crescendo 2/2016, Standard Ausgabe 03/04 2016

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AUSGABE 02/2016 APRIL – MAI 2016

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Daniel Hope Der Star-Geiger über seinen „musikalischen Großvater“ Yehudi Menuhin 400 JAHRE SHAKESPEARE Warum ist der Brite noch immer der größte Bühnenautor der Welt?

PETER DIJKSTRA Der Niederländer verabschiedet sich aus München

REISE & KULTUR Ein Themenspecial über die schönsten Orte der Klassik B47837 Jahrgang 19 / 02_2016

Mit Beihefter CLASS: aktuell

SOLI DEO GLORIA

21. Mai bis 15. Juni 2016 Barock bis Klassik u. a. mit Sir John Eliot Gardiner, Thomas Hampson, Luca Pisaroni, Jochen Kowalski, Viktoria Mullova, Isabel Karajan & Georg Baselitz.


F E S T W O C H E N D E R A U TO S TA DT W O L F S B U R G I N 0 2 . A P R I L ― 1 0 . M A I 2 0 1 6

L I E B E

KONZERTE

LESUNGEN & SCHAUSPIEL

Laila Biali · Al Di Meola Sarah McKenzie · Ed Motta Jon Cleary & The Absolute Monster Gentlemen Bouchkov Trio · Harriet Krijgh Marija Skender · William Youn Ramón Ortega Quero · Tamar Inbar La Folia Barockorchester · Ensemble Resonanz Anna Lucia Richter · Michael Gees Julia Fischer · Alexander Sitkovetsky Nils Mönkemeyer · Benjamin Nyffenegger Carolin Widmann · Nicolas Hodges

Claudia Michelsen Boris Aljinovic GRIPS Theater Berlin Philipp Hochmair · Dagmar Manzel Max Hopp · Adam Benzwi Wiebke Puls · August Zirner Franziska Walser · Edgar Selge Witold Dulski · Caroline Peters Peter Lohmeyer · Sylvie Rohrer Michael Maertens · Rolf Becker Gerd Wameling · Udo Samel

WEITERE

INFORMATIONEN:

0 8 0 0 2 8 8 6 7 8 2 3 8 O DER W W W. M OV I M E N TOS . D E Stand: 28. Januar 2016; Änderungen vorbehalten Foto: „Cantique des Cantiques“ – Compagnie La Baraka⁄Abou Lagraa – © Dan Aucante

TA N Z José Montalvo mit dem Théâtre National de Chaillot Compagnie La Baraka Akram Khan Company Russell Maliphant Company Aterballetto

KULTURPARTNER:


P R O L O G

MENUHIN SHAKESPEARE & MÜLL

Fotos Titel: Thomas Entzeroth/Zürcher Kammerorchester; Andreas Greiner-Napp; Marco Borggreve

WINFRIED HANUSCHIK Herausgeber

Liebe Leser, unseren Kolumnisten und Weltklasse-Geiger Daniel Hope verbindet eine der schönsten Geschichten mit dem großen Star-Virtuosen Yehudi Menuhin, der in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden wäre: Hope wuchs als kleiner Junge in dessen Villa im Londoner Stadtteil Highgate auf, weil seine Mutter – eher zufällig und sehr spontan – einen Job als Sekretärin Menuhins angenommen hatte. Als der kleine Daniel den großen Yehudi üben hörte, entwickelte er ein Faible für das Instrument und sagt heute: „Menuhin ist der Grund, weshalb ich Geiger wurde.“ Umso mehr freut es mich, dass Daniel Hope sich neben seinem vollen Terminplan zwei Nächte Zeit nahm, um diese Geschichte und seine Erinnerungen für uns aufzuschreiben und auch ein paar wirklich unterhaltsame Geheimnisse aus dem Privatleben seines „musikalischen Großvaters“ preisgibt. Noch eine Stufe prominenter als Menuhin ist William Shakespeare, dessen vierhundertsten Todestag die Kulturwelt in diesem Jahr ehrt. In unserer PremiumAusgabe – die Sie im Abonnement oder am Kiosk erwer-

ben können – würdigen wir den immer noch größten Bühnenautor der Geschichte mit einem umfangreichen Dossier. Dabei betrachten wir natürlich in erster Linie seine Wirkung auf die klassische Musik und geben Ihnen einen umfangreichen Überblick zu den in diesem Jahr stattfindenden Festivals und Aufführungen. In dieser Ausgabe finden Sie einen Appetizer: eine Einschätzung, warum Shakespeare auch nach 400 Jahren noch immer der Superstar des Bühnengeschehens ist. Überrascht hat mich in den vergangenen Wochen die Offenheit der Künstlerin Patricia Kopa­tchinskaja. Die Violinistin aus der Repu­blik Moldau hat auf ihrer Website den Menüpunkt „Mülleimer“ eingerichtet und versorgt ihre Fans hier regelmäßig mit Texten von echten Kritikern – also Texten aus den Medien, die vor allem ihr Spiel kritisieren. So einen offenen Umgang mit negativem Feedback gibt es ja selten. Allerdings teilt sie gegenüber ihren Kritikern auch aus. Kleiner Auszug einer (Kopatchinskaja-)Antwort zu einer Kritik der Münchner Abendzeitung an ihrer Interpretation von Beethovens Violinkonzert: „Ich trete an, diesen Kadaver aus der Karajanzeit zu dekonstruieren, um den lebendigen, atmenden, zärtlichen und zornigen Beethoven freizulegen.“ Dabei zeigt sie enorme musikwissenschaftliche Expertise und weist die Kritiker – und das ist ebenfalls ein Novum – auch fachlich zurecht. Inzwischen ergeben sich daraus richtige Diskussionen, crescendo-Kommentator Axel Brüggemann nahm das Thema bereits auf unserer Internetseite auf. Sollten Sie ebenfalls Kritik äußern wollen, tun Sie das bitte – auf Facebook, per E-Mail, in den Kommentaren unserer Seite oder auch in Form eines Briefes. Shakespeare wusste schon damals: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, daß er ein Narr ist.“ Viel Spaß beim Lesen wünscht

IHRE ABO-CD? In der Premium-Ausgabe dieser Zeitschrift finden Sie an dieser Stelle die crescendo Abo-CD – eine exklusive Leistung unseres crescendo Premium-Abonnements. Darauf hören Sie die Musik zu den Artikeln, die im Heft rot gekennzeichnet sind. Eine Inspiration für Ihre Ohren! Mittlerweile ist bereits die 59. CD in dieser Premium-Edition erschienen. Haben wir Sie neugierig gemacht? Dann testen Sie crescendo Premium! Die erste Ausgabe schicken wir Ihnen kostenlos. Dazu die crescendo Abo-CD. Ganz ohne Kaufverpflichtung. Bestellen Sie per Telefon: +49-(0)89-85 85 35 48, auf www.crescendo.de/abo. Info auf Seite 65.

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Ihr Winfried Hanuschik

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P R O G R A M M

B AC H

JOHANNES-PASSION LETZTE FASSUNG VON 1749

Mit machtvollen Chören, eindringlichen Arien und besinnlichen Chorälen gliedert Bach die Passionsgeschichte nach dem Evangelisten Johannes in seinem barocken Meisterwerk. Der BR-Chor, das Originalklangensemble Concerto Köln und eine Solistenriege von internationalem Renommee musizieren unter Leitung von Peter Dijkstra historisch informiert und mit großer emotionaler Tiefe.

3 CD 900909

Mit einer Werkeinführung von Markus Vanhoefer

EBENFALLS ERHÄLTLICH:

CD 900508 / DVD 900509 www.br-klassik.de

2 CD 900900

Erhältlich im Handel und im BRshop / www.br-shop.de

16 TEODOR CURRENTZIS Der griechisch-russische Dirigent erhält den diesjährigen Kairos-Preis

10 YEHUDI MENUHIN Daniel Hope über seine privaten Momente im Haus des großen Virtuosen

28 PER NØRGÅRD Der Komponist bekommt seinen späten Ruhm und erhält den Ernst von Siemens Musikpreis

STANDARDS

KÜNSTLER

HÖREN & SEHEN

03 .... PROLOG Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor 06.... OUVERTÜRE 16..... PERSONALIEN Christoph Eschenbach, Teodor Currentzis, Roger Willemsen 21..... IMPRESSUM 32.... R ÄTSEL & ­CARTOON 43 .... K LASSIK IN ZAHLEN 66.... HOPE TRIFFT ... Zamira Menuhin-Benthall Exklusiv nur in crescendo Premium ENSEMBLE Mit unseren Autoren hinter den Kulissen BLICKFANG Mozarts Le Nozze di Figaro in Hamburg KOMMENTAR Axel Brüggemann über William Shakespeare

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08.... PETER DIJKSTRA Der niederländische Chordirigent verlässt München 10..... Y EHUDI MENUHIN Daniel Hope über seinen musikalischen Ziehvater, der im April hundert Jahre alt geworden wäre 14..... N ILS ­MÖNKEMEYER ... hat zusammen mit Julia Fischer, Sabine Meyer und William Youn ein „All-Stars-Album“ aufgenommen

17..... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 18..... ATTILAS AUSWAHL Unser Chefrezensent über echte Klassiker von Newcomern und Weltstars 28.... U NERHÖRTES & NEU ENTDECKTES Christoph Schlüren über Per Nørgård, der den Siemens Musikpreis erhält 30.... AKUSTIK In der Garage fing alles an: Ein Porträt über Hi-Fi-­ Pionier Günther Nubert

Exklusiv nur in crescendo Premium EIN KAFFEE MIT ... Manfred Zapatka AIDA GARIFULLINA Die Sängerin erobert von Wien aus die Opernwelt KRZYSZTOF URBANSKI Wir trafen den Dirigenten in München

Exklusiv nur in crescendo Premium JOHN WILLIAMS Die Gesamtedition – eine Werkschau von Sony Classical mit 58 Alben EMIL GILELS Der russische Pianist wäre 2016 hundert Jahre alt geworden

LUCAS DEBARGUE Der spätberufene Senkrechtstarter im Porträt www.crescendo.de

April – Mai 2016

Fotos: Bob Coat; Daniel Hope private Collection; Manu Theobald / Ernst von Siemens Musikstiftung

JOHANN SEBASTIAN


34 TERMINE Bariton Thomas Hampson eröffnet dieses Jahr den Heidelberger Frühling

44 SHAKESPEARE Ohne den englischen Dramatiker wäre auch die Musikwelt deutlich ärmer

47 REISE & KULTUR Nicht nur auf Schloss Elmau wird die Hochkultur mit Urlaub verbunden

ERLEBEN

GESELLSCHAFT

LEBENSART

33.... DIE WICHTIGSTEN TERMINE UND VERANSTALTUNGEN DES ­FRÜHJAHRS 38 .... SOLI DEO GLORIA Das epochen­ übergreifende Festival sucht den Bezug zu anderen Kunstdisziplinen 40 .... BOSTON ­SYMPHONY ­ORCHESTRA Im Mai ist das Ausnahmeorchester in Deutschland zu erleben Exklusiv nur in

Fotos: Marco Borggreve; Schloss Elmau

crescendo Premium

GÜRZENICH- ­ORCHESTER Unter der Losung „GO PLUS“ veröffentlicht das Orchester Videostreams ausgewählter Konzerte SONDERSEITEN Deutsche Mozart Gesellschaft

44.... SCHWERPUNKT: WILLIAM ­SHAKESPEARE Auch vierhundert Jahre nach seinem Tod ist der Dramatiker ein Mythos 46 BEN CRYSTAL Der Schauspieler und Shakespeare-Experte über historische Aufführungspraxis Exklusiv nur in crescendo Premium GROSSES ŒUVRE Shakespeares Werk wurde von der klassischen Musik geliebt – nur nicht von Beginn an DIE SCHATZKISTE Auch Shakespeares Sonette wurden vertont – nicht nur in der Klassik WOHER KOMMT EIGENTLICH ... das Gerücht, ­Shakespeare und Cervantes seien am gleichen Tag gestorben? EVENTS Ein Überblick über die wichtigsten Veranstaltungen und Veröffentlichungen zum Jubiläum

47 .... SPECIAL REISE & KULTUR Ein Themenspecial über die schönsten und kulturell interessantesten Orte für das Jahr 2016 63..... R EISENEWS Internationale Veranstaltungen und ein Schlemmerführer 64.... WEINKOLUMNE Kreative Winzer haben Shakespeare für sich entdeckt, wie Kolumnist John Axelrod erklärt

EXKLUSIV FÜR ABONNENTEN Hören Sie die Musik zu u­ nseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 65

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O U V E R T Ü R E

William, Honoré und Woody Zum vierhundertsten Todestag von Shakespeare liegt es nahe, ihn mit zwei anderen Granden des Geschäfts zu vergleichen. VON JASMIN GOLL

WILLIAM SHAKESPEARE (1564–1616) „Um sein Ziel zu erreichen, zitiert selbst der Teufel aus der Bibel.“

HONORÉ DE BALZAC (1799–1850) „Wer viel redet, glaubt am Ende, was er sagt.“

WOODY ALLEN (*1935) „Mich erstaunen Leute, die das Universum begreifen wollen, wo es schwierig genug ist, in Chinatown zurechtzukommen.“

Werdegang

Erfolg

Frauen

Nachwirkung

Wuchs im englischen Stratford-upon-Avon in einfachen Verhältnissen auf, besuchte die Dorfschule, aber nie eine Universität. In London begann er, Stücke für ein Theaterensemble zu schreiben, an dem er selbst beteiligt war. Der Dichter Robert Greene lästerte bereits 1592, Shakespeare maße sich an, so zu schreiben wie die großen Dichter.

Shakespeare brachte es als Schauspieler, Dichter und Mitbesitzer von zwei Theatern zu beachtlichem monetären Erfolg. Er investierte sein Geld in Häuser und Agrarflächen und ging sehr bedacht mit seinem Vermögen um. Gegenüber seiner Frau war er in seinem Testament eher geizig. Er hinterließ ihr nur das „zweitbeste Bett“.

Als er 19 Jahre alt war, heiratete er bereits die schwangere, sieben Jahre ältere Anne Hathaway. Vielleicht musste auch deswegen erst eine Heiratserlaubnis beim Bischof von Winchester eingeholt werden. Da es in einigen seiner Sonette um das Verlangen nach einem Geliebten geht, wird Shakespeare gerne auch für bisexuell gehalten.

Leben und Werk des Dichters lassen die Menschheit bis heute nicht los, seine Stücke werden überall auf der Welt gespielt und Wissenschaftler versuchen, die letzten Geheimnisse über den Autor zu lüften. In Großbritannien hat Shakespeare eine ähnliche Popularität wie die Queen (und David Beckham).

Verbrachte seine Jugend – meist ohne seine Eltern – in einer Pariser Schülerpension und musste auf Wunsch des Vaters ein Jurastudium beginnen. Kurz vor dem Examen in Paris entschied er sich aber, Schriftsteller zu werden und verfasste anfangs noch sehr unkoordinierte Artikel.

Balzac machte sich als Autor zwar relativ schnell einen Namen, seine Werke blieben zu seiner Zeit aber selten monetäre Erfolge. Er hatte bis zum Ende seines Lebens hohe Schulden. Sein Lebenswerk Die menschliche Komödie, das allein aus 91 Romanen besteht, in denen 2.474 Figuren auftreten, blieb unvollendet und wurde erst nach seinem Tod zu einem großen Erfolg.

