CLASS: aktuell 03/2016

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CLASS : aktuell Association of Classical Independents in Germany

Gelb wie Lebensfreude Amaryllis Quartett

Klassik: XL  ECHO Klassik - Preisträger in Konzert  |  Efa Hoffmann  Lieder von Schumann und Brahms | Arabella Steinbacher  Vorlieben | Berliner Philharmoniker  Eigenes Label | Opus Vocale  Zeit für Reger | Elisaveta Blumina  Musikalische Verbrüderung


AM 9. OKTOBER 2016 AB 15:30 UHR IM KONZERTHAUS BERLIN MODERATION: THOMAS GOTTSCHALK IM TV: 9. OKTOBER 2016 UM 22:00 UHR IM ZDF WWW.ECHOKLASSIK.DE #ECHOKLASSIK2016

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CLASS : aktuell Class: aktuell 3 / 2016 Inhalt

Im Musikunterricht haben wir einmal gelernt, dass es genau zwei Tongeschlechter gibt – Dur („hart“) und Moll („weich“). Nun ist es mit den Geschlechtern so eine Sache, wie wir heute wissen. Es gibt da eben kein Entweder-oder, Schwarz oder Weiß. Heute unterscheiden wir biologisches und soziales Geschlecht, sprechen von Inter- und Transsexuellen, von Transgendern, Gender-Crossern und Cross-Dressern. Und warum, bitte, sollte das bei den Tongeschlechtern anders sein? Die alten Griechen zum Beispiel, die auch mit Hermaphroditen und sexuellen Metamorphosen vertraut waren, kannten nicht nur zwei, sondern gleich sieben unterschiedlich gebaute Tonleitern. Der Philosoph Platon lobte die ermutigende Kraft des dorischen Modus und den milde stimmenden Einfluss der phrygischen Skala. Dagegen hätte er die ionische, lydische und mixolydische Tonleiter am liebsten verbieten lassen. In der indischen und arabischen Musik sind sie übrigens noch heute in Gebrauch. Man kann alle sieben altgriechischen Modi auf den weißen Tasten des Klaviers spielen.

Gender Diversity Aber wenn wir die beiden Halbtonschritte der Dur- und Mollskala ein wenig näher zusammenschieben, erhalten wir sogar noch 14 weitere Tonleitern oder Geschlechtervariationen. Eine davon heißt „alterierte Skala“, eine andere „Melodisch Moll“. Fügen wir dagegen in unsere siebentönige Leiter einen Hiatus ein, eine übergroße Sekunde, ergeben sich noch einmal 140 neue Tongeschlechter, darunter „Harmonisch Dur“ und „Harmonisch Moll“, die jüdischen Skalen „Phrygisch-Dominant“ und „Mi Sheberach“, die aufsteigende Enigmatische Leiter, das sogenannte „Blues-Dur“ oder auch verschiedene arabische Maqamat (Modi) wie Sikah und Higaz. Mit zwei Hiatus erhalten wir weitere 105 Tonleiter -  Variationen wie die absteigende Enigmatische Leiter, das politisch unkorrekt bezeichnete „Zigeuner -  Dur“ und „Zigeuner -  M oll“ sowie diverse Skalen indischer Ragamusik. Soll ich fortfahren? Theoretisch nämlich gibt es 462 Möglichkeiten, innerhalb einer chromatischen Oktave eine siebentönige Tonleiter zu bilden. Von wegen zwei Geschlechter! Und wissen Sie was? Tonleitern müssen gar nicht immer sieben Töne haben. Deshalb benutzen wir Begriffe wie Hexatonik und Pentatonik: Auch sechs oder fünf Töne können eine Leiter bilden. Rechnet man die Extremfälle mit ein – nämlich die komplette chromatische Skala bzw. nur ein einziger Ton pro Oktave –, dann erhält man die sagenhafte Zahl von 2048 möglichen Tonleitern mit dem Ambitus einer Oktave. Mathematiker können das gerne nachprüfen anhand des Pascalschen Dreiecks, zwölfte Zeile von oben. Soll ich immer noch weitermachen? Dann so: Auch Tonleitern mit einem größeren oder kleineren Umfang als der Oktave sind natürlich denkbar – sogar solche mit unendlichem Ambitus. Außerdem müssen sich Tonleitern gar nicht grundsätzlich an die chromatische Skala halten: Viertel- und Mikrotöne finden wir bei John Cage und Morton Feldman ebenso wie in vielen außereuropäischen Musikkulturen. Diese Riesenzahl der Tongeschlechter sollte uns lehren, auch bei unseren Mitmenschen die Vielfalt und das Allerlei zu schätzen.

4 Lebensfreude in Gelb Amaryllis Quartett vollendet seine erfolgreiche CD-Farbenreihe

6 Venus & Adonis Weltpremiere der ersten englischsprachigen Oper 7 Unbegreifliche Schönheit Efa Hoffmann singt Lieder von Schumann und Brahms 8 Regers Klarinettensonaten – leidenschaftlich und mitreißend von Robert Oberaigner und Michael Schoech 9 Fantasien, Rhapsodien & Tagträume Arabella Steinbachers Vorlieben 10 „...zu tun, was uns fasziniert“ Die Berliner Philharmoniker mit eigenem CD-Label 11 Debut – Werke für Gitarre Jonas Khalils vermittelt einen Kosmos von Gefühlen 12 Eine musikalische Freundschaft Julia Fischer und Daniel Müller-Schott 13 Zeit für Reger Opus Vocale präsentiert eine Werkschau 14 Eine musikalische Verbrüderung gelingt Elisaveta Blumina mit ihrem neuesten Album 15 Schumann – neue Verve für die romantische Welt durch Cappella Aquileia und Markus Bosch 16 Musik von Les Six Miki Aoki im Paris um 1920 17 Fingerfertig, leichtfüßig und livehaftig Vladimir Soltans beeindruckendes Klarinettendebut 18 CLASS stellt vor: Preisträger des ECHO Klassik 2016 22 Klassik: XL ECHO Klassik-Preisträger im Konzert 27 Classical: NEXT 2016 Die Klassikwelt trifft sich in Rotterdam 28 Im Blickpunkt Neuheiten vorgestellt von CLASS

Impressum Herausgeber/Verlag:

CLASS e.V. Association of Classical Independents in Germany Bachstraße 35, 32756 Detmold Tel. 05231- 938922 class@class-germany.de Redakteur (v.i.S.d.P): Dr. Rainer Kahleyss Anzeigen: Gabriele Niederreiter Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl Druck: Westermann Druck, Braunschweig Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Lächelnd am Fuße aller Tonleitern grüßt Sie Hans-Jürgen Schaal

Druckauflage: 133.600 2. Quartal 2016 ISSN: 2195-0172 Titel-Foto: Tobias Wirth

geprüfte Auflage

Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.bielekat.de

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Fotos: © Tobias Wirth, Berlin

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Gelb wie Lebensfreude Amaryllis Quartett vollendet erfolgreiche CD-Farbenreihe mit YELLOW

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iener Klassik und Zweite Wiener Schule sind ein erstaunliches Erfolgs-Gespann: Den hoch gelobten, bei Genuin Classics erschienenen CDs mit Streichquartetten von Haydn und Webern (White), von Beethoven und Berg (Red) schickt das Amaryllis Quartett nun eine neue Aufnahme mit Werken von Mozart und Schönberg hinterher. Als fünfte CD in der damit vollendeten Farbenreihe – in der noch Schumann mit Kurtág

(Green) sowie Debussy und Ravel mit Yang (Blue) gekoppelt wurden – segelt sie unter gelber Flagge. Das hat einen besonderen Grund: Wassilij Kandinskys Gemälde „Impression III“. Geigerin Lena Sandoz berichtet, dass das junge Amaryllis Quartett sich während seiner Arbeit mit Walter Levin in Basel vor rund zehn Jahren schon intensiv mit Schönberg auseinander gesetzt hat. „Wir haben damals förmlich mit dem 4. Streichquartett Schönbergs ge-

Yellow Streichquartette von W.A. Mozart und Arnold Schönberg Katharina Persicke, Sopran Amaryllis Quartett: Gustav Frielinghaus und Lena Sandoz, Violine Tomoko Akasaka und Lena Eckels, Viola Yves Sandoz, Violoncello Genuin classics GEN 16438 ( 2 CDs )

kämpft, es hat uns viel Mühe gekostet, aber Walter Levin hat uns sehr sensibel in diese Welt eingeführt. Auch ein Ausstellungsbesuch gehörte damals dazu. Dabei entdeckten wir Kandinskys Gemälde Impression III, das er nach einem Konzert mit Werken Schönbergs – unter anderem eben dem zweiten Streichquartett – gemalt hat. Anschließend entwickelte sich daraus sogar ein intensiver Briefwechsel zwischen den beiden Künstlern.“ Das flutende Gelb dieses Bildes, das auch im Booklet der neuen CD „Yellow“ abgedruckt

White Streichquartette von Joseph Haydn und Anton Webern Amaryllis Quartett Genuin classics GEN 11218

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ist, vereint nun also Mozart und Schönberg. Dessen zweites Quartett beschäftigt die vier Musiker des Amaryllis Quartetts schon seit Jahren, und da sie es oft und erfolgreich mit Katharina Persicke live aufgeführt haben, ist die Sopranistin nun auch auf der CD mit dabei. „Dieses Werk spiegelt in seinen vier Sätzen ganz wunderbar Schönbergs Entwicklung und damit ein Stück Musikgeschichte auf engem Raum. Der Weg führt vom 1. Satz in fis-Moll immer weiter weg in die freie Tonalität. In dieses Visionäre fügen sich die wie aus einem Fiebertraum geschaffenen Gedichte von Stephan George – ‚Tief ist die trauer, die mich umdüstert‘ im 3. Satz Litanei und ‚Ich fühle luft von anderem planeten‘ im 4. Satz Entrückung – wunderbar ein“, erläutert Lena Sandoz. Mit Schönbergs revolutionierendem Komponieren korrespondiert Mozarts Kühnheit. Sie wird in seinem 1784 / 85 entstandenen und damals vielfach abgelehnten Streichquartett C-Dur KV 465 aus der Reihe der Haydn gewidmeten Quartette hörbar. „Vor allem mit der Einleitung irritierte Mozart seine Zeitgenossen. Er ist auf seine Weise eben auch an Grenzen gegangen“, bestätigen die vier Streicher. In diesem sogenannten „Dissonanzenquartett“ präsentiert sich das Amaryllis Quartett auf CD erstmals mit der neuen Bratscherin Tomoko Akasaka. Die in Japan geborene Musikerin konzertiert weltweit als Solistin und Kammermusi­ kerin. Sie studierte Violine an der Franz-LisztMusikakademie in Budapest und Viola an der Toho Musik Universität Tokyo und am Genfer Musikkonservatorium bei Nobuko Imai, als

Red Alban Berg: Streichquartett Op. 3  (1909 /10) Ludwig van Beethoven: Streichquartett in cis-Moll, Op. 131  (1826) Amaryllis Quartett

deren Assistentin sie gleichzeitig tätig war. Im die CD eröffnenden B-Dur-Werk – ebenfalls zu den sechs Haydn gewidmeten Streichquartetten gehörend – und auch im SchönbergOpus ist noch Lena Eckels an der Bratsche aktiv. Somit beschert die CD „Yellow“ (Gelb) den Zuhörern das Amaryllis Quartett in alter und neuer Besetzung. Das B-Dur Quartett KV 458 lässt Mozarts harte Arbeit, von der er bei diesen Streichquartetten

Green Streichquartette von Robert Schumann und György Kurtág Amaryllis Quartett Genuin classics GEN 13290

Genuin classics GEN 13261

berichtet hat, nicht erahnen. „Dieses ‚Jagdquartett‘ setzt eher einen Kontrast zum C-Dur-Werk und wirkt unkompliziert, bejahend und leicht hingeworfen…“, finden die vier Interpreten. Dass die langsamen Sätze in den beiden Mozart-Quartetten – das Adagio in KV 458 und das Andante cantabile in KV 465 – so gesanglich und arios klingen, schafft eine weitere, zarte Verbindung von Mozart zu Schönbergs tatsächlich im Gesang ausklingenden Opus 10. Gabriele Luster

Blue Streichquartette von Claude Debussy, Lin Yang und Maurice Ravel Amaryllis Quartett Genuin classics GEN 15373

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Foto C. Hendrick: © Raphaelle Photography

Brahms

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in Vollendung

The Harmonious Society Of Tickle-Fiddle Gentlemen (o.), Sopranistin Philippa Hyde ( l.) und Mezzo-Sopranistin Ciara Hendrick (r.)

Johann Christoph Pepusch

Christian Tetzlaff,

Venus & Adonis

Violine

Die Weltpremiere der ersten englischsprachigen Oper ist eine Entdeckung!

Lars Vogt,

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Klavier

ereits zehn Jahre bevor Georg Friedrich Händel erstmals seinen Fuß auf englischen Boden setzte, hatte sich bereits ein anderer deutscher Musiker in der Stadt an der Themse niedergelassen: Johann Christoph Pepusch. Dem in Berlin geborenen Komponisten eilte europaweit der Ruf als Meister seiner Kunst voraus, und so machte er in London rasch eine steile Karriere. Seine Tätigkeit als musikalischer Direktor am Royal Theatre Drury Lane verschaffte Pepusch die perfekte Ausgangsposition, um die moder­ ne italienische Oper, die es beim skeptischen

Photo © Giorgia Bertazzi

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„An diesem lebendigen, sich in den Gehörgängen festsetzenden Dialog und dieser für mich fast schon magischen gestalterischen Reife werden sich alle noch kommenden Einspielungen der BrahmsViolinsonaten messen lassen müssen.“ Christof Jetzschke in www.klassik-heute.de

Im Vertrieb von NAXOS Deutschland

Johann Christoph Pepusch (1667  - 1752) Venus & Adonis – An English Masque Philippa Hyde, Sopran Ciara Hendrick, Mezzo-Sopran The Harmonious Society Of Tickle-Fiddle Gentlemen Ramée RAM 1502

www.ondine.net

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Londoner Publikum recht schwer hatte, mit der englischen Sprache in Einklang zu bringen und so den Grundstein für die Tradition des englisch­ sprachigen Musiktheaters zu legen. Mit „Venus & Adonis“ schuf der risikofreudige Komponist eine englischsprachige opera seria en miniature, die jedoch mit allen musika­ lischen Raffinessen des italienischen Vorbilds ausgestattet war. Als die Oper 1715 mit zwei herausragenden Sängerinnen in den Hauptrol­ len und einer erlesenen „Kapelle der besten Meister in der Instrumentalmusik“ erstmals im Drury Lane Theater zu sehen war, gab es nichts Vergleichbares in englischer Sprache. Die Oper wurde ein riesen Erfolg! Der sorgfältigen Recherche von „The Harmo­ nious Society Of Tickle-Fiddle Gentlemen“ ist es zu verdanken, dass Englands älteste Oper nun erstmals auf CD zu hören ist. Dem Gründungs­ mitglied Robert Rawson und seinen Mitstreitern ist es gelungen, anhand eines erhaltenen Satzes der kompletten Stimmen und eines Drucks des Werkes von 1716 die Premieren-Version von „Venus & Adonis“ aus dem Drury Lane Theater zu rekonstruieren. In historischer Aufführungs­ praxis, bei der u.a. auch aus dem Ensemble heraus dirigiert wird, können wir nun ein Stück vergessener Musikgeschichte genießen. „Venus & Adonis“ ist jedoch nicht nur mu­ sik­historisch eine echte Entdeckung, sondern auch musikalisch eine Perle der barocken Komponierkunst. Veronika Lindenmayr

