegnet. Ganz besonders gefreut hat sich Hope auf die Premiere der Serie, denn er traf in Berlin seinen Freund, die Pianistenlegende Menahem Pressler. Der inzwischen 90-jährige Gründer des weltberühmten Beaux Arts Trios hatte soeben sein „Debut“ bei den Berliner Philharmonikern gegeben. Was die beiden besprachen, lesen Sie – wie schon gesagt – auf der letzten Seite (82).

crescendo & eine neue Adresse

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Fotos: privat; Peter Mayr

Nach 12 Jahren ist die Redaktion von crescendo nun noch näher ins Zentrum von München gezogen: Die neue Adresse ist der (ehemalige) Rindermarkt nahe des Marienplatzes, Hausnummer 6. Das Schöne: zur Staatsoper sind es zu Fuß nur noch sieben Minuten, in den Gasteig fünfzehn, und der Viktualienmarkt liegt uns zu Füßen!

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HERAUSRAGENDE NEUHEITEN bei Sony Classical

WIENER PHILHARMONIKER DANIEL BARENBOIM NEUJAHRSKONZERT 2014 „Ein exzellentes Neujahrskonzert: Die Wiener Philharmoniker spielten fabelhaft und Barenboim erwies sich als feinsinniger Gestalter.“ Wiener Zeitung „Eine Sternstunde“ Der Kurier Limitierte Erstauflage mit nostalgischem Foto. Ebenfalls erhältlich als DVD und LP.

TEODOR CURRENTZIS MOZART: LE NOZZE DI FIGARO

JONAS KAUFMANN SCHUBERT: WINTERREISE Die neue CD von Jonas Kaufmann mit Klavierbegleiter Helmut Deutsch. „Kaufmann zaubert kleine Kunstwerke – differenziert, überlegt und hoch intelligent.“ Kulturradio

www.sonymusicclassical.de

Die in der internationalen Musikwelt mit Spannung erwartete spektakuläre Neuaufnahme von Mozarts bekannter Oper. Currentzis wirft mit seinem Orchester und Chor MusicAeterna und ausgewählten Solisten (u.a. Simone Kermes) ein völlig neues Licht auf Mozarts Musik.

„Currentzis vermag der Musik eine Sogwirkung zu geben, die den Zuhörer förmlich fesselt.“ Tagesspiegel Limited Deluxe Erstauflage als hochwertiges, 300 Seiten starkes Buch mit 3 CDs. Ebenfalls erhältlich als audiophile Version mit zusätzlicher Blu-ray Audio CD und als 6 LP Set.

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bli c kfa n g

Die Elbphilharmonie von Aserbaidschan Das kleine Land Aserbaidschan mit nur neun Millionen Einwohnern war bisher noch kein Fixpunkt auf der kulturellen Landkarte. Das könnte sich nun ändern. In Aserbaidschans Hauptstadt Baku hat Star-Architektin Zaha Hadid einen 250 Millionen Dollar teuren und vor allem spektakulären Bau (das Heydar Alijev Center) installiert, der vor allem eines zeigen soll: Dass man ein Volk ist, das „optimistisch in die Zukunft sieht.“ Das sagen zumindest die Vertreter der Stadt. Architektin Zaha Hadid wollte mit den weichen Formen des Gebäudes auch die traditionele islamische Architektur einfließen lassen. Sie selbst stammt schließlich aus dem Irak. Im Inneren befindet sich neben einer großen Bibliothek und verschiedenen Ausstellungsräumen auch ein Auditorium für Konzerte mit Platz für 2.000 Besucher. Also vielleicht bei der nächsten Asienreise einen Zwischenstopp in Baku einlegen!

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Foto: Helene Binet

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ouver t ü re

Ende gut, alle tot Happy End? Nicht in der Oper! Eine aktuelle Studie zeigt: Opern enden erschreckend oft mit Selbstmorden. Holger Wemhoff hat die spektakulärsten und skurrilsten Operntode verglichen.

Umberto Giordano

Dialog der Karmeliterinnen Francis Poulenc

Tosca

Giacomo Puccini

Nebenschauplätze

Taschentuchfaktor

Favorit

Zu zweit, aus Überzeugung und aus Liebe! Unter der Guillotine. Wie es bei Feinden der Schreckensherrschaft unter Robespierre während der französischen Revolution üblich war. Keine Mätzchen: Ritsch ratsch, Köpfchen ab.

Maddalenas Arie „La Mamma morta“ hat es in der Callas-Aufnahme in den Kultfilm Philadelphia geschafft und ist dann auch der Höhepunkt dieses Kinoklassikers.

Hoch! Chénier und Muse Maddalena haben direkt vor dem Schafott noch Zeit für ein zehnminütiges Liebesduett. Der letzte Forte-Ausbruch der beiden Liebenden treiben einem die Tränen in die Augen!

Das Paar Franco Corelli und Antonietta Stella. Obwohl man das Markenzeichen Corellis, sein Lispeln, ausblenden muss, damit am Ende nicht geheult wird... vor Lachen.

Wieder auf dem Schafott. Das besondere: Diesmal wird gemeinsam gestorben, gleich mit 16 Mann, äh, Frau. Am 17. Juli 1794 wurden 16 Karmeliterinnen von den Revolutionären aufgrund ihres Glaubens und ihrer Treue zu Christus aufs Schafott geführt.

Francis Poulenc machte 1957 aus diesen historischen Ereignissen und der Novelle Die letzte am Schafott dieses Opernmeisterwerk. Nicht ein einziger Mann wird benötigt, weswegen Tenöre die Existenz dieser Oper gerne abstreiten.

Bei jedem Hören und Sehen schnürt sich die Kehle zu, so unglaublich ist es Poulenc gelungen, den Schlussgesang der Nonnen darzustellen. Zu Beginn noch forte bei Chor und Orchester, zeigt die Musik, die im pianissimo endet, in den letzten Takten ihr Totengesicht.

Kurz nach der Aufführung ging exakt diese Besetzung um Denise Duval, Rita Gorr und Régine Crespin ins Aufnahmestudio und machte eine Einspielung für die Ewigkeit.

Mannigfach. Wenn es einen Opernreißer gibt, dann diesen. Mord, Selbstmord, Vergewaltigung, politische Verfolgung und Folter – jeder Tatort wird blass vor Neid! Höhepunkt ist der freiwillige Sprung der Titelheldin von der Engelsburg in Rom...

Hänsel und Gretel Engelbert Humperdinck

Nur einmal. Im Ofen. Die Hexe. Aber wie! Man kennt das ja aus der Märchenvorlage. Klappe zu, Affe tot. Oder so ähnlich.

... der einigen Sopranistinnen tatsächlich auch schon zum Verhängnis wurde, wenn das Trampolin auf der anderen Seite der Bühnenburg zu stark gefedert war und die Damen zur Freude des Publikums wieder hochschnellten.

Die Oper der Missverständnisse. Sie ist eigentlich keine Kinder-Oper, dafür ist sie musikalisch viel zu komplex. Und, nein, sie ist auch keine Weihnachts-Oper. Oder haben SIE schon mal mitten im kalten Winter im Wald Erdbeeren gefunden?

Hoch. Weniger beim Engelssturz am Schluss (dafür ist‘s zu laut und geht zu schnell), sondern im Laufe der gesamten Oper, vor allem beim tränentreibenden „Vissi d'arte“ der Tosca.

Nicht vorhanden, zumindest nicht im eigentlichen Sinne. Vor Lachen aber schon. Das kommt auf die Inszenierung und die Hexe an.

Hören Sie sich unbedingt den Livemitschnitt aus der MET von 1956 an. Die sonst manchmal so engelsgleich langweilige Renata Tebaldi ist hier nahezu außer sich: Sie keift, stöhnt und röchelt und stürzt sich mit einem markerschütternden Schrei in die Tiefe.

Definitiv die große Christa Ludwig in der Aufnahme unter Colin Davis! Sie lallt, sie lockt, sie gurrt, sie brabbelt genervt vor sich hin, um dann mit ohrenbetäubendem Gekreisch im Ofen zu landen. Ein Traum!

Fotos: Matthias Creutziger

Andrea ChÉnier

Wie wird gestorben?

1. Jean Sibelius: „Violinkonzert“

Playlist Welche Werke hört Gitarrist Miloš* auf seinem iPod? Und vor allem, warum?

Es gibt viele wunderbare Einspielungen dieses Stücks, aber Leonidas Kavakos und Osmo Vanska treffen mit ihrer Interpretation den Nagel auf den Kopf. Aus irgendeinem Grund höre ich diese Musik immer, wenn ich in der Luft bin. Musik, wie sie wirklich sein sollte. 2. Sergej Rachmaninoff: „Klavierkonzert Nr. 3“

Wann immer ich einen Schub kreative Energie brauche, schalte ich die legendäre LiveAufzeichnung des Konzerts mit Martha Argerich und Riccardo Chailly ein. 3. Diana Kralls Version von „Every Time We Say Goodbye“

Ich bin ein wahrer Fan von Diana Krall und besitze alle ihre Alben. Und dieser Song ist einer der romantischsten, der je geschrieben wurde. 4. David Russell: „Baroque“

Sei es Händel, sei es Scarlatti – diese ist die einzige Gitarren-CD, die ich mir zu meinem eigenen Vergnügen anhöre. Ein inspirierender Künstler in jeder Hinsicht. * Das neue Album „Aranjuez“ von Miloš erscheint am 14. Februar.

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5. Angela Gheorghiu: „D’amor sull’ali rosee“ (Il Trovatore)

Es ist schwer, von dieser Sängerin nur eine Arie zu nennen, denn ich vergöttere diese Künstlerin. Angela Gheorghiu hat eine Stimme, die mein Herz direkt berührt.

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ouver t ü re

„Die Vision geht nicht verloren“ weise musizierend durch die Dörfer tingeln und am Wann waren Sie das letzte Mal in Burkina Faso? Ende in Mali Konzerte geben. Und denen wurde Im Oktober vergangenes Jahr und ich fliege jetzt in von den Salafisten ihr wichtigstes Gut genommen, der kommenden Woche wieder runter. nämlich, dass sie nicht mehr musizieren durften. Das Operndorf lebt also? Deshalb haben wir uns entschlossen, sie erst nach Klar. Die einzelnen Module des Dorfes inklusiBerlin zu holen und ihnen im Operndorf eine Bühve Schule sind fertig und es war jetzt erst einmal ne zu geben. Und da wir dies nicht allein hätten fiwichtig, dass dort auch so etwas wie Alltag einnanzieren können, ist das Auswärtige Amt, die Stifgezogen ist. tung Partnerschaft mit Afrika und die BundeszentSind der Architekt Francis Kéré und Schirmherr rale für politische Bildung eingesprungen. Horst Köhler auch noch an Bord? Ja, Francis ist der Architekt und beendet gerade mit Wir schauen ja immer mitleidsvoll nach Afrika. uns die zweite Bauphase. Und Horst Köhler ist nach Wie sehen die Afrikaner im Umkehrschluss eiwie vor der Schirmherr und hilft mit seinen Kongentlich so eine Stadt wie Berlin? takten nach Afrika. Naja, unter den Musikern des Festival au Désert sind natürlich ein paar „Stars“, die Wie muss man sich das vorstellen, wenn Aino Laberenz wurde 1981 in Finnland auch in Paris oder New York auftreten man es besuchen möchte: Man fliegt geboren und lebt heute in Berlin. und jetzt nicht wie ein fremder Nomade nach Ouagadougou und dann? aus der Wüste in der Stadt landen. Aber Ich fliege meist über Paris nach Ouain Berlin waren sie zum ersten Mal und gadougou, das dauert so sieben, acht Stunden und wohne dann auch dort. Ins Operndorf sind es circa 40 Mi- ich denke, es war für sie eher so, dass sie durch die Konzerte in Berlin aktiv Widerstand leisten konnten, gegen die Verbote im nuten mit dem Auto, es liegt etwas im Nordosten von Burkina Faso. Es war ja ruhiger in den vergangenen Monaten und jetzt gab es eigenen Land. die schöne Meldung, dass Sie den Musikern des Festival au Dé- Verbindet man Sie automatisch noch mit dem Namen Christoph sert aus Mali ein Exil im Operndorf anbieten. Ist das vielleicht Schlingensief, oder wird das Projekt immer mehr zu Ihrem Baby? sogar die Zukunft des Projektes? Ach, Christoph ist ja ein großer Teil dessen. Die Vision von ihm und Es ist auf jeden Fall eine sehr sinnvolle Zusammenarbeit. Wir stel- die Gedanken von ihm sind ja da. Ich finde das auch ganz wichtig, len ihnen ja nicht nur das Operndorf in Burkina Faso zur Verfügung, dass diese Vision nicht verloren geht. Das Konzert mit dem Festival sondern hatten die Musiker auch gerade in Berlin zu Besuch. Das war au Desert zum Beispiel gerade, das sind aber Sachen, die sind erst ein großes Fest. Am Ende war jedenfalls Niemand mehr gesessen im nach seinem Tod passiert und das bin ein Stück weit auch ich dann, Publikum. Die Musiker des Festival au Désert, das in Nordafrika – beziehungsweise das Operndorf. Allerdings bin ich gar nicht so der speziell natürlich in Mali – einen sehr hohen Stellenwert hat, besteht Mensch, der jetzt gerne in den ersten Reihen herumturnt, aber man aus Tuareg, sprich das sind in erster Linie Nomaden, die normaler- muss es halt immer mal wieder machen. Interview: Robert Kittel

+++ Klassik meets Heavy Metal: Bei der diesjährigen Grammy-Verleihung spielte Tastenheld Lang Lang gemeinsam mit der Hard Rock Gruppe Metallica. Zu hören gab‘s deren Song „One“. +++ Aufzug der Wladimir Putin-Protégés in Sotschi: Opernsängerin Anna Netrebko wird bei der Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele in Sotschi auftreten. Begleitet wird sie von einem tausendköpfigen Kinderchor, der widerum – keine große Überraschung – von Valery Gergiev dirigiert wird. +++ Leonard Bernstein-Award für Christopher Park: Der 26-jährige deutsch-koreanische Pianist erhält den mit 10.000 Euro dotierten Preis für seine „faszinierende Technik, seine unglaubliche musikalische Reife und besonders intensive Spielkultur“, so die Jury. +++

pa s d e D e u x Viele Künstler aus der Welt der klassischen Musik ähneln anderen Prominenten derart, dass wir sie in diese Rubrik packen müssen. Diesmal: Dirigent Andrés Orozco-Estrada und Schauspieler Josh Radnor.

Fotos: Werner Kmetitsch; PR

NEWS

Im Interview erzählte uns Dirigent Andrés Orozco-Estrada neulich, dass er zuhause zur Entspannung gerne amerikanische Serien guckt. Ob er auch die Erfolgsserie „How I Met Your Mother“ schaut? Serien-Held Ted Mosby (im echten Leben Josh Radnor) sieht ihm nämlich ausgesprochen ähnlich, finden wir!

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Foto: Jim Rakete

Ein Anruf bei ... Aino Laberenz, der Witwe von Christoph Schlingensief, die auch nach seinem Tod das Projekt „Operndorf in Burkina Faso“ mit aller Kraft vorantreibt.


K ü n s t l e r

Auf einen Kaffee mit ...

Foto: Peter Rigaud

MArkus Hinterhäuser

Pianist Markus Hinterhäuser (55), der ab 2017 die Intendanz der Salzburger Festspiele übernimmt.

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Herr Hinterhäuser, wie macht man eigentlich Kultur? Oh Gott. Sollen wir anstelle von Kaffee lieber ein Bier bestellen? Oder etwas Stärkeres, Gin Tonic? Kultur braucht also Rausch? Kultur kann Rausch sein. Aber ich befürchte, wir müssen uns wirklich erst über diesen merkwürdigen Begriff unterhalten. Heute ist ja alles Kultur, wir können uns vor diesen Begriffen kaum noch retten: Populärkultur, Subkultur, Diskussionskultur, Alltagskultur, Unternehmenskultur, Esskultur – ich habe neulich sogar gelesen, dass es Toilettenkultur gibt. Mit anderen Worten: Kultur ist prinzipiell schon überall und muss gar nicht erst gemacht werden? „Kulturmachen“ ist für mich zunächst eine Frage des Umgangs. Und wie ich diesen Umgang verstehe und definiere. Wir haben es ja mit Menschen, mit Gefühlen, mit Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem zu tun. „Kulturmachen“ ist vielleicht auch der Versuch, klarzumachen, dass in einer Welt, in der sich Alles und Jedes mit dem Epitheton ornans „Kultur“ schmückt, eben nicht alles Kultur ist! Dass irgendetwas falsch läuft in unserem Umgang und unserem Verständnis von Kultur.

Das ist klug gebrüllt, Löwe. Aber was bedeutet das konkret? Wir müssen verstehen, dass das Gegenwärtige nicht im Zeitgeist liegt, nicht in der Mode. Das Gegenwärtige ist diese Welt, in der wir nun einmal zu leben haben, ein Zusammenspiel aus Politik, Gesellschaft, individuellen Sehnsüchten! Und Intervention ist ein sehr sensibler Begriff. Diese Intervention ist für mich das „Kulturmachen“ und, mit Verlaub, das kann auch wehtun, kann auch Überwindung kosten, und kann uns auch Angst machen. Es muss uns in Frage stellen. Vielleicht ist „Kulturmachen“ das Bekenntnis zur Schönheit der Qual? Nein, das ist es nicht. Wirklich nicht. Was denn sonst? Wenn ich schwere Bücher lese oder einen schwer verdaulichen Film schaue, oder besser noch, wenn ich Parsifal höre, dann ist mein Schmerz von Wagner vorprogrammiert. Das ist ein musikalisches SM-Studio: Ich gehe hin, um zu leiden – und um Momente der Erlösung zu spüren. Wer empfindet denn heute noch diesen Schmerz und diese Qual? Nehmen wir die Kindertotenlieder von Mahler. Fünf Lieder, die das Schlimmste, nämlich den Tod des eigenen Kindes zum Thema

„Wir versuchen unser beliebiges, mickriges und zuweilen trostloses Handeln unentwegt mit der Aura des Unangreifbaren zu verbinden, weil wir alle so schrecklich besonders sein wollen!“ Aber warum finden wir diesen Zusatz „Kultur“ alle so toll? Weil wir unser Handeln damit adeln, es unangreifbar, einzigartig und besonders machen wollen. Man kann den größten Scheiß tun und dann sagen, dass man Kultur-Scheiß macht – das klingt dann trotzdem irgendwie gut. Wir versuchen, unser beliebiges, mickriges und zuweilen trostloses Handeln unentwegt mit der Aura des Unangreifbaren zu verbinden, weil wir alle so schrecklich besonders sein wollen. Das kann sich im Kleinen, also auf einer individuellen Ebene genauso wie im Großen, also auf staatlicher Ebene, manifestieren. Allein dieser Begriff der „Kulturnation“ … diese institutionalisierte Selbstzufriedenheit! Aber gerade die Kulturnation appelliert doch an das Gemeinsame, nicht an das Individuelle. Für mich ist dieser Begriff auf ganz unangenehme Weise zu einer rhetorischen Floskel verkommen. Weil er ein ganzes Land in einer stumpfen Sicherheit wiegt. Gerade in Österreich tendieren wir dazu, Kultur – und hier sprechen wir von einem Kulturbegriff, der sich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil allein aus der Vergangenheit speist – als etwas Gesichertes zu sehen. Die Frage ist aber, wie wir mit unserer Kultur umgehen, was wir heute mit ihr machen. In der französischen Revolution haben wir die Kultur in Institute gesteckt – und dort verwahren wir sie bis heute sicher auf, so wie einen Löwen im Zoo. Wir trauen uns viel zu selten, das Raubtier auch mal auf die Straße zu lassen! Wir ziehen der Kultur also die Zähne? Natürlich, dauernd! Und das steht der Kultur, so wie ich sie verstehe, entgegen, denn sie bedingt ständige Erneuerung. Alles das, was wir für uns in Anspruch nehmen, ja fast als unseren Besitz verstehen: Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Mahler Schönberg, Berg, Webern, Freud, Wittgenstein, Josef Roth, Schnitzler, Musil, Canetti und was es alles an Malerei und Architektur gibt: das ist ein Humus, für den wir, die jetzt leben, nichts können. Wenn Österreich heute noch wirklich Kulturnation sein will, müssen wir Kultur nicht nur als Geschäftszweig verstehen, sondern als Auftrag für Fragestellungen an dieses Erbe. Paul Valéry hat das so gesagt: „Das Gedächtnis erwartet die Intervention des Gegenwärtigen.“

haben. Und was passiert? Man unterhält sich vielleicht darüber, ob die Sänger die Höhen getroffen haben oder ob nicht die Mittellage ein bisschen dünn geworden ist. Was wird denn da noch mitgeteilt? Ich verstehe das nicht! Sie wollen also die Champagnerstände in Salzburg abreißen? Ich werde den Teufel tun! Ich will ja nicht dogmatisch sein. Ich bin kein Ideologe. Aber ich finde, dass man die Dinge, die man aufführt, in aller Konsequenz ernst nehmen sollte. Sie wollen zumindest, dass wir nach so einem Abend eigentlich keinen Champagner mehr trinken wollen? Das wäre für mich auf jeden Fall der Beweis, dass das „Kulturmachen“ an diesem Abend funktioniert hat. Weil es dann eine existenzielle Erschütterung hinterlassen hat. Muss Kunst denn immer so ernst sein? Ernste Kunst muss leider schon ernst sein, ja. Wir müssen uns fragen, was wir mit Konzerten machen, wo wir eine hübsche DvořákSinfonie hören und ein bisschen Tschaikowsky – auch da muss es letztlich darum gehen, Zwischentöne zu suchen und zu erkennen. Wir brauchen nicht über Kultur zu reden, wenn wir nicht bereit sind, Forderungen zu stellen. Dann geht es nicht um Kultur, sondern um die Behübschung unseres Alltags und darum, dass wir mal ein paar alte Bekannte in goldenem Ambiente treffen. Und wie kriegt ein Kulturmacher die Menschen nun zu diesem Kulturbegriff? Durch Angebote. Ich finde ja auch diese Überintellektualisierung grauenhaft. Ich finde den Zeigefinger grauenhaft. Uns bleibt nur, der Kunst an sich zu vertrauen. Etwas Stärkeres gibt es nicht. Was würde passieren, wenn man in ein Streichquartett von Morton Feldmann kommt und nicht weiß, dass es fünf Stunden dauert? Wenn man zum ersten Mal, ohne Vorbereitung, Parsifal hört? Oder die Kindertotenlieder? Das Erschrecken ist ja diesen Werken eingeschrieben. Können wir ihnen bitte einfach mal vertrauen, ohne sie vorher totzuquatschen? Und außerdem: Die Leute sind ja nicht unterbelichtet! Sie sehnen sich, gerade heute, nach diesen Angeboten. Vielleicht brauchen wir nur den Mut, das zu begreifen. n Interview: Axel Brüggemann 13


k ü n s t l e r

*die Pataphysiker: philosophische Gruppe, die das Absurde als Wirklichkeit versteht und unmögliche Experimente wie die Berechnung der Oberfläche von Gott anstellt.

Der pataphysische* Tenor Wenn eine Persönlichkeit wie Rolando Villazón das Angebot macht, wir könnten mit ihm einen ausgiebigen Spaziergang durch das historische Wien inklusive eines Besuchs im FreudMuseum unternehmen, sagt man natürlich zu. Ein tiefenpsychologischer Streifzug über das Lachen, die Wirklichkeit und sein neues Mozart-Album. v o n A x e l B r ü g g e ma n n

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igmund Freud lebte nach strengen Regeln: 7.00 Uhr aufstehen, 8.00 Uhr Ordination, 13.00 Uhr Mittagessen – und später der tägliche Spaziergang mit Hund Jofi. Der Erfinder der Psychoanalyse hat den ungeordneten Musiker-Geist von Gustav Mahler auf die Couch gelegt. Er selbst hasste das Unvorhersehbare, wollte seine Gedanken stets unter Kontrolle halten – auch deshalb besuchte er so gut wie nie Musikveranstaltungen. Einzige Ausnahme: Mozart-Opern wie Die Hochzeit des Figaro und Don Giovanni. Der Tenor Rolando Villazón hat gerade die Klamotten des Don Ottavio ausgezogen. Für ihn ist der Liebhaber von Donna Anna kein Schwächling. Er singt das Dalla sua pace mit souveräner Stimme, ist kein Weichei, sondern Weltmann. „Es ist absurd, Ottavio als Loser darzustellen“, sagt der Tenor, „er ist klug, ein Checker. Er versucht die Fäden in der Hand zu halten. Ottavio muss stark sein. Nur so wird der Lebemann Don Giovanni aufgewertet. Nur so werden die Pole klar, zwischen denen Donna Anna zerrissen wird: der ernsthafte Liebhaber und der Haudrauf, der nicht einmal den Tod fürchtet.“ Es ist Nacht in Wien, die Staatsoper, dieser wunderschöne Kulturkasten, ist mit weißem Licht illuminiert. Es ist kalt. Vor dem Künstlerausgang hat sich eine Menschentraube gebildet. Die Leute warten auf Villazón, wollen Unterschriften, überreichen ihm Briefe, Blumen und selbst gebastelte Geschenke. Mit neongelbem Schal, einem Parka und einer südamerikanischen Umhängetasche steht der Tenor in der Kälte. Er nimmt Fotokameras, reißt Witze, imitiert die Fragen – antwortet launig. Eine Vorstellung nach der Vorstellung. Fast eine halbe Stunde lang dauert der Auflauf. Dann, endlich geht der Tenor ins Hotel. Im öffentlichen Bewusstsein gilt Rolando Villazón als OpernClown, als „Wetten-dass“-Spaßvogel oder ausgelassener ECHOModerator. Was nur wenige wissen: Er ist begeisterter Philosoph und Literatur-Freak. Er kann Döblins Alexanderplatz und Kafkas

Schloss teilweise auswendig. Im Sommer erscheint sein psychologisch-philosophischer Roman nach den Regeln der Quantenphysik: Ein Künstler erfindet sich selber und verliert die Kontrolle über Vorstellung und Wirklichkeit: die Ausweitung der Welt in ein Paralleluniversum. „Der Clown in meinem Roman versucht, Antworten auf die wesentlichen Fragen zu finden“, sagt Villazón. „Ist es wichtig, Ziele zu haben – oder nicht? Ist es wichtig, berühmt zu sein – oder nicht? Gibt es Gott – oder nicht?“ Daniel Barenboim, der die spanische Originalausgabe gelesen hat, schwärmt: „Ein Meisterwerk der Erzählkunst.“ Villazón wollte Priester werden, zweifelt inzwischen aber an der Existenz Gottes. Er ist Mitglied der Pataphysiker*, einer philosophischen Gruppe, die das Absurde als Wirklichkeit versteht und unmögliche Experimente wie die Berechnung der Oberfläche von Gott anstellt („+-Gott=der kürzeste Weg von 0 bis Unendlich“). Marcel Duchamp, Max Ernst und Umberto Eco waren ebenfalls Mitglieder. Selbst im Beatles-Song Maxwell’s Hammer ist eine Anspielung auf die Pataphysik zu hören. „Der Clown“, sagt Villazón „ist nicht nur Spaßmacher, „der Humor ist Teil der Grausamkeit der Welt.“ Und er beruft sich dabei auf den Philosophen Baudrillard: „Aus der Explosion von schwachköpfigen Pfahlgeistern entsteht der Humor (...), der am Ende der Welt erstrahlen wird.“ Villazón glaubt an das Lachen der Apokalypse, an den ernsthaften Sieg des Spaßes und an die Echtheit des Absurden. Das alles ist so herrlich durchgeknallt wie der Tenor selbst. Aber an diesem Abend ist der Clown müde. Gehört es vielleicht zu seiner Tragik, dass nur wenige den Ernst in seinen Späßen verstehen? Dass sie für einige Fans nur lustig sind und für ihn ein ganz ernsthaftes, pataphysisches Welt-Experiment? Die Art, wie er zu den Menschen redet, ein liebevoller Versuch, der Grausamkeit des Daseins durch das Absurde zu entkommen? Wir verabreden uns für den nächsten Tag. Ein Spaziergang durch Wien auf den Spuren von Sigmund Freud.

„Der Clown ist nicht nur Spaßmacher – der Humor ist Teil der Grausamkeit der Welt.“

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Fotos: Peter Mayr

Ein Nachmittag mit dem Opernstar zwischen Wiens historischen S채ulen.

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„Wofür brauchen wir ein Taxi?“ Villazón in der Wiener Trambahn.

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Es ist ein frühlingshafter Wintertag. Villazón wartet im Hotel am Schubertring. Wir entschließen uns, das Taxi stehen zu lassen, und gehen zu Fuß. Unser Ziel: das Freud-Museum in der Berggasse. „Wusstest du, dass ich 16 Jahre lang Psychoanalyse gemacht habe?“, fragt er, „vier Mal die Woche. Einer der ersten Artikel über mich in der New York Times trug die Überschrift: „Tenor on the couch.“ Aber warum, will man wissen: „Meine Frau ist selber Psychologin und hat gesagt: ‚Du hast so viele tolle Dinge in deinem Kopf, aber du musst sie ordnen.’ Also habe ich mich darauf eingelassen. Weil ich viel unterwegs war, fanden die Sitzungen oft per Telefon oder Skype statt. Und ich sage dir: die Psychoanalyse war eines der größten Abenteuer meines Lebens. Ich habe gelernt, zu analysieren – mich und viele Situationen, denen ich begegne.“ So, wie er darüber redet, wirkt Rolando Villazón wie ein Woody Allen: Ihm geht es nicht um die Flucht in den Humor, sondern um messerscharfes Bewusstsein – und das erlangt er durch die

van Gogh helfen können? Vielleicht hätte der dann ein glückliches Leben geführt und Sonnenblumen in Aquarell gemalt. Also wir haben die Wahl: Gönnen wir van Gogh zwei Ohren und ein frohes Leben, oder wollen wir seine wahnsinnigen Bilder?“ Und überhaupt, fragt er, haben wir nicht alle eine kleine, schöne Klatsche? Für Rolando Villazón liegt das Genie Mozarts nicht im Erfinden des Neuen: „Seine Leistung war es, all das, was in der Luft herumschwirrte, zu greifen und in einen Kosmos zu fügen. Er war ein Weltbeobachter, der in seinem Gehirn alle Strömungen, Moden und Regeln eine eigene Welt gegossen hat.“ Und diese Welt war ambivalent. „Wenn man die Zeitlinien in Mozarts Opern anschaut, stimmen sie hinten und vorne nicht“, erklärt Villazón. „Er hebelt die Zeit einfach aus. Alles wirkt richtig, obwohl es eigentlich nicht sein kann. Sein Genie liegt darin, dass seine Wirklichkeit größer ist als unser Verständnis der Realität. Mozart ist – egal, welch absurde Geschichte er uns gerade erzählt – immer glaubhaft. Weil die Innenwelten bei

Und überhaupt, fragt er, haben wir nicht alle eine kleine, schöne Klatsche?

Nacktheit des aufgedrehten Witzes. „Weißt du“, sagt er, „letztlich ist ein Psychologe die Bühne für unsere eigenen Transfers: Er verwandelt sich in alles und jeden, in unsere Eltern, Geschwister, Lust- und Gewaltphantasien. Und wenn man das umdreht, ist am Ende ja auch die Oper eine Art ‚Bühne unseres Unterbewusstseins῾“ Wir sind am Kärntnering und steigen in die Tram. Einige Leute erkennen Villazón und schauen – lassen ihn aber respektvoll in Ruhe. Die Linie 1 rattert an der Staatsoper vorbei. Hier war er gestern Don Ottavio. Für seine neue CD hat Villazón sich ebenfalls um Mozart gekümmert. Er hat vergessene Konzertarien ausgegraben. Die Noten entdeckte er in einem Münchener Antiquariat. Kompositionen aus unterschiedlichen Jahren. Villazón hat den Dirigenten Antonio Pappano für sein Projekt begeistert. „Das war eine Entdeckung, die mein Verständnis von Musik verändert hat“, sagt er. „Die erste Oper, die ich gesungen habe, war Mozarts Re Pastore – inzwischen weiß ich, dass kein Komponist so direkt zu mir spricht wie er.“ „Warum konnte Freud nur Mozart ertragen?“, will ich wissen. Wissenschaftler glauben, es liegt daran, dass er fürchtete, durch Musik die Kontrolle über die Logik zu verlieren. „Hat er bei Mozart innere Ruhe gefunden?“ Villazón überlegt. Er hält nichts von Antworten, über die er nicht nachgedacht hat. „Es ist schwer, Mozart zu verstehen – alles ist so klar, und doch so vielschichtig“, sagt er. „Als Mozart mit seiner Mutter in Paris war, starb sie. Der Sohn musste es dem Vater in einem Brief erklären. Für Freud wäre das wahrscheinlich einer der einschneidendsten Lebensmomente gewesen. Aber Mozart konnte sich nicht auf die Couch legen. Er musste die Dinge selber regeln. Und was hat er getan? Die lustigste Musik der Welt komponiert – in den Stunden größter Trauer.“ Dann macht Villazón eine Pause. Draußen fliegt der Burggarten mit seiner steinernen Mozart-Skulptur vorbei. „Und vielleicht macht das den Reiz aus“, sagt er, „bei Mozart ging es um Leben und Tod. Seine Welt war direkt. Es gab kein Unterbewusstsein und keine Psychoanalyse – weil die Worte nicht existierten.“ Und wieder macht er eine Pause: „Ist das nicht verrückt? Den Menschen fehlte einfach das Handwerkszeug, die Welt aus der gleichen Perspektive zu sehen wie wir.“ Plötzlich wird uns klar, wie grundlegend Gedanken eine Welt verändern. Dass Freuds Konstrukt des Unterbewussten eine Idee war, die unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit vollkommen verändert hat. „Hätte Freud Mozart helfen können?“, frage ich, „immerhin hat er es bei Mahler versucht.“ – „Tja“, antwortet Villazón, „hätte er

ihm wichtiger sind als die Außenwelten.“ War Mozart etwa auch ein Pataphysiker? Am Volksgarten steigen wir aus, um noch ein bisschen zu Fuß zu gehen. „Es gibt nicht einen einzigen Charakter bei Mozart, und sei er ein noch so großer Schuft, für den er nicht Empathie empfand. Er zeichnet keine Cartoons, sondern kümmert sich um die Auflösung von Komödie und Tragödie. Und diese Ambivalenz verkörpert für mich: der Clown.“ Am prunkvollen Theseustempel setzen wir uns auf die Bank in der Sonne. Gleich zwei Paare schießen hier Hochzeitsfotos. Ein junger Mann mit Fotokamera kommt auf Villazón zu. „Meister“, sagt er, „darf ich ein Bild machen?“ Natürlich darf er. „Danke“, sagt der Mann anschließend. Ein ganz normaler Fan, bis er sich mit den Worten „Ich liebe den Clown in dir, gracias!“ verabschiedet. Villazón ist verblüfft – und freut sich, vielleicht, weil er dieses Mal keine Grimassen gezogen hat. Beim Weitergehen nehmen wir unseren Faden wieder auf. „Mozart war nicht in der Lage, sich seine Krawatte zu binden, nicht in der Lage, seine Familie zu organisieren, nicht in der Lage, soziale Pflichten zu erfüllen – er war abhängig von seiner Frau und seinen Freunden. Und er hat es geliebt, in Fäkal-Sprache zu reden“, sage ich. Letzteres ist übrigens auch eine Vorliebe der Pataphysiker – ihre Philosophie wird gern als „fäkaler Pennälerscherz“ missverstanden. Baudrillard behauptet sogar, dass die Götter aus dem „obszönen Gas“ des Weltfurzes hervorgegangen seien. „Ich weiß nicht, ob all das so stimmt“, sagt Villazón in der nächsten Tram. „Mozart war einer der ersten freischaffenden Künstler – er hätte gern für Könige oder die Kirche gearbeitet, aber im Inneren wollte er frei sein – nein, er musste es! Das war ein gigantisches Wagnis.“ Wir passieren das Rathaus. „Aber vielleicht ist all das auch egal“, sagt Villazón. „Manchmal wünsche ich mir, dass wir in 200 Jahren vergessen, wer Mozart war, dass all seine Briefe verloren gehen und seine Biografie – dass wir nur noch den Don Giovanni haben. Dann müssten wir keine Parallelen zu seinem Leben ziehen, sondern könnten uns um das kümmern, was wesentlich ist: die reine Musik.“ Bevor wir die Straßenbahn verlassen, zitiert er noch einen Satz von Susan Sonntag: „Interpretation ist die Rache der Intellektuellen an der Kunst.“ Und beim Aussteigen sagt er: „Vielleicht geht es um die Reinheit, nicht um die Interpretation. Es ist eben unmöglich, Mozart zu analysieren – alle Bedeutung liegt bereits in seiner Musik.“ 17


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Der Tenor zu Besuch im Freud-Museum: „Wusstest du, dass ich 16 Jahre lang Psychoanalyse gemacht habe?“

Beim Freud-Museum, einem bürgerlichen Altbau, muss man die Klingel drücken und das Treppenhaus hinaufgehen. Im Eingang steht der Aktenkoffer des Psychiaters, sein Mantel hängt noch immer am Haken. Im alten Wartezimmer steht eine rot gepuffte Sitzecke. Hier haben die berühmten Patientinnen Cäcilie M. und Dora gesessen, aber auch die Frauenrechtlerin Emma Eckstein und der Komponist Gustav Mahler. Villazón studiert die Briefe und Bilder an den Wänden und erklärt den Unterschied zwischen Freud und Carl Gustav Jung, referiert über den Streit um den LibidoBegriff, und wie die beiden miteinander gebrochen haben, weil sie die Einordnung sexueller Phantasien und die Bedeutung der Kindheit unterschiedlich interpretierten. Ob er immer noch zum Psychoanalytiker geht, will ich wissen. „Das letzte Mal vor dem Werther in Covent Garden – nach meiner Operation“, sagt er. Man spürt, dass die öffentliche Berichterstattung von damals noch heute an ihm nagt. Das würde er aber so nie sagen. „Wir wollen die Öffentlichkeit“, sagt er stattdessen, „und müssen mit ihr leben.“ Dann redet er doch: „Weißt du, was mich am meisten verwundert hat, ist, dass damals nur zwei Menschen bei meinem Arzt angerufen haben, um sich über die OP zu informieren. Alle anderen haben wilde Gerüchte in die Welt gesetzt. Hätten die Leute sich informiert, wäre klar, dass es sich um eine harmlose Zyste gehandelt hat.“ Ob es nicht absurd sei, wenn wildfremde Menschen beim Arzt anrufen, will ich wissen. „Es wäre besser gewesen, als wenn alle das Falsche voneinander abschreiben, oder?“