Fast ununterbrochen hatte Balzac Affären, oft mit verheirateten adligen Damen, die ihm den Kontakt zu höheren gesellschaftlichen Kreisen ebneten und ihm das ein oder andere Mal auch finanziell aus der Patsche halfen. Mit der Physiologie du mariage schuf er sogar ein Ehehandbuch für Single-Männer, das damals aber als anstößig empfunden wurde.

Balzacs Erzählweise ist in der Literaturgeschichte als eigener Stil (à la Balzac) anerkannt und bedeutet die Verwendung von interessanten Protagonisten in einem Roman. Zahlreiche Werke von Balzac wurden verfilmt, dazu existieren sieben Theaterstücke. Einige halten ihn für den stärksten GesellschaftsRomancier des 19. Jahrhunderts.

Woody Allen verdiente sich neben der Schule als Gagschreiber etwas Geld. Er studierte danach an der New York University und arbeitete sich vom Stand-upComedian und Schauspieler zum Theatersowie Drehbuchautor und zum Filmregisseur hoch.

Allen gehört zu den ganz wenigen Schauspielern, die auch als große Autoren akzeptiert werden. Mit dieser Kombination ist er der derzeit erfolgreichste Filmregisseur. Sein Jahreseinkommen im Jahr 2015 wurde auf 96 Millionen Dollar und sein Gesamtvermögen auf 275 Millionen geschätzt. Er besitzt Restaurants, ein Fußballteam und eine eigene Wodkamarke.

Bei Facebook müsste Allen den Status „es ist kompliziert“ angeben, denn immer wieder gibt es Skandale und Missbrauchsvorwürfe. Auch die Tatsache, dass er sich in die Adoptivtochter seiner Frau verliebte und sie später – 1997 – heiratete, rückte Allen immer wieder in ein „schwieriges“ Licht.

Allen, inzwischen achtzig Jahre alt, schreibt noch immer Drehbücher, führt Regie, steht selbst vor der Kamera und gibt Konzerte mit seiner Klarinette. Er schuf bislang über sechzig Filme und zehn Theaterstücke. Er erhielt vier Oscars und im Jahr 2014 einen Golden Globe für sein Lebenswerk.

Musikalischer Dialog für Flüchtlingshilfe: Am 20. März 2016 startet die musikalische Initiative UNISONO des Komponisten Nicolas Ruegenberg mit der Uraufführung der Konzertouvertüre UNISONO in der Berliner Philharmonie unter Mitwirkung der Berliner Symphoniker – und – das ist das Besondere: unter Mitwirkung von Flüchtlingen, die ihre Musikkultur bereits in den Kompositionsprozess mit einbringen konnten. +++ Männerdomäne: Die New Yorker Metropolitan Opera brüstete sich zur Vorschau der kommenden Saison damit, dass sie das Werk einer Komponistin zur Aufführung bringt, und zwar L’Amour de Loin der Finnin Kaija Saariaho. Das kuriose: An der Met stand tatsächlich zuletzt vor über hundert Jahren (im Jahr 1903) eine Komponistin auf dem Spielplan.

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AKTUELLE

NEUHEITEN BEI SONY MUSIC

L‘ARTE DEL MONDO SPERGER: SINFONIEN Das Originalklangensemble l‘arte del mondo geht unter der Leitung von Werner Ehrhardt auf eine Entdeckungsreise in die Klangwelten eines nahezu unbekannten Sinfonikers und Mozart-Zeitgenossen, mit den Weltersteinspielungen dreier Sinfonien von Johannes Matthias Sperger.

GRIGORY SOKOLOV CHOPIN: KLAVIERKONZERT NR. 1 Die Wiederentdeckung von Grigory Sokolovs‘ Aufnahme des ersten Klavierkonzerts von Chopin aus dem Jahr 1977 mit den Münchner Philharmonikern. Aufwändig remastert auf Basis der Original-Bänder und erstmals auf CD erhältlich.

www.lartedelmondo.de

JAN VOGLER SPIELT TSCHAIKOWSKY Jan Vogler hat einige seiner liebsten Werke von Tschaikowsky eingespielt, darunter die RokokoVariationen mit dem hr-Sinfonieorchester oder das Sextett Souvenir de Florence mit dem Moritzburg Festival Ensemble. www.janvogler.com

SABINE MEYER & DAS ALLIAGE QUINTETT FANTASIA Die Klarinettistin Sabine Meyer und das Alliage Quintett begeben sich auf eine Märchenreise mit neuen Arrangements berühmter Stoffe wie Goethes Zauberlehrling, Voltaires Candide oder dem Feuervogel. Erhältlich ab 13.3 · www.sabine-meyer.com

JONAS KAUFMANN VERDI: LA FORZA DEL DESTINO „Mit diesen Rollendebüts sangen sich Harteros und Kaufmann endgültig in den Opern-Olymp“ urteilte die Kritik begeistert über die Hauptdarsteller in der von Martin Kušej inszenierten Aufführung an der Münchner Staatsoper.

MASCAGNI: CAVALLERIA RUSTICANA Das Highlight der Salzburger Osterfestspiele 2015! Jonas Kaufmann debütierte bei dieser herausragenden Aufführung gleich in zwei Hauptrollen, in Pietro Mascagnis Cavalleria rusticana und Ruggero Leoncavallos Pagliacci. Erhältlich als DVD & Blu-ray ab 18.3. www.jonaskaufmann.com

JOHN WILLIAMS THE COMPLETE ALBUM COLLECTION Der australische Gitarrist John Williams kann auf eine lange Karriere zurückblicken. Aus Anlass seines 75. Geburtstags in diesem Jahr erscheint eine umfangreiche Edition seiner Aufnahmen, mit vielseitigem Repertoire von Bach bis zu den Beatles.

www.sonymusicclassical.de

www.facebook.com/sonyclassical


K Ü N S T L E R

Schlussakkord Nach der Jubiläumssaison hat der Chor des Bayerischen Rundfunks einen Abschied zu bedauern: Peter Dijkstra, vor elf Jahren 27-jährig als Künstlerischer Leiter angetreten, beschreitet neue Wege. Ein Gespräch über Abschiede, Wunschlisten und Bach.

Foto: Astrid Ackermann

VON MAXIMILIAN THEISS

Herr Dijkstra, wenn man sich als Resümee die Diskografie sem Komponisten vorbei. Es herrscht nach wie vor bei uns eine ansieht, die Sie mit dem BR-Chor veröffentlicht haben, wird man unglaubliche „Bachheit“. mit einem erstaunlich breiten Spektrum an Chorliteratur und Warum haben Sie speziell mit dem BR-Chor so viele Bachwerke Epochen konfrontiert. Gibt es denn gar kein Werk, um das Sie aufgeführt? einen Bogen machen würden? 2017 ist ja das Lutherjahr, dann wollen wir eine CD- und DVD-Box Eigentlich nicht. Klar, als Dirigent habe ich mich nicht mit mittelal- präsentieren mit allen großen Chorwerken des Komponisten. terlicher Musik auseinandergesetzt. Aber Hören Sie denn selbst Chor-CDs? eigentlich müsste man sagen: auseinandersetEher weniger. Und wenn, dann hauptsächlich zen können, weil diese Musik nicht fürs DiriJazz, durch meine Kinder auch Popsachen. gieren geschaffen wurde, zumindest nicht in Also haben Sie jetzt nicht zwei Meter Johandem Sinne, wie wir heute das Dirigieren verstenes-Passion bei sich im Schrank stehen … hen. Damals hat man ja allenfalls den Takt vorNein, nein, auf keinen Fall Chorliteratur. Wenn gegeben. Aber ab der Renaissance aufwärts ich mir Klassik anhöre, dann weniger Vokalfühle ich mich tatsächlich in allen Epochen als Instrumentalmusik. Ich bin zum Beispiel sehr wohl. ein großer Fan von Bruckners Sinfonien. Wenn es schon keine Schwarze Liste gibt – Daheim müsste ich inzwischen sechs Gesamtwie sieht’s mit einer Wunschliste aus? ausgaben davon haben. Oh ja, die gibt’s! Daheim habe ich tatsächlich Wenn Sie Bruckner so lieben: Warum sind eine Datei mit Stücken, die ich mal gerne Sie dann nicht Orchesterdirigent geworden? machen würde. Die Literatur und besonders Ach, was noch nicht ist, kann ja noch werden, deren Qualität ist schier unermesslich, sodass schließlich habe ich auch Orchesterleitung stuman immer wieder neue Sachen entdeckt. diert. (lacht) „WENN MAN AUS Zum Beispiel? Und wie wäre es damit, mal einen Opernchor Da fällt mir die Motette von Josquin Desprez zu leiten? DEN NIEDERLANDEN ein, Qui Habitat nach Psalm 91, ein Werk, das Na ja, letztendlich bedienen wir auch das STAMMT, KOMMT MAN schon lange auf dieser Liste war und das wir Operngenre, wenn auch konzertant. In den gerade erarbeiten. Um da gleich auf Ihre erste Niederlanden war ich mal Chorleiter und AN BACH SCHWER Frage zurückzukommen: Das ist zum Beispiel Assistent eines Opernensembles und habe da ­VORBEI“ ein Stück, das allein deshalb schon dirigiert viele spannende Erfahrungen gesammelt – die PETER DIJKSTRA werden muss, weil es 24 Stimmen gibt. Hier Chorliteratur in Opern ist schließlich hochinbeim BR-Chor durfte ich auch eine schöne teressant, wenn ich an Verdis Un ballo in Mischung aus neuen Werken einstudieren, die maschera denke oder an Brittens Peter Grimes. man noch gar nicht oder kaum kannte. Dass man mehr als zehn Jahre lang für ein Unternehmen arbeiFür das Publikum war sicher auch die Johannes-Passion ein tet, ist eher unüblich in Ihrer Generation. War das damals eine Höhepunkt. Im letzten Jahr gab’s zwei Aufführungen, die nun bewusste Entscheidung? auf CD und DVD erscheinen. Das Werk ist allseits bekannt – ist Bei dieser Art von Arbeit hat man natürlich Verträge, die über eine es da schwierig, mit der Passion einen bleibenden Eindruck zu bestimmte Laufzeit gehen. Ich hatte also keinen Vertrag für elf hinterlassen? Jahre, sodass ich immer mittendrin entschieden habe, weiterzumaKlar, als Leiter muss man eine Vision oder einen Gesichtspunkt ent- chen. Ich bin aber schon ein Typ, der da eher treu ist, und mir ist wickeln, der die Aufführung besonders macht. Ob das gelungen ist, bewusst, dass eine elfjährige Tätigkeit in einem Ensemble unüblich muss am Ende natürlich jeder für sich beurteilen. Die DVD etwa ist ist. Aber es braucht nun mal Zeit, bis man sich kennengelernt und ein Mitschnitt von der Internationalen Orgelwoche Nürnberg aufeinander eingestellt hat, damit man sich weiterentwickeln kann. (ION). Da haben wir die Johannes-Passion halbszenisch in der Und ich bin sehr froh darüber, dass der BR-Chor und ich uns vonLorenzkirche aufgeführt, sodass eine ganz neue Dramatik entstand. einander verabschieden können mit dem Gefühl, sich immer noch Die Protagonisten haben einander zugesungen, anstatt frontal zum in die Augen schauen zu können. Es wäre schön, wenn man sich Publikum zu stehen. Ich denke übrigens, dass dies auch auf der CD- noch oft wiedersieht und womöglich miteinander Konzerte erarAufnahme klar zu hören ist. beitet. Und ich hoffe, dass der Chor das auch so Hat bei Ihnen Bach eine Sonderstellung inne? sieht. ■ Seit der Jugend bin ich total fasziniert von ihm! Als Knabensopran J. S. Bach: „Johannes-Passion“, Chor des Bayerischen Rundfunks, habe ich viele Kantaten von ihm gesungen, auch seine Klavierwerke Concerto Köln, Peter Dijkstra (BR-Klassik) spiele ich noch immer sehr gerne. Außerdem: Wenn man aus den Track 1 auf der crescendo Abo-CD: „Herr, unser Herrscher“ Niederlanden stammt wie ich, dann kommt man nur schwer an die8

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we engineer music.

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K Ü N S T L E R

Der musikalische Großvater „Yehudi Menuhin ist der Grund, warum ich Geiger wurde“, sagt Daniel Hope. Denn der Violinist verbrachte seine Kindheit in dessen Haus in London. Am 22. April wäre Menuhin hundert Jahre alt geworden. Zeit für einen Rückblick – aus der Sicht seines inzwischen berühmtesten Schülers.

Hope und Menuhin 1983 beim Üben in dessen Chalet im schweizerischen Gstaad

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Fotos: Private Collection Daniel Hope / Zamira Menuhin-Benthall

VON DANIEL HOPE


„MENUHIN NAHM SEINE GUARNERI DEL GESÙ JEDEN TAG IN DIE HAND UND SPIELTE, FAST ALS OB ER EIN GLAS WASSER TRINKEN WÜRDE“

wahre „klingende Kinderstube“. Als ich Für meine Eltern war das Leben im mit vier Jahren den Wunsch äußerte, Geige Südafrika der 1970er-Jahre unerträglich spielen zu wollen, lag das in der Luft, wie geworden. Es war geprägt von dieser bei jemandem, der sagt, ich will schwimMischung aus Tragödie und Farce, die so men, weil alle an den Strand gehen. charakteristisch für das grausame ApartMenuhin war wunderbar spontan. Er heid-Regime war. Wir lebten in Durban, ließ seine Guarneri del Gesù immer im und mein Vater hatte die Literaturzeitschrift offenen Geigenkasten auf dem Tisch – er Bolt mitbegründet, die Gedichte von Autolegte die Geige nie weg. Er nahm sie in die ren verschiedenster Ethnien veröffentlichte. Hand und spielte, fast als ob er ein Glas Von da an wurde sein Telefon abgehört und Wasser trinken würde. Er sagte mir einmal: meine Eltern standen unter ständiger „Man muss jeden Tag spielen. Ein Musiker Beobachtung. Es blieb ihnen einzig die ist wie ein Vogel, und kannst du dir vorstelMöglichkeit, das Land zu verlassen – mein len, dass ein Vogel sagt ,Ich bin heute müde, Vater erhielt aber nur eine sogenannte Ausmir ist nicht nach fliegen?‘“ Die Geige war reisegenehmigung. Das bedeutete, wir ein Teil von ihm. Seinen Ton habe ich heute konnten zwar ausreisen, aber nie mehr noch im Ohr, so einzigartig und so fasziniezurückkehren. rend schön. Meine Eltern ließen sich in London Später erzählte Yehudi nonchalant nieder, wo ihnen bald das Geld ausging. über die Zeit, als er Ravel oder Gershwin Wir konnten nirgendwohin. Kurz vor der kennen lernte, als Elgar sein Violinkonzert Katastrophe hatten wir dann im letzten Geburtstagsgruß des Maestros an Hope: mit ihm einspielte, oder als ihm Bartók einAugenblick unglaubliches Glück. Eine „vom Kollegen Town Fiddler“ mal sagte, nachdem er ihm seine Sonate vorArbeitsvermittlung bot meiner Mutter zwei höchst attraktive Stellen an: Sekretärin des Erzbischofs von gespielt hatte, er habe gedacht, er würde nie erleben, dass jemand Canterbury oder des Geigers Yehudi Menuhin. Meine Mutter seine Werke so großartig interpretiert. All das hatte Menuhin absorbewarb sich nur bei Menuhin – den Erzbischof Coggan hatten sie biert. Das verleiht einem Selbstbewusstsein, das man nicht einfach und mein Vater in Johannesburg bei einem Gottesdienst predigen so bekommt, wenn man phänomenal ist und mit acht oder neun das gehört und waren von seiner Pro-Apartheid-Haltung entsetzt gewe- tut, was Menuhin getan hat, nämlich göttlich spielen. Es sei denn, sen. Ihr erstes Zusammentreffen mit Menuhin war nur von kurzer man trifft auch die Menschen dazu. Und das hat er. Für uns war, neben London, auch ein anderer Ort von großer Dauer. Er fragte, ob sie den Unterschied zwischen Bach und Beethoven kenne. Als sie mit einem Lächeln bejahte, erwiderte er: „Sehr Bedeutung. In den späten Fünfzigerjahren hatte sich Menuhin in dem Schweizer Dorf Gstaad, wo es ihn schon einige Sommer hingegut, Sie scheinen qualifiziert zu sein. Wann können Sie anfangen?“ Unser Leben änderte sich schlagartig und für immer. Während zogen hatte, ein Chalet bauen lassen – mit Blick ins Tal und auf den der nächsten Jahre wuchs ich in Menuhins Haus in Highgate, eisbedeckten Gletscher. Der damalige Kurdirektor hatte die Idee, ­London, auf. Meine Mutter nahm mich jeden Tag dorthin mit, und Menuhin zu fragen, ob er nicht ein paar Konzerte spielen könnte, damit der Ort für die Sommergäste noch attraktiver würde. So ich konnte spielen, während sie arbeitete. Wenn Menuhin in London war, spielte er jeden Tag in seinem begann 1957 das weltberühmte Menuhin Festival mit einer großarMusikzimmer. Er begann mit Tonleitern und Fingerübungen, nach tigen Besetzung: dem Komponisten Benjamin Britten am Klavier einer Weile dann einer Sonate oder einem Konzert. Für meine Mut- mit seinem Partner, dem Tenor Peter Pears, dem Cellisten Maurice ter was es schwer, auf der lauten elektrischen Schreibmaschine Gendron und Menuhin selbst –in der Mauritiuskirche, erbaut im Briefe zu tippen, während nebenan auf wundervollste Weise Musik 17. Jahrhundert, mit hohem Holzdach und wunderschönen Fresken erklang. Aber genauso beeindruckend waren die Musiker, die ins an den Wänden und einer unglaublichen Akustik. Kammermusik Haus kamen, um zu musizieren. Ob Nadia Boulanger oder Mstislaw mit Freunden und für Freunde, das sollte es sein. Das erste Festival Rostropowitsch, ob Wilhelm Kempff oder George Malcolm (später bestand aus zwei Konzerten. Die Leute kamen aus Zürich, Genf, Lehrer von András Schiff), für mich war das Londoner Haus eine Bern, von überall her, um Menuhin, Britten, Pears und Gendron zu 11