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Von unbegreiflicher Schönheit

www.efahoffmann.com

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er jemals einen Fürst Pücklerschen Park, etwa in Bad Muskau oder den Branitzer Park in Cottbus besucht hat, hat das Wesen der Romantik am eigenen Leibe erfahren: Es geht nicht darum möglichst schnell und geradewegs ein Ziel zu erreichen, sondern die Wege um der Wege willen zu gehen, dabei unerwartete Abzweigungen zu beschreiten und hinter jeder Biegung neue, überraschende Eindrücke zu gewinnen – nirgendwo hat der Sinnspruch vom „Weg als Ziel“ mehr Berechtigung als hier. In der Musik gehört Robert Schumanns „Liederkreis“ zum romantischsten, was die Kunst je hervorgebracht hat. Das liegt nicht zu­ letzt an Joseph von Eichendorffs wunderbaren Gedichten: Das tief empfundene Suchen, Seh­ nen und Verlangen ist wohl kaum eindrück­ li­cher in Worte gefasst worden. Dass dabei manche sicher geglaubte Gewissheit über Bord geworfen werden muss – wen schert´s? Für ihr CD-Debüt hat Efa Hoffmann dem „Liederkreis“ eine Auswahl Volkslieder aus der Feder von Johannes Brahms zur Seite ge­ stellt und offeriert so eine facettenreiche Aus­ sicht auf die verbindende „Waldeinsamkeit“, die sie in ihren auch optisch besonders gestal­

teten Liederabenden dem Publikum präsentiert. Dabei stand ein Irrtum am Anfang ihrer Aus­ einandersetzung mit dem „Liederkreis“ – eigent­ lich wollte Efa Hoffmann eine ganz andere Noten­ ausgabe erwerben. Aber auch das ist typisch Romantik: Das Geplante aufgeben, Überraschen­ des entdecken und aufsaugen, was auf einen zukommt… Und so begann eine Liebesgeschichte, die mit dieser Aufnahme des „Liederkreises“,

gemeinsam mit Edward Rushton, einen vorläu­ figen Höhepunkt erlebt. „Hüte dich, sei wach und munter!“ mahnt Eichendorff am Schluss von „Zwielicht“. Dass Schumann dies als Motto über „Der Vogel als Prophet“ aus den „Waldszenen“ setzt, zeigt seine innige Verbundenheit mit der Ideenwelt der ro­ mantischen Dichter. Da ist das Ungewisse, Unbe­ herrschbare und Zwielichtige mit den Ohren zu greifen! Johannes Brahms wählt eine Gene­ ration später einen anderen Weg: Seine „Volkslieder“ nehmen den volkstümlichen Tonfall in ergreifender Einfachheit auf; da ist nichts zu viel und nichts zu wenig, viel­ sagende Andeutungen werden vermieden. Und dennoch – oder gerade deswegen? – gehen die Lieder direkt zu Herzen – das ist schlicht ergreifend und von unbeschreib­ licher Schönheit! Klaus Friedrich

Meine Lieder – Waldeinsamkeit Lieder und Klavierwerke von Robert Schumann und Johannes Brahms Efa Hoffmann, Sopran Edward Rushton, Klavier Audiomax 703 1958-2

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Foto: © Eva Friederike Hoffmann

Schumann / Brahms Liederrezital Efa Hoffmann


CLASS : aktuell Aktuelle Konzerte: 20. 10. 2016 H all in Tirol, Österreich 25. 06. 2017 Garmisch-Partenkirchen ( Richard Strauss Tage ) 28. 06. 2017 Schloss Wolkenburg, Sachsen ( Verein „artis causa“)

Foto: Arturo Fuentes

08. 10. 2016 Weiden ( Abschlusskonzert der Max Reger Tage )

Robert Oberaigner und Michael Schoech

Reger heute: Frisch. Leidenschaftlich. Mitreißend. Max Reger

Neueinspielung der Klarinettensonaten

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chön, werde ich auch solche zwei Dinger schreiben!“ kommentierte Reger eine Aufführung mit Brahms´ Klarinettensonaten. Und hielt nur wenige Wochen später Wort: Gleich im Doppelpack komponierte er seine ersten beiden Klarinettensonaten op. 49. Robert Oberaigner, junger Soloklarinettist in der Dresdner Staatskapelle, und ARD-Preisträger Michael Schoech präsentieren diesen Geniestreich zusammen mit der Sonate op. 107, und wie sie das tun, sollte auch eingefleischte Reger-Skeptiker bekehren. Als willkommene Zugaben runden „Tarantella“ und „Albumblatt“ mit unerwartetem Tonfall das klarinettistische Oeuvre des Oberpfälzer Meisters ab. Schon der Beginn von op. 49 /  Nr. 1 nimmt absolut gefangen: „ Allegro affannato“ schreibt Reger den Ausführenden vor, und wie Oberaigner und Schoech den Charakter irgendwo zwischen „atemlos“, „gehetzt“ und „bedrückt“ einfangen, muss man gehört haben. Von ganz besonderem Reiz ist die Einflechtung des Volkslieds „Ach, wie ist´s möglich denn“

im zweiten Satz, eine Passage, die auch schon die Zeitzeugen der Uraufführung tief berührt hat. Regers dritte Sonate, etwa acht Jahre nach den ersten beiden entstanden, erzielt ihre Wirkung auf gänzlich andere Weise: Von klassizis­ tischer Übersichtlichkeit, überzeugt das Werk mit einer Klarheit und Einfachheit von größter Meisterschaft. Die Uraufführung, bei der auch der Widmungsträger Großherzog Ernst Ludwig zu

Hessen zugegen war, muss ein überwältigender Erfolg gewesen sein. Kein Wunder – man höre nur einmal den Schluss des ersten Satzes: Wie Oberaigner und Schoech das ersterbende Ende gestalten, hat ganz große Klasse! Die beiden bilden ein kammermusikalisches Traumpaar, wie es selten zu finden ist. Da werden Klangfarben und Ausdrucksgesten übernommen und weitergereicht, dass es eine Freude ist; man überbietet sich in dynamischer Expression – bei Reger ein absolutes Markenzeichen – und findet auch im Unbestimmt-Suchenden zu einer gemeinsamen Haltung. Oberaigners` „Gerold“ Klarinette und der Steinway „Manfred Bürki“ von 1901 sind im luxuriösen 2+2+2-Klang mit feinsten Raumwirkungen auf Super Audio CD eingefangen. Fazit: So klingt Reger heute. Frisch, leidenschaftlich, mitreißend. Lisa Eranos

Max Reger (1873 - 1916) Sämtliche Werke für Klarinette und Klavier Robert Oberaigner, Klarinette Michael Schoech, Klavier MDG 903 1963-6 (Hybrid-SACD)

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WERGO

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Enjott Schneider bei WERGO

Metamorphosen WER 51102 (CD)

China Meets Europe

Foto © Sammy Hart

WER 51112 (CD)

Ganz nah dran…

Erdgebunden

Seelengemälde

WER 51122 (CD)

WER 51132 (CD)

Bach, Dracula, Vivaldi & Co.

Shadows in the Dark / Schatten im Dunkel

Arabella Steinbacher gilt als eine der emotionalsten Geigerinnen. Auf Ihrem neuesten Album erleben wir die Künstlerin so vertraut und persönlich, wie nie zuvor.

PENTATONE PTC5186536

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enn das Publikum gefragt wird, was es an Arabella Steinbacher so schätzt, so ist oft die Antwort: Ihre emotional berührende Art des Vortrags. In der Tat hat sich die Münchnerin bislang weniger als Virtuosin hervorgetan (obwohl ihre makellose Technik jegliche spieltechnische Hürde vergessen lässt), als vielmehr als eine wirkliche und wahrhaftige Poetin der Musik, eine Poetin der Violine. Immer wieder legt Steinbacher bei ihren Programmen ganz besonders viel Wert darauf, dass sie nicht einfach irgendwelche Repertoirestandards aufwärmen. Sondern ihr Hauptaugen-

merk gilt vor allem der persönlichen Beziehung, die sie zu den Stücken hat. Spricht das Stück zu mir? Und kann ich dem Stück etwas von mir geben? So scheint Arabella Steinbacher häufig zu denken, und so klingt, was sie interpretiert. „Fantasies, Rhapsodies & Daydreams“ ist das bislang persönlichste, ja, intimste Album Arabella Steinbachers. Für dieses Programm hat die Violinistin ganz ausdrücklich nur solche Werke ausgewählt, die zu ihren persönlichen Lieblingsbeiträgen zur Welt der Violinliteratur gehören. Dabei herausgekommen ist ein Rezital mit überwältigend schönen Stücken und weltbekannten Melodien: Angefangen mit Massenets „Méditation“ aus der Oper „Thaïs“ über Sarasates feurige „Zigeunerweisen“ und Saint-Saëns exo­ tische „Havanaise“ bis hin zu Ralph Vaughan Williams tagverträumter sinfonischer Dichtung „The Lark Ascending“, die den Flug einer Lerche beschreibt. Mit dem Orchestre Philharmonique de Mon­ te-Carlo unter der empathischen Leitung Lawrence Fosters ist dieses neue Album Arabella Steinbachers nicht nur eine vielversprechende Novität. Es ist vielmehr ein echtes Juwel, denn es ist ein zutiefst persönliches, nahe gehendes Künstlerstatement, wie man es heute nicht mehr oft findet. René Brinkmann

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WER 51142 (CD)

WER 51152 (CD)

demnächst erhältlich: Fatal Harmonies WER 51162 (CD)

Confessions in East-West WER 51182 (CD)

Mystic Landscapes WER 51172 (CD)

Ancient Mysteries of China WER 51192 (CD)

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin / Kevin John Edusei / László Fenyö / Johannes Fischer / Christoph Hartmann / Vesselina Kasarova / Xincao Li / Wolfgang Lischke / Jens Peter Maintz / Albrecht Mayer / Dorothee Oberlinger / Alondra de la Parra / Wolfgang Emanuel Schmidt / Tonkünstler-Orchester / Oliver Triendl / Ingolf Turban / Wu Wei / Ariel Zuckermann … Fordern Sie bitte unseren Katalog an! WERGO, Weihergarten 5, 55116 Mainz, Deutschland, service@wergo.de | www.wergo.de


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Foto: © Sebastian Hänel

Ein Gesamterlebnis, das neue Standards setzt Olaf Maninger über das Label Berliner Philharmoniker Recordings

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er neue Sibelius-Zyklus mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, erschienen auf dem eigenen Label des Orchester, gehört zu den Gewinnern des diesjährigen ECHO Klassik. Aus diesem Anlass sprach CLASS: aktuell mit Olaf Maninger, Solocellist und Medienvorstand der Berliner Philharmoniker.

Herr Maninger, die Musik der Berliner Philharmoniker wurde auf unzähligen Aufnahmen der großen Plattenfirmen dokumentiert. Warum dann ein eigenes CD-Label?

Für uns als Berliner Philharmoniker ist das ein logischer Schritt in die weitere Selbstständigkeit. Im audiovisuellen Bereich sind wir mit der Digital Concert Hall bereits autonom geworden und haben uns einen weltweiten Online-Freundeskreis aufgebaut. Vor diesem Hintergrund liegt es einfach nahe, auch eigene Audio-Produktionen zu entwickeln und zu vertreiben. Wobei es hier nicht nur um CDs geht, sondern wir verbinden die Audio-Aufnahmen mit vielfältigen Video-Materialien. Damit schaffen wir ein Gesamterlebnis, das unsere Arbeit umfassend abbildet. Das geht schon über das hinaus, was Label normalerweise anbieten. Gerade auch weil wir hier qualitativ neue Standards setzen möchten, mit High-Resolution-Audio für die absoluten Technik-Fans und mit einer besonders schönen Produktgestaltung. Soviel zur Präsentation. Aber worum geht es Ihnen inhaltlich?

Wir haben als erstes die vier SchumannSymphonien mit Simon Rattle veröffentlicht, und das sagt schon viel über unsere inhaltliche Ausrichtung. Es geht uns um das Repertoire, das uns besonders nahe ist: die großen Orchester-

werke der Klassik und Romantik. Bei den großen Labels kommen Orchester heute ja eher als Begleitung in Solokonzerten und Arien-Alben zum Einsatz. Wir setzen dazu einen Kontrapunkt, mit symphonischen Zyklen von Schumann, Schubert, Sibelius und Beethoven. Und wenn wir so außergewöhnliche Projekte wie die BachPassionen in der Inszenierung von Peter Sellars realisieren, werden natürlich auch die – als reine Videoveröffentlichung – publiziert. Insofern freut es uns besonders, wenn eine Edition wie die Sibelius-Symphonien mit einem ECHO ausgezeichnet wird – einfach weil uns diese Projekte selbst so am Herzen liegen. Hinter den großen Labels stehen immer auch große Firmen mit vielen Mitarbeitern. Wie ist das bei Ihnen?

Unser Team hat auch schon eine substan­ tielle Größe erreicht. Zum Beispiel mit Christoph Franke, unserem Recording Producer, mit dem wir schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten und der auch in der Digital Concert Hall für beste Tonqualität sorgt. Denn natürlich steht für uns immer der Klang im Zentrum unserer Produktionen. Auch sonst arbeitet das Team der Digital Concert Hall am Label mit. Es hat uns viel Spaß gemacht, alle diese Menschen zusammenzuführen und mit ihnen genau die Produkte zu machen, die uns selbst gefallen. Ob die dann auch beim Publikum auf Gegen­ liebe stoßen, muss man genau beobachten. Da befinden wir uns immer noch in einem Lernprozess, der auch eine ordentliche Portion Selbstkritik erfordert. Das Ziel ist natürlich, eigene künstlerische und konzeptionelle Ideale mit den Erfordernissen des Marktes in Über­ einstimmung zu bringen. Das ist dann die Königsklasse der Label-Produktion.

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Die Musiker der Berliner Philharmoniker sind auch in Sachen Kammermusik sehr aktiv. Wird sich das in Ihren Veröffentlichungen niederschlagen?

Das ist auf der einen Seite ein unglaublich reizvoller Gedanke. Auf der anderen Seite ist das, was wir kammermusikalisch machen, so vielfältig, dass es die Kapazitäten unseres Labels sprengen würde. Immerhin gibt es bei uns an die vierzig Kammermusik-Gruppen. Aber wie gesagt: die Idee an sich ist wahnsinnig schön. Wenn nicht die Kammermusik im Fokus steht, was sind dann die aktuellen Projekte?

