crescendo Premium 1/2017

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Ausgabe 01/2017 Februar – März 2017

www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE

CD

inkl.

gidon kremer Die Kunst der Freiheit gegen Dogmen und Diktatur

grace bumbry

So lebt die „schwarze Venus“ von Bayreuth heute

Ein wildes ­Geschlecht Großer Themenschwerpunkt „Musik und Gender“: Frau Bariton und Herr Harfenist B47837 Jahrgang 20 / 01_2017

Mit Sonderseiten des ­K lassikpor t als fidelio

Oper im Steinbruch 12. Juli bis 19. August Verdis „Rigoletto“ auf der Freilichtbühne von St. Margarethen im Burgenland


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MITEINANDER SPASS HABEN

LEBENS FREUDE PUR

DEUTSCHLANDS GRÖSSTE 50plus MESSE! AUSSERGEWÖHNLICHES ERLEBEN

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Entdecken Sie die „Die 66“ neu auf dem Messegelände München-Riem. Auf 22.000 m2 präsentieren sich 500 Aussteller und informieren in vielfältigen Workshops und Vorträgen über die Themen Wissen, Wohlfühlen, Wohnen und Leben. Genießen Sie spannende Shows, prominente Gäste und erleben Sie ein buntes Mitmachprogramm auf drei Bühnen und fünf Eventflächen – oder gönnen Sie sich in unserer Hör- und Leselounge eine kleine, unterhaltsame Auszeit. Wir freuen uns auf Sie!

19.–21. Mai 2017 | Messe München www.die-66.de


p r o l o g

skandalbau und genderwirbel

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, es war beeindruckend, was für einen Pressewirbel die kürzliche Eröffnung eines zusätzlichen Konzerthauses in Hamburg ausgelöst hat, oder? Gerade im direkten Vergleich zum neuen Bochumer Konzerthaus, dem Anneliese Brost Musikforum, das vor gut zwei Monaten eröffnet wurde. Außerhalb Bochums und Umgebung hat das eigentlich kaum jemand mitbekommen. Kanzlerin und Bundespräsident hatten an diesem Tag auch schon etwas anderes vor. Warum war das in Hamburg eigentlich so eine staatstragende Veranstaltung? Die „Elphi“ bietet zwar etwa doppelt so viele Sitzplätze wie das neue Haus in Bochum – bei etwa 20-fachen Baukosten. Vielleicht war es auch einfach die große Erleichterung: Nach so vielen Jahren der Rückschläge bis zur Aussichtslosigkeit wurde nun eine der drei deutschen Skandal-Großbaustellen (Elphi, Stuttgart 21, Flughafen Berlin) endlich fertig. Gewissermassen eine Heldengeschichte. Und wirklich schön anzusehen. Leuchtturmarchitektur. Das neue Wahrzeichen, das sich die Hamburger gewünscht haben, zumindest optisch. Aufgrund des Promiandrangs hatte man für die am feinsten gespitzten Ohren, die der inter-

nationalen Musikkritiker, wohl nur akustisch weniger gute Sitzplätze übrig (obwohl es solche ja eigentlich gar nicht geben dürfte). Das war im Nachhinein wohl ein bisschen unklug. Wir waren natürlich auch vor Ort. Unseren Blick in die Zukunft lesen Sie ab Seite 44. Den ausführlichen Kommentar von Axel Brüggemann finden Sie auf crescendo.de. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe geht es um die Geschlechterklischees in der Musik. An Ärztinnen, Automechanikerinnen und Soldatinnen hat sich die Gesellschaft inzwischen gewöhnt. In der Musik geht’s da oft noch erstaunlich konservativ zu: Trompeterinnen und Harfenisten sind eher die Ausnahme. So weigerten sich die Wiener Philharmoniker noch bis 1997, weibliche Musiker aufzunehmen! Noch nicht wirklich überwundene Rollenbilder, vom Transgender-Bariton über die am Pult noch immer unterrepräsentierten Dirigentinnen bis zur Emanzipation der Komponistinnen, beleuchten wir ab Seite 61. Aufgrund ihrer Hautfarbe löste Grace Bumbry einen ziemlichen Wirbel aus, als „schwarze Venus“ 1961 bei den Bayreuther Festspielen. Unser Autor – nach wie vor ein großer Fan der Diva – traf sie in Wien. (Seite 20). Außerdem sprachen wir mit Gidon Kremer, der 1980 nicht mehr in die UdSSR zurückkehrte. Freiheit ist für ihn auch heute noch keine Selbstverständlichkeit, sondern ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt.

Winfried Hanuschik

F oto s Tite l : l e l a n d b o bb é; N e da Nava e e

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30 heinrich schiff Und die Saiten schweigen. Der große Cellist Heinrich Schiff ist tot.

20 grace bumbry Die Grande Dame und „schwarze Venus“ im exklusiven crescendoInterview.

31 maurice steger Bella Italia! Sonne in den Winter bringt Ihnen eine Klangreise gen Süden – mit Blockflöte im Gepäck.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03  Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor 06 Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulissen 08 Blickfang Anarchistisch, ­atheistisch, antikapitalistisch – Protestmusik bei Pussy Riot 10  Ouvertüre Ein Anruf bei ... Roswitha Sperber Tabelle: Frauenpower 29 News Bogdan Roščić, Riccardo Minasi, Anthony Bramall 30 NACHRUF Heinrich Schiff 41 Impressum

14 Ein Kaffee mit ... Max Müller 16 M URRAY PERAHIA Warum der US-amerikanische Pianist und Dirigent nicht in die Zeit von Brexit und Rock­musik passt 18 inga fiolia Die Klavier-Newcomerin aus Georgien über die Leidenschaft der Improvisation 20 grace bumbry Es ist eine Sensation, als das schwarze Stimmwunder 1961 nach Bayreuth engagiert wird 24 V íkingur Ó ­ lafsson Die Tastenwelten des Isländers und seine Faszination für Philip Glass 26 gidon kremer Frei, frei, frei! Gidon Kremer sucht in seiner Musik nach Individualität und Charakter

31 D IE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 32 Attilas Auswahl Unser Chef-Rezensent empfiehlt charismatische Interpreten 40 EMIL GILELS Zum 100. des Tasten-Königs 43 U nerhörtes & Neu Entdecktes Sie kann es, die Querflöte! 44 elbphilharmonie Das neue norddeutsche Wahrzeichen ist eröffnet. Und jetzt?

60 R ätsel 61  K lassik in Zahlen 74 Kommentar Axel Brüggemann über die Illusion der ­Emanzipation 98 Hope triffT ... Christoph Kuch, Mentalmagier

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F oto s: Nati o n a l a rc h i v d e r R i c h a r d -Wag n e r- S ti f t u n g B ay r eu th – Z u s ti f t u n g Wo l f g a n g Wag n e r / S i eg f r i e d Lau t e rwass e r ; M o l i n a V i s ua l s

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56 oper im steinbruch Opernpremiere in St. Margarethen: Anja Bihlmaier dirigiert in atemberaubender Felskulisse Rigoletto.

72 lucia lucas Früher war sie ein Mann. Heute schlüpft die Baritonistin Lucia Lucas nur noch beruflich in ihr altes ­Geschlecht.

94 leipzig In der sächsischen Metropole stößt man an allen Ecken und Enden auf Musik. Bassbariton Tuomas Pursio zeigt uns seine Stadt.

erleben

SCHWERPUNKT

Lebensart

49 DIE WICHTIGSTEN TERMINE UND VERANSTALTUNGEN im herbst 56 oper im ­steinbruch Verdis Rigoletto in einer überwältigenden Freiluftproduktion 57 festival herbstgold Ein neues Festival im Burgenland vereint Kunstgenuss und Kulinarik 58 kurt weill fest Das Festival feiert Humanität, Freiheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt

61 musik und ­gender Ist Gleichberechtigung in der Musik angekommen? 66 dirigentinnen Und sie fallen doch auf, die jungen, schönen Frauen am Pult 68 vom geschlecht der instrumente Warum wir an der Harfe eine Frau erwarten 71 das klassische weib Es gibt keinen weiblichen Mozart und auch keinen weiblichen Jack the Ripper. Männer besetzen die Extreme 72 LUCIA LUCAS Mann, Frau, Mann – von den Transformationen einer Baritonistin 76 Woher ­kommt eigentlich ... die Gleichung: Muse = Frau, Genie = Mann?

93 WEinkolumne John Axelrod über Frauen im Orchester und an der Weinrebe 94 REISE: LEIPZIG Mit Bassbariton Tuomas Pursio durch eine Stadt, in der Musik allgegen­ wärtig ist

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Ehrliche Lautsprecher


E n s e mb l e

Hinter der Bühne Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern und Mitarbeitern, die sie mit Leben füllen. Deshalb der diesmal durch einen Todesfall getrübte Blick hinter die Kulissen der Produktion.

beatrix boRchard Gleich mehrere Insitutionen gibt es in Deutschland, die sich dem Schwerpunktthema dieses Hefts, „Musik und Gender“, verschrieben haben! Beatrix Borchard, die wir für unseren Einführungstext dazu gewinnen konnten, ist Musikwissenschaftlerin, Musikpublizistin und Gründerin der Forschungsplattform Musik(vermittlung) und Gender(forschung) im Internet (MUGI). Sie promovierte zu Clara Wieck und Robert Schumann und habilierte zu Amalie und Joseph Joachim. Bis April 2016 war sie Professorin für Musikwissenschaft mit Schwerpunkt Gender an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.

leland bobbé Für unseren Schwerpunkt suchten wir Bilder, die das Mit- und Gegen­ einander der Geschlechter illustrieren. Als wir auf die Serie „HalfDrag ... A different Kind of Beauty“ des New Yorker Fotografen Leland Bobbé stießen, waren wir wie gebannt von der Schönheit dieser Halbwesen. Bobbé ist seit über 30 Jahren sowohl in der künstlerischen Fotografie als auch in der Werbefotografie beheimatet. „Half-Drag“ wurde besonders im Internet ein Sensationserfolg. Die Bilder erschienen auf Hunderten von Websites und Blogs sowie in Mode- und Designmagazinen aus über 30 Ländern, unter anderem der italienischen Vogue, der Huffington Post und den ABC News. Bobbés Fotografien sind auch als hochwertige Kunstdrucke erhältlich: www.lelandbobbe.com

Seit über 15 Jahren hat „Rilu“, wie ihre Freunde und Kollegen sie nannten, für crescendo gearbeitet und die Klassikveranstalter betreut. Mit großer Leidenschaft und unermüdlicher Tatkraft setzte sie sich für den Verlag und ihre Kunden ein. Sie machte den Festspiel-Guide zum Marktführer, erfand Themenspecials wie Reise & Kultur und entwickelte schon vor über zehn Jahren regionale Werbemöglichkeiten für Klassikveranstalter – weit vor allen anderen. Ihr Leben hat sie der Kunst und Kultur gewidmet. Und sie war ein Teil von uns – von crescendo. Dem Leben einen Sinn zu geben, war ihr immer sehr wichtig. Diese Gewissheit und dieses Tun gaben ihr die nötige Kraft und Zuversicht, als sie vor einigen Jahren von ihrer schlimmen Erkrankung erfuhr. Sie fand Halt in ihrer Familie, und wir sind dankbar und stolz darauf, dass auch wir ein bisschen dazugehörten – zu ihrem Lebenssinn. Umso erschütternder war es, als uns am 18. Dezember 2016 die Nachricht ereilte, dass Rilu uns für immer verlassen hat. Liebe Rilu, wir denken oft an Dich und Du wirst immer ein Teil von uns sein! In tiefer Trauer, die crescendo-Redaktion

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Fotos: privat

Liselotte Richter-Lux


25.03. 002.04.–30.04.16 2. 04.– 29.04.17 30. 04.16 internationales internationales musikfestival musikfestival

IERN AG! E F R I W TST R U B E 20. G

Avi Avital I Rebekka Bakken I Lisa Batiashvili I Uri Caine I Gautier Capuçon I Deutsche Kammerphil harmonie Bremen I Fauré Quartett I Johannes Fischer I David Fray I Sol Gabetta Gallicantus I Martin Grubinger I Marc-André Hamelin I Thomas Hampson I Håkan Hardenberger Paavo Järvi I Ewa Kupiec I Igor Levit I Sabine Meyer I Gabriela Montero I Daniel Müller-Schott Pierre Laurent Aimard • LisaQuasthoff BatiashviliI •Fazıl BBCSay Philharmonic Piotr IBeczała Bostridge • Chamber Alina Pogostkina I Thomas I Andreas •Scholl Herbert• Ian Schuch I Andreas Staier Orchestra of EuropeOrchestra • AnnetteI Dasch • Fauré Quartett • Isabelle Faust • JuliaVogt Fischer • Christian Gerhaher • Swedish Chamber Tonhalle-Orchester Zürich I Klaus Florian I Arcadi Volodos Thomas Hampson • Irish Chamber Orchestra • Kristjan Järvi • Igor Levit • Mahler Chamber Orchestra • Jörg Widmann I Tianwa Yang I u. v. m. Albrecht Mayer • Daniel Müller-Schott • Christina Pluhar • Thomas Quasthoff • Nemanja Radulovic´ • Valer Sabadus • Sir András Schiff • Tetzlaff Quartett • Alexandre Tharaud • Daniil Trifonov • Ulrich Tukur • Jörg Widmann • Frank Peter Zimmermann • Nikolaj Znaider u.v.a Bestellen Sie kostenlos unser Programm unter Tel 06221 - 584 00 12 oder www.heidelberger-fruehling.de

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b l i c kfa n g

Sex, Protest, Musik Sie tragen quietschbunte Sturmhauben. Für ihre stets kostenlosen, stets illegalen Auftritte stürmen sie die Metro, hangeln sich auf Busdächer oder besetzen den Roten Platz. Sie sind anarchistisch, antikapitalistisch und atheistisch: die feministische russische Punkband Pussy Riot. Mit künstlerischen Mitteln streiten die jungen Guerillas für sexuelle Minderheiten und gegen Machtmonopole. 2012 drangen sie in das Innerste einer russisch-orthodoxen Kirche ein und protestierten in ihrem „Punk-Gebet“ gegen die Vermischung von Kirche und Staat. Ihre darauffolgende Verhaftung sorgte für internationale Empörung. Egal, was man von ihren Aktionen hält: Wir finden, sie dürfen beim Schwerpunkt „Musik und Gen­der“ nicht fehlen!

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F oto: P h otoX p r ess / ZU M A P RES S .co m

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o u v e r t ü r e

Ich führe doch kein Werk einer Frau auf! crescendo: Frau Sperber, 1987 riefen Sie den Heidelberger Künstle- Was bekommen die Gewinner konkret? rinnenpreis ins Leben. Warum? Ich musste immer wieder neu um die Finanzierung kämpfen. HeuRoswitha Sperber: Ich hatte in Dilsberg, meinem idyllischen Wohn- te beträgt das Preisgeld 10.000 Euro. Das Philharmonische Orchester ort im Rhein-Neckar-Kreis, wo künstlerisch-musikalisch absolutes der Stadt Heidelberg führt ein Orchesterwerk der Preisträgerin auf, Niemandsland war, eine Konzertreihe abseits des Mainstreams auf- danach gibt es die feierliche Preisverleihung, bei der ich eine von mir gebaut. Dadurch ist die Komponistin Violeta Dinescu auf mich auf- gestiftete Skulptur des Bildhauers Günter Braun überreiche. merksam geworden und hat ein Werk für mich geschrieben: Mond- Wie ging es nach der Gründung weiter? nacht für Alt und Orgel. Ich war damals auch Stimmbildnerin in der Ich wollte die Dinge der Frauen nicht in einem Ghetto behandelt, Heidelberger Studentenkantorei und Solistin in Oratorienaufführun- sondern in den ganz normalen Konzertbetrieb eingebracht wissen. gen bei Kantor KMD Peter Schumann. Ich kam also begeistert mit Säulen waren immer auch die lokalen Zusammenarbeiten etwa mit den Noten zu Schumann. Der sagte: „Du spinnst wohl, ich führe doch der Heidelberger Musikwissenschaft um Ludwig Finscher. Dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit verkein Werk einer Frau auf!“ Wir waren danke ich in den frühen Jahren besonso empört über diese Einstellung, die ders viel. Nach seiner Emeritierung damals auch sonst herrschte, dass wir ging die Heidelberger Festivalarbeit beschlossen, ein Festival zu gründen, bei dem Werke von Komponistinnen sukzessiv ihrem Ende entgegen. 2005 im Mittelpunkt stehen. Auf der Suhaben wir zusammen mit Peter Spuhche nach finanziellen Mitteln klopfte ler und Cornelius Meister, seinerzeit ich bei der Leitstelle für Frauenfragen Intendant und Generalmusikdirektor im Sozialministerium Baden-Würtam Theater Heidelberg, erreicht, dass temberg an. Dort fanden sich 5.000 die Komponistinnen mit großformatiDM, die nicht abgerufen worden wagen, sinfonischen Werken aufgeführt wurden. ren. Damit rief ich den Heidelberger Künstlerinnenpreis ins Leben. Vor 30 Jahren hatte es sicher seine Berechtigung, speziell Frauen eiBeinahe alle Komponistinnen, die ne Plattform zu bieten. Ist der Preis heute von Bedeutung sind, haben heute noch aktuell? den Preis gewonnen, zum Beispiel Sofia Gubaidulina, Isabel Mundry, Das ist die erfreuliche Situation! Wir Olga Neuwirth, Kaija Saariaho oder haben unseren Beitrag dazu geleisRuth Zechlin – die meisten, als sie tet, das Bewusstsein für die Thematik noch unbekannt waren. Wie gelanzu schärfen. Aktuell hat zum Beispiel Roswitha Sperber wird dieses Jahr 80. Seit gen diese Entdeckungen? Heike Hoffmann, die neue Leiterin Jahrzehnten engagiert sie sich für KünstlerinIch bin sehr froh, dass ich Adriana des Konzertprogramms der Schwetnen und für Musik aus Osteuropa zinger Festspiele, dafür gesorgt, dass Hölszky früh kennengelernt habe und sie in vielen Veranstaltungen programmieren und selbst aufführen diese mit einem Opernauftrag für Annette Schlünz eröffnen, Tre konnte. Sie gehört auch zum Thema Osteuropa, meinem frühen Ar- Volti – 3 Blicke auf Liebe und Krieg. Außerdem läuft in Stuttgart das beitsschwerpunkt, in dem es Brücken zu bauen galt. 1988 erlebten wir ECLAT-Festival, das SWR-Redakteur Björn Gottsein verantwortet, die große Ost-West-Begegnung mit Komponistinnen aus den USA und bei dem es von Komponistinnen nur so wimmelt. Das ist wirkund Osteuropa. Sofia Gubaidulina war damals Gast bei uns in Heidel- lich der hundertprozentige Durchbruch! berg. Als ich 1989 vom sowjetischen und russischen Komponisten- Sie haben durch Ihren eigenen Preis dazu beigetragen, dass er sich verband zum Moskauer Herbst eingeladen wurde, vertiefte ich den überflüssig gemacht hat? Kontakt mit Sofia. Ich bat sie, mir junge russische Komponistinnen Tatsächlich muss der Preis meiner Meinung nach nun weiterentwivorzustellen. Wir trafen uns in ihrer Wohnung, hörten Musik, lasen ckelt oder eingestellt werden. Eine Vision wären zum Beispiel OpernPartituren, wobei ich viel über die Situation der russischen Frauen er- produktionen mit dem Nationaltheater Mannheim, das in diesem Befuhr. Was Sofia Gubaidulina selbst betrifft, so hat sich Gidon Kremer reich schon seit Jahren vorbildlich ist, oder eine Kooperation mit den besonders für ihr Werk eingesetzt, was zu ihrem heutigen internatio- Schwetzinger Festspielen. Das Werk einer Komponistin könnte auch nalen Ruf wesentlich beigetragen hat. Sie wurde 1991 mit dem KünstPflichtstück bei „Jugend musiziert“ werden. Auf der lerinnenpreis ausgezeichnet. 1992 war Galina Ustwolskaja, Schülerin Stelle treten ist nicht angesagt! von Schostakowitsch, Preisträgerin. Zur Verleihung realisierte ich die Interview: Maria Goeth Uraufführung ihrer vierten Sinfonie mit der eigenartigen Besetzung Sperber, Roswitha (Hrsg.): Visionen – Aufbrüche. Der Weg ins für Alt, Trompete, Tam-Tam und Klavier. Ustwolskaja hat sofort Inte21. Jahrhundert. Verlag Wunderhorn. Heidelberg, 2012 resse geweckt und wurde anschließend auf den wichtigsten Festivals herumgereicht. 10

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F oto: p r i vat

Ein Anruf bei Roswitha Sperber, Sängerin und Kulturmanagerin, die vor 30 Jahren den Heidelberger Künstlerinnenpreis ins Leben rief – eine Auszeichnung speziell für Komponistinnen.


o u v e r t ü r e

Playlist Gerade hat der Sänger-Lautenist Joel Frederiksen sein neues Album „Tell me true love“ herausgebracht. Aber was legt der Alte Musik-Spezialist selbst ein, wenn er zu Hause im Wohnzimmer lauscht? 1. Henry Purcell: Songs and Dialogues; Emma Kirkby, David Thomas, Anthony Rooley In den 80er-Jahren hörte ich im Radio einen Bass, den ich noch nicht kannte, mit Emma Kirkby singen. Er sang so farbenreich und expressiv, dass ich nicht aufhören konnte zuzuhören. Genau so wollte ich singen! Es war David Thomas. Außerdem dachte ich: Wenn ich irgendwann mit Emma Kirkby singen könnte! Viele Jahre später habe ich es geschafft, zuerst auf einer Aufnahme und später bei Konzerten. Dame Emma ist eine Göttin! 2. In the Streets and Theatres of London; Musicians of Swanne Alley Als Masterstudent der Alten Musik in Michigan habe ich eng mit Dr. Lyle Nordstrom zu tun gehabt. Lyle hat mit dem hervorragenden Lautenist Paul O’Dette das Ensemble Swanne Alley gegründet. Diese Aufnahme von Musik für „Broken Consort“ um 1600 ist unterhaltsam und extrem virtuos.

F oto: Th o mas Z w i l l i n g e r

3. Nick Drake: Pink Moon Der Musik von Nick Drake bin ich zuerst als 22-Jähriger begegnet. Damals spielte ich noch nicht Laute, sondern Gitarre. Nick war für mich eine Offenbarung. Sein Gitarrenspiel war so sauber und perfekt, die Lieder so melancholisch-berührend. Ich kannte die englischen Lautenlied-Komponisten, aber diese Lieder haben mich nicht in Ruhe gelassen! Bis ich viele Jahre später mit „Requiem for a Pink Moon“ eine Hommage an Nick machen konnte.

Sein neues Album: „Tell me true love“ (dhm)

4. Cipriano de Rore: Missa Praeter rerum seriem; Huelgas Ensemble, Paul van Nevel Auf dieser Aufnahme singe ich nicht, aber im Konzert habe ich die Missa von Cipriano mit Huelgas öfters singen dürfen. Die Musik ist herrlich! Solche polyfonen Werk sind ein großes Erlebnis. Ich freue mich, dass Ensembles wie Tallis Scholars, Stile Antico oder Vox Luminis diese Tradition pflegen und damit erfolgreich sind. Musik fing nicht mit Bach an, sondern viel früher! 5. Claudio Monteverdi: L’Orfeo; Victor Torres, Gabriel Garrido Monteverdi ist mein ständiger Wegbegleiter. In seiner Musik finde ich alles, was mich inspiriert und berührt. Um Monteverdis Musik zu interpretieren, muss man mindestens zur Hälfte Dichter sein, was – glaube ich – viele Sänger sind. Es ist auf jeden Fall die Liebe zum Wort und die Intensivierung des Textes durch die Musik, die fasziniert. Deshalb wird der mythische Sänger so bewundert. Nur mit Lyra und Stimme ausgerüstet, vollbringt er Wunder.

Newsticker Geigerin Sarah Chang bestohlen: Auf einem Flug nach Moskau sind der US-amerikanischen Geigerin Sarah Chang Sachen im Wert ­ von 12.000 US-Dollar entwendet worden. Offenbar war der Koffer der 36-Jährigen aufgebrochen worden. +++ Emmerich Smola Förderpreis 2017: Mit 20.000 Euro einer der höchstdotierten Förderpreise für junge Sänger überhaupt, ging der Emmerich Smola Förderpreis 2017 an die belgische Sopranistin Sheva Tehoval und den koreanische Tenor Konstantin Lee. Der Preis wird von der Stadt Landau in der Pfalz und dem Südwestrundfunk vergeben. +++ Julia Fischer als Kulturbotschfterin: Im Dezember wurde der Geigerin Julia Fischer in München das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Damit wurde sie als Kulturbotschafterin der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. +++ Muti dirigiert das Wiener Neujahrskonzert 2018: Nach 1991, 1998, 2000 und 2004 wird nach Gustavo Dudamel zum kommenden Jahreswechsel wieder Riccardo Muti am Pult der Wiener Philharmoniker stehen. Karten werden noch bis zum 28.2.2017 verlost.

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o u v e r t ü r e

Wow-Frau Sie erzwingen ihre Ehe per Gerichtsbescheid, sie propagieren Spaß am Sex oder posieren für den Playboy, obwohl sie Comicfiguren sind. Diese Frauen torpedieren das Klischee vom „schwachen Geschlecht“. v o n stefan se l l

Spezialität

Schwierigkeiten

Bis heute populär, weil...

Hildegard von Bingen

Ihr ganzheitliches Wissen! Wusste sie doch 300 Jahre vor Galileo Galilei, dass unser Planet um die Sonne kreist. Nun, da sie heilig gesprochen und zur Kirchenlehrerin („doctor ecclesiae“) ernannt ist, sind auch die von ihr beschriebenen lustvollen Aspekte der Sexualität kirchlicherseits anerkannt. „Ist die Frau mit einem Mann vereint, kündigt ein lustvolles Hitzegefühl in ihrem Gehirn den Genuss dieser Lust an ...“

Eine Frau hatte im Mittelalter nichts zu wissen: „Was soll es bedeuten, dass dieser törichten und ungelehrten Frau solche Geheimnisse geoffenbart werden, da es doch viele starke und weise Männer gibt? Also muss es vereitelt werden!“ Auch war sie, die so viele Heilerfolge erzielte und ihr Wissen für die Nachwelt festhielt, selbst häufig krank und litt unter Seh- und Gehbehinderungen.

... Fasten nach „Sybil of the Rhine“, wie man sie in Amerika nennt, heute en vogue ist. Bücher, CDs, Edelsteine und Salben, Kuren und Kurse – unter ihrem Logo avanciert inzwischen alles zum Bestseller. Ihre Musik wird vom Kronos Quartett intoniert und Devendra Banhart, einer der angesagten amerikanischen Popfolker, singt „Fuer Hildegard von Bingen“.

Clara ­Schumann

Ihr Klavierspiel. Als Wunderkind präsentiert, tritt sie mit neun Jahren das erste Mal öffentlich auf, spielt vor Goethe, Paganini und Liszt, mit dem sie bald in einem Atemzug genannt wird. Sie reift zum absoluten Popstar ihrer Zeit, wird ihre eigene Konzertagentin, die gut vernetzt im Team mit ihren Töchtern perfektes Marketing betreibt und die Musikwelt Europas für sich gewinnt.

Ihre Heirat muss sie per Gerichtsbescheid erzwingen. Als Mutter von acht Kindern hat sie mehr Haushalt, als ihr lieb ist. Ihr ÜbePensum mag sie ihrem kränkelnd gereizten Mann nicht immer zumuten. „Wie gern möcht ich komponieren, doch hier kann ich durchaus nicht … Ich tröste mich immer damit, daß ich ja ein Frauenzimmer bin, und die sind nicht zum komponieren geboren.“

... fast jeder ihr Konterfei von Briefmarke und Hundertmarkschein her kennt. Von der fundierten Biografie über Belletristik hin zum Kinofilm, Clara Schumann scheint allgegenwärtig. Ihre Kompositionen erfahren endlich Wertschätzung. Hätte es damals schon den ECHO Klassik gegeben, sie hätte einen nach dem anderen abgeräumt und schließlich einen für ihr Lebenswerk bekommen.

Marge ­Simpson

Keine hat die Haare so hochgesteckt wie Marge Simpson. Ihre blau gefärbte Turmfrisur erweist sich immer wieder als geheimes Versteck für das Krötenglas mit den Ersparnissen der Familie, für eine Katze oder einen Vogel. Sie putzt das Haus, bevor die Putzfrau kommt. Ihr brummelnd grummelndes „Mmmm“- Geräusch ist legendär. Als erste Comicfigur poste sie für den Playboy.

Marge ist allergisch gegen Shrimps wie überhaupt gegen Meeresfrüchte. Schwierig ist, wenn ihr Mann Homer gegenüber den Kindern äußert: „Ihr beide müsst in die Schule und ich zur Arbeit. Die Einzige, die es leicht hat, ist Marge!“ und man daraufhin sie, die eigentlich Kunst studiert hat, zähneknirschend auf den Knien rutschend sieht, wie sie mit einer Handbürste den Boden schrubbt.

... sie seit über 25 Jahren über die Bildschirme dieser Welt flimmert, in Form von unzähligen Merchandise-Artikeln käuflich erwerbbar ist und mit 600 Episoden und einem Kinofilm ihren Anteil daran hat, den Rekord im Bereich Sitcoms zu halten. Sie taucht in einer stets wachsenden Zahl von Dissertationen der Bereiche Theologie, Soziologie, Philosophie, Physik auf und beschäftigt die Vorlesungen der Unis.

„Violine oder Orgel zu spielen, verträgt sich nicht mit den Grazien des weiblichen Geschlechts. [...] die Virtuosin thut als solche auf schöne Weiblichkeit Verzicht.“ Karl Heinrich Heydenreich in „Der Privaterzieher in Familien wie er seyn soll“

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G E L E S E N NOT I E R T

„Wenn wir ein Frauenzimmer die Violin, oder das Horn oder den Bass spielen sehen, so empfinden wir ein gewisses Gefühl des ­Unschicklichen.“ Carl Ludwig Juncker in „Musikalischer ­Almanach auf das Jahr 1784“

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Februar – März 2017


SHAKESPEARE FÜR EILIGE

o u v e r t ü r e

Ein Shakespeare-Abend in Zeiten von „Deutschland sucht den Superstar“.

p a s   d e  D e u x

Kurz und bündig. Auf dem Balkon zu Verona beispielsweise, kommt es zu Abläufen, die so bei Shakespeare nicht unbedingt immer 1:1 stehen. Regie: Ralf Bauer ab Herbst 2018

Ralf Bauer

Lenn Kudrjawizki

EIN FALL FÜR MISS MARPLE AGATHA CHRISTIE

Unsere Rubrik mit Doppelgängern aus der Klassikwelt. Diesmal: Johannes Brahms und Leif Segerstam

Ein Mord wird angekündigt „Am Freitag, den 29. Oktober um 18.00 Uhr wird auf Gut Little Paddocks ein Mord stattfinden…“ Die makabere Anzeige im Dorfanzeiger lockt nicht nur Freunde auf’s Gut.

F oto: Na n a S i m e l i u s

INSPEKTOR EROL SANDER ALSCRADDOCK

Was für ein Rauschebart! Den pflegt nicht nur der Nikolaus, sondern auch Johannes Brahms und der finnische Dirigent und ­Komponist Leif Segerstam. Die Ähnlichkeit fiel übrigens nicht nur uns auf: Das haarige Duo ziert auch das Cover einer CD-Neuerscheinung des Turku Philharmonic Orchestra (Rezension auf S. 38).

Doch aus dem erwarteten Spaß wird rasch tödlicher Ernst: Schüsse fallen…

DER BRANDNER KASPAR UND DAS EWIG’ LEBEN Eine Komödie um Tod und Leben von Franz von Kobell Bearbeitung: Kurt Wilhelm

Marianne Sägebrecht

als Theres

Einst Überraschungserfolg, heute längst Kult: Die Geschichte vom trinkfesten Brandner Kaspar, der mit seiner Schlitzohrigkeit den Tod überlistet hat. Die eingefleischte Bayerin Marianne Sägebrecht mit Hollywood-Appeal. Sie ist eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen. „…Das Tegernseer Volkstheater bietet beste bayrische Unterhaltung…“ (Münchner Merkur)

London will es auch!

SCHUHBECKS KOCHSHOW

Kommt die Themse-Philharmonie? Einen Tag nach der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie beschloss der Londoner Court of Common Council, 2,5 Millionen Pfund für Konzertsaal-Planungen zur Verfügung zu stellen. Es geht dabei um die weitere Ausarbeitung eines Geschäftskonzepts für das Centre for Music, das unter anderem einen Konzertsaal mit 1.900 Plätzen beherbergen soll. Im November hatte sich die britische Regierung aus dem Projekt zurückgezogen. Standort wäre das derzeitige Museum of London. Die Kosten für das Gebäude werden auf umgerechnet rund 310 Millionen Euro geschätzt, wobei Kritiker von einem erheblich höheren Aufwand ausgehen. Fürsprecher hat das Projekt insbesondere durch das London Symphony Orchestra mit seinem designierten Chefdirigenten Sir Simon Rattle.

Erleben Sie den Spitzenkoch hautnah in voller Aktion!

Neben Kochen und Musik bleibt noch ausgiebig Zeit, um mit Moderatorin Sabine Sauer zu plaudern. Bekanntlich ‚finden die interessantesten Gespräche ja in der Küche statt…’

WIENER MELANGE Erstmals live auf der Bühne zu erleben!

Zu teuer

Harald Krassnitzer liest Wiener G’schichten zum Nachdenken und Schmunzeln von Alfred Polgar u.a. Heiter-ironisch, manchmal bissig, aber immer liebevoll kommentierte der Wiener Literat Alfred Polgar die kleinen Alltagsbegebenheiten seiner Heimatstadt.

Dudamels Immobilie weniger gefragt als sein Dirigat Anfang 2015 hatte sich der venezolanische Stardirigent Gustavo Dudamel in Los Angeles eine 340 Quadratmeter große Luxusvilla gekauft, die ihm nach der Trennung von seiner Frau zu groß wurde. Da sich bisher noch kein Käufer für die Immobilie fand, wurde der Preis nun von 3,3 auf 3 Millionen US-Dollar gesenkt. 13

Der Publikumsliebling und Quotenkönig Harald Krassnitzer zusammen mit den Philharmonia Schrammeln aus Wien.

Harald Krassnitzer

www.carpeartem.de Produktionen von CARPE ARTEM München Christian Reinisch · Fon 089 330 356 68-0 · info@carpeartem.de

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Auf einen Kaffee mit ...

Max Müller

Foto: Maria Goeth

V o n M a r ia G o eth

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K ü n s t l e r

habe aber auch relativ früh schon kapiert, wo meine Grenzen als crescendo: Herr Müller, Sie verkörpern nicht nur seit 15 Jahren Opernsänger sind. Die Stimme funktioniert – toi, toi, toi – wunim ZDF den Polizeiobermeister Michi Mohr bei den „Rosenheim-Cops“, sondern haben auch Gesang studiert und treten als derbar, und ich habe gerade sieben Konzerte in fünf Tagen mit den Bariton auf. Erste Liebe: Schauspiel oder Gesang? Münchner Symphonikern gemacht. Die Stimme ist flexibel und Max Müller: Ich bin in vielen Bereichen meines Lebens zwie­ ich glaube, auch ganz ansprechend, aber sie ist nicht spektakulär gespalten. Die Liebe ist für beides immer ganz gleichwertig gewe- genug. Außerdem wäre mein Repertoire für die Oper sehr besen. Mein Papa ist Jahrgang 1930 und hat in den 60er-Jahren seine schränkt gewesen: ein bisschen Mozart, ein bisschen Rossini, vielLeidenschaft für das Moderieren entdeckt – das nannte man da- leicht noch Donizetti, ein bisschen was Modernes, Lortzing sicher, mals Conférencier. Er hat über fast 30 Jahre hinweg mit großem den leider kein Mensch mehr spielt ... Spaß bunte Abende, Muttertagsfeiern und Ähnliches moderiert. Komische Oper und überhaupt leichtere Formate wie Operette Er war ein sehr barocker, sehr sinnlicher Mensch und hat mit viel kommen doch wieder ... Witz vom Männergesangsverein bis zur Schuhplattlergruppe alles Operette liebe ich wirklich sehr, aber auch da gibt’s für lyrische angesagt. Diese Seite habe ich von ihm geerbt und hatte tatsäch- Baritone nicht viel. Trotzdem gebe ich pro Jahr jetzt 20 bis 30 Liederabende mit meinen eigenen Prolich auch mit ihm gemeinsam meinen grammen, singe aber auch Winterreiersten Auftritt: mit drei Jahren! Da se, konnte ich Max und Moritz von WilDichterliebe und so weiter. „mit drei jahren konnte ich hem Busch auswendig und bin ohne Machen Sie bei diesen Lieder­ max und moritz auswendig mich zu genieren auf die Bühne, haabenden selbst die Programm­ zusammenstellung? be ungefähr zweieinhalb Streiche von und bin ohne mich zu Ja. Beim Franziskus habe ich die jetzt mir gegeben – Mutti saß in der ersten genieren auf die bühne bis ich ehemalige Intendantin vom CarinReihe –, bis ich irgendwann liebevoll thischen Sommer, Frau Dr. Fröhlich, „entsorgt“ wurde. Meine Mutter wieliebevoll ,entsorgt‘ wurde“ kennengelernt, und wir haben viele derum hatte eine sehr schöne Altstimme und hat immer im Auto mit mir dieser Programme gemeinsam zugesungen. Nach dem Motto „Zwei sammengebaut. Kärntner, ein Gesangsverein“ haben wir zweistimmig Kanons, Wenn Sie jemanden in einer großen Künstlerbiografie Volks- und Kinderlieder gesungen, aber auch den ein oder anderen ­verkörpern dürften, wer wäre das? Schubert. Von ihr kommt also die Liebe zur Musik. Mozart oder Einstein. Eine meiner Abschlussprüfungen war der Als Junge sollen Sie eine unglaublich hohe Stimme gehabt haben, Amadeus im Drama von Peter Shaffer. Mozart war schon eine so à la Königin der Nacht? unglaublich schillernde Persönlichkeit. So war 2006 die erste CD, Ja, aber gerade bei den ganz hohen Knabenstimmen ist es oft so, die ich ja produziert habe, „Ewig Dein Mozart“ mit Mozartliedern dass sie später Baritone oder Bässe werden. Peter Schreier war daund Mozartbriefen. Erst sollte ich nur die Briefe lesen, dann dachgegen zum Beispiel Alt-Solist und blieb – natürlich oktavversetzt te ich mir: Du Depp, sing doch! Ich kann zwischen sprechen und – in seiner Lage. singen recht nahtlos wechseln. Dieser Versuchsballon kam gut an, 2002 war das Jahr, in dem Sie sowohl mit den „Rosenheimmitterweile gibt es unter anderem auch ein Schubertprogramm Cops“ begonnen haben als auch Ihren ersten großen Opernaufund ein Programm mit in der Nazizeit verbotenen Komponistritt hatten (die Titelrolle in der Uraufführung der Kirchenoper ten. Und jetzt am 10. März erscheint „Tierisch!“, ein ganz heiteres Franziskus beim Carinthischen Sommer). War das das Entschei- Programm mit Schlagern wie Mein Papagei frisst keine harten Eier dejahr, in dem es für Sie doch mehr Richtung Schauspiel ging? und Texten von Ringelnatz, Busch und Morgenstern. Das ist zwar eine schöne Parallele, die „Rosenheim-Cops“ haben Ihr Repertoire ist breit. Gibt’s auch musikalische Antipathien? Ich höre fast alles gern an und probiere auch gern viel aus. Techno wir aber schon 2000 begonnen zu drehen. Ich bin jetzt genau seit ist allerdings nicht meine größte Liebe. 30 Jahren Schauspieler und durfte so viele unterschiedliche Dinge Ihr Leitspruch ist „Singen ist Spielen mit der Stimme“. Was machen: Radio, Hörspiele, Hörbücher, ich hatte fünf Jahre lang kann man singend ausdrücken, was sprechend nicht geht? meine eigene Theatergruppe, habe Fernsehen gemacht, war zwei Schon als Kind hat mich fasziniert, wie verschiedene Sprecher auf Jahre am Schauspielhaus in Wien, dann sieben Jahre als KontMärchenplatten ein und denselben Text vollkommen anders interrastprogramm im Theater in der Josefstadt, weil ich unbedingt pretierten und wie unterschiedlich berühmte Sätze wie „Warum mit Otto Schenk zusammenarbeiten wollte. Mit Mitte 30 sagte hast du so große Ohren?“ klangen. Du musst Farben suchen, du ich: Jetzt ist Zeit für was anderes! Ich habe gekündigt. Alle haben mich für verrückt erklärt: „Ja, spinnst du, du könntest doch vom musst Mut haben. Manchmal darf man eben keine schöne BelTheater in der Josefstadt direkt in Pension gehen!“ Aber doch nicht canto-Phrase singen, sondern muss mehr ins Sprechen gehen oder mit 35! Dann kam die Einladung zum Casting bei den „Roseneinen etwas ordinären Ton anschlagen. heim-Cops“. Ich bin hingefahren und habe so bayerisch getan, wie Haben Sie einen Mentor? ich konnte, habe mir aber trotzdem keine Chancen ausgerechnet. Ich hatte drei wunderbare Lehrer: Charlotte Berger, KS Walter Berry und mein Tonbandgerät. Ich nehme alles auf, was ich singe, ­Eigentlich war ich nämlich als Partner für den Joseph Hannesund bin mit mir selbst gnadenlos. schläger vorgesehen, also den coolen Cop. Da gibt’s nun wirklich Bessere. Wie durch ein Wunder wurde ich zwei Wochen später an- Mal in den „Rosenheim-Cops“ gesungen? Bis jetzt leider nicht, aber ich hätte große Lust dazu. Zum Beispiel: gerufen: „Jo mit’m Komissar is nix woan, aber es gabat an bleeden Kollege Joseph Hannesschläger (Kriminalhauptkommissar Hofer) Polizisten.“ Ich sagte: G’hört scho’ mir! hat eine eigene Band, Christian K. Schaeffer (Bistro-Inhaber Ignaz Sie haben also den Luxus gehabt, sich nie entscheiden zu müs„Jo“ Caspar) singt wie Dean Martin, und ich trällere ein augensen, sondern zu dürfen ... Ja, ich habe aber während dieser ganzen 30 Jahre immer gesungen, zwinkerndes Ave Maria in der Kirche. ■ 15


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„Rockmusik stumpft ab“ F oto: C h r i s O‘ Do n ova n

Brexit, muslimische Demos in der Innenstadt und Rockgeschichte um die Ecke. Die Welt des Murray Perahia bleibt unverändert: die gute, alte Musik. Ein Hausbesuch in London. v o n T e r esa Pieschac ó n Ra p hae l