erleben, sodass man im Sommer darauf erneut aufspielte. So ging pelli, einer der einflussreichsten Violinsten der Jazzszene, gerade es Jahr für Jahr. Meine Familie kam zum ersten Mal 1975 nach gestorben sei und dass ich am besten Yehudi die Nachricht überbringen sollte. Als er die Nachricht vom Tode seines Freundes Gstaad – und danach jedes Jahr bis 1999. Ich erinnere mich auch an Yehudi Menuhins letzten Auftritt erfuhr, sanken seine Schultern nach unten, er sagte kaum ein Wort. als Violinist auf dem Festival. Das war im Jahr 1991. Er sollte mit An jenem Abend, auf dem Weg zur Bühne, sagte Yehudi zu mir: dem Zürcher Kammerorchester unter Edmond de Stoutz das Tri- „Weißt du, er war ein echter Freund und ein großartiger Musiker.“ pelkonzert von Beethoven spielen. Das ZKO war das erste Orches- Als wir auf der Bühne standen, hob Yehudi plötzlich seine Hand, um dem Applaus Einter, das ich je gehört und halt zu gebieten. Das durch das ich BekanntPublikum war sofort schaft mit Mozart und still. „Liebe Freunde“, Beethoven gemacht hatte sagte er, „heute ist mein – es ist auch das Orchesgroßer Freund Stéphane ter, dessen musikalische Grappelli gestorben.“ Leitung ich ab SeptemMan hörte vereinzeltes ber 2016 übernehmen Einatmen im Publikum, darf. Spontan, wie er denn diese Nachricht war, erklärte Yehudi, er hatte noch kaum jemanwürde zusätzlich Beetden erreicht. „Ich hovens Violinkonzert möchte Sie bitten aufzumit ins Programm aufstehen“, fuhr Yehudi fort, nehmen – er hatte die „und in einer SchweigeGeige schon lange nicht minute seiner zu gedenmehr in die Hand ken.“ Das Publikum genommen – und es ein erhob sich geschlossen letztes Mal öffentlich aus seinen Stühlen. spielen. In jener Nacht Dann, es schien eine saß ich in der Kirche Ewigkeit vergangen zu und war überwältigt, Aus dem Familienalbum: Yehudi, Schwiegersohn Jonathan Benthall, sein, wandte sich Menuwie jemand so im ReiEhefrau Diana, Tochter Zamira, Enkelkinder William und Dominic Benthall hin zum Orchester um, nen mit seinem Instrument sein, seinen eigenen Gefühlen und den Gedanken Beetho- und ohne ein weiteres Wort gab er den Einsatz zum Violinkonzert vens solch einen Ausdruck verleihen konnte. Als sei er aus einer von Brahms. An diesem Abend dirigierte er mit einer Andacht, anderen Welt. Ich war auch deshalb so bewegt, weil mir klar wurde, wie ich sie noch nie bei ihm erlebt hatte. Es gab aber auch sehr komische Momente: Einmal standen dass ich gerade Zeuge vom Ende einer einzigartigen Karriere war. An dem Abend, als ich dieses Meisterwerk mit ganz neuen Ohren wir zusammen am Kofferband in München und warteten auf unser hörte, fing ich an zu begreifen, was Yehudi meinte, als er sagte, er Gepäck. Plötzlich kam ein Mann auf uns zu. „Maestro, wie schön, sehe in Beethoven „sein Deutschland“, das Deutschland von Goe- Sie zu sehen!“, begrüßte er Menuhin, dessen Gesicht sich aufhellte, und sie umarmten sich. Der Mann sagte, er würde gerne einmal the und Heine und Mendelssohn. Selbst bei größeren Zwischenfällen war Menuhins Humor zum Festival nach Gstaad kommen. Menuhin antwortete: „Es wäre unerschöpflich. Mein Vater hatte einmal die Aufgabe, Menuhins eine große Ehre. Erzählen Sie, wie geht es Ihnen und Ihrer Frau?“ unbezahlbare Guarneri del Gesù von 1742, genannt „Lord Wilton“, Sie plauderten eine Weile und dann verabschiedete sich der Mann. Menuhin wandte sich zu mir und sagte: „Ein wirklich auf einem Flug mit Alitalia zu tragen, doch er vergaß sie in der Handgepäckablage. Wir kamen zur Passkontrolle im Flughafen charmanter Mann.“ „Ja, das ist er“, sagte ich. Fiumicino von Rom und ich fragte meinen Vater, wo die Geige ist. „Wie war noch sein Name?“, fragte mich Yehudi. Mein Vater sah mich erschrocken an, fluchte und rannte wie ein „Plácido Domingo“, antwortete ich. olympischer Sprinter zurück aufs Rollfeld. Damals war das noch Was sollte man wohl möglich. Menuhin hat, als er anführen, wenn man die von dem Vorfall erfuhr, wie außergewöhnliche, 75 Jahre ein kleiner Junge gekichert, BEI SEINEM ERSTEN AUFTRITT 1929 IN BERLIN umspannende Laufbahn eines aber dank der netten CarabiRIEF ALBERT EINSTEIN: „JETZT WEISS ICH, DASS der größten Musiker aller Zeinieri bekam er die Geige nach ten charakterisieren möchte? einer halben Stunde AufreES EINEN GOTT IM HIMMEL GIBT!“ Vielleicht Menuhins Debüt gung – hauptsächlich für mei1924 in San Francisco im Alter nen Vater – wieder. von sieben Jahren; oder seinen Im Dezember 1997 waren wir auf einer Konzertreise durch Deutschland und Holland, wo ich ersten Auftritt in Berlin 1929, nach dem Albert Einstein ausrief: das Violinkonzert von Brahms spielte, Menuhin dirigierte. Wir „Nun weiß ich, dass es einen Gott im Himmel gibt!“ Oder seine waren auf dem Weg zu einem Konzert, als mich meine Mutter Aufführung und legendäre Aufnahme des Elgar-Konzerts unter anrief. Ich saß hinten im Auto, Yehudi schlief auf dem Beifahrer- Leitung des Komponisten 1932; vielleicht seinen Besuch des sitz, und Daniel Brose, Menuhins treuer Fahrer, der ihn immer befreiten Konzentrationslagers Bergen-Belsen zusammen mit dem und überall sicher durch die Welt chauffierte, saß am Steuer. Meine Komponisten Benjamin Britten 1945; oder seine höchst umstritMutter sagte mir, dass der großartige Jazzgeiger Stéphane Grap- tene Entscheidung, 1947 nach Deutschland zurückzukehren und 12

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Fotos: Private Collection Daniel Hope; Zamira Menuhin-Benthall; Menuhin Festival Gstaad

K Ü N S T L E R


als erster jüdischer Künstler nach Es gibt in all diesen Werken dem Krieg mit Wilhelm Furtwängkaum eine Passage, bei der ich nicht ler und den Berliner Philharmonian Menuhin denke. Er bezeichnete kern aufzutreten. Nur sieben seiner sich oft als meinen „musikalischen 82 Lebensjahre verbrachte Menuhin Großvater“ und wäre jetzt hundert nicht auf Konzertreisen. Jahre alt geworden. Das ZusammenSchon früh hatte ich die Ehre, treffen mit ihm war ein wunderbaeinige von Bartóks Duos mit Menurer, aber auch seltsamer Zufall. hin zu studieren und aufzuführen. Menuhin hat die Formulierung Es war eine unglaubliche Erfahrung gefunden, ich sei ihm „in den Schoß für mich und eine ideale Einfühgefallen“. Ich fand das eine schöne rung in Bartóks großartige Musik. Umschreibung. Das Leben besteht Viele Jahre später gab ich mit Menuaus Chancen, manche dauern nur 1999, Marl: Hope spielt Schnittke, Menuhin dirigiert hin als Dirigent über sechzig Konein paar Sekunden, und es liegt an zerte in der ganzen Welt. Auf dem Programm standen fast alle Stan- einem selbst, sie zu erkennen und daraus etwas zu machen. Es hätte dard-Violinkonzerte und mehrere zeitgenössische Werke. auch anders kommen können. „Wir wären vielleicht Priester geworAm 7. März 1999 spielte ich in Düsseldorf Alfred Schnittkes den, hätte Mum als Sekretärin beim Erzbischof von Canterbury Violinkonzert unter Leitung von Lord Menuhin. Es sollte sein letzter angefangen“, erinnert mich mein Bruder Jasper heute schmunzelnd. Auftritt sein. Nach dem Werk von Schnittke ermunterte mich Im seinem neuen Album „My tribute to Yehudi Menuhin“ (DG) Menuhin, eine Zugabe zu spielen. Ich wählte spontan Kaddisch, wählte Daniel Hope Werke, die er als kleiner ­Junge Ravels musikalische Version des jüdischen Gebets zum Gedenken mit Menuhin einstudierte und spielte – Vivaldis an die Toten. Ich war mit Menuhins Interpretation dieses Werks auf­Doppelkonzert in a-Moll oder die Duos für zwei gewachsen und wollte ihm die Zugabe widmen. Menuhin schob ­Violinen von Bartók sowie Mendelssohns frühes mich aufs Podium und setzte sich zum Orchester, um zuzuhören. ­Violinkonzert in d-Moll. Bei Tudor erscheint in diesen Vielleicht war es irgendwie prophetisch. Fünf Tage später starb er. ­Tagen auch die DVD „Yehudi Menuhin – The long ­ lost Gstaad Tapes“

Das Gstaad Menuhin Festival Yehudi Menuhin feiert nicht nur hundertsten Geburtstag, auch sein Festival in Gstaad findet in diesem Sommer bereits zum sechzigsten Mal statt. Die Veranstalter versprechen ein großartiges Programm. In den Fünfzigerjahren besuchte Menuhin erstmals Gstaad, verliebte sich in die naturnahe Atmosphäre des Berner Oberlandes und ließ sich dort mit seiner Familie nieder. 1956 bat ihn der damalige Kurdirektor, den Sommer mit einigen Konzerten zu bereichern – und bereits ein Jahr später stand das Menuhin Festival auf seinen jungen Beinen. Benjamin Britten und der Violinist selbst gestalteten die ersten Konzerte. Zunächst waren es vorwiegend Kammermusikabende, bei denen der gefeierte Virtuose gemeinsam mit Freunden und Familie (seinen Schwestern Hepzibah und Yaltah) in der Saanener Kirche auftrat. Musizieren unter Freunden, aber das auf hochprofessionellem Niveau, ist seit jeher eines der Leitmotive des Festivals. Mit der Gründung der Yehudi Menuhin School und der International Menuhin Music Academy erhielt auch die Förderung junger, vielversprechender Musiker einen hohen Prioritätsrang. Ende der Achtzigerjahre wurde es erstmals möglich, auch große Orchester einzuladen. So wurde das beschauliche Kammermusikfest bald zu einem der größten Festivals der Schweiz. Nach Gidon Kremer, Peter Keller und Daniel Hopes Mutter Eleanor, die das Festival nach

Menuhins Tod 1999 in dessen Sinne weitergeführt hatte, übernahm 2002 der Musiker und Kulturmanager Christoph Müller die künstlerische Leitung. In diesem Jahr erwarten das Publikum Künstler wie Sol Gabetta, Daniel Hope, Valery Gergiev, Lang Lang und András Schiff, viele davon mit einer persönlichen Hommage an den großen Lord Menuhin. Im August wird außerdem das Konzert rekonstruiert, mit dem der zwölfjährige Menuhin 1929 unter Bruno Walter mit den Berliner Philharmonikern spielte und weltweite Bekanntheit erlangte. Im Vordergrund steht 2016 aber auch das Thema Familie, genetisch verwandte Künstler oder solche, die im Prozess des gemeinsamen Musizierens zu etwas wie einer Familie geworden sind. Der letzte Höhepunkt des Jubiläums wird das Abschlusskonzert am 3. September sein. Sechs ganz unterschiedliche Violinisten, aus allen Himmels- und Musikrichtungen, einige davon Schüler des großen Meisters, werden ihm mit einem bunten Programm eine gebührende hundertste Geburtstagsfeier bereiten. SK Gstaad Menuhin Festival & Academy: 14. Juli bis 3. September, www.gstaadmenuhinfestival.ch 13


K Ü N S T L E R

Vier Freunde Nils Mönkemeyer, Julia Fischer, Sabine Meyer und William Youn haben sich zusammengetan, um Mozarts Musik neue Facetten zu entlocken. Die wichtigste Frage dabei: Ist ihnen dies gelungen? VON MAXIMILIAN THEISS

Gruppenbild nach getaner Arbeit: die Künstler Sabine Meyer, Nils Mönkemeyer, Julia Fischer und William Youn

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April – Mai 2016


Das Album „Mozart with Friends“ mit Nils Mönkemeyer, Julia Fischer, Sabine Meyer und William Youn ist soeben bei Sony erschienen