Wir haben ja gerade eine für uns ganz zentrale Edition veröffentlicht: die Beethoven-Symphonien mit Simon Rattle, die wir im Oktober 2015 live in der Philharmonie aufgenommen haben. Das ist für uns ein wirklicher Gipfelpunkt, weil wir uns damit in die Tradition vieler großer BeethovenZyklen auf Tonträger stellen, die die Berliner Philharmoniker mit ihren Chefdirigenten aufgenommen haben. Unsere nächste Veröffentlichung ist dann wieder etwas ganz anderes: eine VinylEdition der vier Brahms-Symphonien. Vinyl ist sowieso ein spannendes Thema für uns, wir haben hier schon ein paar Veröffentlichungen vorgelegt. Aber die Brahms-Aufnahme ist nochmal aufregender, weil wir diese im Direktschnittverfahren produziert haben. Das heißt, das Signal wurde live beim Konzert in die Vinyl-Master-Folien geschnitten – ohne jede Nachbearbeitung. Für Analog-Fans ist das das Nonplusultra. Ein bisschen aben­teuerlich ist so ein Projekt schon, aber genau dafür brauchen Sie ein eigenes Label: Um das zu tun, was Sie selbst fasziniert. Weitere Informationen unter: www.berliner-philharmoniker-recordings.com


www.jonaskhalil.com

Foto: © Alexander Wunsch

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Ein Kosmos von Gefühlen Vor Jahren hat Jonas Khalil in mehreren Aufführungen der Oper „The Fall of the House of Usher“ von Philip Glass im Pforzheimer Theater mitgespielt. Die Horrorstory aus der Feder Edgar Allan Poes hat Glass in der für ihn typischen Form der Minimal Music in düsteren Farben musikalisch verarbeitet.

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ls Jonas Khalil vor einiger Zeit, gesundheitlich angeschlagen, zum Nichtstun gezwungen war, fielen ihm Motive dieser Oper wieder ein und er nutzte diese Zeit, mit ihnen für sein Instrument eine Rhapsodie als Hommage an Philip Glass zu schreiben – diese Debut-CD endet mit ihr. Alle fünf Werke auf dieser Jonas-KhalilDebut-CD stehen in Moll-Tonarten. Der junge Gitarrist betont, dass die Auswahl der Stücke seine Gemütsverfassung widerspiegelt, als er sie traf. Auf den sechs Saiten der Konzertgitarre zeigt Khalil, wie in vielfältiger Anschlags-, Zupf- und Grifftechnik farbige Klangwolken entstehen und ein Kosmos von Gefühlen vermittelt wird. Die bewusst gewählte Werkabfolge der Debut-CD scheint darauf hinzudeuten, dass dieser junge Musiker sich auf einen Weg gemacht hat „per aspera ad astra“, vom Dunkel ins Licht. Alle Werke dieser CD unterwerfen sich diesem Muster.

In den für sich selbst bearbeiteten beiden Sätzen der zweiten Violinsonate aus op. 27 des exzentrischen Belgiers Eugen Ysaÿes zeigt sich Jonas Khalils Vertrautheit mit Bachs Kompositionskunst, die er mit vielen Gitarristenkollegen teilt; geprägt von der Beschäftigung mit Bach versteht Khalil seine Bearbeitung der bereits phantasievoll verfremdeten Vorlage als dankerfüllte Huldigung an einen seiner großen Lehrmeister. Gaspar Cassadó wirkt als zeitgenössischer Impulsgeber, wenn Khalil in zwei Sätzen seiner Cellosuite deren spanisches Flair in mitreißend rhythmischer Klangfülle in seinem eigenen Arrangement auf die Saiten seiner Gitarre überträgt und auch in diesen in Moll-Stimmung gehaltenen Klangfiguren Lichtpunkte findet. In seinen 1991 entstandenen sechs „BalkanMiniaturen“ beschwört der 1955 in Serbien geborene Gitarrist Dušan Bogdanovic, nach dem schrecklichen Austoben lebensfeindlicher Leidenschaften in seiner Heimat, die Sehnsucht nach Frieden in ergreifenden Bearbeitungen folkloristischer Vorlagen seiner Heimat: der Einführungstext der Partitur endet nämlich mit den Worten: „I dedicate this music to World Peace“. Auch in diesen Miniaturen – jede dauert nur etwa eineinhalb Minuten – erscheinen hinter den verstörenden Klängen immer wieder kleine Lichtpunkte einer tiefen Versöhnungssehnsucht. Diether Steppuhn / Kerstin Hänßler Debut: Werke für Gitarre von Ysaÿe, Cassadó, Bogdanovic, Arnold und Khalil Jonas Khalil Hänssler Classic HC16044

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Profil

Edition Günter

Hänssler

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PROFIL & hänssler CLASSIC NEUERSCHEINUNGEN

Eine musikalische Freundschaft Julia Fischer und Daniel Müller-Schott

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Violine und Cello sind eine Besetzung, für die nur sehr wenige Werke geschrieben wurden. Dabei ist die Kombination beider Instrumente höchst reizvoll: Manchmal kann man kaum erraten, welches Instrument gerade spielt: das Cello

Foto © Christine Schneider

in der hohen Lage? Die Violine auf den tiefen Saiten?

ANTON BRUCKNER – Messe Nr. 3, Psalm 146, Orgelwerke Gerd Schaller, Orgel · Philharmonischer Chor München Philharmonie Festiva · Gerd Schaller CD PH16034

ANTON BRUCKNER – Symphonie „Die Nullte“ Philharmonie Festiva · Gerd Schaller CD PH15035

31 CD

KARL RICHTER EDITION – Bach, Mozart, Händel, Haydn Maria Stader · Hertha Töpper · Ernst Haefliger · Dietrich Fischer-Dieskau Münchener Bach-Chor · Münchener Bach-Orchester Solistengemeinschaft der Bach-Woche Ansbach u.v.m. · Karl Richter 31 CD PH16010

12 CD

Orfeo C902161

SVIATOSLAV RICHTER plays Beethoven Mstislav Rostropovich · USSR RTV S.O. · Kurt Sanderling USSR State Symphony Orchestra · Hermann Abendroth Moscow Philharmonic · Kirill Kondrashin 12 CD PH16030

Erhältlich im Fachhandel

Profil

Edition Günter

Hänssler

Profil Medien GmbH Edition Günter Hänssler . www.haensslerprofil.de

Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH . www.naxos.de

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ür diese Kombination braucht es Meister der Kompositions- und Instrumentierungskunst auf der einen Seite und Interpreten, die diese Meisterschaft adäquat vermitteln können, auf der anderen. Maurice Ravel, Zoltan Kodály und Erwin Schulhoff gehören zu den meisterhaften Komponisten des 20. Jahrhunderts. Ihre inspirierten Sonaten für Violine und Cello treffen hier auf die interpretatorische Ausnahmeklasse von Daniel Müller-Schott und Julia Fischer.

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Julia Fischer und Daniel Müller-Schott sind seit vielen Jahren eng befreundet und musizieren immer wieder miteinander, zumeist als Idealbesetzung des berühmten Doppelkonzerts von Johannes Brahms. Als Zugabe spielten sie dabei gerne Johan Halvorsens „Passacaglia“ nach einem Thema Georg Friedrich Händels und fanden beim Publikum derart begeisterten Zuspruch, dass sie dieses Stück – zusammen mit den anderen verfügbaren Werken für die Besetzung Violine und Cello – auch einspielen wollten. Das Album „Duo Sessions“, das die wichtigsten Kompositionen für Cello und Violine im 20. Jahrhundert in sich vereint, ist das Ergebnis. Ein echtes Tondokument also, das bei Orfeo nun in bestem Klangbild und grandioser Optik vorliegt. Julia Fischer und Daniel Müller-Schott ließen dem Album Konzerte in mehreren Ländern folgen und stellten die enthaltenen Meister­ werke einem begeisterten Publikum vor. Echte musikalische Partnerschaft, jahrelange Bekanntschaft und Sympathie spiegeln sich auf „Duo Sessions“ wider und zeugen von höchster musikalischer Klasse. René Brinkmann

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CLASS : aktuell Reger und seine Zeit Johannes Brahms (1833 - 1897) Fest- und Gedenksprüche op. 109 Anton Bruckner (1824  - 1896) Christus factus est, Ave Maria Max Reger (1873 - 1916) Acht geistliche Gesänge op. 138 Arnold Schönberg (1874 - 1951) Friede auf Erden op. 13 Opus Vocale, Volker Hedtfeld MDG 902 1959-6 (Hybrid-SACD)

Zeit für Reger Opus Vocale mit einer spannenden Werkschau

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ser auch technisch brillant produzierten SACD zeigt Franz Marcs „Kämpfende Formen“ (1914) – wie passend… Das Programm schlägt einen Bogen von Advent und Weihnachten über die Passions- und Osterzeit bis zu den Gedenktagen zum Ende des Kirchenjahres. Protestantisches Kirchenlied und Teile der katholischen Messfeier stehen in ökumenischer Verbundenheit nebeneinander. Reger hätte das sicher gefreut: Katholisch erzogen, faszinierte ihn die persönliche Frömmig-

keit des evangelischen Lieds immer wieder, und die Korrektur der Druckfahnen zu den „Acht geistlichen Gesängen“ beschäftigte ihn noch auf dem Sterbebett. Wie Reger war auch Bruckner ein begnadeter Organist. Und wie kein anderer übertrug er die Prinzipien der Orgel auf andere Besetzungen, schichtete gewaltige Klänge übereinander und wurde so zu einem – zu Lebzeiten unverstandenen – Wegbereiter der Moderne. Schönberg wiederum sprengte die harmonischen Grenzen, an denen der etwa gleichaltrige Reger sich zeitlebens abarbeitete; beide führten die von Bach über Beethoven bis zu Brahms reichende Tradition virtuoser Motivverarbeitung zu neuen, unerreichten Höhepunkten. Hervorragend ausgebildete Sängerinnen und Sänger kann Volker Hedtfeld in seinem bis zu acht Stimmen aufgefächerten Kammerchor Opus Vocale für dieses anspruchsvolle Projekt aufbieten, und von Brahms´ „Fest- und Gedenksprüchen“ bis zu Schönbergs „Friede auf Erden“ zeigt sich die Flexibilität, Klangfülle und Wandlungsfähigkeit des jungen Ensembles von der überzeugendsten Seite, ein chorisches Lehrstück im unbegleiteten a capella-Gesang, das durch die Tiefe der Textausdeutung besticht, aber vorrangig www.opusvocale.de einfach Spaß macht. Lisa Eranos Foto: Götz Schleser

ls er zwischen die verhärteten Fronten der „Brahmsianer“ und „Wagnerianer“ zu geraten drohte, bezeichnete Max Reger sich selbstbewußt als „Selbianer“. Zum Gedenken an den 100. Todestag stellt der preisgekrönte Kammerchor Opus Vocale Regers berühmtes op. 138 in den Kontext seiner Zeitgenossen Brahms, Bruckner und Schönberg und spürt dabei überraschende Verbindungen auf, die den meisterhaften Chromatiker in ganz neuem Licht erscheinen lassen. Das Cover die-

Aktuelle Konzerte: 26. 11. 2016 20:00 Uhr | CD-Release-Konzert

Sophienkirche, Berlin-Mitte

27. 11. 2016 18:00 Uhr | KulturRaum Zwinglikirche Berlin-Friedrichshain

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CLASS : aktuell

Musikalische Verbrüderung Was in der realen Welt nicht klappt, geschieht auf Elisaveta Bluminas neuestem Album zumindest musikalisch: Musik aus Russland, der Ukraine und Georgien erklingt in friedlicher Koexistenz.

N EU ! rid ) AR S 38218 (SACD hyb n per cus sio Uw aga ! | Ma x Kla as,

mo za rtovic

N EU ! rid ) ARS 38220 (SACD hyb ker Philharmoni Uwaga! | Dortmunder

swan fake

rundfunks (SWR) mitgeschnittenen Studioaufnahme das Tüpfelchen auf dem i. Die enthaltene Musik ist übrigens typisch für die eingespielten Komponisten: Harmonisch-melodisch ganz unmittelbar zugänglich, und doch allzeit modern und ganz gegenwärtig haben Silvestrov, Ustvolskaya und Kancheli ein Idiom gefunden, das die Neue Musik Europas bedeutend bereichert und gleichzeitig ein Publikumsmagnet geworden ist. Auch diese Eigenart ist vielen Komponisten aus der Ukraine, Georgien und Russland gemeinsam, aus jenen drei Ländern, die an sich so viel gemeinsam haben – nicht nur in der Musik! Es ist an der Zeit, sich dieser gemeinsamen Werte wieder zu besinnen. Alben wie dieses von Elisaveta Blumina und Thomas Sanderling können dazu ein Beitrag sein. René Brinkmann

Ustvolskaya, Silvestrov, Kancheli Werke für Klavier und Orchester Elisaveta Blumina, Klavier Stuttgarter Kammerorchester Thomas Sanderling

„So ein bisschen fragt man sich schon: was soll danach noch kommen? Anderes vielleicht, aber besser kann man den Geist von classical crossover kaum transportieren „ Pirmasenser Rundschau Vertrieb:  Note 1 |  Tel. 06221 - 720226 www.ars-produktion.de

Foto: © Frances Marshall

S

ie gehören zu den bekanntesten, auch einem Publikum abseits von eingeschworenen „Neue Musik“-Zirkeln vertrauten Komponisten unserer Zeit: Valentin Silvestrov aus der Ukraine, Giya Kancheli aus Georgien und die Russin Galina Ustvolskaya. Musikalisch stehen sie, deren Länder sich politisch so fremd geworden sind, wie seit vielen Jahren nicht mehr, auf einem neuen Album des Klaviermusik-Labels Grand Piano ganz einträchtig nebeneinander. Dies ist nicht zuletzt das Verdienst der Pianistin Elisaveta Blumina und des Dirigenten Thomas Sanderling. Sie wählten das Programm aus, das so gut in unsere Zeit passt und mit zwei bedeutenden Weltersteinspielungen von Silvestrov und Kancheli auch musikalisch un­ge­ mein viel zu bieten hat. Das Stuttgarter Kammerorchester, seit Jahrzehnten bekannt für aufregende Programme abseits ausgetretener Pfade, ist bei dieser von den ausgezeichneten Tonmeistern des Südwest-

Grand Piano GP678

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CLASS : aktuell

CD-Debüt mit Robert Schumann

Cappella Aquileia – neue Verve Es gehört eine gute Portion Selbstbewusstsein dazu, sich mit den Sinfonien Robert Schumanns dem Urteil der deutschen und internationalen Musikwelt zu stellen. Der besondere Blick auf die Aufführungssituation zur Entstehungszeit, der zum Markenkern der Cappella Aquilea gehört, lässt die Debut-Einspielung des Orchesters so lohnend erscheinen wie die Leidenschaft und eine gewisse „Hitze“ im musikalischen Tun des 2011 von Marcus Bosch gegründeten und geleiteten Orchesters der Opernfestspiele Heidenheim.

W

as beim Hören der neuen SchumannCD der Cappella Aquileia gleich ins Ohr dringt, ist die Musizierhaltung, die so gar nichts mit der üblichen Orchesterroutine zu tun hat. Neben der unbändigen Spielfreude ist es der ganz eigene Klang des Orchesters. Man spürt sofort die symbiotische Lust von Dirgent und Orchester, mit der hier an jedem Detail gefeilt und den Extremen und ständigen Stimmungswechseln in Schumanns Musik nachgegangen wird. Das völlig andere Klangbild ist frappierend: Die Mär über Schumann, er habe schlecht – weil zu dick – instrumentiert, ist bei dieser Aufnahme ad absurdum geführt. Das Geheimnis liegt möglicherweise darin, dass die Cappella bei der Klanggestaltung, Artikulation und Phrasierung sich einigermaßen dezidiert an der Uraufführungssituation orientiert: die Cappella weist die nahezu identische Besetzungsgröße des damaligen Leipziger Gewandhaus-Orchesters auf und unterscheidet sich damit deutlich von üblicherweise größeren heutigen Orchestern, wie der Booklettext vermerkt.

www.cappella-aquileia.de

es wird mit Hochspannung und, wenn es sein muss, auch explosiv Musik gemacht. Hier ist ein Meister der emotionalen Klugheit am Werk, der in der Cappella Aquileia seinen idealen Partner gefunden hat.