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„ich bin nicht von diesem Jahrhundert. Und auch nicht von einem Teil des letzten Jahrhunderts“

crescendo: Herr Perahia, zwei Häuser weiter wohnte in den 1960ern Paul McCartney, nebenan sind die Abbey Road und die EMI Studios. Man könnte sagen, wir befinden uns im Epizentrum des Pop – können Sie mit dieser Musik was anfangen? Murray Perahia: Na ja, Sie können sich vorstellen, dass mich all das nicht wirklich interessiert. Ich bin nicht aus diesem Jahrhundert. Und auch nicht aus einem Teil des letzten Jahrhunderts. Aber ist es nicht wichtig, die Musik der eigenen Zeit zu kennen? Ein Großteil des Publikums oder auch von Kritikern sind mit Rockmusik aufgewachsen ... Ja, leider. Und ich glaube fest, dass sie das daran hindert, die Feinheiten der Klassik wahrzunehmen. Der gleichförmige Beat der Rockmusik lässt keine Flexibilität zu. Die extreme Lautstärke und Schlichtheit dieser Musik stumpft die Menschen ab. Sie nehmen nur äußerliche Dinge wie die Virtuosität oder die Melodie wahr – alles andere fällt hinten runter. So bleiben Menschen auf einem, sagen wir mal, kindlichen Niveau, denn sie können ihren Geist an dieser Musik nicht weiterentwickeln. Wirkliche Strukturen in der Musik hören sie nicht. Schlimmer noch: Sie langweilen sich bei wirklich großer Musik. Deshalb wollen sie auch immer wieder etwas „Neues“ entdecken. Wenn ich Sie so höre, denke ich an Ihren Landsmann Ivor Bolton, der in einem Interview auf die englischen Sozialisten schimpfte, weil sie die Grammar Schools abschaffen wollen, die „die Stupidifizierung der Masse“ fördern. Es stimmt, was er sagt. Auf den kostenlosen Grammar Schools bekam man eine humanistische Ausbildung. Heute tut man auf den britischen Schulen einfach zu wenig. Besonders auch in Bezug auf Musik: Die Kinder sollten von klein an Mozart hören, um ihr Gehör zu schulen, zu sensibilisieren, um das Subtile erkennen zu lernen. Wenn ein Kind erwachsen geworden ist, ist es meistens schon zu spät. Erinnern Sie sich noch, wie Sie mit Anfang 20 in den frühen 1970ern aus New York nach London kamen? 1972 war ich erster Preisträger des Internationalen Klavierwettbewerbs Leeds. Ich war Mitte 20 und fand das Land einfach wunderbar. Die BBC hatte damals eine so bedeutende Stellung, sie hat alle Komponisten, egal welcher Stilrichtung, gefördert und deren Werke aufgezeichnet. Ständig war man neugierig, wer was komponiert hatte. Ob Michael Tippett oder Benjamin Britten, der allerdings schon 1976 starb. Das gibt es alles heute nicht mehr. Haben Sie Britten kennengelernt? Ich lernte ihn im Rahmen des Wettbewerbs in Leeds kennen. Er war schon krank und hat dann bald einen leichten Schlaganfall erlitten. Ich wollte wissen, wie ein Komponist Klavier spielt, wie sein Zugang ist, wie er denkt. Britten war ja selbst auch ein ausgezeichneter Pianist. Als erster Preisträger bekam ich dann Gelegenheit, beim Aldeburgh Festival aufzutreten, der Heimat von Benjamin Britten. Später traf ich ihn zum Lunch, ich war nervös, doch er nahm mir jede Verlegenheit. Wir hörten gemeinsam sehr viel Musik, er sagte mir nur, er sei kein Klavierlehrer. Dennoch lernte ich viel von ihm. Was genau war das? Er war dem Geheimnis Musik nah. Er hat meinen Zugang zum Klavier sehr geprägt. Der Kontrapunkt war für ihn die Basis, um Musik zu verstehen. Die Musik von Bach ganz existenziell. Auch

für mich ist sie es. Mich interessiert, an ihr zu erfahren, wie der Kontrapunkt zur Harmonie wird. Das ist essenziell. Deshalb betone ich mehr das lineare, das melodische Element als das vertikale, das kontrapunktische. Für mich ist es wichtig, den Punkt zu finden, an dem die Stimmen zueinandergelangen. Dennoch müssen die Hände unabhängig bleiben. Ich blieb übrigens mit Peter Pears in Verbindung, weil ich ihn auch sehr bewunderte. Und da Britten aufgrund seines Schlaganfalls nicht mehr spielen konnte, wurde ich zu Pears’ Begleiter. Ein weiterer Musiker, der Sie prägte, war Pablo Casals. Das war noch früher, ich war gerade 17 Jahre alt, lebte noch in den USA und war auf dem Marlboro Music Festival. Auch er hatte großen Einfluss auf mich, obwohl er ein Cellist war, gleichzeitig auch ein hervorragender Pianist. Jeden Tag begann er mit einem besonderen Werk: einer Partita oder einer Suite von Bach. Ein wirkliches Erinnerungsstück aber blieb Ihnen von ­V ladimir Horowitz. Ja, sein Klavierschemel. Den hat er mir testamentarisch vermacht. Sie waren auch zu seinen Lebzeiten der einzige Pianist, der auf seinem Steinway-Flügel spielen durfte, den die Firma dem Pianisten und seiner Frau Wanda, der Tochter von Arturo Toscanini, 1943 zur Hochzeit schenkte. Es heißt, Sie hätten das Instrument nicht in den Griff bekommen, wegen der soften Regulierung? Die Tasten von Horowitz’ Flügel übten kaum Widerstand aus. Aber das hat seinem Spiel offenbar nicht geschadet. Er war ein begnadeter Pianist. Benjamin Britten sagte: Musik kommt eben nicht aus den Fingern, sondern aus dem Inneren. Das ist schwer in Worte zu fassen. Wenn ich mir die Autoren in Ihrer Bibliothek so anschaue: Elias Canetti, T. C. Boyle, Amos Oz … Bildbände von Rem­ brandt, Caravaggio ... Ich lese sehr viel. Ich liebe es, Partituren zu analysieren; die Musikwissenschaft ist für mich sehr wichtig und sehr interessant. Die Schriften und Analysen von Heinrich Schenker waren ganz prägend für meine Interpretationen. Kann zu viel Intellekt kontraproduktiv für die Interpretation sein? Nur ein bisschen. Man könnte, wenn man sich zu viele Gedanken macht, vielleicht manchmal etwas verkrampft auf der Bühne wirken. Trotzdem soll der Künstler alles über die Musik, die er macht, wissen und verstehen. Dabei geht es gar nicht so sehr um den Intellekt, sondern um das Ohr. Junge Interpreten gehen oft nur vom Gefühl aus. Doch auf der Basis eines Gefühls kann man keine Vision aufbauen. Dies kann man erst, wenn man um die Struktur, den Kontrapunkt, die harmonischen Regeln eines Werkes weiß. Was wünschen Sie sich 2017 zu Ihrem 70. Geburtstag? Dass ich dem Geheimnis der Musik noch näherkomme. ■ Aktuelle CD: Johann Sebastian Bach: „The French Suites“, Murray Perahia (DG) Termine: 6.2. Düsseldorf, Tonhalle / 19.3. München, Philharmonie / 21.3. Berlin, ­Philharmonie / 5.6. Hamburg, Laeiszhalle

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„Die Sprache, in der ich mich am liebsten ­ausdrücke, ist die Musik“

F oto: T h o mas E r n s t

Inga Fiolia

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„­Mich begeistert DAS Wort, ­das KLANG wird“

F oto: L i sa Wo l f

Die junge georgische Pianistin Inga Fiolia verbindet die geplante Klugheit mit der spontanen Interpretation. Die Musikerin, die in Tiflis und Moskau aufgewachsen ist, lebt seit zehn Jahren in Köln. Auf ihrem ersten Solo-Album widmet sie sich der Musik von Mikhail Glinka. V o n K athe r ina K nees

crescendo: Frau Fiolia, erinnern Sie sich noch liebe es, neue Sachen zu entdecken. Eigentlich daran, als Sie das erste Mal die Tasten eines wollte ich damals an der Musikhochschule auch Klaviers berührt haben? gerne noch eine Aufnahmeprüfung für Inga Fiolia: Seit ich denken kann, gehört das Jazz-Klavier machen, schließlich ist mein Vater Instrument zu meinem Leben. Das Klavier war auch Jazz-Musiker. Dazu ist es aber leider nie für mich immer etwas ganz Selbstverständligekommen. ches. Ich kann mich daran erinnern, dass ein Sie haben auch ein Faible für Liedbegleitung. Musiker zu uns in den Kindergarten kam, um Was macht für Sie den Reiz aus? etwas vorzuspielen. Das war in Georgien, ich Ich liebe Worte. Mittlerweile spreche ich sechs muss ungefähr drei Jahre alt gewesen sein und Sprachen. Georgisch ist meine Muttersprache, war völlig fasziniert davon, wie er mit Tönen aber in Moskau bin ich zur Schule gegangen, Geschichten erzählen konnte. Mir war klar: deshalb ist mir Russisch ebenfalls vertraut. Das will ich auch! Also habe ich erst einmal Ansonsten spreche ich Deutsch, Englisch, improvisiert. Ich wollte meinen kindlichen Gefühlen Newcomer Französisch und Italienisch. Aber die Sprache, in der ich wahrscheinlich mit Klängen Ausdruck verleihen und mich am liebsten ausdrücke, ist die Musik. In der Liedbehabe wild herumfantasiert. Danach habe ich dann Klaviergleitung verbinden sich letztlich die Sprache der Worte und unterricht von meiner Großmutter bekommen. die Sprache des Klangs zu einer oft doppeldeutigen Sprache. Am Anfang stand also die Improvisation; welche Rolle spielt sie Da geht es dann um Klangfarben, darum, das gesungene Wort zu heute noch für Sie? illustrieren oder in der Musik das Gegenteil dessen zu behaupten, Die Liebe zur Improvisation ist immer geblieben. Und ich glaube, was der Sänger singt – oder seine Innenwelten darzustellen. diese Leidenschaft macht einen Musiker aus. Meine Lehrer haben Nun erscheint Ihr erstes Album mit Musik von Mikhail Glinka. diese Tugend auch stets gefördert. Ich habe in Moskau bei Prof. Warum haben Sie sich ausgerechnet für ihn entschieden? Alexey Nasedkin studiert, der der Neuhaus-Schule angehört. Da Ich liebe russische Musik und habe mal im Glinka-Museum in steht nicht die technische Perfektion im Vordergrund – sie wird Moskau gespielt. Außerdem waren mir seine Opern bekannt. Als ich vorausgesetzt. Viel wesentlicher ist der musikalische Ausdruck. Mit mir irgendwann eine Aufnahme von seinen Klavier-Variationen 16 Jahren kam ich dann nach Köln, um bei Vassily Lobanov zu anhören wollte, musste ich feststellen, dass es da nichts gab. Also studieren, der mit Swjatoslaw Richter gespielt hat, einem meiner habe ich beschlossen, sie einfach selber aufzunehmen. Es ist schon großen Vorbilder. Lobanov ist auch Komponist und ein bewunbesonders aufregend, wenn es keine Aufnahmen von einem Werk dernswerter Musiker, der mich sehr inspiriert hat. Letztlich geht es gibt. Oft orientiert man sich ja unbewusst an dem, was existiert. Ich in der Improvisation und in der Interpretation immer darum, eine konnte nun etwas ganz Eigenes schaffen, Neuland betreten. Für künstlerische Botschaft zu haben und etwas mit der Musik zu mich war es spannend, in den Klavier-Variationen zu sehen, woher vermitteln. Wir dürfen nicht vergessen: Musik entsteht immer im Glinka musikalisch kommt und was ihn beeinflusst hat. In dieser Moment, in ihr verschmelzen das Geplante und das Intuitive. Alles Musik sind viele Inspirationen versteckt, auch aus seinen Opern andere langweilt mich, vor allen Dingen, wenn es nur um die oder aus der Volksmusik. Glinkas Ton-Kosmos ist äußerst abwechsTechnik geht. Musiker sind schließlich keine Roboter. lungsreich, und das fordert mich heraus und begeistert mich. Wenn Mit welchen Überlegungen nehmen Sie ein Soloprogramm in ich einmal anfange, diese Musik zu spielen, kann ich nicht mehr Angriff? aufhören, sie ist wie ein Rausch. ■ Meistens überlege ich einfach, worauf ich Lust habe. Ich spiele so Glinka: Complete Piano Works Vol.1, Inga Fiolia (Grand Piano) vieles gerne und will mich auch gar nicht auf ein bestimmtes Track 2 auf der crescendo Abo-CD: Variationen über das russische Repertoire festlegen. Deshalb versuche ich in meinen Programmen, Volkslied „Unten im tiefen Tal“ a-Moll von Glinka die Stile zu mischen, und spreche auch gern mit dem Publikum, um Termine: 11.02.2017 Köln, Steinway Haus / 14.02.2017 Düsseldorf, ihm etwas zu den Werken zu erzählen. Mich begeistert die Musik, Steinway Haus / 17.02.2017 München, Steinway Haus / 01.03.2017 die gerade vor mir steht: Bach genauso gerne wie Beethoven oder Frankfurt, Steinway Haus / 07.03.2017 Daun, Forum / 04.04.2017 Herzberg Brandenburg, Chopin. Aber auch Werke von georgischen Komponisten wie Schloss Grochwitz / 12.05.2017 Zittau, Euroregionales Kulturzentrum St. Johannis Zinzadse, Gabunia, Kantscheli, Maschawariani oder Lagidze. Ich 19


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Grace Bumbry: Für schwarze gibt’S kein MittelmaSS ­ Sie hat Musikgeschichte geschrieben – nun wird die großartige Sängerin, die als „schwarze Venus vom Grünen Hügel“ bekannt wurde, 80. Und unser Autor ist hin und weg von ihr.

race Bumbry wirkt noch immer jugendlich. Sie lässt Bumbry kommt meinem Wunsch gern nach und atmet hörbar auf: sich aufs Sofa fallen und hat gute Laune. Zwei Monate „Ach ja, das war der Beginn all der Furore.“ Wenn man es genau nimmt, wurde die Aufnahme von Philips lang hatte sie in Wien nach einer Wohnung gesucht und „wie es sich so trifft, gestern habe ich eine gefunden. Genau was ich will ein Jahr nach dem Bayreuther Skandal aufgenommen, sie stammt und was ich brauche. Das ist gar nicht so einfach. In meinem Alter aus dem Jahr 1962 (mit Anja Silja als Elisabeth). Aufruhr erregte bedarf es bei einem Apartment ja gewisser Dinge, an die man vorher Grace Bumbry mit ihrem Venus-Debüt in Wieland Wagners Tannja gar nicht gedacht hat: wie viele Stufen man steigen muss oder wie häuser bereits 1961, noch vis-à-vis Victoria de los Ángeles als Elisabeth. Mit dieser Rolle begann ihr Aufstieg zum absoluten Opernstar. das Apartment geschnitten ist“. Trotz aller Einschränkungen macht die 80-Jährige einen reso- Von diesem Tag an wurde immer wieder von der „schwarzen Venus luten und schlagfertigen Eindruck. Wir befinden uns im Hotel vom Grünen Hügel“ geschrieben. Ein Stereotyp. Ein MarkenzeiSacher hinter der Wiener Staatsoper. Jeder Angestellte scheint von chen. Eine Plattitüde – die bis heute nachwirkt. Auch bei mir. Nur wenige kennen die Vorgeschichte. Und die beginnt in Grace Bumbrys Interviewtermin zu wissen. Mit Hochachtung wird man in den Raum geführt. Als Grace Bumbry – rüstig ob eines Geh- Köln, und zwar mit Sawallisch. Der fragte Bumbry während eines Vorsingens für Carmen, ob sie stocks, der eher zur Zierde als nicht auch etwas Höheres sinzum Zweck scheint – mit deutlicher Verfrühung kommt, wird „Och, ich habe da so eine Idee. Wollen Sie gen könne. „Ich dachte mir: Aber für Carmen brauche ich mit buckelnder Hochachtung nicht die Venus in Bayreuth singen?“ nichts Höheres. ‚Warum fragen und fast geflüstert-ehrfurchtsSie?‘ Und er meinte: ‚Och, ich vollem „gnädige Frau Kammerhabe da so eine Idee‘. ‚Nun gut, sängerin“ der „Küss-die-Hand“Charme Wiens versprüht. Es ist vielleicht die einzige Stadt der Welt, selbstverständlich kann ich auch etwas Höheres singen, wenn Sie in der „Kammersänger“ noch als einer der höchsten Titel überhaupt mir nur eine Viertelstunde Zeit geben, mich in der höheren Tessitur gilt. Man kennt Frau Bumbry gut im Sacher. „Wenn ich in Wien einzusingen, was ich für Carmen nicht gemacht habe.‘ So geschah gesungen habe, habe ich hier gewohnt. Zum letzten Mal 2013, es, und ich sang für ihn und konnte schon auf seinem Gesicht sehen, glaube ich, als ich die Gräfin in Tschaikowskys Pique Dame gesun- dass er hocherfreut war. Als ich zu Ende gesungen hatte, fragte er mich, ob ich zu einem Vorsingen von Wieland Wagner in Bayreuth gen habe.“ Hat diese späte Charakterrolle Spaß gemacht? „Also Spaß fahren wolle. Ich dachte, nicht richtig gehört zu haben. Würde ich würde ich das nun nicht nennen“, antwortet sie, „ich musste schließ- wollen? Ja, selbstverständlich würde ich! Mein Vorsingen dort war auf einen Tag im Januar festgelegt, lich die Partie auf Russisch lernen. So spät im Leben und zudem meine erste Opernrolle auf Russisch. Also was da mit diesen Voka- und ich bin mitten im Winter nach Bayreuth gefahren und hoch len hinten in der Kehle vonstatten geht … Gott sei Dank ist der zum Festspielhaus mit dieser einzigartigen Atmosphäre. Es war bitterkalt. letzte Teil der Rolle auf Französisch, das hat mich gerettet.“ Als ich nach meinem Vorsingen im Vorzimmer der Büros saß, Ich schiebe ihr mein Exemplar von Wolfgang Sawallischs Bayreuther Tannhäuser zu – mit der Bitte um ein Autogramm. Grace passierte erst einmal nichts. Es kam und kam und kam niemand, 20

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und dann beschloss ich irgendwann zu gehen. Zumal da noch eine „Aber erzählen Sie ihr das nur nicht; nun gut, sie ist inzwischen andere junge Sängerin vorgesungen hatte, von der ich überzeugt gestorben. Aber sie hat sich immer für gleich alt gehalten. Aber was war, dass sie die Rolle angeboten bekommen würde. Und wie ich so für eine ganz, ganz große Sängerin, das steht außer Frage.“ meine Sachen zusammenpacke, kommt der Assistent von Wieland Wir kommen auf die Inhalte der neuen Deutsche GrammoWagner und fragt mich: ‚Wo wollen Sie denn hin?‘ ‚Keiner hat mir phon Box zu sprechen. Gleich die ersten Einspielungen stechen mir etwas gesagt, also mache ich mich bereit zu gehen.‘ Er sagte: ‚Nein, ins Auge: eine Aufnahme von Judas Maccabaeus. „Ach, der Händel. nein, nein … ich glaube, Herr Wagner will mit Ihnen sprechen.‘ Er Das war auf Westminster, mit Maurice Abravanel, in Utah. Eine führte mich zu Wielands Büro und der Rest ist Geschichte.“ wunderbare Aufnahme. Ich war ungefähr 20, das ist eine ganze War Grace Bumbry sich bewusst, dass ihre Rolle in der Oper, Weile her. Damals war ich noch Studentin an der Music Academy ihr Auftritt in Bayreuth nicht nur eine normale Besetzung und ein (of the West).“ Bumbry schweift ab: „Vor fünf Jahren hatte ich da ein normaler Auftritt sein würde? „Als Radiointerview mit Radio France. schwarze Sängerin, und erst recht Als ich ins Studio kam, hörte ich „Es war nicht klar, warum ich in jenen Tagen, war man sich desdiese Musik spielen und dachte: sen natürlich bewusst! Und es war ‚Hoppla, wer ist denn das? Das ist ­eingeladen wurde: Als Origineller nicht klar, warum ich eingeladen ja wunderschön.‘ Ich habe die ­Aufhänger oder aufgrund wurde: als origineller Aufhänger Stimme nicht sofort erkannt, sie meiner Stimme“ oder weil man herausragend gut klang wunderbar dunkel und wie war. Ich gehe lieber davon aus, dass Samt. Die Redakteure haben mich es bei mir Letzteres war. Ich hatte groß angeschaut, während ich genau den Klang, den sich Wagner vorstellte, zudem war ich schlank zuhörte, und dann dämmerte es mir schließlich: ‚Ich glaube, das bin und rank, was der Aura von Venus natürlich zugutekam. Ich fand ich, oder?‘ Und sie nickten im Kreise: ‚Oui, oui, das sind Sie, natürWieland Wagner immer fair. Zu mir sagte er: ‚Wissen Sie, mein lich, Madame.‘ Das muss 1957 oder ’58 gemacht worden sein, als ich Großvater hat Musik für Stimmfarben geschrieben, nicht für Haut- eben Judas Maccabaeus und Israel in Egypt aufgenommen hatte. Ich farben.‘ Und Maestro Sawallisch war geradezu enthusiastisch, was hatte diese Aufnahmen bis zu dem Zeitpunkt des Interviews wahrmeine Stimme betraf.“ scheinlich nie gehört. Damals ging es immer aufwärts in meinem Grace Bumbrys Venus-Geschichte ist nicht allein deshalb inte- Leben, ich hatte kaum Zeit zum Zurückschauen und bin auch nicht ressant, weil sie den meteorischen Aufstieg ihrer Karriere begrün- der Typ, der dauernd mit den eigenen LPs unter dem Arm herumdete, sondern weil sich an ihr auch herrlich die historische Frage gereist ist. Aber ich habe dort beim Zuhören auch verstanden, von „Was wäre, wenn …“ stellen lässt. Was also wäre, wenn Grace warum es so einen Aufruhr gab, als ich vom Mezzofach ins SopranBumbry nicht die erste afroamerikanische Sängerin auf dem Grü- fach gewechselt habe, denn es war schon ein sehr sinnlicher, ganz nen Hügel gewesen wäre? Sie spitzt die Ohren, als ich ihr in groben besonderer Klang.“ Zügen die Geschichte von Luranah Aldrige erzähle: Aldrige war Und warum hat sie gewechselt? Wegen der Rollen? Tochter eines sich als Prinz ausgebenden schwarzen Shakespeare„Nein. Das mit den Rollen ergibt sich zwar daraus, aber es war Schauspielers aus Manhattan und war 1896 als Sängerin im Ring aus rein gesundheitlichen Gründen. Ich bin immer nur meiner vorgesehen, der ersten Wiederaufnahme nach Wagners Tod. Damals Stimme, meinem Instrument gefolgt.“ kam allerdings eine Krankheit dazwischen. Aldrige war mit Eva Ist sie Musikerin oder Sängerin? Wagner befreundet, war Gast auf Wahnfried und korrespondierte „Das ist eine interessante Frage. Ich höre immer meinen Schümit Cosima. Bumbry hat von diesem obskuren Unterkapitel der lern zu, und meistens kann ich schon nach wenigen Minuten erkenHügel-Geschichte noch nicht gehört. Mit gespielter Zufriedenheit nen, ob es Musiker sind oder Sänger. Ich höre, ob sie ein Instrument nimmt sie zur Kenntnis, dass Luranah „nur“ für eine der Walküren spielen oder nicht, durch die Art, wie sie Phrasierung verstehen und vorgesehen war. „Na, das ist ja nun nicht ganz die gleiche Kategorie. ob sie wissen, wie man so richtig übt und sich in die Musik hineinAber was für eine interessante Geschichte. Ihr Pech, mein Glück.“ kniet. Ich selber habe ja mit sieben mit dem Klavierspielen angefanAuch eine bahnbrechende schwarze Venus hat Vorbilder und gen und erst mit 15 das Singen begonnen. Und ich liebe das Klavier. Vorreiterinnen: „Selbstverständlich. Ich war zwar selber immer Pio- Und das Cello. nier, aber da war natürlich Leontyne Price, eine enorm wichtige Da ist zum Beispiel dieses wunderbare Lied von Fauré, Après Wegbereiterin, und Gloria Davy, die viel in Deutschland sang und un rêve. Ich habe es selbst gesungen und konnte das, in aller Bescheiauch eine Wegbereiterin war, und Dorthy Maynor. Und natürlich denheit, richtig gut machen – mit schönem langen Atem und allem. Marian Anderson! Obwohl Marian Anderson nie die Möglichkeit Bis ich es dann einmal Rostropowitsch als Zugabe spielen hörte, bei hatte, Oper zu singen, bis auf die eine Ausnahme an der Metropoli- einem Konzert von uns im Kennedy Center. Aber nun kann das tan Opera, die aber viel zu spät in ihrer Karriere. Diese Persönlich- Cello ja so viel elastischer spielen und Rostropowitsch mit seinem keiten waren absolute Ausnahmen. Und das war immer die Situa- endlosen Bogen: Kurzum, ich konnte das Lied zwölf Jahre lang nicht tion für uns: Man musste eine Ausnahme sein. Für schwarze Sänger mehr singen. Es war für mich ruiniert, weil ich Rostropowitsch gab es keinen Platz für Mittelmäßigkeit – und es gibt ihn wohl auch nicht aus meinem Ohr, meiner Seele bekommen konnte und heute noch nicht. Man musste wirklich außerordentlich gut sein, dadurch immer versuchte, seinem Cello nachzueifern.“ wenn man weiterkommen wollte. Und ich hatte außerordentliche Grace Bumbry versteckt sich hinter ihrem Cappuccino: „Ich Vorbilder. Ich kannte sie, habe zu ihnen aufgeschaut, und ich wusste, glaube, meine Liebe zu den Instrumenten um was es ihnen ging.“ übersteigt vielleicht sogar meine Liebe … Nein, nein, ich kann nicht sagen ‚übersteigt Gehörte auch Shirley Verrett zu diesen Vorreiterinnen? „Gott meine Liebe zur Stimme‘. Nein, nein, nein, behüte!“ Mein Satz wird abgeschnitten, bevor ich ihn ganz aussprenein. Ich liebe sie gleichermaßen, Instruchen kann: „Sie war eine Kollegin; was gibt’s da groß aufzuschauen?!“ mente wie Stimme.“ Nach einer Schock-Sekunde, in der ich kleinlaut schweige, lachen ■ wir beide laut los. Ich versuche mich zu retten: „Ich meinte nur, weil The Art of Grace Bumbry (Deutsche Grammophon) doch Shirley Verrett älter war.“ „Ja, sieben Jahre.“ (Sechseinhalb.) 22

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F oto: Nati o n a l a rc h i v d e r R i c h a r d -Wag n e r- S ti f t u n g B ay r eu th – Z u s ti f t u n g Wo l f g a n g Wag n e r

Grace Bumbry als „schwarze Venus“ in der legendären Bayreuther Aufführung von 1961

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Nähe schaffen Tot oder Lebendig Schon im Bauch seiner Mutter fühlte sich Vikingur Ólafsson den Klaviertasten nahe. Heute hat der Isländer die perfekte Mischung zwischen spielerischem Freigeist und technischer Finesse gefunden.

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v o n D o r o thea W a l chsh ä us l

ie ersten Klavierklänge seines Lebens hörte Vikingur Ólafsson im Bauch seiner Mutter. Damals war die Pianistin im sechsten Monat schwanger und machte an der Berliner Hochschule der Künste ihren Abschluss. Auf dem Programm stand Beethovens Appassionata – eine wohl entscheidende pränatale Prägung für den heute 32-Jährigen. „Ich mag diese Vorstellung: im Bauch meiner Mutter ganz nahe bei den Tasten gewesen zu sein“, sagt der große junge Mann mit der runden Brille, dann wischt er sich die dunkelblonden Haare aus der Stirn und lächelt. Es ist ein Tag Anfang Dezember in Berlin. Seit drei Jahren lebt der Pianist zur Hälfte in der deutschen Hauptstadt, die andere Hälfte des Jahres verbringt er, wenn er nicht gerade zu Konzerten unterwegs ist, in Reykjavík, seiner Heimat. Kurze Zeit nach dem Abschlusskonzert seiner Mutter waren seine Eltern zurück in ihre isländische Heimat gezogen, wo Ólafsson 1984 auf die Welt kam. Die familiären Koordinaten wiesen seinen Weg beinahe unausweichlich in Richtung Musik: die Mutter Klavierlehrerin, der Vater Architekt und Komponist, als Soundtrack seiner Kindheit dazu der musikalische Schatz der Schallplattensammlung seiner Eltern, die isländischen Volkslieder und nicht zuletzt die Spielversuche der Schüler seiner Mutter. Das Klavier stand für Ólafsson von Beginn an im Zentrum seines Lebens – im wahrsten Sinne: Kurz nach seiner Geburt leisteten sich seine Eltern

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einen Steinway-B-Flügel, der fortan inmitten der kleinen Wohnung der Familie thronte. „Das Klavier war unsere Wohnung, wir haben quasi um das Instrument herumgelebt“, sagt Ólafsson. Schon früh hat er als kleiner Junge die Nähe der Tasten gesucht, und bis heute erzählt seine Mutter, dass er dabei nie laut und rabiat zu Werke ging, sondern schon als Zweijähriger bedächtig und leise einzelne Töne spielte. Auch als er älter wurde, blieb das Klavier für ihn „geliebtes Spielzeug“. Als „Üben“ hat er seine ständige Beschäftigung mit dem Klavier nie empfunden, Drill und Druck waren ihm fern. Mit 18 Jahren ging Ólafsson schließlich zum Studium bei Ronald McDonald an die Juilliard School nach New York und erlebte dort erst einmal einen Schock. „In New York habe ich erkannt, dass ich nicht allein bin. Da waren so viele fantastische Pianisten, und ich habe begonnen, wahnsinnig hart zu arbeiten.“ Sein Spiel vereint heute beides: den Feinschliff und die technische Finesse der New Yorker Zeit ebenso wie den spielerischen Freigeist und die hingebungsvolle Emotionalität seiner isländischen Kindheit und Jugend. Eine prickelnde Mischung, die unmittelbar berührt und die Hörgewohnheiten raffiniert infrage stellt. Im Januar erscheint nun das erste Album von Ólafsson mit Klavieretüden von Philip Glass. Die Begegnung mit dem amerikanischen Meister der Minimal Music war für den Pianisten ein Schlüsselerlebnis, wobei er dessen Musik bereits als Jugendlicher www.crescendo.de

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F oto: A r i M agg

Durch die Beschäftigung mit der Musik von Philip Glass hat Vikingur Ólafsson auch Kompo­ nisten wie Beethoven und Bach neu entdeckt

„Das Klavier

für sich entdeckt hatte. Damals saß er zwischen Neben seiner Konzerttätigkeit leitet der Musiker war unsere seinen beiden Schwestern auf dem Autorücksitz, mehrere Festivals, darunter das „Reykjavík ein Urlaub in der Schweiz, seit Stunden auf der Midsummer Music Festival“ und das „Vinter­Wohnung, Autobahn. Da legte sein Vater eine CD mit Glass’ fest“ in Schweden. So wie er dort außergewöhnwir haben q ­ uasi Violinkonzert ein, und Ólafsson war sofort fasziliche Programme konzipiert und neue Perspekniert. „Diese Musik hat eine unglaubliche Wirtiven wagt, tun sich auch in seinem Spiel oftmals um das kung. Sie ist so emotional, so farbenreich, so ungeahnte Nuancen und Klangschattierungen Instrument ­ intensiv und ehrlich.“ Es sollte noch einige Jahre auf. Erlebt man die Klavieretüden von Glass in dauern, bis er sich selbst daran machte, Glass zu der Interpretation von Ólafsson, besteht nie die gelebt“ spielen. Auslöser war kein Geringerer als der Gefahr träger Redundanz. Stattdessen versteht Komponist selbst, der Ólafsson einlud, zusamder Pianist die sich wiederholenden Pattern als men mit ihm und der Pianistin Maki Namekawa seine Etüden auf- Form „musikalischer Wiedergeburt“, als immer wieder neu erlebte zuführen. Eine große Ehre für den jungen Musiker und gleichzeitig und klingende Zeit. Derart gespielt, entwickeln die Stücke eine ein Novum. „Ich war bisher ja eher gewohnt, mit toten Komponis- spannungsvoll vibrierende Kraft, die gleich einem Strom nach ten zu arbeiten“, sagt Ólafsson und grinst. Vor der ersten Begegnung vorne strebt. mit Glass sei er dementsprechend nervös gewesen, doch die Aufre„Große Musik vereint die Emotion und den Intellekt“, sagt gung wich bald der Erkenntnis: „Die Komponisten sind uns Inter- Vikingur Ólafsson. In seinem Spiel findet beides zusammen und preten in ihrem Suchen und Spielen mit der Musik viel ähnlicher, als die Achse Berlin-Reykjavík verspricht spannende ich zuerst dachte. Das war eine sehr erfrischende Entdeckung für weitere Entdeckungen. ■ mich und hat meinen Blick auch auf Komponisten wie Beethoven Aktuelle CD: Philip Glass: „Piano Works“, Vikingur Ólafsson (DG) oder Bach vollkommen verändert.“ Termine: 10., 11.2. Hamburg, Elbphilharmonie Die Folge ist eine zeitlose und offene Sicht auf die Musik, die Ólafsson nicht nur als Pianist, sondern auch als Kurator zeigt. 25


F oto: A n g i e K r e m e r

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„Vertraue keinem, der weiSS, wie es geht. Und vor allen Dingen: Sei immer ganz bei Dir“

gidon Kremer: demokratischer König Der Geiger wird 70, seine Kremerata Baltica 20 Jahre alt. Gemeinsam haben sie nicht nur die Musik neu erhorcht, sondern auch die Welt ein bisschen besser gemacht. v o n D o r o thea W a l chsh ä us l

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ls Gidon Kremer 1979 die Kremerata Baltica gründete, um begabte Musiker aus den drei jungen baltischen Staaten zusammenzuführen, war das ein Projekt für einen Sommer. Inzwischen dauert dieser Sommer zwei Jahrzehnte, und das Orchester steht für verlässlich warme, lichte Klangkultur und sensible Interpretationen oftmals unbekannter Werke. Den Stamm von rund 18 Musikern nennt Kremer „meine musikalischen Kinder“ – ihr Durchschnittsalter liegt bei 30 Jahren. Inzwischen sind viele neue Mitglieder hinzugekommen, andere sind weitergezogen, und Kremer stellt fest: „Auch wenn 20 Jahre vergangen sind: Der Geist der Kremerata ist bis heute der gleiche.“ Er weist weit über die Qualität der einzelnen Mitglieder hinaus, hat viel mit Hingabe zu tun, mit einer bestimmten Sicht auf die Musik. „Es geht nicht nur darum, Musik auf höchstem Niveau zu machen“, sagt Kremer. „Es geht mir vor allem um Offenheit, darum, aufgeschlossen zu sein – gegenüber Menschen, neuen Ideen und außergewöhnlichen Projekten.“ Das Ergebnis sei eine „wunderbare Mischung aus Erfahrung und Unschuld“, welche die Kremerata Baltica auszeichne. Kremer selbst nimmt als Leiter die Rolle eines „guten Königs“ ein, wie er sagt, agiert als Lenker und musikalischer Vater, hält die Fäden zusammen und sorgt für Disziplin. Dieses Jahr feiert der König ebenfalls Geburtstag – seinen 70. In gewisser Weise folgt Kremer als Künstler-König dem Vorbild einer der prägendsten Figuren auf seinem eigenen künstlerischen Weg, seinem Lehrer David Oistrach, bei dem er ab 1965 in Moskau studierte. „Oistrach war unglaublich tolerant und generös“, erinnert sich Kremer, und er habe ihm dabei geholfen, seinen ganz eigenen Stil zu finden. Der Name Gidon Kremer ist immer auch mit dem Streben nach Freiheit verbunden – in der Musik ebenso wie als politischer Mensch. „Ich wollte nie das Übliche, ich wollte mich nie einreihen“, sagt Kremer, dann räuspert er sich und fügt hinzu: „Ich weiß nur zu gut, was Druck von oben bedeutet.“ Als Sohn und Enkel zweier Geiger stand er von Beginn an unter großem Leistungszwang. „Mein 27


Beruf war bereits vor meiner Geburt entschieden“, sagt der Geiger. die besonders prägenden zu nennen. Er wertet das nicht. Er stellt es fest. Aber dann lacht er rau auf. „Das ist unmöglich“, sagt er und hebt die Hände. „Da gab es so Irgendwann habe er die Entscheidung seiner Eltern auch für sich vieles: die Zusammenarbeit mit Bernstein und Harnoncourt, die selbst getroffen: „Wenn ich schon gezwungenermaßen Geige spielen Auftritte mit Martha Argerich, die Beschäftigung mit dem Alban muss, will ich das bewusst zu meiner Berufung machen.“ Und das Berg-Violinkonzert, den Bach-Sonaten, mit Astor Piazzolla.“ Im ist ihm auch gelungen. 1969 gewann er den Paganini-Wettbewerb, Laufe seines Lebens hat Kremer auch seine Klangzone ausgeweitet, 1970 den Tschaikowsky-Wettbewerb, und schnell galt der lettische stets auf der Suche nach unbekanntem Repertoire und unbekannten Virtuose mit der fesselnden Präsenz auf der Bühne und dem farben- Komponisten wie Mieczysław Weinberg, der auch durch Kremers reichen und innigen Spiel als führender Interpret seiner Generation. Interpretationen bekannt geworden ist. Gidon Kremer hatte sich freigespielt. Gleich einem Schatzsucher spürt Kremer nach Werken, deren Politisch musste er sich erst noch befreien. 1980 blieb er länger Geist ihn berührt. Habe er ein solches gefunden, könne er stur sein im Westen, als es ihm sein sowjetisches Visum erlaubte. Kremer ent- und durch Wände gehen, wenn es sein muss. Oft entstehen dann schied sich, nicht mehr in die UdSSR zurückzukehren. Auch das war kunstvolle Projekte, die sich dem Schubladendenken und den Regeln der entschlossene Schritt eines Individualisten, der die kritische der breiten Vermarktbarkeit entziehen, und nicht selten hat er diese Selbstreflexion jedem zornigen Dogselbst finanziert, um sie realisieren zu matismus vorzieht und nie allein können. Musiker ist. Gidon Kremer ist in allem, Erlebt man den Künstler auf der was er tut, immer auch Humanist. Bühne, zeugt sein Spiel von der komEs gibt verschiedene Leitsätze, promisslosen Hingabe eines Besessedie Gidon Kremer im Laufe seines reinen. Jeden Ton, jede Spannung und chen Künstlerlebens für sich entdeckt jede harmonische Wendung scheint hat. „Jeder Mensch muss respektiert er im Moment seines Spiels neu zu werden für das, was er ist“, lautet entdecken. Als leidenschaftlicher einer. Oder: „Vertrau keinem, der Interpret stellt Kremer seine ganze weiß, wie es geht.“ Dabei ist Kremer Kraft in den Dienst der Musik, meidet eigensinnig im besten Sinne gebliejede überflüssige Geste, scheint im ben, ein steter Zweifler und unerMoment versunken und ist doch schrockener Entdecker, den gerade blitzwach. Oft steht er dann im langen jene Dinge reizen, die jenseits des glatweißen Hemd auf dem Podium, hält ten Mainstreams liegen. die Augen geschlossen und geht leicht Gidon Kremer AUF TOURNEE Zurzeit feilt er an einem Projekt in die Knie, bevor er mit ruhiger 28.2. Krün Schloss Elmau mit dem Titel „Bilder aus Osten“. Es Bewegung den Bogen auf die Saiten 2.3. Berlin Philharmonie setzt sich auf ganz eigene Art mit der setzt. Es ist eine innige, süß schmel4.3. Regensburg Universität Flüchtlingskrise auseinander: Kleine zende Stimme, die er seinem Instruanimierte Steinskulpturen des syriment schließlich entlockt: ein existen5.3. Baden-Baden Festspielhaus schen Künstlers Nazir Ali Badr sind ziell berührender Ton, der unter Kre7.3. Neumarkt in der Oberpfalz Reitstadel auf einer Leinwand zu sehen, während mers Händen fordern kann und 8.3. München Philharmonie Gasteig im Hintergrund Melodien aus dem aufbegehren, zärtlich liebkosen, fröh9.3. Bochum Anneliese Brost Musikforum Ruhr Tierkreis von Stockhausen gespielt lich tänzeln und tief traurig weinen. 5.4. Hamburg Elbphilharmonie werden. Im Wechsel zu den FilmseNun gäbe es allen Grund zum 23.4. Potsdam Nikolaisaal Potsdam quenzen erklingen außerdem sechs Feiern. Doch blumige Ehrungen lie24.4. Bielefeld Rudolf-Oetker-Halle Klavierduo-Stücke von Robert Schugen dem zurückhaltenden Skeptiker mann, die Kremer für Kammermuebenso wenig, wie er sich mit einer 11.5. Kronberg tba sikensemble arrangiert hat. So entwehmütigen Gesamtschau aufhalten 14., 15.5. Stuttgart Liederhalle steht ein zärtliches, eigenwilliges und möchte. „Was ist noch zu tun?“ Das sei berührendes Gesamtkunstwerk – ein die Frage, die ihn angesichts der zwei musikalisches Spiegelbild des Menschen Gidon Kremer. Jubiläen am ehesten umtreibe, und noch mehr als früher habe er „Musik vermittelt Emotionen, doch sie tut weit mehr als das. den starken Wunsch, etwas zu vermitteln, sich mitzuteilen in Tönen Sie trägt den menschlichen Geist in sich“, sagt der Geiger, dem kaum und in Worten und die Menschen mit seiner Musik zu erreichen. etwas suspekter ist als Musik um des Vergnügens willen, der ShowIm Frühjahr erscheint eine CD mit Trios von Sergej Rachmanigebaren ohne Substanz bekämpft. Es erschüttert Kremers Musikver- now, außerdem wird es eine Einspielung der Kammersymphonien ständnis bis ins Mark, wenn ein Name mehr als der Inhalt und die von Weinberg geben. „Das Feuer ist da in mir“, sagt Gidon Kremer. Qualität eines Musikers gilt. Reine Perfektion berührt ihn nicht, er „Man sollte nie aufhören, sich zu wundern und andere zu überrasucht nach Persönlichkeiten, die seinen Anspruch an eine Musik schen“ – auch das ist einer der Schlüsselsätze von Gidon Kremer, und jenseits der „nur schönen Töne“ teilen, Musiker wie Daniil Trifonov für ihn sei das der beste Weg, um im Jetzt zu sein und ganz aufzugeoder Dmitry Masleev. hen in dem jeweiligen Tun. „Ganz bei sich zu sein – das ist es, worum Im Laufe seiner Karriere hat Kremer mit unzähligen renom- es letztlich geht“, sagt Kremer. Dann verabschiedet er sich, eilt hinaus mierten Musikerkollegen zusammengearbeitet und sich mit unterzur Tür. Es gibt noch viel zu tun. ■ schiedlichsten Werken und Komponisten auseinandergesetzt. Fern „Preghiera“, Rachmaninov Piano Trios, Kremer, der Dogmen und starrer Scheuklappen hat er sich leiten lassen von Dirvanauskaité, Trifonov (Dt. Grammophon) seinem Streben nach Offenheit, Persönlichkeit und Ehrlichkeit. Mieczysław Weinberg: „Chamber Symphonies, ­Piano Heute kann er auf zahlreiche außergewöhnliche Musikerlebnisse Quintet“, Kremerata Baltica, Gidon Kremer (ecm) zurückblicken, wobei er überfordert abwinkt, wenn er gebeten wird, 28

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F oto: K r i s ti j o n as Ku c i n skas / DG

k ü n s t l e r


n ews Bogdan Roščić

„Als Top-Manager für klassische Musik bringt er internationale Kompetenz und Führungserfahrung mit. Dieser Generationswechsel vereint eine Kombination aus künstlerischem Anspruch, Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit.“ Roščić’ Ernennung ist, gerade aufgrund seiner mangelnden Opernexpertise, nicht unumstritten.