Die Bronze-Skulptur von Freud folgt seinen Ausführungen und scheint leise zu nicken. „Aber heute ist jeder Kritiker“, entgegne ich, „und er versteckt sich anonym im Internet.“ – „Das finde ich erst einmal nicht schlimm“, antwortet Villazón, „es ist das Recht eines jeden, seine Meinung zu formulieren. Mir geht es eher um das Prinzip: Das Netz scheint von allen eine umgehende Meinung über alles zu verlangen. So verlieren wir die Qualität, ein Gedicht, eine Arie oder ein Buch einfach mal wie ein Bier zu genießen.“ Und dann kommt er auf Mozart zurück: „Meinen Lieblingsbrief hat er an seinen Vater geschickt: Da berichtet er voller Stolz, dass die Leute nach dem ersten Satz geklatscht haben. Und mehr noch: nach dem zweiten haben sie gejubelt. Und im dritten sogar mitgesungen! Ich frage mich, warum wir uns diese voreingenommene Begeisterung heute selber rauben.“ „Du wirst von so vielen Menschen geliebt“, sage ich, „aber einige Leute lassen ihren Frust an dir aus.“ Villazón scheint das nicht zu stören. „Ich glaube, das Wichtigste ist, damit umzugehen, dass man dieses Credo von ‚Das geht nicht῾ einfach ignoriert. Überall stehen Leute und sagen dir: ‚Das geht nicht!῾. Monteverdi: ‚Das geht nicht῾, Mozart: ‚Das geht nicht!῾ Aber ich weiß erst, ob es geht, wenn ich es tue. Und ich liebe es, das Neue auszuprobieren.“ Langsam verlassen wir das Freud-Museum, schlendern durch die Gassen des Neunten Bezirks und kehren noch auf zwei Melangen in das benachbarte Café Berg ein. Kommt man der Oper mit Psychoanalyse näher? „Nein“, sagt Villazón, „wohl kaum. Es geht weniger um das Unterbewusstsein als um den Ausdruck der Seele.“ Aber auf der anderen Seite: „Natürlich treffen bei einer Opernvor-

„Wir verlieren die Qualität, ein Gedicht oder eine Arie einfach mal wie ein Bier zu genießen.“

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Kaffeehaus-Gespräche zum Schluss: „Die Oper ist die schönste Sinnlosigkeit der Welt. Sie hat keinen praktischen Nutzen wie ein Staubsauger. Sie ist keine Psychoanalyse – sie ist der Luxus des Moments.“

stellung unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Dispo- Welten. Fernsehen wäre hilfreich, aber ich kann mich nicht berieseln sitionen aufeinander. Manchmal ist das zum Wahnsinnigwerden“, lassen. Meist male ich vor der Vorstellung. Das bringt mich zu mir.“ sagt er. „Vielleicht ist der Bariton müde, der Tenor hat Liebeskum- Ich überlege, ob die Rollen, die ein Sänger annimmt, immer auch mit mer und die Sopranistin ist depressiv – von all diesen Dingen seinen Gedanken zu tun haben: Villazón scheint sich gerade wohl zu hängt der Geist einer Aufführung ab.“ Und dann ist da noch die fühlen in der Leichtigkeit Mozarts, in dieser Welt der SchwerelosigPsychologie des Publikums: „Ist es ein Samstags- oder ein Mon- keit, in der inneren Wirklichkeit, die den Gesetzen der Seele folgt. Es dämmert bereits in Wien. Wir müssen zum Schluss komtagspublikum? Ein Premieren- oder ein Konzert-Publikum? Regnet es oder scheint die Sonne? Ist es Nachmittag oder Abend? All men. Nutzt er die Musik, um seine Gefühle zu beeinflussen, möchte das merken wir auf der Bühne. Und genau das ist ja das Großartige man noch wissen. „Brahms funktioniert gut“, antwortet er, „vielan unserer Kunst: Kein Abend ist wie der andere. Die Psychologie, leicht wegen der Struktur in seiner Musik – sie erdet mich. Oder die Launen, die Erwartungen unterschiedlicher Menschen treffen Mozart, ich höre Mozart, wenn ich schreibe. Und wenn ich wirklich immer wieder neu auf die gleichen Noten – und jedes Mal klingen schlechte Laune habe, dann hilft nur der kubanische Liedermacher Silvio Rodriguez mit seiner Gitarre.“ sie dadurch anders.“ Zwei Tage später steht Villazón Der Kellner bringt die Rechnung. wieder auf der Bühne und wird dem Freud ist längst zu Bett gegangen. „Bleibt die Clown Don Ottavio Ernsthaftigkeit Psyche des Sängers“, sage ich, „in welchem schenken. Danach wird er seine Fans Zustand trittst du auf die Bühne? Und wie ROLANDO VILLAZÓN LIVE zum Pataphysikalischen Humor-Experierreichst du ihn?“ Villazón denkt nach: „Bei 20.2.14: Regensburg Rezital ment empfangen. „Was bleibt schon von Verdi ist es nicht ganz so schlimm, wenn 26.2.14: Bremen Rezital uns“, fragt er noch. „Nichts. Die Oper ist man nicht ganz ausgeglichen ist – er fordert die schönste Sinnlosigkeit der Welt. Sie die Nervosität. Aber bei Mozart ist es anders, 7., 10. & 14.3.14: Wien, Staatsoper hat keinen praktischen Nutzen wie ein da muss man sich unter Kontrolle haben, Tschaikowsky: Eugen Onegin Staubsauger. Sie ist keine Psychoanalyse ‚Dalla sua pace῾ kann man nicht singen, 19.3.14: Graz Liederabend – sie ist der Luxus des Moments.“ Dann wenn man unausgeglichen ist. Man muss im schaut er mich an. „Und, Doktor Freud, Reinen mit sich sein. Und das ist schwer, die Diagnose?“, fragt er und breitet die diesen Zustand der Schwebe zu erreichen, Arme aus. Zum ersten Mal an diesem vollkommen frei zu sein. Ein Spaziergang „Mozart. Concert Arias“ Rolando Villazón, London Symphony Orchestra, Antonio Tag lacht er herzhaft. Wir verabschieden würde helfen, aber der strengt an. Musik Pappano (Deutsche Grammophon) uns. Keine Frage, dieser Tenor ist unheilwäre gut, aber sie wühlt mich auf. Schreiben bar gesund. wäre genial, aber das bringt mich in andere n 19


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„In einem Punkt bin ich

gescheitert“ Ein Ausblick auf 2014 mit Daniel Barenboim. von Arnt Cobbers

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aniel Barenboim absolviert auch mit 71 Jahren noch ein unglaubliches Arbeitspensum. Zeit für ein Interview zu finden ist bei einem wie ihm nicht einfach. Sitzt man dem Weltstar dann aber in den tiefen Sesseln seines Chefbüros im Berliner Schillertheater gegenüber, wirkt er ruhig und entspannt. Allergisch gegen Rauch darf man allerdings nicht sein – während des Gesprächs pafft er eine dicke Zigarre. Zwar fragt er schon, ob es seinen Gast störe, aber das ist nur rhetorisch gemeint, das Zimmer ist bereits nach wenigen Sekunden nebelverhangen. Herr Barenboim, gehören Sie zu den Menschen, die mit guten Vorsätzen ins Neue Jahr gehen? Ich denke nicht so in Daten und Terminen. Ich versuche, mein Leben zu genießen, und ich glaube, das gelingt mir auch. Ich mag die Mischung aus Disziplin und Flexibilität. Wie in der Musik. Wissen Sie, mein Weg in die Musik war ja nicht der normale Weg. Ich habe sehr früh angefangen, und ich erinnere mich, dass mein Vater oft kritisiert wurde, weil ich schon mit elf oder zwölf Jahren die Beethoven-Sonaten gespielt habe. Da hieß es: Für ein Kind kommen diese Stücke viel zu früh, dazu braucht man menschliche Reife usw. Mein Vater hat immer geantwortet: Erstens, menschliche Reife ist keine Frage des Alters. Zweitens: Die Stücke werden nicht einfacher, wenn sie in der Schublade liegen. Und drittens: Man kann nicht nur vom Leben für die Musik lernen, sondern auch von der Musik fürs Leben. Ich bin diesen umge-

kehrten Weg gegangen, ich habe begonnen, über die Musik nachzudenken, bevor ich über das Leben nachgedacht habe. Ein großer Teil der Art und Weise, wie ich denke, kommt von der Musik. Wir leiden oder sind glücklich, wir lachen oder weinen zu unterschiedlichen Zeiten am Tag. Musik dagegen ist nicht nur heiter oder nur traurig, da geschieht alles simultan. In unserem Gespräch hier ist es so: Sie sprechen, ich höre Ihnen zu. Ich spreche, Sie hören mir zu. In der Musik spielt und hört man gleichzeitig aufeinander und kommentiert, während der andere spielt. Diese simultane Koexistenz der Gegensätze ist für mich sehr wichtig. Aber freuen Sie sich denn zumindest auf irgendetwas Bestimmtes im Jahr 2014? Natürlich zuerst einmal auf den 1. Januar, auf das Neujahrskonzert mit den Wiener Philharmonikern (Anm. d. Red.: das Gespräch führten wir noch im alten Jahr). Mein erstes Neujahrskonzert 2009 hat mich sehr glücklich gemacht, ich glaube sogar, es war ein glücklicher Tag für uns alle. Und ich habe lange nachgedacht, ob ich das noch einmal machen soll, ob das nicht bloß eine Wiederholung wird. Aber dann war die Erinnerung an die Freude doch zu stark. Ich hoffe, ich bin in guter Gesundheit und gut ausgeruht, dafür bin ich auch bereit, die Feierlichkeiten am Silvesterabend ein bisschen zu reduzieren. Das ist ein besonderer Tag mit den Wiener Philharmonikern. Viele Leute meinen, die Philharmoniker spielen das doch nur so runter. Aber das stimmt nicht. Natürlich beherrschen sie die Musik absolut, aber sie sind auch neugierig und wollen sich immer weiterent-

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Foto: Decca / Marco Brescia

„Ich habe begonnen, über die Musik nachzudenken, bevor ich über das Leben nachgedacht habe.“

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Daniel Barenboim dirigiert den Chor und das Orchester des Teatro alla Scala in Mailand.

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Fotos: Decca / Ben Ealovega

Ich bin fasziniert vom Zusammenwickeln. Wie der Wiener Walzer spiel von Text, Schauspiel und funktioniert, dass der zweite Schlag Musik – was Wagner das Gesamtein bisschen früher kommt und der kunstwerk nannte. Ich sage oft zu dritte ein bisschen später und leichjungen Kollegen, wenn sie mich frater, das ist alles klar. Aber wie man gen: Wenn du nur am MusikaliPhrasen strukturiert, ob eintaktig, schen interessiert bist, lass die Oper. zwei-, vier- oder achttaktig, das Sie nimmt so viel Zeit in Anspruch. kann man variieren. Ich glaube, das Und weil so viele Elemente zusamist eines der großen Geheimnisse. menkommen, Text, Regie, BühnenDas Programm wird ja erst ein bild, Beleuchtung usw., ist das paar Tage vorher bekannt Risiko natürlich viel höher, dass es gegeben. Wissen Sie jetzt schon, nicht gut wird. Aber wenn es was Sie dirigieren werden? klappt, ist es einmalig. Ich bin überNatürlich, die Stücke muss man glücklich mit dem Orchester hier, doch lernen. Aber ich kann Ihnen die Staatskapelle ist ein tolles Sinfosagen, es ist nicht leicht, solch ein nieorchester, aber auch großartiges Programm zu gestalten. Wenn man Opernorchester. Man spielt Mozarts beschließt: Wir spielen die Achte Klavierkonzerte oder dirigiert Bruckner, dann gibt es nicht viel zu Mozarts Sinfonien anders, wenn diskutieren, die ist abendfüllend. Daniel Barenboim im Gespräch mit Musikern seines man die Da-Ponte-Opern dirigiert. West-Eastern Divan Orchestra. Ein Programm nur mit relativ kurMan spielt Bruckner anders, wenn zen Stücken ist viel schwerer zu man auch Wagner spielt. Ich habe machen. Es muss eine Linie im Programm geben, es muss Verbindungen zwischen den Stücken geben. sehr viel Bruckner in meinem Leben dirigiert, mit den tollsten Sonst wird es ein Konzert von Zugaben, und das darf es nicht sein! Orchestern der Welt, und doch muss ich sagen: Dass die Kenntnisse von Wagner so drinsitzen im Orchester, gibt den BrucknerLieben Sie den Wiener Walzer? Sinfonien noch eine andere Dimension. Wissen Sie, ich bin in Sehr! Ich habe eine sentimentale Idee von den Wiener Philharmonikern. Mein Vater hat immer erzählt: Als er elf Jahre alt war, 1923, einem Punkt gescheitert in meinem Leben: Seit 50 oder 60 Jahren suche ich den 13. Monat und den achten Tag der Woche und die hat er die Wiener Philharmoniker als erstes ausländisches Orchester in Buenos Aires gehört, mit Richard Strauss als Dirigent. Das ist 25. Stunde des Tages – das ist mein Problem. 2014 ist auch Richard-Strauss-Jahr. Und Sie dirigieren keine für mich bis heute ein Stück Geschichte. Auch für mich waren die einzige Strauss-Oper! Wiener Philharmoniker das erste große Orchester, das ich gehört Das ist keine Entscheidung gegen Strauss, sondern ein Zeitprobhabe. Die Orchester in Buenos Aires waren okay, aber nicht mehr. lem. Ich mache als Nächstes die Die Wiener dagegen waren für Elektra, aber erst später. mich als Kind eine Offenbarung. 2014 soll auch der Grundstein Und natürlich träumte ich sofort zur Barenboim-Said-Akademie davon, eines Tages mit ihnen gelegt werden. musizieren zu dürfen. Die Akademie nimmt ihren Freuen Sie sich auch auf Ihr Betrieb im Januar 2015 auf, noch letztes Jahr an der Scala? ohne Gebäude. Als Pilotprojekt. Ja. Ich gehe ja nur etwas früher als Das Gebäude mit dem Saal von gedacht. Und zwar nicht, weil ich Frank Gehry wird erst 2016 es möchte, sondern weil ich muss. fertig sein. Darauf freue ich mich Die Barenboim-Said-Akademie sehr. Ich bin mehr und mehr besorgt, dass die Musik eine Art wird früher eröffnet als geplant, da muss ich häufig in Berlin sein. Ich fühle mich sehr wohl in Mailand. Ich liebe das Orchester – und Elfenbeinturm wird. Zum einen haben wir keine Musikerziehung mehr in den Schulen. Es ist doch überhaupt erstaunlich, dass so den Chor sowieso. Wir haben, glaube ich, ganz tolle Arbeit geleisviele Menschen in die Konzerte gehen, obwohl sie eigentlich keine tet, und die Zusammenarbeit zwischen der Scala und der StaatsBildung in diesem Bereich haben. Wenn ich noch die Möglichkeit oper Unter den Linden war von Vorteil für beide Häuser. Mailand und die Kraft habe, möchte ich kämpfen für einen radikalen Wanerinnert mich an Argentinien. Man sagt, dass Argentinien der del im Bildungssystem. Man lernt in der Schule Biologie und Geoeinzige Teil Italiens ist, wo man Spanisch spricht. Es sind ja alles italienische Emigranten, die Argentinien aufgebaut haben. Mailand grafie, ohne dass man später Biologe oder Geograf wird. Die Grundlagen der Musik sollte man genauso lernen. Und auf der ist immer ein sehr schöner Kontrast zu Berlin. Viele Dirigenten konzentrieren sich irgendwann aufs Konzertre- anderen Seite ist die Ausbildung von Musikern viel zu spezialisiert. Die Musiker beherrschen ihre Instrumente heute besser als vor 20, pertoire, weil ihnen die Oper zu zeitaufwändig ist. Warum 30 Jahren. Aber die Zusammenhänge fehlen. Ich möchte für die machen Sie weiterhin Oper?

„Seit 50 oder 60 Jahren suche ich den 13. Monat und den achten Tag der Woche und die 25. Stunde des Tages – das ist mein Problem.“

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Aktuelle Termine 1.2.14 Wien (mit den Wiener Philharmonikern) 3.2.14 München (Klavier-Rezital) 10. und 11.2.14 Berlin (mit der Staatskapelle Berlin)

C.P.E. Bach

Magnificat

Wie ist sein neues Album? Wer das legendäre Neujahrskonzert im Fernsehen verpasst hat, kann es nun nachhören. Neben dem gewohnt bunten Potpourri fand sich in diesem Jahr, als Einstand in das Strauss-Jubiläumsjahr, auch ein Werk von Richard Strauss auf dem Programm des Konzerts.

„Heilig ist Gott“ Sinfonie Wq 183/1

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CD HMC 902167

jungen Leute aus Israel, Palästina und den arabischen Ländern in der Akademie ein Curriculum machen, dass sie musikalisch eine sehr breite Ausbildung bekommen, dass sie aber auch durch eine Schule des Denkens gehen. Das heißt: Sie werden sich zweimal in der Woche gemeinsam zwei oder drei Stunden mit philosophischen Themen beschäftigen. Und dann sehe ich meine Rolle darin, den Studenten zu zeigen, wie sie mit diesem Rüstzeug auch über Musik denken können. Sodass der ganze Geist des Menschen ein Teil der musikalischen Erziehung wird. Nur sehr wenige bedeutende Künstler haben auch bedeutende Schüler ausgebildet. Ihre ehemaligen Assistenten sind alle bekannte Dirigenten geworden, einige leiten große Opernhäuser. Wie haben Sie das geschafft? Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass ich den Assistenten nicht nur Antworten geben darf, sondern ihnen beibringen muss, Fragen zu stellen: Warum diese Artikulation? Warum das Tempo so? Warum die Phrasierung so? Immer Warum und Wozu! Außerdem versuche ich ihnen viele Möglichkeiten zu geben, sich zu entwickeln. Es ist eine Art Akademie. Normalerweise dürfen die Assistenten von Dirigenten die Proben verfolgen oder auch mal vorproben mit dem Orchester – das ist zu wenig. Man muss einfach Zeit investieren. Ich muss sagen, ich hatte viel Glück. Ich hatte wunderbare junge Dirigenten. Mein jetziger Assistent ist Domingo Hindoyan, er ist halb Syrer, halb Venezolaner, er war sieben Jahre Geiger im Divan Orchester und hat dieses Jahr schon hier die Traviata dirigiert. Letzte Frage: Sie haben sich immer für Neue Musik eingesetzt, zuletzt vor allem für die Werke von Elliott Carter und Pierre Boulez. Carter ist gestorben, Boulez komponiert nicht mehr. Sind Sie weiterhin neugierig auf neue Werke, oder sagen Sie, jetzt sollen die jüngeren Dirigenten übernehmen? Es gibt Musiker, für die endet die Musik mit Strauss und Debussy. Zu denen gehöre ich nicht. Es gibt andere, die denken, es ist unsere Pflicht, auch etwas für zeitgenössische Musik zu tun. Das ist auch nicht mein Fall. Ich wähle aus und dirigiere das, wovon ich überzeugt bin, genauso wie ich auch nicht alles aus dem 19. Jahrhundert dirigiere. Ich habe es vorgezogen, mich auf einige wenige Komponisten zu konzentrieren, die aber dann ausführlich und zyklisch aufzuführen. Bei Boulez habe ich noch die Hoffnung, dass er wieder gesund wird, er schreibt gerade die Notation VIII. Die Komponisten, die mich jetzt am meisten interessieren, sind Jörg Widmann, von ihm habe ich gerade ein Stück erstaufgeführt, und George Benjamin. Ich bleibe auf jeden Fall weiterhin neugierig. n

Cliché akg-images

„Neujahrskonzert 2014“ Wiener Philharmoniker, Daniel Barenboim (Sony)

Elizabeth Watts • Wiebke Lehmkuhl Lothar Odinius • Markus Eiche RIAS KAMMERCHOR AKADEMIE FÜR ALTE MUSIK BERLIN HANS-CHRISTOPH RADEMANN Die Summe eines Lebens Am 9. April 1786 dirigierte Carl Philipp Emanuel Bach in Hamburg ein Benefizkonzert. Auf dem Programm standen drei seiner schönsten und repräsentativsten Werke: die Sinfonie Wq 183/1 (1780), das Magnificat, 1749 wohl in der Hoffnung auf die Nachfolge seines Vaters als Thomaskantor in Leipzig komponiert, und nicht zuletzt das eindrucksvolle Heilig (1776) für Doppelchor, über das er schrieb: „Es soll mein Schwanen Lied, von dieser Art, seyn, und dazu dienen, daß man meiner nach meinem Tode nicht zu bald vergeßen möge.“ Und er sollte recht behalten, wie diese CD im Jahr seines 300. Geburtstages beweist.

AB 14. FEBRUAR IM HANDEL

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Teodor Currentzis in seinem Büro des Opernhauses von Perm / Russland.

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Foto: Bob Coat

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Der Exzentriker im Ural Der Dirigent Teodor Currentzis schaffte es, das Diaghilev Festival in der Pampa von Perm zu etablieren, und startet jetzt mit seiner ganz eigenen Interpretation von Mozarts Nozze di Figaro. Was treibt diesen Rebellen der Musik? von Robert Kittel

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rst einmal ein wenig Geografie: denn bei allem Wissen schafft, viele westliche Medien in den Ural zu locken und die Aufüber die Welt ist es nicht selbstverständlich, die Lage merksamkeit der einst „verbotenen“ Stadt im Kulturkreis zu erhöder Stadt Perm zu kennen. Perm liegt im Ural, einer hen. Im Ural, fernab der großen Metropolen, ist er zumindest der wirklich sehr verlassenen Gegend im nördlichen Russland. Perm ist das echte Russland außerhalb der Oasen unangefochtene Star. Vor dem Haus parkt eine für ihn reservierte Moskau und St. Petersburg. Die Straßen und Häuser erinnern an die Jaguar-Limousine, und das Diaghilev Festival ist in den Köpfen der früheren Tage des Ostblocks, man sieht viele Plattenbauten, einge- weltweiten Kulturgemeinde fast schon eine feste Größe. Er sagt: „Ich rissene Fassaden und skurrile Geschäfte. Die Stadt hat keine rühm- träume nicht von einem Konzert vor ausverkauftem Haus in einer liche Historie: Aufgrund der dort ansässigen Rüstungsbetriebe der Großstadt, sondern von einem Wald, in dem ich mit meinem ehemaligen Sowjetunion war es Ausländern bis 1991 verboten, Orchester dem Geheimnis der Musik näherkomme! Das Gespräch driftet jetzt sogar ab zu den Mönchen auf Athos, Perm zu besuchen. Teodor Currentzis erwartet uns im Büro des kleinen Opern- der Insel in seiner Heimat Griechenland, die nur Männer besuchen hauses, dessen künstlerischer Direktor er seit 2011 ist. Seine hüb- dürfen und auf der er regelmäßiger Gast ist. Currentzis scheint genau sche Assistentin bittet in einen dunklen Raum, der ein wenig an diese Orte zu suchen, die nicht in die Normalität passen. In Paris hätte Bordelle aus Tatort-Filmen erinnert. Kristallene Lüster, ein Sofa mit er viel lieber in den 20ern gelebt, und Berlin fand er besser, als die verzierter Rokokodecke und ein schwarzer Schreibtisch. Der Mauer noch stand („Da war noch Bewegung drin!“). Heute gäbe es Schreibtisch sagt: An mir sitzt ein Exzentriker, jemand, der dem dort nichts mehr, für das man kämpfen könne. Currentzis kämpfte grauen Ural endlich den nötigen Pomp verleihen will. Bevor Curr- immer. Er sagt, er sei immer auf der Suche nach dem Plan B gewesen. Schon in seiner Jugend. entzis, der mit 1,92 m nicht gerade Das gilt auch für seine erste Einklein ist, zum Gespräch bittet, zeigt er Wie ist das neue Album? spielung der Mozart-Opern Figaros noch sein Badezimmer, das fast gröHochzeit, Don Giovanni (erscheint im ßer erscheint als sein Büro selbst. In der ersten von insgesamt drei Mozart-Alben, hat Currentzis Figaros Hochzeit eingespielt. Die CD Herbst 2014) und Così fan tutte Sogar Designer wie Philippe Starck hält, was Currentzis, der Exzentriker, verspricht: (Herbst 2015). Eine Mozart-Einspiewären jetzt kurz neidisch. Nichts für das konventionelle Opernpublikum, lung à la Currentzis ist natürlich kein Dann setzt er sich auf das Sofa sondern eher für Menschen, die – wie gewöhnliches Projekt, sondern ein mit der Rokokodecke und sagt, er Currentzis – das Neue suchen. Statement. Allein der Pressetext dazu sei etwas müde. Er habe in der vergäbe Stoff für ein literarisches Quargangenen Nacht eine kleine Feier Wolfgang Amadeus Mozart: „Le Nozze di Figaro“ tett. Entstanden sei die Idee schon vor gegeben, in seiner Datscha außerTeodor Currentzis, MusicAeterna (Sony). zehn Jahren, bei einer Figaro-Auffühhalb der Stadt. Wein, Weib und rung, die er mit seinen Musikern in Gesang? Auf jeden Fall. Also in der Isolation von Perm noch eine zusätzliche Isolation auf dem Land, einem Moskauer Hospiz spielte, für eine Gruppe todkranker Patienja? Natürlich, sagt Currentzis, und genau das sei doch der Witz. Die- ten! „Ich konnte die Stimmung nicht vergessen, wie die Musik auf ser absolute Gegensatz zur für ihn altmodischen Musikwelt, in der die Menschen wirkte, und stellte mir die Frage: Was wäre, wenn es Dirigenten in voller Distanz zum Orchester leben („Bei mir bleiben Menschen auf der Welt gibt, die diese Meisterwerke des größten die Musiker sogar über Nacht!“). Er brauche diesen Kontakt und Musikers noch nie gehört haben?“ Seit dieser Aufführung im Hossagt: „Es ist doch schön, Leute aus unterschiedlichsten Kulturen in piz habe er also auf diese Aufnahmen hingearbeitet. Er wollte eine dieser Isolation zusammenzubringen.“ Wenn man es genau nimmt, Opernaufnahme machen, in der so wenig „opernhaft“ gesungen ist Perm da schon ein Fortschritt: Currentzis, der Grieche, hatte von wird wie nie zuvor. Es hat ihn seit seiner Kindheit beschäftigt: Er 2004 bis 2010 schon im sibirischen Nowosibirsk gewirkt. Das habe seine Mutter einmal gefragt, warum die Sänger im Radio so Orchester MusicAeterna, das er in Sibirien gegründet und geformt unnatürliche Klänge von sich geben würden. Da war er fünf. Jetzt, mit 41, möchte er sein Ergebnis der Welt mitteilen, egal , hatte, ist inzwischen mit ihm nach Perm übergesiedelt. Es war nur eine der vielen Bedingungen, die Currentzis dem Bürgermeister ob er dabei im Ural sitzt oder auf dem Sofa seines einstigen gestellt hatte. Was die Stadt bekam, war ein lauter Dirigent, der es Mentors Gerard Mortier in Paris. n 25


k ü n s t l e r

„...klingt nach John Axelrod“ Foto: Stefano Bottesi

Dass unser Kolumnist neben seinem Wissen über guten Wein auch ein großer Dirigent ist, wussten wir. Nur fanden wir nie den richtigen Anlass, ihn auch einmal vor Ort zu erleben. Bis zu dieser Ausgabe. Ein Porträt. von Michael Sellger

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s gibt Dirigenten, die so unauffällig und zurückhaltend gen: „Ich hatte viel zu große Angst, niemals in die Fußstapfen Bernsind, dass sie in ihrem Orchester förmlich zu ver- steins treten zu können“, sagt er heute. Nach seinem ersten Leben schwinden scheinen. Kent Nagano zum Beispiel gilt als als Student und Bernstein-Schüler begann er Ende der achtziger introvertiert und wortkarg, als intellektueller Asket Jahre deshalb sein zweites. Axelrod arbeitete für große Plattenfirohne Begabung für effektvolle Selbstinszenierung. Es men und entdeckte die Smashing Pumpkins, die daraufhin zu gibt aber auch Dirigenten, die den Titel Maestro mit solcher Hin- Weltstars avancierten. Mitte der Neunziger legte er dieses zweite gabe ausfüllen, als sei er eine Theaterrolle – und das nicht nur am Leben ab und begann sein drittes: Er arbeitete in Kalifornien für Pult. John Axelrod zählt zu diesem Typ. Der 47-Jährige betritt einen Robert Mondavi, der für amerikanische Winzer so bedeutend ist Probenraum so gravitätisch wie einen Konzertsaal, er nimmt große wie Leonard Bernstein für die Musik. Als Chef des Robert Mondavi Schritte, spricht mit kraftvoller Stimme, und immerzu umspielt ein Wine and Food Center nahm er 12 Kilogramm zu, erlebte dort aber Lächeln seinen Mund. Nicht nur, weil er uns in jeder Ausgabe mit schon bald eine „Epiphanie“, wie Axelrod es nennt: „Ich fuhr mit seiner Expertise zu guten Weinen das Leben versüßt, sondern auch dem Auto durch das Napa Valley und hörte Tristan und Isolde. Das deshalb, weil er einer der begabtesten Dirigenten ist, widmen wir ergriff mich so sehr, dass ich am Straßenrand Halt machen musste und in die Landschaft starrte.“ Am nächsten Tag habe er beschlosihm hier ein Porträt. Axelrod probt an diesem Tag mit der Kammersymphonie sen, Dirigent zu werden. Axelrod hat die Verbindungen in sein Berlin für Viktor Ullmanns Kaiser von Atlantis. „Das ist heute drittes Leben nicht gekappt, noch immer liebt er Weine – wovon meine erste Probe“, hat Axelrod draußen im Berliner Regen gesagt, auch die crescendo-Kolumnen zeugen. Vom sonnigen Kalifornien ging Axelrod nach St. Petersburg, auf dem Weg von der Hotellobby in die Komische Oper. Doch Aufregung ist ihm nicht anzumerken: Er habe, das sagt er oft, schon wo er bei Ilja Mussin studierte, einem hochbetagten Dirigenten, zu 150 verschiedene Orchester dirigiert. Berührungsängste kennt er dessen Schülern große Namen wie Valery Gergiev zählen. Dem schon lange nicht mehr. Mit dem 151. Orchester kommt er deshalb Komponisten von Tristan und Isolde blieb er treu. „Wagner ist ein schnell zur Sache; Vorstellungsrunde, einige Anweisungen, schon Leitmotiv meines Lebens“, sagt er und erzählt von den ersten läuft die Probe. Axelrod lobt überschwänglich, kritisiert freundlich Stationen seiner Dirigenten-Laufbahn: Eine seiner ersten Verund hält zwischendurch kleine Vorträge über das Saxophon als Ins- pflichtungen als Nachwuchsdirigent nahm er in Bayreuth an, zum trument der Straße und über die amerikanischen Wurzeln des Jazz. ersten Mal Musikdirektor war er in Luzern, wo Wagner einst seine Amerikanische Wurzeln hat auch er: 1966 im texanischen Houston Cosima heiratete und den Tristan zum Abschluss brachte. Als er geboren, lernte er schon als Fünfjähriger das Klavierspiel bei den ein Engagement in Frankreich annahm, war sein erstes Projekt, besten Lehrern der Stadt. In Houston begegnete er vor dreißig Jah- natürlich, Tristan und Isolde. Selbst in Venedig hat er schon diriren auch dem Mann, der sein Leben verändern sollte – Leonard giert, der Stadt, in der Wagner sein Leben vollendete. Derzeit ist er, was fast ironisch anmuten mag, Dirigent des Bernstein. Der 64-Jährige arbeitete an der Uraufführung seiner letzten Oper A Quiet Place, nebenbei lehrte er den 16-jährigen Mailänder Sinfonieorchesters, das sich nach Giuseppe Verdi Axelrod das Dirigieren. Die erste Begegnung mit dem legendären benannt hat, einem anderen Jahrhundertgenie, das wie Richard Maestro, so hat es Axelrod einmal erzählt, war reichlich verschro- Wagner 1813 geboren wurde und stets als dessen Gegenstück herben: Er hatte sich auf eine Pool-Party des örtlichen Gesangsvereins halten muss. Axelrod dirigiert an diesem Tag den Kaiser von Atlantis auf schwuler Männer gemogelt und dort versucht, sich Bernstein vorzustellen. Der trug Cowboyhut und Westernstiefel zur Badehose, dem Gelände der Topographie des Terrors in Berlin, einem Ort der kniff dem Teenager in die Brust, machte einen Scherz und Erinnerung an den Furor der Nationalsozialisten, der vor achtzig Jahren seinen Anfang nahm und auch den Komponisten Viktor verschwand. Ullmann das Leben kostete. Die erste „Bernstein hat einmal gesagt, ich sei Aufführung dirigiert Axelrod vor Schüein geborener Dirigent, weil ich die MenWie ist das neue Album? lern. Danach will er eigentlich gleich schen zu sehr liebe“, erzählt Axelrod nach weiter, er muss noch ein Interview fühder Probe. Weil die Musiker miteinander Auf seiner neuen Einspielung zeigt sich John ren und auch ein Onkel aus Texas warAxelrod gleich von zwei Seiten: Auf zwei scherzen, ist es ihm jetzt ein bisschen zu CDs präsentiert er jeweils eine Brahms-Sintet auf ihn. laut für ein Gespräch im Probenraum. fonie (Nr. 2 und Nr. 4) und zeigt in insgesamt Dass die klassische Musik nicht Andere hätten die Unterhaltung woanders zehn Liedern von Clara Schumann auch sein den Anschluss an das Publikum verliert fortgesetzt, er aber fordert energisch zur Können als sensibler Klavierbegleiter. Rein und junges Publikum sich nicht abwenMäßigung auf – die Musiker sollen flüsdramaturgisch ist diese Zusammenstellung det von den Konzerthäusern, ist eines tern, damit der Dirigent sprechen kann. schon ob der besonderen Beziehung zwider großen Themen Axelrods. Er hat ein Axelrod erzählt von seiner Liebe zum schen Brahms und Clara Schumann spanBuch über die Orchesterwelt geschrieAntisemiten Wagner und von der Bemernend – und auch musikalisch ist diese Aufben, über nationale Eigenarten und die kung seiner Frau, die gemeinsame Tochter nahme eine lohnende Expedition in Brahms' Aufgaben eines Dirigenten. Es ist ein habe einen amerikanischen Juden zum Leben und Werk. witziges Buch, reich an Anekdoten und Vater und eine deutsche Katholikin zur reich an Erkenntnissen, die nur einer Mutter, sei damit also vielleicht eine Art „Brahms Beloved“ Indra Thomas, Nicole Cabell, Orchestra Sinfonica Di Milano gewinnen kann, der lange von außen Antwort auf den Holocaust. Tallulah Giuseppe Verdi, John Axelrod (Telarc) auf diese Welt geblickt hat und jetzt aus heißt Axelrods Tochter, ein indianischer ihr herausblickt. „Nicht Beethoven oder Name. „Den Namen haben wir aus dem Wagner sind es, für die das Interesse Musical Bugsy Malone“, sagt er. Kaum hat er es ausgesprochen, läuft er zum Flügel, spielt My name is Tallulah nachlässt – es ist eher die Art, wie sie dem Publikum präsentiert aus dem Musical und singt dazu. Der Leichtigkeit seiner Improvi- werden“, behauptet er. Konzerte müssten Erlebnisse sein für Augen sation ist anzumerken, wie professionell sie ist. Tatsächlich hat und Ohren, für Seele und Verstand – „entscheidend ist dabei der Axelrod in den achtziger Jahren nicht nur Musik in Harvard, son- Energieaustausch zwischen Künstlern und Publikum“. Es klingt dern auch Jazz-Piano in Boston studiert. Nach seiner Zeit bei Bern- nach dem Stellenprofil des perfekten Dirigenten. Oder anders: es stein scheute sich Axelrod, eine Dirigenten-Laufbahn einzuschla- klingt nach John Axelrod. n 27


k ü n s t l e r

Verfechterin der Neuen Musik Die Pianistin Cathy Krier legte im vergangenen Jahr eine beeindruckende Gesamteinspielung von Janáčeks Klavierwerk vor. Wir begleiteten die Luxemburgerin zu einem besonderen Konzert nach Paris. von anna Novák

Foto: Delphine Jouandeau

Newcomer

Cathy Krier (Jahrgang 1985) gehört zur jungen luxemburgischen Musiker-Elite.

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ie Farbe blättert von den Wänden, es riecht modrig. Die beigen Sitzkissen haben ihre beste Zeit schon hinter sich, und es wäre nicht verwunderlich, wenn hier neben den Zuschauern auch ein paar kleine Spinnen zuhörten. Das Pariser Théâtre des Bouffes du Nord könnte gut eine Filmkulisse sein. Von draußen sieht es aus wie ein unscheinbares, gewöhnliches Pariser Wohnhaus im 10. Arrondissement, nahe der schwirrenden Hektik des Gare du Nord – doch drinnen wirkt es wie aus einer anderen Zeit: ein historisches Theater aus dem 19. Jahrhundert im „shabby chic“. An diesem Konzertort mit ganz besonderem Flair spielt die luxemburgische Pianistin Cathy Krier ein Klavier-Recital. „Ich finde das cool“, sagt Krier und schiebt ihren roten Rollkoffer Richtung Bühne. Als sie am opulenten Konzertflügel, der einen schönen Kontrast zur Kulisse bildet, die ersten Töne anschlägt, horcht sie auf: „Das ist ja eine Wahnsinns-Akustik!“ Tatsächlich: der Klang ist durchdringend und farbenreich, klingt bis in die hintersten Ecken des Theaters. Kein Wunder, dass das „Bouffes du Nord“ mittlerweile kein Geheimtipp mehr ist und hier regelmäßig große Klassik-Künstler Kammermusikkonzerte, Recitals und Liederabende veranstalten. Krier spielt hier im Rahmen eines Konzerts für die „Mission culturelle du Luxembourg en France“, also die Vertretung kultureller luxemburgischer Belange in Frankreich. Krier fühlt sich in der französischen Hauptstadt zuhause, sagt sie. Im letzten Jahr war sie „Artiste en residence“ bei der Stiftung Biermans-Lapôtre und verbrachte mehrere Wochen hier. Diesmal hat sie nur einen Tag in Paris, schon am nächsten Morgen wird die Pianistin früh zurück nach Luxemburg fahren. Sie ist viel unterwegs momentan, und 2013 war für die 28-Jährige ein hochmusikalisches und turbulentes Jahr. Denn neben Konzerten in China, Deutschland und Frankreich hat Krier im September geheiratet. „Und das wäre fast noch gescheitert“, sagt Claude, Kriers Ehemann, und wirft seiner Frau einen heiteren Blick zu. Die lacht laut und nimmt den Faden auf: „Ja! Es spielte das Concertgebouw Orchestra mit Mariss Jansons in der Philharmonie! An unserem Hochzeitstag! Tut mir leid, dass ich darüber nachgedacht habe, dort hinzugehen. Aber es war eben Mariss Jansons!“ Die Pianistin hat ein spitzbübisches Grinsen. Sie lacht laut und viel. Bloß auf der Bühne, da ist ihre Ausstrahlung konzentriert und ernster. Da geht es nicht um sie als Person, da geht es um die Musik. Wenn sie sich verbeugt, wirkt sie fast schüchtern, doch ihr Klavierspiel ist kein bisschen zerbrechlich. Im Gegenteil: Es scheint, als wolle sie ihrem Publikum alle musikalischen Schichten so verständlich wie möglich präsentieren. Besonders beim Klavierwerk Leoš Janáčeks, das sie in seiner Gänze im vergangenen Jahr auf CD einspielte, gelingt das beeindruckend: Sie spielt sehr durchsichtig, sehr deskriptiv und nutzt jede unterschiedliche Klangfarbe, die der Komponist durchschimmern lässt, um das Fenster in eine neue Welt zu öffnen. Auch in der besonderen Stimmung des Théâtre des Bouffes du Nord funktioniert der Zauber dieser Musik. Die Zuschauer danken es Krier mit begeistertem Applaus, hinterher gibt es ihr zu Ehren einen Empfang. Die Stimmung ist familiär. Denn neben dem luxemburgischen Botschafter, der ihr ein riesiges Blumenbouquet überreicht, sind luxemburgische Freunde da, und Verwandte. Cathys Familie ist extra aus Luxemburg angereist – mittlerweile gibt es eine bequeme TGV-Verbindung von Luxemburg Stadt nach Paris, da schafft man es in weniger als zweieinhalb Stunden in die Stadt der Liebe. Apropos Fernreisen: Schon als Jugendliche pendelte sie mehrmals pro Woche aus Luxemburg Stadt nach Köln, wo sie als Schülerin von Pavel Gililov lernte. Cathy Krier ist eines der Gesichter der jungen luxemburgischen Musiker-Elite. Das kleine

Cathy Krier bei der Probe im Pariser „Théâtre des Bouffes du Nord“.