Weltklasse auf der Schwäbschen Alb Die Cappella Aquileia wurde 2011 gegründet. Seither steht das Orchester der Opernfestspiele Heidenheim für die künstlerische Qualität des hochkarätigen Festivals, das bereits mit den

Stuttgarter Philharmonikern und dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn zusammenarbeitet. Marcus Bosch, GMD am Staatstheater Nürnberg und Dirigent mit internationalem Renommee, leitet das Festival und Orchester seiner Heimatstadt. Fernab der großen Metropolen führt die Cappella Aquileia (benannt nach dem römischen Namen für Heidenheim) handverlesene Musiker zusammen, um sich ähnlich wie andere renommierte Festspielorchester jenseits der Orchesterroutine auf eine besondere musikalische Arbeit zu konzentrieren.

Meister der emotionalen Klugheit Die ungewohnte Streicher-Bläser-Balance lässt die Holzbläser plastischer erscheinen. Samtweich fügt sich das Blech in den Klang, um dann durchaus auch mal kernig zu werden. Akribische Phrasierungen, durchdachte Artikulation und ein entschlackter Orchesterklang ermöglichen es endlich mal, Schumanns polyphone Klanggestalt nachzuvollziehen. In der 2. Sinfonie spulen die Streicher die Sechzehntel im irrwitzigen Per­ petuum mobile des 2. Satzes mühelos ab, der heikle Violin-Übergang zum 2. Thema im 4. Satz Allegro molto vivace gelingt mit bravuröser Leichtigkeit. Bosch musiziert mit zügigen, herrlich unsentimentalen, aber nie überhasteten Tempi. Bei aller Sorgfalt in der Gestaltung der Details geraten die großen Steigerungsbögen nie aus dem Blick. Das ganz Besondere aber:

Orchester mit ausgezeichnetem Ruf

Robert Schumann (1810-1856) Sinfonie Nr. 4 & 2; Genoveva-Overtüre Cappella Aquileia, Marcus Bosch Coviello CLASSICS COV 91621 (Hybrid-SACD)

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Die Cappella ist mit Konzert und Oper mittlerweile eine tragende Säule der Festspielprogramms und aus der Sicht von Marcus Bosch ein Kraftzentrum der Opernfestspiele. Auch im Winter wird sie mit einer konzertanten Produktion zum Opernorchester. Die Musiker entstammen überwiegend namhaften Orchestern aus dem ganzen deutschsprachigen Gebiet. Bei Festivals in der Schweiz, der Bretagne und demnächst erstmals in Italien haben sie bereits von sich reden gemacht. Das jüngste Projekt widmet sich chronologisch allen frühen Opern Giuseppe Verdis. Die Premiere von dessen Erstling „Oberto. Conte di San Bonificio“ wurde jetzt frenetisch gefeiert – Deutschlandradio Kultur übertrug zeitversetzt den fulminanten Livemitschnitt. Ansgar Menze

Foto M. Bosch: © Thomas Niedermüller; Aquileia: © Pete Schlipf

für die romantische Welt


Foto: © Matthias List /  Schubidu Quartet

CLASS : aktuell

„Analysieren Sie meine Musik nicht … lieben Sie sie!“ Francis Poulenc

www.miki-aoki.com

Musik von Les Six Ein Einblick in die faszinierende Pariser Welt der 1920er Jahre „Wir, die „E-Musiker“ von heute, sind ständig darum bemüht, musikalische Trends und klassische Musik einander näher zu bringen. In dem Versuch, auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, führen wir klassische Musik in Nachtklubs und Bars auf. Auch Crossover gewinnt an Popularität.“ „Im Zuge meiner Vorbereitungen auf diese CD wurde mir klar, dass das, was wir heute tun, im Grunde schon von den mutigen Pariser Komponisten und Künstlern vor fast hundert Jahren verfochten wurde.“

Ü Mélancolie Auric, Durey, Honegger, Milhaud, Poulenc, Tailleferre; Satie Miki Aoki, Klavier Profil Edition Günter Hänssler PH15023

PH11040.Booklet_Miki Aoki

24.06.2011

10:44 Uhr

bereits erschienen:

Seite 1

Profil

Edition Günter

Hänssler

Zoltán Kodály Klavierwerke Miki Aoki, Klavier Profil Edition Günter Hänssler PH11040

The Belyayev Project

ZOLTÁN KODÁLY

works for piano MIKI AOKI

Werke von Ljadow, Glasunov, Rimski-Korsakov, Konstantinovich und Blumenfeld

Miki Aoki, Klavier Andrey Baranov, Violine Alexey Zhilin, Violoncello Profil Edition Günter Hänssler PH12033

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ber ihre Einspielung schreibt Miki Aoki: Meine Botschaft an die Zuhörer dieses Albums ist keine akademische, sondern die Bitte, mich auf meiner Reise zu begleiten. Für mich war dieses Projekt wie die Entdeckung von Juwelen in einer Schmuckschatulle. Die Musikauswahl führte mir das Paris von damals lebhaft vor Augen: das glamouröse Nachtleben, die Lichter und die Geräusche der Stadt, ja sogar den Duft von Parfüm. Ich hoffe, Sie können diese Erfahrung mit mir teilen. Meine erste Begegnung mit Poulencs Musik hatte ich vor mehreren Jahren, als man mich bat, seine Violinsonate zu spielen. Ich war fasziniert von dieser Musik – zarte Melodien werden plötzlich unterbrochen von ironischen oder scherzhaften, manchmal sogar grotesken Einwürfen. Über die Jahre habe ich dieses Stück immer wieder aufgeführt. Anfangs aber versetzte mir diese Musik fast einen Schock; es war wie die erste Begegnung mit Picassos Malerei, wenn man bis dahin nur Monet und Renoir in einem Raum ausgestellt gesehen hat. Die Violinsonate brachte mich auf den Geschmack, ich wollte mehr über Poulencs Musik und seine Zeit in Paris in Erfahrung bringen. Für mein neues CD-Projekt nahm ich mir sofort seine Klaviermusik vor. Miki Aoki

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CLASS : aktuell

Fingerfertig. Leichtfüßig. Livehaftig. Vladimir Soltans Klarinettendebüt mit den Hamburger Symphonikern

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Klarinettenkonzerte von Nielsen, Debussy und Françaix Vladimir Soltan, Klarinette Hamburger Symphoniker José Luis Gomez, Dirigent MDG 901 1964-6 (Hybrid-SACD)

Foto: © Olga Kachura

temberaubende Virtuosität, opulente Klangschwelgerei, zum Bersten gespannte Expression: Für sein Debütalbum zieht Vladimir Soltan alle Register. Und mit den Hamburger Symphonikern hat der junge weißrussische Klarinettist ein bestens aufgelegtes Ensemble zur Seite, das unter der Leitung von José Luis Gomez im konzertanten Wettstreit mit dem Solisten schier über sich hinauswächst. Was Carl Nielsen der Klarinette abverlangt, muss für die Zuhörer der Uraufführung einfach unglaublich gewesen sein. Da werden die extremsten Lagen des Instruments ausgelotet, vom zartesten Pianissimo bis zum brachialen Fortissimo reicht die dynamische Palette, und auch die Fingerfertigkeit kommt nicht zu kurz. Immer wieder muss sich das Soloinstrument gegenüber dem durchaus kraftvoll auftretenden Orchester durchsetzen. Besonderer Clou: In der ansonsten eher übersichtlichen Besetzung tritt immer wieder eine kleine Trommel solistisch hervor, mal in zwingendem Rhythmus, mal kammermusikalisch mit der Klarinette im Duett. Claude Debussy setzt da mehr auf Klangschönheit, und in der Tat entfaltet die „Première Rhapsodie“ eine betörende Atmosphäre, in der das Soloinstrument dann und wann vollständig in den orchestralen Klang integriert ist. Wirklich aberwitzig virtuos, und zwar für Solisten wie Orchester gleichermaßen, hat Jean Françaix sein Concerto angelegt. Wie immer bei Françaix hat das Werk einen hohen Unterhaltungswert – dafür sorgen schon die pfefferminzigen Harmonien, die dem einen oder anderen Schlager entstammen könnten. Wunderbar leichtfüßig instrumentiert, gehört das Stück, an dessen Aufführbarkeit man zur Entstehungszeit noch erhebliche Zweifel hatte, heute zu den beliebtesten Werken seiner Gattung. Wie Vladimir Soltan und die Hamburger Symphoniker sich dabei die Bälle zuwerfen, ist absolut hörenswert. Das sprüht vor Lebensfreude und Musizierlust, dass es ein Vergnügen ist. Und in MDGs 2+2+2 Recording in drei Dimensionen ist das Erlebnis noch mal so schön: Mittendrin im Geschehen, eröffnet sich dem Publikum das live­haftige Erlebnis hautnah – bitte anschnallen…! Lisa Eranos

www.vladimir-soltan.com

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CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2016

Klassik: XL

Konzert mit ECHO Klassik-Preisträgern Liebe Leserinnen und liebe Leser, der Monat der ECHO Klassik ist der Oktober. Daher stellen wir Ihnen auf den nächsten Seiten die diesjährigen ECHO Klassik - Preisträger und ihre ausgezeichneten Einspielungen vor, veröffentlicht von CLASS-Mitgliedern.

Alle Informationen über Klassik: XL finden Sie auf den Seiten 22 bis 26 oder unter www.class-germany.de Unser Medienpartner KLASSIK.TV wird das Konzert aufzeichnen und live über das Internet übertragen.

Mit dem Klassik: XL – Konzert

*Die Einnahmen aus dem Benefizkonzert unterstützen die Anschaffung eines neuen Flügels für den Kammersaal.

lädt CLASS Sie auch in diesem Jahr wieder ein zu einem außergewöhnlichen Benefizkonzert mit ECHO Klassik-Preisträgern, die von der Echo - Klassik - Jury ausgezeichnet werden, aber aufgrund der begrenzten Sendezeit nicht in der vom ZDF veranstalteten ECHO Klassik - Sendung am Sonntag den 9. Oktober musizieren können.

ARS 38196 (Hybrid-SACD)

Klassik: XL

Ein Benefizkonzert* mit Preisträgern des Deutschen Musikpreises ECHO Klassik am 8. Oktober um 19:00 Uhr im Konzertsaal der UdK, Hardenbergstraße 32, 10623 Berlin Charlottenburg

(Weitere Informationen unter www.class-germany.de | Karten unter www.klassik-xl.reservix.de)

&

Franz Liszt: Fantasie und Fuge über das Thema B-A-C-H Johann Sebastian Bach: Capriccio B-Dur, BWV 992 Contrapunctus XIV 8 : 39 J. S. Bach / Ferruccio Busoni: Ich ruf‘ zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639; Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist BWV 667; Durch Adams Fall ist ganz verderbt BWV 637/705; Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 Aurelia Shimkus, Piano

CLASS : aktuell Zum diesjährigen ECHO Klassik verlosen wir mehrere Eintrittskarten und Alben mit der Musik von ECHO Klassik-Preisträgern. Sollten Sie terminlich gebunden sein, kreuzen Sie Ihren Wunschgewinn an. je 2 Karten für das Klassik: XL Konzert am Samstag den 8. Oktober je 2 Karten für die Aufzeichnung der ECHO Klassik Fernsehsendung des ZDF am 9. Oktober bitte ein ECHO Klassik-Preisträger Album 2016 (ab 7. Oktober im Handel ) bitte ein Klassik: XL – Album Bitte beantworten Sie uns noch folgende Frage. Meine CLASS: aktuell - Ausgabe lag folgender Zeitschrift bei: Bitte senden Sie uns Ihre Antwort bis zum 26. 9. 2016 wie folgt zu: per Mail an: class@class-germany.de | per Post an: CLASS e.V., Bachstr. 35, 32756 Detmold | per Fax an: 05231-26186 | Absender: (bitte in Druckbuchstaben) Name, Vorname Straße / Nr. PLZ / Ort

Aurelia Shimkus zählt zu den jungen und hochtalentierten Pianistinnen, die bereits für Ihre erste Einspielung große Anerkennung erhielt. Jetzt, auf ihrer zweiten Einspielung geht sie der Frage nach, ob Bachs Musik jenseitig ist und ob sich in ihr seine Gottesfurcht erkennen lässt. Eine weitere Anforderung an diese Einspielung war ihre Idee, dass dieses Konzept aufgrund der Tonarten-Beziehung geeignet ist, den Zuhörer zu leiten. Und so lässt sie anhand ausgesuchter Werke den Zuhörer an ihrer Suche teilnehmen und beginnt mit Liszts „Fantasie und Fuge auf das Thema B-A-C-H“. Dabei versteht sie es, den Flügel zu einem Klang zu bringen, der dem einer Orgel vielleicht näher ist als einem Cembalo aus Bachs Zeit. Sie fasziniert mit einer Interpretation, wie man sie eher von älteren und arrivierten Künstlern erwarten würde. Mit Stärke und kraftvollem Ton gestaltet Shimkus diese Einspielung. Das ist größter Ausdruck von Emotion und per­sönliches Klavierspiel auf sehr hohem Niveau, was sich auch im letzten Contrapunktus aus Bachs „Kunst der Fuge“ widerspiegelt. Eine großartige Scheibe zum Hören, aber vielleicht auch ein großes Gebet.

Telefon E-Mail Es gilt das Datum des Poststempels, bzw. des Eingangs. Die Gewinner werden telefonisch /schriftlich benachrichtigt. Eine finanzielle Vergütung des Gewinns ist nicht möglich. CLASS garantiert eine ordnungsgemäße Verlosung. CLASS-Mitglieder, deren Mitarbeiter und der Rechtsweg sind ausgeschlossen.

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Nachwuchskünstlerin des Jahres (Klavier)


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2016

Acht Jahreszeiten Antonio Vivaldi Le quattro stagioni Astor Piazzolla Las cuatro estaciones porteñas mit Sonetten von Vivaldi und Tango-Texten gelesen von Cecilia Ingenito-Neutsch Yury Revich, Violine Kurpfälzisches Kammerorchester Johannes Schlaefli ARS 38170 (Hybrid-SACD)

Existieren acht Jahreszeiten? Mu­ sikalisch auf jeden Fall. Vier wurden komponiert von Vivaldi in Italien und vier von Piazzolla in Argentinien. Vivaldis Jahreszeiten ist jeweils ein Sonett vorausgestellt, das vermutlich von ihm selbst stammt – Piazzollas Jahreszeiten, arrangiert von Leonid Desyatnikov für Streichorchester und Solo, dagegen sind verbunden durch Tango Lyrik argentinischer Poeten, deren Texte typische Szenen in Buenos Aires beschreiben. Es ist eine künstlerisch absolut gelungene Besetzung, die sich mit Yury Revich und dem Kurpfälzischen Kammerorchester unter der Leitung von Johannes Schlaefli den Herausforderungen dieser Einspielung stellt. Yury Revich ist ein hochbegabter Künstler, technisch hervorragend und trotz seines jungen Alters musikalisch außerordentlich weit entwickelt. Sein Spiel ist virtuos, leidenschaftlich, technisch herausragend und reich an Farben – sein Piazzolla ist gerade in dieser Hinsicht phänomenal. Eine Aufnahme kann durch Einzelleistungen bestechen oder in seiner Gesamtwirkung. Optimal wird sie, wenn alle Beteiligten, Solist, Orchester, Dirigent und Tonmeister sich zu einer Einheit zusammenfinden. Und so gelingen solche, zum Niederknien magischen Momente.