Riccardo Minasi

Mitgründer des Ensembles Il Pomo d’Oro und gastierte in der Vergangenheit unter anderem am Opernhaus Zürich, der Hamburgischen Staatsoper, der Opéra National de Lyon und dem Theater an der Wien. Minasi war Wunschkandidat des Orchesters und folgt auf den langjährigen Chefdirigenten Ivor Bolton (2004–2016), der in gleicher Position zum Sinfonieorchester Basel wechselt. Zweieinhalb Jahre hatten die Salzburger einen geeigneten Nachfolger für Bolton gesucht.

Anthony Bramall

Weißer Rauch auch beim Mozarteum­ orchester in Salzburg: Riccardo Minasi wird neuer Chefdirigent. Der Italiener ist

Auch am Pult des Münchner Gärtnerplatztheaters wird es einen Wechsel geben: Neuer Chefdirigent wird ab der Spielzeit 2017/18 der Brite Anthony Bramall. Derzeit ist er stellvertretender Generalmusikdirektor an der Oper Leipzig. Bramall folgt in München auf Marco Comin, der sich laut eigener Aussage nicht in letzter Konsequenz mit der Mehrspartigkeit des Hauses identifizieren konnte, an dem auch viel Operette und Musical gebracht wird. Der 59-jährige Bramall hingegen gibt an, Oper, Operette und Musical gleichermaßen zu lieben.

F oto s: D r e w Ga r d n e r ; apa / h e r b e rt n eu bau e r

Neuer Direktor der Wiener Staatsoper wird ab 2020 Bogdan Roščić. Der in Belgrad geborene Kulturmanager, Journalist und Plattenchef ist neu im Opernbetrieb. Roščić arbeitete als Musikchef von Ö3 und als künstlerischer Leiter der Deutschen Grammophon in Hamburg. Seit 2009 ist er Präsident von Sony Classical in New York. Laut eigener Aussage ist die Ernennung für ihn „die persönlich wichtigste Entscheidung meines beruflichen Lebens“. Roščić folgt auf Dominique Meyer, der seit 2010 im Amt ist. Bundesminister Thomas Drozda sprach von einer „Weichenstellung“ für das Haus.

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p e r s o n a l i e n

G e s t o r b e n

H ei n rich S chi ff „Die Saiten schweigen“, titelte der SWR, als ein Tag vor Weihnachten die Nachricht kam, dass der Cellist und Dirigent Heinrich Schiff in einem Wiener Krankenhaus verstorben war. Mit kaum 65 Jahren. Lange war er krank gewesen. Viele wussten davon, doch Schiff, dieser leidenschaftliche, kompromisslose, unersättliche Künstler, der sich nie schonte, wusste es wohl am besten. „Ich verglühe wie eine Zigarre, die man auf beiden Seiten zugleich angezündet hat“, räumte er bereits 2004 ein. Nun ist er gegangen. Unsterblich bleibt seine große Kunst, der unmittelbare Ausdruck, die Intensität, die Emphase seines Spiels. Jede Phrase, etwa von Bach, wusste er elegant zu ziselieren, in Ton zu „meißeln“, präzise in allen Lagen und dynamischen Registern. Die Bogentechnik hatte sich der junge Schiff beim berühmten André Navarra abgeschaut. Seine Einspielung der Bachschen Suiten wurde 1985 zur Referenzaufnahme und für Nikolaus Harnoncourt, einst selbst Cellist, zu einer „der eindrucksvollsten Interpretationen“, die er je gehört hatte. Unvergesslich bleibt Heinrich Schiff auch als Mensch, als Pädagoge. Nicht immer umgänglich. Eher direkt und oft eigenwillig. „Meist rauschte er in seinem Porsche 928 an. Wenn das weiße Coupé mit dem roten Cellokasten unter der Glasabdeckung des Kofferraums gegenüber der Kirche stand, wusste man: Schiff ist da“ (BR). Schüler Daniel Müller-Schott erinnert sich an Zeiten in Schiffs Haus am Attersee. „Er war wahnsinnig großzügig. Wir haben in seiner Küche gekocht und dann wieder geübt. Wir haben Billard gespielt, durften auf seinen Celli spielen. Und sogar sein Auto benutzen.“ Schiffs Selbstironie kam am besten in Interviews heraus. In einem, das wir führten, beschrieb er sich als einen Mann mit viel „zu kurzen Armen“, als „Metzgerstyp mit Wurstfingern“. Den oft unter Cellisten vertretenen Typus des „langgliedrigen, groß gewachsenen, melodie-

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säuselnden Schönlings“ beneidete er fast ein bisschen. Mit dem Narzissmus, der diesem Typus oft nachgesagt wird, hatte er, der „musikalische Handwerker“ Schiff, allerdings nichts am Hut. „Cellisten sind eher Kitschbrüder als Geiger“, lachte er. „Das liegt daran, dass, wenn sie klein sind

und mit dem großen Cello herumlaufen, die alten Tanten so begeistert sind. Da ist ein starkes Verhältnis zum Bewundertwerden.“ Bewundert wurde Schiff, der 1951 in einem Musikerhaushalt in Gmunden geboren wurde, nicht. Dazu lag die Messlatte zu hoch. Seine Mutter Helga Riemann war die Enkelin des berühmten Musikwissenschaftlers Hugo Riemann, sein Vater Pianist. Beide waren auch Lehrer und Komponisten, was Schiff nachhaltig auch in der Wahl seines Repertoires prägte. Mit Enthusiasmus transportierte er die Botschaften der zeitgenössischen Komponisten in die Welt. Packend seine Version des Ersten Cellokonzerts von Schostakowitsch. Henze, Rihm, Otto M. Zykan, Křenek, Lutosławski schrieben Werke für ihn. „Die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik kann anstrengend bis schmerzhaft sein“, räumte Schiff im Gespräch allerdings ein. Das aber sei der Sinn: „Der Wunsch des Komponisten, die Auseinandersetzung mit dem Publikum zu pflegen. Es ist auch gleichzeitig die Auseinandersetzung mit sich selbst.“ Nur mit Friedrich Gulda, der für ihn ebenfalls ein Cello(!)konzert schrieb,

kam es zum Zerwürfnis, weil Schiff es bei den Salzburger Festspielen durch eines von Haydn ersetzt hatte. Doch auch Schiff war nicht selten dünnhäutig. Rasch konnte er sich durch Fotografen oder Huster gestört fühlen. Legendär sein Unmut über ein undichtes, tropfendes Dach in der Kieler Petrus­ kirche – bei einem Konzert in Anwesenheit von Prinz Charles. Seine Liebe galt der Kammermusik, viele CDs zeugen davon, obwohl er der Branche kritisch gegenüberstand: „Viele Menschen verstehen Musik anders und meinen, es sei so eine Art Feierabend-Dekoration, mit der man leben kann. Das liegt nicht an ihrer vermeintlichen Dummheit oder Trägheit, es liegt daran, wie die klassischen Interpreten und deren Mithelfer, Plattenfirmen, Veranstalter, das vermarkten. Wie sie dem Zuhörer suggerieren, es handle sich um ein gesellschaftliches Ereignis. Wie heißt es schön: ,Erleben Sie Meisterwerke der klassischen Musik im historischen Ambiente und genießen Sie nachher aus der Küche des Chefs …‘“. Er schimpfte über das „Crossover-Getue“, wunderte sich, dass Leute, die er sehr schätzte, ihm plötzlich rieten, sein „Image“ zu ändern, damit es „besser laufe“. Dabei lief es gut. Das kulturpessimistische Gezeter und Jammern auf hohem Niveau konterte er mit Statements wie: „Uns Musikern geht es gut. Wir haben keine Not, leiden auch nicht unter Publikumsschwund.“ Und: „Auch negative Rezensionen gehen eher am Publikum vorbei.“ Wie Harnoncourt drängte es Schiff später zum Dirigieren. Unerträgliche Schmerzen in Schultern und Arm zwangen ihn, sein legendäres Stradivari-Cello, die 300 Jahre alte Mara, der sogar Wolf Wondratschek einen Roman widmete, beiseitezulegen. „Wieso schade?“, antwortete er auf mein Bedauern. „Das ist eine Frechheit. Es gibt so viele andere Cellisten, die das gut machen.“ Doch nur einen Heinrich Schiff.

Teresa Pieschacón Raphael

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hören & sehen •

Die besten CDs, DVDs & Vinylplatten des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Attila Csampais Auswahl (Seite 32) Gleich drei Emil-Gilels-Editionen zum 100. Geburtstag (Seite 40)

Maurice Steger

Solo

Bunte ­Reiseerinnerungen Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen und meist hat er auch das ein oder andere Andenken im Gepäck, das ihn an grauen Tagen vom Urlaub zehren lässt. Der Flötist Maurice Steger präsentiert auf seinem neuen Album „Souvenirs d’Italie“ eine ganze Reihe derartiger Mitbringsel, die Aloys Thomas Raimund Graf Harrach im 18. Jahrhundert bei seinem mehrjährigen Italienaufenthalt sammelte und für die Nachwelt dokumentierte. So finden sich auf dem Album Konzerte, Sonaten und Ciacconas verschiedener Komponisten wie Giuseppe Sammartini, Nicola Fiorenza oder Leonardo Vinci – allesamt Schmuckstücke voll Vitalität und Virtuosität. Steger inszeniert diese mit der ihm eigenen Wendigkeit und Expressivität im Ausdruck, wobei insbesondere die dynamisch auftrumpfenden Passagen in den Bann ziehen. So weht ein Hauch des Südens durch dieses musikalische Reisealbum, das so manch grauen Tag erwärmen mag. dw

F oto: M o l i n a V i s ua l s

„Souvenirs d’Italie. Mr Harrach’s Musical Diaries“, Maurice Steger (Harmonia Mundi) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Amoroso“ aus dem „Flötenkonzert d-Moll“ von Sarro

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h ö r e n & s e h e n

Die Empfehlungen von Attila Csampai

Interpreten mit Aura, die einen unmittelbar ansprechen ... bestimmen Attila Csampais Februar-Auswahl.

„Somewhere“ – Rudi Wilfer (Gramola)

In Österreichs Jazzszene ist Rudi Wilfer eine Legende: Der 1936 geborene Pianist und Komponist spielte schon in den 1950er-Jahren in der Band des Klarinettisten Fatty George und löste dort Joe Zawinul ab, als dieser in die Staaten ging. Später gründete er sein eigenes Trio und spielte mit fast allen Größen der internationalen Jazzszene. Nach Zawinuls Tod komponierte Wilfer ein Requiem für seinen Freund, das 2009 uraufgeführt wurde, und aus dem er jetzt auch einige Stücke in sein neues Album „Somewhere“ übernommen hat. Diese in Salzburg produzierte CD ist eine Sensation, das schönste, suggestivste Solo-Album seit Langem und eine Lehrstunde in musikalischer Entschleunigung. Wilfer kreiert da in vier eigenen Stücken und vier bekannten Standards Slow Food vom Feinsten, eine meditative Traumreise in die intimsten Bezirke seiner Seele und das „Destillat aus acht Jahrzehnten wachen musikalischen Lebens“, wie Labelchef Richard Winter im Booklet schwärmt. Es ist die Rückkehr zur Simplizität und Schönheit des Wahrhaftigen, ein achtteiliges Adagio behutsam ertasteter zärtlichster Klangrede, die trotz der aufgehobenen Zeit sogartige Spannungsbögen zieht und den Zuhörer auratisch gefangen nimmt. Fünf Neumann-Mikrofone übertragen Wilfers Magie auch ins heimische Wohnzimmer. Mozart: Grosse Messe c-moll, KV 427 Solisten, Kammerchor & Hofkapelle Stuttgart, F­ rieder Bernius (Carus)

1783 nicht zu Ende geführt, sondern aus unerfindlichen Gründen im Incarnatus est abgebrochen: Vermutlich reagierte er damit auf den plötzlichen Tod seines ersten Sohnes Raimund Leopold, der nur wenige Wochen nach seiner Geburt verstarb. Zu seinen Lebzeiten wurde der Torso nur einmal in Salzburg aufgeführt und später in der Kantate Davide penitente ausgeschlachtet. Dennoch zählt auch das unfertige Opus zu seinen größten Schöpfungen und wurde seither von diversen Bearbeitern mehr oder weniger überzeugend vervollständigt. Jetzt hat auch der deutsche Chorleiter und Dirigent Frieder Bernius zusammen mit dem Musikologen Uwe Wolf die beiden fragmentarischen Teile Credo und Sanctus nach Mozarts Entwürfen ergänzt und neu instrumentiert und im Stuttgarter Carus-Verlag als Partitur-Ausgabe vorgelegt. Gleichzeitig veröffentlichte Bernius mit seinem Kammerchor und seiner Stuttgarter Hofkapelle eine klingende Version seiner neuen Fassung und konnte dafür exzellente Vokalsolisten wie die Sopranistin Sarah Wegener gewinnen. Bernius’ flüssige und schlanke Interpretation der fünfteiligen Messe überzeugt auf ganzer Linie und entfaltet sehr suggestiv das hohe dramatische Potenzial und die melodische Schönheit eines von Händel und Bach inspirierten Meisterwerks, das jetzt ziemlich bruchlos und durchaus behutsam Mozarts Intentionen nachspürt und ihnen Gestalt verleiht. Haydn: Fünf Klaviersonaten Markus Becker (CAvi-music)

Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio“ aus der „Klaviersonate a-Moll Hob. XVI: 34“ von Haydn

Allmählich rückt auch der Klavierkomponist Haydn in den Fokus von klugen Pianisten: Die beiden bedeutendsten geistlichen Werke Nach Marc-André Hamelin, Jean-Efflam Mozarts blieben unvollendet. Neben dem mysteriösen Requiem, seiner letzten Arbeit, hat Bavouzet und zuletzt der jungen Israelin Einav Yarden hat jetzt Mozart auch die Große Messe in c-Moll im Jahr auch der deutsche Pianist Markus Becker die unter einer recht 32

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spröden Hülle verborgenen Schönheiten und Experimente im Klavierwerk Haydns entdeckt und prägnant in Klang gesetzt. Im Booklet seines neuen Albums mit fünf ausgewählten Sonaten nennt der 53-Jährige drei entscheidende Kriterien für den Umgang mit Haydns diskreter Satztechnik: Klangfantasie, Phrasenbildung und ein Gespür für musikalische Rhetorik. Und genau diese Tugenden prägen sein ungemein klares, scharf konturiertes Haydn-Spiel, das die strukturelle Logik, den Einfallsreichtum und die vielen Überraschungen in den Vordergrund rückt und alles Gefühlige und Unklare komplett ausblendet. Beckers preußische Akkuratesse grenzt gelegentlich fast an Pedanterie, denn selbst in den empfindsamen langsamen Sätzen weicht er keinen Zollbreit ab von seiner präzise durchartikulierten, trocken-pointierten Spielweise. Diese Überdeutlichkeit hat nichts Verführerisches oder Einschmeichelndes, sondern unterstreicht die Modernität dieser Werke: Es ist das Laboratorium der Wiener Klassik. Mendelssohn: Symphony No. 1 & 4 London Symphony Orchestra, Gardiner (LSO live)

Strauss konzentrieren, die in diesem Opernschocker von 1909 bis in die Grenzbereiche der Tonalität vordringt. Hier agiert das 110-köpfige PSO mit einer dramatischen Wucht, die einem den Atem raubt und so manches echte Opernorchester das Fürchten lehrt: Man erlebt reines Kopfkino – einen antiken Doppelmord im Zeitraffer. Völlig verwandelt und geradezu verführerisch schmeichelnd zeigt es sich dann in der wienerisch-nostalgischen Rosenkavalier-Suite, deren Walzer-Seligkeit dem Wiener Honeck genetisch eingepflanzt scheint. Tschaikowsky: Symphony No. 6 Budapest Festival Orchestra, Iván Fischer (Channel Classics)

Im Kopfsatz von Tschaikowskys Sechster gibt es den vermutlich größten jemals notierten dynamischen Kontrast überhaupt – vom sechsfachen Pianissimo des verhauchenden Solofagotts zum Fortissimo des anschließenden Orchesterschlags, damit, so Tschaikowsky spöttisch, „die Musikgelehrten wissen, wann die Durchführung beginnt“. Doch auch dieses wüste Einbrechen der Schicksalsmächte bleibt in Iván Fischers neuer Deutung mit seinem wieder auf Topniveau spielenden Budapest Festival Orchestra merkwürdig zivilisiert und klangschön, wie wenn ihm der große, noble Erzählstrang seiner betont lyrischen Deutung wichtiger sei als drastische Effekte. Er legt einen sanften Schleier der Melancholie und des Elegischen über die vielen dramatischen Ausbrüche dieser letzten Arbeit Tschaikowskys: So klingt auch der bizarre, zwischen Realität und Traum pendelnde Geschwindmarsch im dritten Satz hier fast wie zarte Märchenmusik. Erst im letzten Satz spürt man dann die Unausweichlichkeit und die Düsternis des nahenden Endes. Die angefügten Polowetzer Tänze aus Borodins Oper Fürst Igor sorgen aber für einen positiven Ausklang.

John Eliot Gardiner ist eine Ikone der britischen Originalklangszene: Bereits mit 21 gründete er den Monteverdi Choir, später die English Baroque Soloists und 1990 das Orchestre Révolutionnaire et Romantique. Daneben war er Chefdirigent diverser Sinfonie- und Opernorchester. Kaum ein anderer Dirigent verfügt über so umfassende musikalische Kenntnisse und Erfahrungen: So klingt das traditionsreiche London Symphony Orchestra unter seiner Stabführung so knackig, kompakt, schlank und polyfon aufgefächert wie ein historisch informiertes Kammerorchester. Sir John hat mit ihm gerade sein drittes Mendelssohn-Album veröffentlicht, mit LiveMitschnitten der Sinfonien I und IV, und die Londoner Topmusiker folgen seinen rasanten Tempi mit telepathischer Hingabe und Präzision. Vor allem die c-Moll-Sinfonie des 15-jährigen Mendelssohn hebt Gardiner in den Rang eines Meisterwerks, indem er die Ginastera: Klaviermusik Michael Korstick (cpo) Aufbruchsstimmung, die Frische und den Überschwang des Werks mit tänzerischer Leichtigkeit in wunderbar fließende Michael Korstick zählt zur seltenen Spezies des Klangrede übersetzt. Man spürt hier auf Schritt und Tritt die intelligenten, unbestechlichen Virtuosen: Sein Nähe der Sommernachtstraum-Ouvertüre, die nur kurze Zeit späweltweit gefeierter Beethoven-Zyklus war ein ter entstand, und dieser pulsierende Märchenzauber und diese solches Manifest konzessionsloser Objektivitänzerische Anmut prägen dann auch die ähnlich rasante Auffühtät, doch auch seine zahlreichen Einspielungen rung der Italienischen. des romantischen Repertoires bezeugen seine rigorose Werktreue. Sein neuestes Album widmete er der weithin unbekannten Klaviermusik des Argentiniers Alberto Ginastera. Der schöpfte, wie Strauss: Elektra & Rosenkavalier Pittsburgh Symphony Orchestra, Honeck sein Vorbild Béla Bartók, aus den verschütteten Volksmusiktradi(­Reference Recordings) tionen seiner Heimat, verwandelte sie aber schon früh in einen In wenigen Jahren hat Manfred Honeck das ganz eigenen, von der europäischen Moderne beeinflussten komtraditionsreiche Pittsburgh Symphony Orches- plexen und obsessiven Stil, der in gedrängter Form rhythmischen tra zu einem der besten Orchester der USA Furor mit orchestraler Wucht auflädt: Kaum eines seiner von geformt: Da er ein besonderes Faible für die alten Tanztypen inspirierten Stücke der frühen Phase dauert länOper besitzt, setzt er in Pittsburgh gerne auch mal sinfonische ger als drei Minuten, und auch seine späteren drei Klaviersonaten Suiten aus bekannten Opern aufs Programm. Jetzt hat er eine gehen in ihrer substanziellen Power und Dichte an die Grenzen komplette SACD zwei Bühnenwerken von Richard Strauss gewid- des manuell Machbaren. Korstick glänzt da mit einer rhythmimet und dabei die 1944 von Artur Rodzinski arrangierte, weltweit schen Attacke und einer gestalterischen Souveränität, die einen bekannte Rosenkavalier-Suite mit einer eigenen Adaption von schon nach wenigen Takten elektrisieren und dann bis zur sperriStrauss’ Einakter Elektra gekoppelt, die die etwa 100 Minuten gen dritten Sonate von 1982 nicht mehr loslassen: Man erlebt ein lange Opernpartitur auf ein 33-minütiges „symphonisches 80-minütiges Feuerwerk archaischer Kraft, überbordender VitaliDrama“ verdichtet: Da der Hörer hier nicht durch die mörderi- tät und animistischer Magie, das diesem großartigen Komponissche Bühnenhandlung „abgelenkt“ wird, kann er sich vollständig ten endlich ein würdiges Denkmal setzt. auf die komplexe und hochexpressive Orchestersprache von 33


h ö r e n & s e h e n

Philip Glass

Wie Bilder im Nebel

Bei der Arbeit mit behinderten Kindern war dem Regisseur Robert Wilson aufgefallen, dass Gehirnregionen aktiviert werden, wenn Gesten, etwa ein Handschütteln oder eine Kopfbewegung, äußerst langsam und konzentriert durchgeführt werden. Dies übersetzte der Komponist Philip Glass in Musik und popularisierte damit einen Musikstil, der Kult wurde: die Minimal Music. Kleinste melodische Zellen wiederholen sich permanent, verändern dabei allmählich die Klangfarbe. Elektrisch verstärkte Blasinstrumente und Orgeln, Synthesizer und Stimmen – vom Tontechniker dyna-

misch reguliert – erhöhen die Wirkung. „Wie Bilder im Nebel, die langsam sichtbar werden“, sagt Glass. Und räumt ein, dass Musiktheorien ihm „egal“ sind. 1976 wurde das Duo berühmt mit seiner Oper Einstein on the Beach. Weiß gekleidete Menschen tanzen in dieser Neuaufnahme nach der Choreografie von Lucinda Childs, die bei der Uraufführung in Avignon dabei war. Einstein taucht als stummer Geiger auf, eine „unendliche Geschichte“ wird erzählt, in Bildern, die sich verflüchtigen. Vier Stunden ohne Pause. Es ist wie bei Wagner: Love it or hate it. TPR

F oto: M a r i e- N o e l l e Ro b e rt

Neue Welten

Philip Glass und Robert Wilson: „Einstein on the Beach“, Théâtre du Châtelet, Lucinda Childs (Opus Arte)

Krystian Zimerman

Max Reger

Vulkanische Energie

Höret hin, ruft uns die Stimme

Vor 41 Jahren gewann Krystian Zimerman den Warschauer ChopinWettbewerb. Seither zählt der streitbare Virtuose zu den weltweit gefragtesten Pianisten, und er ist seiner konzessionslosen musikalischen Linie bis heute treu geblieben. Fast alle seine für das Gelblabel produzierten 30 Alben genießen Kultstatus, und so lag es nahe, jetzt einige seiner legendären Konzertaufnahmen zu seinem 60. Geburtstag wieder aufzulegen, diesmal auf 180 Gramm schweren LPs, die offenbar auch neu gemastert wurden: Mein Favorit sind die beiden Rachmaninow Konzerte Nr. 1 und Nr. 2, die Zimerman 1997 und 2000 in Boston unter Seiji Ozawa einspielte, und die jetzt sorgsam auf zwei LPs überspielt wurden. Die musikalische Qualität beider Aufnahmen ist schlicht phänomenal, voller Leidenschaft und überbordender vulkanischer Energie und zugleich von einer manuellen Präzision und einer gestochenen Prägnanz, wie man es in dieser Perfektion selten zu hören bekommt: Für solche alterslosen Referenzen ist Vinyl das adäquate Forum. ac

Max Reger, der trockene Komponist, der eher von Organisten als dem Publikum geschätzt wird, bekommt im 100. Todesjahr ausgerechnet durch zwei Gesamteinspielungen eine Imageaufwertung. Die Qualität, Varietät und insbesondere Sinnlichkeit dieser Interpretationen, aber auch die gelungene Auswahl der Instrumente und Programme auf den jeweils 16 CDs zeigen Regers Werk als bunten, vielfältigen, hier gewitzigen, dort pompös-brechenden organischen Blumenstrauß. Bernhard Buttmann (Oehms) bildet in seinem chronologisch aufgebauten vierteiligen Zyklus auch die Orgelwelt Regers in ihrer Veränderung ab; Martin Schmeding (Cybele) konzentriert sich auf die Orgeln der beiden RegerZeitgenossen Klais und Sauer. Die Dokumentation ist in beiden Fällen erstklassig. Cybele bietet reichen, insbesondere auf Kopfhörer-Hörer ausgerichteten, hochauflösenden SACD-Klang, Oehms generell etwas mehr Klarheit. Eingebettet in den jeweils ersten Track jeder CD bei Cybele ist eine verbale Anleitung, wie die CD am besten zu hören sei. Die eigentlich nette Dame hat man leider spätestens ab der fünften CD dick. JL

Rachmaninov: „Piano Concertos Nos. 1 & 2“, Krystian Zimerman, Boston Symphony ­Orchestra, Seiji Ozawa (Deutsche Grammophon)

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Max Reger: „Sämtliche Orgelwerke“, Martin Schmeding (Cybele) / Max Reger: „Das gesamte Orgelwerk“, Bernhard Buttmann (Oehms)

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Februar – März 2017


h ö r e n & s e h e n

Solo

Khatia Buniatishvili

Tobias Feldmann

Kraftvoller Liszt

Farbenspiel

Es ist noch nicht lange her, da sorgte Khatia Buniatishvili als „Senkrechtstarterin“ für Aufsehen. Heute ist die georgische Pianistin längst eine feste Größe in der Musikwelt. 2016 erhielt sie für ihr Solo-Album „Kaleidoscope“ den begehrten ECHO Klassik. In einer bei Sony Classical erschienenen DVD-Einspielung mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta widmet sie sich ihrem Steckenpferd Franz Liszt. Im Zweiten Klavierkonzert setzt Buniatishvili mit ihrem hochvirtuosen Spiel kraftvolle Akzente und reiht in langsamen Passagen Töne wie glänzende Perlen aneinander. Solistin und Orchester treten in einen subtilen Dialog, etwa bei dem vom Solo-Cello und Klavier gestalteten Eröffnungsthema des Allegro moderato im zweiten Satz. Als originelle Interpretin zeigt sich Buniatishvili auch in Beethovens schwungvollem Klavierkonzert Nr. 1, das ebenfalls im Charles Bronfman Auditorium in Tel Aviv mitgeschnitten wurde. CK

Es ist wahrhaftig ein „Farbkonzept“, das Tobias Feldmann seinem zweiten Album „Polychrome“ zugrunde gelegt hat. Denn in der Tat führen er und der viel gelobte Pianist Boris Kusnezow den Hörer mit den Violin­ sonaten von Ravel, Prokofjew und Strauss durch drei ganz verschiedenfarbige kompositorische Welten. Über das Können und die musikalische Reife des 1991 geborenen, mehrfach ausgezeichneten Tobias Feldmann herrscht in der Klassikwelt einhellige Begeisterung. Wie vielfältig seine Ausdrucksmöglichkeiten sind, kann er auf der neuen CD besonders in der kontrastreichen (für ihn „schwarz-weißen“) Prokofjew-Sonate d-Moll op. 94a zeigen. Ganz wunderbar auch die traumartige Atmosphäre in Ravels Sonate posthume („blau-grün“) und der zärtlich einhüllende Ton im zweiten Satz der „feuerroten“ Strauss-Sonate ­op. 18. Spätestens hier wird jeder, sofern nicht schon geschehen, genussvoll die Augen schließen. JH

Khatia Buniatishvili: „Liszt: Piano Concerto No. 2. Beethoven: ­Piano Concerto No. 1“, Israel Philharmonic Orchestra, Zubin ­Mehta (Sony Classical)

Prokofiev, Strauss, Ravel: „Polychrome“, Tobias Feldmann, Boris Kusnezow (Alpha)

Boris Giltburg

Existenziell erschütternd Das Leben Schostakowitschs war geprägt von politischem Druck, und lauscht man seiner Musik, so lässt sie die Schwere und die Zerrissenheit dieser Zeit ebenso erahnen, wie sie von der persönlichen Stärke des Komponisten erzählt. Boris Giltburg widmet sich auf seinem neuen Album mit den zwei Klavierkonzerten von Schostakowitsch zwei Stücken, die diese Spannung eindrücklich in sich tragen und deren Kontraste er hochsensibel und mit feiner Anschlagskultur herausarbeitet. Dem Pianisten gelingt dabei eine mitreißende und mitunter erschütternd existenzielle Ausleuchtung dieser Werke, die von packender Präsenz und spielerischer Raffinesse zeugt. Besondere Highlights des Albums sind zudem die Klavierbearbeitungen zweier Streichquartette (No. 2, Walzer, und No. 8 komplett) durch Giltburg, bei denen durch die Reduktion der Stimmen der verletzlich intime Kern der Musik eindringlich und kompromisslos freigelegt wird. dw

Shostakovich: „Piano Concertos No. 1 & 2 – String Quartet No. 8“, Boris Giltburg, Rhys Owens, Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, Vasily Petrenko (Naxos)

Kammermusik

Johannes Moser und Andrei Korobeinikov

Auf Wolke sieben

Als „geniale musikalische Geschichtenerzähler“ bezeichnet Johannes Moser im CD-Vorwort die russischen Komponisten, denen er und Andrei Korobeinikov ihr neues Album gewidmet haben. Und tatsächlich entführen schon die ersten, orgelpfeifenhaft röhrenden Takte der Sonate für Cello und Klavier op. 119 von Sergei Prokofjew den Hörer in geheimnisvoll-bunte und tiefgründige Welten. Moser und Korobeinikov haben sich erklärtermaßen gesucht und gefunden – der Höreindruck bestätigt es. In vollkommener Harmonie gestalten sie die verschiedenen lyrischen, düsteren, humorvollen, entspannten und dann wieder hitzigen Ausdrucksnuancen, und in den Vordergrund treten sie jeweils nur, wenn der Notentext es gebietet: dem Klavier etwa in Rachmaninows Sonate für Cello und Klavier op. 19, dem Cello unter anderem in Scriabins wunderbarer Romance (Letztere im Original für Horn und Klavier). Ein „Wolke-sieben“-Kammermusik­ album. jh

Rachmaninov, Prokofiev: „Works for Cello and Piano“, Johannes Moser, Andrei Korobeinikov (Pentatone) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Vocalise op. 34 Nr. 14 für ­Cello und Klavier“ von Rachmaninov

F oto: S as h a G u s ov m e d

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Alte Musik

Kammermusik Leipziger Streichquartett

Joel Frederiksen

Dankgesang aus Leipzig

Geliebte Königin!

Eigentlich beeindruckt jeder Beethoven-Streichquartettzyklus – es gibt deren über 50 –, auch noch der soundsovielte. Das trifft zweifellos auf die Gesamteinspielung des Leipziger Streichquartetts zu, die zwischen 1994 und 2006 aufgenommen und jetzt frisch in eine 10-CD Box gesteckt wurde. Kompletter geht es fast nicht: Beethovens Bearbeitung der Klaviersonate op. 14/1 für Streichquartett ist dabei, genauso wie die 2011 nachgereichten Streichquintette. Das alles wird sauber und intonationsperfekt dargeboten, manchmal explosiv, mit hie und da mutigen Akzenten, aber doch homogener Schönheit verbunden und in tollem, detailliertem Klang, der von guten und exakten Lautsprechern sehr profitiert. Verstörender freilich spielt das Artemis Quartett Beethoven (Virgin/Erato), glühender das Takács Quartet (Decca), filigraner das Belcea Quartet (Alpha) und auf Teufel komm raus mitreißender das Quartetto di Cremona (Audite). Aber während ich dem Beethoven der Leipziger lausche, denke ich nicht an die anderen, sondern genieße schlicht. Wermutstropfen: Das vollständige Booklet gibt es nur online: mühselig und schade. JFL

Unmittelbar, nuanciert und wunderbar authentisch erfüllt Sänger-Lautenist Joel Frederiksen in seinem neuen Album „Tell me true love“ die Lieder des Renaissancekomponisten John Dowland mit Leben. Wie gerne hätte Dowland am Hof seiner Geliebten Königin Elisabeth I. gewirkt, was ihm zeitlebens misslang. Viele seiner Lautenlieder sind versteckte Liebeserklärungen an die „Virgin Queen“, deren sanfte Melancholie Frederiksen mit wohliger Bassstimme zeichnet. Da darf natürlich auch Dowlands wohl berühmtestes Lied Flow my tears nicht fehlen, hier in einer Consort-Fassung für fünf Gamben und eine Laute. Seit 2003 hat Frederiksen mit dem Ensemble Phoenix Munich einige brillante Alte-Musik-Spezialisten um sich geschart – den Anlässen gemäß in wechselnder Besetzung. So sind auf dem Album auch reine Instrumentalsätze zu hören, etwa die berühmte Frog Galliard in einer Version für drei Lauten. Renaissance at its best!

Beethoven: „Complete String Quartets & Quintets“, Leipziger Streichquartett (MDG)

MG

John Dowland: „Tell me true love“, Joel Frederiksen, Ensemble Phoenix Munich (dhm) Ann Hallenberg

F oto: Lu dw i g O l a h

BaRockstar

Orchester

Sigismund Ritter von Neukomm

Hörenswerter Unbekannter

Die Biografie des Haydn-Schülers und -Mitarbeiters Sigismund Ritter von Neukomm ist beeindruckend – nicht nur für damalige Verhältnisse. Als Klavier- und Gesangslehrer, später als Komponist und höfischer Kapellmeister wirkte er in etlichen Ländern Europas und sogar in Brasilien. Die Weltersteinspielung seines Requiems à la Mémoire de Louis XVI hat jetzt das Ensemble „La Grande Écurie et la Chambre du Roy“ unter Jean-Claude Malgoire vorgelegt. Zugegeben: Den „genialen Funken“ wird man darin vergeblich suchen. Dennoch verfügt es über ergreifende Passagen, zumal Solisten, Orchester und der Chœur de Chambre de Namur es sorgfältig und feierlich musizieren. So wird das Album zu einer wertvollen Begegnung mit einem Künstler, den man, obwohl zu Lebzeiten sehr populär und mit einem rund 2.000 Werke umfassenden Œuvre überaus produktiv, bisher vielleicht eher als Fußnote anderer Biografien wahrgenommen hat. jh

Neukomm: „Requiem à la Mémoire de Louis XVI“, La Grande Écurie et la Chambre du Roy, Jean-Claude Malgoire (Alpha) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Introitus“ aus: „Requiem à la Mémoire de Louis XVI“ 36

In die Rolle männlicher Figuren zu schlüpfen, gehört für die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg zum Tagesgeschäft. Die aktuelle Aufnahme ist dennoch etwas Besonderes, denn diesmal hat Ann Hallenberg sich ausschließlich Werken zugewandt, die die Laufbahn des großen italienischen Kastratensängers Farinelli gesäumt haben. Ein ambitioniertes Projekt, das Ann Hallenberg stimmlich und künstlerisch herausfordert. Sie meistert die Aufgabe bravourös – und das noch dazu live, denn das Album, das nun bei Aparte erschienen ist, ist ein Konzertmitschnitt aus dem norwegischen Bergen von 2011. Seit vielen Jahren kommt Ann Hallenberg regelmäßig mit Christophe Rousset und Les Talens Lyriques zusammen, um historisch informiert und sinnstiftend barocke Werke zu interpretieren. Mit dem aktuellen Live-Album bereichern die Musiker ihre Sammlung um ein weiteres bemerkenswertes Exemplar mit extravagantem Farinelli-Flair. KK

Ann Hallenberg: „Farinelli“, Les ­Talens Lyriques, Christophe Rousset (harmonia mundi) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Si pietoso il tuo labro“ aus: ­„Semiramide riconosciuta“ www.crescendo.de

Februar – März 2017


Ihr Reise- und Kulturgenuss

h ö r e n & s e h e n

Orchester

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Spiel der Extreme

Eine perfekte Symbiose scheinen sie zu bilden: Bernard Haitink und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Schon 2013 erhielten sie gemeinsam den ECHO Klassik für eine Einspielung von Gustav Mahlers Neunter Sinfonie. Nun haben sie zusammen mit der Mezzosopranistin Gerhild Romberger, dem Frauenchor des Bayerischen Rundfunks sowie den Augsburger Domsingknaben Mahlers Sinfonie Nr. 3 aufgenommen, die sich hören lassen kann. Das von Mahler auskomponierte Spiel der Extreme in Dynamik, Ausdruck und Instrumentierung wird vom gesamten Ensemble unbeschönigt umgesetzt und überzeugt durch seine klaren Rhythmen und eingängigen Melodien. Besonders eindrucksvoll beginnt der sechste Satz: Verklärt und himmlisch anmutend schwelgen die Klänge in die Ferne und erheben sich schließlich von andachtsvoller Stimmung hinauf zur pompösen Erhabenheit eines musikalischen Gebirges, hinweg über die Gipfel der Welt. mks lten onnent erha Als neuer Ab (siehe S. 46) Sie diese CD

Mahler: „Sinfonie Nr. 3“, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Bernhard Haitink (BR Klassik) Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Sehr langsam. Misterioso“ aus der „Sinfonie Nr. 3 d-Moll“ Wiener Symphoniker

Wien über alles

italien magazin

Wer bereits Sehnsucht nach dem Frühling hat, ist mit diesem Album bestens beraten. Im Osterkonzert der Wiener Symphoniker hatte im vergangenen Jahr der österreichische Dirigent Manfred Honeck die Leitung und weckte im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins mit einer musikalischen Reise durch Österreich Frühlingsgefühle. Das stimmungsvolle Konzert kann man mit dem Album „Frühling in Wien“ glücklicherweise nun auch mitten im Winter noch mal nacherleben. Bereits nach wenigen Takten des ersten Walzers mit dem einladenden Titel Hereinspaziert! ist man vom Schwung des Dreivierteltakts gänzlich eingenommen. Wohl kein anderer Klangkörper könnte die ausgewählten Werke von Johann und Eduard Strauss, Max Schönherr und Franz von Suppé formvollendeter präsentieren als die Wiener Philharmoniker, denen der mit höchster Virtuosität gepaarte Wiener Schmäh aus jeder Note blitzt. KK

nr.1

Solo

winter 2017

Wiener Symphoniker: „Frühling in Wien“, Manfred Honeck (WS) Track 11 auf der crescendo Abo-CD: „Weana Madl’n“ von Ziehrer

nR.1 2017

antikEs aquilEia das PomPEji dEs nordEns

EinzigartigEs BErgdorf

Civita di Bagnoregio

WintErsPort & gEnuss in trEntino

Marianne Crebassa

Oh, Boy!

Marianne Crebassa hat ihr Herz verloren – und zwar an die ungestümen Burschen der Opernwelt. Für Mezzosopranistinnen sind Cherubino, Orpheus & Co. heute die Paraderollen schlechthin. Sie geben diesen jungen Männern eine, nämlich ihre Stimme – jung und beherzt, klar und agil. Für diese Heranwachsenden, die gerade erst den Kinderschuhen entschlüpft sind und die ersten noch unbeholfenen Gehversuche in Sachen Liebe wagen, hat vor allem Mozart viel geschrieben. Gerade seine Arien sind die Herzstücke dieser Aufnahme mit Marianne Crebassa. Hier hat man sofort die trotz ihrer Jugend so viel empfindende Adoleszenz bildlich vor Augen. Man wünschte sich diese strahlende Stimmfarbe auch bei den anderen Arien. Zwar ist die Idee nicht neu, als Mezzosopranistin eine ganze CD den Hosenrollen zu widmen, aber die Figuren und ihre Geschichten bleiben aktuell – umso mehr, wenn sie so beseelt sind wie hier. uh

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Marianne Crebassa: „Oh, Boy!“, ­Mozarteum­orchester, Marc Minkowski (Erato) F oto: S i m o n F ow l e r / E r ato

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h ö r e n & s e h e n

John Neumeier

F oto: H o lg e r B ad e kow

Die Träume, die Sehnsucht John Neumeiers 2003 kreierte Adaption von Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig erzählt uns die Geschichte des alternden Gustav von Aschenbach, der in der Liebe zum blutjungen Tadzio seinen Kopf verliert und schließlich den Tod findet. Auftritt Edvin Revazov und wir wissen, wieso. Der Tadzio wurde ihm auf seinen schönen Leib geschneidert, und es liegt eine naive Lust in seinen Bewegungen, deren knabenhafter Übermut sich in wilder Virilität en l’air entlädt. Mit seinem Blick in die Weite und den glühenden Wangen eines tobendes Kindes kann man nicht anders, als ihn zu verklären. Lloyd Riggins als Aschenbach ist der Zerrissene par excellence. Es ist weniger sein pantomimisch-geometrisches Bewegungssys­tem, das zu uns spricht, als sein Ausdruck, sein Gesicht, das vergeht, zerfließt und erstarrt – für diese Close-ups können wir dankbar sein. Sie geben Einsichten in sein Innenleben, von Zweifel, Trauer, Wut bis Eitelkeit. Auch der Film von Norbert Beilharz (Bonusmaterial) gewährt durch Probenausschnitte und ein Interview mit Neumeier wertvolle Einblicke in den Subtext des Gefühls, in die Träume, die Sehnsucht. Zu Bach und Wagner wechseln die Bilder von Realität, Fiktion und Projektion. Am besten ist dieses Ballett ohnehin, wenn es träumt und wir ihm dabei zusehen dürfen. kov

John Neumeier: „Death in Venice“, Hamburg Ballett (Arthaus)

Tanz Kenneth MacMillan

Elizabeth

Turku Philharmonic Orchestra

Beseelte Manon

Königliche ­Leidenschaften

Weißbärtige ­Tongiganten

Morgens tanzte sie eine Gaillarde, spielte ­Virginal und Laute: Elisabeth I. von England. 45 Jahre lang regierte sie ihr Land und leitete eine kulturelle Blüte ein, die in England bis heute ihresgleichen sucht. Will Tucketts Ballett-Kammerspiel stellt die privaten Leidenschaften der Regentin den politischen Triumphen gegenüber. Verkörpert wird sie von der Primaballerina Zenaida Yanowsky. Deren maskulin-herbe Aura passt bestens zu Elisabeth I., die man die „Jungfräuliche“ nannte, weil sie sich nicht in eine Ehe zwingen ließ, die womöglich ihre Macht eingeschränkt hätte. An Yanowskys Seite der kubanische Ballettstar Carlos Acosta, der in die Rollen diverser Bewerber schlüpft, die von der Königin hingehalten und gegeneinander ausgespielt werden. Schauspieler deklamieren aus Elisabeths beeindruckenden Schriften. Einziger Wermutstropfen der Produktion: Martin Yates’ Musik: Leider nicht im Stile der von Elisabeth geförderten Komponisten, Dowland oder Tallis, sondern eher ein Stilmix irgendwo zwischen Britten und dem Musical.