Foto: Irène Zandel

I

rgendwann kam der Tag, an dem William Youn nichts zu tun ständig wechselnden Besetzungen eine Homogenität und Stringenz hatte und ein Mozartalbum nach dem anderen hörte. Nor- aufweist, wie man sie sonst nur bei alteingespielten Kammermumalerweise fallen solche Tage recht schnell dem vollständi- sikensembles hört. Das leider nie zu viert auftretende Quartett vergen Vergessen anheim, doch für den Pianisten war der Hör- eint eben nicht die üblichen verdächtigen Kammermusikwerke marathon ein Schlüsselerlebnis mit weitreichenden Folgen: Mozarts, sondern fördert auch seltener Gehörtes zutage. Fischer und Mönkemeyer lernten sich zu Studienzeiten an der 2013 gab der Künstler den Startschuss für eine CD-Reihe, innerhalb derer er sämtliche Klaviersonaten Mozarts aufnehmen wollte – im Münchner Musikhochschule kennen, wo Mönkemeyer inzwischen letzten Oktober erschien der dritte Teil. Da aber selbst das Œuvre eine Professur innehat. „Damals, Anfang 2003, wurden wir im Raheines Wolfgang Amadeus irgendwann erschöpft ist, stieß der Kore- men des Hochschulstudiums für ein Dvořák-Klavierquintett zusammengewürfelt. Nils und ich aner auf das Londoner Skizzenhaben uns sofort ohne Worte buch, das Mozart in den Jahren verstanden“, erinnert sich die 1764 und 1765 führte. Damals UNTER GUTEN FREUNDEN Violinistin. Man setzte die war das Salzburger WunderWERDEN MOZARTWERKE ZUR Zusammenarbeit fort, zunächst kind noch keine zehn Jahre alt, lose, bald aber auch als festes als es auf seiner Europatournee PERFEKTION GEBRACHT Ensemble im Quartett von Julia ein gutes Jahr in London verFischer. Wie nah die Klangidebrachte und dort mehrmals vor ale der zwei Musiker beieinandem englischen König auftrat. Der fünfzehnmonatige Aufenthalt ließ dem vielversprechenden der sind, lässt sich ganz besonders im Duo für Violine und Viola KV Nachwuchskünstler gerade mal Zeit, um fünf Sinfonien in Angriff 423 heraushören, bei dem man den Eindruck hat, ein und dieselbe zu nehmen, sieben Sonaten für kammermusikalische Besetzung zu Person hätte separat beide Stimmen eingespielt. Ohne Worte verschreiben und einige Vokalwerke zu komponieren, neben zahllosen steht sich Mönkemeyer auch mit Sabine Meyer, die er bereits als Konzerten, die er geben musste, versteht sich. In sein Skizzenbuch Kind kennenlernte, wenn auch nur aus der Konserve: „Bei meiner vermerkte Wolfgang Amadeus insgesamt 43 musikalische Ideen, die Oma habe ich die Aufnahme des Mozart Klarinettenkonzerts mit größtenteils nicht länger als eine Minute dauern. Pianist William Sabine Meyer gehört. Damals habe ich zum ersten Mal ein Werk des Youn, der seine Jugend ebenfalls in verschiedenen Ländern ver- Komponisten ganz bewusst wahrgenommen“, so der Bratschist. Perbrachte, arrangierte nun eine Auswahl davon für unterschiedliche sönlich und musikalisch haben sich die beiden Musiker dann vor kammermusikalische Besetzungen, da für ihn die Skizzen „wie Dia- etwas mehr als zehn Jahren getroffen, wobei es Mönkemeyer besonloge sind. Überhaupt verlangen Mozarts Kammermusikwerke und ders schätzt, dass sie – wie er – eine „intuitive Art hat, Musik zu Klavierkonzerte den Interpreten reichlich Kommunikation ab, wes- machen“. Das kristallisiert sich gleich beim Kegelstatt-Trio heraus, halb ich die Ensemblestücke auch einfacher finde als seine Solo- dem Eingangsstück der CD. Zu hören ist keine festzementierte Interpretation, die ihre kreative Vollendung und damit einhergewerke, bei denen man ganz auf sich allein gestellt ist“. Man kann fast von glücklicher Fügung sprechen, dass Youn hend ihren musealen Status erreicht hat. Stattdessen haben Mönkevor einiger Zeit im Bratschisten Nils Mönkemeyer einen kongenia- meyer, Meyer und Youn alles auf Null gestellt und noch einmal das len Kammermusik- und Kommunikationspartner gefunden hat. gesamte Werk hinterfragt, sodass die Aufnahme im Studio am Ende Bereits im letzten Jahr veröffentlichte das Duo ein Brahms-Album, „praktisch eine Neueinstudierung des Werkes war“, wie Sabine auch für ihre Interpretationen der Mozartsonaten wurden sie von Meyer schwärmt. „Jeder von uns hat es für sich schon sehr oft gespielt. Und wenn man dann noch mal neuen Input von seinen den Kritikern gelobt. Klar, „Mozart with Friends“ ist am Ende natürlich in erster Kammermusikpartnern bekommt, wird das so häufig gehörte Werk Linie ein Mönkemeyer-Album, auf dem er die Bratsche in den Mit- wieder völlig neuartig.“ Das Prinzip der Neuartigkeit gilt übrigens auch für die Aphotelpunkt stellt, die übrigens auch Mozart hervorragend beherrschte. Der Begriff „Friends“ ist dabei weniger als plattgewalzter PR-Begriff rismen des Londoner Skizzenbuchs, selbst wenn diese bei Weitem zu verstehen, um mit möglichst vielen prominenten Namen ein Ver- nicht so bekannt sind wie das Kegelstatt-Trio. Youn geht in Sachen kaufsargument zu bemühen. Vielmehr hat Mönkemeyer drei Neuinterpretation gar ein Stück weiter, indem er sie umarrangiert, he­rausragende Solisten um sich versammelt, nämlich zusätzlich zu gleichzeitig legt er jedoch die ergreifende Schlichtheit der KurzYoun die Violinistin Julia Fischer und die Klarinettistin Sabine werke frei – und den Kern des Albums: Die Mozartwerke werden Meyer, mit denen er ebenfalls über Jahre hinweg intensiv zusam- nicht nur zur Perfektion gebracht, sondern auch im wahrsten Sinne mengearbeitet hat. Und weil Freunde sich generell alles sagen dür- des Wortes gespielt. Und das tut man eben am besten gemeinsam fen, ist „Mozart with Friends“ ein Album geworden, das trotz der mit Freunden. ■ 31


P E R S O N A L I E N

A L E XANDER STE IN HI LBER

C HRIST O P H ESC HENB AC H

T EO D O R C URRENT Z I S

Der promovierte Kulturwissenschaftler und Musikmanager ist neuer Geschäftsführer des Bach-Archivs in Leipzig. Steinhilber löste Dettloff Schwerdtfeger ab, der mit

Gleich zwei Ehrungen warten in diesem Frühjahr auf Christoph Eschenbach. Bei der einen Ehrung könnte man fast von einem Geschenk zur Goldenen Hochzeit spre-

Einer der höchstdotierten Kulturpreise von Europa, der KAIROS-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., geht in diesem Jahr an den griechischstämmigen Diri-

Beginn des Jahres 2016 als kaufmännischer Geschäftsführer zur Internationale Beethovenfeste Bonn GmbH wechselte. Steinhilber möchte vor allem das Bachfest Leipzig (das nächste findet im Sommer 2016 statt) für eine jüngere Zielgruppe attraktiv machen und auch die Internetseite „Bach digital“ mit neuen Inhalten füllen. Der 45-Jährige leitete zuvor das Referat für Musik der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und unterrichtete an der Hochschule für Musik und Theater.

chen: Fünfzig Jahre arbeiten die Bamberger Symphoniker und Eschenbach zusammen. Grund genug, den 76-Jährigen zum vierten Ehrendirigenten nach Eugen Jochum, Horst Stein und Herbert Blomstedt zu ernennen. Die zweite Ehrung bringt dem Dirigenten und Pianisten 10.000 Euro ein: So hoch ist nämlich der Hindemith-Preis der Stadt Hanau wert, den er für seine Dirigate von Werken des Komponisten Paul Hindemith erhält. Die Preisverleihung findet Mitte November statt.

genten Teodor Currentzis. Benannt nach dem altgriechischen Wort für den „rechten Augenblick“, ist der Preis nicht als Lebenswerk-Medaille gedacht, sondern Anerkennung und Ermutigung zugleich: Er versteht sich als Impuls zu weiterem Wirken. Der mit 75.000 Euro dotierte Preis wird seit 2007 jährlich an europäische Kulturschaffende aus den Bereichen Bildende und Darstellende Kunst, Musik, Architektur, Design, Film, Fotografie, Literatur und Publizistik verliehen.

Holger von Berg, derzeit Geschäftsführender Direktor des Residenztheaters in München, wird ab April 2016 in derselben Position die Geschäfte bei den Bayreuther Festspielen leiten. Der Volkswirt begann seine langjährige Tätigkeit für Theater und Orchester an der Alten Oper Frankfurt, ehe er nach Stationen am damaligen Landestheater Mecklenburg und am Theater Regensburg 2002 nach München ging. Er wird die Nachfolge von Heinz-Dieter Sense antreten, dessen auslaufenden Vertrag der 76-Jährige aus Altersgründen nicht mehr verlängert hatte. Von Berg wird gemeinsam mit der Künstlerischen Leiterin, Katharina Wagner, die Festspiele im wirtschaftlichen Bereich leiten. Insbesondere die anstehenden Sanierungs- und Baumaßnahmen werden ein Schwerpunkt seines Aufgabenbereichs sein. Der Abschied aus München falle dem 49-Jährigen zwar schwer, dennoch freue er sich, seine Liebe zum Wagner-Werk „mit einer neuen beruflichen Herausforderung zu verbinden“. 16

G E S T O R B E N

RO G ER W IL L EMSEN „Wir betrauern einen Homo intellec- allen Medien nachzulesen gab, sondern tus, der uns alle mit seiner bedingungs- ein Gruß aus der Redaktion: Schade. losen – im Sinne von völlig voraussetzungsloser – Liebe beschenkte. Mit ihm wird auch eine Haltung zu Grabe getragen, die unserem Land noch dramatisch fehlen wird“, sagte Publizist Manfred Bissinger auf Roger Willemsens Trauerfeier in Hamburg. Willemsen selbst war zwar weder Klassik-Freak noch komponierte er in seiner Freizeit Opern, doch er stand ca. fünf Jahre lang auf unserer Liste für die Rubrik „Auf einen Kaffee mit ...“. Willemsen hatte vor drei Jahren bereits zugesagt, als es durch einen blöden Zufall leider nicht klappte. Willemsens Haltung und Persönlichkeit hätten wir gerne im Magazin gehabt, jetzt ist es zu spät. Vielleicht lernen wir daraus: Manche Gelegenheiten darf man nicht auslassen im Leben. Deshalb ist dies kein regulärer Nachruf, den es in so gut wie

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April – Mai 2016

Fotos:Bach-Archiv Leipzig / Gert Mothes; Luca Piva; Bob Coat; Mathias Bothor

HOLGER VO N B ERG


HÖREN & SEHEN Die besten CDs, DVDs & Vinylplatten des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Attila Csampais Auswahl (Seite 18)

Christoph Schlüren über Per Nørgård (Seite 28)

Jazz

Sonny Rollins

Wunderbar wild und willkürlich

Foto: Sony / John Abbott

Sonny Rollins ist der letzte lebende Jazz-Gigant. Der 85-jährige Tenorsaxofonist hat seine Musik seit den frühen Fünfzigerjahren mehrmals umgekrempelt, sie von Bebop über Hardbop bis Avantgarde und Jazz-Funk erneuert. Dass er sich dabei gleichzeitig treu geblieben ist und immer wieder neu erfunden hat, zeigt auch diese vierte Ausgabe seiner „Road Shows“ mit Live-Aufnahmen aus 33 Jahren – von 1979 bis 2012. Was zuerst wie eine wilde und willkürliche Mischung aus Standards, selbst komponierten karibischen Klassikern, Groove-Raritäten und Tributen an Horace Silver oder Thelonious Monk (Disco Monk!) wirkt, wird mit der Zeit zu einer nicht minder wilden oder willkürlichen, aber mindestens ebenso wunderbaren Ansammlung großartiger Sonny-RollinsMomente. Der Tenor-Gigant spielt diese so unterschiedlichen Stücke mit einer immer wieder aufs Neue überwältigenden Energie und Improvisationsfreude, die sich unmittelbar auf den Zuhörer übertragen. Das i-Tüpfelchen: Im Pressetext zu dieser CD mit Fundstücken verrät der Altmeister, dass er bereit für ein neues Studioalbum ist, das noch 2016 erscheinen soll. GB

Sonny Rollins: „Holding the Stage“ (Sony)

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H Ö R E N & S E H E N

Die Empfehlungen von Attila Csampai

WARUM MEISTERWERKE ­NIEMALS ALTERN  ... Echte Klassiker von Newcomern & Weltstars

doch sie meistert die Herausforderung mit der Unbekümmertheit eines weiblichen Peer Gynt: Ihr Beethoven-Ansatz ist von schlaEnrique Bagaría (Eudora) ckenloser Prägnanz und einer gemeißelten, alles Nebulöse meidenJoseph Haydn gilt zwar als „Vater“ der klassi- den Deutlichkeit geprägt, die auch in dieser späten Botschaft des schen Sinfonie und des Streichquartetts, sein Wiener Klassikers den rigorosen Willen zur Aufklärung, zur MobiKlavierwerk ist aber bis heute unterschätzt: lisierung des Geistes erkennen lässt, und diese 33 letzten Worte als Dabei hat er in seinen knapp 60 Klaviersonaten krönende Conclusio seiner lebenslangen Auseinandersetzung mit ähnliche Pionierarbeit geleistet wie Mozart oder Scarlatti. Ihre dem Instrument begreift. Vor der letzten Variation gibt es ein kuressenzielle, von allem falschen Zierrat befreite Struktur freilich ist zes Innehalten mit einer Meditation des norwegischen ZeitgenosVirtuosen seit jeher suspekt: Intelligenz ist hier mehr gefordert als sen Lars Petter Hagen, was die Aktualität des Zyklus nur unterrauschende Technik. Der noch kaum bekannte Pianist Enrique streicht. Bagaría hat jetzt sein Debütalbum mit vier Sonaten Haydns bestückt und die innere Logik, die strukturelle Klarheit und die materielle JANINE JANSEN: BRAHMS, BARTÓK Janine Jansen, Orchestra dell’Accademia Nazionale Dichte von Haydns Klaviersatz in den Vordergrund gerückt. Wir di Santa Cecilia, London Symphony Orchestra, werden fast Zeugen eines rationalen Kompositionsprozesses, der Antonio Pappano (Decca) seine spirituelle Tiefe, seine Raffinesse, seinen subtilen Humor aber diskret zurückhält und stattdessen Naivität vortäuscht. Denn Im Booklet ihres neuen Albums erklärt Janine Haydns Musik ist viel komplexer und tiefgründiger, als ihre äußere Jansen, warum sie diesmal das populäre Form es zugibt, und Bagaría schafft es, diese komplexe Simplizität Brahms-Konzert mit dem kaum bekannten ersintellektuell durch schnörkellose Geradlinigkeit auszubalancieren: ten Violinkonzert von Béla Bartók kombinierte: „Sie besitzen nicht Wie ein echter Zauberer zeigt er uns den Trick, und wir fühlen uns nur gemeinsame ungarische Bezüge, sondern sie verbinden auf prodennoch hinters Licht geführt: ein Album für Querdenker. funde Weise sinfonische Kraft mit kammermusikalischer Intimität.“ Und genau dieses Wechselspiel von Ausdruckskraft und feingesponnenem Lyrismus prägt auch die lupenreine Interpretation BEETHOVEN/HAGEN: 33+1 Ingrid Andsnes (Simax) der 38-Jährigen, die sich in den letzten zehn Jahren in die absolute Track 11 auf der crescendo Abo-CD: Weltspitze vorgearbeitet hat. Dass sie das nicht ganz einfache „Variation 29: Adagio ma non troppo“ Brahms-Konzert hier in einem aktuellen Konzertmitschnitt vorIch bin mir nicht sicher, ob es einem hilft, wenn stellt, unterstreicht ihre Souveränität, die sich hier im Zusammenman sich als jüngere Schwester eines weltbe- spiel mit dem opernerfahrenen Antonio Pappano und seinen römirühmten Pianisten für dasselbe Instrument ent- schen Musikern als ideale Synthese zwischen lebendiger Suggestivischeidet: In der Biografie von Ingrid Andsnes jedenfalls fehlt jeder tät und bestechender Präzision ausweist: Die geerdete Schönheit, Hinweis auf den prominenten Bruder, und das tut auch nichts zur das fließende Legato und die in allen Farben funkelnde FeinstoffSache, denn die 37-jährige Norwegerin überrascht auf ihrem ersten lichkeit ihres Spiels verzaubern auf Anhieb, verströmen NatürlichSoloalbum mit einer erstaunlich souveränen und profilierten Inter- keit und erzählerische Kraft. Im ersten Satz des frühen Bartókpretation von Beethovens „opus ultimum“, den Diabelli-Variatio- Konzerts, einer puren Liebeserklärung, entfaltet sie große lyrische nen. Zudem zeugt es von einiger Courage, sich mit diesem schwe- Intensität und hebt so auch dieses noch immer kaum gespielte Juwel ren Brocken einer schier erdrückenden Konkurrenz zu stellen, in den Rang eines Meisterwerks. ENRIQUE BAGARÍA PLAYS HAYDN: SONATAS NR. 31, 33, 47 & 59