Nachwuchskünstler des Jahres (Violine)

Fernande Decruck: Sonate cis-Moll (1943); William Albright: Sonate für Altsaxofon und Klavier (1984) Jean-Denis Michat: Shams (2010) Jacques Ibert: Concertino da Camera  (1935) Asya Fateyeva, Saxofon Valeriya Myrosh, Klavier Brandenburger Symphoniker Michael Helmrath, Dirigent GENUIN  GEN 16401 / Ed.: Primavera

Das klassische Repertoire für Alt­ saxofon ist begrenzt und wenig bekannt. Das zu ändern, ist die Mission der ECHO Klassik-Preisträgerin Asya Fateyeva. Die 25-jährige auf der Krim geborene und in Hamburg lebende Saxofonistin öffnet die Ohren für neue Facetten ihres Instruments. Sie lässt das Mitte des 19. Jahrhunderts von Adolphe Sax erfundene Saxofon sowohl als Solo-Instrument im Orchesterkonzert als auch in der Kammermusik glänzen, wie sie als Mitglied des Alliage Quintetts bewies. Ob in zeitgenössischen Kompositionen oder in Bearbeitungen aus Barock, Romantik und Klassik – alles scheint möglich, jenseits aller Repertoiregrenzen! 2014 erreichte Asya Fateyeva als erste Frau überhaupt die Finalrunde des „Concours International Adolphe Sax“ – bei Weitem nicht ihr erster Wettbewerbserfolg. Auf ihrer Debüt-CD, die sie als Gewinnerin des Deutschen Musikwettbewerbs bei Genuin Classics veröffentlichte, schlägt uns die junge Saxofonistin gleich von den ersten, sehnsüchtig schmeichelnden Tönen der Sonate von Decruck in ihren Bann. Über Iberts unbeschwertes Concertino da Camera fliegt die Musikerin mit einer Leichtigkeit, als seien seine technischen Schwierigkeiten nicht existent. Und in Michats „Shams“ lockt ihr Saxofon mit arabischem Zungenschlag – auf ge­ nauso atemberaubend virtuose Weise. Beste Voraussetzung für eine Karriere, ihr Publikum wird begeistert sein!

Georg Christoph Wagenseil (1715-1777) Cello Concertos in C and A Symphonia in C Christophe Coin, Violoncello Orchester Le Phénix Coviello Classics COV91518 (Hybrid-SACD)

Schon der fünfjährige Wolfgang Amadeus Mozart konstatierte am Wiener Hof im Beisein der Monarchin Maria Theresia unmissverständlich, man solle doch bitte den Herrn Wagenseil holen, der verstehe was von Musik. Mozart lag mit seinem Urteil sicher richtig, dennoch blieb dem Herrn Wagenseil eine nachhaltige Verbreitung im Konzert­ leben versagt: wie viele Angehörige seiner Generation – der nach den großen Spätbarockmeistern Bach, Händel und Telemann – leidet er bis heute darunter, in die Schublade mit dem unseligen Begriff „Vorklassik“ gesteckt zu werden; als sei die Musik dieser Zeit kurz nach der Mitte des 18. Jahrhunderts nur eine unfertige Vorstufe zur eigent­ lichen Klassik. Dass diese Einschätzung nicht stimmt und die frühe Klassik Wagenseils mit ihrer frischen Melodik ihre eigenen musikalischen Qualitäten hat, wird beim Hören schnell klar: Christophe Coin, anerkannter Spezialist im Aufspüren bislang verborgener Repertoireperlen, zeigt mit zwei Cellokonzerten nicht nur seine eigene interpretatorische, sondern auch die Klasse des Komponisten. Entsprechendes bietet das ihn kongenial begleitende Orchester Le Phénix, das zusätzlich mit einer Sinfonie den Status Wagenseils als unbedingt lohnende Entdeckung untermauert.

Nachwuchskünstlerin des Jahres (Saxofon)

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Konzerteinspielung d. J. Musik des 18. Jh.

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Dmitri Shostakovich Konzert für Klavier, Trompete und Streicher, Op. 35 Konzert für Klavier und Orchester, Op. 102 Concertino, Op. 34 Tarantella für zwei Klaviere Anna Vinnitskaya, Klavier Kremerata Baltica Alpha 203

Spätestens seitdem Anna Vinnistkaya 2007 den Queen Elisabeth Wettbewerb in Brüssel gewann, nahm die Karriere der Pianistin, die bei Sergey Ossipenko und bei Evgeni Koroliov studiert hat, so richtig an Fahrt auf. Mit ihrem Debüt-Album beim Label Alpha Classics, das jetzt mit einem ECHO Klassik ausgezeichnet wird, hat sich Anna Vinnitskaya einen Herzenswunsch erfüllt. Schon früh hatte sie die Musik von Schostakowitsch entdeckt und lieb gewonnen, doch auch nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Werk eines Komponisten gibt es Neues zu entdecken. So enthüllt Anna Vinnitskaya zwei Facetten von Schostakowitsch und stellt das „freche“ erste Klavierkonzert in c-Moll op. 35, bei dem Schostakowitsch alle Register in Sachen stilistische und atmosphärische Vielfalt zieht, dem eher traditionellen, jugendlichen Übermut verströmenden Konzert in F-Dur gegenüber. Vinnitskaya enttarnt mit ihrer hochgelobten Interpretation den lange missverstanden Schostakowitsch: Hinter den Gefälligkeiten an das kommunistische Regime und dem vaterländischen Pathos verbirgt sich eine Mischung aus Spott und Sarkasmus – eine nicht selten subtile bis deutliche und vom einheimischen Publikum durchaus verstandene Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Zuständen unter Stalin.

Konzerteinspielung d. J. Musik des 20. / 21. Jh.


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2016

Jean Sibelius Symphonien 1 – 7 Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle, Dirigent

Erik Satie (1866 -1925) Mélodies et Chansons Holger Falk, Bariton Steffen Schleiermacher, Klavier

Berliner Philharmoniker Recordings 150071 (4 CDs, 1 Pure Audio Blu-ray Disc, 1 Video Blu-ray Disc, 24-Bit-Download-Code)

MDG 613 1926-2

Die Geschichte, die Jean Sibelius mit den Berliner Philharmonikern verbindet, erreichte 1902 einen frühen Höhepunkt, als der Komponist selbst seine Tondichtung „En Saga“ mit dem Orchester aufführte. In späteren Jahren standen Sibelius‘ Werke unter der Leitung von Dirigenten wie Richard Strauss, Wilhelm Furtwängler und Sergiu Celibidache auf dem Programm, Chefdirigent Herbert von Karajan verantwortete einige glanzvolle Aufnahmen. An diese Erfahrungen konnte das Orchester mit Sir Simon Rattle anknüpfen, für den Sibelius seit seiner Jugend zu den „aufregendsten, originellsten Komponisten“ gehört. Bei einem ersten gemeinsamen Zyklus der sieben Symphonien im Jahre 2010 interpretierten die Berliner Philharmoniker dabei erstmals den dritten Gattungs­ beitrag des finnischen Komponisten. 2015, zu dessen 150. Geburtstag, folgte die Reprise des Zyklus. Die nun erschienene Aufnahme entfaltet den ganzen Reichtum des nordischen Tondichters: von den spätromantischen Anfängen in den ersten beiden Symphonien über die erstaunlichen formalen Experimente der vierten und sechsten und die triumphale Finalsteigerung der fünften bis zum rhapsodischen Charakter der siebten Symphonie fasziniert Sibelius‘ Klang­ sprache in rhythmischer Prägnanz und überwältigender Farbigkeit.

Orchester des Jahres

Bisher gehörten Erik Saties Lieder nicht zu den Dauerbrennern. Völlig zu Unrecht, wie Holger Falk und Steffen Schleiermacher mit dieser Neuaufnahme sämtlicher Mélodies und Chansons beweisen: Von zartester Ernsthaftigkeit bis zur derbsten Komik reicht die Palette des legendären Eigenbrötlers, der Zeit seines Lebens in bitterster Armut existieren musste. Der eigenwillige Humor, der viele seiner Klavierkompositionen prägt, findet auch in den Liedern seinen Niederschlag. Mit Contamine de Latour, seinem Jugendfreund katalanischer Herkunft, wagt er die ersten Versuche. Als Satie notgedrungen Nacht für Nacht den Chansonnier und Clubbetreiber Vincent Hyspa auf dem Klavier begleiten musste, entstanden et­li­ che Kabarettlieder auf Hyspas Texte. Unter anderem der Evergreen „Je te veux“. Äußerst verdichtet sind Saties eigene „Trois Poèmes d´Amour“; kurze Lieder, keines länger als acht Takte, mit den für Saties spätere Kompositionen so charakteristischen „Erklärungen“ – Zusatztexte, deren Zusammenhang mit der Kom­ position sich keineswegs erschließt… Und auch in diesen Miniaturen zeigen sich Holger Falk und Steffen Schleiermacher als die idealen Sachwalter für Saties Musik: Ohne falsche Albernheit, mit feinem Humor und einer gehörigen Portion Ironie sorgen sie für ein unterhaltsames Programm mit Tiefgang.

Solistische Einspielung d. J. (Lied)

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Wolfgang Amadeus Mozart Streichquartette G-Dur KV 387 „Frühlingsquartett“ & B-Dur KV 458 „Jagdquartett“ Hagen Quartett

J. S. Bach (1685 -1750) Goldberg-Variationen BWV 988 (arr. für Fagott-Consort von Henrik Rabien) Bassoon Consort Frankfurt

myrios classics MYR017 (Hybrid-SACD)

MDG 903 1914-6 (Hybrid-SACD)

Fast zehn Jahre lang hatte Mozart kein Streichquartett mehr geschrieben – für sein kurzes Leben eine bemerkenswert lange Zeitspanne. Die beiden Streichquartette KV 387 und KV 458 gehören zur Gruppe der sechs so genannten „HaydnQuartette“. Mozart komponierte sie zwischen 1782 und 1785 in Wien und widmete sie seinem „väterlichen Freund“ und in vielerlei Hinsicht großem Vorbild Joseph Haydn. Mozart lässt es dabei nicht unerwähnt, dass die Komposition die „Frucht langer und mühsamer Arbeit“ für ihn darstellt. Nach einer ausgiebigen Mozart-Tournee hat sich das Hagen Quartett der Neuaufnahme dieser beiden Quartette als Quintessenz des Zyklus angenommen. Es ist zugleich seine erste Aufnahme mit dem „Paganini-Quartett“, dem einzigen heute noch existierenden Instrumenten­ satz bestehend aus vier aufeinander abgestimmten Stradivari-Instrumenten, welche sich zudem einmal im Besitz von Niccolò Paganini befanden. In dieser herausragenden Einspielung vereint sich die musikalische Intensität des Hagen Quartetts mit dem warmen Schönklang der historischen Instrumente.

Kammermusikeinsp. d. J. 17. / 18. Jh. (Streicher)

Ausgabe 2016/3

Acht Fagotte und ein Kontrafagott bilden das Bassoon Consort Frankfurt. Henrik Rabien als spritus rector hat Bachs Goldberg-Variationen für diese ungewöhnliche Besetzung eingerichtet. Vom Duo bis zum Nonett setzt Rabien sein Instrument ein. Variationen von im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubender Virtuosität, die man dem Fagott gar nicht zutrauen würde, wechseln mit kantablen Teilen, in denen das Instrument voll in seinem Element erscheint. Anders als manch andere Bearbeitung behält Rabien die originale Tonart G-Dur/ g-Moll konsequent bei. Das Instrumentarium verlangt lediglich eine Oktavierung nach unten, mit fulminantem Effekt: Durch das Kontrafagott ergibt sich ein profunder Basso, der seinesgleichen sucht! Insbesondere die groß besetzten Variationen gewinnen dadurch eine geradezu orchestrale Opulenz, aber auch in den intimeren Teilen sorgt das überaus flexible Spiel des wendigen Continuoisten für ungetrübtes Hörvergnügen. Die neun Spieler erreichen eine klangliche Differenzierung, die Bachs virtuosem Spiel zwischen linearer Kontrapunktik und vertikaler Harmonie aufs Vortrefflichste entgegenkommt. In Henrik Rabiens Bearbeitung gewinnt das unangefochtene Gipfelwerk der Variationskunst eine völlig neue Dimension hinzu.

Kammermusikeinsp. d. J. 17. / 18. Jh. (Bläser)


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2016

Hugo Kaun (1863-1932) Oktett op. 26, Streichquintett op. 28 und Klavierquintett op. 39 Berolina Ensemble MDG 948 1937-6 (Hybrid-SACD)

Bereits zu Lebzeiten hatte der ge­bür­ tige Berliner Kaun beachtliche Erfolge als Komponist, aber auch als angesehener Chorleiter erzielt. Dies allerdings in Milwaukee, fern der Zentren europäischer Musikkultur um die Wende zum 20. Jahrhundert. Das Berolina Ensemble startet mit einer attraktiven Neueinspielung die längst fällige Ehrenrettung: Oktett, Klavierquintett und das 1. Streichquintett zeigen einen eigenständigen Charakter, der die Traditionen deutscher romantischer Musik in sehr selbständigem Ausdruck zu bündeln versteht. In den USA setzte sich Kaun ganz besonders für die Pflege dieser Traditionen ein. Dass sich das Chicago Symphony Orchestra vertieft mit den Werken Brahms´ und Bruckners auseinandersetzte, war nicht zuletzt Kauns Eintreten geschuldet. Das Engagement mag nicht ganz uneigennützig gewesen sein: Das renommierte Orchester nahm auch Kauns eigene Kompositionen ins Programm – was bereits erste Rückschlüsse auf die hohe kompositorische Qualität seiner Arbeiten zulässt. Trotz aller Triumphe in Amerika machte sich Kaun 1902 in die deutsche Heimat auf. Aber erst langsam stellte sich auch hier der Erfolg ein, und besonders sein oratorisches Schaffen erlebte mit der Zeit große Popularität.

Kammermusikeinsp. d. J. 19. Jh. (gem. Ensemble)

Niederländische Cellosonaten Vol. 7 Alexander Batta Joseph Hollman Andrée Bonhomme Emile Wesly Doris Hochscheid, Violoncello Frans van Ruth, Klavier

Johann Sebastian Bach (1685-1750) Orgel-Toccaten Christoph Schoener an allen vier Orgeln der Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg

Johann Georg Linike (ca. 1680-1762) Mortorium – Kammermusik und Concerti für Bläser (Traversflöte, Oboe, Trompete) Ensemble Concert Royal, Köln

MDG 949 1893-6 (Hybrid-SACD)

Musicaphon M56972

Doris Hochscheid und Frans van Ruth haben sich die Pflege der niederländischen Kammermusik zur Lebensaufgabe gemacht. Die beiden hervorragenden Solisten erarbeiteten ein umfassendes Repertoire für Cello und Klavier Nach sechs überaus erfolgreichen Folgen mit niederländischen Sonaten für Violoncello und Klavier machen sich Doris Hochscheid und Frans van Ruth auf die Reise nach Paris – und entdecken dort zu ihrer Überraschung eine ganze Reihe von Landsleuten, die das musikalische Leben der Seine-Metropole maßgeblich beeinflusst haben. Alexander Batta eroberte mit seinem Cellospiel die Pariser Salons im Sturm. Sowohl Berlioz als auch Balzac äußersten sich euphorisch über den singenden Ton Meyerbeers „Robert le Diable“ und Verdis „Il Trovatore“ liefern die Vorlage für ein wahres Feuerwerk an Virtuosität, die in Abwechslung mit lyrischstem Gesang für theatralische Dramatik sorgt. Etwas später verzaubert Joseph Hollman die Gesellschaft mit Miniaturen, die wie für den Salon geschaffen sind. Ob „Extase“, „Souvenir de Berck“ oder „Sérénade“ – Das ist immer beste Unterhaltung auf höchstem Niveau!