CATHY KRIER LIVE 25.2.14: Luxemburg, Philharmonie „2x hören: Werke von Györgi Ligeti“ 11.3.14: Hamburg, Körber-Stiftung „2x hören: Werke von Györgi Ligeti“ 18.5.14: Festival International d‘Echternach Werke von Berg, Janáček und Schubert

Land im Herzen Europas ist keine schlechte künstlerische Ausgangsbasis. Schon gar nicht, wenn man wie sie ein Faible für zeitgenössische Kompositionen hat: „Ich mag es, wenn ich für neue Musik in den Baumarkt gehen muss.“ Sie mag es, auch mal an Klanggrenzen zu kratzen, und sieht sich selbst als Verfechterin der Neuen Musik. Kürzlich durfte sie das Programm ihrer neuen CD, die sie mit dem Deutschlandfunk in Köln aufnehmen konnte, selbst bestimmen. Doch anders als wohl die meisten ihrer Kollegen fiel ihre Wahl nicht auf populäre hochromantische Klavierkonzerte. Sie entschied sich für Musik von Györgi Ligeti. „Die Romantiker sind einfach nicht meine Welt.“ Lieber will Cathy Krier experimentieren. Und sie kann es auch. Denn die Luxemburger sind ein neugieriges Publikum, und der Staat fördert sein künstlerisches Potenzial, wo er kann. Und die Luxemburger Künstler danken es ihm, indem sie viel im Großherzogtum gastieren. Krier selbst spielt regelmäßig beim Festival International Echternach, dem Festival de Bourglinster und dem Festival Musek am Syrdall. Und auch zur 2005 eröffneten Luxemburger Philharmonie hat sie einen sehr guten Draht, spielte zu den Eröffnungsfeierlichkeiten und gestaltet immer wieder Klavierabende und Konzerte mit dem Orchestre Philharmonique Luxembourg. Am Wochenende vor ihrem ParisAuftritt spielte Krier erstmals sechs Kinderkonzerte in der Philharmonie. „Ehrlich gesagt war ich hier besonders aufgeregt“, gesteht die Pianistin, „nicht wegen des Klavierspiels, sondern weil ich einen Satz sagen musste!“ Krier kommt aus einer Musikerfamilie, in der Musik immer eine Rolle spielte. Deswegen findet sie auch das Konzept von solchen Kinderkonzerten gut, sagt sie, aber nur dann, wenn Eltern dann auch irgendwann anfangen, mit den Sprösslingen in „richtige, ernste“ Konzerte zu gehen. „Meine Eltern haben uns schon im jüngsten Alter mit ins Konzerthaus genommen“, erzählt sie und lacht, „das ist natürlich manchmal etwas unbequemer: Mein Bruder ist mal mitten im Konzert aufgestanden und hat der Sängerin zugerufen ‚Du singst falsch!‘ Aber nur so lernt man früh und intensiv viel Musik kennen.“ n Léoš Janáček: „The Piano“ Cathy Krier (CAvi) 29


p e r s o n a l i e n

der Gewinner von der Tagesform und dem besonderen Druck einer Wettbewerbsatmosphäre beeinflusst wird, besucht die Jury anonym reguläre Konzerte der Finalisten. Blechacz konnte in den letzten Monaten mit seinem klaren, ausdrucksstarken Spiel überzeugen und erhält nun das Preisgeld von 300.000 US-Dollar zur Unterstützung seines weiteren Karrierewegs.

Ra fa ł Blechacz Als der junge Pianist 2005 den renommierten Chopin-Wettbewerb in Warschau gewann, wurde kein zweiter Preis verliehen, um das herausragende Können Blechacz zu verdeutlichen. Nun wurde der in Polen geborene Musiker mit dem Gilmor Artist Award ausgezeichnet. Der unter Pianisten sehr begehrte Preis wird alle vier Jahre verliehen und setzt sich in seinem Wertungssystem deutlich von anderen Wettbewerben ab. Die Kandidaten werden über einen längeren Zeitraum hinweg in ihrem künstlerischen Werdegang beobachtet und sorgfältig ausgewählt. Um zu vermeiden, dass

breitung der Musik des polnischen Komponisten. Bereits 1988 begann er Szymanowskis Musik einem größeren Publikum vorzustellen, so auch die Oper King Roge (2008). Besonders gelobt wurden die Aufnahmen der gesamten Sinfonien gemeinsam mit dem London Symphony Orchestra.

Valery G ergiev Immer wieder gerät der russische Dirigent, der ab 2015 die Münchener Philharmoniker leiten soll, wegen Homophobie-Vorwürfen, seine Loyalität zum umstrittenen Präsidenten Wladimir Putin und fragwürdigen Aussagen stark in die Kritik. Im Dezember noch protestierten über 200 Münchner vor der Philharmonie. Nun wurde der, laut einer Statistik der Website „Backtrack“ im letzten Jahr meistbeschäftigte Dirigent der Welt (mit knapp einhundert Auftritten) in Warschau mit dem Karol Szymanowski-Preis ausgezeichnet. Gergiev erhielt den Preis als Anerkennung seiner Verdienste um die Ver-

Claudi o Abbado Wenn man ihn kürzlich in einer der wenigen Konzerte, die er noch dirigierte, erleben durfte, dann sah man einen Mann, der von Alter und Krankheit gezeichnet war – und der doch noch immer eine umwerfende musikalische Energie besaß. Da war jeder Musiker ganz beim Maestro und mit jeder noch so kleinen Handbewegung zauberte Abbado mit der Musik. Das britische Magazin Gramophone wählte Claudio Abbado 2012 unter die „50 Personen, die die klassische Musik veränderten“ und schrieb treffend: „Was Claudio Abbado zu einem großen Musiker macht, ist sein Humanismus, seine außerordentliche Fähigkeit, den Klang eines Orchesters vermittels einer einzigen Geste zu verändern… seine Aufführungen können ein Leben verändern.“ Das Aufeinanderhören als Grundvoraussetzung nicht nur des Musizierens, sondern auch des menschlichen Zusammenlebens im Allgemeinen blieb für Abbado auch als Dirigent großer Orchester zentral, ob als Chef an der Scala, bei den Wiener und Berliner Philharmonikern, in London und Chicago, bei seinen Jugend­orchestern 30

oder am Pult des Mahler Chamber Orchestra, des Lucerne Festival Orchestra und des Orchestra Mozart. Dass Musik nicht nur einer kleinen Elite, sondern allen Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft und Vorbildung, zugänglich sein sollte, versuchte er an der Scala dadurch zu erreichen, dass er das traditionelle Opernhaus auch für Arbeiter und Studenten öffnete. Mit seinen Freunden, dem Pianisten Maurizio Pollini und dem Komponisten Luigi Nono, organisierte er Aufführungen in Fabriken und Gesprächskonzerte, um

neuen Hörerschichten vor allem auch zeitgenössische Musik nahezubringen. Auch die musikalische Jugend war Abbado ein großes Anliegen, so gründete er unter anderem das European Youth Orchestra, das Mahler Chamber Orchestra, das Lucerne Festival Orchestra und im Jahr 2004 das Orchestra Bologna Mozart. Der 1933 in Mailand als Sohn einer Musikerfamilie geborene Dirigent und bedeutender Schüler des Wiener „Dirigentenmachers“ Hans Swarowsky war kein Mann der großen Maestro-Geste, sondern ein Orchesterleiter mit leiser, sanfter Autorität. Ihm ging es nicht um seine Person, sondern einzig um die Sache an sich: „Musik ist notwendig für das Leben. Sie kann es verändern, verbessern und in einigen Fällen sogar retten“. Neben seinem musikalischen Engagement war Abbado passionierter Umweltschützer. Sein Verständnis von Natur ließ sich in gewisser Weise auch auf sein Wirken übertragen. So sagte Albrecht Mayer, SoloOboist der Berliner Philharmoniker, über seine Arbeit mit Abbado einmal, er fühle sich wie ein Vogel an einer sehr langen Leine, frei und doch unter Kontrolle. Im Alter von 80 Jahren ist Claudio Abbado, der große Maestro, am 20. Januar in Bologna gestorben.

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Fotos: Felix Broede (DG); Alberto Venzago; Marco Caselli Nirmal

G e s t o r b e n


hören & sehen •

Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Sigi Schwab und Peter Horton bringen ihr drittes Guitarissimo-Album (Seite 36) Christoph Schlüren über Franz Schubert-Pianisten (Seite 43)

Lavinia Meijer

Weniger flauschig Die Musik von Ludovico Einaudi muss sich in der Klassik-Szene immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sie sei zu seicht und zu dahinplätschernd. Es sind Einaudis Klangwelten, die sich immer wieder ähneln: Vieles klingt nach Filmmusik, manches ist Minimal Music überspannt von endlosen Dur-Bögen. Seine Anhänger haben schon recht: Man taucht ein in diese Musik, kann sich ganz lösen von der Hektik des Alltags, fällt fast in eine Trance, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat. Die Idee, sich Einaudis Kompositionen mit einem anderen Instrument zu nähern, bringt ein bisschen Leben in die Musik. Die Harfenistin Lavinia Meijer hat sich einige von Einaudis bekanntesten Stücken ausgesucht und präsentiert sie auf einem Album für Harfe solo. Das klingt etwas weniger flauschig und einlullend als die Klavier-Variante, wirkt im Gegenteil sogar erstaunlich viel konturierter als der Originalklang, ohne das Sphärische der Musik zu verlieren. Kompliment: Die Harfe steht Einaudi! AN

Neue Welten

Foto: Corbino

„Passagio“ Lavinia Meijer (Sony)

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h ö r e n & s e h e n

Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai

Exoten, AuSSenseiter & Newcomer Vergessene Meisterwerke und unterschätzte Interpreten stehen im Mittelpunkt der aktuellen CD-Auswahl unseres stets neugierigen Chefrezensenten.

Joseph Martin Kraus „Begräbniskantate, Trauersinfonie“ L’Arte del Mondo, RIAS Kammerchor, Werner Ehrhardt (dhm)

Produktionen seinem umfangreichen Werk widmete. Jetzt hat Howard Griffiths mit Ries’ später Opernarbeit Die Räuberbraut einen musikalischen Schatz gehoben und ihn mit den hochmotivierten WDR-Sinfonikern fulminant in Klang gesetzt. Vom Stoff her ist es ein echte „Räuberpistole“, mit einem edlen Räuberhauptmann, einem in Ungnade gefallenen Grafen und seiner zwischen Kindespflicht und Neigung hin und her gerissenen Tochter, die sich schließlich für einen jungen Offizier entscheidet. Zur haarsträubenden Handlung hat Ries die schönste, facettenreichste Musik geschrieben, die Einflüsse von Mozart, Beethoven und Weber sehr eigenständig zu einem Meisterwerk der Frühromantik weiterentwickelt. Das junge Solistenteam überzeugt durch Frische und Einsatz, wird aber durch die in jedem Detail perfekte, anrührend schöne und intensive Interpretation Ruth Ziesaks in der Titelpartie noch übertroffen. Und Griffiths sorgt für eine stets spannende, nervig drängende musikalische Kulisse.

Am 16. März 1792 verübte der Verschwörer Jakob Anckarström auf den schwedischen König Gustav III. in der Stockholmer Oper ein Attentat, dem dieser 12 Tage später erlag. Der Vorfall bewegte damals ganz Europa, und dem schwedischen Hofkomponisten Joseph Martin Kraus fiel die Aufgabe zu, die Trauermusiken für Gustavs Beisetzung zu schreiben. Bereits zwei Wochen nach Gustavs Tod erklang die „Symphonie funèbre“ in der Todestonart c-moll mit vier langsamen Sätzen und mit schwarzen Tüchern bedeckten Pauken, und einen Monat später dirigierte der durch völlige Erschöpfung geschwächte Kraus seine einstündige große Begräbniskantate mit 104 Mitwirkenden. Beide eiligst hingeworfenen Werke zählen zum Schönsten und Anrührendsten, was je für dieses Genre geschrieben wurde, und dennoch sind sie heute so gut wie vergessen. Jetzt hat Grieg, Schumann: „Piano Concertos“ Janne Mertanen, Gävle Symphony Orchestra, einer der Pioniere des deutschen Historismus, Werner Ehrhardt, sie Hannu Koivula (Alba) mit seinem Ensemble „L’Arte del Mondo“, dem exzellenten RIAS Kammerchor und vier jungen Vokalsolisten eindringlich wiederbeDie mittelschwedische Küstenstadt Gävle zählt lebt, und man versteht jetzt, warum so viele Experten Kraus immer zwar nur 70.000 Einwohner, besitzt aber seit 100 wieder mit Mozart verglichen haben: Es ist wie ein letzter leidenJahren ein eigenes Sinfonieorchester. Unter der schaftlicher Appell an Schönheit, Menschlichkeit, Empfindsamkeit Leitung des finnischen Dirigenten Hannu Koiund Güte vor der großen Zeitenwende und auch Kraus` eigener vula hat es jetzt zwei Schlachtrösser des romantischen KonzertreAbgesang: Nur wenige Monate später folgte der 36-Jährige seinem pertoires eingespielt und dazu den finnischen Pianisten Janne Mergeliebten König ins Jenseits. tanen verpflichtet. Und was der in den beiden Klavierkonzerten Griegs und Schumanns abliefert, geht über übliche „provinzielle“ Standards weit hinaus: Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher pulFerdinand Ries „Die Räuberbraut“ Ziesak, Blondelle u.a. WDR Rundfunkchor & sierenden Spontaneität der 46-Jährige die beiden „ausgelaugten“ Sinfonieorchester Köln, Howard Griffiths (cpo) Evergreens hier auffrischt und von allem donnernden Pathos Den 1784 in Bonn geborenen Ferdinand Ries befreit: Man spürt jetzt wieder das enorme lyrische, erzählerische, kannte man lange nur als ersten Beethoven-Bio- träumerische Potenzial beider Konzerte und ihren wunderbaren grafen und als erfolgreichen Klaviervirtuosen. inneren Spannungsverlauf, und Mertanen macht auf eine sehr senAls wichtiger Komponist der „Übergangszeit“ ist sible, respektvolle und entschiedene Weise einfach alles „richtig“, so er erst in den letzten Jahren wiederentdeckt worden, dies auch dank dass der Grieg seine jungfräuliche Emphase, der Schumann seine der Initiative des Labels cpo, das mittlerweile zwei Dutzend CD- drängende Sehnsucht zurückgewinnt. 32

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Impressum FerrucCio Busoni: „Late Piano Music“ Marc-André Hamelin (hyperion)

Ferruccio Busoni (1866–1924) galt als der größte Pianist seiner Zeit. Als Komponist aber blieb er immer im Schatten des Virtuosen und Bach-Bearbeiters. Dass sein vergessenes pianistisches Spätwerk jetzt ausgerechnet vom größten Virtuosen der Gegenwart, dem Kanadier Marc-André Hamelin mit unwiderstehlicher Bravour wiederbelebt worden ist, scheint mir die denkbar beste Würdigung des genialischen Einzelgängers. In einer mehr als dreistündigen, extrem kurzweiligen und spannungsreichen „tour d’horizon“ spannt Hamelin einen Bogen von den 1907 komponierten Elegien über diverse Bach-Stilkopien und die zentralen sechs Sonatinen bis zu der posthum veröffentlichten zehn-bändigen Klavierübung, in der Busoni, in vielfältiger Weise und konkreten Bezügen zu Bach, Chopin und Mozart, spezifische spieltechnische Probleme in etüdenhaften Miniaturen genialisch fokussiert und munter parodiert hat. Nach diesem Feuerwerk eines zwischen allen Stühlen, zwei Kulturen und den Strömungen seiner Zeit unbeirrt sprühenden Genies darf man fragen, warum fast niemand diese hochintelligente, humorvoll-weise Musik spielen will. Und Hamelin gebührt ein weiterer Lorbeerkranz. Gustav Mahler: „Sinfonie Nr.5“ Budapest Festival Orchestra, Iván Fischer (Channel)

In einer aktuellen Umfrage beklagen 90 Prozent der in Ungarn lebenden Juden den wachsenden Antisemitismus und Rassismus in der ungarischen Gesellschaft von heute. Da ist es fast schon wieder eine Heldentat, und ein Lebenszeichen des anderen, humanen Ungarn, wenn ein jüdischer Dirigent die Musik Gustav Mahlers aufführt und sogar einen kompletten Zyklus seiner Sinfonien in Angriff nimmt. Dass Iván Fischer das Budapest Festival Orchestra in den letzten 20 Jahren zum besten Klangkörper geformt hat, den Ungarn je besaß, steht längst außer Zweifel. So staunt man auch bei der gerade erschienenen Fünften Mahlers über die phänomenale Spielkultur, die Homogenität, die Präzision und Klangschönheit dieses „freien“ Orchesters, das zudem ein angeborenes Gespür hat für die spezifischen „kakanischen“ Tonfälle Mahlers. Fischer bleibt auch in diesem zerklüfteten Drama ein Ästhet, ein Lyriker, der drastische Zuspitzungen meidet, und das hier vorgeführte „Ringen mit der Welt“ durch Mahlers inneres Erleben filtert. Selten klang diese, wie Fischer sagt, „jüdischste“ Sinfonie Mahlers so innerlich, so sanft, so melancholisch und hoffnungsvoll. Mozart, Beethoven: „Klavierkonzerte in c-moll“ Sudbin, Minnesota Orchestra, Osmo Vänskä (BIS)

Eigentlich scheue ich Superlative: Aber was der russische Pianist Yevgeny Sudbin, der finnische Dirigent Osmo Vänskä, und die wahrlich „unter Strom“ stehenden Topmusiker des Minnesota Orchestra in den beiden c-Moll-Konzerten Mozarts (KV 491) und Beethovens (Nr. 3) an geballter Seelenenergie, an rigoroser Deutlichkeit, an permanenter musikalischer Hochspannung verströmen, ist schlicht sensationell, und erinnert mich an die Detailfülle und Aura von Renaissance-Gemälden. Man vernimmt keine Stimmen, sondern einen atemberaubenden Wortwechsel von freien Musikern: Sie alle spielen auf modernen Instrumenten mit einer Hingabe, einer Intensität, einer energischen Genauigkeit, die einfach süchtig macht und jedem kleinsten Einsatz „Ereignischarakter“ verleiht. Hier werden die „Historisten“ mit ihren eigenen Waffen geschlagen, und die alten Botschaften werden auf wundersame Weise gegenwärtig, aktuell, brisant, berührend: eine Sternstunde.

Verlag Port Media GmbH, Rindermarkt 6, 80331 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Chefredakteur Robert Kittel (RK, verantwortlich)

Art director Stefan Steitz

REdaktion Anna Novák (AN)

schlussREdaktion Edigna Hackelsberger

Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón ­Raphael (TPR), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE)

Kolumnisten Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod, Axel Brüggemann, Christoph Schlüren (CS)

Mitarbeiter dieser Ausgabe Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Klaus Härtel (HÄ), Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Rainer Aschemeier (RA), Malve Gradinger (GRA), Carla Neumann (CN), Julia Hartel (JH), Arnt Cobbers, Stefan Frey, Sina Kleinedler (SK), Holger Wemhoff, Stefan Sell, Peter Mayr & Bob Coat.

Projektleitung plus regional Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Anna Hermann | hermann@crescendo.de

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 17 vom 16.09.2013

Druck Westermann Druck, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

Vertrieb Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstr. 77, 20097 Hamburg www.as-vertriebsservice.de

Erscheinungsweise crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert­häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei­träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.

Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 49,90 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2012). Versand ins europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen. Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 67.423 (laut IVW-Meldung 3/2013) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält (Teil-)Beilagen/Beihefter von den Schwetzinger SWR Festspielen und das Themenspecial „Reise & Kultur 2014“.

Das nächste crescendo erscheint Am 12.03.2014

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h ö r e n & s e h e n

Ray Chen, Christoph Eschenbach

Leichtfüßiger Mozart-Genuss

Foto: Julian Hargreaves

Solo

Hier spielt die junge Musiker-Elite auf! Die Orchester-Akademie des Schleswig-Holstein Musikfestival, die einst von Leonard Bernstein gegründet wurde, bringt jedes Jahr herausragende junge Musiker aus aller Welt zusammen, die unter der Leitung von Christoph Eschenbach zahlreiche Konzerte im Rahmen des Festivals gestalten. Ein Ergebnis der 2013 erneut sehr fruchtbaren Zusammenarbeit ist diese Aufnahme von Mozarts Violinkonzerten KV 216 und 218, die der Komponist ungefähr im selben Alter schrieb, in dem viele Musiker des Schleswig-Holstein Music Festival

Orchestra zur Aufnahmesession waren. Solist ist der 24-jährige Geiger Ray Chen. Er hat einen frischen, spielerischen Geigenton, der sich zart über das bewegliche, engagierte und mit großer Vorstellungskraft spielende Orchester legt. Diese Aufnahme ist ein leichtfüßiger, belebender Hörgenuss ohne jede Schwere. Und man hört es, das diebische Vergnügen, mit dem alle Beteiligten bei der Sache sind. Selten so einen unterhaltsamen Mozart gehört – bitte mehr davon! AN

Wolfgang Amadeus Mozart: „Violinkonzerte K 216 & 218 / Sonate K 305“ Ray Chen, Schleswig-Holstein Music Festival Orchestra (Sony)

Rachel Barton Pine

Wolfgang Amadeus Mozart

Anmut und Würde

Geheimnisvolles sechstes Konzert

Schon mit ihren Aufnahmen unter José Serebrier – die Violinkonzerte von Beethoven und Franz Clement, sowie das Glasunow-Konzert – konnte Rachel Barton Pine als eine der feinsten Geigerinnen unserer Zeit restlos überzeugen. Nicht anders hier bei Mendelssohns e-Mollund Schumanns nach wie vor unterschätztem d-Moll-Konzert sowie den beiden Romanzen Beethovens, hellwach und eigenständig begleitet vom Göttinger Symphonie Orchester unter GMD ChristophMathias Mueller. Schon der Beginn des Mendelssohn-Konzerts ist von schlanker Süße und natürlicher Zärtlichkeit wie kaum je. Auch bei voller Kraftentfaltung ist Barton Pines Spiel schlüssig kantabel und sensibel gestaltet, hat Anmut und Würde. Von beiden Konzerten gelingt derart die seit vielen Jahren schönste Einspielung, und da auch die klangliche Balance sehr gelungen und das Ganze mit einem substanziellen Text der Solistin im Booklet abgerundet ist, empfehle ich diese Produktion ohne jede Einschränkung. CS

Mozart hat fünf Violinkonzerte geschrieben – oder nicht? Dirigent und Musikwissenschaftler Reinhard Goebel stellt diese Behauptung mit einer neuen Gesamtaufnahme vehement infrage. Sie enthält sechs Violinkonzerte statt fünf. Doch woher kommt das sechste? Mozart soll es im Juli 1777 komponiert haben – als eine Art vorgezogenes Geburtstagsständchen für seine Schwester. Goebel geht im Text zu diesem Doppelalbum so weit, die Anzahl von sechs Violinkonzerten als die neue Norm für Mozarts Œuvre auszuloben. Ob etwas dran ist an der Theorie möge jeder selbst beurteilen. Man könnte einwenden, der Kopfsatz von KV 271a klinge doch eher böhmisch. Alles in allem ist Reinhard Goebel mit der Bayerischen Kammerphilharmonie eine frische und spannungsreiche Gesamtschau gelungen. Solistin Mirjam Contzen pflegt ebenso wie Goebel die historisch informierte Aufführungspraxis. Ihre gute Intonation und profunde Technik sind zwar zu loben. Eine gewisse Sprödigkeit in den dynamischen Übergängen und ein zuweilen verletzlich wirkender Ton sind für manche Mozart-Hörer vielleicht eine Frage des persönlichen Geschmacks. RA

Mendelssohn / Schumann: „Violinkonzerte“ Rachel Barton Pine, Göttinger Symphonie Orchester (Cedille) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: “Allegretto non troppo – Allegro molto vivace” aus dem „Violinkonzert in e-Moll, op. 64“ von Mendelssohn

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Wolfgang Amadeus Mozart: „6 Concerti per il violino“ Mirjam Contzen, Bayerische Kammerphilharmonie, Reinhard Goebel (Oehms) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Rondeau“ aus dem „Konzert in A-Dur für Violine und Orchester KV 219“

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Februar – März 2014


h ö r e n & s e h e n

BBC Symphony Orchestra

Orchester

Symphonia Momentum

Antonini & Kammerorchester Basel

Wunderwerke

Totale Hingabe!

Musikalischer Sog

Gustav Holst (1874–1934) neben seinem Zeitgenossen John Foulds der große Mystiker der englischen Musik und „West meets East“-Pionier, hatte das Glück, mit seinen Planets einen ähnlichen Hit zu landen wie Orff mit den Carmina burana. Sonst kennt man fast nichts von Holst. Die erste Choral Symphony (1923–24) ist ein 50-minütiges Magnum opus von visionärer Kraft und unbeschreiblicher Schönheit, eines der magischsten Wunderwerke für Chor und Orchester im 20. Jahrhundert. Auch die dramatische Szene „The Mystic Trumpeter“ für Sopran und Orchester, hier mit der vortrefflich leuchtkräftigen Susan Gritton, umfängt mit nicht endendem Zauber. Dass die Musik so viel von ihrer unergründlichen Substanz mitteilen kann, verdanken wir dem hingebungsvollen Einsatz von Chor und Sinfonie-Orchester der BBC unter Andrew Davis und einer phänomenalen Klangtechnik. Musik von transzendenter, überpersönlicher Größe. CS

Symphonia Momentum heißt ein Streichorchester mit Musikern aus 13 Ländern und 5 Kontinenten. Neben ihrem Leiter, dem Celibidache-Schüler Christoph Schlüren, fällt in der Besetzungsliste der Name Rebekka Hartmann auf. Die berühmte Violinsolistin reüssiert hier als Erste Geigerin! Bei einem Konzert im akustisch grandiosen Berliner Funkhaus Nalepastraße brachte das Ensemble die Orchesterfassung des f-Moll-Quartetts von Reinhard Schwarz-Schilling in Uraufführung. Diese Live-Aufnahme ist auf dem CDDebüt ebenso vertreten wie Musik von Mozart, Beethoven, Pärt. Doch der Star ist das Orchester selbst: Jeder Ton sprüht vor kreativer Energie und totaler Hingabe an das Werk. Faszinierend fein ausgearbeitete Dynamiknuancen und ein konsistent durchdachtes Dirigat lassen erkennen: Hier passiert etwas Besonderes! Hier spielt ein Streichorchester, dessen Attitüde und Qualität an die Anfänge der Academy of St Martin-in-the-Fields erinnern. Vergleicht man dieses begeisternde Debüt mit dem Klassik-Mainstream, wird sonnenklar, dass wir Ensembles wie Symphonia Momentum heute nötiger haben denn je. RA

Mit der Siebten und Achten Sinfonie setzen Giovanni Antonini (der Gründer von Il Giardino Armonico) und das Kammerorchester Basel ihren hochgelobten Beethoven-Zyklus für Sony fort. Es sind abermals zwei mitreißende, vor musikalischer Energie geradezu sprühende Interpretationen geworden, die aus dem Dickicht der zahllosen Beethovenaufnahmen herausragen. Ihre Mischung aus einem geradezu emphatischen Lyrismus und aufbrausenden Orchesterstürmen entfacht elementare Dramen, voller frischem Schwung und dynamischem Reichtum. Antoninis Verständnis der federnenden Rhythmen und der Impulse setzen hier Abläufe in Bewegung, die in ihrer schlanken, präzisen Tongebung den Hörer sofort in den musikalischen Sog mit hineinziehen. Erfahrungen der historischen Aufführungspraxis fließen hier in Artikulationen und Spielweisen auf den modernen Instrumenten merklich mit ein und machen diese Aufnahme zum spritzigen, kurzweiligen Hörvergnügen mit neuen Akzenten und dem nötigen Tiefgang. US

„Declamatory Counterpoint“ Symphonia Momentum, Christoph Schlüren (Aldilà Records)

Gustav Holst: „First Choral Symphony & The Mystic Trumpeter“ Susan Gritton, BBC Symphony Orchestra, Andrew Davis (Chandos)

Francisco Araiza

Track 7 auf der crescendo Abo-CD: “Adagio – Allegro“ aus dem „Streichquartett C-Dur KV 465“ von Mozart

Ludwig van Beethoven: „Symphonies 7 & 8“ Kammerorchester Basel, Giovanni Antonini (Sony Classical)

Edita Gruberova

Christiane Meininger

Altersstil

Vom Lieblingsschüler

Nach seinem Debüt an der Bayerischen Staatsoper im Juni 1978 eroberte sich Francisco Araiza als lyrischer Tenor mit unverwechselbarem Timbre schnell einen festen Platz in den Herzen der Münchner Opernfans. Wenn er auch in Wien und Salzburg, Zürich und Mailand große Erfolge feiern konnte, München blieb über ein Jahrzehnt sein Stammhaus. Unvergessen seine Mozart-, Donizettiund Rossini-Rollen oder der glühend in die Schweigsame Frau verliebte Henry Morosus im legendären Richard-Strauss-Zyklus von 1988. Zudem war Araiza ein oft und gern gesehener Solist bei den Operngala- und Sonntagskonzerten des Münchner Rundfunkorchesters. Mit bisher unveröffentlichten Arien aus Mitschnitten dieser Konzerte, ergänzt um zwei Aufzeichnungen aus Venedig und Erl, bietet die vorliegende CD Höhepunkte aus Karriere und Repertoire des Tenors, von Mozart bis Wagner, zum schwelgerischen Erinnern oder neu Entdecken. AR

Gerne denkt man zurück an die Erfolge und nicht enden wollenden Jubelstürme, die Edita Gruberova als Konstanze für ihre Martern-Arie in Mozarts Entführung aus dem Serail und die scheinbar mit spektakulärer Leichtigkeit in den Raum geschleuderten Koloraturen der Königin der Nacht in der Zauberflöte regelmäßig bekam. Diese Höhepunkte ihrer Karriere liegen nun gut dreißig Jahre zurück und sind mehrfach in Ton- und Bilddokumenten festgehalten worden; Mozart-Opern und Mozart-Arien hat sie damals aufgenommen. Nun, mit Mitte 60, hat sie abermals Arien aus sieben Opern Mozarts eingespielt. Die Stimme entbehrt der einstigen Frische und jubelnden Leichtigkeit, manch Schärfe schleicht sich ein in den Höheneskapaden, im Lyrischen springen manche Töne nicht sofort an, bei der Attacke ist das besser. Eine gewisse Unnatürlichkeit macht sich breit bei diesen technisch gesungenen, geistig eroberten aber doch leblos bleibenden Gesangsstudien. Nennen wir es Altersstil und erfreuen uns weiter an ihren frühen Aufnahmen. US

Blickt man auf die Karriere Johann Nepomuk Hummels, geraten große Namen ins Blickfeld. Er war nicht nur der einzige Schüler Mozarts, dem eine erfolgreiche Laufbahn beschieden war. Er war auch Kompositionsschüler Salieris und Albrechtsbergers. Mit Beethoven verband ihn eine Freundschaft, die gelegentlich ins krasse Gegenteil umschlagen konnte. Haydn höchstpersönlich empfahl Hummel als Nachfolger für seinen Hofkapellmeisterjob bei den Esterházys. In krassem Gegensatz zu dieser Historie steht die Bekanntheit von Hummels Werk. Deutschlands bei Weitem klangschönste Flötistin Christiane Meininger hat mit ihrem Duo-Partner Rainer Gepp – ebenfalls bekannt aus der Besetzung des phänomenalen Meininger-Trios – drei zauberhafte Flötensonaten J. N. Hummels eingespielt. Da strahlt jeder Ton wie das Leben selbst, und die Werke atmen unverkennbar mozartischen Geist. CDs wie diese haben das Zeug zum Lieblingsalbum! RA

„Arias from Mozart to Wagner“ Francisco Araiza u. a. (Solo Musica)

„Mozart-Arias“ Edita Gruberova, L’Arte del Mondo, Werner Erhardt (Nightingale)

Live legendär

Solo

Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Che gelida manina“ aus: „La Bohème” von Giacomo Puccini

Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Come scoglio“ aus: „Don Giovanni“

Johann Nepomuk Hummel: „Con Garbo – Sonatas for Flute and Piano“ Christiane Meininger, Rainer Gepp (Profil) Track 2 auf der crescendo Abo-CD: ­„Variationen ‘Une folie’ für Flöte und Klavier, op. 14“

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Guitarissimo XL

Ungebrochene Spielfreude

Foto: Marc Dietenmeier

Nach über 30 Jahren Pause veröffentlichen Sigi Schwab und Peter Horton ihr drittes Guitarissimo-Album

Ein sonniger Dezember-Vormittag in Sigi Schwabs hell-möbliertem, gemütlichem Münchner Wohnzimmer, Peter Horton hat sich zu uns gesetzt, die Atmosphäre ist herzlich. Wir erinnern uns an die legendäre Lawine der Begeisterung, die beide Ende der 1970er-, Anfang der 80er-Jahre mit ihren Eigenkompositionen für zwei Gitarren auslösten: ausverkaufte Konzerte auch in großen Hallen („das – relativ junge – Publikum hing uns fasziniert an den Fingern“) und zwei über 450 000 Mal verkaufte Guitarissimo-Schallplatten (die Plattenfirma hatte den Absatz des ersten Albums skeptisch auf maximal fünftausend Exemplare geschätzt). Dazu das Phänomen, dass viele Fans selbst zum Instrument griffen, ausgerüstet mit den publizierten Guitarissimo-Noten – ein didaktischer Impuls von Sigi Schwab, der bereits 1976 eine bedeutende Gitarrenschule veröffentlicht hatte. Diese Resonanz, so Peter Horton, „hat alle Beteiligten überrascht, wir konnten sie gar nicht einschätzen.“ Und eigentlich, betont Sigi Schwab, überwog dabei die eigene Freude am gemeinsamen Musizieren: „Wir haben im Grunde genommen einen neuen Spielstil entwickelt, den es bis dato nicht gab, die totale Verzahnung von zwei Gitarren. Nicht virtuose Führungsstimme und simple Begleitung, sondern zwei, auch in rhythmischer Hinsicht, gleichberechtigte Stimmen und Kompositionen, in denen sich ständig die Führungsschichten abwechseln.“ (Nebenbei bemerkt: Auf ähnliche Weise führen die beiden auch unser Gespräch.) Dass das Duo trotz des großen Erfolges nach einigen Jahren auseinanderbröckelte, lag an der Vielseitigkeit beider Künstler, zu sehr war man in andere Projekte verliebt, zu schwer ein gemeinsamer Termin zu koordinieren. So hatte Peter Horton eigene Fernsehsendungen (Café in Takt, Hortons kleine Nachtmusik), schrieb mehrere Bücher, lehrte an der Hamburger Musikhochschule, produzierte und tourte als Musiker und Chansonnier. Sigi Schwab komponierte Filmmusik, machte Kammermusik mit dem DiabelliTrio, konzertierte mit Percussion Academia und Percussion Project, 36

gab Workshops im Fernsehen und veröffentlichte eine beeindruckende Fülle von Notenmaterial. „Doch wir sagten immer, wir spielen wieder zusammen“, lacht Sigi Schwab, „und als Peter vor wenigen Jahren ganz in meine Nähe zog, gab es kein Entrinnen. Uns war lange nicht klar, welche Steine wir damals ins Wasser geworfen hatten, dass sie bis heute Wellen schlagen – schon durch das Internet. Du klickst auf YouTube und staunst: Da sitzt ein Japaner, Chinese oder Südamerikaner und spielt unsere Sachen! Wenn das die Leute so interessiert, überlegten wir, dann könnten wir auch selber wieder loslegen.“ Gleichzeitig knüpften sie an ihre alte Idee an, mit einer Rhythmusgruppe zu arbeiten. Jetzt erweitern Tommi Müller am Bass und Andreas Keller am Schlagzeug das Gitarrenduo zum Quartett, zu Guitarissimo XL. „Als wir signalisierten, wir arbeiten wieder zusammen, stießen wir auf großes Interesse, öffneten sich sofort Türen.“ Im Sommer 2011 stellten sich die Musiker bei einem OpenAir-Konzert mit freiem Eintritt in Markus Wasmeiers Freilichtmuseum, „quasi Off-Broadway“, erstmals wieder dem Publikum. Ein kurzfristig angesetztes Konzert im darauffolgenden November lockte ohne große Werbung 1400 Zuhörer ins Deutsche Theater in München. „Ein wunderbares Gefühl, in der eigenen Stadt gleich wieder so präsent zu sein, und ein großer Ansporn, weiterzumachen. Trotzdem ließen wir uns mit der Produktion einer neuen CD Zeit.“ Jetzt ist es soweit, die Guitarissimo-Welt geht in eine dritte Runde: Mit einer Mischung aus alten Nummern in neuen Arrangements und neuen Kompositionen von Peter Horton und Sigi Schwab („Wir haben unser Klangspektrum erweitert. Formal sind die Stücke komplizierter geworden und bieten auch Raum für Improvisationen.“) sowie, als Bonus-Tracks, zwei Original-Aufnahmen von damals, erweitert zum Trio bzw. Quartett – „ein Musi­kantenspaß“. Die Spielfreude ist eben ungebrochen. Angelika Rahm „Guitarissmo XL“ Peter Horton, Sigi Schwab, Tommi Müller, Andreas Keller (Solo Musica) www.crescendo.de