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Historische Kuranlagen &

Goethe-Theater Bad Lauchstädt BRUCKNER: SYMPHONIE NO. 9 Royal Concertgebouw Orchestra, Mariss Jansons (RCO)

Seine Siebte Sinfonie widmete Bruckner dem bayerischen König Ludwig II., die Achte dem Kaiser Franz-Joseph und die Neunte „dem lieben Gott“. Daran kann man einen gewissen Bedeutungszuwachs ablesen, auch eine Tendenz zur Vergeistigung. Sie blieb unvollendet, was viele Dirigenten zu metaphysischen Exzessen der Langsamkeit animierte. Dagegen mutet Mariss Jansons’ Amsterdamer Konzertmitschnitt geradezu flott an. Dass Bruckner bisher nicht zu Jansons’ Kernrepertoire zählte, macht diese exzellente Mehrkanalproduktion erst recht interessant: Denn er bläst viel frischen Wind rein und lässt schon durch die transparente Polyphonie wenig Raum für Verklärung. Vielmehr rückt er die schmerzliche, die menschliche, die visionäre Seite Bruckners in den Vordergrund und verpasst der Neunten eine dramatische Linie und eine ungeahnte Sogkraft, die modern und geheimnisvoll und so gar nicht weltentrückt wirken. Das abschließende E-Dur-Adagio verströmt hier die magische Kraft eines großen Sonnenuntergangs. PROKOFIEV: PIANO CONCERTOS NO. 4 & 5 SYMPHONIES NO. 4, 6 & 7 Alexei Volodin, Sergei Babayan, Mariinsky Orchestra, Valery Gergiev (Mariinsky)

Eine Lanze für Sergej Prokofjew und für fünf seiner im Westen kaum gespielten Meisterwerke bricht Russlands Staatsdirigent Valery Gergiev auf seinem neuesten Doppelalbum mit dem von ihm seit 27 Jahren betreuten Mariinsky-Orchester. In einem 160 Minuten langen Kraftakt kann man sowohl die zwischen 1930 und 1952 entstandenen Symphonien Nr. 4, 6 und 7 in präzisen Modell-Interpretationen erleben, dazu gibt es das linkshändige Klavierkonzert Nr. 4 mit dem exzellenten Solisten Alexei Volodin und das fünfte Klavierkonzert, das der armenische Pianist Sergei Babayan ähnlich bravourös bewältigt. Nach dieser eindringlichen, von großem Engagement geprägten Tour de force fragt man sich, warum diese großartige, stets doppelbödige, unter schwierigen Bedingungen entstandene Musik so selten zu hören ist in unseren Konzertprogrammen.

GOETHES SÄCHSISCHES ARKADIEN Theatersommer 2016 23. April - 2. Oktober Goethe-Theater Bad Lauchstädt HÖHEPUNKTE 30. April | 5./8. Mai | 9. Juli Mozart COSÌ FAN TUTTE | Oper Halle 18./19. Juni | 2. Juli | Lortzing DER WILDSCHÜTZ Theater Magdeburg 6. August | LIEDERABEND Benjamin Bruns (Tenor) | Karola Theill (Klavier)

BACH: PLUCKED / UNPLUCKED Violaine Cochard, Édouard Ferlet (Alpha) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Erbarme Dich“ aus: „Matthäus-Passion BWV 244“

Klavier und Cembalo ist eine fast unmögliche Kombination, weil Welten zwischen ihnen liegen. Doch die Musik J. S. Bachs ist zeitlos und zählt zum Grundkanon beider Instrumente. So bildet sie den Nährboden eines ungewöhnlichen Duo-Albums, das der französische Jazzpianist und -komponist Édouard Ferlet mit der Cembalistin Violaine Cochard eingespielt hat – nach Klavierstücken des Thomaskantors. Es sind keine Bearbeitungen im herkömmlichen Sinn, sondern freie Jazz-Paraphrasen und Fantasien, die den Geist (und nicht den Wortlaut) von Bachs Musik auf eine sehr erfrischende und teilweise bizarre Weise in unsere Zeit transportieren wollen. Dabei klingt das Cembalo, das hier akustisch perfekt abgestimmt ist auf den viel mächtigeren Yamaha-Flügel, ganz und gar nicht „historisch“ oder museal, sondern fast ein wenig synthetisch. Es wirkt moderner und schärfer als sein großer Bruder – und so kommt es zu wirklich aufregenden und geradezu elektrisierenden Klangmixturen, die an amerikanische Minimalisten erinnern und ganz neue Brücken schlagen zwischen Bachs Musik und unserer Gegenwart. 19

27./28. August Mozart DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL L‘arte del mondo 3./4. September Cimarosa DIE HEIMLICHE HEYRATH CONCERT ROYAL Köln | Regie: Philipp Harnoncourt

Eintrittskarten www.goethe-theater.com Besucherzentrum: Tel. 034635 905472 besucher@goethe-theater.com

Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH19 Parkstraße 18 | 06246 Goethestadt Bad Lauchstädt


H Ö R E N & S E H E N

Nikolaus Harnoncourt

Abschieds­ sinfonie

Foto: Marco Borggreve

Mit einem handschriftlichen Brief verabschiedete sich Nikolaus Harnoncourt im vergangenen Dezember von seinem Publikum: „Meine körperlichen Kräfte gebieten eine Absage meiner weiteren Pläne.“ Dazu zählte sein Beethoven-Projekt mit dem Concentus Musicus, das in der gemeinsamen Aufführung aller neun Sinfonien bei der diesjährigen Styriarte in Graz gipfeln sollte. Wie groß der Verlust ist, beweist seine eben erschienene letzte Aufnahme, ein Wiener Konzertmitschnitt vom Mai 2015 mit Beethovens Vierter und Fünfter Sinfonie. Wohlbekannte Werke? Keineswegs! „Hören Sie immer neu – und glauben Sie, dass Sie recht haben“, riet der Dirigent damals vor Konzertbeginn. Und tatsächlich: Strikt dem originalen Aufführungsmaterial verpflichtet, auf historischen Instrumenten, mit drastischen Klängen in den Naturhörnern und Posaunen sowie packender Agogik und beredter Phrasierung überrascht Harnoncourts Deutung – und sie überzeugt. AR

Beethoven: „Symphonies 4 & 5“, Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt (Sony Classical)

Bamberger Symphoniker

Orchester

Freiburger Barockorchester

Vorhang auf!

Fein austariert

In die Welt antiker Sagenhelden und Elfen entführt ein Album mit Ouvertüren, die die vorzüglich musizierenden Bamberger Symphoniker unter Leitung von Karl-Heinz Steffens eingespielt haben. Die Auswahl zeigt, wie vielschichtig sich im 18. und frühen 19. Jahrhundert Vorspiele zu Opern und anderen Bühnenmusiken gestalten konnten. An den Anfang stellt Steffens Christoph Willibald Glucks 1774 in Paris uraufgeführte Oper Iphigenie in Aulis, deren Ouvertüre als „komprimierte Sinfonie“ erscheint. Von Wolfgang Amadeus Mozarts Idomeneo, Luigi Cherubinis Medea und Ludwig van Beethovens Die Ruinen von Athen führt die musikalische Reise in das Reich von Oberon in Carl Maria von Webers gleichnamiger Oper und schließlich mitten hinein in Felix Mendelssohn Bartholdys romantischen Sommernachtstraum. CK

Auch wenn Mendelssohn selbst die Sinfonien lieber als absolute Musik denn als „klingende Ansichtskarten“ verstanden wissen wollte, drängen sich die Bilder vor dem inneren Auge beim Hören geradezu auf: hier das lichtdurchflutete Italien, dort die karge Schönheit der schottischen Landschaft. Herrlich klar und brillant erscheinen in dieser neuen Einspielung jedoch beide Sinfonien, und das liegt an dem fein austarierten Klanggewebe, das das Orchester entstehen lässt: An vielen Stellen treten sonst oft kaum wahrnehmbare Nebenstimmen deutlich hervor. Dazu tragen auch die manchmal ungewohnten Klangfarben der historischen Instrumente bei. Ebenso virtuos wie feinfühlig interpretiert das Ensemble die unterschiedlichen Facetten der beiden Sinfonien, die von unbekümmertem Überschwang bis hin zu in sich gekehrter Melancholie reichen. Eine mitreißende Aufnahme, die auf weitere Projekte des Freiburger Barockorchesters mit Heras-Casado hoffen lässt. AE

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„Ouvertüren“, Bamberger Symphoniker, Karl-Heinz Steffens (Tudor) Track 2 auf der crescendo Abo-CD: „Ouvertüre“ aus: ­„Iphigenie in Aulis“ von Chr. W. Gluck

Mendelssohn Bartholdy: „Symphonies Nos. 3 & 4“, Freiburger ­Barockorchester, Pablo Heras-Casado (harmonia mundi)

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H Ö R E N & S E H E N

IMPRESSUM

Alte Musik

VERLAG Port Media GmbH, Rindermarkt 6, 80331 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

HERAUSGEBER Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

VERLAGSLEITUNG Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

CHEFREDAKTEUR Robert Kittel (RK, verantwortlich)

ART DIRECTOR Stefan Steitz

REDAKTION Maximilian Theiss (MT)

SCHLUSSREDAKTION Maike Zürcher

KOLUMNISTEN John Axelrod, Axel Brüggemann, Attila Csampai (AC), Daniel Hope, Christoph Schlüren, Stefan Sell

Joubert-Caillet / L’Achéron

Nicht nur für Gambenfans Sind Sie gestresst von der Arbeit? Dann legen Sie sich die CD des französischen Gambisten François Joubert-Caillet in den Player! Er stellt sich der Herkulesaufgabe, alle fünf Bücher der Pièces de Viole des großen französischen Gambisten Marin Marais aufzunehmen. Auf seiner ersten CD hat er aus den fünf Büchern seine „Pièces favorites“, also seine Lieblingsstücke ausgesucht und zu vier Suiten zusammengestellt. Eine schöne Idee, noch dazu gelungen! Man kann Hits wie L’Arabesque oder Le Badinage genauso genießen wie eine Sarabande aus dem ersten oder eine Chaconne aus dem fünften Buch. Aber nicht nur die Zusammenstellung überzeugt, auch die Interpreten: Joubert-Caillet und das Ensemble L’Achéron spielen diese Musik beseelt und feinfühlig, treffen die Charaktere der einzelnen Sätze punktgenau. Man muss kein Gambenfreak sein, um das Album genießen zu können. Man muss einfach nur die Ohren aufsperren und sich fallenlassen. IH

Marais: „Pièces favorites“, François Joubert-Caillet, L’Achéron (Ricercar) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Sarabande d-Moll“ Marc und Angélique Mauillon

Neue Stimmen Die Musiker Giulio Caccini und Jacopo Peri schrieben im 16. Jahrhundert Musikgeschichte: Beide haben den Gesang revolutioniert, denn sie wollten, dass das Wort wieder in den Mittelpunkt gestellt wird. Caccini schrieb dazu in seinem Lehrwerk „Le nuove musiche“: „Da ich mich nun überzeugte, dass ohne Verständnis der Worte das Gemüt nicht gerühret werden könne, kam der Gedanke, eine Art Gesang, gewissermaßen einer harmonischen Rede gleich, aufzuführen.“ Sologesang mit Begleitung einer Theorbe (meist begleitete sich der Sänger selbst), der so ausdrucksstark vorgetragen werden sollte, dass er die Herzen der Zuhörer berührte. Das Ehepaar Angélique und Marc Mauillon versetzen uns mit ihrer CD wieder in diese spannende Zeit, indem sie Werke dieser großartigen Komponisten aufgenommen haben, ausdrucksvoll gesungen von ihm, feinfühlig begleitet von ihr. IH

Caccini/Peri: „Li due Orfei“, Marc Mauillon, Angélique Mauillon ­(Arcana) Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Tutto ‘l dì piango“ von Giulio Caccini und Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Tutto ‘l dì piango“ von Jacopo Peri

MITARBEITER DIESER AUSGABE Götz Bühler (GB), Antonia Emde (AE), Jasmin Goll (JG), Ilona Hanning (IH), Julia Hartel (JH), Christa Hasselhorst, Sina Kleinedler (SK), Katherina Knees (KK), Corina Kolbe (CK), Jens Laurson, Clemens Matuschek (CM), Stefanie Paul, Teresa Pieschacón Raphael, Angelika Rahm (AR), Ruth Reif, Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Jürgen Schröder

PROJEKTLEITUNG PLUS REGIONAL Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

VERLAGSREPRÄSENTANTEN Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

AUFTRAGSMANAGEMENT Michaela Bendomir | bendomir@portmedia.de

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(TEIL-)BEILAGEN/BEIHEFTER: CLASS: aktuell Editions Atlas

DER CRESCENDO FESTSPIEL-GUIDE ERSCHEINT AM 15. APRIL.