Angeregt von Sibelius’ einsätziger 7. Sinfonie schreibt der finnische Dirigent und Komponist Leif Segerstam eine Sinfonie nach der anderen. Allein im Sommer 2014, dem Jahr seiner Krebserkrankung, die er geheilt überstanden hat, komponiert er 14 Sinfonien. In der klassischen Musiklandschaft ist er ein Unikum. Wenn Haydn viele Sinfonien schrieb, Segerstam schreibt mehr. Die 288. ist jetzt als Welt­ ersteinspielung auf CD gebannt. Vorangestellt hat er Brahms Erste, die er dirigiert. Seine eigene wird ohne Dirigat gespielt. Ohne Taktstrich notiert, ist sie nach Impulsen zu spielen. Augenzwinkernd zeigt das Cover seinen Witz, im wahren Wortsinn: Brahms bekanntestes Porträt, ebenso lang- und weißbärtig gekontert mit einem Porträt Segerstams. Frappant das Ergebnis: Tatsächlich spürt der Hörer in der extrovertierten Energie des Zusammenklangs („sin-fonia“) einen nie zuvor gehörten Zusammenhang. Hörenswert! sell

Manon hat es schwer. Sie ist keine Heldin, lebt und leidet nicht für die Liebe, geschweige denn für Werte und Ideale. In der Oper hat sie eine Stimme, um unsere Herzen letztlich doch zu rühren – im Ballett entscheiden Choreografie und Ausdruck darüber, ob wir ihr glauben, mit ihr sympathisieren und mitfühlen wollen. Kenneth MacMillans Choreografie von 1974 (und auch der Musik von Massenet) fehlt es für diese Überzeugungsarbeit leider an dramatischem Charakter. Einzig im Schluss-Pas-de-deux (Roberto Bolle ist ein brennender, in Sprüngen wie Pirouetten scharf artikulierender Des Grieux) dominieren Tragik und Tränenpotenzial: Zwischen fiebriger Schwäche und waghalsigem Übermut gewinnt Aurélie Dupont eine Fragilität, die uns mehr trifft als die technische Brillanz. Es ist die Abschiedsvorstellung der jüngst zur Ballettdirektorin des Pariser Opernballetts gekrönten Aurélie Dupont. Schon allein deshalb lohnt sich der Blick auf die von ihr beseelte Manon, die uns am Ende zwar immer noch rätselhaft bleibt, aber vielleicht gerade dadurch näher ist, als es jede tugendhafte Heldin sein kann. kov

Kenneth MacMillan: „L’Histoire de Manon“, Orchestre et Ballet de L’Opéra National de Paris, Martin Yates (BelAir) 38

TPR

Yanowsky, Acosta: „Elizabeth“, Tuckett, Middleton, Yates, Wallfisch (Opus Arte)

Orchester

Brahms und Segerstam, Turku Philharmonic Orchestra (Alba) Track 1 auf der crescendo AboCD: „Un poco allegretto e grazioso“ aus der „Sinfonie Nr. 1“ von Brahms

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Februar – März 2017


h ö r e n & s e h e n

Klaus Hampl

Solo

Klarinettenreise Werke zweier Grenzgänger stellt der Klarinettist Klaus Hampl in einer spannenden Kombination vor: Als Brite afrikanischer Herkunft beschäftigte sich Samuel Coleridge-Taylor (1875–1912) auch mit anderen Kulturen, so mit Longfellows The Song of Hiawntha. Ergänzt wird sein auf dieses Indianer-Epos reflektierende Klarinettenquintett op. 10 durch op. 31 des als Paul Frankenburger geborenen Paul Ben-Haim (1897–1994). Beide Werke setzen mit Klangsprachen am Rand der Spätromantik das Soloinstrument farbenreich und formal überraschend in Szene. Klaus Hampl, der sich in immer spannendere Repertoire-Abgründe vortastet, und das mit samtener Grundierung aufwartende Quartetto di Roma machen die Begegnung zu einem Faszinosum, aus jedem Ton sprechen innere Beziehung und Engagement. Diese Überzeugung wird reicher Klang. Und es steigert sich beim Hören die Neugier auf weitere Werke von Paul Ben-Haim, dessen Biografie ein Spiegel der grausamen Geschichte des 20. Jahrhunderts ist. rd

Ben-Haim und Coleridge-Taylor: „Klarinettenquintette“, Klaus Hampl, ­Quartetto di Roma (Naxos) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Larghetto affettuoso“ aus dem ­„Klarinettenquintett fis-Moll op. 10“ i e Wo l f l F ot o: Edd

Curtis Stigers

Swing it

Jazz

Im Januar kommt Curtis Stigers seit einigen Jahren nach Kopenhagen, um dort im DR Koncerthuset mit der Danish Radio Big Band (DRBB) aufzutreten. Denn der amerikanische Jazz-Sänger, Saxofonist und Songwriter hält die Mitglieder dieses Ensembles für so gut geschult und lange aufeinander eingespielt, dass sie sich auch in Auftritte mit ihm perfekt einfinden können. Neuester Beweis ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit ist das Album „One More For The Road“ (Concord Jazz). Auf ihm erinnert Stigers an einen magischen Moment zwischen Frank Sinatra und dem Count Basie Orchestra. Vor 50 Jahren begeisterten beide zusammen auf der Bühne des Sands Hotel and Casino in Las Vegas. In memoriam dieses legendären Zusammentreffens singt und swingt Stigers gemeinsam mit der DRBB Klassiker von Come Fly with me bis One for my Baby. Der Spaß, den beide bei der Live-Aufnahme von insgesamt zehn Songs Anfang 2016 hatten, klingt in jedem Wort und jeder Note mit. ASK

Curtis Stigers: „One More For The Road“, Danish Radio Big Band (Concord Jazz)

Philharmonia Zürich

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Großes Ohrenkino Zwei Live-Aufnahmen auf einer CD, beide aus dem Herkulessaal der Münchner Residenz. Eine Alpensinfonie – ein Paradebeispiel der Programmmusik in stattlichem Gewand, glänzend aufgeführt vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Oktober 2016. Unter der Leitung ihres Maestro Mariss Jansons gelingt es ihm, von Nacht zu Nacht das Erklimmen des „Gipfels“ in Breitwandformat erklingen zu lassen. Als Klangkörper großartig, wünschte man sich nur hier und da eine Prise mehr die Nuancen der Einzelstimmen zu hören. Jansons lässt die Klangkraft sich wundervoll entfalten, um das Entfesselte punktgenau wieder einzufangen. Zwei Jahre früher datiert, die Tondichtung Tod und Verklärung, der Strauss selbst erst am Ende seines Lebens attestieren konnte: „Das mit dem Sterben ist genauso, wie ich’s komponiert habe.“ Ist die Alpensinfonie großes Ohrenkino, so ist das filigrane Spiel in Tod und Verklärung schlichtweg berührend. sell

Strauss: „Eine Alpensinfonie, Tod und Verklärung“ Symphonie­ orches­ter des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (BR Klassik)

Orchester

Märchen aus 1001 Nacht

F oto: m o n i ka r it te r s h au s

Als Nikolai Rimsky-Korsakov 1887 seine Scheherazade komponierte, wählte er dafür einige Episoden aus „Tausendundeiner Nacht“ und kombinierte diese, indem er ihnen zwar keine inhaltlichen, jedoch einige musikalische Gemeinsamkeiten verlieh. Von The Sea and Sinbad’s Ship bis hin zu Festival at Baghdad reicht die sinfonische Suite, die im Juli 2016 die Philharmonia Zürich, das Orchester des Opernhauses Zürich, aufgenommen hat. Unter der Leitung von Chefdirigent Fabio Luisi stellt das Ensemble eindrucksvoll seine Fähigkeiten in Hinblick auf dramatische Expressivität und Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Vor allem das Wechselspiel der verschiedenen Registergruppen, von dem Rimsky-Korsakov an vielen Stellen Gebrauch macht, überrascht durch seine reibungslosen Übergänge. Bartlomiej Niziol spielt das Thema der Solovioline feinfühlig und gekonnt, verzögert einen melodischen Verlauf im richtigen Moment, als würde er beim Erzählen plötzlich wehmütig innehalten – und lässt somit die Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“ lebendig werden. mks

Rimsky-Korsakov: „Scheherazade“, Philharmonia Zürich, Fabio Luisi (Philharmonia Records) 39


h ö r e n & s e h e n

Der bescheidene Gigant Drei Editionen zum 100. Geburtstag von Emil Gilels. v o n A tti l a C sam p ai

A

ls Arthur Rubinstein den 15-jährigen Emil Gilels in Odessa zum erstenmal hörte, fand er sein Spiel schlicht unbeschreiblich. Dann fügte er hinzu: „Sollte er jemals nach Amerika kommen, dann kann ich einpacken.“ Schon in seinen Jugendjahren setzte sich der 1916 in Odessa geborene Gilels schnell an die Spitze der mit Top-Pianisten nur so gespickten russischen Klavierszene und wurde dann, nachdem er 1938 den renommierten Brüsseler „Reine Elisabeth“-Wettbewerb gewonnen hatte, zu einem Geheimtipp in ganz Europa. Weltruhm erlangte er erst in den 1950er-Jahren, als er als erster sowjetischer Pianist überhaupt zunächst Europa und dann bald auch die USA bereisen durfte, um dann jahrzehntelang die ganze Welt mit seiner schier unbeschreiblichen Perfektion zu begeistern. Bis heute gilt Emil Gilels, der Starallüren hasste, als einer der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts. Zum 100. Geburtstag Gilels’, der nur 58 Jahre wurde alt wurde, veröffentlichte Sony jetzt zum ersten Mal alle seine in den USA für RCA und Columbia zwischen 1955 und 1979 produzierten LP-Alben in neuen 24bit-Transfers auf sieben CDs. Die sechs 40

akustisch hochwertigen Studioproduktionen (davon fünf aus der legendären „Living-Stereo“-Edition der RCA) plus ein später digitaler Live-Mitschnitt des Tschaikowsky-Konzerts von 1979 zeigen zwar nur einen kleinen Ausschnitt aus seinem riesigem Repertoire, vermitteln aber doch einen nachhaltigen Eindruck von Gilels unerbittlicher Präzision, der energischen Klarheit und Reinheit seiner musikalischen Logik, der tiefen, unerschütterlichen Humanität seiner Botschaften und einer völlig unglamourösen „Objektivität“, die einen heute noch in sprachloses Erstaunen versetzt. Das Tschaikowsky-Konzert (1955) und das zweite Brahms-Konzert unter Fritz Reiner (1958), ebenso das erste Chopin-Konzert unter Ormandy (1965) sind bis heute unantastbarer „Kult“ und in Stein gemeißelte Monumente des Richtigen, die h-Moll-Sonate von Liszt, die zweite Schostakowitsch-Sonate sowie die beiden (von ihm selten gespielten) Schubert-Sonaten dagegen Dokumente einer radikalen, geradezu lakonischen Deutlichkeit, die kein „Wenn und Aber“ kennt, sondern sich rückhaltlos und völlig geradlinig dem Geist und der materiellen Kraft der Komposition verschreibt und so fast Gesetzeskraft verströmt. Warner feiert Gilels mit einer 9-CD-Box, die freilich schon www.crescendo.de

Februar – März 2017


I mpressum Verlag

2010 erschien und ebenfalls wichtige Auslandsproduktionen des Jubilars für das britische EMI-Label aus den Jahren 1954 bis 1968 bündelt: Zu den Höhepunkten der Edition zählt auf alle Fälle der legendäre Zyklus der Beethoven-Konzerte, den Gilels mit dem ähnlich strengen und auf klare Prägnanz achtenden Dirigenten George Szell und dem Cleveland Orchestra im Mai 1968 in den USA einspielte und der zu herausragenden Meilensteinen der gesamten Beethoven-Diskografie zählt. Daneben gibt es aber auch einen zweiten kompletten Zyklus derselben Konzerte von früheren Gastspielen Gilels’ in Paris (Nr. 1–3) und London (Nr. 4–5) unter André Vandernoot, André Cluytens und Leopold Ludwig, die zwischen 1954 und 1957 entstanden und die noch mehr jugendliches Feuer verströmen. Referenzstatus beanspruchen auch die leidenschaftlich aufgeladenen, vor vulkanischer Energie berstenden Londoner Aufnahmen der drei Tschaikowsky-Konzerte mit dem 42 Jahre alten Lorin Maazel im Jahr 1972, während er in seinen Pariser Mono-Produktionen des dritten Rachmaninow- und des g-Moll-Konzerts von SaintSaëns seine feine Anschlagskultur und seine lyrischen Qualitäten aufleuchten ließ. Eine späte, in Giesekingscher Schlichtheit ausgeführte Mozart-Sonate und eine dramatisch geballte Version der zweiten Chopin-Sonate unterstreichen seine intellektuelle Kompetenz. Wem das noch nicht reicht, wer den anderen, kaum bekannten „russischen“ Gilels erlebten möchte, dem empfehle ich die umfassende Würdigung seiner sowjetischen Aktivitäten auf insgesamt 50 CDs, die gerade beim russischen Staatslabel Melodiya erschienen ist. Die knallrote Luxusedition verzeichnet 40 LiveMitschnitte von Konzerten und Rezitals aus den Jahren 1949 bis 1984 plus 10 CDs mit frühen Moskauer Studioaufnahmen Gilels’ von 1935 bis 1958, darunter auch Kammermusik mit illustren Mitspielern. Neben vielen großartigen Konzertdokumenten, die Gilels’ charismatisches Spiel noch viel suggestiver wiederaufleben lassen, sind vor allem seine späten Solo-Recitals nach 1976, als er sich mit großem Ernst Beethovens Sonatenkosmos zuwandte, von herausragender Bedeutung. Für Gilels-Fans ist diese wunderbare, mit zahlreichen CD-Premieren aufwartende Edition ohnehin ein „Muss“. Emil Gilels blieb zeitlebens eine unerreichte Autorität seines Instruments, er setzte Maßstäbe, die bis heute gelten. ■

Port Media GmbH, Rindermarkt 6, 80331 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Art director Stefan Steitz

Redaktion Maria Goeth (MG)

REDAKTION „ERLEBEN“ Ruth Renée Reif

schlussREdaktion Maike Zürcher

Kolumnisten John Axelrod, Axel Brüggemann, Attila Csampai (AC), Daniel Hope, Christoph Schlüren (CS), Stefan Sell (SELL)

Mitarbeiter dieser Ausgabe Beatrix Borchard, Alexander Busche, Carmen Kovacs (KOV) Roland H. Dippel, Jasmin Goll, Ute Elena Hamm (UH), Julia Hartel (JH), Katherina Knees (KK), Benedikt Kobel, Corina Kolbe (CK), Jens Laurson (JL), Teresa Pieschacón Raphael (TPR), Antoinette Schmelter-Kaiser (ASK), Dorothea Walchshäusl (DW)

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: Gabriele Drexler | drexler@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Michaela Bendomir | bendomir@portmedia.de

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 20 vom 09.09.2016

Druck Westermann Druck, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

Vertrieb Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstr. 77, 20097 Hamburg www.as-vertriebsservice.de

Erscheinungsweise crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert­häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei­träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.

Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende Premium-CDs und kostet 55 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2017). Versand ins europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen. Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 4,90 Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 68.721 (lt. IVW-Meldung 1V/2016) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

(Teil-)Beilagen/Beihefter: KDV Klassik Digital Vertriebs-GmbH (fidelio) High End Society Magazin Zeitverlag

Emil Gilels – The Complete RCA und Columbia Album Collection. (RCA) Emil Gilels – The 100th Anniversary Edition (Melodiya) Emil Gilels – Complete EMI Recordings (Warner)

Das nächste crescendo erscheint am 10. März.

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h ö r e n & s e h e n

C. Bernd Sucher

Theaterversteher

Buch

Nach Feierabend unvorbereitet ins Theater oder die Oper gehen, dort ein paar nette Stunden verbringen, anschließend gut unterhalten heimfahren? Das versteht C. Bernd Sucher nicht als Kulturerlebnis. Zuschauer haben für ihn eine andere Aufgabe: Gut informiert, aufmerksam und offen für Neues sollten sie jede Inszenierung als Puzzle separater Einzelteile wahrnehmen, mit einer Art Ordnungsarbeit auswerten und als Summe ihrer Erkenntnisse ein Gesamturteil fällen. Die Instrumente für diesen komplexen Prozess liefert er in seinem Buch „Der kleine Theaterversteher“. In ihm beschreibt Sucher alle Akteure vom Bühnenbildner über Dramaturgen bis zum Regisseur, die heutzutage oft als eigenständige Künstler in einem Team kooperieren. Außerdem gibt er ausführlich Einblick in Prinzipien und Praxis des postdramatischen Theaters. Als „Spiel mit allen Mitteln“ bestimmt dieses derzeit vielerorts das Bühnengeschehen und konfrontiert das Publikum mit philosophischen Diskursen und Zitaten zu vielerlei Thesen und Theorien statt leicht nachvollziehbarer Handlungen oder Personen. Suchers Buch ist eine breit angelegte Basis zum Dechiffrieren komplexer Produktionen, das die Bildung und die Einsatzbereitschaft des Publikums fordert. Weniger Anspruchsvollen empfiehlt er den Besuch von Musicals – für ihn die Domäne des einfach-unkomplizierten Genusses. CK

Lida Winiewicz

Verloren!

Wien, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938. Ein Mädchen probt Franz Schuberts Lied Heideröslein. Doch als die Lehrerin erfährt, dass die junge Sängerin Enkelin einer Jüdin ist, darf sie nicht am „Tag der deutschen Hausmusik“ auftreten. Ab diesem Moment wird ihre Stimme nie wieder über das „G“, den höchsten Ton des Liedes, hinauskommen. In ihrem autobiografischen Roman erzählt die 1928 geborene Lida Winiewicz von ihrer Kindheit und den furchtbaren Kriegserlebnissen. Sie erinnert sich an die früh verstorbene Mutter, die Klavier spielte, den Gesang des Vaters und ihre Schwärmerei für den italienischen Opernstar Ezio Pinza, den sie in Salzburg trifft. Im wienerisch gefärbten Tonfall beschreibt Winiewicz den Alltag der Familie, die durch den Krieg ausei­ nandergerissen wird. Ihr Trauma wird sie später auch als Sängerin in einem Kammerchor nicht überwinden: „Meine Singstimme bleibt verstümmelt, die Höhe verloren, für immer.“ CK

Lida Winiewicz: „Der verlorene Ton“ (Braumüller)

C. Bernd Sucher: „Wie es euch gefällt. Der kleine Theaterversteher“ (C. H. Beck)

Film Lied

Joseph Joachim Raff

Weltmusik

Romantische ­Liedentdeckungen

Urchristentum, ­Gamelan und Heavy Metal

Wenig bekannt ist heute vom Werk des zu Lebzeiten hochgeschätzten Schweizer Romantikers Joseph Joachim Raff (1822–1862). Mit 15 Sinfonien und sechs Opern stand er immer zwischen Wagner und Brahms. Eine Entdeckung sogar für RaffKenner sind zwei Lied-Zyklen. In Sanges Frühling op. 98 wählte er Texte von Geibel, Uhland, Eichendorff, Anastasius Grün und anderen. Maria Stuart op. 172 ist weit umfangreicher als die von Robert Schumann in seinem Opus 135 vertonten Poeme, die angeblich im Umfeld der Königin von Schottland entstanden. Um die expressive Sängerdarstellerin Noēmi Nadelmann zeigen sich die Solisten in den melodisch verschwenderischen Kleinoden von ihrer besten Seite, gehen emphatisch in Raffs reichem Kosmos an Gefühlen und Stimmungen auf. Eine echte Repertoire-Bereicherung also für Interpreten wie Hörer und Aufforderung zur Neuentdeckung des mit Unrecht ins Abseits geratenen Komponisten. RD

Joseph Joachim Raff: „Sanges Frühling – ­Maria Stuart“, Noēmi Nadelmann, Barbara Kozelj, Thomas Oliemans, Jan Schultsz (Divox) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Der Mond kommt still gegangen“ von Raff

Es braucht einen Finnen in New York, um dem heutigen Publikum die Vielfalt der globalen Musik nahezubringen: Sami Yaffa, geboren 1963 in Espoo und als Punkbassist groß geworden, hat nicht nur Anthony Bourdain durch Helsinki geführt, er hat für seine TV-Serie „Soundtracker“ die Welt bereist, und substanzieller und unterhaltender zugleich kann man das kaum machen. Nun gibt es zwölf Folgen von „Soundtracker“ via Arthaus, und wer erleben will, wie Musik alle Grenzen überwindet, wird hier reich beschenkt – zum Beispiel mit dem indonesischen Spannungsfeld zwischen Gamelan, Heavy Metal und Noise, mit äthiopischem Urchristentum oder mit einem US-Road Trip von El Paso über New Orleans nach Nashville. Außerdem in der ersten Folge: Spanien, Senegal, Jamaika, Brasilien, Argentinien, Indien, Türkei, Serbien und New York. Selbst wer schon viel kennt, wird hier noch viele Entdeckungen machen, von den archaischen Roots bis zu den Urban Legends von heute. CS

Sami Yaffa: „Soundtracker Collection. Explore the World in Music“ (Arthaus)

m e l ma n n / Ima g e F oto : N o e m i Nad

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h ö r e n & s e h e n

Die Christoph-Schlüren-Kolumne

Unerhörtes & neu Entdecktes

Flötenkönigin, Leichen­ reiter und zeitlose Referenz Von der Zähmung der Eleganten aus der Holzblasfamilie

M

ozart, der der Flöte ihre wichtigsten Konzerte 2008 verstorbenen Freundes Pehr Henrik Nordgren, des eigentümschenkte, sprach von einem „Instrument, das ich lichsten finnischen Komponisten seit Sibelius, vor. Diesmal sind es nicht leiden kann“. In der Tat gibt es kein Instru- zwei späte Klavierkonzerte – das zweite Konzert mit Streichern und ment, das von so vielen gespielt wird und dabei Schlagzeug von 2001 und das Konzert für die linke Hand von 2004 –, so wenige große Musiker hervorgebracht hat. die von Henri Sigfridsson vortrefflich gespielt werden, und der Nun fiel mir zufällig ein Album in die Edith Södergran-Gesangszyklus op. 123, „es GIBT kein Instrument, Hände, das all diese Erfahrungen schlagarden Monica Groop innig darbietet. Das tig obsolet macht: Für Evidence haben die Orchester versteht diese Musik in einer das von so vielen gespielt brasilianische Flötistin Raquele Magalhães authentischen Weise, die fernab aller Rouwird und dabei so und die serbische Pianistin Sanja Bizjak tinen der Welt liegt. Nordgrens Tonspradas Duo-Album „Patchwork“ aufgenomche vereinigt abgründige Tragik und Verwenige groSSe Musiker men, dessen Qualität alles überstrahlt, was zweiflung über das Leiden in der Welt mit hervorgebracht hat.“ ich seit Jahrzehnten an Flötenmusik gehört verwegen hintergründigem Humor zu habe. Das vortrefflich zum Durchhören einer magischen Klangwelt, die Cluster als geeignete Programm vereinigt George Enescus Cantabile et Presto lebensdurchpulste Wesenheiten erstehen lässt, verrätselte Absurdiund die Sonaten von Erwin Schulhoff, Sergei Prokofjew und des pol- täten organisch integriert und in der so kargen wie leidenschaftlinisch-stämmigen US-Amerikaners Robert Muczynski (1929–2010). chen Melodik an Mussorgski anzuknüpfen scheint. Im Linke-HandRaquele Magalhães besticht mit einer so kraftvollen wie geschmei- Konzert, basierend auf einer japanischen Geistergeschichte von Lafdigen und unerschöpflich vielseitig nuancierten Tongebung, mit cadio Hearn, entführt uns der „Leichenreiter“ in die unendlichen lebendig erfülltem Forte und ätherisch feinstem PianisWeiten des Unterbewusstseins. simo, mit kristallklarer Artikulation und biegsam gegenAm 6. November 2012 starb der große ungarische wärtigem Ausdruck in jedem Augenblick. Blitzsauber Pianist und Dirigent Zoltán Kocsis, der die letzten 20 und rhythmisch makellos ist ihr Spiel ohnehin. Mit Jahre die Geschicke der Ungarischen NationalphilharmoSanja Bizjak hat sie eine Partnerin von pianistisch höchsnie in Budapest lenkte. Bei Celestial Harmonies ist das tem – und äußerst verfeinertem Karat, die sie nie überletzte Vermächtnis dieser legendären Zusammenarbeit deckt, die nie das Klavier schlägt und deren Bewusstsein erschienen, aufgenommen im Sommer vergangenen Jahfür die melodische und harmonische Gestaltung, für die res. Neben Franz Liszts fahl schillernden Trois Odes funèkontrapunktische Struktur in kultiviertester Weise bres (ohne Gesang) erklingt das 1. Klavierkonzert von geschärft ist. Die beiden zusammen bilden eine fantasJohannes Brahms, gespielt von Sándor Falvai. Alle Beteitisch eingespielte Einheit, welche mit Klarheit und Tiefligten agieren auf singulärem Niveau, die kontrapunktigang ebenso wie mit Spontaneität und sanglicher sche Faktur des Kopfsatzes habe ich nie so klar und sinnEmphase fesselt. Jeder einzelne Satz ist in seinem spezifällig gehört, das Spektrum vom machtvollen Pesante bis fischen Charakter verwirklicht, und neben der sinfonizur Zartheit der lyrischen Themen ist in höchster Könschen Dimension der großen Prokofjew-Sonate ist es nerschaft und erlesener Kultur, mit Liebe zu jedem Detail vor allem die so kapriziöse wie zusammenhängend verwirklicht und vermittelt unwiderstehlich den großen dichte Musik von Muczynski mit ihren herrlich empfunZusammenhang. Eine zeitlose Referenz. ■ denen Dissonanzen, die besonders fasziniert. Raquele Magalhães & Sanja Bizjak: „Patchwork“ (Evidence) Juha Kangas, der große Streichorchestermentor, Pehr Henrik Nordgren: „Storm – Fear“ (Alba) legt mit dem von ihm 1972 gegründeten Ostrobothnian Kocsis & Falvai: „Brahms & Liszt“ (Celestial Harmonies) Chamber Orchestra eine weitere CD mit Musik seines 43


ak u s t i k

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Februar – März 2017


Weltwunder?! „Elphi“ ist geboren. Selten wurde so viel Wirbel um einen Musik-Neubau ­gemacht. Zu Recht? Und was wird mit den anderen Konzertsälen der Stadt? v o n A l e x ande r B usche

N

F oto: Th i es Ra e t zk e

ahezu einsam streift der Gast bei ungemütlichem Nieselregen vom Rathausplatz über den Rödingsmarkt entlang der Hochtrasse der U-Bahn bis hin zum Baumwall. Vom neuen Wahrzeichen Hamburgs, das in diesen Tagen weltweit in aller Munde ist, weder etwas zu sehen, geschweige denn etwas zu spüren. Doch das stimmt nicht. Die Aufregung ist eine andere als bei einem regulären Konzertbesuch in der Laeiszhalle oder in jedem anderen etablierten Konzertsaal dieser Welt. Kurz vor dem Baumwall dann der erste halbwegs freie Blick über Teile der Hafencity auf den Speicheraufbau, der sich fortan als neues Wahrzeichen zum Tor der Welt gesellt: die endlich fertiggestellte Elbphilharmonie! „Man muss das aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten: Natürlich geht es bei einer solchen Eröffnung auch um die Akustik, wie klingt es, wie wird es von den Zuschauern angenommen? Aber in diesem Fall geht es um ganz etwas anderes. Die Eröffnung mit 2.100 Besuchern – 1.100 davon geladen, 1.000 frei vergeben über ein Verlosungsverfahren – war ein feierlicher Festakt, wie ich ihn in dieser Form selten erlebt habe.“ Per Hauber, Managing Director Sony Classical International, kommt schnell ins Schwärmen, wenn er von der Elbphilharmonie-Eröffnung berichtet. „Allein die Dichte an Prominenz war unglaublich – wortwörtlich von A bis Z, von Fatih Akin bis Dieter Zetsche. Ich saß zwischen Bergdoktor Hans Sigl und Justus Frantz, vor mir Armin Mueller-Stahl, hinter mir Stefan Aust. Anne Will, Sandra Maischberger ...“ Überraschend überschwängliche PromiBegeisterung beim Sony-Manager? Keinesfalls. Ihm geht es um etwas anderes: „Mit der Elbphilharmonie und ihrer Eröffnung wird ein deutliches und wichtiges Zeichen für die klassische Musik gesetzt. Hamburg feiert sie mit seinem neuen Wahrzeichen nun Abend

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Februar – März 2017

Abb.: Portmedia Verlag; Strezhnev Pavel / fotolia.com

Mahler: Symphonie Nr. 3. Gerhild Romberger, Augsburger Domsingknaben, Frauenchor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Bernard Haitink (BR Klassik)


F oto s : i wa n baa n ; m i c h a e l z apf

ak u s t i k

Der Große Saal der Elbphilharmonie hat etwas von einem avantgardistischen Klang-Raumschiff

für Abend. Der gestrige Auftakt war nur der viel beachtete Anfang.“ Himmel loben – darunter vor allen Dingen gerne die jetzt so stolzen Ein langer Gang aneinandergereihter Container, vereinzelte Hamburger. Vergessen all das, was war. Man blickt mehr als nur ausgesägte Austritte, die den tatsächlich beeindruckenden Blick zuversichtlich und überoptimistisch in die Zukunft. Hier soll auf das neue Weltwunder in Hamburg freigeben, Security Check Musikgeschichte geschrieben werden. Punkt. Wem das nicht passt, am Eingang, über die Tube – die gebogene Rolltreppe als intelli- der möge gehen oder für immer schweigen. Am besten beides. Gläser klirren. Leider nicht aus Geselligkeit und nicht zum ersgent gewähltes Sinnbild einer unumgänglichen Zwangsentschleunigung zu Beginn des Kulturerlebnisses – zur Plaza, dem geschickt ten Mal an diesem Abend. Der rote Fleck von Rotwein auf dem helgestalteten Verteilerbereich in Form eines kaum erfassbaren Spiels len Holzboden, er breitet sich aus, erste Tropfen finden ihren Weg zwischen außen und innen, das luftige Polster zwischen altem vom 15. in den 13. Stock. Es tropft. Und es schmerzt den Gast, der selbst im eigentlichen Leben TheaSpeicher und gläsernem Aufbau. termanager ist – und mit eben solWeltwunder, Tube, Plaza ... Detailchen Dingen tagtäglich zu tun hat. verliebte Selbstinszenierung. Mit „Die Kampagnen im Vorfeld Der Boden: schon nach dem ersten dem Betreten der Elbphilharmonie und besonders auf der Zielgeraden Tag deutlich mitgenommen. Die wird es kühne Realität: Die Kamzur Eröffnung kommen einer Art Garderoben? Recht kühn auf nur pagnen im Vorfeld und besonders einer Etage für alle Besucher platauf der Zielgraden zur Eröffnung Gehirnwäsche gleich“ ziert – ohne größeren Vorraum. kommen einer Art Gehirnwäsche Schlangen und Staus über die der gleich. Der Drohnenflug durch das einzigartigen Höhe des Saales Haus, die 360°-Fotografien, ImageVideos, Fotos, Berichte, die Live-Übertragung ... Die Dinge scheinen geschuldeten ungewöhnlich steilen Treppen. Ohnehin sollte man fit einem auf seltsame Weise schon so vertraut. Die gerade erst zu er- sein, wenn man die Höhen des Hauses erklimmen will. Wer hoch obernde Fremde kehrt sich im Handumdrehen zum Wohlbekannten. hinaus will, braucht einen langen Atem. Das bezieht sich nicht nur auf die Erklimmung der einzelnen „Man fühlt sich sofort geborgen und aufgehoben in den Foyers“, bekennt Hauber. „Der Konzertsaal an sich ist nicht überdimen- Etagen und Sitzplätze. „Alle sind nun aufgefordert, an der Zukunft sioniert, man ist so nah dran am Geschehen wie sonst in kaum der neuen Elbphilharmonie zu arbeiten“, weiß Hauber. „Hamburg einem anderen Saal dieser Größe. Publikum und Musiker werden ist eine Stadt mit zwei Millionen Einwohnern und einem engagierzu einer Einheit. Alles ist sehr frei, sehr offen, sehr demokratisch.“ ten Bürgertum. In Kombination mit einem starken Tourismus bilDas führe auch zu einem einzigartigen Klangerlebnis – zumindest det dieses die Basis der gesamten Arbeit an einem erfolgreichen auf dem dem Sony-Manager zugewiesenen Platz in Block K. Die Klassikzentrum Elbphilharmonie.“ Nun sei aber die Führung des Bedingungen für Aufnahmen im Saal seien fantastisch, die erste Hauses gefragt, dem Haus mit innovativen Konzepten ein nachhalAufnahme mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Tho- tiges Profil zu geben. Das Hausorchester hat jetzt mit der durch die mas Hengelbrock hat Sony Classical in der Woche der Eröffnung Eröffnung entstandenen hohen Motivation und durch den neuen veröffentlicht. Andere, darunter namhafte Kritiker, waren offenbar Arbeitsplatz Elbphilharmonie mit dessen wunderbarer Akustik die etwas weniger glücklich platziert und haben die Akustik dement- Chance, auf allerhöchstem Niveau zu musizieren.“ Durch die Wand, durch die weiße Haut in den Saal ... Ein wunsprechend nicht nur anders erlebt, sondern auch entsprechend anders beschrieben. „Weltklasse geht leider anders“, „Mehr Pils als derbarer Blick auf eine Raumkonstellation, die keinerlei Symmetrie Bordeaux“, „Dieser Saal klingt gnadenlos überakustisch“, kann man gehorcht. Womöglich ist er leer schöner, weil klarer und ruhiger? der Presse entnehmen. Das alles hat keinen klaren Grundtenor und Orchesterauftritt – Applaus! Spürbare Erleichterung, dass es nun widerspricht sich mitunter in der jeweils eigenen Beschreibung der endlich losgeht, der lange gehegte und gepflegte Traum der ElbphilAkustik selbst. Aber es gibt auch andere Stimmen, die die nahezu harmonie – zum Greifen nah ... Dann die erste entscheidende Erfahkrampfhaft heraufbeschworene Weltklasse-Akustik in den höchsten rung mit der Akustik. Still harrt das Publikum des Dirigenten. Er 31


F oto: o l i v e r h e i ss n e r

ak u s t i k

Mühsam war’s und langwierig: Heute zieren 6.000 Pailletten das Dach der „Elphi“

kommt aber zunächst nicht. Stattdessen ein Murmeln, das Mitbesu- lebnis: die Besuchertoiletten. Nach all dem Weiß und den hellen cher mit einem zischenden „Psssssst!“ abzuwehren suchen. Vergeb- Holzfußböden eine kurzfristige optische Überreizung. Orangefarlich. Es ist die Moderatorin des NDR drei Blöcke über uns. Man bene Kabineninnenwände, in den unterschiedlichsten Gelb- und hört hier wirklich alles. Nicht nur die Musiker, auch alle Geräusche Brauntönen gesprenkelte graue Waschbetonböden und -wände. der Gäste. Huster schießen wie Pfeile durch die von Musik erfüllte Wow! Was für ein Kontrast. Leicht zu pflegen, weil unempfindlich, Luft. Beethoven klingt hier wunderbar, Zeitgenössisches und Barock denkt da der Theatermanager. Bei der Pflege – und vor allem dem noch anhaltenden Aufbau auch. Wagner und Romantik dürfte hier ein wenig der Zauber abgehen, weil es an Nachhall fehlt. Puristen werden den Klang lieben, – einer Marke „Musikstadt Hamburg“ sieht Daniel Kühnel noch viel Arbeit auf die Kulturschaffender sich somit wunderbar in das den dieser Stadt zukommen: gegen die Überinszenierung der „Musikstadt zu sein, das bedeutet Eröffnung mit seinen klaren For„Man hört hier wirklich alles. weit mehr, als nur zwei der besten men stets ankämpfende architekto­Huster schieSSen wie Pfeile durch Konzertsäle der Welt zu besitzen. nische Gesamtkunstwerk einfügt. Eine Musikstadt ist eine Stadt, in Dieser Saal wird sein ganz eigenes die von Musik erfüllte Luft“ der Musik gelebt wird.“ Kühnel Publikum kreieren und finden. kämpft für diese Idee erfolgreich Daniel Kühnel, Intendant der mit seinem Orchester und seiner Symphoniker Hamburg und somit als Manager des Residenzorchesters der Laeiszhalle nicht zu unter- Programmatik. Er geht mit den Musikern raus aus der Laeiszhalle schätzender Bestandteil des Gesamtkonstrukts Elbphilharmonie, an die Orte, an denen man mit allem, aber sicher nicht mit klassihätte am heutigen Abend dabei sein sollen. Aber sein Orchester hat scher Musik rechnet. Da werden Instrumentalisten im besten Sinne selbst Konzert – in der Laeiszhalle. Oh ja, es gibt sie noch. Von zu musikalischen Streetworkern, wird Musik im städtischen Raum manch namhaftem Kritiker bereits zu Grabe getragen, wird auch sie lebendig und erlebbar gemacht. „Wir müssen Musik machen – von sich auf Dauer halten können, wenn nicht gar durchsetzen. Hier allen und an so vielen Orten wie möglich“, glaubt Kühnel. „Zudem werden Konzerte gespielt wie eh und je. In einem Rahmen, den vor müssen Politik und Kunstschaffende klar definieren, was sie mit allem der ältere, weniger mobile Besucher kennt und wo ihm die den beiden Konzerthäusern jetzt konkret anfangen wollen. Die spannenden, oft hoch gelobten Programme der Symphoniker Ham- Antworten müssen aufregend und anders sein, sie müssen deutlich burg nicht selten unter dem soeben von der Queen zum Sir ernann- machen, was uns die ureigene Musik dieser Stadt im Kern bedeutet ten Chefdirigenten Jeffrey Tate kredenzt werden. Nichtsdestotrotz, – das betrifft alle Orchester und Chöre, Laien und Profis. Sie alle gibt es die Angst vor einer Abwanderung des Publikums? „Wir sind ein ganz großes Glück, das man jeden Tag erneut entdecken bemerken von der Eröffnung der neuen Spielstätte bisher rein gar muss.“ Vielfalt. Die gab es zur Eröffnung. Im Programm, im Publikum nichts. Unsere Konzerte in der Laeiszhalle sind genau so gut gebucht und besucht wie bisher auch“, beruhigt Kühnel. Ohnehin werde die und vor allem im Gesamterlebnis. Überraschungen, Neues, UnbeElbphilharmonie auch viel neues, anderes, womöglich auch jünge- kanntes, Einzigartiges, Ungewohntes. Der Gast findet sich schließres Publikum anziehen. Unabhängig davon sollte im Endeffekt lich wieder im Containergang. Auf dem Heimweg durch die Hafenohnehin die Programmatik über den Besuch der einen oder der city im ersten Taxi einer schier unendlich scheinenden Kette von anderen Spielstätte entscheiden. Per Hauber vergleicht diese natür- gelb beleuchteten Autos dann die ganz persönliche Erleuchtung: lichen Publikumsverschiebungen mit der Frage danach, ob man den Diese Halle wird Hamburg tatsächlich nachhaltig verändern. Selbst, wenn sie es musikalisch nicht schaffen sollte, so wird sie städteplaA380 lieber mag oder doch die ältere Boing 747 präferiert. Pause. Leichte Kost klingt anders. Nach ein wenig Erholung nerisch schon jetzt ihrem Auftrag mehr als nur gerecht. Das Herz – und zwei weiteren laut klirrenden Gläsertabletts irgendwo auf der Hafencity, es schlägt plötzlich. Und mit ihm ein bisher nahezu einer der vielen Ebenen am Boden – erneut ein Überraschungser- unbelebtes, gar nicht mehr so neues Stadtviertel. n 32

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Februar – März 2017


Erleben Die wichtigsten Termine und Veranstaltungen im Februar und März im Überblick (ab Seite 50). Oper im Steinbruch St. Margarethen und Herbstgold in Eisenstadt (Seite 56) | Kurt-Weill-Fest Dessau (Seite 58)

Der Weg in die Moderne „Denn das verstandest du: die vollen Früchte. / Die legtest du auf Schalen vor dich hin / und wogst mit Farben ihre Schwere auf. / Und so wie Früchte sahst du auch die Fraun / und sahst die Kinder so, von innen her / getrieben in die Form des Daseins“, schrieb Rainer Maria Rilke 1908 in seinem Requiem für Paula Modersohn-Becker. Er war Anfang des Jahrhunderts in die Künstlerkolonie Worpswede gekommen. Paula Becker, wie sie damals noch hieß, bewunderte er sehr, war wohl auch in sie verliebt und enttäuscht, als sie Otto Modersohn heiratete. Das Porträt, das sie 1906 von ihm malte, erschreckte ihn allerdings so sehr, dass er sich weigerte, ihr weiter dafür zu sitzen. Es gibt nicht nur Gesichtszüge wieder, sondern

offenbart ein Psychogramm des Dichters. Auch ­ odersohn-Beckers Selbstporträts sind von inM nerer Erkundung bestimmt. Mit kargen, strengen Formen sucht sie, den Impressionismus zu überwinden. Unter den Worpsweder Künstlern erkannte man ihre Bedeutung nicht. „Wir alle haben neben Paula Modersohn-Becker gelebt, ohne zu ahnen, dass sie auserwählt sein würde, der Welt etwas zu sagen“, schrieb die Malerin Ottilie Reylaender. Die Ausstellung „Paula Modersohn-Becker. Der Weg in die Moderne“ ist Auftakt der Trilogie der Moderne im Bucerius Kunst Forum in den ­Jahren 2017 und 2018. Hamburg, Bucerius Kunst Forum Hamburg, www.buceriuskunstforum.de