Februar – März 2014


h ö r e n & s e h e n

Orchester

Dunedin Consort

Beethoven Orchester Bonn

Überzeugend geschmackvoll

Das Geheimnis der Sinfonie

Das Dunedin Consort aus Edinburgh unter der Leitung des Bach-Experten John Butt hat nach Produktionen der Bachschen h-Moll-Messe, der Matthäuspassion und der Johannespassion nun sein erstes Instrumentalalbum veröffentlicht: die Brandenburgischen Konzerte des großen Thomaskantors. Das mehrfach ausgezeichnete Ensemble, mit Stars der Barockmusik-Szene wie John Butt (Leitung und Cembalo), Pamela Thorby (Blockflöte), David Blackadder (Trompete) oder Jonathan Manson (Cello), lässt die Herzen von Originalklang-Fans höher schlagen. Stilistisch hochversiert mit erfrischender Klarheit wird die polyphone Musik herausgearbeitet. Die anspruchsvollen Soli werden energisch virtuos, aber stets innig und im kammermusikalischen Dialog musiziert. Tempi, Phrasierungen und sparsamer Vibrato-Einsatz sind überzeugend geschmackvoll. Auch wenn diese Aufnahme in solistischer Besetzung mit historischen Instrumenten, entsprechend der „Uraufführungs-Situation“ am Köthener Hof, für Liebhaber von Interpretationen mit modernen Instrumenten in großer Besetzung sicherlich gewöhnungsbedürftig ist: Das Dunedin Consort setzt damit die Serie seiner bemerkenswerten Bachinterpretationen fort. STÖ

„Beethoven goes Bethlehem“: Mit diesem Arbeitstitel startete Gerhard von Richthofen Anfang 2013 im Internet eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung seines Filmes über das Beethoven Orchester Bonn, frustriert von den Produktionsbedingungen deutscher TV-Sender. Drei Wochen begleitete er das Orchester auf seiner USA-Tournee, 11 Stationen von Bethlehem in Pennsylvania bis nach Florida, „ohne Team, ohne Brimborium“ – möglich dank moderner Videotechnik. Richthofen behält stets den Einzelnen im Blick und doch das „Ganze vor Augen“, wie Beethoven es formulieren würde. Ob Erkältung, Hörsturz oder Jetlag, für jeden Tuttisten hat er ein Ohr, lässt sich die Instrumente erklären, ihre Funktion im Orchesterapparat. Selten hat ein Dokumentarfilmer so genau hingehört, die „Show“, wie Amerikaner auch ein Klassik-Konzert bezeichnen, so genau beobachtet. Für einen Moment kommt man dem „Geheimnis der Sinfonie“ näher. TPR

Johann Sebastian Bach: “Six Brandenburg Concertos” Dunedin Consort, John Butt (LINN) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: “Allegro” aus dem: „Brandenburgisches Konzert Nr. 3 in G-Dur, BWV 1048“

Tanz

„Beethovens Orchester“ Gerhard von Richthofen (Centaurus Film), erhältlich über www.beethovens-orchester-derfilm.de

Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan

Meditation als Quelle

Westliche Ungeduld muss man abstreifen, muss sich einlassen auf Lin Hwai-mins Songs of the Wanderers von 1994 – eine in meditativer Langsamkeit fließende Tanzbewegung. Sein 1973 gegründetes Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan hat tatsächlich – wie man im Bonusteil erfährt – die Meditation als kreative Quelle in seine Arbeit integriert. Inspiriert vom Zen-Buddhismus, schickt er hier seine Tänzer auf eine zeitaufhebende Wanderschaft. In ihren schlichten Gewändern mit ihren knorrigen Wanderstöcken werden sie zu Sadhus, Indiens heiligen Männern, die ein Leben in Armut und Disziplin gewählt haben. Und wie sie sich auf der mit Reis (Asiens Symbol für Leben) bedeckten Bühne fortbewegen: manchmal mit rituell ekstatischem Aufbäumen und Hinstürzen, meist jedoch trancehaft langsam in ihren zwischen Martha-Graham-Moderne und Tai Chi zart gebrochenen Bewegungen, umhüllt vom chorischen Klang georgischer Volkslieder, wird man mitgenommen auf eine Pilgerfahrt zu sich selbst. Diese 1999 bei einem London-Gastspiel mitgeschnittene Arbeit ist ein besonderer Klassiker des zeitgenössischen Tanztheaters. GRA

Foto: Yu Hui-Hung, Lee Min Hsun

„Songs of the Wanderers“ Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan (Arthaus)

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h ö r e n & s e h e n

Irène Schweizer, Pierre Favre

Jazz

Zwei sind frei In unserer schnelllebigen, alles dokumentierenden Zeit erscheinen Irène Schweizer und Pierre Favre schon deshalb unzeitgemäß, weil sie sich rar machen. Mit ihrer dritten CD in gut fünfzig Jahren gemeinsamen Musizierens präsentieren diese Ikonen der „Free Music“ trotzdem keinen Kanon sondern Momentaufnahmen. „Live In Zürich“, entstanden an drei aufeinanderfolgenden Abenden in der Roten Fabrik in Zürich im letzten Jahr, setzt sich aus dem Dutzend der besten Takes dieser Auftritte zusammen. Es sind hauptsächlich kurze, frei fließende Kommunikationen, die nicht nur das innige Verständnis füreinander, sondern vor allem den gegenseitigen Sinn für Freiräume demonstrieren. Dass all diese Musik nicht abgesprochen, sondern im Moment geboren ist, fasziniert auch wegen der melodischen Momente und der Spannungsbögen innerhalb der einzelnen Stücke. Bird Of Paradise mit der besinnlichen Klangmalerei im Vorspiel und dem herrlich swingenden Klimax könnte kaum schöner komponiert sein. Aber genau das ist es ja auch. Freie Improvisation, wie Schweizer und Favre sie meinen, ist ein gemeinsamer Aufbau, eine intuitive Konstruktion, die sich vielleicht von überflüssigen Regeln, aber nicht von nützlichen Strukturen befreit. Dafür sprechen auch die pianistischen Ausflüge in Huben wie Druben oder Favres emotionaler Alleingang auf Painted Face. Hier ist die musikalische Umsetzung von Rousseaus Sinnspruch: „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“ GB

„Live in Zürich“ Irène Schweizer, Pierre Favre (Intakt)

Torun Eriksen

Besuch der jungen Dame Es gibt Stimmen, sagt man, die das Telefonbuch poetisch wirken lassen können. Die norwegische Sängerin Torun Eriksen besitzt ein solches Organ, voll warmem Wohlklang – ein junger Alt, gelassen und doch gründlich gefühlvoll. Zum Glück rezitiert sie auf ihrem neuen Album „Visits“ nicht aus dem Osloer-Fernsprechverzeichnis sondern singt Popsongs, die „sie auf die eine oder andere Art und Weise berührt haben“. Sehr minimalistisch arrangiert und nur von einem wunderbaren Trio begleitet, interpretiert Torun Eriksen etwa Beat Angels, ein Stück, das Sal Barnardi für Rickie Lee Jones’ Album Traffic From Paradise schrieb, aber auch Wish You Were Here von Pink Floyd, Fix You von Coldplay oder Spanish Joint des Nu-Soul-Halbgottes D’Angelo. Es sind zehn Stippvisiten bei sehr unterschiedlichen Urhebern, die vor allem durch diese Stimme vereint werden. Aber auch wie die Sängerin hinter der Stimme diese Geschichten erzählt, ist stringent. Wüsste man nicht, dass es Cover sind, man würde Torun Eriksen erst recht jedes Wort glauben. GB

„Visits“ Torun Eriksen (Jazzland)

Niels Klein

Eine kleine Autoscooter-Nachtmusik Wie klingt es, wenn man nachts im Urwald Autoscooter fährt? Wie „Tubes and Wires“, meint zumindest dessen Originator Niels Klein. Der vielfach preisgekrönte Kölner Komponist und Instrumentalist präsentiert auf seinem neuen Album allerdings mehr als nur den Soundtrack für einen dschungeligen Joyride bei Nacht. Vor allem lebt er sich hier musikalisch wunderbar aus – mit all seinen Klarinetten, den „Tubes“ im Titel, und den zahlreichen „Wires“, über die die Musiker seiner Band – der fabelhafte Keyboarder Lars Duppler, Supertrommler Jonas Burgwinkel und der alles erdende und beflügelnde Bassist und Gitarrist Hanno Busch – ihre Instrumente in den Aufnahmerechner spielen. Bei der ersten Live-Präsentation, spätnachts beim WDR Jazzfest in Köln vor einem guten Jahr, wirkte dieser spannende, komplexe Jazz-Rock vor allem druckvoll. Auf CD atmen die Stücke außerdem und entfalten dadurch eine klangliche Klarheit im Dickicht ihrer Kompositionen. Und sie machen, besonders vor dem Hintergrund einer imaginären Kirmesbeschallung eines noch imaginäreren Fantasy-Films, enormen Spaß. Joe Zawinul wird im Pressetext zum Album mit dem Diktum „we always solo, we never solo“ zitiert, dabei erinnert die Klangwelt dieser Produktion eher noch an Zawinuls „Weather Report“-Kollegen Wayne Shorter. Dass dieser genau wie Klein ein großer Science-Fiction-Fan und Saxophonist ist, passt natürlich bestens. Der Urwald ruft! GB

„Tubes and Wires“ Niels Klein (nWog Records) 38

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Februar – März 2014


„AktivSensation“

h ö r e n & s e h e n

Audio 11/13

Die neue nuPro A-300

ist „in jeder Hinsicht enorm leistungsfähig und bietet für ihr Geld einen gigantischen Gegenwert“ Audio 11/13

Foto: Jörg Steinmetz

12/13

Neue Klangdimensionen für PCs & Laptops, Tablets & Phones, MP3, Fernseher, Videospiele, HiFi, Multimedia und Studio!

Michael Wollny

Traumhafte Weltklasse Wie wichtig ist es, woher Musik kommt? Extrem und überhaupt nicht. Hier ein hübsches Fallbeispiel: Michael Wollny, ein zu Recht höchstgelobter Jazzpianist, nimmt sich auf seinem neuen Album Kompositionen aus allen Ecken der Musikwelt vor. Er beginnt mit Alban Bergs Nacht, verschiebt dann auf die mundwinkelhochziehendste Weise den Groove eines Songs der Flaming Lips, fühlt sich über die schöne, simple Melodie der Ballade Little People zu Guillaume De Machaut, Friedrich Nietzsche, später auch Paul Hindemith, Edgar Varèse, Wolfgang Rihm oder P!nk inspiriert. Sein Weltentraum, selbst der Titel beruht auf einem MahlerWort, zitiert sich quer durch Neue und Pop-Musik, durch all das, nimmt man an, was diesen klassisch geschulten Jazzpianisten im Lauf seiner 35 Lebensjahre bewegt und berührt hat. Das Schönste daran ist allerdings, wie Wollny aus all diesen Einflüssen und Inspirationen eigene Musik macht. Schon klar, das ist das Prinzip des Jazz, dieser zitierfreudigen Improvisationsmusik. Doch nur selten erfüllt es sich so hörbar gut. Das aktuelle Wollny Trio, mit seinem alten Weggefährten Eric Schaefer am Schlagzeug und jetzt neu Tim Lefebvre am Bass, lässt die heiligen Kühe fliegen und erdet luftige Pop-Ballons. Und noch etwas: Die beiden Wollny-Originale, besonders allerdings die Groove-Hymne When The Sleeper Wakes, mischen sich so harmonisch unters Volk der Vorfahren, dass sie höchstens positiv auffallen. Nicht, dass Michael Wollny bisher nicht schon hervorragende Alben gemacht hätte, aber dies ist sein Meisterstück. GB

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„Weltentraum“ Michael Wollny (Act) 39

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h ö r e n & s e h e n

Foto: Maike Helbig

Kammermusik

Catherine Manoukian, Gunilla Süssmann

Mit seliger Wärme „Regentropfen aus den Bäumen, Fallen in das grüne Gras, Tränen meiner trüben Augen, Machen mir die Wange naß.“ Das sind die Worte des Regenlieds, das Johannes Brahms seiner engen Vertrauten Clara Schumann 1873 zum Geburtstag schenkte. Die gleiche Melodie verwendet er im letzten Satz seiner Sonate Nr. 1 für Violine und Klavier G-Dur, op. 78. Brahms komponierte das Werk, nachdem er sein todkrankes Patenkind Felix, Claras Sohn, in Palermo besucht hatte. Es ist also ein durchaus emotional behaftetes Werk. Die kanadische Geigerin Catherina Manoukian und die norwegische Pianistin Gunilla Süssmann spielen es mit voller, seliger

Capella de la Torre

Himmlisch Alte Musik

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Wärme im Ton, mal mit erschütternder Schwere, in langen, innig-klagenden Bögen, mal mit zartem Hoffnungsschimmer, dennoch nie in den Kitsch abdriftend. Die beiden in Weimar lebenden Musikerinnen präsentieren auf ihrer ersten gemeinsamen Einspielung alle drei Sonaten für Violine und Klavier, die Brahms zwischen 1878 und und 1889 komponierte. Das intensive und lustvolle Zusammenspiel der Beiden ist eine wahre kammermusikalische Freude! CN

Johannes Brahms: „Violin Sonatas 1-3“ Catherine Manoukian, Gunilla Süssmann (Berlin Classics)

„So unser Her Gott in diesem leben – in das scheisshauss – solche edlen gaben gegeben hat, was wirdt in jhenem ewigen leben geschehen, wo alles gänzlich vollkommen und voll Freude sein wird?“ – für Martin Luther war Musik ein Stück Himmel auf Erden, so viel steht fest. Aber wie klang die Musik bei seiner Hochzeit mit Katharina von Bora im Juni 1525? Die Capella de la Torre, ein Spezialisten-Ensemble für historische Aufführungspraxis, präsentiert auf der CD „Luther‘s Wedding day“ Stücke, die bei der kirchlichen Trauung und beim Fest danach erklungen sein könnten. Neben bedeutenden Komponisten wie Heinrich Isaac oder Luthers Lieblingskomponisten Josquin Desprez sind auch eher unbekannte Tonset-

zer aus Luthers Freundeskreis vertreten wie Ludwig Senfl oder Johann Walter. Auch Luthers Ein feste Burg darf natürlich nicht fehlen. Ob so für den Reformator und versierten Musiker die perfekte Hochzeitsmusik erklang, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wohl aber, dass die Instrumentalisten und Sänger mal mit fein schwebendem, unverschnörkeltem und leichtem Klang, mal mit Schmackes und musikantischem Spielwitz unter der kundigen Leitung von Katharina Bäuml musizieren. Himmlisch! STÖ

“Luther‘s wedding day” Capella de la Torre, Katharina Bäuml (Challenge Classics) Track 1 auf der ­crescendo Abo-CD: „Kyrie“ aus: „Missa Nisi dominus aedificaverit domum“ www.crescendo.de

Februar – März 2014


h ö r e n & s e h e n

Ravel, Kodály, Sibelius, Rossini, Bruch, Hindemith und Strawinsky

Neues Vinyl-Schmuckstück Mit Highlights aus dem Universal-Archiv

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lte Liebe rostet nicht. Nach einem Vierteljahrhundert der Schattenexistenz als reines „Museumsformat“ gewinnt die Vinyl-LP auch außerhalb der eingefleischten Analogfraktion wieder zunehmend an Bedeutung: Die absoluten Verkaufszahlen bewegen sich zwar noch unter zwei Prozent des Gesamtvolumens an Tonträgerverkäufen, aber immer mehr Labels erkennen die Extravaganz, die besondere Haptik und vor allem die akustische Überlegenheit der schwarzen Scheibe und positionieren sie als highendiges Aushängeschild über ihrem breitgefächerten Angebot an Digitalformaten. Nach der Vinyl-Retrospektive von Highlights der ArchivProduktion hat Universal jetzt auch den legendären „Decca Sound“ auf zwei Reissue-Editionen wiederaufleben lassen: als umfasssende 50-teilige CD-Edition und als exklusive LP-Box mit sechs klassischen Originalalben in perfekter, völlig rauschfreier 180g-Vinyl-Qualität. Die LP-Edition umfasst die ersten zwei Dekaden des Stereo-Zeitalters von 1954 bis 1974 und setzt ungewöhnliche Akzente: Statt Beethoven und Brahms gibt es Ravels entlegene Märchenoper L’Enfant et les Sortilèges in der frühen Stereoversion von 1954 unter Dirigentenlegende Ernest Ansermet; ebenso extravagant mutet das dem ungarischen Folkloristen Zoltán Kodály gewidmete Album an, das der früh verstorbene ungarische Diri-

Elīna Garanča

Von Schuhen und Opern

„Decca Sound – The Analogue Years (1954-1974)“ 6 Original-LPs mit Werken von Ravel, Kodály, Sibelius, Rossini, Bruch, Hindemith und Strawinsky (Decca)

Buch

„Ich werde Sängerin, wie Mama“, das sagte Elīna Garanča bereits im Alter von zwei Jahren. Mittlerweile ist sie eine der gefragtesten Sängerinnen weltweit und ist gerade zum zweiten Mal Mutter geworden. In ihrer Babypause hat die Mezzosopranistin nun ein Buch geschrieben, in dem sie von den kleinen und den etwas größeren Hürden auf ihrem Weg vom Mädchen aus Riga zur international gefeierten Solistin erzählt. Wirklich wichtig sind die Schuhe heißt es, und tatsächlich stand Garanča schon in so manchem Schuhwerk auf der Opernbühne: ob mit Schnallen besetzt in Hosenrollen wie dem Octavian in Strauss' Rosenkavalier oder Mozarts Cherubino, oder in High Heels bei der Eröffnung des Wiener Opernballs. Charmant und im netten Plauderton erzählt sie von ihrer Kindheit zwischen Bauernhof und Musiksalon und davon, wie sie mit achtzehn beschloss, sich ganz nach oben zu kämpfen. Sie gewährt Blicke hinter die Kulissen der Opernwelt und lässt dabei mindestens genauso viele nachdenkliche wie lustige Momente zum Schmunzeln entstehen. Ganz nebenbei gibt es spannendes Hintergrundwissen zu bekannten und weniger bekannten Opernproduktionen, Komponisten und den Eigenheiten einer jeden Rolle. SK

Elīna Garanča: „Wirklich wichtig sind die Schuhe“ (Ecowin)

gent István Kertész 1964 in London mit dessen bekanntesten Orchesterwerken bestückte, der fetzigen Háry-János-Suite und den melancholischen Tänzen aus Galánta. Selten klang das LSO so authentisch „magyarisch“ und so temperamentvoll wie in dieser Referenzaufnahme. Auch die Erste von Sibelius unter dem 33-jährigen Lorin Maazel mit den exzellenten Wiener Philharmonikern (von 1963) oder die brillant funkelnden Rossini-Ouvertüren mit dem LSO und dem vergessenen italienischen Maestro Pierino Gamba zählen zu den entlegenen Juwelen des Decca-Katalogs, während Bruchs Schottische Phantasie und das Hindemith-Konzert zu David Oistrachs Heldentaten zählen, und Soltis Chicagoer Sacre von 1974 bis heute Kultstatus genießt als vielleicht perfekteste Analogversion des Ballettschockers. Diesen 33-minütigen Dynamik-Exzess zeichneten die Decca-Tonmeister im akustisch exzellenten Medinah-Temple auf 20 Spuren mit ebenso vielen Neumann-Mikrofonen auf. Jede neuere Digitalaufnahme klingt dagegen flach und ungefährlich. Diese Edition ist also ein ganz besonderes Plädoyer für die Magie von Vinyl und besitzt hohen Suchtfaktor. Attila Csampai

Musik entdecken

Praktische Epochenführer

Aus dem Englischen übersetzt ist diese praktische Musikführer-Reihe nun auch in Deutschland erhältlich. In kompaktem Format von jeweils circa 150 Seiten geben die Autoren einen umfassenden Überblick über die jeweilige Epoche. Die entscheidenden Komponisten des Barock, der Klassik und der Romantik werden kurz biografisch vorgestellt, miteinander in Bezug gesetzt und ihre unterschiedliche Art zu komponieren erläuert. Wie haben die gesellschaftlichen Begebenheiten der jeweiligen Zeit ihre Arbeit beeinflusst? Und was haben sie an spätere Musiker und Komponisten weitergegeben? Jedes Buch hat – schon weil es unterschiedliche Autoren sind – seine ganz eigenen Schwerpunkte, eins haben alle Ausgaben dieser Reihe aber gemeinsam: Die Texte sind verständlich geschrieben, mit Zitaten, Briefen und Bildern angereichert und die angesprochenen Musikbeispiele können auf den beigelegten CDs angehört werden. Lohnenswert für alle, die ihr Bücherregal um übersichtliche Kurz-Nachschlagewerke erweitern wollen. CN

„Musik entdecken“ (Barock, Klassik, Romantik) Clive Unger-Hamilton, Stephen Johnson, David McCleery (Lambert Schneider)

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h ö r e n & s e h e n

Bejun Mehta

Exquisit Bejun Mehta hat unbestritten eine der schönsten Countertenorstimmen auf dem aktuellen Counter-Markt. Wenn man ihm noch dazu die Akademie für Alte Musik Berlin und den RIAS Kammerchor unter Leitung von René Jacobs zur Seite stellt, kann man optimistisch davon ausgehen, dass eine Einspielung gelingt. So auch in diesem Fall mit einem Querschnitt der Oper in der Mitte des 18. Jahrhunderts von Hasses Il Trionfo di Clelia über Tommaso Traettas Antigone hin zu Mozarts Frühwerk Ascanio in Alba. Der Gesamteindruck ist exquisit, dennoch fällt auf, dass Mehta die virtuoseren, schnelleren Arien besser zu liegen scheinen als das langsame Leiden (etwa in Glucks Orfeo ed Euridice). CN

„Che Puro Ciel. The Rise of Classical Opera“ Bejun ­Mehta, ­Akademie für Alte Musik,­ René Jacobs (Harmonia Mundi)

Oper

Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Ah, sì, da te dipende” aus: „Antigona“ von Tommaso Traetta

Royal Opera House

Janowski & Wagner

Eugen Onegin

Wagnerdämmerung

Selbstverständlich muss eine Operninszenierung für sich (be-)stehen. Aber es hat besonderen Reiz, vom Regisseur Szene für Szene durch die Aufführung geleitet zu werden. Das Bonusmaterial der Aufzeichnung von Peter Tschaikowskys Eugen Onegin macht’s möglich (auf Englisch zwar und ohne Untertitel). Und das Regiekonzept, die Handlung aus der Erinnerung der beiden Hauptfiguren zu entrollen, liefert dabei mit vielen Stärken und manchen Schwächen reichlich Stoff zur Auseinandersetzung. Operndirektor Kasper Holten bot bei seiner ersten Inszenierung im eigenen Haus, dem Londoner Royal Opera House Covent Garden, eine echte Luxusbesetzung: Krassimira Stoyanova als Tatjana, Simon Keenlyside als Onegin und Pavol Breslik als Lensky zählen zu den unumstrittenen Stärken dieser Produktion. Nicht ganz so stark hingegen das Dirigat von Robin Ticciati, aber der erst 30-Jährige offenbart jede Menge Potential. AR

Marek Janowskis Großtat der Neueinspielung jener zehn Wagner-Opern, die der Meister höchst selbst für kanonisch erklärte, findet mit dem letzten Teil des Ring des Nibelungen, der Götterdämmerung, ihren Abschluss. Gemeinsam mit seinem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin hat er in bewusst konzertanter Form seine Wagner-Sicht festgehalten. Es ist ein getreues Abbild der künstlerischen Gegenwart geworden, die keine Blüte des Wagner-Gesangs erlebt. Ebenso detailreich wie übersichtlich breitet Janowski hier die Orchesterereignisse aus, folgt schlüssig der Leitmotivdramaturgie, setzt instrumentale Akzente und pflegt dynamisch betonte Spannungsbögen. Lance Ryans Siegfried ist keine schöne Stimme, aber ausdauernd in der Höhe und schmetternd in der Tongebung. Petra Langs Brünnhilde ist eine klug Gestaltende, Matti Salminen brüllt wuchtig seinen Hagen und Markus Brücks ausdrucksstarker Gunther bietet die überzeugendste Leistung. Es ist wie mit jeder Aufnahme dieser Reihe, sie ist ein Dokument der Gegenwart, Alternativen lassen sich jedoch immer finden. US

Peter Tschaikowsky: „Eugen Onegin“ Royal Opera House (Opus Arte) 42

Richard Wagner: „Götterdämmerung“ RSO Berlin, Marek Janowski (Pentatone) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Mein Erbe nun nehm’ ich zu eigen“ und „Fliegt heim, ihr Raben!“

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h ö r e n & s e h e n

Die Christoph Schlüren-Kolumne: Unerhörtes und neu Entdecktes

Wegweiser im Mysterium Die ewige Herausforderung: Franz Schuberts späte Klaviersonaten

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m Booklet seiner neuen Schubert-CD resümiert Inon Barnatan, die Reise durch diese Musik sei eine der schönsten und befriedigendsten Erfahrungen seines Lebens und „es ist ein wundervolles Gefühl, dies mit Ihnen teilen zu können“. Schuberts späte Klaviersonaten, die letzten drei davon 1828 in den Monaten kurz vor seinem Tod innerhalb kürzester Zeit entstanden, weisen über alles hinaus, was zuvor komponiert wurde – auf eine ganz andere, irrationalere Weise als beim späten Beethoven, der im Jahr zuvor verstorben war. Barnatan hatte bereits bei seinem CD-Debüt Schuberts letzte Sonate in B-Dur aufgenommen, dann war jenes grandiose Album gefolgt, mit welchem er seinen Durchbruch als einer der phänomenalsten Pianisten unserer Zeit feiern konnte: Darknesse Visible mit Werken von Ravel und Debussy, durchbrochen vom titelgebenden Dowland-Zeitlupenstück von Thomas Adès und einer dunklen Britten-Hommage, der Peter Grimes Fantasy von Ronald Stevenson. Nun also die beiden anderen 1828er Vermächtnisse Franz Schuberts in c-Moll und A-Dur, die in ihrer Vielgestaltigkeit, lyrischen Innigkeit und ihren dramatischen Auftürmungen ihresgleichen suchen. Nur wenige heute vermögen, mit struktureller Klarheit und absoluter pianistischer Makellosigkeit so tief und uneitel in das Mysterium dieser Werke einzudringen wie Barnatan. Noch wäre es übertrieben, Barnatan das untrügliche Gespür für Natürlichkeit, weitschauende harmonische Entwicklung und jene innige Nüchternheit zuzusprechen, wie sie – bei allen pianistischen Defiziten – in den legendären Aufnahmen des großen Eduard Erdmann so unvergleichlich dokumentiert sind (Tahra 218/219). Doch Barnatan erweist sich als würdiger Suchender, dessen Ernsthaftigkeit, kultivierte Tongebung bis ins wilde Fortissimo, von den Fängen der Sentimentalität kaum je unterwanderte Zärtlichkeit den Hörer spannungsgeladen durch die seelischen Abgründe navigieren. Vor allem hat Barnatans Spiel, wenn auch nicht in der unwiderstehlichen Konsequenz wie einst dasjenige Erdmanns, Momentum, und wir werden nicht durch zu grobe Rubato-Konditionierungen aus dem kontinuierlichen metrischen Fluss gerissen. Denn diese Entstellungen auf rhythmischer Ebene sind das größte Manko der meisten, auch ansonsten herausragenden Schubert-Aufführungen großer Pianisten. Ganz besonders gilt das, bei aller Großartigkeit im Detail, für Menahem Presslers Deutung der G-Dur-Sonate D 894, wo der Boden so schwankend ist, dass eine weiträumige Ori-

entierung – ganz besonders im Menuett – schlicht vereitelt wird. Natürlich ist Pressler ein unglaubliches Phänomen als 90-Jähriger, dem pianistisch noch alles zur Verfügung steht, dessen grundmusikalisches Spiel stets wie dasjenige eines kleinen Ensembles anmutet, und er kann auch stringenter, was von seiner Darstellung der letzten Sonate in B-Dur unbedingt zu sagen ist. Da erweist sich Pressler immer wieder als überragender Gestalter, der durchaus in seiner ganz eigenen, poetischen Art an andere große Schubert-Spieler wie Artur Schnabel oder Sergio Fiorentino anknüpft und den Hörer durchgehend zu fesseln vermag mit der Schönheit, Idyllik und orchestralen Pracht seines Ausdrucks. Wunderschön ist auch das Spiel der besonders für ihre Chopin- und Liszt-Aufnahmen berühmten Polin Janina Fialkowska, und ihr Schubert zeugt von wahrhaft schwerelos perlender Klangkultur. Gleichwohl geht auch sie in der G-Dur-Sonate D 894 mittlerweile ins kollektive Gedächtnis eingebrannten Rubato-Manierismen auf den Leim, und für sie gilt wie für Pressler, dass die Wiederholung der Exposition des Kopfsatzes einfach unmöglich lang wird. Man genießt es dann noch wegen des herrlichen Klangs, aber als durchgehenden Spannungsbogen kann man das nicht erleben. Dies soll ganz und gar kein Plädoyer gegen Rubato sein, jedoch eine eindringliche Aufforderung zu subtilerem Gebrauch dieses Mittels im Dienste einer stringenten Entfaltung der Form als Ganzes. Es geht auch keineswegs um die Vergötterung eines Musikers, der seit 55 Jahren nicht mehr unter uns ist und zum Zeitpunkt seiner Aufnahmen längst seinen technischen Zenit überschritten hatte, doch sei den Musikern und allen Hörern dringend empfohlen, sich an den schlüssigen, unprätentiösen und zutiefst dem Wesen der Musik, dem lebendigen Wechselspiel ihrer energetischen Linearität verbundenen Aufführungen Eduard Erdmanns ein Beispiel zu nehmen, das alle Moden und Auffassungen transzendierend ein gewisses Maß objektiver Orientierung zu vermitteln vermag. Und: je tiefer jemand eindringt in diese Musik, desto umfassender und unbegreiflicher erscheint das Mysterium, wie ein 31-jähriger Komponist eine solche Welt erschaffen konnte. Inon Barnatan: Sonaten D 958 & 959 (Avie) Janina Fialkowska: Sonaten D 664 & 894 (Atma Classique) Menahem Pressler: Sonate D 960 (+ Beethoven) (BIS) Menahem Pressler: Sonate D 894 (+ Mozart, Beethoven) (La Dolce Volta) 43


A k u s t i k

Drei Scheiben Für Den besten Klang? Kreisförmige Scheiben, die den Klang des Klaviers revolutionieren sollen? Als wir von den „Schwingungsharmonisierern“ hörten, wurden wir hellhörig und schickten die Münchner Pianistin Ottavia Maria Maceratini in den Selbstversuch.

Wenn es eine Revolution ist, dann ist es eine unscheinbare. Drei kreisrunde, schwarze Scheiben werden unter die Beine des opulenten Steinway-Konzertflügels gelegt. Der Flügel steht jetzt etwas höher als vorher, die Platten schimmern in edlem schwarzem Klavierlack. „Es muss funktionieren, es steht ‚Magic‘ drauf “, sagt Ottavia Maria Maceratini. Wir haben die Münchner Pianistin eingeladen, als unabhängige Testperson eine angekündigte Klavier-Innovation zu testen: die Schwingungsharmonisierer der Berliner Manufaktur Instrumagic. Was in den Scheiben steckt und wie sie funktionieren, wollen Marcel Reski und sein Team uns nicht genau verraten. Edelsteinelemente spielen eine Rolle, heißt es. Sie sollen den Klang des Flügels optimieren, sollen aus dem Instrument durch die Reduktion von Störquellen im Energiefluss das akustisch größte Potenzial herauskitzeln. Die Schwingungsharmonisierer, die wir testen, heißen „Black Pearls“ und werden zwischen Flügelrollen und Fußboden platziert. Zusätzlich werden Resonatoren, kleine, unauffällige Vierecke an den Flügelbeinen angebracht. Das Gesamtkonzept sieht vor, dass die Flügelrollen komplett gegen resonanzoptimierende „Solid Stands“ ausgetauscht werden könnten, sagen die Entwickler. Seit mehreren Jahren arbeiten

sie an der Entwicklung der S chwingungsharmonisierer und stellen sie seit einigen Monaten ausgewählten Klavier- und Konzerthäusern und Pianisten vor. Auch einige ganz Große wagten sich bereits an das Experiment: Pierre-Laurent Aimard war nach seinem Test der „Black Pearls“ so begeistert, dass er gleich eine Konzerthälfte in der Berliner Philharmonie damit spielte. Auf Dauer werden sich die Produkte von Instrumagic wahrscheinlich primär an Klangpuristen richten, die bereit sind, für den perfekten Klang ihres Instruments zu investieren: der Einstieg in das Zubehörsortiment der Schwingungsharmonisierer beginnt bei 1.980 Euro, die volle Ausbaustufe für einen großen Konzertflügel liegt derzeit bei 69.000 Euro. Ein spannendes neues Klangfeld eröffnet sich hier aber mit Sicherheit.

Interview mit Marcel Reski, Geschäftsführer von Instrumagic Herr Reski, Sie haben die Schwingungsharmonisierer entwickelt. Wie entstand die Idee? Ich befasse mich nun seit mehr als 23 Jahren mit exklusivsten High-End Musikwiedergabe-Systemen. Im Jahre 1997 begegnete ich dann dem genialen Lautsprecher-Entwickler der Duisburger Edelschmiede A capella. Er hat mir ein sehr großes Wissen auf dem Gebiet der Resonanz-Interaktion zwischen Materialien und der Wichtigkeit einer Resonanz-Balancierung von schwingenden Bestandteilen eines Lautsprechers vermittelt. Er entwickelte Mitte der 90er-Jahre auch Plattformen zur Resonanz-Balancierung, welche man zwischen Lautsprecher und Fußboden und zwischen Geräte und Möbel platzieren konnte. Die klanglichen Auswirkungen waren beeindruckend. Ein Zugewinn an Dynamik, 44

Stabilität und Klarheit im Klang war das Ergebnis. Anfang 2000 begegnete ich dann meinem türkischen Nachbarn, Vural Sengün, der ein wahrer Feinmechaniker-Meister ist. Er entwickelt und fertigt sein halbes Leben bereits edelste Plattenspieler-Unikate. Wir begannen kleinere runde Resonanzharmonisierer zu fertigen, die nach zwei bis drei Jahren Entwicklung auch prima funktionierten. Diese platzierten wir damals unter den Spikes von Lautsprechern und HiFi-Racks. Meine damalige Lebensgefährtin ist Sängerin und fragte mich, ob „diese Scheiben“ nicht auch genauso unter Flügeln wirken könnten! Somit war die Idee geboren und im Lauf von mehr als 5 Jahren Entwicklung und Feinabstimmung auf die Resonanzenergien von diesen schweren und besonders kraftvollen Instrumenten ist nun die Produktlinie von „Instrumagic“ entstanden. Wie viel Mut braucht es, eine solche Idee in der heutigen KlassikSzene vorzustellen? Wissen Sie, wenn jemand, der wie ich das liebt, was er tut, dann tut

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A k u s t i k

er dies einfach von Herzen. Ich bin einfach losmarschiert, mit einer Euphorie im Herzen, die der eines kleinen Jungen gleicht. Inzwischen ist mir klar geworden, dass die Instrumagic-Entwicklungen in der klassichen Musikszene erst einmal auf eine sehr große Skepsis treffen, die ich nur sehr gut verstehen und auch befürworten kann. Wenn dann jemand kommt wie ich, der etwas so Neues in einer Branche vorstellt, in der sich seit über 150 Jahren nicht wirklich etwas Nennenswertes verändert hat, und ich darüber hinaus auch noch nicht einmal ein Klavierbaumeister bin, dann kann ich mehr als verstehen, dass die Menschen mir und dem Konzept „Instrumagic“ erstmal mit Skepsis gegenüber treten. Die beste Einstellung zur Begegnung mit den Entwicklungen von „Instrumagic“ ist eine gesunde Skepsis, vor allem aber eine offene, gesunde Neugier. Denn das, was man erleben wird, ist für alle völlig neu und vor allem für den Verstand, der ständig versuchen wird, sich diese Wirkung zu erklären, im Moment noch nicht greifbar. Was erhoffen Sie sich von Ihren neuen Entwicklungen in der Klassik-Szene?

In erster Linie ist mir wichtig, dass die Pianistenwelt davon erfährt, dass das Klang- und Spielpotential, welches in einem Flügel oder Klavier steckt, weitaus größer ist, als bisher angenommen wurde. Natürlich können unsere Produkte aus einem kleinen Einsteigerflügel keinen Weltklasseflügel machen. Doch jeder Flügel kann durch Instrumagic nicht nur erstmalig sein volles Potential zeigen, sonders dieses darüber hinaus sogar noch in mehreren Stufen erweitern. Wo sehen Sie das Anwendungsfeld Ihrer „Black Pearls“? Theoretisch können alle Pianisten, die daheim ein schönes Instrument besitzen, Instrumagic einsetzen. Und natürlich sollen besonders die Bühnen der Welt von der Wirkungsweise der InstrumagicKonzepte profitieren. Auch hoffe ich, dass Aufnahmestudios ihre Flügel in Zukunft mit unseren Entwicklungen versehen, damit auch die Besitzer einer hochwertigen Musikanlage zuhause in einen noch größeren Musikgenuss kommen können. In jedem Falle ist jeder herzlich eingeladen, Instrumagic unverbindlich an seinem eigenen Instrument zu erleben. Carla Neumann

Ottavia Maria Maceratini testet die Schwingungsharmonisierer

Foto: Maximilian Rossner

Warme Schwingungswellen

Mit viel Freude habe ich neulich im großen Studiosaal des Bayerischen ­besten ist es wohl, sich einfach auf das zu verlassen, was man fühlt. Rundfunks eine reizende Erfahrung mit einem neuartigen Zubehör ge- Denn so kann man auch die Änderungen wahrnehmen, die für den Vermacht, das – wie ich es sehe und mir wünsche – große Resonanz in der stand bisher vielleicht noch schwer greifbar sind. Der Test wurde bei einer guten Akustik und auf einem schon für sich wunderschönen InPianistenwelt erzeugen wird. Ich wurde gefragt, auf einem Steinway D-Flügel zu spielen und strument durchgeführt. Umso beeindruckender war es, dass sich dort zwar mal ohne und mal mit drei scheinbar gewöhnlichen Scheiben, die nochmals so viel verbessern ließ. Diese Innovationen sind sicher eine unter den Flügelrollen positioniert wurden. Bald wurde mir beim Spie- große Bereicherung für die Pianistenwelt. Sowohl Konzerthäuser aber len klar, dass die Scheiben, die „Black Perls“ genannt werden, den insbesondere Besitzer von einfacheren Flügeln können sehr von den „Black Pearls“ profitieren. Klang des Flügels enorm bereichern konnten. Schön ist es außerdem zu sehen, dass es Menschen gibt, wie Herrn Die Töne schienen länger im Raum zu schwingen und das Klangvolumen steigerte sich, ohne dass es nötig gewesen wäre, mehr Kraft als Reski, die mit so viel Hingabe und Leidenschaft neue Forschungsgesonst aufzuwenden. Folglich wurde ich von einer warmen Schwin- biete aufmachen und mehr das Potential eines Instruments sehen, gungswelle durchflutet, was meine Spielfreude intensiviert und die wie zum Beispiel das eines Flügels, welches von den meisten Leuten als ein Instrument gesehen wird, dessen maximales Potential bereits erKreativität weiterhin beflügelt hat. Es ist schwerlich begreifbar, wie diese einfach und schön ausse­ reicht ist. Ottavia Maria Maceratini henden Scheiben solch einen tollen Effekt bewirken können. Am

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r e s o n a n z

Rätsel des klassischen alltags Was verbirgt sich hinter diesem Text?