In einer sehr spannenden Neu­ produktion spielt Christoph Schoener, Organist an der Hamburger Michaeliskirche, die fünf Toccaten von Johann Sebastian Bach an allen vier Orgeln im Hamburger Michel. Dabei kommen für die berühmte d-Moll-Toccata sogar drei Instrumente auf einmal zum Einsatz! Opulente Raumwirkung war auch das Anliegen, das der erst kürzlich durchgeführten Restauration der Orgeln zu Grunde lag. Dabei bildet die gewal­ tige „Große Orgel“ im Westen mit ihren 86 Registern auf fünf Manualen natürlich den Mittelpunkt. Eine romantische Farbe bringt die „Konzertorgel“ auf der Südempore ein, und dank glücklicher Fügung konnte ein ungewöhnlich reichhaltig ausgestattetes Fernwerk auf dem Dachboden errichtet werden, das ebenfalls von der zentralen Spielvorrichtung aus wie eine komplette eigenständige Orgel genutzt werden kann. Von besonderem Reiz ist die „Carl-Philipp-EmanuelBach-Orgel“, die mit ungleich-schweben­ der Stimmung natürlich nur als Solitär auf der Nordempore zum Einsatz kommt. Auf der fein ausbalancierten Super Audio CD erklingt jedes Instrument an seinem originalen Platz, und der prachtvolle barocke Raum der hanseatischen Hauptkirche kommt in überragender Natürlichkeit zur Geltung.

Linike wurde ca. 1680 in eine Musikerfamilie geboren. 1696 trat er in die Königliche Kapelle in Berlin ein. Nach der Auflösung der Kapelle wird Linike 1714 als Konzertmeister an den Hof von Sachsen-Weißenfels berufen. 1718 half er am Köthener Hof aus, an dem zu dieser Zeit Bach wirkte. 1721 bekam er die Erlaubnis für einen England-Aufenthalt. Hier wirkte er in Händels Opernorchester mit. 1725 wurde Linike Konzertmeister und stell­ vertretender Leiter an der Hamburger Oper am Gänsemarkt. In den Jahren 1725/26 wirkte er unter der Leitung von Telemann an Aufführungen Händelscher Opern mit. 1728 wurde er als Kapellmeister an den Hof von MecklenburgStrelitz berufen, wo er bis zu seinem Tode 1762 blieb. Die qualitativ hochstehenden Werke wurden eingespielt vom Ensemble Concert Royal Köln, das bereits 2015 mit einem ECHO Klassik ausgezeichnet wurde. Neben einer „herkömmlichen“ SACD (CD Stereo – DSD Stereo – DSD 5.1) enthält die Jewel Box eine weitere SACD, bei der es sich um dieselbe Aufnahme in anderer Aufnahmetechnik handelt, nämlich per Kunstkopf (auch binaural 3D genannt). Auch diese zweite SACD kann über Lautsprecher wiedergegeben werden, optimal funktioniert das 3D Verfahren aber bei der Wiedergabe per Kopfhörer.

Editorische Leistung des Jahres

Audiophile Mehrkanal­ einspielung d. J.

Audiomax 903 1910-6 (Hybrid-SACD)

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Audiophile Mehrkanaleinsp. d. J. (Erste 3D-Kopfhöreraufnahme)


CLASS : aktuell

ECHO - Preisträger 2016 gemeinsam für mehr Mit dem Benefizkonzert Klassik: XL eröffnen ECHO - Preisträger am 8. Oktober das Klassik -  der Künste. Veranstalter ist CLASS Germany. Der Verband unabhängiger Klassiklabels und Klassikvertriebe stellt mit sicherem Gespür bereits zum vierten Mal eine ganz erlesene Auswahl zusammen. Denn von den insgesamt 57 Auszeichnungen des diesjährigen ECHO Klassik kann nicht jede gezeigt werden. „Mit unserem Konzertabend

www.aurelia-shimkus.com | Foto: © Kristine Krauze Slucka

www.yuryrevich.com | Foto: © MV Photography

D

as zweite Oktoberwochenende steht ganz im Zeichen der renommierten Preisverleihung ECHO Klassik. Am 8. Oktober, am Vorabend der vom ZDF übertragenen Gala, präsentieren sich zahlreiche ECHO-Preisträger im Rahmen des Benefizkonzertes Klassik: XL im Konzertsaal der Universität

Aurelia Shimkus

Yury Revich

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möchten wir an die zentrale Idee des ECHO-Klassik - Preises erinnern,“ sagt Werner Dabringhaus, Mitglied des Vorstands von CLASS Germany. „Neben der Auszeichnung besonderer Produktionen geht es vor allem darum, junge Talente zu fördern und die Vielfalt klassischer Musik abseits des Quotenrummels erlebbar zu machen.“


Fotos Konzertsaal: © Matthias Heyde

CLASS : aktuell

Mit transparentem Foyer und spröder Klarheit gilt der Konzertsaal der UdK Berlin von P. G. R. Baumgarten als herausragendes Zeugnis der Berliner Baukultur der Fünfzigerjahre. Denkmalgeschützt seit 1995.

Vielfalt Wochenende des Jahres

u.a. Holger Falk, Steffen Schleiermacher, das Ensemble für Alte Musik Concert Royal Köln, Doris Hochscheid und Frans van Ruth stehen neben den Shooting-Stars von morgen wie Yury Revich, Aurelia Shimkus, dem Berolina Ensemble und dem Bassoon Consort Frankfurt. Kerstin A. Dorscht

Vielfarbiges, spannungsvolles Spektrum klassischer Kammermusik

www.berolina-ensemble.de | Foto: © Tim Klöcker

Die Förderung des Nachwuchses versteht CLASS auch ganz praktisch: Der Erlös des Abends geht an die Universität der Künste für den Erwerb eines neuen Konzertflügels. Klassik: XL präsentiert einen spannungsvollen Reigen im Superformat: Während bei der offiziellen ECHO-Klassik-Verleihung nur Zeit für

kurze Kostproben bleibt, erleben die Konzertbesucher hier gleich acht Konzerte an einem Abend. Die Preisträger präsentieren ein spannungsvolles Programm: von Juwelen Alter Musik über Neuinterpretationen von Liszt oder Satie bis hin zu selten Gehörtem von Waldemar von Bausznern oder Rudolf Escher. Renommierte Künstler wie

Berolina Ensemble

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www.bassoonconsort.de | Foto: © Barbara Aumüller

CLASS : aktuell

Bassoon Consort Frankfurt

Concert Royal Köln

Biografie

Biografie

Klavierunterricht ab vier. Mit neun 1. Preis beim lettischen Wettbewerb für junge Pianisten. Mit elf erstes Solokonzert. Mit 16 Deutschland-Debut mit dem Warschau Symphony Orchester und erste CD-Einspielung . Mit 17 Konzert mit dem English Chamber Orchestra im Dortmunder Konzerthaus: Mozarts Klavierkonzert KV 456. Mit 18 zweite CD-Einspielung „B-A-C-H Ich ruf zu Dir“ ausgezeichnet mit dem ECHO Klassik 2016 in der Kategorie Nachwuchskünstlerin d. J. Klavier.

Geigenunterricht ab fünf. Mit sieben Besuch der Musikschule des Staat­ lichen Moskauer Konservatoriums. Mit 13 Unterricht bei Victor Pikayzen. Mit 17 Besuch des Konservatoriums in Wien und Debut in der Carnegie Hall in New York. Mit 21 Debut an der Mailänder Scala. Mit 23 Young Artist of the Year 2015 (International Classical Music Awards). Einspielung der „8 Jahreszeiten” von Vivaldi / Piazolla ausgezeichnet mit dem ECHO Klassik 2016 in der Kategorie Nachwuchskünstler d. J. Violine.

Biografie

Yury Revich

www.dorishochscheid.nl | www.fransvanruth.nl Foto: © www.cellosonate.nl

Aurelia Shimkus

Bassoon Consort Frankfurt Das Ensemble dieser Ersteinspielung besteht aus Lehrenden, Studierenden und Ehemaligen der Fagottklasse von Prof. Henrik Rabien an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Die vorliegende Transkription der Goldberg-Variationen für Fagott­ensemble wurde im Mai 2013 anlässlich eines Konzertes im Frankfurter Senckenbergmuseum mit großem Erfolg aus der Taufe gehoben und seither in zahlreichen Konzerten aufgeführt. Die Musiker haben in diesem besonders mitreißenden Meis­ terwerk Bachs große spieltechnische und koor­ dinatorische Anforderungen zu meistern. Sollte es darüber hinaus gelingen, mit dieser Fassung der Goldberg-Variationen Hörer für die vielseitigen Qualitäten von Fagott und Kontra­ fagott zu begeistern, wäre dies eine ganz be­ sondere Freude. Immerhin ergibt sich hier die Gelegenheit, den besonderen Fagott-Ensembleklang in mannigfaltigen Farben, Registern und Situationen höchst abwechslungsreich und plastisch zu erleben. Biografie

Berolina Ensemble Der Geiger David Gorol gründete 2009 das Berolina Ensemble, angeregt von den richtungsweisenden Einspielungen des Melos Ensembles, der Pionierarbeit des Consortium Classicum auf dem Gebiet der kammermusikalischen Wiederentdeckung und dem Wunsch nach vielfältigen Konzertprogrammen in variablen Besetzungen. Seitdem hat das junge Ensemble in Konzerten

Frans van Ruth und Doris Hochscheid

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CLASS : aktuell

Benefizkonzert „Klassik: XL“ auf einen Blick www.concert-royal.info | Foto: © Kalle Meyer

Datum: 8. Oktober 2016 Konzertbeginn: 19:00 Uhr Ort: Konzertsaal der Universität der Künste, Hardenbergstraße / Ecke Fasanenstraße Durch das Programm führt der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher Künstler / Programm

CD

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Nachwuchskünstler Geige“

Yury Revich  Violine Guiseppe Tartini (1692 - 1770) – Teufelstrillersonate Antonio Vivaldi (1678 - 1741) Der Sturm aus „Die vier Jahreszeiten“

ARS 38170 (Hybrid-SACD)

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Editorische Leistung des Jahres“

unter anderem des Thüringer Orgelsommers, des Louis-Braille-Festivals, des crescendo-Musikfestivals und in der Berliner Philharmonie überzeugt. Neben der Konzerttätigkeit forschen die Berliner Musiker nach spätklassischen und romantischen Komponisten, denen durch unterschiedlichste Gegebenheiten der nachträgliche Ruhm verwehrt blieb. Mit dieser Suche erweitert das Berolina Ensemble stets sein Repertoire und kann bereits auf eine beachtliche Sammlung von Werken der gemischten und großbesetzten Kammermusik blicken. Biografie

CONCERT ROYAL Köln Bläserensemble auf historischen Instru­menten wurde 1987 von der Oboistin und Cembalistin Karla Schröter gegründet. Der Name des Ensembles, das zur Zeit seiner Gründung einen Schwerpunkt auf die Interpretation französischer Barockmusik gelegt hatte, leitet sich ab von F. Couperins Sammlung der Concerts Royaux. Das Ensemble arbeitet sowohl als Kammermusikensemble als auch in Orches­ter­ formationen mit barockem und klassischem Instrumentarium des 18. Jahrhunderts, im Bereich der Kammermusik insbesondere als Holzbläserensemble mit und ohne Continuo­ instrumente, bei einigen Programmen unter Hinzunahme von Instrumenten wie Viola d‘amore, Naturhörnern oder Naturtrompete. Erstmalige Wiederaufführung von Werken des 18. Jahrhunderts im kammermusikalischen, orchestralen und oratorischen Bereich sind eine Spezialität dieses Ensembles.

Doris Hochscheid  Cello + Frans van Ruth  Klavier Rudolf Escher (1912 - 1980) Sonate concertante

Audiomax 903 1910-6 (Hybrid-SACD)

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Nachwuchskünstlerin Klavier“

Aurelia Shimkus  Klavier Franz Liszt (1811 - 1886) Fantasie + Fuge über das Thema B-A-C-H

ARS 38196 (Hybrid-SACD)

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Kammermusikeinspielung“ 17. / 18. Jh. / Bläser

Bassoon Consort Frankfurt  Fagott-Oktett Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) Goldbergvariationen (Auszug)

MDG 903 1914-6 (Hybrid-SACD)

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Surround Einspielung“ erste 3D Kopfhörer Aufnahme

Concert Royal Köln Johann Georg Linike (ca. 1680 - 1762) – Sonate für Violine, Oboe und Bc + Sonate für 2 Oboen und Bc

Musicaphon M56972 (Hybrid-SACD)

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Solistische Einspielung / Lied / Gesang“

Holger Falk  Bariton + Steffen Schleiermacher  Klavier Erik Satie (1866-1925) – Mélodie et Chansons

MDG 613 1926-2

ECHO Klassik-Preisträger 2016 „Kammermusik-Einspielung“ 19. Jh. / gemischtes Ensemble

Berolina Ensemble Waldemar von Bausznern (1866-1931) – Oktett (1. + 2. Satz), Zug durch die Puszta + Czardas

MDG 948 1937-6 (Hybrid-SACD)

Tickets: 20 Euro, Schüler & Studierende 5 Euro unter www.klassik-xl.reservix.de oder an der Konzertsaalkasse UdK Berlin, Tel. 030/31 85 28 04 | Das Konzert wird von KLASSIK.TV aufgezeichnet.

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Holger Falk

www.schleiermacher-leipzig.de | Foto: © MDG

www.holgerfalk.de | Foto: © Wonge Bergmann

CLASS : aktuell

Steffen Schleiermacher

Biografie

Doris Hochscheid und Frans van Ruth

studierte bei Dimitri Ferschtman in Amsterdam, Melissa Phelps in London und Philippe Muller in Paris. Gleich zweimal wurde sie während des Tanglewood Festivals in den USA mit dem Prize for an outstanding cellist ausgezeichnet. Auch war sie über viele Jahre Mitglied des LeoSmit-Ensembles und ist jetzt Mitglied des Stolz Quartetts. Doris Hochscheid spielt ein Bernardel-Cello, das ihr von einem Bewunderer zur Verfügung gestellt wurde.

haben sich im Laufe der Zeit ein gemeinsames Repertoire von fast hundertfünfzig Kompositionen erarbeitet, das von den Gambensonaten von J.S. Bach zu einer immer wachsenden Zahl von eigens für sie komponierten Stücken reicht. Beide Musiker unterrichten an der Musikfa­ kultät der Amsterdamer Hochschule der Künste (Conservatorium van Amsterdam).