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H Ö R E N & S E H E N

Solo

Younee

Grenzgängerin an den Tasten

Für die südkoreanische Pianistin Younee gibt es keine Schublade. Wenn man die Pendlerin zwischen den Welten von Klassik, Jazz und Pop mit dem Album „My Piano“ ein Stück auf ihrer Reise an den Tasten begleitet, begegnen einem vertraute Klänge aller Genres. Es ist jedoch mehr als Crossover: ­Younee hat die elf Stücke auf ihrem zweiten Album selbst komponiert und viel von ihrer eigenen Begeisterung in die Musik gesteckt. Eine außergewöhnliche Mikrofonierung während der Aufnahmen für das Album lässt den Hörer noch dazu in Younees Perspektive schlüpfen, und man kann die Klavierklänge aus der Sicht der Künstlerin erleben. Von gesanglich-melodiös bis rockig-funkig erweckt die Pianistin stilsicher alle Facetten zum Leben, klassische Virtuosität und technische Perfektion inklusive. Eine erfrischende und lebendige musikalische Begegnung! KK

Younee: „My Piano“ (Membran)

delian::quartett

Doppelter Boden

Kammermusik

Im Kleinformat

Das kürzeste Stück dauert 31 Sekunden, das längste zwei Minuten und 51 Sekunden: Auf seiner CD „Miniaturen“ konzentriert sich der aus Argentinien stammende Cembalist Ricardo Magnus bewusst auf kurze Stücke, die im 17. und 18. Jahrhundert für sein Tasteninstrument geschrieben wurden. 39 solcher Kleinodien von Komponisten wie Bach, Händel, Mozart, Rameau und Purcell hat er ausgewählt, zu denen Berühmtheiten genauso zählen wie unbekanntere Werke. Für Magnus ist jede dieser Miniaturen eine willkommene Finger­ übung, um an seiner Technik zu feilen. Gleichzeitig versteht er sie aber auch als kleine, faszinierende Geschichten, die „nicht nur die Seele“ erfüllen, sondern bei ihm „auch den Wunsch“ hinterlassen, das Angefangene fortzusetzen. Als Zuhörer kann man sie wie zart vorgetragene Gedichte ohne Worte verstehen, die mal spielerisch-tänzelnd, mal träumerisch Raum für eigene Assoziationen und Gedanken lassen. SDE

„Miniaturen“, Ricardo Magnus (ambitus)

Auf der aktuellen Doppel-CD widmet sich das delian::quartett der Musik von Dmitri Schostakowitsch, die für ihre reizvolle Doppelbödigkeit bekannt ist: Musikalische Heiterkeit stellt mit bitterer Ironie schonungslos politische Missverhältnisse bloß – ein spannender Spagat, den die vier Musiker auch in den Streichquartetten Nr. 4 und Nr. 6 herauskitzeln. Die zweite CD präsentiert mit der Theater-Suite die Schauspielmusiken für Shakespeares Hamlet und Balzacs Die menschliche Komödie, in denen das Quartett neben barockisierendem Schönklang und dynamischer Tiefenschärfe auch eine hohe Sensibilität für den geistvollen Witz des Komponisten unter Beweis stellen kann. Im Klavierquintett g-Moll op. 57 beweist das delian::quartett gemeinsam mit Anatol Ugorski an den Tasten einen Sinn für große melodiöse Bögen und emotionale Spannkraft. So wird das Album ganz nebenbei zu einem reizvollen Komponistenporträt. KK

Schostakowitsch: „Streichquartette Nr. 4 & 6 / Theatersuite / Klavierquintett“, delian::quartett, Anatol Ugorski (Oehms Classics)

Ricardo Magnus

Konzert Josef Hofbauer

Mehr als nur Haydn Das Trompetenkonzert von Joseph Haydn ist mit großem Abstand das bekannteste, aber bei Weitem nicht das einzige für dieses Instrument, wie uns Josef Hofbauer auf dieser CD lehrt. Aus nahezu allen Epochen der Musikgeschichte präsentiert er auf diesem daher auch recht persönlichen Album die Werke, die ihn auf seinem Weg begleitet haben. Hofbauer scheint sich im Barock ebenso wohlzufühlen wie in der Moderne, und auch das Schönbrunn Festival Orchestra Vienna unter der Leitung von Guido Mancusi findet für jedes Konzert seine eigene, passende Tonsprache. So gerät das bunte Programm weniger zu einer musikhistorischen Achterbahnfahrt als vielmehr zu einem gelungenen und abwechslungsreichen Überblick über die Trompetenliteratur der letzten fünf Jahrhunderte, der sozusagen als „Schmankerl“ mit dem Libertango von Astor Piazzolla und Gabriel’s Oboe von Ennio Morricone endet. AE

„My Favorite Trumpet Concertos“, Josef Hofbauer, Schönbrunn Festival Orchestra Vienna, Guido Mancusi (Solo Musica) Track 12 auf der crescendo Abo-CD: „Allegro Rondo“ aus: „Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur“ von Haydn Julian Steckel / Stuttgarter Kammerorchester

Der Kompositionsstil Carl Philipp Emanuel Bachs hebt sich von dem seines Vaters so sehr ab, „als ob sich die Jungs von J. S. Bach in seiner Oldtimer-Garage bedient hätten und mit seinen alten Schlitten mal richtig auf die Rennstrecke gegangen sind“. So beschreibt es der Cellist Julian Steckel treffend zu seiner Aufnahme der drei Cellokonzerte. Und tatsächlich eröffnen sich in den Werken neue Klangwelten, ungewöhnliche Sprünge und Harmonien, die noch viel gewagter sind als das, was der Vater in seinen berühmten Cellosuiten angestellt hat. Hier erklärt sich, warum Bach zu Lebzeiten einer der bekanntesten Vertreter seines Faches war: Er überschritt die Grenzen barocker Traditionen. Nicht nur Haydn, sondern auch Mozart und Beethoven schätzten und studierten diese Werke. Die Konzerte sind unter Cellisten umstritten, technisch sind sie „echte Knochenbrecher“ (Steckel), doch gerade die langsamen Sätze strahlen in nachgerade wahnsinniger Schönheit. SK

C. P. E. Bach: „Cello Concertos“, Julian Steckel, Stuttgarter Kammerorchester, Susanne von Gutzeit (Hänssler Classic) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Allegro assai“ aus: „Cellokonzert Wq. 172 A-Dur“ 22

www.crescendo.de

April – Mai 2016

Foto: Giorgia Bertazzi

Knochenbrecher


Lied Sabine Devieilhe

Drei Schwestern Nach ihrem Rameau-Album „Le Grand Théâtre de l’amour“ singt die französische Sopranistin Sabine Devieilhe auf ihrer zweiten CD erneut von der Liebe. Um Mozart und die „Weber-Schwestern“ geht es in der gut durchdachten Dramaturgie der Aufnahme, die gemeinsam mit dem Ensemble Pygmalion unter der Leitung von Raphaël Pichon entstanden ist. Aloysia, Josepha und Constanze Weber waren Sängerinnen mit wohl außerordentlichem Talent. Nachdem Aloysia Mozarts Heiratsantrag ausschlug, heiratete er die jüngere Schwester Constanze ohne Aufgebot oder Genehmigung der Eltern. Allen drei Frauen widmete der Komponist bedeutende Sopranpartien. Devieilhe versteht es, in die verschiedenen charakterlichen und stimmlichen Rollen zu schlüpfen, sie verkörpert die Musen des Komponisten mit einer Stimme, die klanglich immer voll, aber nie aufdringlich oder schrill ist und sich eine Leichtigkeit und Zartheit bewahrt, die man sich bei Mozart so nur wünschen kann. SK

Foto: Marc Ribes

Mozart: „The Weber Sisters“, Sabine Devieilhe, Pygmalion, Raphaël Pichon (Erato) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Nehmt meinen Dank KV 383“

Solo

Midori Seiler

Virtuoser ­ itteilungsdrang M

Ein Raunen ging durch die Violinwelt, als die deutsch-japanische Geigerin Midori Seiler vor fünf Jahren ihre Lesart von Bachs drei Solopartiten herausbrachte: mit Barockbogen und Darmsaiten, ohne Vibrato, Kinn- und Schulterstütze, eben ganz so, wie es sich für die Konzertmeisterin zweier renommierter Alte-Musik-Ensembles gehört. Vor allem aber bestach sie mit ihrer musikalischen Rhetorik. Nun liefert sie das Pendant in Form der drei Solosonaten, und wieder sitzt man mit großen Augen und offenem Mund vor dem CD-Player. Bachs Musik atmet, lebt, spricht wie eine alte Freundin, die man lange nicht gesehen hat und die ungeheuer viel Neues zu erzählen hat. Die perfekt modellierte Polyfonie der komplexen Fugen suggeriert zwei bis drei Spieler, die Tempi fließen in langsamen Sätzen und jubeln in schnellen. Und trotz Darmsaiten kommt auch die Klangsinnlichkeit nicht zu kurz. Die Intonation mitunter schon, aber das verleiht dem virtuosen Mitteilungsdrang nur noch mehr Authentizität. CM

Bach: „The Violin Sonatas“, Midori Seiler (Berlin Classics)

Vinyl

Maria Markesini / Klazz-Brothers

Ein sanfter Vulkan Der weltweite Vinyl-Hype beflügelt die Rückkehr zu echten, unverfälschten Analogaufnahmen ohne Tricks und Overdubs. Die renommierten Bauer-Studios in Ludwigsburg leisten da Pionierarbeit: Ihr eigenes Tonstudio dient seit geraumer Zeit als Podium für echte Live-Performances vor handverlesenem Publikum, die dann über ein 60-Kanal-Neve-Mischpult live abgemischt und auf ein altes Studer-Stereo-Deck geleitet werden – und alles rein analog! Die neueste LP der Edition Studio-Konzert ziert die griechische Sängerin Maria Markesini, die sich ganz frei und mit unwiderstehlichem Charisma zwischen allen Sphären des modernen Gesangs bewegt. Dafür hat sie mit den ebenfalls grenzensprengenden Klazz-Brothers ein ideales Begleit-Trio gefunden, das ihren extremen dynamischen Stimmumfang, ihr wunderbares Legato und ihre elektrisierende Intimität mit großer Sensibilität untermalt. In fünf bekannten Standards, darunter der griechische Welthit Never on Sunday unterstreicht Markesini ihre enorme Ausdruckskraft und ihren vokalen Zauber. Daneben gibt es auch typischen Klazz-Crossover, mit einer melancholischen Kurzversion von Beethovens Ode an die Freude. Es ist die beste Medizin gegen den weltweit sich ausbreitenden Digital-Schrott. AC

„Maria Markesini feat. Klazz-Brothers“, Studio-Konzert (Neuklang) 23


H Ö R E N & S E H E N

Solo

Amir Katz

Schmerzerfüllte Traumwelt

Neue Welten

Als Interpret romantischer Klavierwerke hat sich der israelische Pianist Amir Katz international einen Namen gemacht. In einer neuen Einspielung widmet er sich Franz Schuberts Impromptus D 899 und D 935, die er als zusammenhängenden Zyklus begreift. Der schmerzerfüllten Traumwelt des Österreichers nähert sich Katz auf gänzlich unsentimentale Weise. Sein zupackendes, luzides Spiel legt Klangstrukturen frei und bewahrt zugleich den poetischen Zauber der Stücke. Meisterhaft, wie Katz beispielsweise im Impromptu Nr. 1 c-Moll – Allegro molto moderato die harmonischen und dynamischen Kontraste herausarbeitet. Auch sein Zugriff auf das mit einem Triolen-Reigen beginnende Es-Dur-Impromptu, das wie ein Wasserfall perlende Allegretto in As-Dur oder das übermütige Impromptu f-Moll – Allegro scherzando ist äußerst virtuos. Eine hörenswerte Aufnahme. CK

Schubert: „8 Impromptus“, Amir Katz (Orfeo) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Impromptus D 899 Nr. 3 Ges-Dur: Andante“

Johannes Motschmann

Elektrisierend

Rein physikalisch betrachtet, sind elektrische Felder für die Ausbreitung von Licht und Funkwellen und für die Übertragung von Energie zuständig. Manchmal kann jedoch auch Musik eine elektrisierende Wirkung haben. Die neun Stücke für Multipercussion, elektrische Klaviere und Synthesizer, die Johannes Motschmann 2015 komponiert hat und die jetzt auf dem Album „Electric Fields“ beim Label Berlin Classics in der Reihe „Neue Meister“ erscheinen, schaffen eine faszinierende Atmosphäre. Gemeinsam mit David Panzl an diversen Rhythmusinstrumenten und Boris Bolles an Synthesizern und Violine taucht Johannes Motschmann konzentriert in die Klangwelten der Stücke ein und nutzt dabei ganz unterschiedliche Inspirationsquellen: Fragmente alter Madrigalchöre wehen als Vorbilder durch die Partitur, Erinnerungen an Kirmes-Impressionen werden mit japanischen Trommeln und Wurlitzer-Klavierklängen verarbeitet. Ein bunter Mix, der elektrisiert. KK

Johannes Motschmann: „Electric Fields“, Boris Bolles, David Panzl (Berlin Classics)

Konzert

Hannes Minnaar

Verkehrtherum

Bei Beethoven ist das mit der Werknummerierung immer so eine Sache. Die Komposition seiner Fünften Sinfonie begann er nach Fertigstellung der dritten, die Uraufführung erfolgte gemeinsam mit der Sechsten Sinfonie, die Beethoven wiederum jahrelang als Nummer fünf bezifferte. Auch seine ersten beiden Klavierkonzerte entstanden eigentlich in umgekehrter Reihenfolge, also exakt so, wie sie der Pianist Hannes Minnaar zusammen mit dem Netherlands Symphony Orchestra (Leitung: Jan Willem de Vriend) präsentiert. Dadurch entsteht eine bezwingende Dramaturgie, beginnend mit dem lieblich-heiteren Hauptthema des Zweiten Konzerts und endend mit den Fortissimo-Fanfaren im strahlenden C-Dur des Ersten. Minnaar interpretiert mit einer selten gehörten Ruhe und Gelassenheit die beiden Werke, die dadurch fast schon Erzählcharakter annehmen. Vertauschte Reihenfolgen scheinen ohnehin Methode zu haben bei Minnaar, de Vriend und Orchester, schließlich veröffentlichten sie bereits vor einem Jahr ihre erste gemeinsame CD – mit Beethovens beiden letzten Klavierkonzerten. MT

Beethoven: „Piano Concertos Nos. 1 & 2“, Hannes Minnaar, The Netherlands Symphony Orchestra, Jan Willem de Vriend (Challenge Classics) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio“ aus: „Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19“


Birke J. Bertelsmeier

Fotos: Stefan Simonsen

Neue Welten

Christian Mason

Mason / Bertelsmeier / Barden

Mark Barden

Ausgezeichnet

Seit 1990 ehrt die Ernst von Siemens Musikstiftung jährlich drei junge, vielversprechende Komponisten. In diesem Jahr hatten der Amerikaner Mark Barden, der Brite Christian Mason und die deutsche Komponistin Birke J. Bertelsmeier das Glück, in den erlauchten Kreis der glücklichen Gewinner aufgenommen zu werden, zu denen in der Vergangenheit bereits Benjamin Britten, Olivier Messiaen, Witold Lutosławski, Luciano Berio, Hans Werner Henze, György Ligeti, Helmut Lachenmann, György Kurtág oder Aribert Reimann zählten. Dank des Wiener Labels col legno dürfen sich die Fans intelligenter zeitgenössischer Musik seit 2011 nun jedes Jahr nicht nur mit den Preisträgern, sondern auch über drei brandneue Porträt-CDs der ausgezeichneten Nachwuchskomponisten freuen. Die Aufnahmen präsentieren einen Querschnitt durch die kompositorische Arbeit der Künstler und lassen ein ausdrucksvolles musikalisches Mosaik entstehen, das Einblicke in die stilistische Entwicklung der Preisträger gibt. Während Mark Barden sich mit der Ästhetik des Scheiterns auseinandersetzt und in seinen Werken sowohl

komplexe Strukturen als auch die puristische Faszination eines Soloklaviers untersucht und mit detektivischem Spürsinn die Grenzen der menschlichen Stimme auslotet, setzt sich Birke J. Bertelsmeier mit rhythmischen Modellen auseinander und bezieht in ihre Arbeiten den ganzen Körper der Musiker mit ein. Christian Mason fasziniert das Licht. Er fängt es in seiner Musik ein und verzaubert den Hörer mit transzendenten Klangexperimenten. Eingespielt wurden die Werke der drei Komponisten von verschiedenen renommierten Ensembles und Orchestern, darunter den Bamberger Symphonikern, dem Ensemble intercontemporain oder dem Kammerensemble Neue Musik Berlin. Das Ergebnis ist perfekt im besten Sinne – hochwertig umgesetzt und keine Sekunde langweilig. KK