Foto: Paula Modersohn-Becker: Mädchen in rotem Kleid vor Sonnenblume, 1907

4. Februar bis 1. Mai, Hamburg

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e r l e b e n

Februar / März 2017

Die wichtigsten Veranstaltungen auf einen Blick Ihr persönlicher Navigator für Premieren, Konzerte und Festivals

04.02. Duisburg Theater Madama Butterfly / G. Puccini 04.02. Kaiserslautern PFALZ­ Theater Die Perlenfischer / G. Bizet 04.02. Wiesbaden Staatsthea­ ter Peter Grimes / B. Britten 04.02. Coburg Landestheater Das schlaue Füchslein / L. Janáček 05.02. Wien (A) Staatsoper Il trovatore / G. Verdi 07.02. Wuppertal Opernhaus The Rocky Horror Show / R. O‘Brien 09.02. Ulm Theater Lulu / A. Berg 11.02. Freiburg theater Julius Cäsar in Ägypten / G. F. Händel 11.02. Hannover Opernhaus Der fliegende Holländer / R. Wagner 11.02. Innsbruck (A) Tiroler Landestheater Un ballo di maschera / G. Verdi 12.02. Hamburg Staatsoper Lulu / A. Berg 12.02. Mannheim Opernhaus Die Königin / H. Berlioz, R. Wagner 12.02. München Nationalthea­ ter Sémiramis / G. Rossini 16.02. München Alte Kongress­ halle Die Faschingsfee / A. M. Willner, R. Österreicher 16.02. Schwerin Mecklenbur­g­i­ sches Staatstheater Anything Goes / C. Porter 17.02. Braunschweig Staats­ theater Dein Herz ist meine Heimat / G. Zöllig 17.02. Wien (A) Theater an der Wien Peer Gynt / W. Egk 17.02. Karlsruhe Staatstheater Semele / G. F. Händel 18.02. Baden (A) Stadttheater Victor/Victoria / H. Mancini 18.02. Giessen Stadttheater Titus Andronicus – Ein Machtspiel / T. Assam 18.02. Regensburg Theater am Bismarckplatz Les Enfants Terribles / P. Glass 18.02. Nürnberg Opernhaus Wozzeck / A. Berg 18.02. Kassel Opernhaus Elektra / R. Strauss 18.02. St. Gallen (CH) Theater Tanz der Vampire / M. Kunze, J. Steinman

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10. und 28. Februar, Elmau

Gidon Kremer und ­Grigory Sokolov

F oto: C h r i s ti a n Lu t z

Premieren

„Das Dionysische, Ungehemmte, das Sich-gehen-lassen-Können hatten mich immer fasziniert, dieses ‚Spielen aus dem Bauch‘“, beschreibt der Geiger Gidon Kremer seine Begeisterung für die Emotionalität der Pianistin Martha Argerich. Sie wiederum schätzt seine „Abenteuerlust“, sich mit neuen Kompositionen und Klängen zu befassen. Im gemeinsamen Spiel entfachen die beiden ein Feuerwerk unvergleichlicher Fantasie. Kein Wunder also, dass Kremer sie als Partnerin für seine Geburtstagestournee auserkoren hat. Gleich zwei Geburtstage kann er feiern, seinen 70. und den 20. des von ihm gegründeten Kammerorchesters Kremerata Baltica. Und natürlich feiert er auch auf Schloss Elmau, wo er bereits seit Jahren ein immer wieder gern gehörter Gast ist. Grigory Sokolov beginnt seine Europatournee ebenfalls in der ­beschaulichen Ruhe der bayerischen Alpen. Diesen großen ­Pianisten in der familiären Atmosphäre des Schlosses zu erleben, ­verspricht eine besondere Erfahrung. Keinesfalls sollte man versäumen, ihn beim Proben zu beobachten. Sokolov ist bekannt ­für seine langen und akribischen Einspielproben, in denen er sich auf die Akustik des Saales einstellt und sich vergewissert, wie der F­ lügel reagiert. Elmau, Schloss, 10.2. (Grigory Sokolov) und 28.2. (Gidon Kremer, Martha Argerich und die Kremerata Baltica), www.schloss-elmau.de

19.02. Augsburg Kongress am Park Otello / G. Verdi 19.02. Berlin Deutsche Oper Edward II. / A. L. Scartazzini 19.02. Frankfurt an der Oder Opernhaus Die Trojaner / H. Berlioz 19.02. Wien (A) Staatsoper Le Pavillon d’Armide / J. Neumeier 25.02. Erfurt theater Wozzeck / A. Berg 25.02. Wien (A) Volksoper Wie man Karriere macht, ohne sich anzustrengen / F. Loesser 25.02. Coburg Landestheater Die stumme Serenade / E. W. Korngold 26.02. Salzburg (A) Haus für Mozart La Bohème / G. Puccini 02.03. Leipzig Opernhaus Van Gogh / M. Schröder 03.03. Gera Bühnen Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny / K. Weill 04.03. Darmstadt Staats­ theater Jenůfa / L. Janáček 04.03. Düsseldorf Opernhaus Turandot / G. Puccini 04.03. Essen Aalto-Theater 3 by Ekman / A. Ekman 04.03. Linz (A) BlackBox Musik­ theater Die Welt auf dem Monde / J. Haydn 04.03. Mannheim Opernhaus Die Heimkehr des Odysseus / C. Monteverdi 04.03. Innsbruck (A) Tiroler Landestheater Ménage-à-trois / C. H. Shin, U. Scholz, J. Kylián 05.03. Braunschweig Staatstheater Alice im Wunderland / J. Harneit 05.03. Halle Oper Sacrifice / S. Nemtsov 05.03. Köln Staatenhaus Die Antilope / D. Grünbein 05.03. Stuttgart Oper Ariodante / G. F. Händel 09.03. München Reithalle Frau Schindler / Th. Morse 10.03. Koblenz theater The Fall of the House of Usher / P. Glass 11.03. Hof Theater Die Gespräche der Karmeliterinnen / F. Poulenc 11.03. Wiesbaden staatstheater Eugen Onegin / P. Tschaikowski 11.03. St. Gallen (CH) theater Nabucco / G. Verdi 19.03. Aachen Theater Powder Her Face / Th. Adès

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Februar – März 2017


10. und 11. März

F oto: P e te r Gw i a zda ; DG / H o lg e r Hag e; S tadt th e ate r B r e m e r h av e n ; Pau l L ec l a i r e; esp lu s ; M a r ku s M o r i a n z ; T h o mas Das h u b e r ; I r è n e Za n d e l l ; H u g o G u m i e l ; W. H ö s l ; J ako b E r pf ; Y u va l H e n / DG ; M i c h e l Cava lc

Essen „Weltenbrand“ Der Komponist Rudi Stephan gehört zu den tragischen Opfern der deutschen Geschichte. Während des Ersten Weltkriegs fiel er mit nur 28 Jahren in Galizien. Lange war seine Musik fast vergessen. In den letzten Jahren aber entsinnt man sich des Komponisten, dem einst eine große Zukunft beschieden schien. Unter dem Leitgedanken „Weltenbrand“ bringt das Folkwang Kammerorchester Essen mit seinem Chefdirigenten Johannes Klumpp Werke zur Aufführung, die vom Ersten Weltkrieg über den aufkeimenden Nationalismus bis zum Holocaust und der Hölle des Zweiten Weltkriegs erzählen. Stephans eigenwilliger Komposition steht Tzigane von Maurice Ravel gegenüber, der sich auf französischer Seite kriegstrunken freiwillig meldete. Vom Holocaust zeugt eines der letzten Werke Viktor Ullmanns, der sich im Ghetto Theresienstadt mit Komponieren am Leben hielt, bis er 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde. Essen, Zeche Zollverein, www.folkwang-kammerorchester.de

23. Februar

Mannheim Elīna Garanča Wenn das neue Album von Elīna Garanča tatsächlich als Ausblick auf ihr neues Repertoire zu verstehen ist, wie sie das mehrfach andeutete, dann wartet man mit ungeduldiger Freude auf die nächsten Opernpremieren mit ihr. Es ist der Schritt in einen neuen Abschnitt ihres Gesangslebens, der „Revive“ markiert, und es ist beeindruckend, mit welcher stimmlichen Kraft und Größe sie diesen Schritt vollzieht. Starke Frauen in schwachen Augenblicken porträtiert sie, und ihre vollendete Gesangskunst verleiht jeder Arie überzeugenden emotionalen Ausdruck, sei es kühle Distanz oder überbordende Leidenschaft. Bei der Großen Metropolregion-Gala im Mozartsaal des Mannheimer Rosengartens ist sie mit der Deutschen Staatsphilharmonie RheinlandPfalz unter Karel Mark Chichon zu erleben. Mannheim, Rosengarten, www.staatsphilharmonie.de

5. März

Köln Die Antilope In einer Sprache, die sich aus unterschiedlichen Bezeichnungen für Antilopenarten zusammensetzt, hält Victor seine Rede auf der Firmenparty. Dann springt er aus dem Fenster im 13. Stock des Bürogebäudes. Durs Grünbein schrieb das Libretto zu Johannes Maria Stauds Oper Die Antilope, einem surrealen Stationendrama über die Wirtschaftswelt, ihre absurde, inhaltsleere Sprache und ihre verheerenden Auswirkungen auf das soziale Gefüge. Dominique Mentha setzt die Oper mit Howard Arman am Pult in Szene. Als Victor durchlebt Miljenko Turk in sechs Tableaus die trostlose Kehrseite von Wohlstand und Karriere, bis ihn die Mutter mit sich nimmt: „Es ist alles bezahlt. Komm jetzt nach Hause, Victor.“ Köln, Oper, 5. (Premiere), 10., 12., 18., 23. und 26. 3., www.oper.koeln/de

18. März

München Présence „Présence: das ist die dünne Eisschicht, auf der der Fuß eben nur so lange verweilen kann, bis sie einbricht; aber während der Fuß noch für den Bruchteil einer Sekunde auszuruhen vermeint, bricht sie schon, die dünne Decke … ­ So erscheint Présence als jene Gegenwart, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet“, erläuterte Bernd Alois Zimmermann sein Klaviertrio. Es ­ dient dem Auftritt der Geigerin Elisabeth Kufferath, des Bratschisten

Andreas Ticozzi, der Cellistin Jessica Kuhn und des Pianisten Moritz ­Eggert das Leitwort. Mit dem Streichtrio Clouds von Kaija Saariaho bildet es ­zudem den Rahmen für drei Uraufführungen: Outline für Violine solo von Thorsten Encke, Consolations für Elektrobratsche solo von ­Moritz ­Eggert und Unreality Smog für Elektrobratsche und Cello von ­Simon Frick. Vor dem Konzert führt Dirigent Andreas Puhani in das ­Programm ein. München, Johannissaal von Schloss Nymphenburg, www.sonorizzonte.de

24. und 25. Februar

Hannover Opernball „Alles Walzer!“, heißt es im Staatstheater Hannover, wenn unter dem Motto „Hallo, Wien!“ der Opernball stattfindet. Bühnenbildnerin ­Anja-Katharina Lütgens entführt die Besucher durch Verwandlung des Hauses in die Donaumetropole. Inmitten von Stephanskirche und Riesenrad schweben die Besucher in Walzerseligkeit über das Parkett. Dazu gibt es ein Showprogramm aus Tanz und Musik, dargeboten von Solistinnen und Solisten sowie dem Ballett der Staatsoper. Um Mitternacht versprüht Conchita Wurst (Foto) ­Wiener Charme und präsentiert mit dem Niedersächsischen Staatsorchester Hannover exklusiv arrangierte Songs. Hannover, Staatstheater, www.opernball-hannover.de

4. März

Bremerhaven Goldberg-Variationen Bachs Musik ist eine Inspirationsquelle für Künstler aller Bereiche. Selbst Choreografen lassen sich von ihr anregen. Ihr Augenmerk gilt den Goldberg-Variationen, deren Bezeichnung sich einer Anekdote verdankt. Bach selbst nannte das Stück „Clavier Ubung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“, was auch die Schwierigkeit erklärt, es auf einem modernen Konzertflügel zu spielen. In Bremerhaven sucht Chefchoreograf und Ballettmeister Sergei Vanaev, der an der BolschoiBallett-Akademie in Moskau seine Ausbildung erhielt, die Begegnung mit Bachs barocker Variationskunst. Den musikalischen Part übernimmt die junge Pianistin Esther Birringer. Sie wurde beim 6. Internationalen Klavierwettbewerb Johann Sebastian Bach in Würzburg mit dem ersten Preis ausgezeichnet und begeistert Kritiker mit ihrem sensiblen und gleichermaßen packenden Spiel. Bremerhaven, Stadttheater, 4. (Premiere), 19. und 31.3. sowie 8., 13. und 22.4., www.stadttheaterbremerhaven.de

19. März

München Esther Ein Juwel hebräischer Kunstmusik des 18. Jahrhunderts bringt das Orchester Jakobsplatz anlässlich des Purimfestes zur Aufführung. Obwohl bereits vor über zwei Jahrhunderten entstanden, wurde es erst vor knapp zwei Jahrzehnten wiedergefunden. In der Universitätsbibliothek von Cambridge entdeckte der ­Musikforscher Israël Adler das Oratorium Esther von ­Christian Joseph Lidarti. Das Libretto stammt von Rabbi Jacob Raphael Saraval und ist eine hebräische Adaption von Händels gleichnamigem Oratorium. Beeindruckend an Lidartis Komposition ist die Schönheit der Gesangspartien, die durch die Ausdruckskraft der hebräischen Sprache sowie die feierliche Stimmung der Chor- und Orchesterpartien besonders zur Geltung kommt. Es singen Martyna Cymerman, Jessica Véronique Miller, Stefan Sbonnik, Niklas Mallmann und Vocalconsort München unter Johanna Soller. Am Pult steht Daniel Grossmann. München, Jüdisches Zentrum München, www.orchester-jakobsplatz.org

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e r l e b e n

17.02. München, Steinway Haus 01.03. Frankfurt, Steinway Haus 07.03. Daun, Forum

19. Februar, Berlin

Berlin Edward II.

Julia Fischer 19.02. München, Prinzregententheater 22., 23., 24.02. Zürich (CH), Tonhalle 15.03. Rosenheim, Kultur + Kongress Zentrum

Sol Gabetta 30.01. Baden-Baden, Festspielhaus 31.01. Stuttgart, Liederhalle 09.02. Olten (CH), Stadttheater 25.02. Bern (CH), Kultur-Casino 26.02. Winterthur (CH), Stadthaus

F oto: M o n i ka R it te r s h au s

Elīna Garanča

Der Stoff habe eine ungeheure Kraft, betont Andrea Lorenzo Scartazzini. Seit Langem trage er ihn in sich. Jetzt bringt er ihn auf die Opernbühne. Edward II. kommt mit Michael Nagy in der Titelrolle und Thomas Søndergård am Pult zur Uraufführung. Bereits Christopher Marlowe faszinierte das Schicksal des unbesonnenen Königs, der mit seiner Liebe zu dem arroganten Emporkömmling Piers Gaveston das Reich in einen Bürgerkrieg stürzte und schließlich auf Schloss Berkeley durch anale Pfählung grausam ermordet wurde. Thomas Jonigk nimmt Motive aus Marlowes Drama zur Grundlage seines Librettos. Doch konzentriert er sich auf die Außenseiterrolle Edwards II., der aufgrund seiner sexuellen Neigung weder die Erwartungen seines Vaters Edward I. noch die des Adels

Piotr Anderszewski

Piotr Beczala

03.02. Hamburg, Elbphilharmonie 20.02. München, Prinzregententheater 21.02. Berlin, Philharmonie 26., 27.02. Wien (A), Konzerthaus

Martha Argerich 02.03. Berlin, Philharmonie 05.03. Baden-Baden, Festspielhaus 08.03. München, Philharmonie

Avi Avital 01.02. Zürich (CH), ZKO-Haus 02.02. Zürich (CH), St. Peter

Daniel Barenboim 06., 07.02. Berlin, Philharmonie 18.02 Regensburg, Audimax 20., 22.02. München, Philharmonie im Gasteig 04., 05, 08., 10.03. Berlin, Pierre-Boulez-Saal

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Christian Gerhaher 29.01. Genf (CH), Grand Theatre de Genève 24.02. Krün, Schloss Elmau 10., 12.03. Berlin, Pierre Boulez Saal

Boris Giltburg 06.03.Hitzacker, St. Johanniskirche

Konstantia Gourzi 03.02. München, Carl-Orff-Auditorium 09.02. München, Reaktorhalle

Valery Gergiev 14., 15., 16.02. München, Philharmonie 19.02. Köln, Philharmonie 20.02. Frankfurt am Main, Alte Oper

Hélène Grimaud 31.01. Stuttgart, Liederhalle

KÜnstler Artemis Quartett

Aida Garifullina 01.02. Wien, Staatsoper 03.02. Dresden, Semperoper

zu erfüllen vermochte. Dabei wirft seine Perspektive auf die Figur, die über die Jahrhunderte hinweg zu einer Ikone der Schwulenbewegung wurde, auch die Frage nach dem Umgang der heutigen Gesellschaft mit Homosexuellen auf. Regie führt Christof Loy, der in der Vergangenheit mehrfach mit Jonigk zusammenarbeitete und auch Scartazzinis zweite Oper Der Sandmann in Szene setzte. Diese Oper hatte Scartazzini, der unter anderem Schüler von Wolfgang Rihm war, großen Erfolg beschert. Die Kritik bescheinigte seiner Musik „starke sinnliche Qualität“ sowie eine effektvolle und psychologisch durchwirkte Klangsprache. Berlin, Deutsche Oper, 19. (Premiere) und 24.2. sowie 1., 4. und 9.3., www.deutscheoperberlin.de

Lisa Batiashvili

06., 07.02. Berlin, Philharmonie

01.02. Berlin, Philharmonie 03.02. Baden-Baden, Festspielhaus 05.02. München, Philharmonie 08.02. Frankfurt, Alte Oper 14.02. Düsseldorf, Tonhalle 17.02. Wien (A), Konzerthaus 19.02. Graz (A), Musikverein für Steiermark 21.02. Kölner, Philharmonie 23.02. Mannheim, Rosengarten

06.03. Krün, Schloss Elmau 09.03. Berlin, Pierre-Boulez-Saal 11., 24.02. Berlin, Schillertheater 14.03. Frankfurt, Opernhaus

Joshua Bell 09., 10.03. Frankfurt am Main, Alte Oper

Rafal Blechacz 24.02. Berlin, Philharmonie 05.03. München, Prinzregententheater

Boulanger Trio 09.02. Koblenz, Rhein-Mosel-Halle 10.03. Heilbronn, Unter der Pyramide

Khatia Buniatishvili 10.03. Wilhelmshaven, Stadthalle 12.03. München, Prinzregententheater 15.03. Frankfurt, Alte Oper

Renaud Capuçon 30.01., 01.02. Salzburg (A), Mozarteum 16., 17.02. Stuttgart, Liederhalle 19.02. Freiburg, Konzerthaus 13.03. Berlin, Philharmonie, Pierre-Boulez-Saal

Martin Helmchen

Max Emanuel Cenčić

04.02. Eichwalde, Alte Feuerwache 05.02. Lörrach, Burghof 26.02. Paderborn, Stadthalle

24, 26.02., 01.03. Karlsruhe, Badisches Staatstheater

Seong-Jin Cho 12.02. Esslingen, Neckar Forum 13.02. Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität

Hilary Hahn 08.03. Wien (A), Konzerthaus

Daniel Hope

Concerto Köln 19.02. Essen, Alfried Krupp Saal

Annette Dasch 24., 26.02 Hamburg, Elbphilharmonie 10.02. Mannheim, Rosengarten 19.02. Karlsruhe, Wolfgang-Rihm-Forum 23.02. Mannheim, Rosengarten 25.02. Mannheim, Capitol 26.02. Ludwigshafen, Philharmonie 04.03. Ludwigshafen, DasHaus

Mahan Esfahani 01.03. Köln, Philharmonie 21.03. Heidelberg, Stadthalle

04.02. Baden-Baden, Festspielhaus 07.02. Würzburg, Hochschule für Musik 19.02. München, Max-Joseph Saal 09.03. Hannover, Großer Sendesaal des NDR 10.03. Braunschweig, Stadthalle 10.02. Hamburg, Elbphilharmonie

12.02. München, Prinzregententheater 11.02. Köln, Steinway Haus 14.02. Düsseldorf, Steinway Haus

Maximilian Hornung

Jóhann Jóhannsson

Franco Fagioli Inga Fiolia

01.02. Zürich (CH), ZKO-Haus 19.02. Düsseldorf, Museum Kunstpalast 10., 12.03. Zürich (CH), Schauspielhaus 16.03. Berlin, Konzerthaus

Mariss Jansons 30.01. Wien (A), Musikverein 06.02. Luxemburg (LU) Philharmonie

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Februar – März 2017


17. bis 26. März

Der Bratschist Nils Mönkemeyer kuratiert den Festspielfrühling auf der Ostseeinsel Rügen und gewährt auf vielfältige Weise Einblick in seine Arbeit. Unter dem Titel „Frühlingserwachen“ eröffnet er das Festspiel mit Joaquin Turinas Scène Andalouse und Antonio Solers Fandango und holt dazu gleich alle Residenzkünstler zu sich aufs Podium. Ein umfangreiches Ensemble internationaler ­Musiker hat er auch für seine „Reise um die Welt“ zusammengestellt. Im Gepäck haben die Anreisenden jeweils ihre Lieblingsmusik. Über seine Ausbildung und seinen musikalischen Werdegang erzählt Mönkemeyer in einem Porträtkonzert, während er in einer offenen Meisterklasse das ­Publikum an der Erarbeitung der Interpretation eines Musikstücks teilhaben lässt. Rügen, verschiedene Spielorte, www.festspiele-mv.de

28. März

München The Consul Der Opernkomponist habe die Pflicht, Bühnenwerke zu gestalten, die vom Publikum verstanden und geschätzt würden, betonte Gian Carlo Menotti einst im Gespräch. So war er in musikalischer Hinsicht ein Verfechter des Konservativismus. Dass seine Opern altmodisch klingen könnten, fürchtete er dabei nie: „Es ist für einen Komponisten nicht wichtig, die eigene Zeit darzustellen, als wäre sie unsterblich. Wichtig ist, dass er die menschliche Natur zum Ausdruck bringt

17. März bis 9. Juni

Bregenz Tanzfestival Bregenzer Frühling Zum Auftakt des Festivals zeigt der Andalusier Israel Galván, wie Flamenco-Tanz im 21. Jahrhundert aussehen kann. Mehrfach ausgezeichnet mit dem Premios Max, dem höchsten spanischen Theaterpreis, gilt er als virtuoser Avantgardist. Bereits als Kind begann er zu tanzen. Sein Vater gab ihm den ersten Tanzunterricht. Später arbeitete er mit Mario Maya Fajardo. Besondere Inspiration empfing er von dem Künstler Pedro G. Romero, der zwischen den Bereichen Bildende Kunst, Film, Musik, Theater und Tanz tätig ist, sowie vom Tanztheater Pina Bauschs und dem legendären japanischen Butoh-Tänzer ­Kazuo Ohno. „Wir sehen, wie die Generationen vor uns getanzt haben“, erläutert er. „Das kann uns als Anregung dienen. Aber wir dürfen es nicht imitieren. Denn sonst haben wir bloß eine Kopie.“ Galváns ­FLA. CO.MEN fokussiert auf die einzelnen Bestandteile des Flamencos, um ihn neu zu entdecken. Bregenz, Festspielhaus, www.bregenzerfruehling.at

5. bis 15. April, Pinswang

5. Klavierfestival in der Villa „Pianistin ist ein wunderbarer Beruf“, schwärmt Anna Victoria Tyshayeva. Allerdings erfordere er Meisterschaft, und die könne man nur von einem Meister lernen. Von Generation zu Generation werden Wissen und Fertigkeiten weitergegeben. Der Wunsch, diese Tradition lebendig zu halten, ­bewog Tyshayeva, ein Klavierfestival mit internationalem Meisterkurs ins Leben zu rufen. Doch stellte sie sich mehr vor, als die Meisterschüler nur zu unterrichten. „Ich wollte, dass wir miteinander Zeit verbringen, einander kennenlernen und Ideen austauschen.“ Als idealer Ort dafür bot sich das von einer Musikerfamilie geführte Musik- und Kulturzentrum Die Villa an. Gelegen inmitten eines großen Parks mit altem Baumbestand, lädt es mit seiner familiären Atmosphäre zu gemeinsamer produktiver Arbeit ein. „Wir widmen uns von früh bis spät der Musik“, freut sich Tyshayeva. Dabei geht es um technische Fragen ebenso wie interpretatorische. Beides ist für Tyshayeva nicht zu trennen. Denn um seine Vorstellungen von einem Werk umsetzen zu können, bedarf es des entsprechenden technischen Geschicks.

F oto: A n n a T ys h ay e va

F oto: P e te r Gw i a zda ; DG / H o lg e r Hag e; S tadt th e ate r B r e m e r h av e n ; Pau l L ec l a i r e; esp lu s ; M a r ku s M o r i a n z ; T h o mas Das h u b e r ; I r è n e Za n d e l l ; H u g o G u m i e l ; W. H ö s l ; J ako b E r pf ; Y u va l H e n / DG ; M i c h e l Cava lc

Rügen 6. Festspielfrühling

und seiner Musik unmittelbare Wirkungskraft verleiht.“ 1950 schrieb er die politische Musiktragödie The Consul, eine Anklage gegen Unterdrückung, Willkür und die Unmenschlichkeit moderner Bürokratie. Sie wurde sein größter Erfolg. Jetzt bringt das Opernstudio der Bayerischen Staats­ oper The Consul auf die Bühne. Christiane Lutz besorgt die Inszenierung, und Geoffrey Paterson dirigiert das Münchener Kammerorchester. München, Cuvilliés-Theater, 28. (Premiere), 30. und 31.3. sowie 2., 7. und 9.4., www.staatsoper.de

Zum fünften Mal findet das Festival, dessen künstlerische Leitung Tyshayeva innehat, in diesem Frühjahr statt. Eingeladen hat sie ihre ehemaligen Lehrer, die preisgekrönten Pianisten Grigory Gruzman und Wolfgang Manz. „Sie sind wunderbare Menschen, die ich unglaublich schätze. Es ist mir eine große Freude, sie zu treffen – auch musikalisch.“ Zum Meisterkurs gehören mehrere Konzerte. Tyshayeva, Gruzman und Manz spielen Solostücke und Werke für zwei Klaviere. Zum Abschluss gibt es ein Konzert mit allen Teilnehmern, bei dem auch ein Publikumspreis vergeben wird. „Man lernt sein Leben lang“, betont Tyshayeva. „Auch wenn man unterrichtet oder beim Unterricht zuschaut, lernt man immer wieder etwas Neues, entwickelt seine Begabung weiter und bekommt neue Ideen.“ Pinswang, Die Villa – Internationales Musik- und Kulturzentrum, 5. bis 15.4., Anmeldeschluss: 20.2., www.die-villa.at

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e r l e b e n

4., 5. und 6. März

10. bis 17. Februar, Bad Ragaz

F oto: D r a ze n Ko ko r i c

„Next generation“

Drazen Domjanic, Intendant und künstlerischer Leiter des Festivals Next Generation im Schweizer Alpenkurort Bad Ragaz, im ­Gespräch über junge Musiktalente. crescendo: Herr Domjanic, Sie präsentieren alljährlich eine Auswahl hochtalentierter Nachwuchskünstler, die das Potenzial besitzen, Weltklassestars von morgen zu sein. Was müssen junge Musikerinnen und Musiker mitbringen, um über dieses Potenzial zu verfügen? Drazen Domjanic: Zunächst einmal sollten sie sich in Wettbewerben ausgezeichnet haben. Denn da findet eine Auswahl durch Dritte statt. Zudem müssen sie in ihrem Spiel etwas zeigen, was sie hervorhebt gegenüber den anderen ihres Jahrgangs. Ich bemühe mich, bei den jungen Talenten das Besondere zu entdecken. Die Künstler, die ich nach Bad Ragaz einlade, kenne ich natürlich alle persönlich, und es sind großartige Musiker. Kann man das Besondere auch erlernen? Darauf müssen wir die jungen Talente hinweisen. So organisiere ich in diesem Jahr vor dem Festival einen Workshop. Die Moderatorin Nina Ruge und die Schauspielerin Adele Landauer unterrichten die jungen Talente in Körpersprache und Moderationstechniken. Sie bringen ihnen bei, wie die Vermittlung von Musik neben dem Spiel auch auf anderen Ebenen wie der Sprache, dem Körpereinsatz und der Interaktion mit dem Publikum stattfinden kann. Wie beurteilen Sie den derzeitigen Nachwuchs, der von den ­Musikschulen kommt? Meiner Erfahrung nach kommt von den Musikschulen nicht mehr viel. Junge Talente nutzen das Angebot an Pre-Colleges und Privat­ akademien sowie die Möglichkeit, bereits im Kindesalter eine Hochschule zu besuchen. Das bewog uns, 2010 mit der 1996 errichteten Stiftung Musik & Jugend eine internationale Musikakademie in Liechtenstein zu gründen. Sie bietet bei den Koryphäen ihres Fachs eine ganzheitliche Ausbildung. Um den Auszubildenden auch ein Forum zu schaffen, haben wir dann das Festival in Bad Ragaz ins Leben gerufen. Welche Auswahl an Künstlern haben Sie für das Festival getroffen? Bei jedem Festival haben wir Artists in Residence. In diesem Jahr sind das die Flötistin Eva-Nina Kozmus und der Violinist Marc Bouchkov. Sie sind die Solisten im Eröffnungskonzert und wirken auch an Kammerkonzerten mit. Wir spielen bei diesem siebten ­Festival ein wenig mit der Zahl Sieben. Da gibt es „Drei + Vier“, also ein Trio und ein Quartett. Dann gibt es „Sieben Tastentiger“. Das sind junge, noch unbekannte Pianistinnen und Pianisten. Und insgesamt haben wir 7 x 7 = 49 Künstler. Michael Cohen-Weissert fungiert als Klavierbegleiter des Festivals. Und dann haben wir das Ensemble Esperanza, bestehend aus Stipendiaten der Musikakademie in Liechtenstein. Es hat soeben die CD „Nordic Suites“ aufgenommen. Die stellen wir am Eröffnungstag vor Bad Ragaz, verschiedene Spielorte, www.festivalnextgeneration.com

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Berlin Anoushka Shankar und die Berliner Philharmoniker Anoushka Shankar ist eine der interessantesten und vielseitigsten Sitar-Spielerinnen. Ausgebildet in klassischer indischer Musik von ihrem Vater Ravi Shankar, ist sie nicht nur eine Virtuosin auf ihrem Instrument, sondern versteht es auch, das klassische Erbe in eigenen Kompositionen weiterzuentwickeln. Die Sitar ist eine aus Persien stammende Langhalslaute, der ein schwebender, singender und obertonreicher Klang eigen ist. Mit den Berliner Philharmonikern unter Zubin Mehta spielt Anoushka Shankar das Zweite Konzert für Orchester und Sitar ihres Vaters, ein Brückenschlag zwischen Ost und West. Berlin, Philharmonie (auch im Live-Stream in der Digital Concert Hall verfügbar), www.berliner-philharmoniker.de

10. Februar

Frankfurt am Main 20 Jahre Papageno Musiktheater Das Papageno Musiktheater feiert sein 20-jähriges Bestehen. 1997 gründete Hans-Dieter Maienschein am Palmgarten sein Musiktheater. Davor war er 15 Jahre lang mit seinem Kindertheater durch Europa gezogen. Kinder mit Opern zu erfreuen, blieb weiterhin seine Passion. Daneben begann er, sich mit Musiktheater­ aufführungen auch an Erwachsene zu wenden. 100 Inszenierungen brachte er heraus, und in fast jeder stand er auch selbst auf der Bühne. Das ­Jubiläum feiert er mit einer halbszenischen Aufführung von Paul McCartneys Liverpool Oratorio. Zu den rund 200 Mitwirkenden gehören die Frankfurter Kantorei, die Limburger Domsingknaben sowie die Sopranis­tin Anna Maria Kaufmann. Frankfurt am Main, Alte Oper, www.alteoper.de

Philippe Jordan

Christoph Kuch

25., 26.02. Wien (A), Musikverein 04., 05., 08., 09., 10.03. Wien (A), ­Konzerthaus

19.02. Kreuztal, Weiße Villa 11.03. Würzburg, Nikolaushof

Ute Lemper

Philippe Jaroussky

19.02. Potsdam, Nikolaisaal 20.02. Ludwigsburg, Forum am Schloss 04.03. Dortmund, Konzerthaus

31.01. Düsseldorf, Tonhalle 16.03. Wien (A), Konzerthaus

Paavo Järvi 28.02. Berlin, Philharmonie 01.03. Luxembourg (LU), Philharmonie 07.03. Wien (A), Konzerthaus 08.03. Köln, Philharmonie

Jonas Kaufmann 12.03. München, Bayerische Staatsoper

Simone Kermes 25.02. Hannover, Sendesaal des NDR 27.02.2017 Berlin, Konzerthaus

Gidon Kremer 28.02. Krün, Schloss Elmau 02.03. Berlin, Philharmonie 04.03. Regensburg, Universität 05.03. Baden-Baden, Festspielhaus 07.03. Neumarkt in der Oberpfalz, Reitstadel 08.03. München, Philharmonie 09.03. Bochum, Anneliese Brost ­Musikforum Ruhr

Alexander Krichel 10.02. Hof, Festsaal Freiheitshalle 12.02. Hamburg, Archäologisches ­Museum 27., 28.02. Bremen, Glocke

Igor Levit 29.01. München, Prinzregententheater 19.02. Stuttgart, Liederhalle 24., 25.02. Berlin, Philharmonie

Jan Lisiecki 01., 02., 03.02 Zürich (CH), Tonhalle 09.02. Lugano (CH) LAC Lugano

Xavier de Maistre 05.02. Coesfeld, Theater 16.02. Köln, Philharmonie

Joana Mallwitz 25.02. Erfurt, Theater 05.03. Erfurt, Theater

Sabine Meyer 04.03. Hamburg, Elbphilharmonie 05.03. Duisburg, Philharmonie ­Mercatorhalle

Nils Mönkemeyer 04.02. Krün, Schloss Elmau 07.02. Gießen, Theater 11., 12.02. Berlin, Konzerthaus 14.02. Nienburg, Giebelsaal 16.02. Frankfurt am Main, Alte Oper 19.02. Flensburg, Theater

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Februar – März 2017


17. bis 25. Februar

„Mashreq to Maghreb – Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang“ – unter diesem Motto zeigen Künstler der Performing-Arts-Szene aus Ägypten, Algerien, dem Iran, dem Libanon, Tunesien und Syrien Arbeiten, in denen sie Umbrüche und Tabus in ihrer Heimat thematisieren. Das Festspielhaus Hellerau bietet dafür den idealen Rahmen, ist es doch selbst von Umbrüchen gezeichnet. 1911 nach Plänen Heinrich Tessenows errichtet und unter dem Einfluss Adolphe Appias als offener Raum ohne feste Einbauten gestaltet, musste es 1933 an die Nationalsozialisten verkauft werden. Die wollten zunächst ein „Bayreuth des völkischen Dramas“ daraus machen, bauten es dann aber zur Polizeischule um. Nach dem Krieg nutzte die Rote Armee Gebäude und Gelände als Lazarett und Kaserne. Über dem Yin-Yang-Zeichen am Eingang prangte der rote Sowjetstern. Erst 2004 wurde das Gebäude restauriert und der Kunst zurückgegeben. Hellerau, Festspielhaus, www.hellerau.org

4. und 5. Februar

Offenbach „toujours Mozart & Jedermann“ Das Festival „toujours Mozart & Jedermann“ lädt ein zu einem Wochenende voller Musik. 20 Veranstaltungen, die aus unterschiedlicher Perspektive ein Licht auf Mozarts Kompositionen und die seiner Zeitgenossen werfen, umfasst das Programm. Auch eine Wiederentdeckung ist dabei: Belmonte und Constanze oder Die Entführung aus dem Serail des Offenbacher Komponisten und Musikverlegers Johann André. Dass man bei dem 235 Jahre schlummernden Singspiel unwillkürlich an Mozart denkt, ist kein Zufall. Junge Sängerinnen und Sänger der Bayerischen Staatsoper sowie die Hofkapelle München unter dem Dirigenten und musikalischen Leiter des Festivals Wolfgang Antesberger gestalten die Aufführung. Und wer seinen eigenen Mozart vorstellen möchte, dem bietet Mozart & Jedermann ein Konzertpodium. Offenbach, Büsing-Palais, www.toujoursmozart.de

19. bis 21. Mai, München

eva lind auf „die 66“

F oto: Eva L i n d

F oto: P e te r Gw i a zda ; DG / H o lg e r Hag e; S tadt th e ate r B r e m e r h av e n ; Pau l L ec l a i r e; esp lu s ; M a r ku s M o r i a n z ; T h o mas Das h u b e r ; I r è n e Za n d e l l ; H u g o G u m i e l ; W. H ö s l ; J ako b E r pf ; Y u va l H e n / DG ; M i c h e l Cava lc

Hellerau Performing Arts Festival

Der, die das 66? „Die 66“ ist Deutschlands größte 50plus Messe mit fast 50.000 Besuchern. crescendo und die Süddeutsche Zeitung sind mit der „Hör- und Leselounge“ vor Ort, die den Mittelpunkt des Themenbereichs „Kunst und Kultur“ bildet. Auf unserer Bühne bieten wir ein dichtes Kulturprogramm: Die berühmte ­Sängerin Eva Lind wird uns besuchen und der „Rosenheim-Cop“ Max Müller offenbart uns seine zweite große B ­ egabung neben der Schauspielerei (siehe auch S. 14). crescendo-Chefkritiker und Hifi-Enthusiast Attila ­Csampai stellt ihnen Musik vor, die Sie in dieser Qualität gehört haben sollten. Wir freuen uns auch darauf, bekannte Autoren und Journalisten des Süddeutschen Verlags hautnah bei Lesungen zu erleben. Und natürlich bietet die Hör- und Leselounge den ersehnten Rückzugsraum und Ruhepol im Trubel der Messe. Für unsere Leser haben wir ein Freikartenkontingent: Wenn Sie uns auf „Die 66“ kostenlos besuchen möchten, schreiben Sie eine E-Mail an: ­info@crescendo.de

23.