Da ist nichts zu machen. Pardon. An mir kommt keiner vorbei. Komme, was da wolle. Komme, wer da wolle. Es gibt keine Extrawürste, keine Sonderbehandlung, keine Extratour – und schon gar keinen roten Teppich. Wo kämen wir denn da hin? Ich kann doch nicht beinahe jeden Abend den roten Teppich ausrollen. Das können sich die Herren und Damen, die Stars, die echten und solche, die es gerne wären, einmal schön abschminken. Ich bin wie ich bin und ich behandle jeden gleich. So ist es einfach. Die Kleinen können sich durch mich einmal groß fühlen. Und die Großen? Ja, die können sich wieder einmal klein fühlen. So wie am Anfang ihrer Karriere. Als sie zum Beispiel noch die dritte Sängerin von rechts in der vierten Reihe waren. Oder der siebte Geiger der zweiten Violine. Denn egal, wie berühmt oder toll jemand ist, ich bleibe die Konstante in einem Künstlerleben. Durch mich muss jeder hindurch. Es gibt kein vorbei. Komme, was da wolle. Komme, wer da wolle. Und der, der da komme, kann meinetwegen noch so berühmt sein, es gibt keine Sonderbehandlung. Wenn es hoch kommt, hält vielleicht noch jemand die Tür auf. Aber das war es dann auch schon. Ich habe einfach zu viel zu tun. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wie in einem Tauben-

schlag. Und so chaotisch geht es oft auch zu. Künstler eben! Was soll man dazu noch sagen. Dabei bin ich alles andere als glamourös. Ich bin eher etwas unscheinbar. Man könnte sagen, ich soll so wenig wie möglich auffallen. Ich bin zum Übersehen. Man muss meistens um die Ecke. Zum Beispiel zur Rückseite des Hauses. Aber ich bin trotz allem nicht unwichtig. Denn durch mich öffnet sich überhaupt erst das Tor in diese andere Welt. Wobei Tor vielleicht ein bisschen übertrieben wäre. Sagen wir: ein Eingang in eine andere Welt. Oft bin ich ja nicht vielmehr als eine kleine, unscheinbare Tür. Das Neon-Licht ist dabei oft mein bester Freund. Ich mag es. Viele andere mögen es nicht. Denn es ist halt ein bisschen kalt, ein bisschen steril. Um nicht zusagen: nackt. Es reduziert auf das Wesentliche. Und das passt zu mir ganz gut, wie ich finde. Denn bei mir gibt es keinen Schnickschnack. Ich bin zweckdienlich, auch wenn das doof klingt. Vielleicht hängen an der Wand noch ein paar Bekanntmachungen. Das alles hat jedoch wenig zu tun, mit den Leuten da vorne. Den schicken Menschen, die Karten für die erste Reihe kaufen. Und die Welt von einer anderen Seite sehen.

rätsel lösen und „Wagner-gala“-DVD gewinnen! Wenn ­Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­ Redaktion, Rindermarkt 6, 80331 München oder per E-Mail an redaktion@crescendo.de. Unter allen richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die DVD „Wagner-Gala aus der Semperoper mit Jonas Kaufmann und der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Christian Thielemann (CMajor). Einsendeschluss: 28. Februar 2014. Viel Glück! Die Gewinnerin unseres letzten Alltags-Rätsels ist Andrea Lüpcke aus Hannover. Die richtige Lösung war „Flöte“.

briefe Bekanntmachungen, Post und ein Lob, das wir gerne annehmen. Betreff: Richard Strauss Cover Liebe Leser, in der letzten Ausgabe, die wir dem Komponisten Richard Strauss gewidmet haben ist uns ein kleiner Fehler unterlaufen: Auf der Titelseite ist nicht – wie ursprünglich angenommen – Pauline Strauss abgebildet, sondern die deutsche Sopranistin Elisabeth Rethberg. Sie galt als die beste Aida ihrer Zeit und wurde 1929 von Arturo Toscanini als die „größte lebende Sopranistin“ bezeichnet. Sie sang 1928 in der Uraufführung von Strauss' Ägyptischer Helena an der Semperoper in Dresden die Titelpartie. Die Redaktion

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Betreff: „Please Listen to my new CD“ Liebes crescendo-Team, ich habe gerade meine erste Solo-Platte aufgenommen: Jazz, Samba und Salsa. Es sind ein paar große Namen dabei: unter anderem Sergio Galvão (Orquestra Tabajara), Paulo Russo, Lulu Martin, Alex Malheiros (Azymuth Trio), Sergio Barrozo(worked with Tom Jobim) , Marcelo Martins, Paulinho Guitarra (worked with Tim Maia), Marvio Ciribelli. Ich hoffe, es gefällt Ihnen. André Brito Batera, via unserer facebook-Seite mit Link zu seinem Album auf Soundcloud. Anm. d. Red.: Jede Art der PR ist erlaubt, also auch ein Tipp für eine gute CD über facebook. Wir freuen uns darüber.

Betreff: „150 Jahre Richard Strauss“ Liebes Team von crescendo, als „ab-und-zu-Leser“ Ihrer Zeitschrift muss ich Ihnen für die aktuelle Ausgabe ein großes Lob aussprechen! Obwohl das Jubiläumsjahr von Richard Strauss ja erst anfängt, habe ich schon jetzt einen tollen Überblick über die geplanten Aufführungen und Konzerte. Auch die (Bilder)-Geschichte über sein Leben und Wirken fand ich sehr schön umgesetzt. Es macht Lust, sich mehr mit dem Komponisten auseinanderzusetzen. Ich werde sogar versuchen, eines der Strauss-Bücher zu lesen. MfG, Enno Richter, per Brief.

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gesellschaft

Schwerpunkt 20er Jahre: Was passierte in Berlins Musikszene vor 90 Jahren? (Seite 48) Das neue Album der (neuen) Comedian Harmonists (Seite 52) Serie: Woher kommt...das Jazzige in den 20ern?“ (Seite 56)

Die (Klassik)-Welt in Zahlen

Preis für ein Pfund Brot 1923: ………………………………………………… 2 Milliarden Mark Wert eines US-Dollars am 16. Oktober 1923: ………………… 40 Milliarden Mark Anzahl der Menschen, die 1923 mit der Herstellung von Geld beschäftigt waren: ……………………………………………………… 30.000 Anzahl der wertbeständigen Geldscheinsorten in Deutschland: ………… 2.800 Höchster Betrag eines deutschen Geldscheines 1923:……………………………………………………………………… 100 Billionen Mark Jahr, in dem die Hyperinflation gestoppt wurde: ……………………………………… 1923 Jahr, in dem Thomas Manns Weltbestseller „Der Zauberberg“ erschien:…………………………………………………………………………………… 1924 Jahr, in dem die Comedian Harmonists gegründet wurden: ………………… 1928 Männer, die sich auf die Anzeige zur Gründung der Comedian Harmonists meldeten: …………………………………………………………………………… 70 Anzahl der Schallplatten, die das Ensemble in den ersten 7 Jahren veröffentlichte: ………………………………………………………………… 69

Foto: ebraxas/Fotolia.com

Anzahl der Konzerte der Comedian Harmonists 1933:……………………………… 150

Quelle: google.

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G E S E L L S C H A F T

Ein Bild, das Lust macht auf die 20er Jahre: Partys, Charleston, Champagner und der Wegfall sozialer und kultureller Schranken.

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»Dreiviertelnackt

im Shimmy und Zweivierteltakt« Schönberg, Hindemith, Lehár, die Comedian Harmonists, schrille Partys und verstimmt klingende Streichquartette. Was geschah im Berlin der 20er-Jahre? von Stefan Frey

W

ild ging es zu im alten Ägypten. „Um dort sich auszuleben“, pfiff man auf alle „Sittsamkeit“ und machte sich „‘nen Schlitz ins Kleid“. So tanzte man „dreiviertelnackt im Shimmy und Zweivierteltakt“, als wäre man im Berlin der 20er-Jahre. Die „Bar zum Krokodil“, wo sich solches begab, war ein anachronistisch verfremdetes Abbild dieser Epoche. 1928 von den Comedian Harmonists besungen, hatte es dieser Onestep allerdings nicht nur seines Reim- und Wortwitzes wegen in sich. Wie viele Nonsensschlager der Zeit unterlief er Konventionen, die formal und musikalisch durchaus noch gewahrt wurden, ihren Sinn aber längst verloren hatten. Sinn machte nur noch der Unsinn. Schon der Dadaismus hatte sich das gegen Ende des Ersten Weltkriegs anarchisch auf die Fahnen geschrieben. Nach dieser Menschheitskatastrophe schienen alle kulturellen Werte und Traditionen ohnehin hinfällig geworden zu sein. In ganz Europa herrschte Chaos, am heftigsten in Deutschland, wo der Bruch gesellschaftlicher Kontinuitäten am radikalsten ausgefallen war: Revolution und Bürgerkrieg, Putsch und Generalstreik kulminierten in einer Hyperinflation, welche die Umwertung aller Werte endgültig besiegelte. Das galt auch für die Musik. Das spätromantische Erbe Wagners hatte ausgedient, auch wenn es von prominenten Komponisten wie Richard Strauss, Franz Schreker oder Hans Pfitzner nach wie vor gepflegt wurde. Der Weg war frei für Arnold Schönbergs damals entwickelte Methode der Komposition mit „zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“. Er vollzog damit den letzten Schritt in Richtung einer Neuen Musik, deren Komplexität freilich kaum noch das Publikum erreichte. Das strömte lieber in die zahllosen Operetten- und Revuetheater oder frönte Modetänzen wie Shimmy, Foxtrott, Charleston, allesamt Spielarten des Jazz, jener anderen neuen Musik aus der nun auch in der alten plötzlich maßgeblichen neuen Welt. In Verbindung mit ihr wirkten die Nonsenstexte der Schlager wie ein ironischer Akt der Befreiung. Die drückend gewordene Last der Geschichte wurde in ihnen spielerisch abgeworfen. Tradiertes Bildungsgut wie das alte Ägypten diente nur mehr als Fundus höheren Blödsinns. Und einst bewunderte historische Größen verloren, wie Theodor W. Adorno diagnostizierte, als Operettenfiguren ihren Schrecken: „Hier erst sind sie ungefährlich geworden, die Pompadour und die Kleopatra“. Selbst „der Joseph und der Pharao“ verkehrten fortan lieber „inkognito“. Während die musikalische Unterhaltungskultur das Fallen aller sozialen und kulturellen Schranken als Befreiung feierte und

dadurch eine ungeahnte Blüte erlebte, steckte die ernste Musik zu Beginn der 20er-Jahre in einer Sackgasse. Es sollte bis zu deren Ende dauern, bis eine neue Komponistengeneration einen Ausweg daraus fand. Kurt Weill, einer ihrer profiliertesten Protagonisten, beschrieb die Situation der Klassik nach Schönberg folgendermaßen: „Als die Musiker alles erreicht hatten, was ihnen in ihren kühnsten Träumen vorschwebte, da fingen sie wieder von vorne an.“ Das hieß: Musik sollte „nicht mehr eine Sache der Wenigen“ sein, sondern „eine allen verständliche Sprache reden.“ Damit war auch die lange gehegte Grenze zwischen U- und E-Musik hinfällig geworden, und es entstanden jene eigenwilligen, für die Musik der 20er-Jahre so charakteristischen Mischformen. Vorreiter dieser Entwicklung war Paul Hindemith, als Sohn eines Handwerkers frei von jedem bildungsbürgerlichem Ballast. Entsprechend respektlos ging seine frühe Kammermusik mit dem klassischen Formenkanon um, verband barocke Suiten mit modernen Tänzen wie dem Shimmy oder karikierte die „Ouvertüre zum Fliegenden Holländer, wie sie eine schlechte Kurkapelle morgens um 7 am Brunnen vom Blatt spielt“ für ein völlig verstimmt klingendes Streichquartett, das zwischendurch in einen süßlichen Walzer verfällt. Damit war die Richtung vorgegeben: „Gebrauchsmusik“ im Sinne Hindemiths oder „Neue Sachlichkeit“ im Sinne des damals auch in Kunst und Literatur propagierten Zeitstils, der keineswegs unumstritten war. Konservative Komponisten wie Pfitzner kritisierten die „Neue Ästhetik der musikalischen Impotenz“ mit den Schlagworten „Atonalität, Internationalität, Amerikanismus“ als „Verwesungssymptom“. Aber auch Schönberg polemisierte gegen den „gefälligen Stil dieser Gesellschaftskünstler“ und ihre „überflüssigen Idiotien“. Als sich Schönberg von heute auf morgen selbst mit dem Einakter im zeitgenössischen Musiktheater versuchte, komponierte er die fast schon boulevardeske Ehebruchsgeschichte seiner Frau Gertrud in strenger Zwölfton-Methode. Der erhoffte kommerzielle Erfolg blieb jedoch aus. Dass er durchaus möglich war, hatten seine jüngeren Kollegen mit sogenannten Zeitopern programmatisch bewiesen: Hindemith 1929 mit Neues vom Tage, Ernst Krenek zwei Jahre zuvor mit Jonny spielt auf. Hier wurde der Jazz nicht bloß erstmals auf einer Opernbühne präsentiert, sondern ging als Sieger im Kulturkampf mit der europäischen Tradition hervor: Der schwarze Jazzbandgeiger Jonny triumphiert über den spätromantischen Komponisten Max. Das entsprach dem objektiven Stand der Musik am Ende der 1920er-Jahre und war von den Unterhaltungskomponisten schon längst erkannt worden. Emmerich Kálmán parodierte

Foto: Scherl SZ Photo

„Die ernste Musik steckte zu Beginn der 20er in einer Sackgasse.“

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G E S E L L S C H A F T

Foto: akg-images

Komische Oper zeigt die noch immer in seiner Operette Die Herzogin von ungebrochene Vitalität dieser einstigen Chicago den Konflikt von Jonny spielt Unterhaltungskultur, deren hoher Stelauf gar als Wettstreit zwischen Charleslenwert schon damals alte kulturellen ton und Csárdás. Doch Operetten Hierarchien durcheinander brachte. boten dem Publikum nicht nur die Wie sehr sich diese gewandelt hatten, neuesten amerikanischen Modetänze, zeigt ausgerechnet ein Werk mit explisondern auch, wie Krenek bitter konsDas Original: die Comedian Harmonists 1928. zit hochkulturellem Anspruch: Lehárs tatierte, „alle Emotionen, die die Oper Singspiel Friederike von 1928. Dass tatsächlich oder eingebildet geboten haben mochte“. Besonders Altmeister Franz Lehár profitierte davon. Richard Tauber darin den jungen Goethe sang, veranlasste Karl Nicht ohne spekulativen Instinkt war er in seinem Spätwerk den Kraus zu der Bemerkung, „man werde einmal wissen, daß Goethe Bedürfnissen eines verprellten Opernpublikums entgegengekom- der war, den Tauber gesungen hat“. Zwar entwickelt sich Friederike zum erfolgreichsten Stück der men: mit gesteigertem Orchesterglanz, veristischer Dramatik und vor allem sangbaren Melodien. Dass ein Opernsänger von Gnaden Saison, doch repräsentativ für das Berlin der 20er-Jahre wurde ein wie Richard Tauber damals zur Operette wechselte, war symptoma- anderes Werk, das wenige Wochen zuvor herausgekommen war: tisch: „Zeigen Sie mir doch die Oper, in der man noch wirklich gut Bert Brechts und Kurt Weills Dreigroschenoper, von Ihering nicht und schön singen kann. Ich sage nichts gegen Strauss und diejeni- umsonst als „Operette mit neuen Inhalten, mit neuer Musik“ gepriegen, die echte Kunstmusik schreiben, aber von den ‚Modernen‘ mit sen. Tatsächlich nahm Weill weniger Anleihen bei der Oper als der Operette (den MacHeath spielte der Operettenbuffo Harald Paulihrer phantastischen atonalen Musik will ich nichts wissen.“ Die Verbindung Lehárs und Taubers begründete bald die sen), der Revue und vor allem beim Jazz, den er „mitten in einer erfolgreichste musikalische Zusammenarbeit der 20er-Jahre. Zeit gesteigerter Artistik als ein Stück Natur“ empfand, als „internaGemeinsam wurden Bühnenwerke wie Der Zarewitsch oder Das tionale Volksmusik von breitester Auswirkung“. Bei Weill ist der Land des Lächelns konzipiert und ausgewertet. Durch neue Medien Jazz daher weniger modische Tanzform wie im damaligen Alltag wie Radio und Tonfilm fanden sie ein Massenpublikum jenseits von oder aktuelles Zitat wie in Kreneks Jonny spielt auf, sondern BestandBühne und Konzert. Das galt auch für das Grammophon, dessen teil des eigenen Personalstils. Wie keinem anderen Komponisten Tonqualität seit 1925 durch das neue elektronische Aufnahmever- der Zeit war ihm damit die Verschmelzung von U- und E-Musik zu fahren erheblich verbessert worden war. Die sogenannten Tauberlie- einem ganz eigenen Idiom gelungen. Brechts pointiert-provokante der aus den Lehár-Operetten scheinen als aus der Handlung heraus- Songtexte steigerten die Wirkung, wenn es auch nicht die wohl lösbare Tenorschlager mit persönlichem Adressaten eigens für die beabsichtigte war, wie Elias Canetti festhielt. Er sah in der DreigroSchallplatte gemacht. Dazu kam das mediale Potential der Stimme schenoper den „genauesten Ausdruck dieses Berlin. Die Leute jubeldes Tenors, die „in ihrer Durchbildung, Beherrschtheit und Modu- ten sich zu, das waren sie selbst, und sie gefielen sich. Erst kam ihr lationsfähigkeit“ laut Paul Dessau „geradezu für die technische Fressen, dann kam ihre Moral, besser hätte es keiner von ihnen Fixierung prädestiniert“ war. Allein Dein ist mein ganzes Herz von sagen können.“ Auch Ernst Bloch registrierte die stürmische AffirTauber auf deutsch, englisch, französisch und italienisch gesungen, mation als „eigentümlich ... Jeden Abend das Haus ausverkauft. Nieverkaufte sich in jeder Sprache über eine Million Mal. Unwidersteh- mand zischt und auch die Friederiken-Besucher sind zufrieden.“ Diese Gleichzeitigkeit des Ungleichen war typisch für das Berliche Gagen lockten nach anfänglichen Skrupeln deshalb auch viele andere namhafte Opernsänger wie Jan Kiepura, Michael Bohnen, lin der 20er-Jahre. Die Radikalität der Zwölftonmethode, die Gefälligkeit der Operette, der satirische Biss Maria Jeritza oder Gitta Alpar unter die der Dreigroschenoper, die nonchalante Röcke der leichtgeschürzten Muse. Die Ironie der Comedian Harmonists und Operette war, wie Großkritiker Herbert der holde Blödsinn der Bar zum KrokoIhering Ende der 20er-Jahre konsta23.5. – 10.6. Dresdner Musikfestspiele dil standen in latenter Verbindung und tierte, „jenseits des offiziellen, kritisierUnter dem Motto „Goldene 20er“ spüren machten den besonderen, bis heute ten Theaters, das inoffizielle, aber umso u.a. Philippe Herreweghe mit dem Collegium anhaltenden Reiz seiner Musik aus. wichtigere, das ‚wahre Zeittheater‘.“ Vocale Gent, Ute Lemper, Daniel Barenboim Schlager und Avantgarde entpuppen Mochte Adorno auch klagen, „zwischen und die Staatskapelle Berlin und das Gewandsich dabei als die zwei entgegengesetzten der ernsten Produktion und dem bürhausorchester Leipzig unter Riccardo Chailly Seiten einer Entwicklung, deren Dialekgerlichen Konsum zeigt sich allerorten dem Geist des vielfältigen Jahrzehnts nach. tik schon Adorno faszinierte: „Das offen das Vakuum“, profitierte vor allem Komplement der radikalen Musik war die Operette von der daraus entstandenen Freiheit. 1922 füllten allein in Berlin fast 20 Bühnen dieses von Anbeginn die für den Markt angefertigte standardisierte MasVakuum aus, zählt man verwandte Genres wie Vaudeville, Posse senmusik.“ Für etwas länger als ein Jahrzehnt wurde dieser Wideroder Revue dazu. Allabendlich mussten über 20.000 Plätze verkauft spruch produktiv wie selten sonst in der Geschichte. Das abrupte werden.“ Diese ungeheure Unterhaltungsmaschinerie war gefräßig Ende 1933 macht dies umso deutlicher. Die Düsternis der folgenden und lockte Theaterschaffende aus dem gesamten deutschen Sprach- Katastrophe verlieh dem Berlin der 20er-Jahre erst seinen besonderaum nach Berlin: Schauspieler, Schriftsteller, Komponisten. Die ren goldenen Glanz. Die Aura des für immer Verlorenen lädt bis kamen meist aus der alten Operettenmetropole Wien. Noch vor heute dazu ein, es wiederzugewinnen, sei es durch produktive Lehár waren Leo Fall und Oscar Straus an die Spree gewechselt, es Aneignung, sei es durch nostalgische Flucht aus der grauen Gegenfolgten Robert Stolz, Ralph Benatzky und Paul Abráhám, dessen wart. Wie sagte doch in der Bar zum Krokodil der Potiphar zu Ramüberdrehte Jazz-Operetten den libertinären Geist der Epoche wider- ses: „Sie seh'n, wie doof es hier ist im Restaurant Osiris... Ja, Majesspiegeln wie wenige Werke sonst. Ihre Wiederentdeckung durch die tät, da hamses!“ n

20er-Jahre-Festival-Tipp

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„Es gibt Momente, da fliege ich einfach“ Sängerin Dagmar Manzel über ihr neues 20er-Jahre-Album, ihre Liebe zum Theater und den neuen Job als Tatort-Kommissarin. v o n C h r i s t a H a ss e lh o r s t

„Menschenskind“, dieser Ausruf aus dem ersten Song Ihres neuen Albums ist typisch für das Berlin der 20er-Jahre. Ja, und als „Berliner Pflanze“ haben mich die Lieder von Hollaender schon immer angesprungen! Das ist eine Zeitreise vom klassischen Kunstlied über das Chanson bis zu den berühmten großen Film-Songs. Bei manchen Liedern wie Wiegenlied an eine Mutter und Das Mädchen mit den Schwefelhölzern dachte ich zuerst: Oh je, wie soll ich das nur singen? Aber es zeigte sich: die Lieder müssen durch mich hindurchgehen, damit sie zu meinen Liedern werden. Schön schräg ist ja das Nachtgespenst, das auch Max Raabe im Repertoire hat... ...richtig, aber ich gehe anders heran. Ich habe viele Versionen versucht, bis ich diesen rotzig-trotzigen Ton fand. An manchen Stellen denkt man sofort an Marlene Dietrich. Wie nähert man sich diesen Ikonen und interpretiert sie neu oder zumindest anders? Man muss Umwege gehen. Die Dietrich, das war eine andere Zeit und Präsenz, ein anderer Typ. Ich hatte große Lust, diese Hits für mich ganz neu zu entdecken. Michael Abramovich, mein kongenialer Begleiter, hat mir die Kostbarkeiten dieser Musik aufgezeigt. Und es war uns schnurzpiepegal, wie die Wirkung war. Daran haben wir nie gedacht! Wir haben die Lieder einfach auseinandergenommen und viele Varianten probiert. Ich habe immer weniger gemacht, mich ganz zurückgenommen, wollte es auf meine Art singen. Irgendwann dachte ich dann: Oh Gott, ich mach eigentlich gar nichts! (lacht). Aber das ist auch nicht nötig. Das Resultat ist sehr pur und rein. Die Lieder von Hollaender spiegeln die wilden 20er-Jahre Berlins, aber auch wirtschaftliche Not – von wegen „Goldene Zwanziger“. Hätten Sie diese Zeit gerne erlebt? Schon aus purer Neugier wäre ich gerne damals dabei gewesen. Die Texte drehen sich um Frauen, sind geprägt durch eine große Sehnsucht nach Liebe. Es sind fast alles Sehnsuchts-Lieder nach dem „kleinen Glück“. Und doch ist es ein ganz unsentimentaler, klarer Blick. Da muss ich nicht in andere Zeiten eintauchen. Das ist so aktuell und bei uns, da ist nichts veraltet. Die Sehnsucht

nach etwas Glück ist heute so stark wie damals – egal, wie alt man ist. Gerade durch diese Melancholie kann man unserer viel zu schnellen Zeit, dem maßlosen Überangebot, einfach entkommen. „Musik ist Seele“, dieses Motto eines Philosophen ist auch meines. Einer Ihrer Liederabende hieß „Ich bin ein Wesen leichter Art“. Trifft das auch auf Sie privat zu? Mit dem Tierkreiszeichen Jungfrau bin ich ja eher bodenständig, aber auf der Bühne habe ich die Gabe erhalten, mich auf „leichte Art“ an die Zuhörer zu verschenken. In der künstlerischen Arbeit darf ich schweben. Es gibt Momente, da fliege ich einfach. 2014 werden Sie Tatort-Kommissarin. Ist das jetzt ein Ritterschlag für eine deutsche Künstlerin? (lacht) Nein, das ist es für mich nicht. Da macht man so viele tolle Literaturverfilmungen, aber erst beim „Tatort“ reden und schreiben alle sofort drüber. Ich hätte nie daran gedacht! Doch die Konzeption ist spannend und auf hohem Niveau. Das Drehbuch stimmt, Regie und das Kollegen-Team sind fantastisch und der Bayerische Rundfunk ist ein toller Sender – darauf freue ich mich! Warum ermitteln Sie nicht im heimischen Berlin – obwohl der RBB gerade neue Kommissare sucht – sondern in Nürnberg? Lernen Sie schon Fränkisch für die Dreharbeiten im Juli? Das brauche ich nicht. Ich spiele eine Berlinerin in Franken. Kommissarin in meiner Heimatstadt zu sein wäre viel zu naheliegend. Da ist Franken doch ein viel interessanterer Rahmen und reizvollerer Gegensatz. Ihre TV-Präsenz war in jüngster Zeit eher gering. Woran lag es? Ich habe das Glück, mir aus den Angeboten nur das heraus suchen zu können, was mich wirklich interessiert. Da ist manchmal die Ausbeute etwas gering. Meine Favoriten kommen meist aus Skandinavien, absoluter Liebling ist die Serie Borgen! Vielleicht gelingt uns so etwas auch mal im deutschen Fernsehen und wir schielen nicht mehr so sehr nach der Quote. n

„Da macht man so viele tolle Literaturverfilmungen, aber erst beim Tatort reden und schreiben alle sofort drüber.“

„MENSCHENsKIND“ Dagmar Manzel (DG) Erscheinungstermin: Februar 2014 51


Foto: Promo

k ü n s t l e r

Die Berliner Comedian Harmonists wurden 1997 mit dem gleichnamigen Film gegründet.

Die Live-Trumpfkarte Horst Maria Merz, der Pianist der Berliner Comedian Harmonists über die Entstehung des Ensembles, seine persönliche Einschätzung der 20er-Jahre und die Anzahl seiner Pomadetuben. von Teresa Pieschacón Raphael

„Achtung – selten! (...) Stimmen gesucht! für ein einzig dastehendes Gesangsensemble“ hieß es im Dezember 1927 in einer Annonce im Berliner Lokalblatt. Die Geburtsstunde der Comedian Harmonists. Wie lautete eigentlich die Anzeige bei Ihnen, fünfzig Jahre später? Horst Maria Merz: Es war keine Anzeige, sondern der Anruf eines Regisseurs, den ich sechs Jahre vorher in Heilbronn während meiner Korrepetitoren-Zeit kennengelernt hatte und der von meiner Sehnsucht nach einer Rolle, in der ich Darsteller und Pianist in Personalunion sein konnte, wusste. Aber ich muss es erklären: Es war im Winter 1997. Ganz Berlin war plakatiert mit den Konterfeis von Heino Ferch, Ben und Meret Becker und Ulrich Noethen, den Protagonisten des Spielfilms Comedian Harmonists von Joseph Vilsmaier. Die Premiere stand an. Gleichzeitig liefen die letzten 52

Proben an der Komödie am Kurfürstendamm in Berlin zur Uraufführung von Veronika, der Lenz ist da, einem Stück von Gottfried von Greifenhagen, das ebenfalls die Geschichte der legendären Comedian Harmonists erzählt. In seltener Duplizität, denn die wussten voneinander wirklich nicht. Ein Jahr lang waren am Theater am Ku'damm vorher Sänger „gecastet“ worden. Nun suchte man einen Pianisten und ich bekam die direkte Anfrage. Fünf unbekannte Sänger kamen da zusammen, und ich zum Schluss. Wir kannten uns alle nicht. Die Geburtsstunde der zweiten „deutschen Boygroup“ Deutschlands, der Berlin Comedian Harmonists. Über Nacht schlüpften Sie in die Rolle des „Erwin Bootz“, des legendären Pianisten der Comedian Harmonists. Natürlich war der Film für uns ein Steigbügel. Drei Monate Auf-

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BERLIN COMEDIAN HARMONISTS LIVE 2. bis 26. März, Berlin Theater und Komödie am Kurfürstendamm: Café ohne Aussicht Eine Comedian Harmonists-Geschichte von heute (Regie: Franz Wittenbrink)

führungen waren geplant, fünf Monate spielten wir dann, gingen mehrere Male auf Deutschlandtournee. Alles ausverkauft, allein in Berlin sahen über 300.000 Menschen dieses Stück. Die Schlange ging jeden Abend vom Theater Kurfürstendamm bis zur Uhlandstraße und Knesebeckstraße. Über 800 Mal haben Sie ihn verkörpert. Eine kontroverse, aber zum Teil auch typische Persönlichkeit seiner Zeit. Ja, er hatte sich 1938 von seiner jüdischen Frau getrennt. Ich habe lange mit mir gehadert, wie ich ihn darstellen sollte. Aber der Respekt vor Jemandem, den man nicht kennt, hat mich vorsichtig sein lassen bei Deutungen. Außerdem lebte er zu einer Zeit, die nicht vergleichbar ist mit der heutigen. Man weiß relativ wenig Persönliches über ihn; es ist immer schwierig, eine reale Person darzustellen. Die einzigen Parallelen, die wir haben könnten, wäre der Umstand, dass wir an vielen Dingen des Theaters Interesse haben. Er hat Chansons gesungen und komponiert, war ein unruhiger Geist. Und das bin ich auch. Glauben Sie, dass die 20er-Jahre in Berlin tatsächlich „golden“ waren? Das können sie ja gar nicht gewesen sein, da war Weltwirtschaftskrise, der erste Weltkrieg und das Kaiserreich waren zu Ende, die Menschen wussten gar nicht wohin, waren orientierungslos. Die Vergnügungssucht ist nachvollziehbar. Es war ein idealer Zeitpunkt zum Start für eine A-Capella-Truppe wie der Comedian Harmonists, mit ihren dadaistischen, leicht frivolen Texten, die ja zu Evergreens wurden. Wie Mein kleiner, grüner Kaktus, Veronika, der Lenz ist da, Ein Freund, ein guter Freund und viele andere. Bis 1933 gaben sie 150 Konzerte und verdienten für die damalige Zeit unglaubliche 3000 Mark am Abend, fuhren teure Autos, waren mit attraktiven Frauen liiert ... Und dies mitten in der Wirtschaftskrise! Sie waren eine Sensation, auch gesellschaftlich. An einem Abend in der Philharmonie saß sogar Bruno Walter in der zweiten Reihe! 1935 aber kam es zum letzten öffentlichen Auftritt. Drei Mitglieder waren Juden und bekamen Berufsverbot. Die anderen machten weiter, aber es war nicht mehr das Gleiche. Aber auch die Karriere der Berlin Comedian Harmonists lief seit der Gründung 1997 phänomenal. Sie sind überall aufgetreten: von Berlin aus durch ganz Deutschland und dann in die Welt, von der Südsee bis Spitzbergen. Wie erklären Sie sich das? Nostalgie? Weniger. Jemand hat uns mal als „Live-Trumpfkarte“ beschrieben. Heute, wo alles so technisch ist, da lieben die Leute den lebendigen Klang, die Arrangements, die wunderbaren Texte und sechs Männer im Frack. Das ist ein Markenzeichen. Und die Haarpomade. Wie viele Tuben haben Sie bereits verbraucht? Oh, es dürften zweihundert sein! Die Originalarrangements sind verloren. Welches Repertoire singen die Berlin Comedian Harmonists denn?

Dem genialen Franz Wittenbrink ist es gelungen, die originalen Songs den alten Platten abzulauschen und uns diese mit ironischen Wendungen garniert geradezu auf den Leib zu schreiben. Es hat aufs Neue frappierend funktioniert. Am 2. März bringen wir ein neues Stück von Frank Wittenbrink heraus: Café ohne Aussicht. Eine Comedian Harmonists-Geschichte von heute, die unsere Erfolgsgeschichte nach sechzehn Jahren weiterschreiben soll. Gibt es Witze, die in unserer heutigen politisch korrekten Zeit nicht mehr so funktionieren wie seinerzeit, schließlich ist Selbstironie dem deutschen Gemüt manchmal fremd? Schwer zu sagen. Der frivole Witz, der so charmant war damals, ist in gewisser Hinsicht zeitlos. Gleichzeitig wurde über viele Dinge damals gar nicht so groß nachgedacht wie heute und sich einfach nur amüsiert auf Kosten des anderen. Gibt es auch ein musikalisches Geheimnis des Ensembles? Die Entpersönlichung der Stimme, das war das Credo der Comedian Harmonists und ist auch unser Credo: dass mit einer Stimme gesungen wurde. Das streben wir bis heute an. Für mich als Pianisten und sechste Stimme des Ensembles heißt das: unhörbar hörbar Spielen. Apropos alte Platten: 1928 nahmen die Comedian Harmonists zwei Schallplattenaufnahmen bei der Deutschen Grammophon auf, die jedoch unveröffentlicht blieben. Aus politischen Gründen? Nein, das glaube ich nicht, 1928 hatten die sich ja gerade gegründet und waren noch nicht so reif. Und 1929 schlossen sie einen sehr günstigen Exklusiv-Vertrag mit der Electrola. Wir holen das übrigens nach. Wir haben mit der Deutschen Grammophon gerade eine CD aufgenommen, die im Februar im Hotel Adlon vorgestellt wird. Sie wird neben den großen Hits auch einige neue Lieder enthalten sowie einige Nummern mit wunderbarer Orchesterbegleitung. Wie empfinden Sie das heutige Berlin? Es ist eine wohltuende, sehr unverkrampfte Stadt. Mein Eindruck ist: Probleme, die landauf, landab diskutiert werden, hat Berlin selbst schon lange gelöst. Etwa die Probleme der Migranten etc. Berlin ist immer ein paar Schritte voraus in der gesellschaftlichen Entwicklung. Irgendwie arrangiert man sich in Berlin. Und das finde ich sehr gut. n

Das Neue Album Hier gibt‘s die 20er-Jahre pur aufs Ohr: Bekannte Chansons und Lieder der berühmten Namensvettern, aber auch eine Eigenkomposition des Ensembles finden sich auf dieser Aufnahme. Entweder im puren altbewährten Close-Harmony-Sound oder mit ­Orchesterbegleitung. Ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Album, das zwar nostalgisch, aber trotzdem staubfrei ist.