Christian Mason: „Unseen Light“, Bamberger Symphoniker, DSO Berlin u. a. (col legno) Birke J. Bertelsmeier: „folklich“, Armida Quartett, Ensemble Modern u. a. (col legno) Mark Barden: „Monoliths“, Klangforum Wien, Kammerensemble Neue Musik Berlin u. a. (col legno)

Foto: Kristian Nashoug www.lofoten.info

July 11 - July 17 2016 Jean-Efflam Bavouzet Nelson Freire Ingrid Fliter Marc-Andre Hamelin Joachim Carr Bertrand Chamayou Johannes Weisser, baryton Lofoten Festival Strings Engegard Quartet

www.lofotenfestival.com

The Norwegian Arts Council

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H Ö R E N & S E H E N

Kenny Barron Trio

Gewaltige Schönheit

Jazz

Foto: Caterina di Perri / ECM Records

Der Titel wirkt wie ein Oxymoron: Würde es ein „Buch der Intuition“ geben, müsste man sich nicht mehr auf dieselbe verlassen, sondern könnte situationsbedingt nachschlagen, welche Eingebung zu welcher Aufgabe passt. Trotzdem passt der krumme Titel auf diese geradeaus swingende Produktion. Der 72-jährige Pianist Kenny Barron, früher vor allem als Begleiter von Heroen wie Stan Getz, Ella Fitzgerald oder Dizzy Gillespie bekannt, kann in seinen Improvisationen mit Sicherheit auf einen nahezu biblisch tiefen Erfahrungsschatz zurückgreifen, also mental in seinem „Intuitionsbuch“ blättern, um genau die zum Moment passende Musik zu spielen. Dass er sein seit zehn Jahren bestehendes Trio mit dem Bassisten Kiyoshi Kitagawa und dem Drummer Jonathan Blake auf diesem Album zum ersten Mal in aufgenommener Form präsentiert, spricht für seine Gründlichkeit – die Zeit ist reif. So kann es passieren, dass diese wohltemperierte Mischung aus Eigenkompositionen, darunter Tribute an Kollegen wie Ahmad Jamal und Bud Powell, gewürzt mit zwei eher seltenen Stücken von Thelonious Monk, anfangs etwas zu gediegen wirkt. Die Wahrheit und Schönheit dieser Musik enthüllt sich erst später, aber dafür umso gewaltiger. GB

Kenny Barron Trio: „Book of Intuition“ (Universal) Avishai Cohen

Foto: John Sann

Hingabe fürs Weglassen Die Stille ist ein großes musikalisches Thema, besonders im Jazz. Chick Corea und Gary Burton widmeten ein gemeinsames Projekt der „Crystal Silence“, Miles Davis nannte eines seiner schönsten Alben „In a Silent Way“. Nun wagt sich auch der israelische Trompeter Avishai Cohen, mit dem gleichnamigen Bassisten nicht verwandt, in Albumlänge „Into The Silence“. Er beginnt in nahezu meditativer Miles-Stimmung, hat auch diesen großen Klang des Über-Trompeters und dessen raumgreifende Töne, dazu das Selbstbewusstsein, sich zurückzunehmen, nicht nur den vier anderen Musikern gegenüber, sondern vor allem im Dienst der Musik. Diese sehr verschiedenen und dennoch füreinander gemachten Eigenkompositionen zwischen kammermusikalischen Passagen und spannender Gruppenimprovisation atmen einen Geist: Hingabe fürs Weglassen. Dass diese Band für die Albumproduktion zum ersten Mal zusammengetroffen ist, verblüfft nur im ersten Moment. Sicher ist, dass man hier ein so perfekt wie spontan eingespieltes Ensemble hört, Musiker, die beruhigt und selbstbewusst in die Stille eines Studios treten, mit den Fähigkeiten und dem Willen, in diese Ruhe hinein wunderbare Musik zu schaffen. GB

Avishai Cohen: „Into The Silence“ (ECM)

Bayerische Staatsoper

Das Traumpaar von Abu Ghraib Anja Harteros und Jonas Kaufmann gelten als Traumpaar für Verdi-Opernproduktionen. Nicht zum ersten Mal entfachten sie Beifallsstürme an der Bayerischen Staatsoper, als sie in La forza del destino als Liebespaar Donna Leonora und Don Alvaro auf der Bühne standen. Regisseur Martin Kušej und Bühnenbildner Martin Zehetgruber sorgten mit Anspielungen auf die Terroranschläge von 9/11 und das irakische Foltergefängnis von Abu Ghraib zwar für Irritationen. Außer Frage stand jedoch die musikalische Qualität, wie auch die während der Münchner Opernfestspiele 2014 entstandene DVD-Aufnahme belegt. Kaufmanns warme, baritonal getön­te Tenorstimme und Harteros’ nuancenreicher Sopran (Pace, pace, mio Dio!) wecken große Emotionen. Neben Vitalij Kowaljow als Marchese di Calatrava / Padre Guardiano und Renato Girolami als Fra Melitone überzeugen Orchester und Chor als Interpreten verdi’schen Melos’. CK

Verdi: „La forza del destino“, Jonas Kaufmann, Anja Harteros, Vitalij Kowaljow, Renato Girolami, Bayerisches Staatsorchester und Chor der Bayerischen Staats­oper, Asher Fisch (Sony Classical) 26

Film

Werner Herzog

Mord und Madrigale

Eine skurrile Dokumentation über ein skurriles Leben. Werner Herzogs Death For Five Voices über das Leben und Wirken Carlo Gesualdos (1566–1613) ist eine Dokumentation, die „Amok läuft“, wie es der Filmemacher einmal ausgedrückt hat. Berühmt wurde der Komponist hauptsächlich für den Ehrenmord an seiner Frau, der nach damaligem Recht keinen Straftatbestand darstellte – Gesualdo war ja adelig. Jedoch stand dessen musikalisches Schaffen fortan unter dem dämonischen Wahnsinn, der ihn verfolgte. Dieser Film, der auch viel Hinzugedichtetes enthält, stellt seine Zuschauer vor seltsame Szenarien: Köche, Gärtner und Pförtner erzählen, als sei Gesualdo gerade noch dort gewesen, geisterhafte Gestalten irren durch die alten Gemäuer seines Schlosses, dazwischen ertönen Madrigale des Komponisten. Am Ende bleibt die unheimliche Ahnung von einer dämonischen Gestalt. SK

Werner Herzog: „Gesualdo“ (Arthaus) www.crescendo.de

April – Mai 2016


H Ö R E N & S E H E N

Lied

Buch

Thomas Oliemans

Alexej Parin

Gut und Böse

Unbekanntes Terrain

Amadeus, ­Amadeus

„Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ – der Albumtitel mutet seltsam an, schließlich komponierte Schumann die auf der CD vertretenen Lieder mehr als dreißig Jahre vor Erscheinen der Novelle von Robert Louis Stevenson. Doch Thomas Oliemans und Paolo Giacometti gehen mit ihrer Einspielung genau diesen zeitlich so paradoxen Vergleich ein. Sie sehen die „Doppelnatur“ Schumanns, die ihren Ausdruck in den Fantasiegestalten Florestan und Eusebius fand, als Motiv zweier gegensätzlicher Seelen, das vielfach von Literaten aufgegriffen wurde – so auch von Stevenson. Durch den Titel geben Oliemans und Giacometti einen tragischen Ausgang der Geschichte vor. In drei Liederzyklen von Schumann erzählt das Duo nicht die Geschichte einer letztlichen Übereinkunft der Kräfte, sondern die einer Selbstdestruktion. Düstere und beschwingtere Töne treffen aufeinander. Während Giacomettis Spiel immer wieder Hoffnung auf einen positiven Ausgang macht, gewinnt durch den farbenreichen, aber stets wehmütigen Gesang schlussendlich die melancholische Klanglandschaft die Oberhand. JG

Das erste Wort im Titel des Bandes „Paradigmen der russischen Oper“ und die sofort ins Auge springende Fußnotenverliebtheit des Autors Alexej Parin schrecken erst einmal ab. Freilich ist das erst jetzt ins Deutsche übersetzte Buch (verfasst wurde es Ende der Neunzigerjahre) aufgrund der umfangreichen Gedankenwelt des Publizisten eine Fundgrube für Leute vom Fach. Doch Parins in wissenschaftlicher Hinsicht eklektizistischer Ansatz macht es auch den musikinteressierten Lesern leicht: Das Kompendium beleuchtet den Kosmos der russischen Oper unter ­musika­lischen, historischen, philosophischen, gesellschaftlichen, in ­Teilen auch literaturwissenschaftlichen und psychologischen Gesichtspunkten. Mit anderen Worten: Das immer noch vergleichsweise unbekannte Terrain der Opernwelt Russlands wird dadurch so facettenreich beleuchtet, dass jeder Leser seine individuelle Vorbildung wunderbar vertiefen kann, zumal die sieben ­Aufsätze jeweils für sich stehen. MT

Den Einstieg in das Mozart-ABC hat Eva Gesine Baur so naheliegend wie niederschwellig gestaltet: „Amadeus“ lautet der erste Begriff. Mozart hat sich nie so genannt, auch im Taufregister taucht der Name nicht auf, alles bloß eine postume Umbenennung durch die damaligen Fans des Komponisten. Klar, die Anekdote kennt man schon aus dem Musikunterricht. „Arznei“ ist da schon spezieller, und schon ist man drauf und dran, das kurzweilige Lexikon wie einen Roman Seite für Seite durchzulesen. Aus den alphabetisch sortierten Miniatur-Essays lässt sich zwar mitnichten ein umfassendes Mozartbild zusammenzustellen, jedoch ist der Band mit seinen jackentaschentauglichen Maßen ein kluges Werk, das bestens in die Kategorie „Ach, das wusste ich ja noch gar nicht!“ passt. Ideal also für eine mittellange Zugreise oder einen längeren Wartezimmeraufenthalt. Und für all jene, die den Komponisten wirklich kennenlernen wollen, hat Baur ohnehin vor zwei Jahren eine umfangreiche Mozartbiographie verfasst. MT

Alexej Parin: „Paradigmen der russischen Oper“ (Hollitzer)

Eva Gesine Baur: „Mozart-ABC“ (C.H. Beck)

Schumann: „Lieder – Dr. Jekyll & Mr. Hyde“, Thomas Oliemans, Paolo ­Giacometti (Channel Classics)

Eva Gesine Baur

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Kärntens Badewelt am Berg 4* Wellnesshotel in Top-Lage auf der Gerlitzen Alpe / Kärnten (1765 m). 3.000 m² Premium-Spa mit temperiertem Almsee, 6 warmen Pools, 10 Saunawelten und vielen Ruheoasen; Jugend- und Freizeitzentrum mit Kletterhalle.

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H Ö R E N & S E H E N

NORDISCHER BOTSCHAFTER

P

er Nørgård traf ich erstmals 1994 in Kopenhagen. Lange schon hatte ich mich auf Anregung Sergiu Celibidaches mit Nørgårds Musik befasst. Als Celibidache in späten Jahren nach großen zeitgenössischen Komponisten gefragt wurde, nannte er drei Namen: „Der Däne Per Nørgård, der Schwede Sven-Erik Bäck und der Franzose Henri Dutilleux.“ Eine höchst unorthodoxe Liste, deren Relevanz im Nachhinein durch zwei Siemens-Musikpreise unterstrichen wird. Nørgårds Zweite Sinfonie von 1971 ist Celibidache gewidmet, doch kurz vor der geplanten Uraufführung kam es zum Crash zwischen Celibidache und der Administration des Dänischen Rundfunk-Symphonieorchesters, und in der Folge hat Celibidache zum großen Bedauern Nørgårds nie ein Werk von ihm dirigiert. Ich traf also Nørgård und war überrascht von seiner freigeistigen Jugendlichkeit und grenzenlos erscheinenden Offenheit. Er erzählte von der frühen Entdeckung der irrationalen Welt der Musik von Jean Sibelius, dem Prinzip des „Die Natur bestimmt mit“, das ihn sein Leben lang begleiten sollte. Als von der Idee der Integration aller im menschlichen Wesen potenziell wirkenden Aspekte beseelter Geist entdeckte er das mystische Erbe des Ostens und suchte forthin die Verbindung mit der Ratio der westlichen Kultur und ihrem unablässigen Forscherdrang. Nachdem er als Junge die deut-

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sche Besatzung und ideologische Vereinnahmung Dänemarks erlebt hatte, hinterfragte er stets alle zeitbedingten Dogmen und Wertungen. Als er Ende der Fünfzigerjahre nach Paris kam, war der Serialismus mit seinem Alleinherrschaftsanspruch en vogue, und die Fluxus-Bewegung mit ihrer totalen Anarchie florierte als alle Strukturen ablehnende Gegenströmung. Nørgård fühlte sich als Fremder inmitten des geschäftigen Treibens und suchte seinen eigenen strukturgebenden, formkonstituierenden Ausgangspunkt. So entdeckte er die melodische Unendlichkeitsreihe, die Zauberformel in seinem Schaffen. Aufgrund der ihr innewohnenden generierenden Kraft und der vom Kleinsten bis ins Große wirkenden Selbstähnlichkeitsprinzipien, die wie eine Vorwegnahme der optischen Veranschaulichungen der Chaosforschung durch Benoît Mandelbrot anmuten, erscheint Nørgårds Musik nicht beabsichtigt in ihren Wirkungen und Prozessen, sondern so, als entstünde sie naturhaft von selbst und folgte den ihr innewohnenden Triebkräften. Dieses melodische Prinzip trat in Wechselwirkung mit bewusster Ableitung der vertikalen Harmonie aus der Naturtonreihe und einer alle Errungenschaften westlicher Komplexität transzendierenden Rhythmik, die auf Proportionen des Goldenen Schnitts beruht, was eine vollkommen neuartige Proportionierung des zeitlichen Verlaufs zur Folge hat. In den Siebzigerjahren entwickelte Nørwww.crescendo.de

April – Mai 2016

Foto: Manu Theobald / Ernst von Siemens Musikstiftung

In Dänemark ist Per Nørgård so einflussreich wie einst Carl Nielsen, doch außerhalb des dänischen und skandinavischen Kulturkreises ist der Komponist noch unbekannt. Die Verleihung des Ernst von Siemens Musikpreises dürfte dies ändern.