14. bis 23. April 2017

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL MIT

Eröffnungskonzert, Matineen, Symphoniekonzert, Orgelkonzert, Jazz & Festivalbrunch

Ostersonntag, 16. April, 20 Uhr

SYMPHONIE KONZERT Ordenskirche St. Georgen

WEITERE INFORMATIONEN UNTER www.osterfestival.de Tickets bei den örtlichen Vorverkaufsstellen und online unter www.eventim.de

20.02. Eckernförde, Stadthalle 05.03. Hitzacker, Musikwoche ­Hitzacker 09., 10.03. Bern (CH), Casino

Edgar Moreau

31.01. Hamburg, Elbphilharmonie

Regula Mühlemann

31.01. Liestal (CH), Stadtkirche 19.02. Zürich (CH), Tonhalle 26.02. Zug (CH), Shedhalle

Anne-Sophie Mutter

30.01. München, Philharmonie 31.01. Bern (CH), Kultur-Casino 16., 17., 18.03. Leipzig, Gewandhaus

Yannick Nézet-Séguin

01., 05.02. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 08.02. Köln, Philharmonie 16., 17.02. München, Herkulessaal

Vikingur Olafsson

10., 11.02. Hamburg, Elbphilharmonie

Emmanuel Pahud

31.01. München, Prinzregententheater 01.02. Regensburg, Auditorium ­Maximum 05.02. Essen, Philharmonie 17., 18., 19.02. Berlin, Philharmonie 23., 24.02. Dortmund, Konzerthaus 25.02. Essen, Philharmonie 14.03. Martigny (CH), Foundation ­Pierre Gianadda

Sophie Pacini

08.02. Polling, Bibliothekssaal

Murray Perahia

04.02. Gstaad (CH), Kirche Saanen 06.02. Düsseldorf, Tonhalle 28.02. Genf (CH), Victoria Hall

Olga Peretyatko

24.02. Baden-Baden, Festspielhaus 22.05. Basel (CH), Musical Theater

Philharmonia Zürich 19.02. Zürich (CH), Oper

Anna Prohaska

30.01. Wien (A), Theater an der Wien 04.02. Salzburg (A), Mozarteum 04., 05.02. Berlin, Pierre Boulez Saal 09.02. Berlin, Schillertheater 17., 18., 19.02. Berlin, Philharmonie 23.02. Dortmund, Konzerthaus 25.02. Essen, Philharmonie

Max Raabe

03.02. Hoyerswerda, Lausitzhalle

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL

04.02. Riesa, Sachsenarena 05.02. Ilsenburg, Harzlandhalle BAYREUTHER 15., 16., 17.02. OSTERFESTIVAL Bremen Musical Theater 18., 19.02. Hamburg, Theater am Großmarkt 28.02., 01.-19.03. Berlin, ­Admiralspalast

Valer Sabadus 25.01-07.02 Genf (CH), Grand Théâtre de Genève 12.02. Duisburg, Philharmonie ­Mercatorhalle

Esa-Pekka Salonen 10., 11.02. Hamburg, Elbphilharmonie

Anoushka Shankar 03.02. Luxembourg (LU), Philharmonie 04., 05., 06.03.Berlin, Philharmonie

Grigory Sokolov 10.02. Krün, Schloss Elmau 26.02. Zürich (CH), Tonhalle 06.03. Hamburg, Laeiszhalle 08.03. Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus 10.03. Dortmund, Konzerthaus

Martin Stadtfeld 04.02. Regensburg, Audimax 05.02. Esch sur Alzette (LU), Théâtre Municipal 12., 13.02. Stuttgart, Liederhalle ­Beethovensaal 09.03. Leverkusen, Schloss Morsbroich 11.03. Heidelberg, Kongresshaus Stadthalle

Maurice Steger 19., 20.02. Braunschweig, Stadthalle 22.02. Celle, Congress-Union

Alexandre Tharaud 31.01. Neuss, Zeughaus 16.02. Lugano (CH), LAC 05.03. Essen, Philharmonie

Klaus Florian Vogt 02.,05.,08.02. Berlin, Deutsche Oper 15.02. Wien (A), Konzerthaus 23.02. Zürich (CH), Opernhaus 25.02. Frankfurt, Alte Oper

Wiener Symphoniker 02., 03.02. Wien (A), Konzerthaus 19., 20., 21.02. Wien (A), Konzerthaus 25., 26.02. Wien (A), Konzerthaus 04., 05.03. Wien (A), Konzerthaus 08., 09., 10.03. Wien (A), Konzerthaus

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e r l e b e n

Tosca-Aufführung im Steinbruch von St. Margarethen

grosse leidenschaften in schroffem fels Wo könnte sich die Kraft von Giuseppe Verdis schonungsloser Oper Rigoletto besser entfalten als unter freiem Himmel in der urwüchsigen Kulisse eines Steinbruchs? Genau das geschieht im Sommer in St. Margarethen im Burgenland. Von Ruth Renée Reif

Beinahe hätte die österreichische Zensur Giuseppe Verdi einen chern, prägen das Bild. Rigoletto ist eine machtvolle Charakter­ Strich durch die Rechnung gemacht. Als er für den Karneval in tragödie. Weit über die Vorlage hinausgehend, bringt Verdi MenVenedig Victor Hugos Schauspiel Le roi s’amuse zu einer Oper schen auf die Bühne, deren widersprüchliche Charakterzüge er bis umgestalten wollte, schritt die Zensurbehörde ein. Ein französi- ins letzte Detail ausformt. Das gilt für die beiden Extreme im scher König dürfe nicht als Wüstling gezeigt werden. Also ver- Wesen Rigolettos ebenso wie für die innere Zerrissenheit Gildas legte Verdi den Schauplatz von Paris nach Mantua, degradierte und den leichtfertigen, zügellosen Charakter des Herzogs. Rigoletto, der bucklige Narr, der sich als liebender Vater einer den König zu einem Herzog und verwandelte den Hofnarren Triboulet in Rigoletto. Seiner ursprünglichen Absicht, einen „star- bezaubernden Tochter offenbart, ist eine Charakterpartie, in der ken, wilden Stoff “ um die beleidigte Menschenwürde zu ver­ jeder Bariton sein Können zeigen möchte. Seine großartige Arie opern, taten die Änderungen allerdings keinen Abbruch und dem Cortigiani, vil razza dannata, mit der er seine verzweifelte Anklage überwältigenden Erfolg der Oper ebenfalls nicht. Großartig ist gegen die Höflinge herausschreit, und sein rasender Ausbruch im die Musik. Wie kaum ein anderer verstand es der „Bauer aus Ron- Duett mit seiner Tochter – Vendetta – gehören zu den aufwühcole“, wie Verdi sich selbst gerne nannte, die ewigen Leidenschaf- lendsten Gesangspassagen. Vladislav Sulimsky vom Mariinskyten auf die Bühne zu bringen und die menschlichen Abgründe Theater in St. Petersburg und Davide Damiani, Scarpia bei Oper im Steinbruch 2015, teilen sich die Partie. Herrliche Musik hat auszuloten. Oper im Steinbruch bringt Rigoletto auf Europas größte Verdi dem Herzog zugeschrieben. Seine Kanzone Questa o quella und die berühmte Arie La donna è mobile Naturbühne. Der Römersteinbruch St. Maroper im steinbruch strahlen Abenteuerlust und unbekümmerte garethen dient seit über 20 Jahren als spektaku12. Juli bis 19. August Leichtigkeit aus. Die Tenöre Yosep Kang, läre Kulisse aufwendiger Operninszenierungen. Informationen und Kartenservice: Tel.: +43-(0)2682-650 65 Arthur Espiritu und Jesús León übernehmen im Schroffe Steinformationen und hohe steile Felswww.operimsteinbruch.at Wechsel die Partie. wände, wild bewachsen mit Gras und Sträu40

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Februar – März 2017


F oto s: R e n é d e l M i ss i e r ; N e da Nava e e

Ohren- und GaumenschmAus Eisenstadt eröffnet mit „Herbstgold“ ein neues Festival, bei dem neben erlesener Musik auch exquisite Kulinarik kredenzt wird! Von Maria Goeth

Rigolettos Tochter Gilda erhält eine der berührendsten Arien. Als Gualtier Maldé gab sich der Herzog bei ihr aus. Und um diesen „caro nome“ singt sie in melodischen Koloraturen von ihrer Liebe, einer Liebe, die auch der Betrug des Herzogs nicht zu erschüttern vermag. Zwei Duette fügt Verdi an diesem dramatischen Moment des Geschehens zu einem Quartett zusammen: den Herzog mit Maddalena und Rigoletto mit Gilda. Aber deren Liebe ist stärker. Sie opfert sich, bevor sie im ergreifenden Duett mit ihrem Vater Lassù in cielo Abschied nimmt. Die Sopranistin Elena Sancho Pereg kehrt mit dieser Starrolle in den Steinbruch zurück. 2016 war sie Adina in Donizettis Liebestrank. Die Sopranistin Tatiana Larina wechselt sich mit ihr ab. „Mir scheint, was Bühnenwirkung anbelangt, ist Rigoletto das beste Buch, das ich bis jetzt in Musik umgesetzt habe. Es bietet gewaltige Situationen, Mannigfaltigkeit, Feuer, Humor“, urteilte Verdi selbst in einem Brief. Der Orchestermusik kommt dabei eine eigene Rolle zu. In unendlicher Farbenvielfalt malt sie die Stimmungen der einzelnen Szenen. Eindrücklich sind die unheilkündenden Akkorde der Gewitternacht, umweht vom Summen des Chores. Das Symphonieorchester des Slowakischen Rundfunks spielt unter der Stabführung von Anja Bihlmaier, Erste Kapellmeisterin und Stellvertreterin des Generalmusikdirektors Kassel, und Daniel Hoyem-Cavazza. Den Philharmonia Chor Wien leitet Walter Zeh. Der Regisseur, Bühnenbildner und Lichtdesigner Philippe Arlaud hat die Aufgabe übernommen, Rigoletto der mächtigen Natur des Steinbruchs einzuschreiben. „Es ist wahrscheinlich zum ersten Mal, dass man versucht, diese Oper in Bildern solcher Dimension zu zeigen“, betont er, selbst überwältigt vom Anblick des Steinbruchs. Eine große rote Treppe dominiert die Bühnenkons­ truktion. Verschiedene Welten lässt Arlaud aufeinandertreffen. Der skrupellosen Oberwelt des fürstlichen Hofes, die als mächtiges Quadrat erscheint, stellt er die Unterwelt des Mörders Sparafucile als bunkerartiges Gebäude gegenüber. In deren Mitte entfaltet er das dramatische Geflecht, symbolisiert von riesigen Polyedern, zwischen Rigoletto und seiner Tochter Gilda, die im Spannungsfeld von Ober- und Unterwelt zerrieben werden. Es sei, so bekennt Arlaud, „ein metaphysisches Gefühl“, das ihm dieser Steinbruch vermittle. Er möchte ihn in seiner Gesamtheit in die Inszenierung einbeziehen und in all seiner Kraft teilhaben lassen. n

F oto: A n d r e as Ti sc h l e r / H Q

Regisseur Philippe Arlaud liebt die Aura des Opern-Steinbruchs. Mit Anja Bihlmaier steht eine gefeierte Nachwuchsdirigentin am Pult

Schloss Esterházy in Eisenstadt

Sind Sie bereit für die Revolution? Im September feiert das burgenländische Eisenstadt mit seinem neuen Festival „Herbstgold“ zehn Tage lang Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft musikalischer Umbrüche. Im Haydnsaal des Schlosses Esterházy sind dazu Konzerte mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Cornelius Meister und mit Klarinettist Andreas Ottensamer ebenso zu hören wie mit der Haydn Philharmonie unter Nicolas Altstaedt oder mit dem Startenor Ian Bostrige und seinem Klavierbegleiter Julius Drake. Als Highlight treten im Quartett-Marathon gleich vier prominente Ensembles auf – Quatuor Ebène, das Schumann-Quartett, das Quartett plus 1 und das Saxophon Quartett Phoen – und auch im beigegebenen Kinder- und Familienprogramm dreht sich alles um die magische „Vier“. Doch damit nicht genug: Ein Festivalabend rankt sich rund um Balkan- und Roma-Sounds mit Bands aus Mazedonien und Südfrankreich, und eine „Nightline“ ergänzt die klassische Präsentation von Schuberts Winterreise um deren zeitgenössische Variante durch die österreichische Jazzsängerin Lia Pale. Neben dem akustischen Wohl will natürlich auch das leibliche umsorgt sein. Hochkarätige Weine und erstklassige Kulinarik werden beim Pan O‘ Gusto Festival in der historischen Orangerie des Schlossparks dargereicht. Unter der Regie von Gault-Millau zaubern Köche aus Österreich, Ungarn und Slowenien traditionelle bis moderne Kreationen in einer Schauküche. Winzer empfehlen den passenden Rebsaft dazu. n Herbstgold 6. bis 16. September

Informationen und Kartenservice: Tel.: + 43-(0)2682-650 65, www.herbstgold.at

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Ulrich Tukur und Die Rhythmus Boys

F oto s: K ath a r i n a J o h n ; C l au d i a H e ys e l ; M D R / Ed ith H e l d; M D R / A n d r e as La n d e r ; I r a W e i n r au c h

e r l e b e n

Der wunderbare Mandarin

„Auf dass die Welt besser sei“ Mit rund 60 Veranstaltungen feiert das Kurt Weill Fest Dessau den großen Reformator Luther, den kämpferischen Aufklärer Moses Mendelssohn und natürlich seinen Namensgeber. Von julia hartel

Nicht ganz 20.500 Quadratkilometer Land umfasst das heutige litz stattfinden, natürlich einerseits um Kurt Weill – steht doch die Sachsen-Anhalt – doch die Impulse, die während der letzten fünf Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in all Jahrhunderte von dort ausgingen, bescherten der Welt nachhaltige seinen Bühnenwerken im Zentrum. Aber auch Veranstaltungen wie Veränderungen. So war auf diesem Landstrich nicht nur das Bau- der Hörspielabend „Auf dass die Welt besser sei“ wurden passend haus beheimatet, sondern er bildete auch den Wirkungsort der zu diesem Hintergrund konzipiert. In Kooperation mit MDR Kultur bedeutenden Aufklärer Moses Mendelssohn und Christian Wolff; wird hier der Fußmarsch des 15-jährigen Moses Mendelssohn von nicht zuletzt liegt hier die Stadt Wittenberg, die bekanntlich den Dessau nach Berlin „nachgezeichnet“: Von Rolf Schneider verfasste Texte machen die Gedanken, Ängste und Hoffnungen des späteren Startpunkt für die Reformation Martin Luthers markiert. Doch der gemeinsame Nenner zwischen „Luther, Weill & Philosophen nachvollziehbar – ebenso wie seinen „Kampfeswillen“, Mendelssohn“ – so das Motto des sich zum 25. Mal jährenden Kurt wenn es um die religiöse Freiheit des Menschen ging. Die drei gemeinsam mit der Musikhochschule in Leipzig und Weill Fests – besteht aus weit mehr als dem geografischen Aspekt. „Dem Programm liegt eine gesamtgesellschaftliche Fragestellung dem Stadtmuseum in Halle entwickelten musikalisch-philosophizugrunde“, erläutert Festival-Intendant Prof. Michael Kaufmann. schen Veranstaltungen „Freiheit des Glaubens“, „Freiheit zu philo„Es will zum Nachdenken einladen: darüber, wie wir leben wollen, sophieren“ sowie „Freiheit des Geistes“ werden sich den Zusamwie eine humane Gesellschaft aussehen kann und was das für den menhängen zwischen Luther, der Aufklärung und Weill widmen. Einen weiteren Schwerpunkt stellt in dieEinzelnen bedeutet.“ kurt weill fest sem Jahr das Festival-Jubiläum dar: „Die Dementsprechend drehen sich die rund 60 24. Februar bis 12. März Geschichte unseres Festivals ist eine spannende Veranstaltungen, die vom 24. Februar bis Informationen und Kartenservice: Erfolgsgeschichte in der Folge der Wiederverei12. März an 26 Spielstätten in Dessau-Roßlau, Tel.: +49-(0)341-499 09 00 www.kurt-weill-fest.de nigung der beiden deutschen Staaten, ohne die Halle (Saale), Magdeburg, Wittenberg und Wör58

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Februar – März 2017


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Kristjan Järvi, Julia Hülsmann und das Alliage Quintett

14. Februar 2017

Liebestod und Liebesleid Tristan, Isolde & Co. Ansi Verwey (Klavier)

13. August 2017

Peer Gynt Ein norwegischer Mythos Christiane Karg (Sopran) Achim Conrad (Rezitation) Gerold Huber (Klavier) mit dem Ensemble der Kreuzgangspiele

www.kunstklang-feuchtwangen.de Kartentelefon 09852 904 44

Foto: Gisela Schenker

es das Fest, inspiriert durch die Kurt Weill Foundation aus New York, wahrscheinlich so gar nicht geben würde“, meint Michael Kaufmann. Daher werde es im Jahr 2017 in einem besonderen Bewusstsein und voller Highlights begangen. Man darf sich auf viele Artist-in-Residence-Künstler aus zurückliegenden FestivalAusgaben freuen, darunter Ute Gfrerer, James Holmes und Nils Landgren, die vom 2. bis 5. März, am großen Jubiläumswochenende, Kaufmann zufolge „einen echten Marathon machen, indem sie jeweils in vier Tagen vier Konzerte an drei verschiedenen Orten spielen“. Zusammen mit dem Ensemble Modern und der Anhaltischen Philharmonie Dessau werden diese drei Künstler auch das Galakonzert am 4. März als besonderen Höhepunkt des Festivals gestalten. Die Zuhörer können sich durch die bewegte Lebens­ geschichte von Kurt Weill führen lassen und ihm vom Ku’damm an die Champs-Elysées und bis an den Broadway folgen. „Es gab noch nie so viele gemeinsame Produktionen des Anhaltischen Theaters mit dem Kurt Weill Fest “, erzählt Kaufmann. Auch wurden noch nie bei einem Festival so viele zentrale Werke von Weill angeboten. Das sei vor allem der „fantastischen Kooperation“ mit dem MDR und den Artists in Residence, dem MDR Sinfonieorchester, dem Rundfunk-Chor und Kristjan Järvi zu verdanken. Von Die sieben Todsünden über ein Oratorium nach Der Weg der Verheißung bis hin zum Musical Braver Soldat Johnny steht so an jedem Wochenende ein maßgebliches Weill-Werk auf dem Programm. Umrahmende Veranstaltungen wie die Festspieleröffnungsparty, Filmvorführungen, eine Ausstellung, eine Tagung sowie Führungen runden das Festival-Programm ab. „,Luther, Weill & Mendelssohn‘ ist nicht nur eine Reminiszenz an die Vergangenheit“, betont Kaufmann. „Es ist zugleich eine Aufforderung, uns der Privilegien, die unsere aufgeklärte Gesellschaft bietet, bewusster zu sein und ganz im Sinne Kurt Weills unsere Stimme dafür zu erheben, dass diese Gesellschaft auch das Modell für die Zukunft bleibt.“ n

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r ä t s e l

Gewinnspiel Wer verbirgt sich hinter diesem Text? Genderfragen? Laber, Rhabarber. Das sollte einem alles wurst sein. Man muss einfach machen, frei sein, Freiheit einfordern! Tanzen, singen, komponieren, schauspielern, Pantomime machen, Kostüme basteln. Und das Augenzwinkern dabei nicht vergessen. Für mich haben alle Großen geschrieben – und ich war natürlich auch mit einem der Großen verheiratet. Aber ich denke, unser Verhältnnis war sehr auf Augenhöhe. Außerdem haben mich Repertoire-Grenzen nie interessiert. Man muss mit den Noten,

mit der Stimme spielen! Da kann auch mal Volksmusik dabei sein oder was Populäres. Und am nächsten Tag wieder ein Sahnestückchen aus dem Frühbarock. Wenn man selbst komponiert, sollte man sich nicht von der üblichen Notenschrift knechten lassen. Das schränkt einen schon von vornherein ein. Schauen Sie doch mal, was ich vor vielen Jahrzehnten komponiert habe. Ja, genau, sieht wie ein Comic aus, ist aber Klangkunst vom Feinsten. Versuchen Sie es doch einfach mal zu singen:

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von C. F. Peters Musikverlag Leipzig, London, New York

rätsel lösen und maurizio pollini gewinnen! Wer oder was ist hier gesucht? Wenn ­S ie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem ­Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­Redaktion, Rindermarkt 6, 80331 München oder per E-Mail an ­ gewinnspiel@crescendo.de. Unter den richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die CD-Box „Maurizio Pollini – Complete Recordings on Deutsche Grammaphon“. ­Einsendeschluss ist der 20.2.2017. Die Gewinnerin unseres letzten Alltagsrätsels ist Daniela Fuchs aus Uhingen. Die Lösung war „Heinrich Schütz“.

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Februar – März 2017


schwerpunkt Musik und Gender Dirigentinnen: Warum sie Fragen zu ihrem Geschlecht ärgern, und warum man sie trotzdem stellt (Seite 66) Frau Bariton: Die packende Geschichte der Lucia Lucas (Seite 72)

Klassik in Zahlen

Musiker der Berliner Philharmoniker

120 Männer

17 Frauen

0

Transgender

Anzahl Chefdirigentinnen in den sieben deutschen ­Orchestern höchster Vergütungsgruppe*

0 Uraufführungen Musiktheater im deutschsprachigen Raum in der Spielzeit 2014/2015

von Komponisten

9

von Komponistinnen

1

von unbekanntem Geschlecht/Transgender

*Berliner Philharmoniker, Bayerisches Staatsorchester, Staatskapelle Berlin und die großen Rundfunksinfonieorchester in München, Köln, Stuttgart und Hamburg

Foto: ebraxas/Fotolia.com

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M u s i k & g e n d e r

Ist Musik weiblich? Da regt mich ja schon die Frage auf! Frauen waren zu allen Zeiten an allen Orten Teil des Musiklebens. Doch lange kamen sie in der Musikgeschichte kaum vor. Das ändert sich gerade. Zu Recht? v o n B eat r i x B o r cha r d

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F oto: L e l a n d b o bb ĂŠ


M u s i k & g e n d e r

I

n der Süddeutschen Zeitung vom 19. Dezember 2016 Wende zum 20. Jahrhundert, so etwa in Preußen 1908, zugelaskonnte man folgende Nachricht lesen: „Kaija Saariaho ist sen ­w urden. Da die „Frauenmusikbewegung“ in den 1970er- und 80erdie zweite Komponistin, von der ein Werk an der Metropolitan Opera in New York aufgeführt wird. (Die erste war Jahren nicht von Seiten der Wissenschaft, sondern von der künstleEthel Smyth mit ihrer auf Deutsch getexteten Oper ‚Der rischen Praxis ausgelöst wurde, schaute man zunächst ausschließWald‘; das war 1903.) Die wie Saariaho aus Finnland stammende lich nach Komponistinnen, deren Werke man wieder aufführen Dirigentin Susanna Mälkki wiederum ist die vierte Frau, die in der konnte. Der Blick zurück war jedoch von vornherein mit dem Bemühen verknüpft, auch zeitgenössischen Komponistinnen ein Geschichte des Hauses am Pult stehen darf.“ „Man sieht: Die Gleichstellung der Geschlechter schreitet Forum zu schaffen. Das zeigten die nicht zufällig nicht von Wissenschaftlerinnen, sondern von Sängerinnen initiierten und orgarasant voran!“ So der sarkastische Kommentar einer Kollegin. Vorbei sind die Zeiten, in denen eindeutig schien, wer als nisierten Festivals Ende der 1980er-Jahre. Archive wurden aufgeMann, wer als Frau galt, in denen Gleichstellungspolitik und baut, erst im eigenen Arbeitszimmer, dann auch mit kommunaler Geschlechterforschung an einem Strang zogen und für Chancen- Unterstützung. Erste Verzeichnisse und Lexika erschienen. Auch ein Verlag, der sich ausschließlich gleichheit kämpften. Vorbei sind der Publikation von Werken von auch die Zeiten, in denen theore„die diskussion hat ein dilemma: die Frauen widmete, wurde gegründet. tisch fein säuberlich zwischen sex Die erste Phase war gekenn(biologischem Geschlecht) und genforscher nehmen nach wie vor zeichnet durch eine fruchtbare der (sozialem Geschlecht) unterdas biologische Geschlecht als Zusammenarbeit zwischen Musikeschieden wurde. Nicht vorbei ist rinnen, Journalistinnen und Redakhingegen, dass Jahr für Jahr pünktgegeben an“ teurinnen, einer Verlegerin und lich zum internationalen FrauenWissenschaftlerinnen. Selbst der tag am 8. März auf den Gendergap, also die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, verwiesen Bayerische Rundfunk veranstaltete 1993 im Gasteig in München wird. Nicht nur nicht vorbei, sondern immer aktueller ist, dass wir ein Symposion und ein live übertragenes Forum zum Thema: „Hat Tag für Tag nicht nur im Fernsehen und im Kino, sondern hautnah Musik ein Geschlecht?“ Es wurde von Martha Mödl dominiert, mit Menschen anderer Kulturen konfrontiert sind, für die Gleich- die – sich im Ruhme einer großen Sängerinnenkarriere sonnend berechtigung nach westlichen Vorstellungen kein Thema ist. Und – unter dem Beifall der ZuhörerInnen die Ausgangsfragestellung dennoch wütet die neue Rechte gegen die Geschlechterforschung, kurzerhand für gegenstandslos erklärte. Erste wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Beginn der 1980er-Jahre verschwanden in spricht ihr ab, Wissenschaft zu sein. Und was hat das alles mit Musik zu tun? Bleiben wir auch Bibliotheken in neu eingerichteten Nischen unter dem Stichwort im „postfaktischen“ Zeitalter bei den Fakten: Bereits in der bür- „Frau und Musik“. Geschlecht galt nicht als eine zentrale Kategogerlichen Frauenbewegung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- rie, die alle Aspekte des Lebens betrifft, sondern als ein Sonderforderts, erst recht in der neuen deutschen Frauenbewegung Ende schungsbereich. Nach einigen Jahrzehnten der Forschung wissen wir: Zu allen der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurde gefragt: Warum hört man so gut wie nie Musik, die Frauen komponiert haben? Warum Zeiten und auf der ganzen Welt haben Frauen das Musikleben mitfindet sich in allgemeinen Musikgeschichtsdarstellungen kaum getragen und mitgeprägt. Entstanden ist beispielsweise das Interein weiblicher Name? Denn diese mangelnde Hör- und Sichtbar- netforum MUGI mit Lexikon und multimedialen Präsentationen. keit war alles andere als selbstverständlich. Im 19. Jahrhundert Es gibt zwei Forschungsinstitute, das Forschungszentrum Musik war es gerade der Bereich der Musik, in dem bürgerliche Frauen und Gender an der HMTM Hannover sowie das Sophie Drinker zuerst die Chance auf eine professionelle Ausbildung zumindest Institut in Bremen. Gedruckt wurde unter anderem das Lexikon im Gesang und im Klavierspiel hatten und damit die Möglich- „Musik und Gender“ sowie eine Buchreihe „Europäische Kompokeit, sich auf dieser Basis eine eigenständige berufliche Existenz nistinnen“. Aber wie die Musik klingt, die da ausgegraben wurde, aufzubauen, während sie zum Universitätsstudium erst um die wissen wir in vielen Fällen immer noch nicht. Wie ist das möglich? 64

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Februar – März 2017


F oto: S a n ti ag o F e l i p e

Thorgy Thor ist eine Dragqueen-Geigerin aus New York. Bald wird sie in der amazon-Fernsehserie „Mozart in the Jungle“ zu erleben sein.

Werfen wir noch einmal einen Blick zurück: Nach einer Phase der“ eröffnet inzwischen in allen Musikbereichen und besonders in des Suchens und Aufarbeitens war klar, einen weiblichen Beetho- der Popularmusik Spielräume für Geschlechtskonstruktionen und ven würden wir nicht finden. Frauen schienen nichts „Wesentli- -kreuzungen im Rahmen der musikalischen „Performance“. Wie ches“ zur Musikgeschichte beigetragen zu haben. Versteht man viele und welche Geschlechter gibt es? Ist die Differenz zwischen hingegen Musikgeschichte als eine Geschichte des Musiklebens, den Geschlechtern eine zwischen festen Kategorien, oder gibt es dann wird ein ganzes Netzwerk von Menschen sichtbar, deren Überlagerungen oder so etwas wie ein Kontinuum zwischen den Arbeit mit einfließt in das, was wir ein musikalisches Werk nen- Polen? Hinzu kommen Ansätze, wie die der sogenannten Intersektionalitätsforschung. Diese fordert die nen. Neben namhaften Komponisten Berücksichtigung weiterer Differenztreten Menschen „ohne Namen“, die kategorien wie soziale (class) und ethMusik aufführen, sammeln, andere förnische Herkunft (race) neben der Katedern, Aufträge vergeben, Räume zur gorie gender. Geschlechterforschung Verfügung stellen, vermitteln und vieund Gleichstellungspolitik bewegen sich les mehr. Musik wird in diesem Kontext immer weiter auseinander. verstanden als vielfältiges BeziehungsArchiv Frau und Musik Dennoch: „Die gesellschaftlich ereignis, ein verschriftlichtes Werk www.archiv-frau-musik.de kollektiven Weiblichkeits- und Männals Teil eines komplexen Gefüges, als Forschungszentrum Musik und Gender lichkeitsbilder, die sich in literarischen, Ergebnis und zugleich Ausgangspunkt (fmg) an der Hochschule für Musik und künstlerischen und massenmedialen der Zusammenarbeit vieler Menschen. Theater Hannover www.fmg.hmtm-hannover.de Produktionen vermitteln, haben sich – Untersuchungen zu geschlechterallem sozialpolitischen Fortschritt zum bezogener Metaphorik in Texten, seien ForumMusikDiversität Schweiz www.fmf.ch Trotz – seit der letzten Jahrhundertes Kritiken, Rezensionen oder musikwende kaum gewandelt“, so das ernüchwissenschaftliche Veröffentlichungen, Musik und Gender im Internet (MuGI) www.mugi.hfmt-hamburg.de ternde Fazit von Bettina Pohle in ihrem zu weiblich oder männlich konnotier1998 erschienen Buch „Kunstwerk Frau. ten Instrumenten, zum „Gendering“ Sophie Drinker Institut www.sophie-drinker-institut.de Inszenierungen von Weiblichkeit in der von Komponisten sowie WerkgattunModerne“ (S. 150). Das ist nun fast 20 gen oder zu dialogischen SchaffensproJahre her und könnte sich doch auf die zessen haben gezeigt, dass die ZuschreiJetztzeit beziehen. Denn auch 2017 ist bungen männlich/weiblich mit BewerAnnette Kreutziger-Herr der politische Kampf um Gleichstellung tungen verknüpft sind und dass diese und Melanie Unseld in allen Bereichen – und das gilt selbst Bewertungen nicht zu trennen sind vom (Hrsg.): Lexikon Musik für Deutschland – nicht abgeschlossen. Thema „Künstlerbild und Geschlecht“. und Gender. Bärenreiter Er macht aus der Frage nach der Sichtund Metzler. Kassel, 2010 Für die deutschsprachige Diskusbarkeit der künstlerischen Arbeit von sion ist ein Dilemma kennzeichnend: Frauen und nach der Definitionsmacht Die meisten Menschen, auch kulturvon Medien ebenso wie der Musikgeund sozialgeschichtlich orientiert Forschende, nehmen nach wie vor das biologische Geschlecht als gege- schichtsschreibung aus Forschungsfragen stets auch gesellschaftsben an. Dagegen geht die an den US-amerikanischen Debatten ori- politische Fragen. Klar ist also: Geschlechterforschung befasst sich entierte Genderforschung von performativen Konstruktionen nicht immer kritisch mit Geschlechter- und Machtverhältnissen. Desnur bezogen auf das kulturelle Geschlecht aus, sondern inzwischen wegen bekämpfen die neuen rechten Bewegungen unter anderem auch bezogen auf das biologische Geschlecht. „Doing gender“ ist die Geschlechterforschung. Sie fordern ihre Abschaffung und difdas Stichwort. Geschlecht wird auch im Handeln hergestellt, nicht famieren sie als unwissenschaftlich. Damit bedrohen sie auch die nur im Alltag, sondern beispielsweise auch in der Musik. Die freie Entfaltung von Kunst und Wissenschaft. Setzen wir ihnen Stimme eines Menschen als wesentliches Medium des „doing gen- etwas entgegen! n

Institutionen „Musik und Gender“

F oto s : H u g h Ca r s w e l l ; F e l i x B ro e d e f o r S o n y C l ass i c a l

Buchtipp

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M u s i k & g e n d e r

Und was ist, wenn die Falten kommen? Dirigentinnen sind genervt von den ewigen Fragen zu ihrem Geschlecht. Aber sie fallen noch auf – solange sie jung und hübsch sind. v o n c o r ina k o l be

W

as für ein Skandal! Als eine der ersten Frauen am Pult der Berliner Philharmoniker präsentierte Lise Maria Mayer 1929 neben Werken von Beethoven und Weber auch ihre eigene Tondichtung Kokain. Viele Konzertbesucher gerieten in Rage. Weniger wegen der Musik, sondern weil sie vorn im Parkett keine Dame mit weißen Rosen erblickten. Mayers Ehemann hatte nämlich eine fingierte Heiratsanzeige aufgegeben, um Käufer für die teuersten Konzerttickets zu finden. Heute führen Auftritte von Dirigentinnen normalerweise nicht mehr zu Tumulten. Und doch haben diese Frauen mit Lise Maria Mayer eines gemeinsam: Sie sind gegenüber ihren männlichen Kollegen weiterhin deutlich in der Minderzahl. Dass eine solche Ungleichheit im 21. Jahrhundert fortbesteht, erscheint skandalös. Das Lucerne Festival lud deshalb im vergangenen Sommer Dirigentinnen und Komponisten dazu ein, sich unter dem Motto „PrimaDonna“ gemeinsam vorzustellen. Das Interesse der Öffentlichkeit war offensichtlich groß. Doch ist die Geschlechterfrage für die Künstlerinnen selbst ein wichtiges Thema? Die einhellige Antwort darauf lautet: Nein! „Ich wache ja nicht morgens auf und sage mir: Hey, ich bin eine Frau, meint die kanadische Sängerin und Dirigentin Barbara Hannigan in dem Film „Maestras – der lange Weg der Dirigentinnen ans Pult“, der am 11. März um 21.15 Uhr auf 3sat ausgestrahlt wird. „Mich macht es eher traurig, wenn mir die Frage gestellt wird, wie ich mich als Frau am Dirigentenpult fühle. In meinem Beruf spielt dieser Gedanke für mich überhaupt keine Rolle“, sagt Joana Mallwitz, seit der Spielzeit 2014/15 Generalmusikdirektorin des Theaters Erfurt, im Interview mit crescendo. „Dirigieren bedeutet Kommunikation, die auf einer individuellen Körpersprache beruht. Der Klang des Orchesters wird dadurch direkt beeinflusst. Einen typisch männlichen oder weiblichen Dirigierstil kann ich nicht erkennen.“ Mallwitz, Jahrgang 1986, ist allerdings auch davon überzeugt, dass frühere Generationen von Dirigentinnen erst einmal das Eis brechen mussten. Hätten Kolleginnen wie Simone Young, Marin Alsop oder Sylvia Caduff nicht wertvolle Pionierarbeit geleistet, wäre es für die jungen Dirigentinnen heute sicherlich schwieriger, sich zu behaupten. Caduff, 1937 in Chur geboren, steht im Fokus des Films über die „Maestras“, den Günter Atteln und Maria Stodtmeier im letzten Sommer in Luzern gedreht haben. Ihre künstlerischen Anfänge sind beeindruckend. Die Schweizerin studierte Dirigieren bei ihrem Mentor Herbert von Karajan, gewann 1966 den prestigeträchtigen Mitropoulos-Wettbewerb in New York und assistierte ein Jahr lang Leonard Bernstein. 66

Anders als Claudio Abbado, dem der Preis eine Weltkarriere eröffnete, landete Caduff jedoch in der deutschen Provinz und wurde 1977 Generalmusikdirektorin in Solingen. Im Jahr darauf sprang sie für den erkrankten Karajan am Pult der Berliner Philharmoniker ein. Seither haben nur Simone Young, ebenfalls als Einspringerin, sowie die Finnin Susanna Mälkki und die französische Barockexpertin Emmanuelle Haïm die Philharmoniker dirigiert. Macht auszuüben, habe sie nie interessiert, bekennt Caduff vor der Kamera. „Wenn ich boxen muss, dann lasse ich es lieber bleiben. Vielleicht ist das eine falsche Einstellung. Vielleicht müsste man ja nur ein bisschen boxen.“ „Für mich steht immer die Musik im Vordergrund. Allerdings gibt es in dem Beruf inzwischen auch viele Frauen, die vor allem ihre Karriere im Blick haben“, meint die griechische Komponistin, Dirigentin und Ensemblegründerin Konstantia Gourzi, die außerdem Professorin an der Hochschule für Musik und Theater in München ist. Im Sommer 2016 leitete sie unter anderem die Uraufführung ihres Werks Ny-él, two Angels in the White Garden mit dem Orchester der Lucerne Festival Academy. Die traditionellen gesellschaftlichen Rollenmuster seien mittlerweile zwar aufgebrochen, sagt sie im Gespräch mit crescendo. „Doch wenn Männer und Frauen gleich gut sind, fällt die Wahl weiterhin meistens auf den Mann.“ Komponierende und dirigierende Männer hätten es zudem leichter, in ihrer Doppelrolle wahrgenommen zu werden. Frauen würden dagegen eher auf eine einzige Tätigkeit festgelegt. „Lange Zeit galt der Grundsatz ,Mulier taceat in ecclesia‘ – ,Das Weib schweige in der Gemeinde‘. Nur der Mann hatte das Recht, das Wort zu führen“, meint Susanne Stähr, Dramaturgin beim Lucerne Festival. „Am Dirigentenpult hat es besonders lange gedauert, bis dieser Mechanismus durchbrochen war. An deutschen Hochschulen beträgt der Anteil der Dirigierstudentinnen mittlerweile immerhin schon etwa 30 Prozent. Trotzdem sind wir noch nicht da, wo wir sein müssten.“ Dass die 30-jährige Litauerin Mirga Gražinytė-Tyla als Nachfolgerin von Andris Nelsons Musikdirektorin des City of Birmingham Symphony Orchestra geworden ist, sieht Stähr als „Quantensprung“. Die interessante Frage bleibe aber, ob Frauen auch dann noch am Dirigentenpult akzeptiert würden, wenn sie nicht mehr jung und drahtig seien. Hochbetagte männliche Kollegen wie Bernard Haitink und Herbert Blomstedt würden weiterhin von Orchestern eingeladen. „Doch wird die Gesellschaft irgendwann reif sein für eine greise Maestra? Im Moment sehe ich das noch als großes Tabu.“ n

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B a r ba r a H anni g an

kO N S T A N T I A g o u r z I eL E N A schwa r z

anu ta l i

F oto s: P e te r F i sc h l i / Lu c e r n e F e s ti va l (2); N i ko l aj Lu n d; M u sacc h i o Ia n n i e l lo s ; P r i ska K e t te r e r / Lu c e r n e F es ti va l ; S te fa n D eu b e r / Lu c e r n e F es ti va l

M i r g a G r a z in y te - T y l a J o ana M a l l wit z

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M u s i k & g e n d e r

Seitenwechsel Manche Musikinstrumente empfinden wir als weiblich, andere als männlich. Aber viele große Künstler denken gar nicht daran, sich an diese Stereotype zu halten. v o n U te E l ena H amm

Faltenfreie Oberfläche, reife Stimme, weibliche Rundungen und ziemlich anlehnungsbedürftig – welcher Mann könnte dieser Dame widerstehen? Form und Aussehen des Cellos haben in der Historie die Fantasie mächtig beflügelt. Für Frauen galt es lang als unschicklich, dieses Instrument zu spielen, um das man so frivol die Beine schlingen muss. Heute stört sich keiner mehr daran. Und man sieht: Das „Geschlecht“ von Musikinstrumenten ist nicht in Stein gemeißelt. trumente spielen, galten zum Frauen, die Blasins­ Beispiel seit der Antike als obszön.

Neben Aussehen und Spieltechnik gibt es viele andere Gründe für den femininen oder maskulinen Charakter eines Instruments. Einiges machen Klangfarbe oder Tonumfang aus: Je dunkler und tiefer, desto männlicher, je heller und höher, desto weiblicher. Und die Lautstärke! Da stellt er, die Posaune, natürlich sie, zum Beispiel die Zither, leicht in den Schatten. Und Tasteninstrumente waren lange Zeit zahme Hausgeister, eine nette Spielerei für brave Bürgerstöchter. Ein paar Klischees haben sich bis heute erhalten – und dürfen widerlegt werden!

Querflöte

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Schlagzeug Die allerseltensten Exemplare in der Musikwelt sind die Schlagzeugerinnen – in den deutschen Orchestern liegt ihr prozentualer Anteil im einstelligen Bereich. Auch Vivi Vassileva wollte als kleines Mädchen wie ihre Geschwister Geige lernen, aber richtig motiviert war sie erst im Schlagzeugunterricht. Mit ihren Händen und Schlägeln spielt sie nicht nur auf Trommel, Vibrafon und Co., sondern geht auch auf Kinderspielplätzen auf die Suche nach Klangmaterial. Nicht unüblich ist Musik auf Kücheninstrumenten, egal übrigens, ob bei männlichen oder weiblichen Schlagzeugern.

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F oto s : J o s e f F i sc h n a l l e r ; Da n i e l D e l a n g

Ob es die zum Kussmund gespitzten Lippen der Spieler sind? Oder doch die soprangleichen brillanten Töne, die der Querflöte etwas Weibliches verleihen? In Jugendkapellen und Musikschulen ist sie das Lieblingsinstrument kleiner Mädchen und später, an den Musikhochschulen, sind es vor allem junge Frauen, die Querflöte studieren. Schaut man aber in die deutschen Orchester, steht es bei Männern und Frauen am FlötenPult plötzlich 1:1. Der Schweizer Emmanuel Pahud wurde bereits mit 22 Jahren Solo-Flötist bei den Berliner Philharmonikern und war damals deren jüngstes Mitglied. Mit dem ECHO Klassik wurde er bereits mehrfach als Flötist des Jahres ausgezeichnet.


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F oto: L e l a n d b o bb ĂŠ


M u s i k & g e n d e r

Dirigieren Frauen in der Chefetage sind nicht nur in der Wirtschaft unterrepräsentiert, auch der Dirigent ist ein klassisch männlicher Beruf. Eine der prominentesten Frauen am Dirigentenpult ist die Australierin Simone Young, von 2005 bis 2015 Intendantin und Generalmusik­direktorin an der Hamburger Staatsoper. „Lady mit den High Heels“, „Frauenpower mit Stöckchen“ titelte die Presse damals zum Amtsantritt. Immer wieder ist sie die „erste Frau“ – die erste, die die Wiener Philharmoniker dirigiert, die Wagners kompletten Ring aufführt und so fort. Sie selbst hätte das leidige Thema übrigens endlich gerne mal vom Tisch. Und es besteht Hoffnung: Weltweit holen Dirigentinnen weiter auf – die Ära der (männlichen) Alleinherrscher am Pult ist vorbei.

Harfe Eine junge Frau mit langen blonden Haaren entlockt einem goldenen Instrument zarte Töne. Es ist ein Bild aus dem 18. Jahrhundert, das in unseren Köpfen steckt – und in der Wirklichkeit. Über die Haarfarbe sagen die Statistiken zwar nichts, aber tatsächlich: Wer Harfe spielt, ist mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Frau. Nicht so Xavier de Maistre: Als Mann ist der Franzose in der Harfenwelt zwar eine Ausnahmeerscheinung, aber die Harfe selbst hat er zu einem ernstzunehmenden Soloinstrument gemacht. Seine außergewöhnliche Instrumentenwahl verdankt er natürlich einer Frau – seiner ersten Harfenlehrerin, für die der kleine Xavier sehr schwärmte.

Blech Es ist Liebe auf den ersten Blick, als sich die britische Trompeterin Alison Balsom als Siebenjährige dieses goldglänzende Instrument aussucht. Trompeten und andere Blechblasinstrumente sind nach wie vor typische Männer­instrumente: laut, strahlend, heroisch. Mit ­Pauken und Trompeten zog man in den Krieg und feierte danach mit ihnen (vielleicht) den Sieg. Alison Balsom findet, dass die Trompete nicht nur männliche, sondern auch weibliche Eigenschaften hat: „Wer ein Instrument gut beherrscht, entdeckt seine vielen verschiedenen Charaktere“ – und gerade die Piccolotrompete könne sehr zickig sein …

Die Blockflöte hatte von allen Musikinstrumenten wohl am meisten mit Vorurteilen zu kämpfen. Als typisches Anfängerinstrument quälen sich Schüler damit – und ihre Zuhörer. Lang wurde das Instrument nicht ernstgenommen. Dabei hat die Blockflöte Starqualitäten und ist kein piepsiges Klein-Mädchen-Instrument. Blockflötist Stefan Temmingh fordert: „Die Blockflöte muss männlich klingen, sie muss ein PowerInstrument sein!“ Das ist alles andere als frauenfeindlich gemeint. Die Blockflötisten wollen ihr Instrument vom Imageproblem befreien – ob männlich oder weiblich.