„Die Liebe kommt, die Liebe geht“ Berlin Comedian Harmonists, Wroclaw Score Orchestra, Joris Bartsch Buhle (Deutsche Grammophon) 53


G e s e l l s c h a f t

Die Axel-Brüggemann-Kolumne

Wie die Musik, so auch die Zeit Warum hatten die zwanziger Jahre im Rückblick mehr Relevanz als das, was unsere Branche heute mit all ihren neuen Möglichkeiten schafft? Ein Plädoyer. Musik ist, wenn die Dinge größer wer- lich als Möglichkeit, angestaute Wut abzu- die realistischen Gräuel in Romanen wie den als das Leben. Was aber, wenn das Leben lassen, Frust abzubauen oder schlechte Remarques Im Westen nichts Neues zu größer wird als der Mensch, wenn die Zeit, in Laune in das dunkle Internet zu texten. Oft beschrieben und floh in die Sprachlosigkeit der wir leben, die Möglichkeiten unserer ist Musik nur noch der Soundtrack unseres des Dadaismus. Und die Musik? Arnold Vorstellungen übersteigt? Der Erste Welt- gelangweilten, schnellen Lebens. Ein endlo- Schönberg entwickelte nicht zufällig in den krieg vor 100 Jahren war so ein Augenblick: ser Zuckerguss-Walzer, dessen einzige Auf- 20er-Jahren seine 12-Ton-Theorie: Wo die die Welt war aus den Fugen. Für Trost, Ablen- gabe darin besteht, uns die Zeit zu vertrei- Welt neuen Gesetzen folgte, musste auch der kung und Schocktherapie suchten die Men- ben und uns vor der Stille zu retten – das Klang neue Regeln etablieren. Gleichzeitig schen die Musik. Der Soundtrack der 20er Nichts, die letzte große Angst, die wir haben. wurden Komponisten immer politischer: Nehmen wir Markus Hinterhäuser, Alban Bergs Wozzeck und Lulu waren Jahre ist ohne das Jahr des Kriegsausbruchs 1914 wohl kaum zu denken. Am Anfang den ich für diese Ausgabe auf einen Kaffee Gesellschaftsdramen, und auch Debussy, diente die Musik noch dazu, den Patriotis- getroffen habe (Seite 12). Für mich einer der Ravel, Saint-Saëns, Fauré, Elgar, Ives, Pucmus mit Tschingderassabumm anzustim- Wenigen, die dem Seichten glaubhaft den cini, Strauss, Webern, Hindemith, Schreker men und junge Menschen mit Pauken und Kampf ansagen: „Der ideale Abend ist, und Korngold komponierten – jeweils aus der Sicht ihrer Nationen - als Trompeten an die Front zu peitunmittelbare Reaktion auf den schen: hinein in den ersten „Oft ist Musik nur noch der Soundtrack Krieg. Andere Komponisten automatisierten Krieg, in dem suchten ihr Heil in der soSoldaten in die Massengräber unseres gelangweilten, schnellen Lebens.“ genannten „Leichten Muse“. der Kaparten und Masuren, Sie sollte die Menschen vom von Verdun und Belleau geschossen wurden – in die Welt ewiger Stille. wenn das Publikum nach den Kindertoten- Grauen ablenken. Der Unterschied zur Wer überlebte, wusste, dass Musik nach der liedern keine Lust mehr auf Champagner seichten Musik unserer Tage bestand darin, Apokalypse anders klingen musste als zuvor: hat“, sagt Hinterhäuser. Und er ist sicher, dass selbst die Unterhaltungsmusik verdass „eine Sinfonie von Mozart oder Beet- steckte politische Bedeutungen verbarg: dass sie existenziell für den Menschen ist. Heute scheinen wir genau das oft zu hoven auch heute noch die Kraft hat, den egal, ob der Jazz eines Louis Amstrong vergessen. Wie oft bläst die Musik uns den ganzen Tand der Welt mit einem Mal vom erklang oder ob Richard Tauber den Gassenhauer Ich küsse Ihre Hand, Madame von Marsch unserer eigenen Langeweile. Die Tisch zu wischen.“ Aber der Reihe nach: Der Erste Welt- Ralph Erwin anstimmte. Franz Lehárs LusDavid-Garrettisierung, das große Nebenbei, das hochglänzende Klassik-Geplapper. krieg war eine Wendemarke der Kultur: tige Witwe hatte bereits 1905 neue Maßstäbe Nicht einmal den anonymen Herzblut-Kri- Künstler, die heimkehrten, glaubten nicht gesetzt: Die Hits Damenwahl, Oh Vaterland tikern, die schräge hohe Töne im Netz tief mehr an das Konkrete und suchten das und Dummer Reiter hatten immer auch subunter der Gürtellinie zerreißen, scheint die Expressive. In der Malerei lösten sie die For- versive, tagesaktuelle Komponenten. Sie Klassik existenziell zu sein – sie dient ledig- men endgültig auf, die Literatur versuchte haben den Hauch der Apokalypse vorweg54

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genommen und die Operette der 20er Jahre, auch in Berlin, bestimmt. Wie gut die „Leichte Muse“ und große Bedeutung noch immer zusammenpassen, hat Daniel Barenboim gerade bei seinem Wiener Neujahrskonzert unter Beweis gestellt, als er in Gedenken an den Ersten Weltkrieg zum ersten Mal den Friedenspalmenwalzer von Josef Strauß dirigierte. Nach unseren Urgroßvätern kurierten unsere Großväter ihre Traumata mit Wirtschaftswunder-Songs oder der Darmstädter Schule. Adorno hatte postuliert, dass Musik nach Auschwitz nicht möglich sei. Aber unsere Eltern wagten die Revolution mit Elvis und den Stones oder kämpften mit Stockhausen und Ligeti. Umso absurder erscheint unser eigener Musikkonsum. Wie oft besuche ich Konzerte, in denen die Musik lediglich als Divertissement missbraucht wird, als Vorspeise zu einem schönen Dinner, zur Champagnerpause oder als willkommener Grund, mal wieder alte Bekannte zum Smalltalk im Foyer zu treffen? Tatsächlich machen wir es der Musik oft nicht leicht, gehört zu werden: weil wir zu Bequemlichkeits-Hörern geworden sind. Weil Musik omnipräsent ist. Weil sie zum alltäglichen Nebenbei für unsere Ohren geworden ist. Weil wir, mit Walter Benjamin gesprochen, uns eben doch lieber in ihr verlieren als uns durch sie zu sammeln. Weil es uns schwerer fällt, ein Buch in die Hand zu nehmen, wenn wir gleichzeitig ein bisschen im Netz surfen können. Weil es uns leichter fällt, eine Arte-Doku zu schauen als uns fünf Stunden lang mit Parsifal zu quälen. Weil es uns zu gut geht? Wohl kaum: Die Katastrophe unserer Zeit ist zum Glück nicht mehr der Krieg der Welt, sondern der Krieg der weltweiten Informationen. Selbst wenn wir uns zur Sammlung zwingen und die Konfrontation mit dem Existenziellen suchen, wird die Größe des Klassischen gern klein gemacht. Kulturelle Monolithe werden als leichtbekömmliche Häppchen serviert, wenn das Fernsehen etwa Anna Karenina als Uta-Danella-Verschnitt ausstrahlt oder den Wagner-Clan im millionenschweren „TV-Ereignis“ zur SoapOpera schrumpft. Aber auch, wenn Theater und Sommerfestivals mit ChampagnerGalas locken, in denen ausgerechnet 20erJahre Operetten jenseits ihrer damaligen Bedeutung weggesungen werden. Wenn Klassik-Labels ihre Stars als Modepüppchen verkaufen, und, ja auch, wenn immer wieder versucht wird, potenziell neuen KlassikHörern im Radio oder im Fernsehen die vermeintliche Angst vor dem Großen zu nehmen, indem plappernde Präsentatoren

uns weismachen wollen, dass Beethoven, Bruckner und Brahms nicht wehtun, dass sie lustig sind, manchmal sogar lächerlich. Die Klassik-Macher fürchten, dass ihr potenzielles Publikum Angst vor der Schwere haben könne. Aber so ist keinem geholfen. Die wirklich Klassik-Interessierten fühlen sich – mit Verlaub – verarscht, die Neugierigen werden wir so nie für das Existenzielle begeistern. Wir amüsieren uns im Leben und sterben den seichten Tod. Wie also ist es um uns bestellt, wenn der Satz stimmt: „So wie die Musik klingt, hört sich unsere Zeit an?“ Wagen wir den akustischen Faktencheck: Wie gesellschaftsrelevant sind Wolfgang Rihm, Jörg Widmann und Co. wirklich? Sicherlich sind sie die vorzeigbarsten Kämpfer gegen das Seichte. Aber für die Nachkriegsgeneration von Stockhausen, Ligeti und Nono galt der Anspruch des Existenziellen, des Unver-

Divan Orchestra, dessen Mitglieder vorwiegend aus Spanien und eben nicht aus Palästina und Israel kommen, wirft durchaus Fragen auf. Ebenso die Education-Projekte, um die sich Ensembles wie die Berliner Philharmoniker inzwischen ernsthafter kümmern als um bleibende CD-Veröffentlichungen. Oder die Idee von El Sistema, das sich nie ernsthaft von der Chavez-Regierung getrennt hat und inzwischen auch nach Europa expandiert. Seine künstlerische Legitimation bis hin zu den Salzburger Festspielen erhält El Sistema weniger durch den Klang als durch das zur Schau getragene Gutmenschentum und bunte Klassik-Parties: Arme Kinder werden an einen LuxusKlassikort verfrachtet, um das DiamantenHerz des Klunkerpublikums schmelzen zu lassen. Wenn wir es ernst damit meinen, das Verständnis für das Große der Musik zu wecken, sollten wir zunächst einmal daran arbeiten, dass der Musikunterricht in unseren Schulen nicht die höchste Ausfallquote hat! Und ja, am Ende machen da auch die Zeitungen mit. Sie debattieren Seitenweise über die Äußerungen von Valery Gergiev zu Schwulen und seine Nähe zu Putin und fragen gar nicht mehr, ob die große Klangtradition der Philharmoniker unter ihm fortgeführt werden kann. Die pseudo-existenziellen Klassik-Scharmüzel unserer Zeit spielen letztlich nur im seichten Polit-Boulevard und verraten die Ernsthaftigkeit der Klassik. Natürlich gibt es auch heute noch Künstler wie Albrecht Mayer, die den Spagat gekonnt wagen und nach einem „Album für Alle“ ein „Hard-Core“-Album für KlassikKenner aufnehmen. Aber wie viel mehr Musiker haben es verstanden, dass sie ihre Alben besser verkaufen, wenn sie sich als hübsche Virtuosinnen, als heilsbringende Pädagogen, als Internet-Stars oder Nazi-Aufklärer positionieren? Und wie selten sind jene geworden, die allein in der Musik tatsächlich berühren - so wie der Pianist Rafal Blechacz oder der Dirigent Christian Thielemann. Ja, ich weiß: es gibt viele von ihnen, aber sie verschwinden hinter dem Brimborium des Seichten. Natürlich könnten wir uns freuen. Schließlich ist all das ein Zeichen, dass es uns gut geht. Wen juckt es, dass in unserer Gemütlichkeit die Kultur auf der Strecke bleibt? Vielleicht aber ist es einen Gedanken wert, ob es uns wirklich gut geht, oder ob die Schützengräben unserer Zeit nicht die verlorene Suche nach Sinn ist. Wenn Musik ist, dass die Dinge größer werden als das Leben, wäre es wieder an der Zeit, die Größe unseres Lebens durch die Musik zu erkennen. n

„Die Katastrophe unserer Zeit ist zum Glück nicht mehr der Krieg der Welt, sondern der Krieg der weltweiten Informationen.“ zichtbaren. Sie haben neue Notensysteme für eine neu geordnete Welt gesucht. Für Widmanns in München uraufgeführte Oper Babylon mag das Existenzielle gelten. Auch wenn der Komponist hier gemeinsam mit Peter Sloterdijk eine Sprache gefunden hat, die viele Besucher ratlos zurücklässt. Aber wäre die Welt ohne Widmanns Echo-Fragmente wirklich ärmer? Und natürlich, auch Wolfgang Rihm hat mit Jagden und Formen durchaus innovative Klangräume geschaffen und die Nische des bislang Ungeschriebenen beschriftet. Aber legitimieren sich viele der Auftragswerke dieses Vielschreibers nicht in Wahrheit durch den Wunsch der Auftraggeber, sich selbst durch die Förderung Neuer Musik ein Klangdenkmal zu schaffen? Sind sie nicht auch Tapete? Seichtheit unter dem Vorwand des Schweren? Für wen konkret sind diese Werke bestimmt? Wen erreichen sie? Wem gehen sie unter die Haut? Wessen Existenz berühren sie? Hand aufs Herz! Es ist zum Reflex geworden, der Kritik des Seichten durch die besondere Thematisierung des Relevanten zu entkommen. Sicherlich ist Daniel Barenboim glaubhaft, wenn er in Wien den Friedenspalmenwalzer anstimmt, und sein Engagement für Frieden in Nahost ist bemerkenswert – zumal er die Mechanismen von Spannung und Entspannung, von Zuhören und Verhandeln stets musikalisch erklärt. Aber das West-Eastern-

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s e r i e

Woher kommt eigentlich ... ... das Jazzige in der klassischen Musik der 20er-Jahre?

?

Woher

kommt

Kurt Weill Strawinsky in Weimar, wo er die Auffüh„Musik ist Musik“, sagte Alban Berg zu George Gershrung sah und dieses Werk als „zukunftssicherste Zwiwin, als dieser sich darüber erstaunte, dass Berg seine eigentlich ... schengattung“ bezeichnete, ja, sie „grundlegend für Musik gefalle. eine bestimmte Richtung der neuen Oper“ befand, und Um die Frage zu klären: „Was ist amerikanische diese Richtung wurde Weills Richtung. Musik?“, hatte der Bandleader und „King of Jazz“ Paul Ein Jahr später und knapp 300 Kilometer entfernt brachten White­man Gershwin beauftragt, etwas „Jazziges“ zu schreiben. Gershwin, gerade erst 25, erinnerte sich später: „Bei einer Zugfahrt am 31. August 1928 Bertolt Brecht und Kurt Weill in Berlin die mit ihren stählernen Rhythmen, ihrem ,rattlety-bang‘, hörte ich Dreigroschenoper ans Tageslicht. Nur woher stammte die Dreigroplötzlich den kompletten Aufbau der Rhapsody, von Anfang bis schenoper? Etwa von Händel, dessen Opern John Gay und Johann Christoph Pepusch 200 Jahre zuvor in ihrer Beggar᾽s Opera persifEnde – eine Art musikalisches Kaleidoskop von Amerika.“ Diesen „Beitrag zur Musik der ganzen Welt“ wie Schönberg lierten? Pepusch hatte 1728 für seine eigene Oper nicht mehr als die Gershwins Musik nannte, schrieb Gershwin zunächst für Klavier, die Instrumentierung besorgte Ferde Grofé. Das einmalige Klari- Ouvertüre und ein Lied aus Versatzstücken Purcells und Händels nettenglissando zu Beginn entstand während der Proben durch geschrieben, alles andere waren bekannte Arien, Volkslieder und einen Scherz des damaligen Klarinettisten Ross Gorman. Auf den -tänze, ein satirischer Seitenhieb auf Sujet und Aura der so erfolgTitel Rhapsody in Blue kam Georges Bruder Ira in einer Ausstel- reichen Opern Händels, die ausschließlich in höheren Sphären zu lung, wo Bilder Namen trugen wie Symphony in White. Bei der Pre- schweben schienen. Gay und Pepusch wollten etwas Bodenständimiere am 12. Februar 1924 in New York saß Gershwin selbst am ges für das Volk. Das wollten Brecht und Weill auch. Der Text der Dreigroschenoper orientierte sich an der Vorlage Klavier und im Publikum Strawinsky. Strawinsky hatte zu Beginn der 20er-Jahre in Paris Pulcinella John Gays, stammte aber natürlich von Brecht wie wohl auch von uraufgeführt: Musik über Musik. Der „Neoklassizismus“ war gebo- Elisabeth Hauptmann und François Villon, dessen Übersetzer Karl ren. Die Idee seines Choreografen Diaghilev, aus Notenvorlagen Anton Klammer, der, weil namentlich nicht genannt, Plagiatsvorvon Pergolesi eine Ballettmusik zu machen, reizte Strawinsky sehr: würfe erhob und sich von den nachträglichen Tantiemen nahe „Pulcinella war meine Entdeckung der Vergangenheit – die erste Wien einen Weinberg kaufte, um den „Dreigroschenopertropfen“ von vielen Liebesaffären in jene Richtung.“ Pergolesi starb bereits zu keltern. Weitere Texteinlagen beruhten auf Versen von Rudyard Kipmit 26. Nicht alles also, was unter Pergolesi läuft, ist Pergolesi. So hört man in Pulcinella auch Domenico Gallo („Sonata I für 2 Vio- ling, Karl Kraus steuerte eine Strophe zum Eifersuchtsduett bei, und linen und Bass“) oder, wenn das bekannte Se tu m᾿ami erklingt, Lion Feuchtwanger gab der Oper den Titel. Die bahnbrechende Musik komponierte Kurt Weill, auch vielleicht eher Alessandro Parisotti. Zu Anfang könnte man sogar wenn der Gitarre spielende Brecht meinen, man höre Vivaldis Frühling, später behaupten sollte, viele Ideen zur auch wenn Strawinsky gelästert haben Zum Nachhören: Musik wären eigentlich von ihm. soll, „Vivaldi wird sehr überschätzt Franz S. Brunier, Brechts früherer ... ein langweiliger Mensch, der G. Gershwin: Rhapsody in Blue, musikalischer Begleiter, soll so ebenein- und dasselbe Konzert 500-mal Los Angeles Philharmonic Orchestra u. a., falls beteiligt gewesen sein. Vor Kurgeschrieben hat.“ Was StraTilson Thomas, Sony 2013 zem meldete sich sogar eine Musiklehwinsky gelang, war, auf etwas I. Strawinsky: L'Histoire du Soldat, rerin aus dem Saarland, eigentlich anzuspielen, ohne es exakt zu Kolja Blacher, Dominique Horwitz, Solisten d. käme die Melodie der Mackie-Messerzitieren. Berliner Philharmoniker, Phil.Harmonie 2010 Moritat von einem Werbesong ihres Zwei Jahre zuvor präsenVaters, der diesen bei einem Firmentierte Strawinsky „ein Stück für K. Weill: Die Dreigroschenoper, wettwerb eingesandt habe. Ein wirklidie Wanderbühne“: „L᾿histoire du Ute Lemper, René Kollo, RIAS Sinfonietta, ches Jazzstück wurde daraus, als 1956 Soldat”. Schon hier spielte StraJohn Mauceri , Decca 2012 sich Louis Armstrong dieses Songs winsky mit vorgegebenen EleA. Vivaldi: Jahreszeiten annahm. menten und schuf eine neue Form Berliner Barock Solisten, Phil.Harmonie 2014 „Musik ist Musik“, sagte Berg zu der Sprechoper, die wegweisend Gershwin. wurde. Denn im August 1923 traf Stefan Sell 56

www.crescendo.de

Februar – März 2014


themenspecial

„Reisen veredelt den Geist und räumt m i t a l l e n u n s e r e n Vo r u r t e i l e n a u f .“

O s c a r Wi l d e

Reise&Kultur Unterwegs 2014 Dresden & MeiSSen Saarland Bad Kissingen Augsburg

Mit

Preisrätsel

Ferienland Kufstein DAS KRANZBACH Bahn-Kulturreisen Ruhr-Region Salzburg

6. Jahrgang | Frühjahr / Sommer 2014


29. INTERNATIONALES MUSIKFESTIVAL

13. JUNI – 13. JULI 2014

Hélène Grimaud

Christoph Eschenbach

Ruth Ziesak

David Garrett

Simone Kermes

© Mat Hennek

© Eric Brissaud

© Steven Haberland

© Christopher Dunlop

© Sony_2011

13.06. Eröffnungskonzert Nationalphilharmonie Warschau D: Jacek Kaspszyk S: Genia Kühmeier (Sopran) Igor Levit (Klavier) Beethoven · Mahler

28.06. Mailänder Soiree Orchestra dell‘Accademia del Teatro alla Scala D: Lawrence Foster S: David Fray (Klavier) Sänger der Scala-Accademie Rossini · Beethoven · Mozart

18.06. Wiener Violinsoiree Wiener Symphoniker D: Vladimir Jurowski S: Leonidas Kavakos (Violine) Szymanowski · Ravel · Beethoven

29.06. Klassiksoiree Tschechische Philharmonie D: Jiri Belohlavek S: David Garrett (Violine) Vivaldi · Voˇríšek

20.06. Münchner Gala Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks D: Yannick Nézet-Séguin S: Hélène Grimaud (Klavier) Smetana · Ravel · Schumann

02.07. Beethovens 9. Sinfonie Chor und Orchester der KlangVerwaltung D: Enoch zu Guttenberg S: Melanie Diener (Sopran) Theresa Kronthaler (Mezzosopran) Daniel Behle (Tenor) Daniel Kotlinski (Bassbariton)

21.06. Haydn: „Die Schöpfung“ Tschechische Philharmonie Philharmonischer Chor Prag D: Jiri Belohlavek S: Ruth Ziesak (Sopran) Daniel Behle (Tenor) Daniel Kotlinski (Bassbariton) 25.06. Bamberger Galakonzert Bamberger Symphoniker - Bayerische Staatsphilharmonie D: Manfred Honeck S: Jan Vogler (Violoncello) Tschaikowsky · Beethoven 27. 06. Münchner Galaabend Münchner Philharmoniker D: Christoph Eschenbach S: Iskandar Widjaja (Violine) Mozart · Beethoven

04.07. Virtuosenkonzert mit Brahms Budapest Festival Orchestra D: Iván Fischer S: Arcadi Volodos (Klavier) Bizet · Brahms 06.07. Violinsoiree Orchestre National de Marseille D: Lawrence Foster S: Ning Feng (Violine) Chi Ho Han - Gewinner Kissinger KlavierOlymp 2013 Lalo · Paganini · Rachmaninoff · Bizet

Tickets und Programm: KISSINGER SOMMER Rathausplatz 4 · 97688 Bad Kissingen · Tel. (0971) 807-1110 · Fax (0971) 807-1109 www.kissingersommer.de · kissingersommer@stadt.badkissingen.de

09.07. US-Rhythm and Blues Orchestre National de Marseille D: Lawrence Foster S: Simone Kermes (Sopran) Tine Thing Helseth (Trompete) Da Sol Kim - Gewinner Kissinger KlavierOlymp 2012 Melodien von Villa-Lobos, Kern, Weill, Porter, Bernstein u. a. Tomasi · Mozart · Copland 11.07. Klaviergala mit Thibaudet Bamberger Symphoniker Bayerische Staatsphilharmonie

D: Alain Altinoglu S: Jean-Yves Thibaudet (Klavier) Beethoven · Grieg 12.07. Donizetti „L‘elisir d‘amore“ „Der Liebestrank“ Münchner Rundfunkorchester Philharmonischer Chor Prag D: Massimiliano Murrali S: Ludmilla Bauerfeldt (Sopran) Dmitry Korchak (Tenor) Vittorio Prato (Bariton) Daniel Kotlinski (Bassbariton) 13.07. Abschlusskonzert National Symphonieorchester des Polnischen Rundfunk (NOSPR) D: Lukasz Borowicz S: Sabine Meyer (Klarinette) Lise de la Salle (Klavier) Saint-Saëns · Mozart · Rachmaninoff

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Landkreis Bad Kissingen


I N H A LT

Impressum Das crescendo Themenspecial Reise & Kultur ist ein Supplement von crescendo – das Magazin für klassische Musik & Lebensart. www.crescendo.de Verlag Port Media GmbH, Rindermarkt 6 80331 München Tel. +49-(0)89 74 15 09-0 Fax: +49-(0)89 74 15 09-11 info@crescendo.de Herausgeber Winfried Hanuschik (verantwortlich) hanuschik@crescendo.de OBJEKTLEITUNG Liselotte Richter-Lux Tel. +49-(0)89 74 15 09-88 richter-lux@crescendo.de Redaktion Antoinette Schmelter de Escobar Artdirector Sophie Weiss, Weiss Werkstatt München Schlussredaktion Edigna Hackelsberger Fotonachweise S. 3 Tiroler Festspiele Erl / Anja Upmeier / Deutsche Mozart-Gesellschaft / www.tourismus.saarland.de / Uli_Weber / H. Kirchberger / Louis Anquetin, Femme à la voilette (Detail), © Private Collection, courtesy of D. Nisinson / Fran Kaufman / Hotel Kranzbach GmbH Verbreitung Reise & Kultur ist in 240 ausgewählten Reisebüros bundesweit erhältlich, ist in der Gesamtauflage von crescendo eingefügt und in Abonnementauflagen vom ART Kunstmagazin und Damals beigelegt. Verbreitete Auflage: 132.000 Expl. crescendo Themenspecials unterliegen der Auflagenkontrolle durch die IVW

EINE

Ferienland Kufstein Hörgenuss unter Gipfeln

Seite 4

Dresden und Meißen Nur vom Feinsten

Seite 5

Augsburg Mozart & More

Seite 6

Saarland Kleines Land – großartige Erlebnisse

Seite 8

Bad Kissingen Klang-Qualität

Seite 10

Salzburg Besichtigung in der Bel Etage

Seite 11

Bahn Kulturreisen Kurs auf Kunst

Seite 12

Ruhr-Region Gipfeltreffen am Klavier

Seite 13 Preisrätsel

Druck Westermann Druck GmbH Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig Titelbild: Außer dem berühmten Porzellan ein Markenzeichen von Meißen – die spätgotische Albrechtsburg (© Manfred Lohse)

sonderveröffentlichung

Das Kranzbach Stilvoll Ausspannen

Seite 14

»Eine Reise ist wie ein Trunk aus der Quelle des Lebens. « Friedrich Hebbel (1813 – 1863)

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REISE & KULTUR Ferienland Kufstein

© Peter Kitzbichler

Avantgarde-Architektur plus ambitioniertes Programm: Die Tiroler Festspiele Erl haben sich erfolgreich etabliert

© Academia Vocalis

Hörgenuss unter Gipfeln

T

agsüber Gipfelsturm mit Wanderstiefeln oder Moun-­ tainbike, abends schick ge­stylt zum Kulturgenuss? Im Ferienland Kufstein sind das keine unvereinbaren Gegensätze. Denn zusätzlich zum NaturschauDirigiert, komponiert und organisiert: Multitalent Matthias Georg Kendlinger spiel der alpinen Bergwelt hat dieser Teil Tirols auch musikalische Highlights zu bieten. Auftakt der Klassik-Saison 2014 sind von Februar bis Mai sechs Live-Übertragungen aus der New Yorker MET im Funplexxx Kufstein. Eingefangen von zwölf mobilen Kameras, lassen sich Weltstars wie Renée Fleming und ­Jonas Kaufmann in Opern von ­„Rusalka“ bis „Werther“ hautnah auf der Kinoleinwand erleben. Nächster Programmpunkt sind die Tiroler Beethoven Tage vom 25. bis 31.5.: Bereits zum sechsten Mal veranstaltet der Dirigent und Komponist Matthias Georg Kendlinger als musikalischer Leiter an verschiedenen Orten Sinfonie-,

© OperettenSommer

© DaCapo

Sprungbrett: Bei der Academia Vocalis werden Talente gefördert

Musik hat im Ferienland Kufstein von Frühjahr bis Sommer an vielen Orten Hochsaison – egal ob Live-Übertragung aus der MET, Konzert, Meisterkurs, große Oper oder Operette.

My Fair Lady 1. bis 16.8.2014 In vergangenen Jahrhunderten war die Kufsteiner Festung immer wieder Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Heute ist sie eine touristische Attraktion. Und schon zum achten Mal Schauplatz des unterhaltsamen OperettenSommers.

Kirchen- und Kammerkonzerte, bei denen u.a. seine K&K Philharmoniker brillieren. Als Forum für Nachwuchs-­ Talente versteht sich die Academia Vocalis vom 4.6. bis 9.8. In Meisterkursen profitieren junge SängerInnen vom Erfahrungsschatz internationaler Referenten und geben ihr Können in Konzerten zum Besten. Hörgenuss der Spitzenklasse versprechen die Tiroler Festspiele in Erl: Vom 10.7. bis 3.8. deckt Intendant Gustav Kuhn mit 28 Aufführungen ein Klang-Spektrum von Bartók bis Wagner ab. Am 9., 12. und 15.8. singt an gleicher Stelle Kult-Tenor José Carreras bei der Weltpremiere der Oper „El Juez“, die nirgendwo anders in Europa zu sehen sein wird. Historischer Kontrast zur Avantgarde-Architektur des Erler Festspielhauses ist die Kufsteiner Festung. Inmitten wehrhafter Mauern geht vom 1. bis 16.8. „My Fair Lady“ beim OperettenSommer über die Openair-Bühne in der vorgelagerten Josefsburg. Praktisch für Gäste von außerhalb: 27 Hotels und andere Unterkünfte kooperieren mit allen KUltura-Veranstaltern.

Informationen Tel. +43-(0)5372-62207 www.kufstein.com www.kultur-tirol.at


REISE & KULTUR Dresden und MeiSSen

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sonderveröffentlichung

Nur vom Feinsten

Elbflorenz vereint Prachtbauten und hochkarätige Veranstaltungen. Luxuriös logiert man im Hotel Bülow Palais.

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m 1750 malte Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, wunderbare Veduten vom Dresdner Elbufer. Mehr als zweieinhalb Jahrhunderte später ist dieser Bilderbuch-Anblick fast unverändert: Mit immenser Mühe wurde das einzigartige Barockensemble rekonstruiert, das

© Anja Upmeier

pro Jahr über 1,7 Millionen Übernachtungsgäste anzieht. Besonders beliebt sind bei ihnen Kulturveranstaltungen in historischem Ambiente wie die der Semperoper. Mit zwei Jubiläumsspielzeiten feiert dieses Traditionshaus unter seinem musikalischen Leiter Christian Thielemann derzeit

Barocke Pracht: Wie Perlen auf einer Kette reihen sich Bilderbuch-Bauten entlang des Terrassenufers

WeiSSes Gold

Dresden & Meißen entdecken

© Bülow Palais

Genuss-Arrangement · 2 Übernachtungen inklusive reichhaltigem Gourmetfrühstück · ein Glas Sekt zur Begrüßung · Willkommensgruß im Zimmer · Vier-Gänge-Menü im Sterne restaurant Caroussel · Eintrittskarte für die Porzellan-Manufaktur in Meißen · Bereitstellung des hoteleigenen Phaetons für einen Tag · Stadtplan und ausführliche Dresden-Informationen · kostenfreies Upgrade in die Deluxe Kategorie nach Verfügbarkeit · Nutzung des SPA- & Fitnessbereiches

© Bülow Palais

© Bülow Palais

Arrangement-Preis pro Person im DZ ab € 329,Arrangement-Preis pro Person im EZ ab € 509,Bei Buchung einer Zusatznacht ist eine SPA-Behandlung auf dem Hydrojet inklusive.

den 150. Geburtstag von Richard Strauss, 2014 u.a. mit Festtagen vom 6. bis 23. November. Ebenfalls begehrt sind die Konzerte der Dresdner Musikfestspiele und des Moritzburg Festivals, die Cellist Jan Vogler als Intendant leitet. Idealer Ausgangspunkt für Unternehmungen aller Art ist das Relais & Châteaux Hotel Bülow Palais. Mitten im romantischen Barockviertel gelegen, hat sich das Luxushotel unter privater Führung zum Geheimtipp der Elbmetropole entwickelt. 58 Zimmer im eleganten Design bieten größtmöglichen Komfort. Zu seinen Highlights gehört das Sternelokal Caroussel, wo Gourmets seit Herbst 2013 von edlem Meißner Porzellan speisen. Aufgrund einer Kooperation mit der renommierten Manufaktur, die im Rahmen des speziell für crescendo Reise & Kultur zusammengestellten Genuss-Arrangements besichtigt werden kann, ist dieses Restaurant eines der ersten weltweit, das auf ein komplettes Service-Ensemble aus dem „Weißen Gold“ setzt. Anlaufstelle für einen Snack zwischendurch oder ein unkompliziertes Abendessen ist das Bülow’s Bistro mit leichter, deutscher Küche. Karibisches Lebensgefühl vermittelt der 400 Quadratmeter große Day-SPA.

Informationen Relais & Châteaux Hotel Bülow Palais Königstraße 14 01097 Dresden Tel. +49-(0)351-800 30 www.buelow-palais.de

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REISE & KULTUR Augsburg

© Deutsche Mozart-Gesellschaft

Vater und Sohn: Fahnen mit den Konterfeis von Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart vor dem Perlachturm

Mozart & More

Vom Museum über ein jährlich stattfindendes Fest bis zum Violin-Wettbewerb: Als Deutsche Mozartstadt pf legt Augsburg das Erbe von Wolfgang Amadeus und seinem Vater Leopold, der 1719 in der Stadt geboren wurde.

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Festsaal im Schaezlerpalais 22.5.2014 Preziosen der Kammermusik von Richard Strauss erklingen in einem Rokoko-Raum mit Stuck, Decken-Fresken und edlen Kronleuchtern, der selbst ein architektonisches Juwel ist.

2006 die Deutsche Mozartstadt Augsburg aus der Taufe gehoben, die auf ihrer Internetseite relevante Informationen und Veranstaltungen bündelt. Das musikalische ­Erbe der Mozarts wurde aber auch schon zuvor intensiv gepflegt: Seit 1987 stellen junge Geiger ihr Können alle drei Jahre beim Internationalen Violinwettbewerb Leopold Mozart unter Beweis, aus dem Preisträger wie ­Isabelle Faust oder Benjamin Schmid hervorgingen. Und bereits zum 63. Mal bringt das Deutsche Mozartfest vom 17. bis 25. Mai 2014 Kirchen, Klöster und Säle mit Konzerten zum Klingen: Als erklärtes Themenfestival kreist es nicht ausschließlich um die Musik von Wolfgang ­Amadeus ­Mozart. Vielmehr will es Bezüge zu anderen Komponisten und Epochen herstellen – egal ob es dabei bislang zum Beispiel um die Bach-Söhne, Paris im 18. Jahrhundert oder unbekannte Komponistinnen der Mozart-Zeit ging. Schwerpunkt bei seiner aktuellen Ausgabe ist die ungewöhnlich anmutende Kombination von Mozart und

© Deutsche Mozart-Gesellschaft

© Deutsche Mozart-Gesellschaft

unkelrot ist es, dreistöckig, außen von seinem geschweiften Giebel abgesehen eher schlicht und innen in kleinere Räume aufgeteilt. Architektonisch fällt das Haus in der Augsburger Frauentorstraße Nr. 30 nicht weiter aus dem Rahmen. Dennoch trägt es erheblich zum Renommee der schwäbischen Stadt bei. Hier wurde nämlich im Jahre 1719 Leopold Mozart als Sohn eines Buchbinders geboren. Bis heute erinnert ein Museum mit einem Original-Hammerflügel, Bildern, Briefen und Notenblättern an jenen Mann, der Vater, Förderer, Manager und Mentor des Ausnahmetalents Wolfgang Amadeus Mozart war. Auch dieser fühlte sich besonders mit Augsburg verbunden: 1777 erlebte er hier sein erstes erotisches Abenteuer mit seiner Cousine Maria Anna Thekla, an die er in der Folge seine pikanten „Bäsle Briefe“ schrieb. In memoriam dieser beiden Berühmtheiten, deren Namensvetter sich übrigens bis heute im örtlichen Telefonbuch finden, wurde mit Hinblick auf das Jubiläumsjahr

Evang. Heilig-Kreuz-Kirche 24.5.2014 1653 wurde sie eingeweiht und blieb seither unzerstört. Beim Mozartfest ist dieses Gotteshaus Rahmen des AbschlussOrchesterkonzerts mit Evgenia Rubinova und Albrecht Mayer.


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Strauss, die mit Veranstaltungen von Kammer- und Kirchen- bis hin zu Orchesterkonzerten durchdekliniert wird. Doch egal „ob als Dirigent, Opernleiter oder Komponist: Richard Strauss hatte zeitlebens ein besonders enges Verhältnis zu Mozart. Umgekehrt erschien er manchen Zeitgenossen spätestens seit dem ‚Rosenkavalier‘ geradezu als Mozart seiner Zeit“, so die Programmmacher. Wie groß die biographischen und künstlerischen Bezüge zwischen beiden waren, diskutieren Spezialisten bei einem Symposium, mit dem das Mozartfest 2014 beginnt. In den Tagen danach kommen dann in über einem Dutzend Konzerte, die unter der Schirmherrschaft der Strauss-Kennerin Brigitte Fassbaender stehen, Lieder und Arien ebenso zur Aufführung wie Bläserserenaden, Streichsextette und Sinfonien. Um die ganze Stadt und Gesellschaft zu erreichen, sind auch unkonventionelle Formate und Orte mit dabei. Unter dem Motto „Mozart goes Campus“ findet die öffentliche Probe des Abschlusskonzertes gratis für Schüler und Studierende in der Uni Augsburg statt. Bei „Mozart im Club“ legt ein Klassik DJ im Weißen Lamm auf. © Deutsche Mozart-Gesellschaft

Kleiner Goldener Saal 18. & 20.5.2014 Im Rahmen des 63. Deutschen Mozartfestes finden zwei Konzerte im Festsaal der ehemaligen Jesuitenkongregation St. Salvator statt: Bläserserenaden von Strauss, Mozart und Reger sowie ein Kammerkonzert zu Strauss und der Wiener Schule.

© Deutsche Mozart-Gesellschaft

INTERVIEW Thomas Weitzel ist Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft; als solcher managt er das Mozartfest und initiiert Projekte wie das Jubiläum „250 Jahre Wunderkind­ reise“ ­Sommer 2013

Bertolt Brecht, die Fugger, der Religionsfrieden und das Hohe Friedensfest – das sind wichtige Themen, die das Image von Augsburg prägen. Aber auch die Familie Mozart hat ihre Wurzeln in und um Augsburg. Teilnehmer unserer Spezial-Führungen sind immer wieder überrascht, welche wunderbaren historischen Orte sich dabei wie auf einer Perlenkette aneinander reihen. Das Stadtbild und die authentischen Säle machen schließlich auch den Reiz des Deutschen Mozartfestes aus, das unserem Publikum jedes Jahr außergewöhnliche Klang- und Raumerlebnisse mit hochkarätigen Künstlern ermöglicht.

Informationen Tel. +49-(0)821-324-4900 (Ticketbestellung für das Mozartfest)

www.mozartstadt.de www.mozartgesellschaft.de

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300 Jahre Carl Philipp Emanuel Bach Jubiläumsjahr 2014 Hamburg Berlin Potsdam

Weimar

Frankfurt (Oder) Leipzig

Herzlichen n Glückwunsch! Wir feiern den 300. Geburtstag des herausragenden Komponisten mit Konzerten und Veranstaltungen an seinen sechs Lebens- und Wirkungsstätten in Hamburg, Potsdam, Berlin, Frankfurt (Oder), Leipzig, Weimar und an zahlreichen weiteren Orten in ganz Deutschland. Die Website www.cpebach.de bietet Lesens- und Wissenswertes zur Biographie und Musik C. P. E. Bachs und informiert Sie bis Ende 2014 über alle Veranstaltungstermine – sie reichen von Konzerten über Ausstellungen bis hin zu Symposien und Vorträgen.

Theater Bielefeld Hochschule für Musik Detmold Landestheater Detmold Nordwestdeutsche Philharmonie Theater Paderborn

Herzlich willkommen! Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

www.cpebach.de

27. – 31. Mai 2014 | Detmold www.landschafftkultur.de


© Weltkulturerbe Völklinger Hütte / Gerhard Kassner

REISE & KULTUR SAARLAND

Vom Industriestandort zum Kulturort – das UNESCOWeltkulturerbe Völlklinger Hütte

Kleines Land – großartige Erlebnisse Insider wissen schon lange um die Qualitäten des Saarlandes. Andere haben eine Entdeckungsreise in das kleinste deutsche Bundesland noch vor sich, das reich ist an Attraktionen von Industriedenkmal bis Festival.

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Hilary Hahn 11.5.2014 Gastspiel in der Gebläsehalle: Als Sechsjährige debütierte Hilary Hahn vor Publikum. Mittlerweile 34, lässt die Amerikanerin ihre Geige erstmals im Saarland erklingen. Und zwar in Neunkirchen mit Stücken von Mozart bis Schönberg (www.nk-kultur.de).

Auf kleinem Raum warten hier zahlreiche Sehenswürdigkeiten: Von römischen Ausgrabungsstätten und rekonstruierten Siedlungen über mittelalterliche Burgen bis hin zu den Denkmälern der Industriekultur – im Saarland wird Geschichte zum Greifen nah. Breitgefächerte Kulturevents von klassischer Musik bis hin zu moderner Kunst, vielfach auch in besonderer und ungewöhnlicher Kulisse, runden das Angebot ab. Mit dem Saarländischen Staatstheater bietet die Landeshauptstadt Saarbrücken ein Dreisparten­ haus mit herausragendem Spielplan von Schauspiel über

© pa picture alliance

© Peter Miller

as Saarland gilt noch als Geheimtipp unter den Reisedestinationen. Top-Attraktionen wie das UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte und die Saarschleife – das Wahrzeichen des Saarlandes – sind bereits weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Aber was gibt es noch alles im Saarland zu entdecken? Geprägt durch mehrere Wechsel der Staatszugehörigkeit – mal deutsch, mal französisch – ist der Einfluss Frankreichs in Sprache, Küche und Lebensart heute noch spürbar, und das macht den besonderen Charme des Saarlandes aus.

Generation POP! Noch bis 15.6.2014 Mehr als Musik: 1.500 Objekte, Bilder und der „Sound“ von Generationen zeigen in der Völklinger Hütte, wie das Lebensgefühl seit den 50er-Jahren durch Pop-Musik und Pop-Kultur geprägt wurde (www.voelklinger-huette.org).


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Spiel ohne Grenzen: Das Festival Perspectives bietet Platz für Fantasie

© Musik & Theater Saar GmbH

Ballett bis Oper (www.saarlaendisches-staatstheater.de). Auch das Saarbrücker Altstadtfest steht vom 18. bis 20.7. wieder groß im Veranstaltungskalender mit Highlights wie dem Chansonfestival „Bistrot Musique“ (www.altstadtfest-saarbruecken.de). Doch auch außerhalb von Saarbrücken finden sich spannende Kulturorte wie das UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte, in dem heute imposante Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden. Bis zum 15.6. nimmt Sie die Ausstellung „Generation Pop! ... hear me, feel me, love me!“ mit auf eine emotio-

Klassik am See 12.7.2014 Ohrenschmaus und Augenweide: Seit 1997 geht im Strandbad Losheim im Hochsommer das Openair-Konzert „Klassik am See“ über die Bühne. Stargast 2014 ist der Tenor Joseph Calleja, den Abschluss bildet ein Feuerwerk (www.klassik-am-see-losheim.de).