Doris Hochscheid

Frans van Ruth begann seine Ausbildung bei dem Pianisten und Komponisten Hans Osieck. Er studierte Sprachund Literaturwissenschaft an den Universitäten von Utrecht und Paris, setzte aber gleichzeitig sein Musikstudium an der Utrechter Musikhochschule fort. Während des Hugo-Wolf-Wettbewerbs wurde ihm von der Jury der Preis als bester Liedbegleiter verliehen. Seit den 1980er Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der im eigenen Lande ernsthaft vernachlässigten musikalischen Vergangenheit. 1995 war er Mitbegründer der Leo-Smit-Stiftung und bis 2004 künstlerischer Leiter der von der Stiftung organisierten Konzertreihen, in denen er anspruchsvolle Solowerke wie die Jazz-Etüden von Erwin Schulhoff und die Zweite Klaviersonate von Karl Amadeus Hartmann aufführte. 2011 war er Mitherausgeber einer Neuausgabe in drei Bänden des gesammten Liedschaffens von Leander Schlegel.

Biografie

Holger Falk Beweglichkeit, Farbigkeit und Unmittelbarkeit im Ausdruck machen Holger Falk zu einem der international gefragtesten Interpreten zeit­ ge­ nös­­si­schen Musiktheaters. Er hat Stücke von Peter Eötvös, Beat Furrer, Georges Aperghis, Steffen Schleiermacher und vielen anderen uraufgeführt, sowie zahlreiche klassische Rollen von Monteverdis „Orfeo“ bis zu Wolfgang Rihms großen Opern gesungen. Einla­ dungen führen ihn an Opernhäuser in aller Welt. Holger Falk nahm als erster Sänger zusammen mit Alessandro Zuppardo am Klavier eine Gesamt­ einspielung aller 115 Mélodies für Männerstimme von Francis Poulenc auf. Nun folgt diese Gesamteinspielung der Mélodies und Chansons von Erik Satie. Zusammen mit Steffen Schleiermacher am Klavier veröffentlichte er außerdem Einspielungen von Liedzyklen Wolfgang Rihms und der „Hölderlin-Vertonungen“ Josef Matthias Hauers. Holger Falk und St. Schleiermacher wurden 2015

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v. d. Hugo-Wolf-Stiftung u. d. Bundeskulturstiftung eingeladen, das Festival „Sind noch Lieder zu singen“ zur Zukunft des deutschen Lieds zu gestalten.

Steffen Schleiermacher Pianist, Komponist, Festival- und Konzertorganisator Studium a. d. Musikhochschule „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig. Seit 1988 Leitung d. Konzertreihe „musica nova“ am Gewandhaus Leipzig, 1989 Gründung d. Ensemble Avantgarde, 1993 2000 Leitung des Januarfestivals am Museum d. Bildenden Künste Leipzig, 2000 - 2010 Leitung d. Festivals „KlangRausch“ beim MDR. Zahlreiche Auftragswerke, in jüngerer Zeit u.a. für die Oper Bonn, das Gewandhausorchester, das Kirchenmusikfestival Oslo, das WDR Sinfonie­ orchester und den RIAS Kammerchor. Z. Zt. Arbeit an Kompositionen für das Gewandhausorchester, die Akademie für Alte Musik Berlin, das Orchestre Français des Jeunes, das Konzert­hausorchester Berlin und das Festival „pélegrinage“ Weimar. Konzert- u. Vortragsreisen in viele Länder Europas, Amerikas und des Fernen Ostens, Konzerte u.a. mit dem Gewandhausorchester, dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin, den Münchner Philharmonikern, dem Orchestre de la Suisse Romande und weiteren – u.a. unter W. Ashkenasy, I. Metzmacher, F. Luisi und W. Jurowski. Ca. 60 Einspielungen bei verschiedenen Labels (Hat Art, Wergo, MDG), darunter die Ersteinspielung des gesamten Klavierwerks von John Cage.


KLASSIK NEU ERLEBEN. DAS BESTE AUS KONZERT, OPER UND TANZ AUF KLASSIK.TV

CLASS : aktuell Bis 30. September können alle Klassikpioniere wieder Vorschläge für Konzerte und Konferenz der nächsten Classical: NEXT einreichen

Hunderte von internationalen Spitzenproduktionen mit Stars wie Daniel Barenboim, Gustavo Dudamel, Christian Thielemann, Zubin Mehta, Herbert von Karajan, Anne-Sophie Mutter u.v.m. sowie Hintergrund-Infos, Künstler-Interviews, Themenschwerpunkte und vieles mehr...

Foto: © Eric van Nieuwland

Erneuerung leicht gemacht Die Classical: NEXT öffnet ihren Call for Proposals und zeigt, wo die Klassikwelt auf einem guten Weg ist.

W

er kennt sie nicht, die beliebten Checklisten der Ratgeberindustrie, mit denen jeder noch so schwere Lebenswandel gelingt. „Befolgen Sie diese zehn einfachen Schritte und schon.... Sie werden überrascht sein.“ Wäre die Classical: NEXT ein solcher 10-Punkte-Plan zur Erneuerung der Klassik, heute – fünf Jahre nachdem CLASS und Piranha Arts die Klassikmesse gründeten – wären mindestens die Hälfte der Punkte abgehakt. Und in der Tat dürfen die weit über eintausend Klassikprofis, die sich regelmäßig in Rotterdam treffen, überrascht und auch ein wenig stolz sein: Das jährliche Treffen ist zur größten und wichtigsten Fachkonferenz und - Messe der internationalen Klassikwelt geworden. Viele Firmen und Künstler, darunter Größen wie Apple und die Deutsche Grammophon, legten Ankündigungen neuer Kooperationen in die Woche der Classical: NEXT Jubliläumsausgabe in diesem Mai in Rotterdam. Weltbekannte Vorreiter von Google bis Barbara Hannigan nutzen die Plattform, um die vielen enthusiastischen Künstler, Manager und Labels der Szene dort zu erreichen. Denn um diese Szene der ‚Klassikmacher‘ geht es letztlich. Nicht große Namen und Leuchtturmprojekte allein haben das Genre nachhaltig verändert: Noch mehr beeindruckt, dass sich auch in der Breite eine echte Gemeinschaft derer gebildet hat, die den Mut zur Erneuerung haben. Wer vor etwas mehr als fünf Jahren die Klassikszene umkrempeln wollte, der sah sich damals doch eher allein auf weiter Flur. Heute gehört es – auch Dank der „NEXT“ – fast überall zum guten Ton, etwas Neues auszuprobieren: Neue Geschäftsmodelle, andere Konzertformate, neue Aufnahmetechniken. Die Erneuerer sind über die Classical: NEXT nun weltweit vernetzt, und haben gemerkt, dass sie viele sind. Gemeinsam sind wir stärker – und auch optimistischer. Die Classical: NEXT ist natürlich nicht der alleinige Grund dafür, dass die Szene endlich neue Wege geht, sie hat diesen Prozess nur angestoßen, katalysiert. Es ist eben ganz wie mit den Checklisten, (und den guten

Vorsätzen zu Neujahr) – sie sind ein guter Anfang. Aber erfolgreich ist damit nur, wer wirklich etwas ändern möchte, sich ernsthaft an die Ratschläge hält und vor allem: selbstständig weiter macht. Dafür wird die Classical: NEXT auch in den nächsten 5 Jahren stehen und eine Anlaufstelle für die bieten, die nach KnowHow oder Partnern suchen. Denn nun folgt eben die zweite Hälfte des 10-PunkteProgramms. Es wird eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre, die vielen guten Ansätze und die neuen Experimente zur Routine werden zu lassen. Einige, die seit Jahren Erneuerung lautstark begrüßen, werden sich nun ehrlich machen müssen. Dazu zählen auch Fördertöpfe und nationalen Exportprogramme. Aber auch so mancher kleine Unternehmer und aufstrebende Künstler muss Wissen sammeln und Personal schulen. „Capacity Building“ nennt man das heute. Ob es um transdisziplinäre Aufführungen geht, in denen Tanz und visuelle Untermalung mit Orchestermusik harmoniert, oder um internationale Kooperationen zur Wiederaufführung zeitgenössischer Werke auch nach der „UA“. Um innovative Aufnahmetechniken oder um die ernsthafte Auseinandersetzung mit OnlineMarketing und digitalem Vertrieb. Nicht zu vergessen Inklusion und Frühförderung. Es gibt viel zu tun, packen wir es an! Ein Beispiel kann man sich etwa an den 30 Projekten nehmen, die in diesem Jahr für den Classical: NEXT Innovation Award nominiert waren. Unter den Finalisten auch der Rundfunkchor Berlin, das Berliner Radialsystem sowie der gewählte Gewinner – das Hamburger Ensemble Resonanz. Als nächsten Schritt schlagen wir selbst­ver­ständ­lich wieder die Präsentation auf der Classical: NEXT vor. Diese Woche öffnete der Call for Proposals für die Classical: NEXT 2017 (wieder im Mai, wieder in Rotterdam, Stichwort Routine). Bis 30. September können die Fachbesucher und alle die, die es werden wollen, Vorschläge für Konferenz und Showcase-Konzerte der kommenden Ausgabe einreichen. Paul Bräuer

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Wann immer und so oft Sie wollen. Ihr persönlicher Konzertsaal und Ihr privates Opernhaus ist nur einen Mausklick entfernt.

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A NEW VISION - THE NEW CLASSICAL

Streichinstrumente

Klavier

Gitarre

TaMa261219315 (CD)

NEUERSCHEINUNGEN

Im Blickpunkt

CLASS : aktuell

Cecilia Pillado & Friends

Homage to GUASTAVINO

THE SCHUBERT OF THE PAMPAS CARLOS GUASTAVINO (1912-2000) Romantische Kammermusikduos CECILIA PILLADO, Klavier KATIA GUEDES, Sopran UNOLF WÄNTIG, Klarinette ERIC KIRCHHOFF, Flöte CARLOS MARÍA SOLARE, Bratsche

TaMa261219303 (CD)

s CexiliaTa’ngos Cecilia Pillado Argentine Piano Music

TaMa261219310 (CD)

ARGENTINISCHE TANGOS Virtuos, brillant, feurig CECILIA PILLADO: Klavier

200 JAHREN KLASSISCHE BRASILIANISCHE LIEDER KATIA GUEDES, Sopran EVELYN ULEX, Klavier

IM FACHHANDEL ERHÄLTLICH

& Release Konzert 23 Oktober, 16 Uhr

Kammermusik, Gesang und Tangos

Û

Frédéric Kummer François Schubert Duos für Violine und Cello Friedemann Eichhorn, Violine Alexander Hülshoff, Cello

Johannes Brahms (1833 – 1897) Sämtliche Klaviertrios – Vol. 1 Trio op. 8 (Version 1889) & op. 87 Vienna Piano Trio MDG 942 1962-6 (Hybrid-SACD)

NAXOS 8.573000

Mit den Violinkonzerten des Beethoven-Zeitgenossen Pierre Rode hat der Weimarer Violinvirtuose Friedemann Eichhorn für etliche hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Auch diesmal wird es ihm nicht anders ergehen, denn Friedemann Eichhorn und sein Duettpartner Alexander Hülshoff haben veritable Juwelen der Musikgeschichte gehoben, die bislang höchstens Fachleuten bekannt gewesen sein dürften. Die Rede ist von den quirligen, höchst unterhaltsamen und atemberaubend effektvollen Duetten von Frédéric Kummer und François Schubert. Kummer war einer der Mitbegründer der Dresdner Cello-Schule, während François Schubert zu seiner Zeit vor allem als Komponist heiterer Opern im Fahrwasser Rossinis bekannt war.

Verblüffende Ausdruckspalette Ihre hypervirtuosen Duette klingen manchmal wie Rossini auf Speed oder wie Boccherini nach einer eindrucksvollen Begegnung mit Beethoven oder wie Paganini und Sarasate beim musikalischen Shakehands, oder, oder, oder… Die Ausdruckspalette dieser Stücke ist verblüffend vielgestaltig und vermag selbst Hörer zu erstaunen, die glauben, sie würden schon alles kennen. Zudem ist das Ganze auch einfach sehr unterhaltsam. Die Zeit vergeht beim Hören wie im Flug.

Es ist einer der ganz großen Glücksfälle der Musikgeschichte, dass das frühe H-Dur-Klaviertrio op. 8 in zwei Versionen überliefert ist. Der über-selbstkritische Brahms hatte ja an­sonsten alle Früh­ fassungen, Skizzen und Entwürfe seiner Werke recht vollständig vernichtet. Das Wiener Klaviertrio eröffnet seine BrahmsEdition neu im überlegenen Super-AudioKlang bei MDG mit der späten Fassung dieses Jugendwerkes, der es das reife op. 87 gegenüberstellt.

Glücksfall Gegenüber der romantisch-ungestümen Erstfassung besticht die späte Version durch eine deutlich konzen­trierte Anlage. An seinen Verleger kommentierte Brahms die Revision, gewohnt maliziös: „…dass das alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das neue sei gut!“ 30 Jahre brauchte Brahms dann, um ein zweites Klaviertrio zu beginnen; in vermeintlich schlichtem C-Dur eröffnet op. 87 tiefe Abgründe, die immer wieder von grandiosem Leuchten abgelöst werden. Von außergewöhnlicher Schwierigkeit ist der Klavierpart. Kein Wunder, ist das Werk des begnadeten Pianisten doch im Umfeld des 2. Klavierkonzerts entstanden. Besonders das elfengleiche Scherzo hat es in sich; eine lohnende Aufgabe für Stefan Mendl, der mit seinen Wiener Kollegen auf dem ehrwürdigen Steinway D „Manfred Bürki“ einen geisterhaften Spuk zelebriert, dass einem wohlig der Schauer über den Rücken läuft.

Kulturscheune Gutshof Woldzegarten www.gutshof-woldzegarten.de

www.tangomalambo.com

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Royal John Dowland Fantasias / Tänze Benjamin Britten Nocturnal after John Dowland op. 70 Hans Werner Henze Royal Winter Music: Second Sonata

Stefan Koim, Gitarre Musicaphon M56975

„ROYAL ..., edler Klang in höfischem Kontext“ so könnte man die Musik des berühmten Renaissancelautenisten John Dowland beschreiben, die im Mittelpunkt der zweiten CD von Stefan Koim steht. Dabei werden auf der einen Seite Kompositionen von Dowland selbst vorgestellt; Kompositionen, die eine beeindruckende Verbindung von Herz, Geist und Intellekt aus der Feder eines weltgewandten Musikers des 16. Jahrhunderts darstellen. Auf der anderen Seite stehen die beiden bedeutenden modernen Kompositionen von Benjamin Britten und Hans Werner Henze, die in ihren Werken Bezug auf Dowland und die Lautenmusik des Elisabethanischen Zeitalters nehmen. Explizit geschieht dies in Brittens Nocturnal, einem Variationswerk über John Dowlands Air Come heavy sleep. Eher implizit ist der Bezug bei Hans Werner Henze, der sich die Inspiration für seinen Zyklus Royal Winter Music in den Werken des englischen Lyrikers und Dramatikers William Shakespeare holte, bekanntlich ein Zeitgenosse Dowlands. Unvorstellbar daher, dass er bei der Abfassung seines Werks für Sologitarre nicht auch Dowlands Lautenmusik im Ohr hatte ...