Hohe Stimme Sie haben den Körper eines Mannes und die Stimme einer Frau – keine Fabelwesen aus der Halbwelt, sondern gestandene Herren auf der Opernbühne: Countertenöre. Ihr Gesang hat Gänsehaut-Potenzial; für Neulinge ist er irritierend, für die meisten einfach überirdisch schön. Den Vergleich mit der Engelsstimme mag der französische Countertenor Philippe Jaroussky nicht, schließlich ist alles eine Frage der Gesangstechnik. Außerdem findet er: „Ich kann ein Mann sein und hoch singen. Wo ist das Problem?“

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F oto s: Ha r a l d H o ffma n n ; J e a n - B ap ti s t e M i l lot; B e rth o l d Fab r i c i u s ; J as o n J oyc e / Wa r n e r C l ass i c s ; M a rc R i b es

Blockflöte


Vor dem Hintergrund ständig neu aufflammender Diskussionen über das tatsächliche Geschlecht des genialen William Shakespeare müssen wir fragen: Ist es historisch einwandfrei belegt, daß die großen Meister der Musik, etwa Mozart, Bach und Beethoven wirklich Männer waren? (Benedikt Kobel*)

Das klassische weib Sie hat das Talent, er den Ruhm. Ist der weiße, heterosexuelle Mann die Wurzel allen Übels? v o n T e r esa Pieschac ó n Ra p hae l

„Es wird der Frau einfach kein Werk zugetraut. Kleineres, Kleinigkeiten, ja, auch Lyrik. Aber kein Werk!“ jammerte Elfriede Jelinek und bekam 2004 den Literaturnobelpreis. Ihre Klage steht für die Befindlichkeit vieler Frauen – nicht nur im Kulturbetrieb. Sie fühlen sich verkannt, schlecht entlohnt und unterrepräsentiert, am Pult und im Orchester selbst. Und dort droht weiteres Ungemach: Taub könnten die „Geigerinnen in der zweiten Reihe“ werden, die vor den „männlichen Blechbläsern“ sitzen. Der „weiße, heterosexuelle Mann“: die Wurzel allen Übels der Frau? Gottlob – oder: göttinlob? – gibt es Genderforscherinnen. Wild entschlossen sind sie angetreten, die Musikgeschichte in eine „herstory“ umzuschreiben, Aufschluss zu geben über den „weiblichen Umgang“ mit Instrumenten und zu klären, „ob Frauen auch deshalb so wenig Sinfonien geschrieben haben, weil sie sich mit derartigen Formen und den heroisch-triumphalen narrativen Strukturen nicht identifizieren wollten“ (aus „Lexikon „Musik und Gender“). Frappant, wie hier Musikwissenschaftlerinnen (!) den intellektuellen Kraftakt, der für die Komposition dieser komplexen Musikgattung aufgebracht werden muss, trivialisieren und gleich zwei historischen Klischees aufsitzen: dem der „unheroischen“ Frau und des „männlich-heroischen“ Charakters der Sinfonie. Da ist man fast wieder bei Richard Wagner (auch ein alter weißer Macho!), der sich Musik als „gebärendes Weib“ vorstellte. Doch mit „männlich“ oder „weiblich“ kommt man nicht weiter, denn Musik ist eine abstrakte Kunst, „eine Offenbarung“, höher „als alle Weis-

heit und Philosophie“ (Beethoven). Und als alle Ideologie. Und sogenannte „Wissenschaft“, die viel behauptet, aber wenig beweist. Mann und Frau? Kein biologischer Unterschied. Alles gesellschaftlich konstruiert – zum Nachteil der Frau natürlich. Erkenntnisse der Evolutionsbiologie und Hirnforschung werden konsequent ignoriert. Ja, in der Geschichte mussten Frauen lange schweigen, und eine Fanny Hensel musste sich hinter ihrem Bruder verstecken, nach dem Motto „Ihr das Talent – ihm die Profession“. Ja, der Frauenanteil in Spitzenorchestern ist weiter gering, und hinter dem Kontrabass, den Blechbläsern oder am Schlagwerk sitzen eher Männer. Doch niemand hindert Frauen heute daran, auch zu diesen Instrumenten zu greifen. Am Conservatoire de Paris durften sie schon seit 1795 studieren, an heutigen Musikhochschulen sind sie in der Überzahl. Die feministische (!) Kulturhistorikerin Camille Paglia zitiert einen interessanten Befund: Im Schnitt schneiden Männer und Frauen beim IQ-Test gleich ab. Aber Männer besetzen die Extreme. „Ein weiblicher Mozart fehlt, weil es auch keinen weiblichen Jack the Ripper gibt“, pointiert Paglia und ermahnt die Frauen, sich nicht von der „überpolitisierten, opferzen­ trierten Rhetorik verführen“ zu lassen. Das mache sie kraftlos. So wie Simone Young: „Wenn ich zum Dirigieren aufstehe, denke ich nicht darüber nach, ob ich Frau oder Mann bin. Ich mache meine Arbeit.“ Übrigens: „Björk = Männermusik, Chris de Burgh (de Björk) = Weibermusik“, schrieb ein Witzbold in einem Chat. Etwas Humor schadet nicht. n

c a rto o n : B e n e d i k t Ko b e l * B e n e d i k t Ko b e l i s t E n s e mb l e m itg l i e d d e r W i e n e r S taat s o p e r u n d ze i c h n e t r eg e l m ä S S i g au f s e i n e m B log w w w. s taat s o p e r b log . at

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M u s i k & g e n d e r

Frau Bariton Lucia Lucas war ein Mann. Seit 2014 ist sie eine Frau – nicht jedoch auf der Bühne. Eine tägliche Transformation. v o n J asmin G o l l

F oto: J o h a n n es K ap l a n

Intensität und Tiefe – im Blick von Lucia Lucas spiegelt sich die Irritation ihrer Mitmenschen

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Lucia Lucas live 22.01. Wuppertal Die Liebe zu den drei Orangen 27.01. Karlsruhe I Capuleti e i Montecchi 10.02. Karlsruhe I Capuleti e i Montecchi 18., 19., 21.02. Dublin

(National Concert Hall) Fotoserien schlaglichtartig verschieLucia Lucas ist Baritonistin. Moment Madame Butterfly dene Aspekte ihres Lebens ein und gibt mal. Frauen sind doch in der Regel damit zum Teil sehr private Einblicke in So­pran, Mezzosopran oder Alt, Männer 09., 15., 23.04., 31.05., 09., 22., 24.06. Wuppertal, Rigoletto das (Seelen-)Leben der Sängerin: „Mein Tenor, Bariton oder Bass? Dass dieses Anliegen ist es, ehrliche, authentische System an seine Grenzen kommt, zeigt 14.06. Wuppertal, Don Giovanni Eindrücke ohne unnötige Effekte zu versich schon, wenn man versucht, CounDie Fotoausstellung „Wohin wohin?“ mitteln. Ich will nicht irgendein Klischee tertenöre darin unterzubringen. Lucia im Badischen Landesmuseum Karlsruhe bedienen.“ Fotos im Abendkleid hängen Lucas ist trans und das beste Beispiel läuft noch bis Dezember 2017. neben Aufnahmen, die in ihrer Gardedafür, dass wir anhand einer Singstimme robe im Theater entstanden sind oder nicht auf das Geschlecht einer Person sie zusammen mit ihrer Ehefrau Ariana schließen können. Vor wie nach ihrer Geschlechtsangleichung steht sie auf der Opernbühne – früher als Lucas, ebenfalls Opernsängerin, in ihrer Wohnung zeigen. GleichBariton, seit 2014 als Baritonistin. Dass sich der Wunsch nach einer zeitig erklingt eine Aufnahme von Lucia Lucas’ Fliegendem HollänGeschlechtsangleichung mit ihrer Bühnenkarriere vereinbaren las- der – einer Rolle, mit der sie sich besonders verbunden fühlt. Die sen könnte, hielt sie nie für möglich: „Ich hatte immer im Hinter- Fotos, die allesamt nach ihrer Geschlechtsangleichung entstanden kopf, zuerst Karriere zu machen und danach meine Geschlechtsan- sind, beleuchten auf metaphorische und teils abstrakte Weise, was gleichung zu machen.“ Die Amerikanerin kam vor sieben Jahren sie in den letzten Jahren durchlebt hat. Zeitweise war Johannes Kapnach Deutschland, sang zuerst an der Deutschen Oper Berlin, dann lan selbst verblüfft, wie sich die Ausstrahlung der Sängerin vor der am Badischen Staatstheater Karlsruhe. „Bis zu meinem Coming-out Kamera veränderte: „Der Kunstbart wurde ihr in der Maske des war ich unsichtbar. In der Presse bekam ich ordentliche Kritiken – Staatstheaters zwei Stunden lang mühevoll angeklebt. Tatsächlich hat er auch eine starke Verwandlung ihrer Persönlichkeit bewirkt. ‚solide gesungen‘ und so weiter. Danach änderte sich das.“ Doch eigentlich hatten die Operationen und auch die Hor- Als ich sie anschließend in Männerkleidung fotografiert habe, kam monbehandlung so gut wie nichts an ihrem Gesang oder ihrem das aggressiv Männliche sehr stark zum Vorschein.“ Die Tristesse, die in manchen Bildern mitschwingt, ist nicht Repertoire geändert. Weiterhin verkörpert sie die Machos und Bösewichte, die das Baritonfach bereithält. Doch ihr Verhältnis zu zufällig. Lucia Lucas selbst fällt es schwer auszudrücken, was sie mit den Rollen hat sich gewandelt: „Da ich nun keinen Mann mehr im den Fotos verbindet. Es sind Erinnerungen vor allem an die Zeit realen Leben spielen muss, fällt es mir leichter, diese Rollen auf der in Karlsruhe, die sie immer noch aufwühlen. Denn „das Härteste Bühne zu verkörpern. Rollen wie Fritz Kothner aus den Meistersin- in Karlsruhe war nicht meine Geschlechtsangleichung, sondern gern, Monterone in Rigoletto oder Biterolf in Tannhäuser waren für damit umzugehen, wie andere mich wahrnehmen. Ich habe meine mich wie ein Fenster, durch das ich in die Zukunft blicken konnte, Geschlechtsangleichung für mich selbst gemacht – für niemand wie es wäre, wenn ich mich nicht für die Geschlechtsangleichung anderen –, aber ich kann mich nicht von meinen Mitmenschen entschieden hätte. Für jede Vorstellung verwandelte ich mich in abschotten.“ In den ersten Monaten nach ihrem Coming-out nahm der Maske, ich bekam graues Haar und wurde auf alt geschminkt. sie sich viel Zeit, mit Kollegen über ihre Geschichte zu sprechen. Es war, als ob ich 50 oder 60 Jahre alt wäre. Der Gedanke damals, Das rege Interesse und die Neugierde – eine Phase, die sie heute noch 20 bis 30 Jahre ohne die Geschlechtsangleichung weiterzule- als „honeymoon period“ bezeichnet – flauten zum Teil ab. Manche ben, machte mich wütend. Wenn ich diese Rollen jetzt spiele, ist das zeigten weiterhin viel Verständnis, manche keines. Schiefe Blicke, nicht mehr so, weil sich mein privates Aussehen jetzt so sehr von abfällige Kommentare und vor allem menschliche Enttäuschung dem auf der Bühne unterscheidet.“ Im Herbst 2014 brachte sie meh- prägten diese Zeit, in der ihre Frau ihr ein Fels in der Brandung war. Seit Herbst 2016 ist sie freischaffend tätig und zurzeit auf der rere Operationen hinter sich, die ihrem Gesicht weiblichere Züge verliehen. Vor allem für die Kollegen, die mit ihr auf der Bühne Wuppertaler Opernbühne zu sehen. Ein Neuanfang für sie, auch interagieren, ist es einfacher, wenn sie zum Beispiel einen Kunstbart künstlerisch: Derzeit steht sie als Celio in Die Liebe zu den drei trägt. Der Unterschied zwischen ihrem Bühnenkörper und ihrem Orangen auf der Bühne – im Abendkleid. Mehr und mehr stößt privaten Körper ist also entscheidend. Für die Bühne ruft sie die die Transfrau szenische Neuinterpretationen an, die das Geschlecht männlichen Verhaltensweisen, Gesten und Haltungen wieder ab, in der Oper neu denken. Doch letztlich ist ihr eines viel wichtiger: „Natürlich gibt es Menschen, die mir wegen meiner Geschichte Aufdie sie als Kind erlernt hatte, um sich gesellschaftlich anzupassen. Derzeit sind Fotografien von Lucia Lucas im Rahmen der merksamkeit schenken, aber ganz unabhängig von meiner Situation Ausstellung „Wohin, wohin?“ im Badischen Landesmuseum Karls- bin ich einfach Sängerin. Ich mache Karriere, obwohl ich trans bin, ruhe zu sehen. Der Fotograf Johannes Kaplan fing in mehreren aber nicht weil ich trans bin.“ n 73


M u s i k & g e n d e r

Der Axel-Brüggemann-Kommentar

Bei Männern, welche Libido fühlen ... Emanzipation ist in der klassischen Musik noch lange nicht angekommen – oder nur in dem Maße wie im Rest unserer Gesellschaft auch.

offiziell aufgenommen. Und selbst das war für viele MusiAm ersten Tag des neuen Jahres saßen wir vor dem Fernseker noch immer ein Affront. Der damalige Vorstand Werher, als Gustavo Dudamel diesen dämlichen Trick mit dem ner Resel trat als Gegner von Frauen im Orchester zurück. Taktstock aufführte, der ihm vor lauter männlicher EnerSelbst 1998 standen die Wiener Philharmoniker bei einem gie in die Geigengruppe flog. Damals sprach ich mit meiner Frau gerade über das Schwerpunktthema dieser crescendo-­ Gastspiel in der Carnegie Hall noch immer in der Kritik, als die Ausgabe, und sie sagte, eher im Scherz: „Emanzipation in der LA Times ein Statement der National Organization for Women Klassik ist vielleicht erreicht, wenn eine Frau das Neujahrskon- veröffentlichte, für die das Orchester eine „rassistische und frauenfeindliche Philosophie“ vertrat. Aber die Wiener machten stur zert in Wien dirigiert.“ Da war natürlich etwas dran: Immerhin sind gerade die Wie- weiter: Als die Harfenistin Julie Palloc das Probespiel gewann, ner Philharmoniker bekannt für ihre Probleme mit Frauen. Erst scheiterte sie am Probejahr – Palloc wurde nie wieder zu einem Probespiel eingeladen. 1994 wurde die „Arbeitsgruppe All das wissend, dachte Frauenrechte Menschenrechte“ gegründet, die das Orchester „emanzipation in der klassik ist vielleicht ich, ja, eine Frau als Dirigentin des Neujahrskonzertes, zu einer Erklärung aufforderte, erreicht, wenn eine Frau das Neujahrsdas wäre wirklich eine Revowarum es noch immer keine konzert in Wien dirigiert“ lution (abgesehen davon, dass Frauen aufnehme. Im folgenes spannender wäre als dieden Jahr erklärten die Philser überdrehte Chavez-Propaharmoniker, dass dem Engagement von Frauen sozial- und arbeitsrechtliche Probleme im Wege gandist Dudamel, der einzig deshalb engagiert wurde, damit die stünden. Selbst als dem Ensemble ein weiteres Jahr später mit Philharmoniker es auf dem südamerikanischen Markt leichter Subventionsentzug gedroht wurde, zögerten die Wiener und ver- haben, und der sogar das Taktstock-Wegwerfen schon am Vorzichteten lieber auf 2,5 Millionen Staatsschilling, als eine Frau zu abend geprobt hatte). Als das Publikum im Goldenen Musikverengagieren. Erst am 27. Februar 1997 wurde die Harfenistin Anna einssaal bereits den Radetzkymarsch mitklatschte, sagte ich zu Lelkes (sie spielte zuvor bereits 26 Jahre als Gast im Orchester) meiner Frau allerdings auch: „Aber wenn Simone Young dirigiert, 74

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Sicher, viele dieser Entwicklungen sind historisch bedingt dann ist das auch missverstandene Gleichberechtigung.“ Schließlich gibt es nichts Frauenfeindlicheres als eine Frau nur deshalb und durch die Sitten der Vergangenheit zu erklären. Natürlich zu engagieren, weil sie eine Frau ist – ungeachtet ihrer Qualitä- dürfen wir uns nicht wundern, dass heute so wenige Komponisten oder ihrer nicht vorhandenen Qualitäten. Aber gerade diese tinnen des 18. und 19. Jahrhunderts gespielt werden – sie hatten Denkweise hält in der Klassik ebenfalls Einzug. So wie neulich damals keine Chance. Selbst dass auf der Wikipedia-Seite der in Bremen, als irgendwelche Provinzpolitiker forderten, dass der Wiener Philharmoniker noch immer keine Dirigentin verzeichNachfolger von Markus Poschner aber bitte unbedingt eine Nach- net ist, zeigt nur, wie kurz die Geschichte der Gleichberechtigung ist. folgerin sein sollte. Und sind wir heute weiter? Jein! Im Angesicht der emanziMachen wir es kurz: Mit der Gleichberechtigung von Frauen ist es in der klassischen Musik genau so weit gediehen wie andern- patorischen Anfangsschwierigkeiten steht es nicht dramatisch orts auch – und es fehlt genau so viel. Frauen gehören zwar längst schlecht um die Emanzipation in der Welt der Klassik. Viele Frauen zum Bild der Klassik, sind Dirigentinnen, Regisseurinnen, Solis- mit großer Qualität geben längst den Ton an: Komponistinnen tinnen oder Intendantinnen – aber sie erledigen all diese Jobs wie Olga Neuwirth, Sofia Gubaidulina oder Lera Auerbach, Dirigentinnen wie Susanna Mälkki, Simone noch immer in der Minderheit und oft Young oder Aldora de la Parra und mit Ressentiments. Das ist in der Klassik Intendantinnen wie Elisabeth Sobotka nicht anders als in den Vorstandsetagen „es wurde für in Bregenz oder Andrea Zietzsch­mann unserer Firmen. bei den Berliner Philharmonikern sind Natürlich könnte man denken, moralischer ­gehalten, klug und erfolgreich – aber sicherlich dass der klassischen Musik gerade in der arme sizilianische J­ungen noch in der Minderheit. Sie sind allerFrauenbewegung eine besondere Rolle zu kastrieren und ihren dings der Anfang eines Trends. Und zukommen müsste. Immerhin geht es zumindest was den PR-Chauvinismus hier ja um Humanismus, um Leidentausendfachen Tod in betrifft, stehen sich Frauen und Männer schaft und – gerade in der Oper – meist Kauf zu ­nehmen, statt schon lange in nichts mehr nach: So wie um die Liebe. All das kommt bekannteine Sängerin zuweilen auf ihr Aussehen lich weder ohne Männer noch ohne einer Frau zu ­erlauben, reduziert wird, passiert das inzwischen Frauen aus. Aber die klassische Musik öffentlich aufzutreten“ auch bei Tenören, und im Gegensatz zu war und ist eben immer auch ein Kind Anne-Sophie Mutter oder Vilde Frang ihrer Zeit. Und es gab Epochen, in denen scheint es bei manch lederbandbehangedie Sitte der Kirche den Damen den Auftritt auf offener Bühne verbot und es für moralischer gehalten nem Geiger viel mehr ums Äußerliche zu gehen als um die Quawurde, arme sizilianische Jungen zu kastrieren und ihren tau- lität des Klangs. Und dennoch, in ihren Führungsebenen ist auch die Klassendfachen Tod in Kauf zu nehmen, statt einer Frau zu erlauben, sik noch viel zu oft ein patriarchales Macho-Gewerbe. Gerade bei öffentlich aufzutreten. Ja, die Branche der klassischen Musik hat sich leider oft einigen altgedienten Intendanten oder Regisseuren scheint nicht nicht als emanzipatorischer Vorreiter behauptet. Als Sängerin- angekommen zu sein, dass Intensität und Leidenschaft nicht das nen endlich erlaubt waren, standen sie lange Zeit auf einer Ebene diskriminierende Fluchen auf der Bühne legitimieren. Was man mit Prostituierten. Und die Liste von Frauen, die ihre Karriere am zuweilen von Proben hört, von Vorstellungsgesprächen mit RegisKlavier oder als Komponistin den Männern opfern mussten, ist seurinnen oder Bühnenbildnerinnen, ist zuweilen primitiver als endlos – Clara Schumann ist nur ein prominentes Beispiel. Klar, der Steinzeit-Adam. Ausdrücke wie „du dumme Kuh“ oder „Sie einige Männer-Komponisten haben starken Frauen wie Elektra, mit Ihrem seichten Frauenzeugs“ sind da eher noch freundliche Lulu oder Brünnhilde großartige Denkmäler gesetzt. Sie wussten Ausfälligkeiten. Dennoch entwickelt die klassische Musik sich weiter, nicht natürlich, dass die ganze Chose ohne Weiber nicht geht. Selbst in der leichten Musik war nicht alles Macho-Macho. Ein Lied schneller, aber auch nicht langsamer als der Rest der Gesellschaft. Damenwahl war schon bei der Premiere der Lustigen Witwe nicht Wohin, das ist besonders beim Nachwuchs zu sehen. Im Bundesnur ein Gassenhauer der Operette und Tanzaufforderung, son- jugendorchester liegt der Frauenanteil bei weit mehr als 50 Prodern bewusstes, politisches Statement. Aber selbst jene Kompo- zent. Ein eindeutiges Zeichen, dass das traditionelle Männer­ nisten, die in ihren Werken die Emanzipation voraussehend vor- orchester langfristig ausstirbt. Irgendwann wird dieser Trend weggenommen haben, waren im realen Leben oft Chauvis oder dann auch bei den Spitzenensembles ankommen. Derzeit sind unfähig, mit dem anderen Geschlecht umzugehen: Mozart, der von den 128 Berliner Philharmonikern gerade einmal 19 Musistarke Frauen wie Donna Elvira oder die Königin der Nacht und kerinnen, fast doppelt so hoch ist der Anteil im London Symgrauenhafte Grapscher wie den Grafen Almaviva schuf, schaffte phony Orchestra und bei den New York Philharmonics. Die Wiees im wahren Leben nicht, seiner Constanze treu zu sein. Und ner Philharmoniker sind in diesem Ranking noch immer abgeWagner, der das endgültig emanzipierte Opernweib mit Welten- schlagen. Vielleicht ist der Anteil der mitspielenden Damen der retterinnen wie Brünnhilde erfunden hatte, träumte in Seidenun- wahre Gratmesser beim nächsten Neujahrskonzert, und wenn terwäsche am liebsten vom „Weib der Zukunft“, dessen einzige es dann irgendwann in Wien klappt, funktioniert es andernorts Aufgabe darin bestehen sollte, ihrem Mann zu dienen – Minna schon lange. Denn wie sagte bereits Gustav Mahler: „Wenn die brach er damit das Herz, Cosima deutete die Rolle als unliebsame Welt untergeht, dann zieh‘ nach Wien – denn da passiert alles 50 Jahre später.“ Eheherrin um. ■ 75


M u s i k & g e n d e r

Woher kommt eigentlich ... ... die Gleichung: Muse = Frau und Genie = Mann ?  v o n S tefan S e l l

In der Regel sind Musen weiblich. Musen treten gern in der Mehrzahl auf, Genies lieber in der Einzahl. Ein Genie ist eigentlich immer männlicher Natur. Ausnahmen bestätigen die Regel. Woher das kommt? Wer Geschichte schreibt, kann sich die Freiheit nehmen zu entscheiden, wer in der Geschichte vorkommt. Dass es zum Beispiel ein extra ausgewiesenes Komponistinnen-Lexikon geben muss, zeigt, dass Musikerinnen in einem „regulären“ Musiklexikon kaum zu finden sind. Die Droste – sie hatte eine männliche Muse. Sie werden fragen: die Droste? Annette von Droste-Hülshoff? War sie nicht Dichterin? Ja, war sie, aber sie war auch Musikerin und Komponistin. Dass Mann das nicht weiß, liegt eben auch daran, dass die Droste eine Frau war. Wäre sie „der Droste“ gewesen, hätte man mehr vernommen von ihren 70 Liedern und vier Opernprojekten. Sie hatte es schwer, weil von ihr erwartetet wurde, die zurückhaltende Rolle einer adeligen Frau im 19. Jahrhundert zu spielen. Unterstützung bekam sie vom 17 Jahre jüngeren Schriftsteller Levin Schüking. Er war ihr nicht nur Muse, Liebhaber und literarischer Freund, sondern auch ihr erster Biograf, der viel für die Verbreitung und Wertschätzung ihrer Arbeit getan hat. Ihr Vater war ein profilierter Violinist, und die Kompositionslehrbücher ihres Onkels vermittelten ihr die Technik der Kunst, eigene Musik zu schreiben. Die daraus entstandenen Werke wurden erst nach ihrem Tode bekannt. Auch Robert Schumann schätzte ihre Gedichte, eines, das Hirtenfeuer, hat er vertont. Für seine einzige Oper schwebte ihm ursprünglich Annette von Droste-Hülshoff als Librettistin vor. Er fragte beim Postamt Münster nach ihrer Anschrift und beauftragte seine Frau Clara, ihr einen Brief mit seinem Wunsch zu schicken. Der Droste war allerdings nur der Name der virtuosen Pianistin Clara ein Begriff, vom Komponisten Robert hatte sie nie etwas gehört. Sie lehnte ab. Clara Schumann, eigentlich Clara Wieck, oblag dem Schicksal, mehr Muse als Genie sein zu dürfen. Schon mit neun Jahren galt sie als Wunderkind, erneuerte das Klavierspiel, wurde zum gefeierten Tastenstar und spielte in ganz Europa vor vollen Häusern. In ihrem Publikum saßen Genies wie Liszt und Paganini und hörten ihr zu. Ihr eigenes Werk spiegelt, wie gut sie als Komponis76

tin war. Gegenüber Robert war sie zunächst die erfolgreichere und viel versprechendere. Es heißt, Robert hätte seine Frau anfangs auf ihren Tourneen begleitet, dabei sei er gefragt worden: „Und Sie? Was machen Sie? Machen Sie auch etwas mit Musik?“ Seine Missgunst brachte er 1839 in einem Brief auf den Punkt: „Das Weib steht doch höher als die Künstlerin und erreich ich nur das, dass Du gar nichts mehr in der Oeffentlichkeit zu thun hättest, so wäre mein innigster Wunsch erreicht“. Er war es, der sein Genie zu entfalten hatte. So prunkt sein Grab in Bonn in monumentalem Marmor, und davor sitzt für die Ewigkeit in Stein gemeißelt, ehrfürchtig wie bewundernd nach oben schauend – Clara, seine Muse. Ihr Vater hatte immer darauf gedrängt, dass sie sich ausschließlich ihrem Talent widmete. Friedrich Wieck war Musikpädagoge, hatte alles für ihre Ausbildung in Spiel und Komposition getan und war strikt dagegen, dass seine Tochter sich mit seinem Schüler Robert Schumann liieren wollte. Anders der Vater von Fanny Hensel, Schwester von Felix Mendelssohn, er ließ seine Tochter bereits mit 14 Jahren wissen: „Die Musik wird für Felix vielleicht zum Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbass Deines Seins und Tuns werden kann und soll …“ Dennoch hat sie nahezu 400 Werke geschaffen. Die Geschichte von Muse und Genie ist eine Geschichte von Frau und Mann. Beispiele gibt es viele. Der geniale Bach hatte neun Töchter und elf Söhne. Der geneigte Leser gebe einfach mal „Bachs Söhne“ in eine Suchmaschine und wiederhole den Vorgang mit „Bachs Töchter“. Bach selbst erwähnte: „Insgesamt sind sie geborene Musici u. kan versichern, dass schon eine Concert Vocaliter wie Instrumentaliter mit meiner Familie formiren kann, zumahln meine itzige Frau gar einen sauberen Soprano singet, auch meine älteste Tochter nicht schlimm einschlägt.“ Das war in Bachs Worten schon ein außergewöhnliches Lob. Catharina Dorothea Bach, seine älteste Tochter, muss also durchaus begabt gewesen sein. Die Zeiten ändern sich. Perspektiven öffnen sich für Partnerschaften auf Ohr- und Augenhöhe. Eine solche, so scheint es, hat die Künstlerin Mary Bauermeister mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen gelebt. Rückwirkend sagt Bauermeister: „Ich war seine Muse, und er war mein Muserich.“ n www.crescendo.de

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D a s

K l a s s i k p o r t a l

groSSe ­vergangenheit – spannende gegenwart Von Alten Meistern bis Live-Streams: das immer aktuelle Musikangebot — Seite 6 —

Musik zu Hause und unterwegs fidelio bietet Klassik auf dem Fernseher, auf dem Tablet oder Smartphone — Seite 12 —

crescendo -Vorteil crescendo-Leser erhalten 15% Rabatt — Seite 14 —

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I h r e n

M u s i k g e n u s s

Die ganze welt der klassik Erleben Sie Konzerte und Opern wie nie zuvor: fidelio verwandelt Ihr Wohnzimmer in einen Konzertsaal — Seite 2 —


f i d e l i o

was ist fidelio ?

Verfügen Sie über ein unendliches Opern- und Konzertarchiv und erleben Sie die größten Musikereignisse live: zu Hause auf Ihrem Fernseher oder ­unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. fidelio eröffnet Ihnen eine neue Dimension der Klassik – zu jeder Zeit und an jedem Ort.

Die vier Säulen:

entdecken, stöbern, nachhören oder live dabei

Klassithek Die Klassithek ist der Startpunkt bei fidelio: Hier entdecken Sie alle Neuheiten, können direkt in die Welten von Oper, Konzert, Ballett oder Dokumentation eintauchen. Außerdem stellt unser Team immer wieder neue Schwerpunkte vor, von denen Sie sich inspirieren lassen können: Entdecken Sie „Beethoven forever“, sehen Sie „Moderne Inszenierungen“, erkunden Sie den „Mythos Maestro“ oder sehen Sie die „10 Opern, die jedes Kind kennen sollte“. In der Klassithek gibt es immer wieder neue redaktionelle Impulse, die Sie auf spannenden Wegen durch die Welt von fidelio führen. 2

Live Das Konzerthaus ist zu weit entfernt? Sie müssen die Kinder betreuen? Oder Sie wollen es sich einfach zu Hause gemütlich machen? Kein Problem: Unser Live-Kanal bietet Ihnen regelmäßig die wichtigsten Konzert- und Opernereignisse. Erleben Sie Orchester wie die Wiener Philharmoniker, das Orchester des Bayerischen Rundfunks, Opernaufführungen aus Bregenz oder von den Salzburger Festspielen bequem und direkt von Ihrem Sofa aus. Unser Live-Angebot verwandelt Ihr Wohnzimmer in einen Konzertsaal. www.crescendo.de

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Holen Sie sich die ganze Welt der klassischen Musik nach Hause. Erleben Sie legendäre historische Aufnahmen oder besuchen Sie spektakuläre Konzert- und Opernveranstaltungen live in Ihrem Wohnzimmer. fidelio eröffnet Ihnen das vielleicht wertvollste Archiv der klassischen Musik und versorgt Sie mit Live-Übertragungen der wichtigsten Klassikveranstaltungen. Mit Ihrem fidelio-Abonnement dirigieren Sie die gesamte Welt der Musik mit Ihren Fingerspitzen. Egal, ob Sie die großen Produktionen und Konzerte gemütlich zu Hause am Fernseher anschauen, unterwegs auf Ihren mobilen Geräten oder am PC. Mit fidelio können Sie die gesamte Klassithek mit Aufnahmen seit den 1950er-­ Jahren spielend einfach abrufen: von historischen Ereignissen über spannende Dokumentationen bis zu Live-Konzerten. All das natürlich in bester Ton- und Filmqualität. Genießen Sie Konzerte und Opern aus den letzten 50 Jahren mit Stars wie Herbert von Karajan, Leonard Bernstein oder Valery Gergiev und Christian Thielemann. Schwelgen Sie in den Jahrhundert­ stimmen von Luciano Pavarotti über Plácido Domingo und Mirella Freni bis zu Jonas Kaufmann und Anna Netrebko. Lassen Sie sich von Meistervirtuosen wie Artur Rubinstein, Maurizio Pollini, Krystian Zimerman oder Alfred Brendel begeistern. Mit seinem hochklassigen Archiv und seinen aktuellen Übertragungen ist fidelio weltweit einzigartig. Nirgendwo können Sie die Welt der Klassik so komplett erleben wie hier. Partner wie Unitel und der ORF, aber auch Kooperationen mit Weltklasse-Orchestern wie den Wiener Philharmonikern, dem Orchester des Bayerischen

Dirigieren sie die Welt der Klassik mit ihren Fingerspitzen Sie persönlich entscheiden bei fidelio, welche Musik Sie wann und wo hören wollen. Unsere vier Kategorien helfen Ihnen beim Entdecken: Stöbern Sie in unserer KLASSITHEK in den Rubriken „Oper“, „Konzert“, „Ballett“ oder „Dokumentation“. Oder lassen Sie sich überraschen und genießen Sie das lineare fidelio-Programm in unserem KANAL. Hier stellen wir Ihnen 24 Stunden lang ein exklusives Klassikprogramm zusammen, das sich an der Tageszeit, den anstehenden Feiertagen, an spektakulären Live-Übertragungen und an den Jahreszeiten orientiert. Natürlich können Sie fidelio auch selbst ENTDECKEN und nach Künstlern, Komponisten, Orchestern oder Werken suchen. Besonders exklusiv ist unsere Rubrik LIVE, in der wir regelmäßig Premieren und Galas aus großen Konzert- oder Opernhäusern in Ihr Wohnzimmer übertragen. Mit fidelio können Sie in den unendlichen Weiten der klassischen Musik stöbern: ohne Begrenzung, ohne Einschränkungen – immer und überall. Testen Sie fidelio zunächst eine Woche lang gratis, danach können Sie sich für unterschiedliche Abo-Modelle von einem Monat über 90 Tage bis zu einem Jahr entscheiden. Erleben Sie mit fidelio die neue Dimension der Musik.

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kanal Wenn Sie sich von der Musik überraschen lassen wollen, lehnen Sie sich zurück und genießen Sie unseren fidelio-Kanal. Hier senden wir 24 Stunden lang Musik. Unser Programm aus Konzerten, Opern und Dokumentationen richtet sich dabei an der Tageszeit aus, an besonderen Festtagen oder aktuellen Klassik­ereignissen und bringt Ihnen stets die perfekte Stimmung für den passenden Augenblick nach Hause.

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Rundfunks oder den Bregenzer Festspielen garantieren, dass Sie bei fidelio nicht nur in der ersten Reihe der europäischen Konzert- und Opernhäuser sitzen, sondern immer qualitativ hochwertigste Produktionen erleben.

Sagen sie uns, welche Musik Sie suchen – und wir zeigen Ihnen das passende Konzert. In der Rubrik „Entdecken“ können sie das fidelioArchiv nach Ihren Vorlieben durchforsten: Solisten wie Anne-Sophie Mutter, Artur Rubinstein, Martha Argerich oder Rudolf Buchbinder? Dirigenten wie Daniel Barenboim, András Schiff oder Claudio Abbado? Oder Komponisten wie Beethoven, Rossini, Mozart oder Prokofjew? Egal, was Sie suchen – wir werden es für Sie finden.

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„Vielfalt und Flexibilität für zu Hause und unterwegs“ Jan Mojto, Geschäftsführender Gesellschafter der Unitel:

„Mit Unitel sorgen wir seit Jahrzehnten in enger Zusammenarbeit mit dem ORF dafür, dass die magischen Momente der Musikinterpretation in Ton und Bild festgehalten werden. In gleicher Partnerschaft starten wir fidelio, auf dass diese magischen Momente Bestand haben und jederzeit jedem zugänglich sind.“ ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz:

„Kultur ist die DNA des ORF. Mit dem erfolgreichen Klassik-Portal fidelio haben wir unser Engagement als größter medialer Vermittler von Kunst und Kultur des Landes ins digitale Zeitalter transfomiert. Als Highclass-Package für das klassikinteressierte Publikum bietet fidelio Topproduktionen in bester audiovisueller Qualität, plattformunabhängig, zu jeder Zeit abrufbar und in nie da gewesenem digitalen Umfang. Ich freue mich, daß wir mit Jan Mojtos Unitel und Content-Produzenten wie den Wiener Philharmonikern die besten Partner mit an Bord haben, um Österreich als Klassikland nun auch multimedial über die Grenzen hinaus zur Geltung zu bringen. Ich gestehe: myfidelio.at verführt Klassik-Fans wie mich zu vielen anregenden und genussvollen Stunden.“

fidelio-Geschäftsführer Alexandra Fida und Johannes Everding im Gespräch über die Klassik der Zukunft. Herr Everding, verlieren Klassikkonzerte und Opern im Fernsehen und auf dem Handy nicht ihre Aura? Everding: Natürlich unterscheidet sich eine Musikübertragung immer von einem Live-Konzert. Aber das Audiovisuelle bietet auch Möglichkeiten, die das Publikum im Konzert nicht hat, etwa den Blick auf das Detail einer Inszenierung, die Möglichkeit, nicht nur auf einem Platz zu sitzen, sondern mitten im Orchester oder auf der Bühne zu stehen. Zumal fidelio ja auch Produktionen in der Klassithek hat, die extra für das Bewegtbild aufgenommen wurden, oder zahlreiche Dokumentationen, die hinter die Kulissen blicken. Fida: Hinzu kommt, dass wir die Musik, die ja eine Kunst des Augenblicks ist, festhalten können. Normalerweise wird ein Ton gespielt und verklingt. Indem wir in den letzten 50 Jahren viele große Konzerte und Opernproduktionen aufgenommen haben, können wir auch heute noch Legenden der Klassik wie Herbert von Karajan, Sir Georg Solti oder Artur Rubinstein ansehen und anhören. Haben die Möglichkeiten des Multimedialen unsere Art Musik zu hören verändert? Everding: Ich glaube schon, dass es zu 4

jeder Zeit in erster Linie um Leidenschaft gegangen ist – und noch immer geht. Der konkrete Ausspielweg ist dabei zweitrangig. Aber natürlich wandelt sich der Markt mit den technischen Möglichkeiten: Die

Die fidelio-Geschäftsführer Johannes Everding und Alexandra Fida

Schallplatte, der Kinofilm, die DVD, das MP3-Format haben dafür gesorgt, dass sich auch der Musikkonsum verändert hat. Heute gibt es viele Menschen, die sich wünschen, unabhängig Musik zu hören und zu sehen, ohne gleich eine DVD zu kaufen oder sich ein Konzert im Netz herunterzuladen. Genau diese Nachfrage bedient die Idee von fidelio: Unsere Kunden haben ein gigantisches Archiv zur Hand, sie können vergleichen, abwägen,

diskutieren und finden die Musik, die zu ihnen und zu dem Moment, an dem sie gespielt werden soll, passt. Fida: Die Vielfalt macht fidelio ja auch so besonders. In den letzten Jahren haben wir beobachtet, dass immer mehr Orchester und Opernhäuser eigene multimediale Kanäle anbieten, auf denen sie ihre Konzerte vertreiben. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass wir es für das Publikum möglichst einfach machen müssen, am besten eine Plattform, auf der alle großen Künstler, Orchester und Festivals versammelt sind. Und genau diese Philosophie löst fidelio mit seinen großartigen Klassikpartnern ein. Aber tut sich nicht gerade der Klassikliebhaber noch immer schwer mit Multimedien? Everding: Die multimediale Welt ist inzwischen so einfach und unkompliziert geworden, dass eigentlich jeder fidelio problemlos nutzen kann: am Wohnzimmerfernseher, dem Handy, dem Tablet oder dem Computer steht fidelio ganz einfach über unsere Internetseite www.myfidelio.at oder über die App zur Verfügung. Man muss sich nur einmal registrieren und kann sofort auf all seinen Geräten loslegen. www.crescendo.de

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GroSSer Klang mit ­groSSen Partnern fidelio ist ein Unternehmen von ORF und Unitel. Gemeinsam mit unseren Partnern bringen wir höchste musikalische und visuelle Qualität ins Wohnzimmer.

Programm Unitel Die Unitel ist seit Jahrzehnten führend in der Aufnahme großer musikalischer Veranstaltungen. Sie verfügt über ein schier endloses Archiv mit Einspielungen von Legenden wie Herbert von Karajan oder Gegenwartsmusikern wie Christian Thielemann und Zubin Mehta. Ein großer Teil des Unitel-Katalogs ist für fidelio-Kunden frei in der Klassithek abrufbar – an jedem Ort zu jeder Zeit. ORF Der Österreichische Rundfunk zeichnet die größten Klassik-Events des Landes von Wien über Salzburg bis Bregenz auf.

Opern- und ­Konzerthäuser

Künstler und Orchester

Auch mit zahlreichen Opernhäusern und Klassik-Festivals arbeitet fidelio regelmäßig zusammen. So finden Sie in unserer Klassithek viele historische Aufführungen der Bayreuther Festspiele, Opern aus internationalen Häusern und von großen Festivals wie in Tanglewood, dem Rossini Festival in Pesaro oder Bregenz.

fidelio arbeitet kontinuierlich mit großen Ensembles und Orchestern zusammen, mit den Wiener Philharmonikern, den Münchner Philharmonikern, der Staatskapelle Dresden, dem West-Eastern Divan Orchestra oder den Wiener Symphonikern. Viele ihrer Konzerte sind in der Klassithek abrufbar, und regelmäßig können fidelio-Kunden live bei den großen Konzerten dieser Ensembles dabei sein.

Impressum: KDV Klassik Digital Vertriebs-GmbH, Storchengasse 1, A-1150 Wien Geschäftsführer: Johannes Everding, Alexandra Fida Fotonachweise: Unitel (9); ORF (5); Roberto Ricci / Teatro Regio di Parma (3); Bregenzer Festspiele / Karl Forster; INTERPRESS PHOTO; Matthias Creutziger; ORF / Roman Zach-Kiesling; Bregenzer Festspiele / Anja Koehler; ORF / Milenko Badzic (2); Monika Rittershaus (2); Michael Groessinger; Salzburger Festspiele / Foster (2); Ali Schafler / ORF (3); Onuart Violaine Martin; BetaFilm

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Anna Netrebko als Carmen

Die Ordnung der Dinge Die KLASSITHEK ist der zentrale Bereich bei fidelio. Von hier aus werden Sie direkt in unser Archiv geleitet – egal, ob Sie nach Opern, Konzerten, Ballett oder Dokumentationen suchen. Außerdem bietet unsere Redaktion spannende Themenpakete an. Sie wollen sich von der unendlichen Welt der Musik inspirieren lassen? In der Klassithek ist das möglich.