Er mag Multitasking: Joachim Arnold ist nicht nur Chef der Musik & Theater Saar GmbH. Der 48-Jährige ist auch andernorts als Kulturmanager tätig, z.B. ab August 2014 an der Oper Wuppertal

Ich habe schon in vielen Städten gearbeitet. Meine Basis ist und bleibt aber das Saarland, wo meine westfälische Frau und ich uns sehr wohl fühlen. Alles, was wir brauchen, ist hier in kürzester Zeit erreichbar - egal ob Natur, gutes Essen oder Kultur. Um letztere bewusst an Orte zu bringen, wo sonst nicht so viel zu sehen ist, organisiere ich seit 1986 die „Kammermusiktage Mettlach“ – eine hochkarätige Veranstaltung für Kenner. Mit anspruchsvoller Unterhaltung haben wir unseren Platz an zwei weiteren Stellen gefunden: „Klassik am See“ in Losheim und den Zeltpalast in Merzig. Dort im Sommer quasi auf der grünen Wiese Konzerte, Opern oder Musicals auf die Beine zu stellen, ist kein Nachteil. Wegen des Eventcharakters kommt viel Stammpublikum. Aber auch andere entdecken uns. Und das Saarland – für viele eine Liebe auf den zweiten Blick.

nale Zeitreise. Ab 25.7. entführen Meisterwerke aus dem Museo Egizio di Torino in die Welt des Alten Ägypten (www.voelklinger-huette.org). Der ehemalige Bergbaustandort Reden, der heute Erlebnisort ist, zeigt in der Ausstellung „DAS ERBE“ das Leben der Bergleute unter und über Tage. So wird das Wissen um die Kohleförderung erhalten und in den Erinnerungen der Menschen lebendig (www.das-erbe-saarland.de). Eine Brücke zwischen Deutschland und Frankreich schlägt das binationale Festival „Perspectives“. Vom 22. bis 31.5. präsentiert es auf

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© Christophe Demarthe

© Musik & Theater Saar

INTERVIEW

THE ADDAMS FAMILY 22.8. bis 28.9.2014 Erst ein Cartoon, dann eine TV-Serie, jetzt eine Musicalkomödie: Als deutschsprachige Erstaufführung ist der Broadway-Erfolg über eine liebenswerte Ansammlung amerikanischer Exzentriker im Zeltpalast Merzig zu sehen (www.theaddamsfamilymusical.de).

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REISE & KULTUR Bad Kissingen

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© Bad Kissingen / Feuerpfeil Verlags GmbH

REISE & KULTUR SAARLAND

beiden Seiten der Grenze zeitgenössische Bühnenkunst, zu der auch neuer Zirkus zählt (www.festival-perspectives.de). Vom 29.6. bis 31.8. wird die alte Benediktinerabtei in Mettlach zum Schauplatz der Kammermusiktage. Der heutige Sitz des Weltunternehmens Villeroy & Boch sorgt für ein besonderes Ambiente dieser Konzertreihe (www.kammermusiktage-mettlach.de).

Pau s c hal -A rran g e m ents Das Arrangement zur Veranstaltung: Die Tourismus Zentrale Saarland bietet Ihnen Hotel & Ticket aus einer Hand. Buchen Sie das Paket aus Übernachtung inklusive Frühstück und Eintrittskarte. THE ADDAMS FAMILY ab 81 € p. P. im Doppelzimmer Klassik am See ab 99 € p. P. im Doppelzimmer Kammermusiktage Mettlach ab 69 € p. P. im Doppelzimmer (alle buchbar bis zwei Wochen vor Termin) Wer die Weltstar-Violinistin Hilary Hahn in der neuen Gebläsehalle in Neunkirchen live erleben möchte, kann gleich das Arrangement zur Veranstaltung mitbuchen. Enthalten sind der Eintritt zum Konzert und eine Übernachtung im neuen Holiday Express Neunkirchen ab 88 € p. P. im Doppelzimmer (Reservierung bis spätestens vier Wochen vor dem Termin). Überschreiten Sie die Landesgrenze mit den Pauschalarrangements „Vier Städte, drei Länder, ein Bett“ oder der „Saar-Elsass-Radtour“, die Sie in fünf Tagesetappen von Trier durch das Saarland nach Straßbourg führt.

Formvollendet und funktional: Bauten von Max Littmann prägen bis heute das Stadtbild von Bad Kissingen. Zu Gast beim Kissinger Sommer 2014: Hélène Grimaud

© Mat Hennek / DG

Touristen-Attraktion: Wasserkraft erschuf die Saarschleife bei Mettlach

Klang-Qualität Augenweide und Ohrenschmaus – der Max-LittmannSaal des Regentenbaus ist beides. Jedes Jahr lockt er internationale Klassik-Stars zum KISSINGER SOMMER.

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ill eine Stadt heute ein architektonisches Aushängeschild, leistet sie sich einen Bau von Koryphäen wie Frank O. Gehry oder Sir Norman Foster. Um 1900 erfüllte hierzulande Max Littmann diese Funktion. Bauten des 1862 geborenen Wahl-Münchners waren deutschlandweit begehrt – egal, ob Theater, Banken, Hotels oder Villen. Dabei hat er vor allem einer Stadt unübersehbar seinen Stempel aufgedrückt: Bad Kissingen. Denn mit Wandel- und Brunnenhalle, Maxbrunnen, Ludwigsbrücke, Kurtheater, Kurhausbad und Regentenbau existiert hier das größte zusammenhängende Max-Littmann-Ensemble. Bemerkenswert sind aber nicht nur dessen ästhetische Qualitäten. Ist die Rede vom exakt 100 Jahre alten Max-LittmannSaal im Regentenbau, geraten Musiker ins Schwärmen, gilt seine Akustik doch als nahezu perfekt. Kein Wunder, dass selbst hochkarätigste Gäste alle Jahre wieder gerne zu Konzerten im Rahmen des Kissinger Sommer kommen. 2014 treten vom 13.6. bis 13.7. unter anderem Simone ­Kermes, Christoph Eschenbach sowie Hélène Grimaud auf. Und auch Stargeiger David Garrett wird wieder dabei sein.

Weitere Informationen zu Konditionen und Buchung: INFormationen Tourismus Zentrale Saarland Tel. +49-(0)681-927 20-10 info@tz-s.de www.tourismus.saarland.de

INFormationen Tel. +49-(0)971-807 11 10 www.kissingersommer.de


REISE & KULTUR SALZBURG

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Besichtigung in der Bel Etage Die Salzburger Innenstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe und ein Besuchermagnet par excellence. Ab 17. Mai ist sie um noch eine Attraktion reicher: den Rundgang „Domquartier Salzburg“. B ar o c k- Pac k ag e s „Barockes Salzburg“: 2 ÜN/F im DZ im 4-Sternehotel, 1 Panorama City Tour, Eintritt ins Domquartier, 1 Ticket für ein Residenzkonzert, Infomaterial & Führer. Ab 169 € p.P. „Glanz und Zauber des Barock“: 2 ÜN/F im 4- oder 5-Sternehotel, Domquartier-Eintritt, Musikprogramm in der Residenz. Ab 216 € p.P. „Barockes Highlight in Salzburg“: 2 ÜN/F im 3- oder 4-Sternehotel, Candlelight-Dinner in der Festung, 1 Eintritt für „Best of Mozart“Festungskonzert, Eintritt ins Domquartier. Ab 199 € p.P.

© H. Kirchberger

© HGEsch, Hennef

Schönheit an der Salzach: Das Zentrum der Stadt ist ­geprägt von den barocken Bauten der Fürsterzbischöfe wie der Residenz mit ihren Prunkräumen.

© J. Kral

D

ie Salzburger Festspiele und der „ Jedermann“ sind seit 1920 ein Synonym. Hingucker ist außer der Star-Besetzung aber auch der Schauplatz von Hofmansthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“: Wenn das Wetter mitspielt, geht der Besuchermagnet jeden Sommer von Mitte Juli bis Ende August vor dem imposanten Dom über eine Openair-Bühne. Rund ums Jahr ist diese barocke Kathedrale genauso wie die Residenz Herzstück eines weit verzweigten Gebäudekomplexes, der früher Machtzentrum der Fürsterzbischöfe war. Als kirchliche und weltliche Oberhäupter in Personal­ union bestimmten sie jahrhundertelang die Geschicke der schmucken Salzach-Stadt. Beleg sind bis heute prunkvolle Residenzen, Gotteshäuser und Gärten, die traditionell zu den meistbesuchten Salzburger Sehenswürdigkeiten zählen. Es gibt aber noch Steigerungen: Ab 17. Mai 2014 wird ein in Europa einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Architektur, Kunst und Geschichte nach 200 Jahren wie-

der erlebbar gemacht. Denn als einer der bedeutendsten Bauherren ließ Guidobald Graf von Thun während seiner Regierungszeit von 1654 bis 1668 die Dombögen errichten, den Residenz- und Domplatz gestalten sowie eine Gemäldegalerie – die heutige Lange Galerie der Erzabtei St. Peter – anlegen. Dieser Komplex erschließt sich Besuchern jetzt auf dem neuen Rundgang „Domquartier Salzburg“ mit einem einzigen Ticket, das in der Salzburg Card inkludiert ist. Unterwegs erlauben ihnen insgesamt 15.000 Quadratmeter mit 2.000 Exponaten faszinierende Einblicke in repräsentative Räumlichkeiten, die dank der Öffnung und Verbindung harmonisch ineinander übergehen (täglich außer Dienstag 10 bis 17 Uhr, im Juli und August täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet). Wer das Ganze aus der Vogelperspektive genießen will, kann das von der Festung Hohensalzburg aus tun. Aussichts-Alternative ist die Terrasse des Museums der Moderne, von wo aus ein Fußweg mit Bilderbuch-Blicken zurück in die Innenstadt führt.

Kunst- und Wunderkammer Zum einen künstliche Objekte, zum anderen natürliche: In einem Teil des Dommuseums versammelt ein barockes Kuriositätenkabinett menschliche sowie göttliche Werke, die die Gesamtheit des Kosmos abbilden sollten.

INFORMATIONEN Tourismus Salzburg / Tel. +43-(0)662-889 87-0 / www.salzburg.info


August Macke (1887 – 1914) / Markt in Tunis I, 1914 © Privatsammlung, courtesy Thole Rotermund Kunsthandel, Hamburg

REISE & KULTUR Bahn-Kulturreisen

Kurs auf Kunst

Ai Weiwei, 2012, © Gao Yuan

Von Ai Weiwei bis Picasso: Zu Preisen ab 39 Euro kann man mit dem „Sparpreis Kultur“ von deutschen Bahnhöfen zu ausgewählten Ausstellungen fahren.

Vereint Poesie, Ästhetik und politische Statements: Ai Weiwei, ab April 2014 in Berlin

U

nterwegs von A nach B: Stau auf der Autobahn, vor Ort Orientierungsschwierigkeiten und Parkplatzsuche. Wer den „Sparpreis Kultur“ der Deutschen Bahn bucht, hat keines dieser Probleme. Zu Preisen ab 39 Euro reist man zweiter Klasse (1. Klasse ab 49 Euro) in Deutschland mit dem Zug zu ausgewählten Sonderausstellungen und zurück. Um Picasso und eines seiner Lieblingsmodelle kreist „Sylvette. Picasso und das Modell“ vom 22.2. bis 22.6. in der Kunsthalle Bremen. Das Städel Museum präsentiert mit der Emil-Nolde-Retrospektive (5.3. – 15.6.) in Frankfurt rund 140 Werke des Expressionisten, darunter etliche bisher unbekannLouis Anquetin, Femme à la voilette (Detail), © Private Collection, courtesy of D. Nisinson

Drei Freunde, eine Tunisreise: Vom 14.3. bis 22.6. zeigt das Berner Zentrum Paul Klee Bilder, die Klee, Macke und Moilliet 1914 malten. Mit „Euro-Spezial Kultur“ kostet die Bahnfahrt dorthin und zurück ab 59 Euro (2. Kl.) bzw. 99 Euro (1. Kl.) p.P.

Esprit Montmartre 7.2. bis 1.6.2014 Egal ob Picasso, van Gogh oder ToulouseLautrec – um 1900 lebte die Pariser Bohème bevorzugt im Viertel um Sacré Cœur. Wie kreativ Künstler, Dichter und Komponisten dort waren, zeigt die Schirn Kunsthalle Frankfurt als Sonderausstellung.

te Werke. Berliner Publikumsmagnet dürfte die große „Ai Weiwei“-Schau im Martin-Gropius-Bau werden, die vom 3.4. bis 7.7. Werke des kompromisslosen chinesischen Superstars zeigt. Die Verbindung von „Kunst und Alchemie“ untersucht das Düsseldorfer Museum Kunstpalast (5.4. – 10.8.). Erhältlich ist der „Sparpreis Kultur“ in den DB Reisezentren und DB Agenturen bei gleichzeitigem Kauf oder Vorlage eines Tickets zur jeweiligen Ausstellung. Maximal vier Mitfahrer sparen je zehn ­Euro, Kinder unter 15 Jahre begleiten ihre (Groß)-Eltern kostenlos. Hin- und Rückreise müssen innerhalb von drei Tagen erfolgen.

Informationen www.bahn.de/kultur


REISE & KULTUR Ruhr-Region

EINE

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sonderveröffentlichung

Ab 9. Mai spielen Starpianisten im Ruhrgebiet Strauss, Beethoven, Stücke für die linke Hand, Etüden und Jazz.

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© Hiromichi Yamamoto

echte Hand Melodie, links Begleitung: So ist die normale Aufgabenverteilung am Klavier. Doch es gibt Ausnahmen: Wegen einer Kriegsverletzung konnte der Pianist Paul Wittgenstein nur mit links spielen. Was für ihn und und andere Könner mit Handicap komponiert wurde, erkundet das diesjährige Klavier-Festival Ruhr im Rahmen eines Schwerpunkts. Weitere Kernthemen des weltweit wichtigsten Treffens für Tasten-Virtuosen, das vom 9.5. bis 12.7. auf 28 Podien in 19 Städten stattfindet, sind Konzerte

Spielt das Eröffnungskonzert des Klavier-Festivals: Leon Fleisher

© Chris Hartlove

Gipfeltreffen am Klavier zum 150. Geburtstag von Richard Strauss sowie ein Beethoven-Gipfel, den Krystian Zimerman, András Schiff und Igor Levit erklimmen. Programmpunkt 2014 ist auch die Herausforderung durch Etüden: Unter anderem stellt Pierre-Laurent ­Aimard solche Stücke von Ligeti denen Chopins, Bartóks und Skrjabins gegenüber. Klang-Kontrastprogramm liefert die JazzLine mit acht Konzerten von Größen wie Chilly Gonzales und Till Brönner. Weitere Stargäste des Klavier-Festivals sind Evgeny Kissin, Martha Argerich und Rafał Blechacz.

Krystian Zimerman 3.6.2014 Der Preis des Klavier-Festivals geht 2014 an den polnischen Pianisten, der bekannt ist für sein Streben nach Perfektion. In der Historischen Stadthalle Wuppertal beginnt er den Beethoven-Gipfel mit den drei letzten Klaviersonaten des Komponisten.

INFormationen Tel. 01806-500803 (0,20 EUR/Min. aus dem dt. Festnetz, mobil max. 0,60 EUR/Min.)

www.klavierfestival.de

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Gal a konzert z a kha r Bron f e S t ival o r ch eS t r a

Sin f on ie kon ze rt GUStav mahl e r JUGe n dorche Ster

Mittwoch, 2. April 2014, 19.30 Uhr, Kursaal Interlaken Zakhar Bron, Natalia Gutman, Mone Hattori (14) u.a. mit Mozart (Kleine Nachtmusik und Violinkonzert Nr. 3) und Haydn Cellokonzert Nr. 1

Ostersonntag, 20. April 2014, 17.00 Uhr, Kursaal Interlaken David Afkham und Christiane Karg u.a. mit Wagner aus Parsifal und Mahlers 4. Symphonie

Donnerstag, 3. April 2014, 19.30 Uhr, Kursaal Interlaken Zakhar Bron, Sabine Meyer, Ellinor D’Melon (13), Elli Choi (12) u.a. mit Waxman (Carmen-Fantasie) & Mozart Klarinettenkonzert Name, Vorname Strasse PLZ, Ort Telefon E-Mail Datum, Unterschrift Talon einsenden an: Interlaken Classics, Höheweg 72, CH-3800 Interlaken Fax +41 (0)33 821 21 16, info@interlaken-classics.ch

Karsamstag, 19. April 2014, 19.30 Uhr, Kursaal Interlaken David Afkham und Emily Magee u.a. mit Strauss (Vier Letzte Lieder) & Bruckners 7. Symphonie

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REISE & KULTUR-Preisrätsel DAS KRANZBACH

Erst Privat-Schloss, seit sieben Jahren Hotel: DAS KRANZBACH kombiniert Alt und Neu

Stilvoll Ausspannen Entworfen wurde es vor 100 Jahren als Privatdomizil für eine englische Adelige. Erweitert mit modernen Anbauten, ist DAS KRANZBACH seit 2007 ein Hotel & Wellness-Refugium, in dem Ruhesuchende umgeben von Natur pur relaxen können.

M

it jedem Kilometer auf der Autobahn in Richtung Alpen fällt der Alltag mehr von mir ab. Komplett in eine andere Welt tauche ich nach der Ankunft im Hotel & Wellness-Refugium DAS KRANZBACH bei Garmisch-Partenkirchen ein: Wie eine Theaterkulisse thront das schlossartige Haupthaus, das sich die englische Aristokratin Mary Portman vor 100 Jahren hier bauen ließ, inmitten von Wald und Wiesen. An der Rezeption werde ich mit einem Glas Sekt am flackernden Kamin empfangen. Und in meinem Zimmer liegt ein weißer Bademantel bereit, um den Rest des Nachmittags im NATURE SPA verbringen zu können. Selbst in den „Plauderräumen“ dieses 3.500 Quadratmeter großen Extra-Gebäudes, das 2007 wie der moderne Gartenflügel vom Architektur-Büro Edinger Fischbach and Partners aus Innsbruck harmonisch in den Hang hineinmodelliert wurde, sprechen die Gäste nur in Flüsterlautstärke. Ru-

he und Relaxen werden hier spürbar groß geschrieben – egal, ob in den nach außen verglasten Panoramasaunen mit Bergblick, drei wohlig warmen Außenpools oder 25 Behandlungsräumen für Verwöhn-Anwendungen wie Aromaöl-Massagen und Aloe Vera-Masken. Sich nach drei Stunden im Ausspann-Modus wieder in Schale zu werfen, fällt schwer. Doch der Aufwand lohnt sich. Wie jeden Abend kredenzt Küchenchef Thomas Reichl fünf köstliche Gänge aus seiner GenießerKüche, die ein Salat-Büffet und eine beachtliche Käseauswahl komplettieren. Kaum zu glauben, dass ich nach dieser Schlemmerei und einer Tiefschlaf-Nacht am nächsten Morgen wieder Hunger habe. Vor der Yoga-Stunde gönne ich mir allerdings nur einen Apfel-Karotten-Ingwer-Saft, den man sich in einem verglasten und gekühlten Extra-Raum des Restaurants selbst auspressen kann. Frisch gebackenes Körnerbrot mit hausgemachter Marme-


EINE

sonderveröffentlichung

Naturschauspiel: Außer einer 130.000 Quadratmeter großen Bergwiese bieten weitläufige Terrassen jede Menge Platz mit Traum-Blick auf die Berge

Alle Fotos: © Hotel Kranzbach GmbH

Stilmix quer durch die Designgeschichte: Ilse Crawford richtete das Portman-House ein (li.) Vollholz-Doppelzimmer mit Ausblick: Im Baumhaus ist man der Natur noch näher (re.)

lade, Rührei und Müsli gibt es später nach Sonnengrußund Meditations-Übungen unter fachkundiger Anleitung. Anschließend lockt mich die Bilderbuch-Umgebung nach draußen. Über die 130.000 Quadratmeter große Bergwiese, die DAS KRANZBACH sein Eigen nennt, spaziere ich durch Natur pur Richtung Elmauer Alm und zurück. Unterwegs entdecke ich das Schild: „Königshaus am Schachen drei Stunden“. Dieses Kleinod, das Ludwig II. 1869 bis 1872 samt einem Türkischen Saal auf 1866 Metern Höhe errichten ließ, steht schon lange auf meiner WunschWanderungen-Liste. Doch a) bin ich für die steile Strecke heute nicht richtig ausgerüstet. Und b) wartet im DAS KRANZBACH schon ein dickes Buch auf mich, in dem ich nach einem Mittagsimbiss und vor leckeren Kuchen sowie Strudeln zu späterer Stunde, die ebenfalls zur Superior-Halbpension gehören, ausgiebig schmökere. Die Tour zum Schachen nehme ich mir einfach für meinen nächsten Aufenthalt im DAS KRANZBACH vor – genauso wie eine Übernachtung in dessen neuem Baumhaus. Hinter Nadelbäumen versteckt liegt dieser romantische Rückzugsort nur einen Katzensprung vom Hotel entfernt: ein komfortabler Vollholz-Bau mit Besonderheiten wie einer Badewanne für zwei oder einer Doppelliege auf der Terrasse, vier Meter über dem Erdboden, aber dennoch bequem über einen Holzsteg zu erreichen.

P rei s r äts el für einen Wohlfühlaufenthalt Gewinnen Sie zwei Übernachtungen für zwei Personen im DZ im 4****Superior Hotel & Wellness-Refugium DAS KRANZBACH, Tel. +49-(0)8823-92 80 00, www.daskranzbach.de Inklusive sind erweiterte Superior-Halbpension, Nutzung von Sauna- und Badelandschaft sowie Fitnessanlage, Korb mit Bademantel und -utensilien während des Aufenthaltes, Teilnahme am Aktiv- und Entspannungsprogramm, LeihFahrräder und -Nordic Walking Stöcke, Leih-Schneeschuhe und -Langlaufausrüstung im Winter, Tiefgaragenplatz. (Der Gewinn ist gültig auf Anfrage und Verfügbarkeit bis 27.3.2015, ausgenommen Feiertage und Weihnachten/Silvester). Senden Sie bitte Ihre Antwort auf die Frage „Aus welchem Land stammte Mary Portman?“ an: Port Media GmbH, Kennwort: Reise & Kultur Rindermarkt 6, 80331 München, per Fax +49-(0)89-74 15 09-11 oder per Mail an gewinnspiel@crescendo.de Einsendeschluss: 15. Mai 2014 Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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l e b e n s a r t

John AXELRODS Weinkolumne

12 Töne, 12 Trauben Unser Kolumnist stellt einen vielseitigen Wein vor, der aus 12 verschiedenen Reben gemacht wird – und empfiehlt dazu, klar: Zwölftonmusik von Schönberg. Die Goldenen Zwanziger beschwören ein Bild von Dekadenz, Hedonismus, Gatsby und seinen Partys, Vor- und NachkriegsDepression, Weimar und Wall Street, von Stummfilmen und natürlich der unwiderstehlichen Josephine Baker! Wie Dickens mal gesagt hat (wenn auch zu einer anderen Ära): „Es war die beste Zeit, es war die schlimmste Zeit“. Sicher ist, dass es eine neue Zeit war, eine neue Ära, eine Revolution in der Musik, die den politischen und sozialen Revolutionen in Russland am Ende des 1. Weltkriegs folgte. Es war eine Zeit voller neuer Ideen. 1923 definierte Schönberg die Dodekaphonie. Und die Welt ist seither nicht mehr dieselbe. Schönberg selbst beschrieb das System als die Möglichkeit, „mit 12 Tönen zu komponieren, die miteinander in Beziehung stehen“. Der „12 Uve“ ist ein Wein aus Al Paradiso di Frassina, der aus 12 verschiedenen Rebsorten zusammengesetzt ist. Der Winzer beschreibt diesen Wein als „einzigartigen Rotwein, der aus 12 sorgsam ausgewählten Trauben gemacht ist, von denen sechs aus der Toskana und sechs aus Bordeaux stammen, gewachsen auf den Cinigiano-Bergen nahe dem Mittelmeer, im Windschatten des Monte Amiata“. Die Philosophie ist, im Anklang an Schönberg: „Eine Traube, eine Note.“ Mit dieser Idee im Hinterkopf, so

heißt es, „symbolisieren diese 12 Rebsorten ein musikalisches Ensemble, zeigen trotzdem die Individualität jeder einzelnen Traube im Wein“. Ich probierte den Wein neulich in Mailand, und kein Geringerer als Daniel Barenboim saß am Nachbartisch, hörte, was ich über den Wein erzählte und fragte, ob er auch probieren dürfe. Er war genauso hingeris-

„Barenboim saß am Nachbartisch und wollte probieren.“ sen von diesem Tropfen wie ich, und ich muss sagen, dass dieser Wein nicht weniger komplex ist als ein Werk wie Schönbergs Holzbläser-Quintett op. 26, eines seiner ersten Zwölfton-Stücke. Die Dodekaphonie fand Eingang in die Werke vieler Komponisten der Zweiten Wiener Schule wie Berg oder Webern, aber beeinflusste auch Serialisten und die Avantgardisten des 20. Jahrhunderts von Boulez über Stockhausen bis zu heutigen Komponisten. Doch während die akademische Musikwelt so tat, als wäre der Heilige Gral gefunden worden, pfeifen die Leute diese Melodien nicht in den Straßen. Mit dem „12 Uve“ ist das anders. Denn dieser Wein, der unter

30 Euro kostet, erobert die Welt im Sturm. Die Küchenchefs lieben es, Wein mit Essen zu kombinieren, und dieser Wein erlaubt es den Köchen und Sommeliers wegen seiner Komplexität und seiner Vielseitigkeit, ihn mit allem, von Fisch über Geflügel bis hin zu Foie Gras, zu kombinieren. Die wahre Revolution bei der Herstellung dieses Weins ist aber die angewandte MusikTherapie! Ja, wir wissen, dass Mozart einen besonderen Einfluss auf Menschen hat. Forscher vermuten, dass Kühe, denen Mozart vorgespielt wird, mehr Milch geben und Hühner mehr Eier legen. Und jetzt raten Sie mal, welche Musik diesen 12 Trauben vorgespielt wurde? Mozart natürlich! Schönberg würde sich im Grab umdrehen. Aber vergessen wir diesen klugen Mann nicht. Natürlich feiern wir Mozart, der bei jeder erdenklichen Gelegenheit vielleicht ein bisschen viel Wein genossen hat – aber auch Schönberg verdient sein Publikum! So wie dieser Wein. Schönbergs Variationen für Orchester op. 31 oder sein Überlebender aus Warschau op. 46, zwei seiner vielen ZwölftonWerke, werden schon noch ihren Weg in die Ohren der musikliebenden Öffentlichkeit finden. Der „12 Uve“ hat bei den Weinliebhabern jedenfalls schon bleibenden Eindruck hinterlassen. Mozart wäre stolz. Und Schönberg muss sich nicht verstecken. n

John Axelrods neue CD „Brahms Beloved“ mit dem Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi ist gerade erschienen. Wir rezensieren sie auf Seite 27 und stellen unseren Kolumnisten in dieser Ausgabe in einem Porträt auf Seite 26 vor. 73


e r l e b e n

Igor Levit

Eintauchen in die Welt der Musik Das Musikfestival Heidelberger Frühling möchte auch 2014 für Publikum und Künstler einen Kommunikationsraum schaffen – mit innovativen Konzerten und der hochkarätig besetzten Festival Akademie. V o n J u l i a H a r t e l Die Stadt Heidelberg kann auf eine jahrhundertelange Geschichte chen, bei Proben dabei sein, sich austauschen – und das alles in zurückblicken. Landschaftlich traumhaft gelegen, galt sie, die Hei- einer sehr familiären, ungezwungenen Atmosphäre.“ Andererseits mat von Deutschlands ältester Universität, seit jeher auch als bietet der „Frühling“ aber natürlich auch die Möglichkeit, erstSehnsuchtsort für Denker, Künstler und Wissenschaftler, die sich klassige Konzerte mit weltbekannten Stars zu erleben: Die Pianisdort treffen, neue Ideen entwickeln und diese dann wieder in die tin Hélène Grimaud mit dem „City of Birmingham Symphony Welt hinaustragen konnten. Eben jenem Geist sieht sich auch das Orchestra“ unter Andris Nelsons oder der Multi-Percussionist seit 1997 jährlich stattfindende Festival „Heidelberger Frühling“ Martin Grubinger mit dem „BBC Philharmonic Orchestra“ unter Juanjo Mena sind hierfür nur zwei Beiverpflichtet. „Von der Programmgestaltung bis spiele. hin zur Gestaltung des Rahmens ist bei uns Heidelberger Frühling 15. März bis 12. April 2014 Einen wichtigen Bestandteil des immer alles darauf ausgerichtet, Publikum Festivals stellt die Festival Akademie dar; und Künstler, sowie natürlich auch Künstler Informationen und Kartenservice: junge Stipendiaten können sich hier untereinander, in einen KommunikationsTel.: +49-(0)6221 - 584 00 44 gemeinsam mit ihren künstlerischen Leiraum zu führen“, erläutert Festivalintendant Fax: +49-(0)6221 - 584 64 00 49 karten-fruehling@heidelberg.de tern drei Gebieten widmen: dem KunstThorsten Schmidt. „Wer hierher kommt, kann www.heidelberger-fruehling.de lied (unter der Leitung von Bariton Thoin eine tiefe Beschäftigung mit Musik eintau74

www.crescendo.de

Februar – März 2014


Fotos: Felix Broede; Frank Stefan Kimmel; Steffen Mueller; Youri Lenquette; Andrew Cowin

Bundesjugendballett

Late Night mit Stipendiaten

mas Hampson), der Komposition (unter der Leitung von Komponist und Dirigent Matthias Pintscher) und der Kammermusik (unter der Leitung von Pianist Igor Levit). Die Besonderheit gerade in den Bereichen Komposition und Kammermusik, die dieses Jahr erstmalig miteinander vernetzt werden, besteht darin, dass die jungen Künstler nicht im eigentlichen Sinne „unterrichtet“ werden. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, mit ihren Workshopleitern „auf Augenhöhe“ über die zu erarbeitenden Werke und deren Interpretation zu diskutieren. Den Schwerpunkt bildet dieses Jahr Kammermusik von Ludwig van Beethoven. Eine weitere Besonderheit des „Heidelberger Frühling“: Die Workshops sind vom 30. März bis 5. April öffentlich zugänglich. Das Publikum, das ja normalerweise im Konzert nur fertig einstudierte Werke hört, kann hier also – jeweils vormittags im Rahmen der Reihe „Aspekte der Interpretation“ – deren Entstehungsprozess mitverfolgen. Immer am Nachmittag findet die Reihe „Komponisten im Dialog“ statt. Auch hierbei steht Beethoven im Zentrum: Die Kompositions-Stipendiaten hatten die Aufgabe, sich mit seiner Bedeutung für heutige Komponisten auseinanderzusetzen. Ihre aus dieser Fragestellung entstandenen Auftragswerke können sie dort zusammen mit den Instrumentalisten diskutieren sowie dem Publikum die zugrunde liegende Konzeption erläutern. Bei abendlichen Konzerten werden die Kompositionen durch die Dozenten bzw. Teilnehmer der Festival Akademie dann uraufgeführt. Zu deren Finale am 5. April gibt es eine zweite Aufführung aller Werke mit Verleihung eines Publikumspreises. Ebenfalls zu ihrer Uraufführung beim „Frühling“ kommen ein Violinkonzert des ehemaligen Akademie-Stipendiaten David Fulmer sowie ein kammermusikalisches Werk von Amir Sphilman, Gewinner des

Avishai Cohen

Heidelberg

letztjährigen Kompositionspreises. „Neues schaffen statt ‚copy & paste‘“ lautet das Motto der am 27. und 28. März stattfindenden Tagung, bei der die Intendanten der großen deutschen Konzerthäuser und Festivals über Innovationen im Kulturbereich reflektieren werden. Weitere Beispiele für Veranstaltungen des „Heidelberger Frühling“ 2014, der unter dem Motto „Parallelgeschichten“ steht und die Epochenwende um 1900 mit derjenigen um 2000 in Beziehung setzt, sind eine Eigenproduktion mit dem „Bundesjugendballett“ von John Neumeier, eine Koproduktion mit kenianischen und deutschen Tänzern unter dem Titel „NairoBach“ sowie mehrere Liederabende. Dass dem Kunstlied nicht nur in der Akademie, sondern auch im Hauptprogramm bei Konzerten mit Luca Pisaroni, Christiane Karg oder Maximilian Schmitt ein so verhältnismäßig großer Raum gegeben wird, ist ebenfalls dem Austragungsort des Festivals geschuldet – Heidelberg als Wiege der deutschen Romantik und auch des Liedes als deren paradigmatischer Kunstform. Genres, die sich etwas abseits der „klassischen Pfade“ bewegen, werden beim „off-spring“ erkundet: „Grenzgänger“ wie die Gruppe „Elektro Guzzi“, die Technomusik auf akustischen Instrumenten präsentiert, oder der Jazzbassist Avishai Cohen versuchen hier die Grenzbereiche auszuloten zwischen Klassik, Elektronik, Jazz und Minimal Music. „Wir gestalten unsere Programme, indem wir versuchen, den Horizont zu erweitern, neue Perspektiven zu ermöglichen und eben auch mal ganz verschiedene Stile zusammenzubringen“, so Thorsten Schmidt, „denn unser Ziel ist es, immer alle Publikumsgruppen anzusprechen.“ n 75


e r l e b e n

Staatsoperette Dresden

bereit für Neues In seinem 22. Jahrgang schaut das Kurt Weill Fest Dessau in die Zukunft: mit spannenden Konzerten, einem neuen Festival-Radio und einer „Tweetfonie“. Vo n S tefanie Pau l

Ihm habe ohnehin der Sinn nach einer Luftveränderung gestanden, soll Kurt Weill einmal gesagt haben. Die Nazis seien ihm dabei einfach nur zuvorgekommen. So trocken soll der in Dessau geborene Komponist seine Flucht aus Deutschland einst kommentiert haben. Bereits 1933 wanderte er zusammen mit seiner Frau Lotte Lenya nach Paris aus. Nur wenig später, bei der großangelegten Bücherverbrennung der Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 gingen seine Kompositionen in Flammen auf. Zusammen mit den Büchern von Karl Marx, Heinrich Heine, Thomas Mann, Bertolt 76

Brecht oder Erich Kästner. Über die Zwischenstation Paris ging es für Weill 1935 weiter in die USA. Doch anders als viele andere emigrierte Künstler dieser Zeit haderte Kurt Weill nicht mit seinem Schicksal. Er trauerte Deutschland, dem Gewesenen, dem Alten nicht hinterher. Stattdessen sah er seine Situation pragmatisch und versuchte das Beste daraus zu machen – und das mit Erfolg. „Er hatte eine besondere Einstellung“, sagt Michael Kaufmann, der Intendant des Kurt Weill Fest Dessau, „dort wo ich bin, bin ich Zuhause.“ www.crescendo.de

Februar – März 2014


Fotos: Harald Hoffmann, Schulte-Bunert; C. Heysel

Kurt Weill Fest Dessau 21. Februar bis 9. März

Informationen und Kartenservice: Tel.: +49-(0)341-14 990 900 Fax: +49-(0)341-21 24 682 karten@kurt-weill-fest.de www.kurt-weill.de

Daniel Hope, Antony Hermus, Kurt Weill.

Zuhause, das war früher einmal Dessau. Seit nunmehr 22 Jahren wird dort der große und berühmte Sohn der Stadt alljährlich gefeiert – und gewürdigt. So wie auch in diesem Jahr vom 21. Februar bis 9. März. Dabei hat sich das Kurt Weill Fest über die Jahre hinweg zu einer etablierten Größe entwickelt, zu einem Aushängeschild weit über die Region hinaus. Angefangen hatte alles nach der Wiedervereinigung: mit drei Besuchern von der KurtWeill–Foundation in Amerika, einem engagierten Dessauer Oberbürgermeister und einem Wochenend-Festival „mit zweieinhalb Veranstaltungen“. Daraus sind mittlerweile 17 Festivaltage geworden, 17 Spielstätten in der Stadt und der näheren Umgebung sowie mehr als 50 Konzerte und Veranstaltungen. Kurt Weill habe nie aufgehört, neugierig zu sein, sagt Michael Kaufmann. Und genau so möchte auch das Fest sein: neugierig, offen und experimentierfreudig. Das zeigt sich zum Beispiel am Festivalradio WeillFM – einem Medienprojekt, bei dem Jugendliche aus der Stadt ihre eigenen Sendungen und Beiträge produzieren und damit auf Sendung gehen. Dem Rundfunk-Begeisterten Weill hätte das sicher gefallen. So wie wohl auch dieses Konzert am 3. März live im Bauhaus : Die „Tweetfonie“. Normalerweise lassen sich über den Kurznachrichten-Dienst Twitter kurze Nachrichten verschicken – mit maximal 140 Zeichen. Doch aus Twitter-Nachrichten lassen sich auch ganze Kompositionen kreieren. Mit Hilfe einer eigens konzipierten Internetseite können Twitter-Nutzer auf der ganzen Welt ihre Melodien und Kompositionen verschicken. Und zwar als Kurznachricht mit 140 Zeichen. Die originellsten Tweets werden von professionellen Arrangeuren zu einem Gesamtwerk zusammengefügt. Aufgeführt wird das außergewöhnliche Stück von der Anhaltischen Philharmonie. Die Twitter-Aktion läuft am 2. März von null bis 24 Uhr. Die Internetseite findet man unter: www.tweetfonie.de.

Mit dem diesjährigen Artist-in-Residence, der Anhaltischen Philharmonie und dessen GMD Antony Hermus, ging für Intendant Kaufmann ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Kaufmann findet das Zusammenwirken des Orchesters mit seinem Chefdirigenten Antony Hermus nicht nur „phantastisch und voller Vitalität“. Der Intendant will mit der Wahl auch ein Zeichen setzen: „Es gibt sehr oft diese Meinung, dass alle anderen Orchester besser seien, als das vor Ort“, erklärt der gebürtige Schwabe. Doch gerade die städtischen Orchester erfüllten eine wichtige Rolle für die Gesellschaft – sowohl in der Stadt als auch in der Region. Das 1766 gegründete Orchester ist eines der ältesten Ensembles Sachsen-Anhalts. Als Schüler durfte sich Kurt Weill alle Konzerte des Orchesters anhören – und kam dabei zum ersten Mal in den Kontakt mit klassischer Musik. Gleich 12 Mal werden Antony Hermus und die Anhaltische Philharmonie während des Festivals zu hören sein, unter anderem mit Weills berühmter Oper Down in the Valley, dem Sinfoniekonzert Go West sowie mit The Beggar's Opera. Am 23. Februar wird zudem das Ensemble der Komischen Oper Berlin im Anhaltischen Theater zu Gast sein. Auf dem Programm stehen an diesem Abend unter anderem Kurt Weills Berliner Requiem, dirigiert von Johannes Kalitzke sowie das Konzert für Violine und Blasorchester. Ein weiteres Highlight bildet sicher auch der Konzertabend des MDR-Sinfonieorchesters zusammen mit dem Ausnahme-Geiger Daniel Hope. Mit der an Kurt Weill angelehnten Neukomposition Suite für Violine und Orchester steht an diesem Abend zudem eine Uraufführung auf dem Programm. Zum Abschluss gastiert am 8. und 9. März die Staatsoperette Dresden mit dem Firebrand of Florence. Damit kehrt das BroadwayMusical erstmals seit 1945 szenisch und in neuer Übersetzung zurück auf die deutsche Bühne. 77


e r l e b e n

Februar – März Diese Termine sollten Sie nicht versäumen Augsburg, verschiedene Orte, 31. Januar bis 10. Februar

Brecht in Bayern

Premieren

Konzerte

1.2.