Dowland im Ohr Und so sollen die auf dieser CD versammelten Kompositionen vor allem auf zweierlei aufmerksam machen: auf den immer noch faszinierenden Klang einer Zeit, die vielfach als das „Goldene Zeitalter“ der englischen Geschichte bezeichnet wird, sowie auf das auch nach 400 Jahren immer noch inspirierende Potential dieser Musik für die Musik der Moderne.


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Konzert

TAGE

ALTER MUSIK Jean Sibelius Symphonie Nr. 3 C-Dur op. 52 Symphonie Nr. 6 d-Moll op. 104 Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 105 Minnesota Orchestra Osmo Vänskä BIS-SACD-2006

Mit dieser SACD kommt der schon hoch gelobte Sibelius-Symphonien-Zyklus von Osmo Vänskä und dem Minnesota Orchestra zu seinem Abschluss. Hier findet sich die 3. Symphonie, 1907 vollendet, in Kombination mit den beiden letzten Werken dieses Genres, mehr oder weniger parallel zwischen 1922 und 1924 komponiert. Die 3. Symphonie ist Sibelius‘ „klassischste“ Symphonie, ein radikaler Gegensatz zu ihrem opulenten Vorgänger. Und der Dirigent Koussevitzky, einer der großen Apologeten von Sibelius, sprach von dieser Symphonie als „Musik, die ihrer Zeit weit voraus ist.“ Fünfzehn Jahre später, nach der heroischen 5. Symphonie, überraschte Sibelius wieder alle, die auf „mehr“ in dieser Art gehofft hatten. Denn die 6. Symphonie lebt von einem raffinierten modalen und moderaten Fluss. Der Komponist vermied virtuosen Orchestersatz ebenso wie massive Höhepunkte. Und dann folgt der symphonische Schwanengesang, die strenge und majestätische 7. Symphonie.

Symhonischer Schwanengesang Ein einsätziges Werk, bei der Erstaufführung noch „Fantasia sinfonica“ betitelt, und doch eine komplette Symphonie. Denn der Satz enthält alle typischen Elemente einer viersätzigen symphonischen Anlage. Drei fundamentale Werke eines Komponisten, von dem Kollege Vaughan Williams einmal sagte, er habe die Fähigkeit, einen C-Dur-Akkord ganz neu klingen zu lassen.

Das klassische Klavierkonzert Vol. 3 Franz Xaver Mozart Klavierkonzerte Nr.1 & 2 Muzio Clementi Klavierkonzert C-Dur Sinfonieorchester St. Gallen Howard Shelley

IN HERNE

hyperion CDA 68126

Franz Xaver Wolfgang Mozart (1791 - 1844) war das jüngste der beiden überlebenden Kinder von Constanze und Wolfgang Amadeus. Nur der lediglich vier Monate vor dem Tod seines Vaters geborene Junge schlug eine musikalische Laufbahn ein. Constanze hegte große Erwartungen in ihn, hatte ihm doch der Hofkapellmeister Antonio Salieri höchstselbst eine Musikerkarriere prophezeit, die „derjenigen seines gefeierten Vaters nicht unterlegen“ sein würde.

Im Schatten von Amadeus Der Knabe erhielt Unterricht u.a. von Salieri und Hummel, doch im über­großen Schatten seines genialen Vaters war ihm nur eine bescheidene Karriere als Pianist und Komponist vergönnt. Seine beiden Klavierkonzerte sind Meisterwerke, die das Vorbild seines Vaters aufgreifen und mit Elementen des Spieltechnik und Ausdrucksweise der Frühromantik anreichern. Howard Shelley und das Sinfonieorchester St. Gallen stellen die beiden Konzerte in der dritten Folge der Hyperion-Reihe „Das klassische Klavierkonzert“ vor und machen die unleugbaren Quali­ täten der Musik nachhörbar. Ergänzt wird die Einspielung durch das Klavierkonzert des immer noch unterschätzten Muzio Clementi. Auch hier gelingt Shelley eine umfassende Ehrenrettung, die unser Bild vom klassischen Klavierkonzert um wirklich hörenswerte Musik bereichert.

Ausgabe 2016 /3

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HOMMAGE

Konzerte mit Le Concert Spirituel, MainBarockorchester Frankfurt, Conjunto de Música Ars Longa Havanna, Graindelavoix, Ensemble 1700 u. a. MUSIKINSTRUMENTEN-MESSE 10. BIS 13. NOVEMBER 2016 auf der Bühne und im Radio INFOS Stadt Herne / 02323 162839 tage-alter-musik.de Eine Veranstaltung mit der


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Klangsammlung

„The Audiophile Sound of MDG“ 28 ausgewählte Musikbeispiele in Diabolo-Qualität MDG 906 1800-6 (Hybrid-SACD)

Wer das Hören von Musik zu seinem Hobby macht, investiert auf seiner Suche nach der „richtigen“ HiFi-Anlage Zeit und Geld. Dabei ist viel Hören für das richtige Finden unerlässlich. Und so nehmen Sie entweder einige Ihrer Lieblings-CDs mit oder Sie benutzen die neue Klangsammlung „The Audiophile Sound of MDG“ zum Hören beim Händler Ihres Vertrauens – nur eine Scheibe, aber alles drin. Musik vom Feinsten, wie man es von MDG kennt, präsentiert diese SACD in einer einmaligen Zusammenstellung. Mit dabei die Crème de la Crème der Klassikszene: Elisabeth Leonskaja, Christian Zacharias, Hariolf Schlichtig, Jin Ju, das Beethoven Orchester Bonn, das Mozart Piano Quartet, Frank Bungarten, der Norddeutsche Figuralchor und viele mehr, die ein musikalisches Feuerwerk der Spitzenklasse liefern. 78 Minuten Spielfreude von Bruckner bis Beethoven, von Chopin bis Schostakowitsch, von Scheidemann bis Schönberg lassen MDGs legendäre Aufnahmeräume in allen Facetten im Wohnzimmer entstehen, in einer nie gehörten, atembe­raubenden Plastizität.

Alles drin!

Sinfonik

Oper

Haydn 2032 – Vol. 3 Solo e Pensoso Sinfonien Nr. 4, 42 & 64 Konzertarie „Solo e pensoso“ Ouvertüre zu „L’isola disabitata“ Francesca Aspromonte Il Giardino Armonico Giovanni Antonini, Ltg.

Serpent & Fire Arien für Dido und Cleopatra Werke von Purcell, Graupner, Händel, Hasse u.a. Anna Prohaska Il Giardino Armonico Giovanni Antonini, Ltg.

ALPHA 672

Die Sopranistin Anna Prohaska ist eine Künstlerin, die sich eingehend mit den von ihr verkörperten Figuren und ihrer Geschichte beschäftigt. Aus diesem Grunde liegt ihr das Programm ihrer neuen CD „Serpent & Fire“ auch so sehr am Herzen. Die beiden Königinnen Dido und Kleopatra waren beliebte Figuren der ‚Opera seria‘ im 17. und 18. Jahrhundert: zwei schöne und mächtige Frauen, denen als starke Persönlichkeiten in einer patriarchalisch dominierten Welt weder Sieg geschweige denn Happy End beschieden war, sondern vielmehr Scheitern, Verlust und letzten Endes der verzweifelte Ausweg in den Freitod mittels Schlangenbiss bzw. Selbstverbrennung.

Das verdienstvolle Musikprojekt „Haydn 2032“ wurde ins Leben gerufen, um bis zum 300. Geburtstag von Joseph Haydn im Jahr 2032 alle 107 Sinfonien in einem einzigartigen Konzertzyklus mit Giovanni Antonini europaweit aufzuführen und anschließend auf Tonträger zu veröffentlichen. Die dritte Folge der schon jetzt hochgelobten Gesamtaufnahme stellt neben den selten eingespielten, aber ausgesprochen originellen Sinfonien Nr. 4, 42 und 64 eine weitere bemerkenswerte HaydnRarität vor: die 1798 in London entstandene Konzertarie Solo e pensoso Hob. XXIVb:20 auf einen Text des Renaissance-Dichters Francesco Petrarca.

Haydn-Raritäten Zu hören ist hier nichts weniger als subtil vertonte Weltliteratur. Solistin ist hier die junge Sopranistin Francesca Aspromonte. Giovanni Antonini und sein Ensemble Il Giardino Armonico garantieren erneut ein aufregendes Haydn-Erlebnis.

Mit dieser Hybrid-SACD, die nicht nur in hochauflösendem Stereo oder in Mehrkanalqualität, sondern auch auf jedem CD-Spieler in CD-Qualität wiedergegeben werden kann, liefert MDG wieder eine neue Ausgabe seiner berühmten Klangsammlungen.

30

Ausgabe 2016/3

ALPHA 250

Ergreifendes Hörerlebnis Anna Prohaska blickt hier zwar in die Vergangenheit, doch es ist gerade der Bezug zur Gegenwart, der ihren Gesang so authentisch werden lässt. Als moderne Frau, weiß sie, dass sie heute weitaus mehr Möglichkeiten hat als viele ihrer historischen und mytholo­ gischen Geschlechtsgenossinnen. Dass sie bei ihrer Einspielung mit Giovanni Antonini und Il Giardino Armonico als hellwachen Begleitern, nicht nur auf Altbekanntes zurückgreift, sondern mit Arien von Graupner, Sartorio oder Hasse auch gleich mehrere kostbare Raritäten präsentiert, macht diese Veröffentlichung umso wertvoller.


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Barockmusik

ARABELLA STEINBACHER

Kammermusik

PTC 5186536

„Stilsicherheit par excellence!“ Concerti

Diese SACD enthält drei Sonderwerke im Schaffen Bachs. Das bekannteste, die Bauernkantate, entstand zu einer Feier auf dem Land außerhalb Leipzigs. Die Solisten porträtieren keine römischen Götter oder allegorischen Figuren, sondern stellen ein Bauernmädchen und einen Landarbeiter vor. In breitem Dialekt preisen die beiden zu Musik, die Bezug auf Volkslieder und bürgerliche Tänze nimmt, den neuen Besitzer des Landguts und seine Familie, teilen aber auch kleine Spitzen auf den Pfarrer und den örtlichen Steuerinspektor aus.

Bach auf italienisch Es folgen die beiden einzigen Kantaten Bachs, die italienische Texte haben. Gerade deshalb wurden sie schon von Bachs Schülern besonders beachtet. Beides sind Solokantaten und halten eine Reihe von Überraschungen für den Hörer bereit. Die längere, BWV 209, ist vielleicht ein musikalischer Abschied von einem jungen Schüler bei seiner Abreise aus Leizig nach Abschluss seiner Studien. Die Arien zeigen deutlich Einflüsse der italienischen Oper. In Amore traditore klagt ein enttäuschter Liebhaber Amor des Betrugs an. Überraschend ist die Rolle des Cembalos, das über seine Begleitfunktion weit hinausgehend solistische Aufgaben übernimmt.

Mozart: Trio; Schumann: Märchenerzählungen op. 132 Kurtág: Hommage à R. Sch. Prokofjew: Ouvertüre über hebräische Themen op. 34 Kovács: Greetings from the Balkan

László Kuti, Klarinette; Konstantin Sellheim, Viola Katharina Sellheim, Klavier Musicaphon M56969

Die auf dieser CD zu hörende außergewöhnliche Konstellation Klarinette, Viola und Klavier faszinierte schon viele große Komponisten verschiedener Epochen. Die Verschmelzung dunkler, edler und sinnlicher Klang­ farben mit brillanten, virtuosen und melodischen Ausdrucksmöglichkeiten ermöglichen diesem besonderen Ensemble abwechslungs- und facettenreiche Klangwelten – sie entführen die Hörer in ungewöhnliche lyrische Sphären. Der erste große Komponist für diese Besetzung war W.A. Mozart, der sein Trio Es-Dur KV 498 als Bratschist selbst mit uraufführte – zusammen mit seinem Freund, dem Klarinettisten Anton Stadler und seiner ehemaligen Schülerin Franziska von Jacquin. Ganz an den beiden Instrumenten Klarinette und Viola ausgerichtet, beeindruckt das „Kegelstatt-Trio“, das Mozart einer Anekdote nach während eines Kegel­abends komponierte, durch seinen intimen Charakter und die Verschmelzung der Klangfarben der beiden Instrumente mit dem Klavier. Viola und Klarinette sind dabei absolut ebenbürtig und lassen sich vom Klavier durch feine Klangwelten tragen.

Beeindruckende Besetzung Nicht nur W.A. Mozart, sondern auch Robert Schumann war von der Besetzung Klarinette – Viola – Klavier besonders beeindruckt. Seine Märchenerzählungen op. 132 sind nach einer Aufführung des „Kegelstatt-Trios entstanden. In diesem Werk knüpft er an seine vier „Märchenbilder“ op. 113 für Viola und Klavier an und stellt neben die Viola noch die Klarinette. Beide Instrumente – auch hier absolut gleichgestellt – verschmelzen durch ihre ähnliche Lage einerseits zu einer Einheit, und lassen andererseits durch die klanglich unterschiedlichen Möglichkeiten der Instrumente verschiedenste, märchenhafte Charaktere erscheinen. Florestan und Eusebius, auch Meister Raro sind ebenso zu hören wie Feen, Ritter und andere romantische Gestalten. Nicht ohne Grund nannte er seine Stücke zunächst „Mährchenphantasien“ – so dass es ein Geheimnis bleibt, wen oder was man in seiner Musik hören mochte. Das Märchenhafte, Fantastische nimmt Gestalt an, wunderbare Begebenheiten werden beschrieben, Zeit und Raum verschmelzen mit Vorstellung und Traum.

Ausgabe 2016 /3

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ues Ne um Alb PTC 5186 504

BIS-SACD-2191

Märchenerzählungen für Klarinette, Bratsche und Klavier

PTC 5186 479

Johann Sebastian Bach Weltliche Kantaten – Vol. 7: Mer hahn en neue Oberkeet (Bauernkantate), BWV 212 Non sa che sia dolore, BWV 209 Amore traditore, BWV 203 Mojca Erdmann, Sopran Dominik Wörner, Bass Bach Collegium Japan, Masaaki Suzuki

0 m P1 TO Albu E t ON r a oz OPH

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www.pentatonemusic.com

Im Vertrieb von NAXOS Deutschland


klanglogo

Ausgezeichnet mit dem Gramophone Editor‘s Choice: s this year One of the most exciting album azine Mag e Charlotte Gardner, Gramophon

Simon Borutzki BACH ALL‘ ITALIANA Johann Sebastian Bachs Bearbeitungen italienischer Konzerte gipfeln in einer wunderbaren Mischung aus italienischem Feuer und deutscher Satzkunst. Simon Borutzki und Clemens Flick haben diesen Konzerten durch erneutes Bearbeiten eine weitere Ebene hinzugefügt: den unnachahmlichen weichen Klang von Blockflöte und Continuo-Ensemble.

www.rondeau.de/CD/KL1517

... few could deny that there

His tone and control are

is charm and skill in the way

excellent. [...] Borutzki does

Borutzki imitates nature‘s

set a high standard that other

songsters [...] or disapprove of

wind players should emulate.

the fun that is being had here. Lindsay Kemp,

Charles Brewer,

Gramophone Magazine

American Record Guide

EARLY BIRDS Simon Borutzki Hofkapelle Schloss Seehaus www.rondeau.de/CD/KL1503

ww w.klanglogo.de im Vertrieb von Naxos Deutschland

Georg Philipp Telemann 12 FANTASIAS 12 RECORDERS www.rondeau.de/CD/KL1509

Eine Produktion aus dem Hause


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