Das Team von fidelio bietet Ihnen hier unterschiedliche Einstiege in unser gigantisches Archiv. Natürlich können Sie sofort in einer unserer Kategorien „Oper“, „Konzert“, „Ballett“ oder „Dokumentation“ loslegen. Aber Sie können sich auch überraschen lassen und in Themen stöbern, die wir regelmäßig für Sie aktualisieren. Möchten Sie dem „Mythos Maestro“ auf die Spur kommen, so haben wir unterschiedliche Konzerte für Sie zusammengestellt, etwa die Schlüssel-Symphonien von Schubert, Mahler oder Beethoven von Dirigenten wie Leonard Bernstein, Herbert von Karajan oder Georg Solti. Steht Ihnen der Sinn nach modernen Operninszenierungen? Dann empfiehlt unsere Redaktion Ihnen den Salzburger „Don Giovanni“ von Claus Guth, Wagners „Meistersinger“ von Stefan Herheim oder Glucks „Orfeo“ von La Fura dels Baus. In der Klassithek bietet fidelio Ihnen immer wieder neue Schwerpunkte an, mit denen Sie Ordnung in die weite Welt der Musik bringen können. So stellen wir Ihnen etwa zehn Opern vor, die jedes Kind kennen sollte, etwa den märchenhaften „Hänselund-Gretel“-Film mit Sir Georg Solti oder die legendäre „Zauberflöte“ mit Kurt Moll, Edita Gruberová und Francisco Araiza. 6

Natürlich können Sie bei fidelio auch einzelne Orchester kennenlernen, etwa die Wiener Symphoniker, die wir sowohl bei den Bregenzer Festspielen als auch bei zahlreichen Konzerten der Vergangenheit (u. a. mit Karl Böhm und Herbert von Karajan) begleitet haben und bis in die Gegenwart begleiten. Besuchen Sie mit fidelio die spektakulärsten Veranstaltungsorte, den Musikverein oder das Konzerthaus in Wien, das Teatro Regio di Parma, die Bregenzer Festspiele oder die Salzburger Festspiele. Lassen Sie sich in unserer Klassithek von legendären Musikaufnahmen begeistern, etwa von „Schwanensee“ in der Choreografie von Rudolf Nurejew, von Chopins 2. Klavierkonzert mit Artur Rubinstein oder von Tschaikowskys Violinkonzert mit Itzhak Perlman. Natürlich können Sie bei uns auch hinter die Kulissen des Klassikbetriebes schauen, wenn Sie Claus Guth bei seiner Regiearbeit am Messias beobachten, Nikolaus Harnoncourt bei den Proben zu „Die Jahreszeiten“ oder Herbert von Karajan, wenn er sich den Fragen von Joachim Kaiser stellt. In der Klassithek findet jeder genau die Musik, die ihn interessiert, sie bietet die Möglichkeit, über ein Thema oder einen Künstler immer tiefer in die Welt der Musik abzutauchen, und führt Sie mit redaktionellem Wissen von Werk zu Werk. www.crescendo.de

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Daniel Barenboim dirigiert das West-Eastern Divan Orchestra Live Auf fidelio

Live dabei, wenn musik entsteht Unter der Rubrik LIVE erleben Sie spektakuläre Aufführungen: große Orchester, spannende Inszenierungen, geniale Virtuosen und schwelgerische Stimmen. Der Live-Channel von fidelio ermöglicht es Ihnen, dabei zu sein, wenn Musikgeschichte geschrieben wird. Egal, ob im Wiener Konzerthaus, bei den Salzburger Festspielen oder im Münchner Gasteig: Lehnen Sie sich zurück und werden Sie Teil der ganz besonderen Konzert- und Opern-Events. Auf unserem Live-Channel werden Sie mit einem Countdown regelmäßig über anstehende Live-Streamings benachrichtigt. Wenn es so weit ist, sind Sie direkt dabei und haben einen exklusiven Platz im Konzertsaal. fidelio bietet Live-Streams zu zahlreichen spektakulären Programmen, so wurde unter anderem bereits das 360° Festival mit Valery Gergiev und den Münchner Philharmonikern vollständig auf fidelio übertragen, unter anderem mit dem Eröffnungskonzert, Projofjews „Peter und der Wolf “, allen Klaviersonaten und Symphonien von Prokofjew und mit Werken von Scarlatti und Mozart – ein einmaliger Musik-Marathon mit Stars wie Evgeny Nikitin, René Pape, Sergej Semishkur und vielen anderen. Aber auch Konzerte der Wiener Philharmoniker, der Wiener Symphoniker und des WestEastern Divan Orchestra mit Daniel Barenboim sind geplant. Mit fidelio sitzen Sie bei all diesen Veranstaltungen in der ersten Reihe Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

– egal, ob zu Hause am Fernsehgerät oder unterwegs mit Ihrem Laptop, Smartphone oder Tablet. Seien Sie auch dann live dabei, wenn Sie an einem ganz anderen Ort wohnen, als das Konzert stattfindet, wenn es gerade keine Karten mehr gibt. Mit den zahlreichen Direktübertragungen auf fidelio können Sie immer und überall über die aktuellen Konzerte und Opernaufführungen mitsprechen und sich Ihre eigene Meinung über die einzelnen Veranstaltungen bilden. Wenn Sie eine Live-Übertragung verpasst haben – kein Problem: Dann können Sie das Konzert in der fidelio-Klassithek nachschauen. Der Live-Kanal von fidelio ermöglicht Ihnen problemlos, das Geschehen in der Welt der klassischen Musik zu verfolgen. Natürlich ist ein Konzert am Fernseher oder am Tablet nicht mit einem Original-Konzertbesuch vergleichbar. Aber die fidelio-Zuschauer bekommen dafür Einblicke, die es im Konzert nicht gibt: Details der Inszenierungen, eine Nähe zu den Musikern und Interpreten – und dazu Zusatzinformationen über Orchester, Dirigent und Programm vom fidelio-Team.

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Die „Meistersinger“ bei den Salzburger Festspielen

Richtiger Sound zur richtigen Zeit Im fidelio-KANAL bieten wir jeden Tag 24 Stunden lang ein exklusives Musikprogramm, das auf die Tageszeit, die Jahreszeit, auf Fest- und Feiertage abgestimmt ist und stets die richtige Musik für den richtigen Moment findet. Wer sich gern überraschen lässt, ist hier genau richtig. Der fidelio-Kanal funktioniert ähnlich wie Fernsehen:

Unsere Redaktion überlegt sich für jeden Tag im Jahr ein spezielles Programm, das Sie begeistern und beflügeln soll. 24 Stunden Musik an sieben Tagen in der Woche – und in jeder Minute musikalische Spitzenqualität. Das Programm unseres Kanals orientiert sich an Uhrzeit, Jahreszeit, aber auch an Feiertagen oder großen Veranstaltungen in der Welt der klassischen Musik. So senden wir zum Karneval etwa Mozarts amüsante Oper „La finta giardiniera“ und zu Ostern besinnliche Musik, etwa von Johann Sebastian Bach, dessen „Johannespassion“ wir in der Version von Nikolaus Harnoncourt und von Karl Richter haben. Natürlich wird in der Weihnachtszeit das „Weihnachtsoratorium“ mit den Tölzer Sängerknaben laufen. Zum Jahreswechsel lassen wir dann die Champagnerkorken knallen, mit Operetten wie der „Csárdásfürstin“ mit Anna Netrebko oder anderen walzerseligen Konzerten. 8

Außerdem richtet sich das Programm im fidelio-Kanal auch am internationalen Konzertkalender aus. Pünktlich zu den Salzburger oder Bayreuther Festspielen liefern wir unserem Publikum Rückblicke in die Vergangenheit, indem wir legendäre Highlights noch einmal zeigen. Geburtstage und Jubiläen feiern wir mit besonderen Künstlerporträts, außerdem bietet die Redaktion spannende Komponisten-, Länder- oder Instrumentenschwerpunkte an. Der fidelio-Kanal liefert zu jeder Zeit die richtige Musik. Wenn Sie gerade keine Lust haben, selbst zu suchen oder unentschlossen sind, lassen Sie sich einfach von fidelio überraschen. Natürlich können Sie bei jeder Sendung, die Ihnen gefällt, sofort in die Klassithek oder zum Entdecken wechseln und mehr über einen Künstler, Komponisten oder ein Werk erfahren und in unserem Archiv nach weiteren Aufführungen suchen, die mit Ihrem Favoriten in Verbindung stehen. So wird der fidelio-Kanal zum Ausgangspunkt für eine spannende Reise durch die Welt der Musik. www.crescendo.de

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Der Junge Harnoncourt dirigiert Schubert

Die ganze Welt auf knopfdruck Bei fidelio können Sie Bekanntes finden und Neues ENTDECKEN. Egal, wonach Sie suchen – wir sind behilflich: Stöbern Sie nach Dirigenten, Orchestern, Ensembles, Festivals oder Häusern. ­fidelio liefert die passende Musik und exklusive Begleitinformationen. Entdecken sie genau jene Musik, die Sie gerade hören wollen. Unsere Entdecken-Seite bietet Ihnen die passende Hilfestellung. Sie wollen wissen, welche Werke von Mozart Sie gerade auf fidelio ansehen können? Kein Problem. Mit einem Klick bekommen Sie nicht nur eine Künstlerbiografie, unbekannte Fakten zu seinem Werk und wissenswerte Daten, sondern sehen alle Werke im Überblick. Sie können sofort loslegen mit „Zauberflöte“, „Jupitersinfonie“, „Don Giovanni“ oder einer der vielen anderen Aufnahmen des Salzburger Genies. In der Rubrik „Entdecken“ erfahren Sie immer auch ein bisschen mehr als nur die Archivdaten von fidelio. In der Kategorie „Schon gewusst?“ und „Wissenswertes“ können Sie Details über Leben und Werk nachlesen, die nicht bei Wikipedia zu finden sind. Wussten Sie zum Beispiel, dass der Pianist Rudolf Buchbinder Sammler von historischen Noteneditionen, Nippes, cineastischen Videos und DVDs ist? Und kennen sie den Lieblingswitz von András Schiff? Bei fidelio können Sie ihn nachlesen: „Im kommunistischen Polen sitzen drei Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Gefangene in einer Zelle. ‚Warum bist du hier?‘, fragen sie den einen. ‚Ich war gegen Gomulka.‘ – ‚Und du?‘ – ‚Ich war für Gomulka.‘ – ‚Und was ist mit dir?‘, fragen sie den dritten. ‚Ich bin Gomulka.‘ “ Auf der Entdecken-Seite stellen wir Ihnen zudem regelmäßig Informationen zu unseren Schwerpunkten, etwa zu den Konzerten im Wiener Konzerthaus, zu Komponisten wie Sergej Prokofjew oder zur Theatergruppe La Fura dels Baus vor. Außerdem finden Sie hier übersichtliche Listen aller bei fidelio vertretenen Künstler. Entdecken Sie unsere Protagonisten von A bis Z: Solisten von Thomas Allen bis Gerti Zeumer, Dirigenten von Claudio Abbado bis Sebastian Weigele, Orchester von der Academy of St. Martin in the Fields bis zu den Wiener Philharmonikern, Komponisten von Lois Andriessen bis Hugo Wolf, Festivals von Bayreuth bis Tanglewood und Häuser von der Arena di Verona bis zum Zürcher Opernhaus. In der Rubrik „Entdecken“ steht Ihnen die ganze Welt der Klassik per Fingerklick zur Verfügung. 9


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crescendo empfiehlt Als fidelio-Abonnent steht Ihnen die unendliche Welt der klassischen Musik offen: legendäre historische Aufnahmen ebenso wie aktuelle Produktionen mit den großen Stars der klassischen Musik. Die crescendo-Redaktion hat einige Highlights des fidelio-Archivs zusammengestellt.

Don Giovanni Die älteste Aufnahme des fidelio-Archivs. Legenden wie Wilhelm Furtwängler, Cesare Siepi, Elisabeth Grümmer und Lisa della Casa. Das letzte Bilddokument Furtwänglers von 1954 in aufwendig restaurierter Version.

MahlerZyklus

Verdi Requiem

Leonard Bernstein gilt als Wiederentdecker der Musik Gustav Mahlers – sein Zyklus mit den Wiener Philharmonikern, den er zwischen 1971 und 1985 aufnahm, gilt bis heute als Referenz.

Historisches Großereignis: Der junge Pavarotti sprang 1967 kurzfristig für Carlo Bergonzi ein und machte das Requiem unter Karajan in Mailand mit Price, Cossotto und Ghiaurov zu einem einmaligen Dokument – es ist eines der ersten großen Filmprojekte Karajans.

Tschaikowsky ­Klavierkonzert Musik wie aus einer Zeitmaschine: So modern, aktuell und vibrierend wie Alexis Weissenberg, Herbert von Karajan und die Berliner Philharmoniker das b-MollKonzert interpretieren – einfach gigantisch. Ein aufwendig restauriertes Dokument.

Meistersinger von Nürnberg

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Die Referenzaufnahme der Salzburger Festspiele 2013 in der Regie von Stefan Herheim. Daniele Gatti leitet das StarEnsemble mit Michael Volle, Georg Zeppenfeld, Anna Gabler und Peter Sonn. Die FAZ schwärmt: „Lustig und großartig!“

Il Trovatore Die gefeierte Premiere der ­Salzburger Festspiele 2014 mit Anna Netrebko und Plácido Domingo. Daniele Gatti dirigiert die Sänger durch die Regie von Alvis Hermanis – und durch ein gigantisches Museum der emotionalen Erinnerung.

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Mozart ­Komplett „Mozart 22“ hieß das Giga-Projekt der Salzburger Festspiele zum 250. Geburtstag des Komponisten. Alle Opern in unterschiedlichen Inszenierungen sind auf fidelio abrufbar, unter anderem auch der Durchbruch von Anna Netrebko in „Le nozze di figaro“ und der „Don Giovanni“ mit Thomas Hampson.

Tutto Verdi Zum 200. Geburtstag des italienischen Opernmeisters wurden im Teatro Regio di Parma – nahe von Verdis Geburtsort Busseto – all seine Bühnenwerke in beispielhaften Produktionen aufgeführt. Alle sind nun auf fidelio nachzuerleben.

Schwanensee Legendär: Die Choreografie des Tschaikowsky-Klassikers von Nurejew aus dem Jahre 1966, in dem der Meister selbst tanzt. Der fidelio-Vergleich bietet zudem dieselbe Choreografie 50 Jahre später an: dieses Mal mit Tanz-Stars von 2014. Original und historisch eindringliches Update.

La Traviata

Johannespassion

Die Welt nannte Franco Zeffirellis Film einen „Glücksfall der Geschichte der Oper“. James Levine dirigiert, Teresa Stratas und Plácido Domingo als tragisches Liebespaar. All das in einer opulenten, bis heute modernen Bilderwelt. Ein Muss für jeden Opernfan.

Heute wird Patrice Chereaus Bayreuther „Ring“ von 1979 als „Jahrhundertring“ gefeiert. Pierre Boulez dirigiert die vier Abende, die zur Premiere noch heftig ausgebuht wurden, weil Chereau die Götter zu Menschen schrumpfte. Ein Stück Operngeschichte!

Bachs Meisterwerk, dirigiert von einem Großmeister: Nikolaus Harnoncourt und der Concentus Musicus gemeinsam mit dem Tölzer Knabenchor in einer Aufnahme von 1985 – leidenschaftlich, spirituell: menschlich! Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Ring des ­Nibelungen

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und so geht’s Mit fidelio steht Ihnen überall und zu jeder Zeit Musik in höchster Qualität zur Verfügung: im Wohnzimmer auf dem Fernseher oder unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. Einfach registrieren – und los geht es.

auf ihrem Fernseher Um fidelio auf Ihrem Fernseher zu empfangen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder Sie schließen Ihren Laptop direkt an das Gerät an oder streamen das fidelio-Programm per WLAN. Am einfachsten ist es, wenn Sie bereits über Apple TV, einen Amazon Fire TV Stick oder Google Chromecast verfügen: Dann können Sie einfach die fidelio-App herunterladen und los geht’s.

auf dem computer Um fidelio auf dem Computer zu sehen, besuchen Sie einfach unsere Startseite www.myfidelio.at und geben Sie einmalig Ihre Zugangsdaten ein. Sofort öffnet sich Ihnen unsere gesamte Klassithek, und Sie können vom Schreibtisch aus unsere LiveÜbertragungen sehen. Natürlich können Sie Ihren Computer auch direkt oder per WLAN mit dem Fernseher verbinden und das gesamte fidelio-Angebot im Wohnzimmer nutzen.

unterwegs Nehmen Sie Ihr fidelio-Klassikprogramm überallhin mit. Egal, ob unterwegs, im Hotel oder beim Kochen – laden Sie einfach unsere fidelio-App herunter und legen Sie nach Ihrer Registrierung sofort los. Melden Sie sich mit Ihrem fidelio-Passwort an und genießen Sie das gesamte Angebot der klassischen Musik. Die fidelio-App macht Ihren Klassik-Konsum vollkommen unabhängig. Egal, wo Sie sich gerade befinden. Per Smartphone oder Tablet können Sie die große Welt der Klassik überall und zu jederzeit genießen.

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Hautnah an den Künstlern und in einzigartigen Perspektiven ­erleben Sie Klassik bei fidelio live aus dem Konzertsaal

mitten im Orchester Unsere Live-Übertragungen sind technisch aufwendig und garantieren, dass unsere Zuschauer die Konzerte hautnah erleben und hinter die Kulissen blicken können. Erleben sie die groSSen Ereignisse der klassischen

Musik aus einer vollkommen neuen Perspektive: live, hautnah und hinter den Kulissen. Regelmäßig bietet fidelio seinen Mitgliedern Übertragungen aus der ganzen Welt. Erleben Sie Opern oder Sinfoniekonzerte zu Hause in Ihrem Wohnzimmer oder unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. Das Besondere: Die jahrelange Aufzeichnungserfahrung unserer Partner wie des ORF oder Unitel garantiert Musikgenuss auf höchstem technischen Niveau, modernste Kameras und Übertragungstechnik, dazu aufregende Bildregisseure und natürlich ein einmaliges Klangerlebnis. Die Live-Übertragungen von fidelio garantieren Ihnen unvergleichliche Musikerlebnisse. Erleben Sie die Intimität einer Aufführung, beobachten Sie die Musiker hautnah und seien Sie noch näher am Geschehen. Das fidelio-Team arbeitet mit großen Orchestern wie den Wiener Philharmonikern und den Wiener Symphonikern zusammen und renommierten Festivals wie Grafenegg – überall setzen wir

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unser Know-how dafür ein, dass Sie einen perfekten Musikgenuss erleben. Natürlich ist eine Übertragung immer ein anderes Erlebnis, als live in einem Saal zu sitzen. Aber fidelio legt großen Wert darauf, Ihnen die Musikereignisse mit allen Möglichkeiten der audiovisuellen Technik nahezubringen und Ihnen Einblicke zu ermöglichen, die Sie vor Ort kaum haben: fidelio hat den Anspruch, dass seine Live-Übertragungen den Zuschauer möglichst eng am Konzert­ geschehen beteiligen. Bei vielen unserer Live-Übertragungen nehmen wir unser Publikum mit hinter die Kulissen. Erleben Sie die großen Stars der klassischen Musik in exklusiven Gesprächen, schauen Sie sich Ausschnitte aus Proben an, seien Sie live dabei, wenn sich der Vorhang hebt. Natürlich werden all unsere Live-Übertragungen auch auf der fidelio-Seite umfangreich begleitet: Stöbern Sie in unserem Zusatzmaterial, lesen Sie die Biografien der Künstler, Einführungen in die Werke, Wissenswertes über Orchester und Komponisten oder schauen Sie sie sich schon im Vorfeld in unseren Bildergalerien an. 13


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Musik – wann und wo Sie wollen Mit einem fidelio-Abonnement haben Sie problemlos Zugriff auf das gesamte Angebot: für 30, 90 Tage oder ein ganzes Jahr. Holen Sie sich die ganze Welt der klassischen Musik nach Hause und erleben Sie die schönsten Auftritte Ihrer Stars auch unterwegs. Sie können jetzt das Angebot von fidelio eine Woche lang kostenlos testen.

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Februar – März 2017


Jonas ­Kaufmann Er ist einer der vielseitigsten Tenöre unserer Zeit.  Auf fidelio können Sie ihn unter anderem in der Wagner-Gala aus der Semperoper, in „Tosca“ aus der Bayerischen Staatsoper und in „Don Carlo“ von den Salzburger Festspielen erleben.

wir sind dabei

fidelio lässt die großen Stars der klassischen Musik in Ihrem Wohnzimmer auftreten. Zu jeder Zeit, auf all Ihren Geräten – live oder in unserem Archiv. Erleben Sie Meisterdirigenten, große Stimmen und geniale Virtuosen, wann immer Sie wollen. Werden Sie Teil der fidelio-Familie.

Anna Netrebko

Rudolf ­ uchbinder B

Sie ist längst eine der größten Stimmen aller Zeiten.  Anna Netrebko hat eine Weltkarriere gemacht – und ist in fast jedem Genre zu Hause.  Auf fidelio ist sie unter anderem in der „Csárdásfürstin“, in „Il Trovatore“, „Carmen“ und „Le nozze di Figaro“ zu erleben.

Christian ­Thielemann

Er ist Klangmagier und Beethoven-Experte. Rudolf Buchbinder hat eine Sammlung mit Beethoven-Erstausgaben zu Hause, und jede seiner Interpretationen gräbt noch tiefer nach dem Geist des Genies.  Auf fidelio ist er unter anderem mit Beethovens Klavierkonzerten zu hören – natürlich mit den Wiener Philharmonikern. Seine Geheimnisse gibt er in der Dokumentation „Buchbinders Beethoven“ preis.  Außerdem ist er als Begleiter in einem Liederabend mit Peter Schreier zu erleben.

Er ist ein Meister der Romantik. Auf fidelio ist er in zahlreichen Aufführungen zu erleben. Unter anderem mit seinem Wiener Beethoven-Zyklus, in verschiedenen Galas aus der Semperoper in Dresden, mit einem Konzert aus dem Vatikan und mit Wagners „Meistersingern“. Genießen Sie den Klangrausch der Romantik und den Geist tief empfundener Musik.

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JOHN AXELRODS WEINKOLUMNE

F oto: S te fa n o B ot te s i

l e b e n sa r t

Frau an der traube Weinbau ist wie Dirigieren noch immer eine Männerdomäne. Unser Experte verrät, warum sich das ändert und was Frauen zu Weinexpertinnen macht. Aktuell wird viel über Genderfragen in der Politik diskutiert, was unvermeidlich auch zur Frage nach Gender in der Musik führt – besonders in Bezug aufs Dirigieren. Dirigenten sind Spiegelbilder politischer Anführer. Diktatoren gibt’s in der Welt wie auf dem Podium. Und afroamerikanische, weibliche und andere Minderheiten finden wir als Führungskräfte wie am Pult. Aktuell fällt einem dazu Mirga Gražinytė-Tyla ein und natürlich Barbara Hannigan. Es wurde viel darüber gestritten, ob eine Frau männliche Spieler ablenkt – obwohl das ja umgekehrt mit einem gutaussehenden Dirigenten für die Musikerinnen genauso diskutiert werden müsste. Schlussendlich gibt es keine männlichen oder weiblichen Dirigenten und Musiker, nur gute und schlechte. Da kann man beim Vorspiel hundertmal einen Vorhang aufhängen, um Diskriminerung zu vermeiden, am Ende wird doch jeder als das gesehen, was er ist: ein guter oder schlechter Künstler. Frauen waren schon seit der Institutionaliserung der Orchester mit dabei. Marin Alsop, JoAnn Falletta, Simone Young und andere haben dann endgültig das Eis gebrochen. Heute profitieren Leute wie Mirga und Mälkki von diesen Wegbereiterinnen. Man sollte sich also besser auf Qualität und Substanz konzentrieren als aufs Geschlecht. Das gleiche gilt für die Kulinarik. In der Vergangenheit gab es etliche

Das muss eben auch jeder Dirigent, mehr oder weniger bekannte Winzerinnen. Auch die mussten sich der Herausforde- egal ob männlich oder weiblich: sich perfekt rung stellen, in der „männlichen“ Welt von mit seinem Kram auskennen. Keinen inte­­ Wein und Spirituosen akzeptiert zu wer- ressiert das Geschlecht, wenn jemand keiden – einige mit überwältigendem Erfolg. nen Auftakt dirigieren oder die Artikulation Ein Wein ist dabei herausragend: Foradori erklären kann. Aber gibt es vielleicht etwas, von Elisabetta Foradori, preisgekrönt und das Frauen besser können als Männer? Cristina Ziliani, Besitzerin und Winvoll von Stechwacholder-Aromen, Blumen und Minze. Wenn Sie schon immer wis- zerin von Guido Berlucchi Weine, bringt sen wollten, wie das Beste der Teroldego- folgenden Aspekt ins Spiel: „Die Welt ist Traube aus dem norditalienischen Alto immer noch ziemlich maskulin, Frauen Adige (Trentino) schmeckt, ohne dafür ein bringen Kreativität und Emotion mit, ohne die man keinen Vermögen auszugeWein machen kann. benen, dann ist das Man sollte sich also Technik allein reicht Ihre Flasche! Pauline Lhote, ­besser auf Qualität und nicht aus. Frauen haben einen besWinzerin von Substanz konzentrieren seren Geruchssinn Domaine Chandon, als aufs Geschlecht und können Duftsagt in der „Glanoten feiner bestimmour“: „Die Weininmen als Männer.“ dustrie erweist sich Roberta Bianchi, Winzerin und nach wie vor als männerdominiert. Als Frau muss man sich damit abfinden und Direktorin bei Villa Weine (Franciacorta, sich einfach ein wenig mehr anstrengen. Italien), hat das Schlusswort: „Mit einem Man muss überzeugender sein, um seine Schuss Weiblichkeit geht alles besser. Leidenschaft, Respekt, Liebe und AufrichtigIdeen und Visionen zu vermitteln.“ Dominga Cotarella, stellvertretende keit sind die Antriebskräfte für die Zukunft. Direktorin von Falesco (Montecchio, Ita- Der Weg vom Weinberg in den Keller geht lien), schreibt: „Ich glaube, die wichtigste über das Herz.“ Mein Lehrer Leonard Bernstein sagte Eigenschaft, um in der Welt des Weines zu arbeiten, ist Glaubwürdigkeit. Man muss etwas sehr Ähnliches: Vom Stift des komganz genau wissen, was man erreichen ponisten bis zur Aufführung auf der Bühne möchte, und sich einfach perfekt mit sei- gibt es nur einen Weg: den über das Herz, durch die Liebe. nem Kram auskennen.“ n

John Axelrod ist Musical Director des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und erster Gastdirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher („Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“) und sorgt sich um das Wohl des crescendo-Lesergaumens. 93


l e b e n sa r t

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8 9 1) Mendelssohn-Haus 2) Bach-Denkmal an der Thomaskirche 3) Gewandhaus 4) Blick auf die Innenstadt 5) Petersbogen und Neues Rathaus 6) Leipziger Allerlei 7) Nikolaikirche 8) Thomanerchor 9) Thomaskirche 10) Oper Leipzig

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Februar – März 2017

F oto s: A n d r e as Sc h m i dt (6); M i c h a e l B ad e r ; B ac h - A rc h i v L e i p zi g ; J e n s G e r b e r

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l e b e n sa r t

„Hier huldigte Bach mit der Kaffee-Kantate dem kolonialen Modegetränk, hier scharwenzelte ­Kurfürst August der Starke um die schöne Wirtin Johanna Elisabeth Neumann“

Leipzig Bach, Schumann, Mahler, Wagner: Alle durchströmten sie die Sachsen-Metropole. Zusammen mit Bassbariton Tuomas Pursio begibt sich unser Autor durch „Hypsig“, den „Kopf der Musik“. v o n R o l and H . D i p p e l

F oto s : K i r s t e n N i j h o f ; B e t ti n a S to ess

I

Rhein leicht hätte annehmen können. Und man n dieser Kulturlunge Deutschlands bin ich merkt, wie verwurzelt er in der Stadt ist, wo er seit sehr glücklich.“ Das ist ein bedachtes und 14 Jahren zu den Ensemblesäulen gehört – unter ehrliches Wort des finnischen Bassbaritons Riccardo Chailly, Peter Konwitschny und jetzt Tuomas Pursio. Er sagt „Lunge“ für pulsieGeneralintendant Ulf Schirmer. Klar, dass es in renden Austausch, nicht „Herz“. Zum unserem fast dreistündigen Treffen mehr um Gespräch treffen wir uns an der Oper Leipzig, nur Musik und Theater geht als um die überall sichtbawenige 100 Meter vom größten Kopfbahnhof ren Geschichtsspuren wie das Forum für ZeitgeDeutschlands. Sogar an diesem kalten Januartag schichte oder das Museum Runde Ecke zur Stasimit Puderschnee herrscht hier nach der VormitAn der Oper Leipzig Aufarbeitung. tagsprobe reges Getümmel. Direkt vor dem Bühverkörpert Tuomas Pursio Vor dem Bach-Denkmal an der Thomaskirneneingang starten die Fernbusse in alle Richtun- unter anderem den Mephisto che setzt Tuomas Pursio eine Linie seiner künstlegen. Ab 4. März wird Tuomas Pursio wieder zum bösen Kaspar in Webers Freischütz, es ist bereits seine vierte Pro- rischen Passionen: „Erstens Bach, zweitens Wagner und Strauss, duktion dieses urromantischen Identifikationsstücks mitteldeut- drittens Verdi und Puccini.“ Eins tritt derzeit leider zurück, zwei scher Kultur. Im Schatten des neuen Gewandhauses auf der ande- steht im Zentrum. An allen wichtigen Leipziger Musikorten – ren Seite des Augustusplatzes kommt das Gespräch ganz schnell Thomaskirche, Gewandhaus, Universitätsmusiken und vielen auf den breiten Leipziger Musikstrom von Bach zu Wagner über anderen – ist Tuomas Pursio aufgetreten. Doch gibt es hier ZäsuMahler, Mendelssohn, Schumann, Reger bis in die Gegenwart ren zwischen der ausgeprägten Tradition des oft in der Oper und Udo Zimmermanns und Steffen Schleiermachers. Von der Fuß- gleichzeitig Konzerte spielenden Gewandhausorchesters und gängerzone führt der Weg vorbei an der Nikolaikirche, Symbol einer ganz stark profilierten Sakralmusik. Dabei war Bach der der Wende und für Kirchenmusik bis heute ein aktiver Ort ebenso Magnet, der Tuomas Pursio schon ganz früh zur Musik zog. Als wie die durch Bach berühmtere Thomaskirche. „Dort ist das Grab Knabe rückte er schnell auf in die Spitzengruppe der „Cantores meines Idols“, sagt der dunkelhaarige Sänger mit bemerkenswert minores“, dem finnischen Pendant zum Leipziger Thomanerchor, klarem Deutsch ohne Dialektakzente, die er in seinen Gesellen- und begegnete beim Gastspiel der Kruzianer in Helsinki 1980 jahren im Studio der Oper Zürich und der Deutschen Oper am bereits seinem Basskollegen René Pape. 95


l e b e n sa r t

Tuomas Pursio vergleicht die räumliche Weite der Leipziger des vor einem Jahr verstorbenen und hier vergötterten GewandKanäle, die großen Parks von „Klein Paris“ und das Neuseenland hauskapellmeisters Kurt Masur für das Mendelssohn-Haus. Über den Marktplatz mit dem Renaissance-Rathaus und den rundum mit seiner Heimatstadt Helsinki. In Leipzig wurde er nach zwei Spielzeiten von 2000 bis 2002 am Theater Erfurt ganz Messehöfen rundum flanieren wir durch die Ausgehmeile Barschnell zum bekennenden Lipsianer: „Erfurt ist wunderbar, doch fußgässchen zwischen Markt und dem schönen Schauspielhaus, Leipzig liegt mir als Großstädter einfach mehr.“ Damals lernte er dort sitzen zu jeder Jahreszeit Trendsetter und Touristen. Ziel ist das Café-Restaurant „Zum Arabiseine Frau kennen und lieben, sie ist schen Coffe Baum“, eines der ältesten als Musiklehrerin die ideale künstleKaffeehäuser Mitteleuropas und rische Wegbegleiterin. Und sie kann heute eine Filiale des Stadtgeschichtsich mit ihm darüber freuen, dass der lichen Museums. Hier huldigte Bach Vater von drei Kindern (zwölf, zehn mit der Kaffee-Kantate dem koloniaund acht) an der Oper Leipzig nach len Modegetränk, hier scharwenzelte dem Riesenerfolg als bodenständiger Kurfürst August der Starke um die Traummann Mandryka für Strauss’ schöne Wirtin Johanna Elisabeth Arabella immer mehr in das schwere Neumann. Und auch hier geht es um Wagner-Fach hineinwächst. Familie die Musik. Tuomas Pursio ist glückund Berufung beeinflussten natürlich über die vielen gebrochenen lich die Entscheidung für das WohnCharaktere, die er an der Oper Leipquartier. Jetzt wohnt Familie Pursio zig und als in seiner Heimat beliebter in Gohlis, nahe am Rosental-Park, Gast an der Oper Helsinki verkördem idyllischen Schlösschen und den Altes Rathaus pern darf: Mephisto – gleich gegenbeeindruckenden historistischen Hausfassaden, die heute weitflächig strahlen wie vor 1914, als über von Goethes Originalschauplatz Auerbachs Keller–, den diabolischen Nick Shadow und nach seinem Rollendebüt als Prophet Leipzig die reichste Stadt Deutschlands war. „Richard ist Leipziger“, so setzt die Messestadt Wagner auf Jochanaan an der Oper Linz folgt Salome in Leipzig. Bach wird Augenhöhe mit Bach. Wagners Geburtshaus am Brühl steht nicht für ihn weiterhin zu kurz kommen, aber dafür gibt es satte Aufgamehr, doch der Verein Leipziger Notenspur und die aktive Orts- ben bei den Wagner-Tagen jedes Jahr im Mai und einem ersten gruppe des Richard-Wagner-Verbands balancieren die beiden Meis- Strauss-Wochenende im Juni 2017. Damit lässt sich gut leben in ter im Gleichgewicht der Kräfte. Und auf Plakaten wirbt das Porträt Leipzig. ■

Tipps, Infos & Adressen

Musik & Kunst

Essen & Trinken

Übernachten

Februar bis Juni 2017: In den GewandhausKonzerten mit dem neuen Kapellmeister Andris Nelsons (ab September 2017) und des MDR Sinfonieorchesters unter Kristjan Järvi gibt es fast jede Woche Highlights. Die Oper Leipzig prunkt ab 20. Mai mit Charles Gounods His­ torienfetzer Cinq-Mars, Wagners komplettem Ring und dem Bachfest, einem der glanzvollsten Barockfestivals weltweit. Auch die Nähe zu Weimar, Halle, Dessau, Dresden machen Leipzig zum idealen Kultururlaubsort. Das Bach Museum ist didaktisch bestens gelungen, das Kreativquartier Leipziger Westen zeigt allerneueste Kunst in frischen Präsentationen. Die Leipziger Buchmesse bietet einen unübertreffbaren Crashkurs für Gegenwartsliteratur.

Ein Traditionslokal ist die Gosenschenke in Leipzig-Gohlis, dort sieht man auch regelmäßig Künstler wie Roland Seiffarth, Lehár-Experte und früher Chefdirigent der Musikalischen ­Komödie. Menckestraße 5, 04155 Leipzig www.gosenschenke.de

Für Musik- und Kulturliebhaber empfohlen sei das in unmittelbarer von Wagners Geburtsplatz gelegene Hotel Marriott. Doppelzimmer ab 126 Euro Am Hallischen Tor 1, 04109 Leipzig www.marriott.de

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Das Café-Restaurant Zum Arabischen Coffe Baum lohnt immer den Besuch. Kleine Fleischergasse 4, 04109 Leipzig www.coffe-baum.de Eine pulsierende Alternative zur Flaniermeile Karl-Liebknecht-Straße in der Südstadt ist die Karl-Heine-Straße im westlichen Stadtteil Plagwitz.

Gleich zwischen Oper und Nikolaikirche befindet sich das Victor’s Residenz-Hotel als idealer Starter für alle Kulturziele. Doppelzimmer ab 81 Euro Georgiring 13, 04103 Leipzig www.victors.de

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Februar – März 2017

F oto s : J e n s G e r b e r ; Go s e n sc h e n k e; B a r ba r a H e i n z ; A n d r e as Sc h m i dt

Reiseinformationen rund um einen Besuch in Leipzig


l e b e n sa r t

Termin

für globetrotter Im Land, wo die Kirschblüten blüh’n

Japan 20.–29.3. Mitte März beginnt im Süden Japans die Kirschblüte. Sie ist das Symbol des Frühlings und versetzt die Menschen mit ihrer Pracht in einen Rausch. „Ich wünschte, alle Menschen dieses Erdballs / kämen in dieses Land, / kämen zu diesem Berg von Yōshino, / um die Kirschen in voller Blüte zu sehen!“, dichtete im 18. Jahrhundert Kamo no Mabuchi. Japaner lieben die Kirschblüte, weil sie vergänglich ist. Das verbindet sie mit der Musik. Die Klänge tauchen aus der Stille auf und kehren wieder ins Unhörbare zurück. Wer zur Kirschblüte nach Japan reist und neben den zahlreichen Festen auch Oper und Musiker erleben möchte, der kann in Kyoto, Nagano oder Tokio eine Aufführung der von Seiji Ozawa gegründeten Musikakademie besuchen. Das 15. Opernprojekt der Akademie, die junge Künstler aus China, Taiwan, Südkorea und Japan für die westliche Oper begeistern möchte, ist

Bizets Carmen gewidmet. Am Pult steht Ozawas langjähriger Assistent Toshiaki Murakami. Zur Zeit der Meiji-Restauration, als der Westen auf vielen Gebieten zum Vorbild wurde, kamen auch in der Musik westliche Modelle zur Nachahmung. So genießt etwa Mozart in Japan geradezu göttliche Verehrung. Wer traditionelle japanische Musik und Bühnenkunst kennenlernen möchte, der findet sie im Nationalen Nô-Theater in Tokio. Das Nô-Spiel ist die älteste Theaterform Japans, in der sich Wort, Musik und Tanz zu einer Einheit fügen. Es zeichnet sich durch Einfachheit und Würde aus. Andeuten, symbolisieren, einzelne Momente des Lebens erfassen und dabei doch die Gesamtheit zeigen, darin liegt das Wesen des Nô-Spiels, das auch Einfluss auf das europäische Theater hatte. Japan, Kyoto, Nagoya, Tokio, 20., 22., 26. und 29.3., Tokio, Nationales Nô-Theater. Infos unter www.ongaku-juku.com

10 . - 2 3 . A P R I L

KONZERT - 10. APRIL - GRAND THÉÂTRE DE PROVENCE

MONTEVERDI CHOIR • CAPPELLA GABETTA • BAMBERGER SYMPHONIKER • NELSON FREIRE • ANDRÁS SCHIFF • CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE • DANIEL LOZAKOVICH • BEATRICE RANA • MAXIM VENGEROV • THE KNIGHTS • ALISA WEILERSTEIN RENAUD CAPUÇON • SEONG-JIN CHO • ORCHESTRE NATIONAL DE FRANCE • CHRISTOPH ESCHENBACH • CHARLES DUTOIT KHATIA ET GVANTSA BUNIATISHVILI • GIANANDREA NOSEDA MAURO PETER • ALEXANDRA CONUNOVA • THIERRY ESCAICH MARC MINKOWSKI • JEAN-Y VES THIBAUDET • QUATUOR BELCEA • BERTRAND CHAMAYOU • PHILIPPE HERREWEGHE MYUNG-WHUN CHUNG • ROYAL PHILHARMONIC ORCHESTRA

JOHN ELIOT GARDINER

festivalpaques.com

MONTEVERDI, DIE HEIMKEHR DES ODYSSEUS

+33 4 42 91 69 69

vivacitas.fr - © Caroline Doutre.

DER BESONDERE MUSIKALISCHE TERMIN IM HERZEN DER PROVENCE


H o p e

t r i ff t

Die Daniel-Hope-Kolumne

mentalmagisch

Angst davor haben? Daniel Hope: Christoph, hier an Ich glaube nicht, dass Aberglaube Bord der MS Europa hast du wichtig für unsere heutige Welt ist. uns allen gerade vorgemacht, Genauso wenig schadet er aber wie du Gedanken und Gefühle oder muss uns Angst machen. lesen kannst. Weißt du schon, Wenn wir beispielsweise einen welche falschen Töne ich heute Talisman haben, bei dem wir Abend spielen werde? glauben, dass er uns bei Prüfungen Christoph Kuch: In meiner Suite hilft und uns Glück bringt, dann Eine nicht nur mentale, sondern ganz reale Begegnung hängt über dem Fernseher eine zwischen Daniel Hope und Christoph Kuch ist unsere Einstellung eine Vorhersage. Darin ist detailliert positive. Dieser kleine Funken vermerkt, wer von deinem Glück kann uns wiederum helfen, einen tig Hochleistung. Die Frage, die ich am Ensemble sich wann verspielt. Nach eurem entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu wenigsten mag, kann ich ja endlich Konzert kann ich gerne kurz in die Suite jemand anderem stellen: Wie viel übst du haben. Also, wer dran glaubt, den kann der gehen und die Vorhersage holen. Aberglaube auch durchweg positiv eigentlich am Tag?! Du bist Weltmeister der Mentalmagier. beeinflussen. Die Frage, die ICH häufig gestellt Kannst du noch irgendwann abschalten, Du hast schon mit einigen Musikern der bekomme, ist eher „Was machen Sie zum Beispiel, wenn du Musik hörst? Münchener Philharmoniker kollaboOder bist du dauernd am „Vorhersehen“? eigentlich tagsüber?“ Spaß beiseite. Mein riert. Ich denke, wir beiden sollten einen Am besten abschalten kann ich mit meinen abendfüllendes Programm spiele ich in Abend gemeinsam für die Bühne dieser Form schon etwas länger, entspreKindern. Aber wie bei jeder Leidenschaft konzipieren. Aber nur, wenn du verdenkt man im Grunde ständig daran, sucht chend sitzen da das Timing und die sprichst, meine PIN-Nummer nicht zu Technik. An neuen Experimenten und nach neuen Inspirationen und kreativen verraten ... Ideen muss ich täglich arbeiten, um diese Ideen. Ganz abschalten kann man das Vielen Dank für die Einladung, da bin ich zu verinnerlichen. Sagen wir so, es vergeht nicht. Es ist aber nicht so wie bei Mel kein Tag, an dem ich nicht mindestens eine gerne dabei. Und, ich hatte ja schon Gibsons Was Frauen wollen, dass mir versprochen, dir bei diesem Abend einen neue Technik ausprobiere. ständig Gedanken von Fremden entgegenfliegen. Das wäre, glaube ich, schlimm. Was In deinem Buch „Sei nicht abergläubisch, Wunsch zu erfüllen: nämlich einmal zu schweben. Schließlich bin ich nicht nur ich mache, ist eine Unterhaltungsshow, und das bringt Unglück!“ sprichst du über Rituale und Aberglaube. Das gibt es auch Mentalist oder Gedankenleser, sondern mein Medium, so wie bei dir die Musik, ist auch Magier! Ich freu mich heute schon bei uns. Wie wichtig ist Aberglaube in eben die Mentalmagie. darauf. unserer heutigen Welt? Und sollten wir Was du machst ist Kunst, aber gleichzein 100

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Februar – März 2017

F oto: p r i vat

Christoph Kuch weiß schon heute, welche Fehler unser Lieblingsgeiger und Kolumnist Daniel Hope morgen machen wird. Denn Kuch lebt vom Gedankenlesen ...


LIVE IN CONCERT 2017 F I L M M U S I K 06.10.2017 – Nürnberg 21.10.2017 – Hamburg 26.10.2017 – Düsseldorf 29.10.2017 – München 05.11.2017 – Stuttgart 10.11.2017 – Hannover 14.11.2017 – Hamburg 18.11.2017 – Frankfurt 19.11.2017 – Berlin 08.12.2017 – Augsburg TICKETS UNTER:

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ZEIT UND ERINNERUNG – EINE HOMMAGE AN VIRGINIA WOOLF »BERAUSCHEND UND E I N D R I N G L I C H A U S D R U C KS V O L L« THE GUARDIAN

A LS C D, V I N Y L, D OW N LOA D & ST R E A M W W W. M A X - R I C H T E R . N E T


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