Berlin/Deutsche Oper

1.2. Sondershausen/Haus der Kunst Loh-Orchester Sondershau-

1.2.

Düsseldorf/Oper

1.2.

Chemnitz/Theater

Dresdner Philharmonie, Ltg. Y. Sado: Richard Strauss

1.2.

Dortmund/Theater

3.2.

1.2.

St.Gallen/Theater (CH)

Clair-Obscur Saxofonquartett: Freiheit

2.2.

Hamburg/Opera Stabile

8.2.

Linz/Landestheater (A)

The Nights - nach 1001 Nacht/A. Preljocaj (Ballett)

sen, Ltg: Markus L. Frank; Florian Kontschak: Shakespeare in Love

Le Nozze di Figaro/W. A. Mozart

1. / 2.2.

Don Carlos/G. Verdi

Augsburg/Kongress am Park Augsburger Philharmoniker,

Carmen/G. Bizet

Foto: Arnold Poeschl

La Gioconda/Amilcare Ponchielli Zwerg Nase/S. Hogarth

Fadinger oder Die Revolution der Hutmacher/E. L. Leitner (UA) 9.2. Krefeld/Theater Verlorene Kinder, Bilder aus der Neuen Welt/ A. Parfenov, A. Copland (Ballett, UA) 9.2.

Aachen/Theater

9.2.

Altenburg/Landestheater

9.2.

Frankfurt a. M./Oper

Don Carlo/G. Verdi

Werther/J. Massenet

Falstaff/Giuseppe Verdi 10.2.

München/Nationaltheater

La Clemenza di Tito/W. A. Mozart

11.2. Wien/Theater an der Wien (A) Mare Nostrum/M. Kagel 14.2. Duisburg/Theater

Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte/M. F. Lange 14.2.

Erfurt/Theater

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsky (in russischer Sprache mit Übertiteln) 14.2. Weimar/E-Werk Kabale und Liebe/F. Schiller (Schauspiel) 15.2.

Darmstadt/Theater

The Turn of the Screw/B. Britten 15.2.

Luzern/UG (CH)

The Boatswain’s Mate/E. Smyth München/Alte Kongresshalle Jolanta/P. I. Tschaikowsky 15.2. Münster/Theater 15.2.

Benvenuto Cellini/H. Berlioz

15.2. Wiesbaden/Hessisches Staatstheater Der Duft der

Dinge/S. Thoss (Ballett) 15.2. Baden/Bühne Zwei Herzen im Dreivierteltakt/Robert Stolz (Operette) 16.2. Bonn/Theater Aida/G. Verdi 16.2.

Frankfurt a. M./Oper

Edgar/G. Puccini (konzertant in italienischer Sprache mit Übertiteln) Wien/Theater an der Wien (A) Platée/J.-P. Rameau 18.2. Berlin/Neuköllner Oper 17.2.

Das Verein/Björnsson, Stadler (UA) 21.2.

Dresden/Semperoper

Moskau, Tscherjomuschki/D. Schosta78

Dresden/Albertinum

„Brechtian Punk Cabaret“ mit den „Tiger Lillis“

„Die zwanziger Jahre“, betont der künstlerische Leiter des Augsburger Brechtfestivals, Dr. Joachim A. Lang, „sind für Brecht trotz aller späteren Welterfolge der Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Seine Lehrstücke und Opern zeigen Kunst auf der Höhe der Zeit; die Verbindung von anspruchsvollen Texten, Musik und einem neuen Theater mit radikaler Gesellschaftskritik, die gleichzeitig ein Massenpublikum erreichte, ist in der deutschen Geschichte in dieser Form einzigartig.“ Und aus diesem Grund wird sich das Brechtfestival als große 20er-JahreRevue präsentieren: mit Theater, Musik, Film und Gespräch. Bei über 60 Veran-

kowitsch 22.2.

Augsburg/Theater

sches Staatstheater Finale Grande/Weizmann, Haver (Ballett, UA)

Schattenspiel/I. Galili (Ballett)

28.2.

22.2. Berlin/Staatsoper im Schillertheater

1.3.

Ratmansky|Welch (Ballett) 22.2.

Düsseldorf/Oper

22.2.

Kaiserslautern/Pfalzthea-

La Traviata/G. Verdi

ter Iphigenie in Aulis/Chr. W. Gluck

(in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln) 22.2.

Trier/Theater

23.2.

Altenburg/Landestheater

Hair/G. MacDermot (Musical) 27/S. Schröder (Ballett) 23.2.

Berlin/Deutsche Oper

Fausts Verdammnis/H. Berlioz

staltungen wird in der Tat allerhand geboten. Als Höhepunkte sollte man sich den Eröffnungsabend mit Burghart Klaußner und die Geburtstagsrevue am 10. Februar vormerken: Iris Berben und Thomas Thieme feiern den 116. Geburtstag Brechts unter dem Motto „Das Chaos ist aufgebraucht …“. Zu den Produktionen des Theaters Augsburg zählen Der gute Mensch von Sezuan, neu inszeniert von Katerina Evangelatos und das Sinfoniekonzert Freiheit der Augsburger Philharmoniker. Brecht-Festival Augsburg, verschiedene Orte, 31.1. bis 10.2. www.brechtfestival.de

Biel/Stadttheater (CH)

Figaro/C. Henking (UA)

Kassel/Staatstheater

La Voix Humaine/F. Poulenc, A Kékszakállú Herceg/B. Bartók 1.3.

Krefeld/Theater

Manon/J. Massenet

Hamburg/Staatsoper

Pforzheim/Theater

Schwestern im Geiste/T. Zaufke, P. Lund (UA)

2.3.

Stuttgart/Staatstheater

14.3.

Nordhausen/Theater

5.3.

Bern/Vidmar (CH)

15.3.

Augsburg/Theater

15.3.

St.Gallen/Theater (CH)

15.3.

Trier/Theater

Hoffmanns Erzählungen/J. Offenbach Wunderzaichen/Mark Andre (UA) CUT/E.Miranda (Ballett, UA)

Dresden/Semperoper

6.3.

Oldenburg/Exerzierhalle

23.2.

Luzern/Theater (CH)

8.3.

Berlin/Komische Oper

Oldenburg/Oldenburgi-

9.3.

1.3.

23.2.

27.2.

Der Vetter aus Dingsda/E. Künneke (Operette) Das schlaue Füchslein/L. Janácek

Coburg/Landestheater

Carmen/G. Bizet

9.3. Berlin/Staatsoper im Schillertheater Rein Gold/N. Stemann 9.3. Bern/Stadttheater (CH)

Linz/Landestheater (A)

Carmina Burana/C. Orff (Ballett)

23.2.

Guntram/R. Strauss (konzertant)

La Calisto/F. Cavalli

1.3.

Bremen/Theater am Goetheplatz Noch ein neues Stück/

Lohengrin/R. Wagner

Wiesbaden/Hessisches Staatstheater

8.3.

6.3.

S. Akika (Ballett)

Sehnsucht, Limited Edition/K. Augustijnen (Ballett, UA) Clivia/N. Dostal

13.3.

Berlin/Neuköllner Oper

Lost in Puschkin (Ballett)

Pelléas et Mélisande/C. Debussy Artus - Excalibur/Frank Wildhorn (Weltpremiere) Der Wildschütz/A. Lortzing München/Deutsches Theater West Side Story/Leonard

20.3.

Bernstein (Musical)

3.2.

Bremen/Glocke

3.2.

Hamburg/Laeiszhalle

Bremer Philharmoniker, Ltg: Alessandro di Marchi; Karl Nyhlin: Venezianischer Barock pur Amsterdam Sinfonietta, Ltg: Candida Thompson;Thomas Hampson: Nordic Concerts 4.2. München/Prinzregententheater Münchner Symphoni-

ker, Ltg: Darrell Ang; Ramón Ortega Quero: Der herabgestiegene Gott 6.2. Essen/Philharmonie Essener Philharmoniker, Ltg: Martin Sieghart; Sandra Schumacher; Harald Hendrichs; Federico Aluffi; Janos Zinner: W. A. Mozart & A. Bruckner 6.2.

Hameln/Theater

6 Zylinder - Alle Fünfe! (A Capella) 6.2. München/Prinzregententheater Akademie für Alte Mu-

sik Berlin, Ltg: René Jacobs; Vittorio Ghielmi: Barocke Saiten

7.2. Baden-Baden/Festspielhaus Alice Sara Ott: W. A. Mozart,

F. Schubert & M. Mussorgsky

8.2.

Dresden/Frauenkirche

Dresdner Philharmonie, Ltg. Christoph König; Isabelle van Keulen: Ravel, R. Strauss und Dvořák 8.2. Luxemburg/Philharmonie (L) K&K Philharmoniker, Ltg: Mat-

thias Georg Kendlinger: Wiener Johann Strauß Konzert-Gala

9.2.

Berlin/Philharmonie

9.2.

Münster/Friedenskapelle

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ltg: Marek Janowski; Bernarda Fink: H. Berlioz Duo Gerassimez: L. van Beethoven, W. Killmayer & W. Gerassimez Oldenburg/Oldenburgisches Staatstheater Oldenburgi-

9.2.

sches Staatsorchester, Ltg. Roger Epple; Michael Barenboim: Vollendung und Aufbruch 12.2.

Dortmund/Konzerthaus

Dortmunder Philharmoniker, Ltg: Gabriel Feltz, Julia Schröder: frühlings_erwachen Meiningen/Südthüringisches Staatstheater Meininger

12.2.

www.crescendo.de

Februar – März 2014


Ludwig Güttler Ein vielgefragter Künstler ist der Dresdner Trompeter Ludwig Güttler ohnehin und wenn der Virtuose gemeinsam mit seinem Blechbläserensemble Ludwig Güttler am Geburtstag Johann Sebastian Bachs das 10. Bach-Festival in Arnstadt eröffnet, hat er bereits sein eigenes Festival – als künstlerischer Leiter der 28. Musikwoche Hitzacker – hinter sich. Jene Musikwoche firmiert unter dem Motto „Elbe – Lebensader der Musik“. Die zu hörenden Werke stammen überwiegend von Komponisten, die dieser Lebensraum, gespeist von der Lebensader Elbe, hervorgebracht hat, oder die in Zentren entlang der Elbe ihren Lebens- und Schaffensmittelpunkt gefunden hatten. Unter anderem eben Bach. In Arnstadt wird das Blechbläserensemble Ludwig Güttler, das Solisten der Sächsischen Staatskapelle Dresden, der Dresdner Philharmonie, des Gewandhausorchesters Leipzig und der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz vereinigt, das Programm „Bach for Brass“ präsentieren. Hitzacker, 21.02. bis 02.03. und Arnstadt, 21.03., www.guettler.com

20.

18. bis 27. April 2014

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL Eröffnungskonzert, Matineen, Festkonzert, Symphoniekonzert, Orgel & Brass, Jazz

osterfestival.de Tickets auf www.eventim.de

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL

Inselmusik Wenn Strom und Bäche vom Eise befreit sind – wie Goethe einst dichtete, dann geht der holde, belebende Blick auch nach Rügen, wo bereits zum dritten Mal der Festspielfrühling Rügen über die Bühnen geht. Unter der Künstlerischen Leitung des Fauré Quartetts finden 15 Konzerte und 5 Begleitveranstaltungen in 14 Spielstätten auf der ganzen Insel sowie zwei Ausflüge – auf die Nachbarinsel Hiddensee und auf die Granitz – statt. Thematischer Schwerpunkt ist Russland. Den musikalischen Bogen von Tschaikowski über Schostakowitsch bis zu Musik von Pussy Riot spannen hochkarätige Künstler wie Viviane Hagner und Li-Wei Qin, Natalia Prishepenko, Anatol Ugorski, Jörg Widman, Nils Mönkemeyer, das David Orlowsky Trio, die Sopranistin Simone Kermes und die Schauspielerin Anna Thalbach. Rügen, 14. bis 23.3., www.festspiele-mv.de

Die leiden des jungen Werther 240 Jahre ist es bereits her, dass Goethe Die Leiden des jungen Werther schrieb, und das Interesse an dem Werk hat bis heute nicht nachgelassen. Der französische Komponist Jules Massenet adaptierte den Briefroman und schrieb eine Oper voller Leidenschaft und Dramatik. Die Uraufführung erfolgte 1892 am Wiener Hofoperntheater – die Altenburger Premiere findet nun unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Laurent Wagner statt. Regisseur Roland Schwab legt den Focus auf Werthers narzisstische Liebe bis zum Tode, auf dessen Selbstinszenierung. Bühnen- und Kostümbildner Piero Vinciguerra hat ihm dazu ein Lebenskarussell auf die Bühne gebaut, auf dem Werthers Leben in sieben Kapiteln vorübergleitet. Altenburg, Landestheater, 9.2. (Premiere), 6.3., 7. 3. und 16.3. www.tpthueringen.de

Festival im Fürstentum Seinen 30. Geburtstag feiert das Festival „Printemps des Arts de Monte Carlo“ in diesem Jahr. Bereits 1984 wurde der „Frühling der Künste“ ins Leben gerufen. 30 Jahre später dauert das Abenteuer an – und ist mitreißend wie nie. Eine große und bunte Mischung von Werken steht auf dem

ForumUsh_01Feb_Maers_Creszendo_30.01.2014_90x61_Layout 1 14.08.13

KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM

S P I E L Z E I T 2 013 /2 014

Artus, Guinevere, Lanzelot, Merlin – allein die zu besetzenden Rollen der Artussage versprechen schon großen Klang. Im Theater St. Gallen wird im März die Weltpremiere des Musicals Artus – Excalibur über die Bühne gehen. Das Musical von Frank Wildhorn lässt die Sagen und Legenden, die Schlachten, die Gralssuche, das Herzweh verliebter Kämpfer und den Zauber einer mythischen Zeit auferstehen. Inszeniert wird diese Uraufführung von Francesca Zambello, einer Spezialistin für die Stimmungen großer Musicals, wie sie es zuletzt in St. Gallen mit der Erfolgsproduktion Rebecca unter Beweis gestellt hat. St. Gallen, Theater, 15.3. (Weltpremiere), www.theatersg.ch

Donnerstag, 6. März 2014, 20 Uhr

GROSSE OPERETTENGALA

Opera Romana Temesvár Sonntag, 16. März 2014, 19 Uhr | Podium junger Künstler

RAPHAELA GROMES & JULIAN RIEM Donnerstag, 20. März 2014, 20 Uhr

FORUM UNTERSCHLEISSHEIM

Fotos: Theater und Philharmonie Thueringen; privat

Zauber einer mythischen Zeit

ROMEO UND JULIA TODAY Odyssey Dance Theatre

Bürgerhaus Unterschleißheim Rathausplatz 1 [direkt an der S 1 Haltestelle Unterschleißheim] Karten: 089/54 81 81 81 oder 089/310 09 200 www.forum-unterschleissheim.de

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e r l e b e n

Programm, das heuer der Direktor des Festivals, Marc Monnet, für seine Gäste ausgewählt hat. Auf dem vielfältigen, fünf Wochen dauernden Programm stehen unter anderem eine ungarische Nacht, ein Überraschungsabend, Barock, ein Porträt von Haydn, Scrijabin, ein japanisches Wochenende, ein Tag in Marokko… Monaco, 14.3. bis 13.4., www.printempsdesarts.mc

Wir bitten zum Tanz Um Mitternacht wird es dann noch einmal außergewöhnlich. Dann nämlich tritt der MitternachtsShowact beim Semperopernball ins Rampenlicht: Udo Jürgens und das Orchester Pepe Lienhard. Griechischer Wein, 17 Jahr, blondes Haar oder Aber bitte mit Sahne werden erwartet. Zuvor wird die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Leitung des chinesischen Dirigenten Muhai Tang, das Semperoper Ballett und der Staatsopernchor Klassik auf höchstem Niveau präsentiert haben. „Dresden glitzert – Glanz und Glamour beim Semperopernball“ ist das Motto der „schönsten Nacht des Jahres“. Hans-Joachim Frey, künstlerischer Leiter, weiß: „Der Ball ist längst mehr als ein Showprogramm, er ist eine der wichtigsten Galaveranstaltungen Deutschlands.“ Dresden, Semperoper, 7.2., www.semperopernball.de

Künstlerische Synthese Das Musiktheaterwerk Einstein on the Beach von Philip Glass und Robert Wilson kommt nach Berlin. Und nur nach Berlin. Denn das Haus der Berliner Festspiele wird einzige Station in Deutschland und außerdem – vorläufig – das Finale der internationalen Tour dieses Projektes sein. Seit März 2012 ist das Rekonstruktions-Projekt mit einer Choreografie von Lucinda Childs erfolgreich in der ganzen Welt unterwegs. Die Uraufführung von Einstein on the Beach im Jahre 1976 brach mit allen Konventionen eines Opernwerkes und überwältigte mit einem völlig neuen künstlerischen Ansatz und einer vollendeten Synthese aus Klang, Sprache, Bild und Bewegung. Haus der Berliner Festspiele, 2.3. (Preview), 3.3., 5.3. bis 7.3. www.berlinerfestspiele.de/einstein

den Solisten Hanna Zumsande, Nicole Pieper, Andreas Post und Klaus Häger gestaltet wird. Anschließend wird in der Hauptkirche St. Jacobi ein C. P. E. Bach-Pasticcio gegeben. Hamburg, St. Michaelis und St. Jacobi, 8.3., www.cpebach.de

Peng Peng Das Trierer Theater setzt in der laufenden Spielzeit auf Klassiker und hat unter anderem die Lortzing-Oper Der Wildschütz neu ins Programm genommen. Die 1842 in Leipzig uraufgeführte komische Oper war von Beginn an ein Publikumsliebling – die mitreißende Musik Lortzings mit eingängigen Melodien und die turbulente Handlung, die auf ein Bühnenstück des deutschen Lustspielautors August von Kotzebue zurückgeht (Der Rehbock oder Die schuldlos Schuldbewussten), garantierte die nachhaltige Wirkung bis in unsere Zeit hinein. Für die Regie zeichnet Matthias Kaiser verantwortlich und für die musikalische Leitung Joongbae Jee. Trier, Theater, 15.3. (Premiere), www.theater-trier.de

Till Eulenspiegel Richard Strauss' Werk Till Eulenspiegels lustige Streiche stehen auf dem Programm, wenn sich die Mitglieder des Auryn Quartett als Artists in Residence dem 7. Philharmonischen Konzert in Duisburg widmen. Auf dem Programm steht außerdem Beethovens Sinfonie Nr. 4. Diese beiden Werke rahmen die Auftragskomposition Cristóbal Halffters, der ein konzertantes Werk für die Duisburger Philharmoniker und das Auryn Quartett schrieb. Halffter greift darin auf die barocke Gattung des „Concerto grosso“ zurück, bei dem sich eine Gruppe von Soloinstrumenten aus dem orchestralen Kollektiv schält. Duisburg, Theater am Marientor, 19./20.2., www.theater-am-marientor.de

Magdeburg, verschiedene Orte, 14. bis 23. März

generationen Johanniskirche

Die Karlsruher Händel Festspiele haben vermutlich einen echten Coup gelandet, als sie den französischen Regiestar für die Inszenierung der Oper Riccardo Primo gewinnen konnten. Als Schüler von Eugène Green, der sich seit Jahrzenten der historisierenden Aufführungspraxis des französischen Barocktheaters widmet, macht Benjamin Lazar eigentlich genau das Gegenteil von dem, was man vom modernen Musiktheater erwartet: Er verwendet historisierende Kostüme und Bühnenbilder, barocke Bühnenmaschinerie und ausschließlich Kerzen zur Beleuchtung der Bühne. Unvermittelt wird man Zeuge eines modernen und lebendigen Theaterexperiments und keineswegs einer blutleeren Rekonstruktion. Weiterer Höhepunkt: Das berühmte Mailänder Marionetten-Theater Colla & Figli präsentiert die Zauberoper Rinaldo in wunderschönen Kulissen mit 
prachtvollen Kostümen, begleitet von der Lautten Compagney Berlin, hervorragenden Sängern und dem Dirigenten Wolfgang Katschner. Die Deutschen Händel-Solisten spielen das traditionelle Festkonzert mit dem Händel-Spezialisten Nicholas McGegan. Dazu kommen noch Jugendkonzerte, Gastspiele und vieles andere mehr.
 Händel Festspiele Karlsruhe, verschiedene Orte, 21.2. bis 3.3. www.staatstheater.karlsruhe.de

Zum 300. Geburtstag Der Geburtstag von Johann Sebastian Bachs zweitältestem Sohn Carl Philipp Emanuel jährt sich in diesem Jahr zum 300. Mal. Grund genug, dass die sechs Bach-Städte Weimar, Leipzig, Frankfurt (Oder), Berlin, Potsdam und Hamburg einem der herausragenden Komponisten des 18.Jahrhunderts ein vielfältiges Programm widmen. Am Geburtstag selbst wird die Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg Schauplatz eines Festkonzertes sein, das vom Chor St. Michaelis und Concerto con Anima sowie

80

Foto: Stephanie Teschner

Händel in Karlsruhe

Die 22. Magdeburger TelemannFesttage widmen sich unter dem Motto „Generationen“ Werken von Georg Philipp Telemann und C. P. E. Bach. Der zweitälteste Sohn Johann Sebastian Bachs war Patenkind von Telemann und dessen Amtsnachfolger in Hamburg. Bei den Festtagen treffen auch Generationen aufeinander: Auf der einen Seite spielen renommierte Künstler aus dem Bereich Alter Musik, etwa die Rheinische Kantorei. Auf der anderen Seite ist Nachwuchs zu hören, wie das Preisträgerensemble des vergangenen Telemann-Wettbewerbs, die Camerata Bachiensis. Weitere

hochrangige Interpreten gastieren in Magdeburg: der Thomanerchor unter der Leitung von Georg Christoph Biller, der RIAS Kammerchor und das Dresdner Barockorchester unter Hans Christoph Rademann. Zu den Höhepunkten gehört die Händel-Oper Otto in der Bearbeitung von Telemann. Außerdem werden Werke erstmals seit ihrer Entstehungszeit im 18. Jahrhundert wieder zu hören sein, etwa Telemanns Oratorium zum Johannisfest 1731, Gelobet sei der Herr. Magdeburger Telemann-Festtage, verschiedene Orte, 14. bis 23.3. www.telemann.org

www.crescendo.de

Februar – März 2014


Villa Papendorf, 21. Februar

Es ist sicherlich auch die Atmosphäre, die die Konzerte in der Villa Papendorf in der Nähe von Rostock so besonders macht. Es hat nämlich etwas sehr Festliches, wenn die prächtige, renovierte Villa im Lichterglanz strahlt, wenn das Feuer im Kamin flackert und die Kerzen im Salon leuchten. Besonders ist die warme und persönliche, fast schon intime Atmosphäre, die angenehme Nähe zwischen Künstlern und dem Publikum, die wegen des kleinen Kreises von maximal 80 Personen aufkommt. Und natürlich nicht zuletzt, kommen die Besucher, weil sie Künstler von Weltrang erleben wollen. Im Zentrum steht dabei die Rei-

Hofkapelle, Ltg: Leo McFall; Olivier Darballay; Stephanos Tsirakoglou: Winterreise 13.2.

Berlin/Konzerthaus

Konzerthausorchester Berlin, Ltg: Iván Fischer; Ceumar: A. Piazzolla, H. Villa-Lobos, M. Tupinambá, D. Milhaud & M.Ravel 13.2. München/Prinzregententheater Abdullah Ibrahim (Jazz) 14.2. Nordhausen/Theater

Nordhäuser Bühnenball: Hinter den Kulissen von Paris 15.2. Erl/Festspielhaus (A) zu Gast: die Münchner Philharmoniker Kammermusikreihe: Franz Krommer, Rezso Kókai, L. van Beethoven 15.2.

Frankfurt/Alte Oper

Balthasar-Neumann-Ensemble, Ltg: Thomas Hengelbrock; Kate Lindsey; Steve Davislim: Barocker Kosmos 16.2.

Hamburg/Laeiszhalle

Philharmoniker Hamburg, Ltg: Christopher Hogwood; Thomas Zehetmair: F. Mendelssohn Bartholdy Wuppertal/Historische Stadthalle Gémeaux Quartett &

16.2.

Andrius Puskunigis: Purcell, Britten, Johann Christian Bach, Mendelssohn Bartholdy

Fotos: www kongressbild de; Lucie Jansch; Marco Piecuch; www.cpebach.org

17.2.

Berlin/Philharmonie

Deutsches Symphonieorchester, Ltg: Vladimir Ashkenazy; James Ehnes: E. Elgar & A. Dvořák 17.2.

Kassel/Stadthalle

Orchester des Staatstheaters Kassel, Ltg: Yoel Gamzou; Guy Braunstein: Janáček, Saint-Saëns & Schubert 19.2.

München/Philharmonie

Münchner Symphoniker, Ltg: Johannes Klumpp; Rufus Beck: Sommernachtstraum 19.2.

Wiesbaden/Kurhaus

Hessisches Staatsorchester, Chor der Stadt Wiesbaden, Ltg: Zsolt Hamar; Ágnes Szalai; Markus Francke; HyeSoo Sonn: Verwandlung der Natur Duisburg/Theater am Marientor Duisburger Philharmo-

19. / 20.2.

niker, Ltg. G. Bellincampi: Richard Strauss 20.2. Berlin/Konzerthaus Konzerthaus Kammerorchester, Ltg: Sa-

he „Klassik ganz privat“, in der insgesamt acht Galakonzerte mit hochkarätigen Virtuosen auf dem Spielplan stehen – unter anderem Marie-Luise Neunecker, Sergei Nakariakov, Mischa Maisky sowie Daniel Müller-Schott und Matthias Kirschnereit. Kulturförderer und Besitzer der Villa, Olav Killinger, verspricht „fesselnden, konzentrierten Musikgenuss“. Den Auftakt machen Lilya Zilberstein (Klavier) und Edouard Tachalow (Violine) mit Werken von Liszt, Beethoven und Brahms. Villa Papendorf, 21.2. (Lilya Zilberstein und Edouard Tachalow) www.villa-papendorf.de

yao Kusaka; Stefan Giglberger: Golijov, Bragato, Romero & Piazzolla 21.2.

Bonn/Beethovenhaus

Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Jun Märkl; Anne Schwanewilms: Strauss total 21.2.

Dortmund/Konzerthaus

Mitsuko Uchida: Schubert, Beethoven 21.2. Papendorf-Rostock/Villa Papendorf Lilya Zilberstein und

Edouard Tachalow mit Werken von Liszt, Beethoven und Brahms 22.2.

Hamburg/Medienbunker

Bunkerrauschen: Bach Vater, Sohn und Donnerblitzbub -300 Jahre alte Bäche und blutjunger Mozart 22.2.

München/Hubertussaal

23.2.

Baden-Baden/Festspiel-

Johann-Strauss-Gala

haus SWR Sinfonieorchester Baden-

Baden und Freiburg, Ltg: FrançoisXavier Roth; Kit Armstrong: W. A. Mozart & R. Strauss

23.2.

Frankfurt/Kuhhirtenturm

und auf ndr.de/ndrkultur 26.2.

München/Herkulessaal

Münchner Symphoniker, Ltg: Andreas Schüller; Henrik Wiese; Sarah Christ: F. Schubert & W. A. Mozart Bern/Kulturcasino (CH)

27.2.

Berner Symphonieorchester, Ltg: Jun Märkl; David Fray: J. Brahms, W. A. Mozart & A. Schönberg 27.2.

Frankfurt/Alte Oper

28.2.

Berlin/Deutsche Oper

Spark: Wild Heart - feel the beat Orchester der Deutschen Oper Berlin, Ltg: Donald Runnicles; Anja Harteros; Johan Botha: G. Verdi 2.3. Berlin/Philharmonie Deutsches Symphonieorchester, Ltg: Tugan Sokhiev; Johannes Moser: Weinberg, Saint-Saëns & Roussel 2.3.

München/Philharmonie

Münchner Philharmoniker, Ltg: Lorin Maazel: J. Sibelius & M. de Falla Oldenburg/Oldenburgisches Staatstheater Oldenburgi-

2.3.

Michael Höfele, Jens Barnieck: Britten, da Silva, Janetzki, Archer, VillaLobos & Hindemith

sches Staatsorchester, Ltg. Ulrich Windfuhr; Eckhard Wiegräbe; Rolf Sudmann: Ein musikalischer Spaß

23.2. Garmisch-Partenkirchen/ Richard-Strauss-Institut Teodora

3.3.

Gheorghiu, Jonathan Aner: Richard Strauss, George Enescu, Maurice Ravel 23.2.

München/Deutsches The-

ater Junge Münchner Symphoniker:

Bal Classique 23.2.

Pforzheim/Theater

Badische Philharmonie Pforzheim, Südwestdeutsches Kammerorchester, Opernchor und Extrachor des Theaters Pforzheim, Kinderchor des Theaters Pforzheim, Oratorienchor Pforzheim, Motettenchor Pforzheim, Solisten des Theaters Pforzheim, Ltg: GMD Markus Huber: B. Britten 24.2.

St. Pölten/Festspielhaus

(A) Tonkünstler-Orchester, Ltg: And-

rés Orozco-Estrada; Bernd Glemser: Kadály, Rachmaninow & Dvořák

Hamburg/Hauptkirche St. Michaelis (Krypta) Mozart Piano 26.2.

Quartet/NDR Foyerkonzert on tour. Karten gibt es nur zu gewinnen: im Februar-Programm von NDR-Kultur

Berlin/Deutsche Oper

Orchester der Deutschen Oper Berlin, Ltg: Donald Runnicles: J. Brahms 3.3. Frankfurt/Alte Oper Frankfurter Opern- und Museumsorchester, Ltg: Sebastian Weigle; Sabine Meyer: Dvořák, Mozart & R. Strauss 5.3. München/Gasteig CarlOrff-Saal Orchester Jakobsplatz

München, Ltg. Daniel Grossmann: Stummfilm live mit Musik „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss 6.3. Berlin/Philharmonie Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ltg. Kurt Masur: Mendelssohn Bartholdy Weimar/Deutsches Nationaltheater Staatskapelle Weimar,

6.3.

Ltg: Frank Strobel: Filmkonzert „Der Rosenkavalier“

7.3.

Frankfurt/hr-Sendesaal

hr-Sinfonieorchester, Ltg: Franck Ollu; Christiane Karg: C. Debussy Baden-Baden/Festspielhaus Nederlands Dans Theater I 7.3. Wien/Musikverein (A) 7.3.

Foto: Villa Papendorf

Hochkarätige Hausmusik

Die Villa Papendorf in der Nähe von Rostock.

Berliner Philharmoniker, Ltg: Sir Simon Rattle: J. Brahms, G. F. Haas & C. Debussy

vo Järvi; Anika Vavic: H. Berlioz, A. Skrjabin & R. Schumann 12.3.

Wiesbaden/Kurhaus

13.3.

Essen/Philharmonie

Hamburg/Hauptkirche St. Michaelis Großes Jubiläumskonzert

14.3.

Berlin/Gethsemanekirche

9.3.

Berlin/Deutsche Oper

15.3.

Wien/Musikverein (A)

9.3.

München/Max-Joseph-Saal

15.3.

8.3.

Erl/Festspielhaus (A)

Münchner Philharmoniker: Kammerkonzert „Die Zauberflöte“ KV 620 in einer Bearbeitung für Flöte und Streichtrio von Johann Wendt Garmisch-Partenkirchen/ Richard-Strauss-Institut Johan-

8.3.

nes-Kreisler-Trio: Richard Strauss, Ernst Krènek, Frank Martin, L. van Beethoven 8.3.

- Carl Phillip Emanuel Bach zum 300. Geburtstag

Orchester der Deutschen Oper Berlin, Ltg: Cornelius Meister; Reinhold Wolf: Lions-Benefizgala Solisten und Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Ltg: Marco Comin: Venedig und München 10.3.

Coburg/Landestheater

10.3.

Hamburg/Laeiszhalle

Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg, Ltg. Roland Kluttig: Richard Strauss Kristian Bezuidenhout (Hammerklavier): Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart 10.3.

Kassel/Stadthalle

10.3.

Köln/Philharmonie

Orchester des Staatstheaters Kassel, Ltg: Yoel Gamzou; Afonso Fesch: E. Lampson & G. Mahler Gürzenich-Orchester Köln, Ltg: James Gaffigan; Tine Thing Helseth: Janáček, Byström & Dvořák 11.3.

Dortmund/Konzerthaus

Dortmunder Philharmoniker, Ltg: Gabriel Feltz; Joseph Moog: abschied_nehmen 11.3. - 27.4. Hamburg/Staats-

und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky Eröff-

nung der Ausstellung „Carl Philipp Emanuel Bach in Hamburg“ 12.3.

München/Philharmonie

Münchner Philharmoniker, Ltg: Paa-

Hessisches Staatsorchester, Ltg: Zsolt Hamar; Miklós Rózsa: Von Osten nach Westen Essener Philharmoniker, Opernchor des Aalto-Theaters, Philharmonischer Chor Essen, Ltg: Kirill Karabits; Sandra Janusaite; Alexey Sayapin; Almas Svilpa: M. Mussorgski; A. Skrjabin & S. Rachmaninow Audi Jugendchorakademie, Akademie für Alte Musik Berlin, Ltg: M. Steidler; J. S. Bach: Matthäus-Passion Tonkünstler-Orchester, Salzburger Bachchor, Ltg: Andrés Orozco-Estrada; Lars Vogt: L. van Beethoven Sondershausen/Haus der Kunst Loh-Orchester Sondershau-

sen, Ltg: Markus L. Frank; Esa Tapani: Lebenslust und Freudigkeit 16.3.

München/Herkulessaal

Audi Jugendchorakademie, Akademie für Alte Musik Berlin, Ltg: M. Steidler; J. S. Bach: Matthäus-Passion

Festivals - 2.2. Salzburg (A) Mozartwoche der Stiftung Mozarteum Salzburg 31.1. - 10.2. Augsburg Brechtfestival 13. - 23.2. Berlin Festival Südamerika 14. - 23.2. Rügen Festspielfrühling 19. - 23.2.

Berlin/Komische Oper

21.2. - 2.3.

Hitzacker Musikwoche Karlsruhe Händel Fest-

Kinderfestival 21.2. - 3.3.

spiele

Dessau Kurt Weill Fest Berlin MaerzMusik 15.3.. - 12.4. Monte Carlo (MC)

21.2. - 29.3. 14. - 23.3.

Monaco Printemps des Arts Festival 15.3.. - 12.4. Heidelberg Intern. Musikfestival Heidelberger Frühling Weitere Festival-Termine auf www.festspielguide.de und mit der Festspiel-Guide App!

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H o p e

t r i f f t . . .

Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE

„Besser kostet Mehr“ In einer neuen Reihe trifft unser Kolumnist und Lieblingsgeiger Persönlichkeiten, denen er auf seinen Reisen durch die Welt der klassischen Musik begegnet. Für diese Ausgabe sprach er mit Pianist Menahem Pressler nach dessen historischem Konzert in Berlin.

Menahem Pressler nach seinem „Debut“ bei den Berliner Philharmonikern am 10. Januar 2014.

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dich der Musik hinzugeben, dann darfst du nicht fragen: Ist das ein Stück, mit dem ich Erfolg haben kann? Sondern: Ist das ein Stück, das ich liebe und so gerne spielen möchte, dass mein Publikum es auch liebt. Das ist für mich die einzig richtige Art und Weise, ein Künstler zu sein, und ich habe nach diesem Prinzip immer gelebt. Würdest du das auch als Prinzip des Beaux Arts Trios sehen? Ja. Das weißt Du ja auch: Wir haben ja nie gedacht: Das war fantastisch! Nie. Ich erinnere mich sogar noch an unseren ersten Geiger, Daniel Guilet, der einmal gesagt hat: „Nun, besser kostet mehr.“ Ein sehr schöner Satz, findest du nicht? Doch, sehr. Bringt es auf den Punkt. Der Titel deiner Biografie heißt ja auch Es gibt immer noch etwas zu entdecken. Ja, und das macht die Reise durch das Leben doch so schön. Es gibt kein Ende an Schönheit, und es gibt kein Ende des Suchens. Wenn man so hungrig bleibt wie für das Essen jeden Tag, bleibt man auch hungrig für die Musik. n Foto: Martin Walz

Daniel Hope: Menahem, ... Menahem Pressler: Daniel, ... Du hast gerade dein Solodebut mit den Berliner Philharmonikern gegeben – im Alter von 90 Jahren. Was ist das für ein Gefühl? Ich bin wirklich glücklich. Das Großartige für mich war, mit so einem Orchester wie den Berliner Philharmonikern auf die Bühne zu gehen. Ich bin in Deutschland geboren, und die Berliner sind ein so großartiges Ensemble mit einer solch wichtigen Geschichte mit Furtwängler, Karajan, jetzt Rattle, und sie zu einer Art von Kammermusik zu bringen, das war schon ein großes Erlebnis. Du kanntest die Berliner Philharmoniker bestimmt schon als Kind. Hast du damals daran gedacht, dass du je mit ihnen auf der Bühne stehen würdest? Nur im Traum – und dann bin ich aufgewacht. Und dann auch noch mit Stücken von Mozart. Warum Mozart? Na, wie du weißt, Mozart-Konzerte sind die feinste, die höchste Kammermusik. Mozart hat sich in seinen Klavierkonzerten sogar

noch besser ausgedrückt als in seinen Trios. Warst du zufrieden mit deinem Auftritt? Daniel, jeder Künstler zweifelt an sich. Wir kennen uns von der besten Seite, und wir kennen uns von der schlechtesten Seite. Wir üben wie verrückt, um die schlechte Seite zu vermeiden. Und wenn dann, in einem so wichtigen Moment, die bessere Seite zum Vorschein kommt, dann ist man glücklich. Man weiß, dass man auf so einem Gletscher ausrutschen kann. Aber wenn du zur Spitze des Berges kommst, dann fühlst du mit einem Mal eine Befreiung: „Ich hab᾽s geschafft.“ Das ist allerdings keine Garantie für morgen, und es war auch keine Garantie für gestern. Aber ich liebe die Musik. Nach welchem Prinzip hast du deine Stücke dann ausgewählt? Weißt du, wenn du als Künstler bereit bist,

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Februar – März 2014


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