H Ö R E N & S E H E N

DIE CHRISTOPH-SCHLÜREN-KOLUMNE

gård diesen sich aus gegensätzlichen Kräften speisenden Tönekos- heit und eine hellwache Wahrnehmung für Interferenzen, Sensitimos zu staunenswerter Vollendung, von der Zweiten Sinfonie, der vität für feinste Schattierungen des Ausdrucks, immer auch der Voyage into the Golden Screen und der psychedelisch inspirierten Bezug zur Stille und zum Unerwarteten, die Fähigkeit, auch mit Oper Gilgamesh bis zu den hermetischen Gefilden der gigantisch sparsamen melodischen Gesten und rhythmischen Verschiebungen stets Essenzielles zu sagen. Das Glück wollte es, dass er mit dimensionierten Dritten Sinfonie und der Oper Vagn Holmboe (1909–96) einen Lehrer fand, der als herausragenSiddharta. Es war der Durchbruch einer neuen der Sinfoniker seiner Generation eine naturhafte MetamorTonsprache von irisierender Schönheit, die dem phose-Technik entwickelte, die die Musik aus den ihren Hörer den Geschmack unendlicher Weite verMotiven innewohnenden Kräften gewaltige Entwicklungsmittelt: „Diese Periode meines Schaffens wurde potenziale freisetzen lässt. Nørgårds Hauptwerke der später als Vorwegnahme der ‚spektralen Musik‘ Fünfzigerjahre wie seine Erste Sinfonie oder die Constelentdeckt.“ lationer für fünfzehn Streicher sind ein Aufbruch in unerDoch auf dem Höhepunkt dieser Entwickmessliche innere Weiten. Noch ist hier sein Schaffen als lung angelangt, empfand der Integrator Nørgård, Fortsetzung der Tradition der klassischen Moderne, auf in dieser makellosen Welt nicht alles sagen zu Sibelius, Bartók und Holmboe fußend, verortbar, doch können, denn die dunkle Seite des menschlichen dann kamen die großen Veränderungen, die bis heute Wesens blieb bei aller Empfänglichkeit für feinste anhalten. So sagte er über seine 1990 vollendete Fünfte Nuancen unterrepräsentiert. Er entdeckte das Sinfonie: „Sie ist ein Drache, ein unheimliches Wesen Schaffen des schizophrenen Schweizer Künstlers – ich weiß nicht, ob sie ein- oder mehrsätzig ist: verAdolf Wölfli (1864 –1930), und die zugespitzte Verschiedene Schichten von Bewegungen, immer welrücktheit von dessen fantastischer Innenwelt gab den lenhaft, dabei ab und zu so große Wellen, dass die Anstoß zu einer dramatischen Wende. 1981 vollendete Hörgrenze über- oder unterschritten wird, bis zum er seine Vierte Sinfonie, die den Wölfli’schen Titel IndiTsunami, und immer bedrohlich.“ scher Roosen-Gaarten und chineesischer Hexen-See trägt. Die 2010/2011 schrieb Nørgård seine Mächte des Chaos hielten Einzug in seinen Achte Sinfonie, und die Ersteinspielung hermetischen Kosmos und brachten jene Zum Nachhören durch die Wiener Philharmoniker unter Gefährdung mit sich, die unserer LebensrealiSinfonien Nr. 1 & 8 Sakari Oramo (gekoppelt mit der Ersten tät entspricht. Die Begegnung mit dem WahnWiener Philharmoniker, Sakari Oramo (Dacapo) Sinfonie) dürfte, wie auch die Verleihung sinn erst verhilft dem Menschen, sich als unbeSinfonie Nr. 2 des Kravis Prize der New Yorker Philhargrenzte Ganzheit wahrzunehmen: „Es war Danish National Radio Symphony Orchestra, moniker, Anlass gewesen sein, dass die unvorhersehbar, wie der Rhythmus sich entwiLeif Segerstam (Chandos) Juroren des Ernst von Siemens Musikpreickelte – diese neuen rhythmischen Formen Sinfonien Nr. 3 & 7 ses auf ihn aufmerksam wurden. Er ist der hätte ich in der Geborgenheit des strahlenden Danish National Symphony Orchestra, Vocal erste nordische Komponist, der mit dieUniversums nicht entdeckt. Die ‚Goldenen ­Ensemble & Choir, Thomas Dausgaard (Dacapo) sem wichtigsten deutschen Musikpreis Schnitte‘ sind ewig und göttlich, doch wir Sinfonien Nr. 4 & 5 ausgezeichnet wird. In Dänemark so einleben nicht in dieser ewigen Harmonie, und Danish National Radio Symphony Orchestra, flussreich wie vor ihm nur Carl Nielsen, ist wir sind nicht heilig. Wir brauchen unbedingt Leif Segerstam (Chandos) Nørgårds Wirkung bislang über Skandidas Verständnis für Ambivalenz, die unsere Sinfonie Nr. 6 Danish National Symphony Orchestra, navien hinaus marginal gewesen. Das Welt auf allen Ebenen prägt. Ich habe für WölThomas Dausgaard (Chandos) kann sich jetzt ändern, und seine integrale flis Erlebniswelt eine immense Zuneigung, sie Gilgamesh & Voyage into the Golden Screen Botschaft ist heute aktueller denn je. Ohne ist Ausdruck von unerträglichem Schmerz, der Swedish Radio Symphony Orchestra, jede Begrenzung findet alles Eingang in ungeheuer euphorische Visionen freimacht. Er Tamas Vertö, Oliver Knussen (Dacapo) sein Schaffen, das sich seit der durch die legt die Archetypen unseres Daseins in radiTales From the North Erfahrung Wölfli initiierten Öffnung stets kalster Form frei, wie im Ineinander von Stefan Östersjö Plays Per Nørgård (Naxos) auf dem schmalen Grat zwischen unverRosengarten und Hexensee.“ Through the Looking Glass änderlicher Ordnung und chaotischen Nørgård begann früh mit dem KompoPer Nørgård, Hans Abrahamsen, Verwerfungen bewegt. nieren, und schon das Adagio di Preludio für Poul Ruders, Bent Sørensen (Alpha) Unvoreingenommene Wahrnehmung Streicher von 1951, das er als knapp NeunjähPhantasmagoria und flexible Wechselbeziehung sind die riger schrieb, besticht durch die wesentlichen Per Nørgård, Hans Abrahamsen, Bent Sørensen, Grundlagen von Per Nørgårds Musik. ■ Merkmale seines Reifestils: absolute OffenTrio con Brio Copenhagen (Dacapo) 29


A K U S T I K

Der Klangexperte

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ie sympathische Unternehmergeschichte begann vor mehr als vierzig Jahren, als der noch junge Firmenchef Günther Nubert in der heimischen Garage selbst konstruierte Lautsprecher zusammenbaute. Geprägt durch seinen Perfektionsdrang wurden die Boxen im regionalen Umfeld bei Hi-Fi-Freunden und Profis schon ziemlich bald sehr beliebt. 1975 gründete Nubert seine eigene Firma und begann in drei Filialgeschäften in Schwäbisch Gmünd, Aalen und Ellwangen, neben bekannten Hi-Fi- und Car-Hi-Fi-Marken auch die hauseigen hergestellten Lautsprecher zu verkaufen. Zu dieser Zeit bereits eine regional etablierte Größe, ließ der Firmengründer aber nicht locker, seine Lautsprecher einem noch größeren Kundenkreis zugänglich zu machen. Das jedoch scheiterte vor allem an der mangelnden Bereitschaft des Handels: Als Verkaufsanreiz wollte man entsprechende Tests in den Hi-Fi-Zeitschriften sehen – die jedoch wollten nur dann aktiv werden, wenn die Lautsprecher bundesweit erhältlich wären. So entstand die Idee des Direktvertriebs – das Entfallen der Händlerspanne kommt den Kunden durch gesteigerte Produktqualität bei obendrein sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis zugute. Doch Tests gab es auch dann noch nicht: Aus Angst, dem Handel in den Rücken zu fallen, taten sich die Hi-Fi-Magazine mit direktvertriebenen Produkten damals eher schwer. Erst im Jahre 1996 testete stereoplay als erstes Hi-Fi-Magazin einen Standlautsprecher von Nubert. Das Ergebnis fiel derart positiv aus, dass andere Fachmagazine nachzogen – und ebenfalls begeistert waren. Damit war der Bann gebrochen, und von da an ging es mit der Firma steil aufwärts – nicht zuletzt, weil das Direktvertriebskonzept mit dem damals aufkommenden Internet allmählich seine ganzen Vorteile ausspielen konnte. Das alles ist längst Geschichte, denn mittlerweile hat sich Nubert selbst in kritischen Hi-Fi-Kreisen fest etabliert. So füllen die Auszeichnungen, die er in den letzten Jahrzehnten erhalten hat, eine ewig lange Internetseite. Erst vor wenigen Tagen konnten die Schwaben bei den Leserwahlen „Geräte des Jahres 2016“ der beiden Hi-Fi-Magazine Audio und stereoplay gleich ein ganzes Dutzend erste Plätze in den unterschiedlichsten Produktkategorien einheimsen. Und nicht nur das: Die Firma bekam dazu auch noch die besondere Auszeichnung „Marke des Jahres 2016“. Besonders überraschend dabei: Auf dem Siegertreppchen standen nicht nur die unterschiedlichsten Lautsprechermodelle von preiswert bis anspruchsvoll, sondern auch die erst im Sommer 2015 vorgestellte Vorstufen/Endverstärker-Kombination nuControl / nuPower D – Nuberts starkes Debüt in Sachen hochkarätiger Verstärkerelektronik. 30

Natürlich kommt eine derartige Siegeswelle nicht von ungefähr, vielmehr ist sie das Ergebnis ständig währender Bemühungen um eine hohe Produkt- und Klangqualität. Bei der Neuentwicklung von Produkten finden durchaus auch kritische Stimmen von außen Gehör. Doch so etwas kommt selten vor, denn die meisten Kunden „lieben“ ihre Produkte geradezu – wohl kaum eine andere Marke europaweit kann auf einen solch begeisterten Kundenstamm setzen. Immerhin zählt das Forum mittlerweile stattliche 24.000 Mitglieder. Nicht minder stolz kann Nubert auch auf seine 15.000 Newsletter-Abonnenten sein. Eine gute Kundenbetreuung steht denn auch an erster Stelle, was bereits bei der telefonischen Beratung beginnt. Hier residiert kein anonymes Call-Center: Nicht weniger als sechs qualifizierte Berater kennen „ihre“ Produkte aus dem Effeff – und das sind mittlerweile ziemlich viele. So kann man auch gezielt auf klangliche oder räumliche Vorstellungen der Kunden eingehen und beraten. Aktive und passive Stand- und Kompaktlautsprecher, Subwoofer, Vor- und Endverstärker sowie Zubehör wie etwa drahtlose Funkstrecken umfasst das Produktportfolio mittlerweile – und all das wird in Schwäbisch Gmünd entwickelt und zu einem hohen Anteil in Deutschland beziehungsweise Europa hergestellt. Klar, dass selbst der umtriebige Günther Nubert allein mit der Produktentwicklung überfordert wäre. Sowas gelingt, wie der zweite Geschäftsleiter Roland Spiegler betont, nur in einem gut funktionierenden Team: Dazu gehören die beiden Lautsprecher-Spezialisten Thomas Bien und Christoph Meiler sowie Markus Pedal, der zuständig für alles Elektronische ist. Und alle vereint ein Ziel, nämlich „ehrliche Lautsprecher ohne Schnickschnack“ zu bauen, wie der Firmengründer es ausdrückt. Nicht umsonst wurde denn auch „Ehrliche Lautsprecher“ zum aktuellen Leitmotto der Firma. Und noch etwas hat sich das gesamte Team bei allem Erfolg bis zum heutigen Tag bewahrt: nämlich urschwäbische Bodenständigkeit. Und sei es technisch auch noch so komplex (wovon man nach Telefongesprächen mit dem Geschäftsführer ein Lied singen kann) – abgehobene, schwurbelnde High Ender braucht man hier nicht zu fürchten. Kein Wunder also, wenn auf Messen wie beispielsweise der weltweit renommierten, jährlich stattfindenden „High End“ in München der Nubert-Messestand stets rappelvoll ist: Angeregt plaudernd tummeln sich hier die Entwickler im Publikum und erklären stolz ihre neuesten Produkte. Ehrliche Lautsprecher von glaubwürdigen Menschen – das ist die Erfolgsformel. Jürgen Schröder ■ Der leise Lautsprecher-Spezialist: Günther Nubert www.crescendo.de

April – Mai 2016

Foto: Nubert

Nicht nur in der Musik braucht es Leidenschaft und Fokus, um seine Träume zu verwirklichen, sondern auch in der Branche der Unterhaltungselektronik. Der Unternehmer Günther Nubert aus Schwäbisch Gmünd tüftelte zuerst in der heimischen Garage, heute gehört er zu den „Großen“ des Rennens um den perfekten Sound.


April/Mai 2016

Die regionalen Vorentscheide zur Masterclass mit Starpianist Benjamin Grosvenor

Wir suchen Pianotalente – an sechs Schulen in ganz Deutschland. Eine fachkundige Jury ermittelt die Sieger der regionalen Vorentscheide. Die Besten jeder Qualifikationsrunde reisen nach Berlin zur Masterclass mit Benjamin Grosvenor.

Alle weiteren Infos unter www.talent-days.de Die Benjamin Grosvenor Masterclass ist eine gemeinsame Aktion von:


R Ä T S E L

&

C A R T O O N

GEWINNSPIEL Was verbirgt sich hinter diesem Text? Achtung, jetzt kommt’s: das ganz große Gefühl! Na, spüren Sie es schon? Spüren Sie, wie es vibriert? Ein „Zittern frey, das süsser laut die Melodey geschehen mag“. Jaja, der gehobene Gemütszustand – der kommt nicht einfach mal eben so. Da muss man ein bisschen nachhelfen. Denn er braucht schon die ganz große Bühne, sozusagen die „Good Vibrations“. Und wer bisher dachte, große Gefühle entstehen im kleinen linken Zeh, der irrt sich gewaltig. Sie entstehen in den Fingern. Was glauben Sie, wozu etwa der kleine linke Finger imstande ist? Wenn der einmal loszittert – der rührt Sie zu Tränen! Das traut man dem kleinen Kerl gar nicht zu. Es geht aber auch andersherum. Denn er kann einen mit seinem Getue auch zu Tode nerven. Man möchte ihm dann zurufen: Hör auf mit dieser schrecklichen Zitterei! Das kommt übrigens öfter vor, als Sie denken. Nur traut sich das natürlich niemand im Konzertsaal zu sagen. Das große Gefühl kann furchtbar sein, vor allem dann, wenn es zur Routine wird und nur noch gefühlsduselig wirkt und zur öden Masche oder Posse verkommt. Der Italiener Francesco Galeazzi schrieb dazu bereits 1791: „Ein gewisses Gezitter, das sie

nicht unangenehm finden; aber das sind wirklich falsche Töne, die nur jenen gefallen können, die sich daran gewöhnt haben, aber die gänzlich aus der Musik verbannt werden sollten bei jedem, der mit gutem Geschmack versehen ist.“ Deshalb sagen auch manche: Streich, solange du nur kannst – und zwar ohne zu zittern. Denn ihrer Meinung nach wird der Klang mit der rechten Hand erzeugt und eben nicht mit der linken. Deshalb komme das große Gefühl, das große Zittern auch erst ganz zum Schluss auf – sozusagen als Höhepunkt, als i-Tüpfelchen, als Ornament. Und eben nicht als bloßer Affekt. Es gibt aber wiederum auch solche, die davon gar nicht genug bekommen können. Sie suchen nervös das Notenblatt ab – auf der Suche nach dem einen, alles entscheidenden Hinweis. Sie suchen nach einem kleinen, aber bedeutungsvollen „m“: „wo dies stehet/ muß fest zugedruckt werden mit dem Finger/aber die gantze Hand beweget werden.“ Mit dem Gefühl ist das halt so eine Sache. Für manche sind auch die kleinen Emotionen schon ganz groß. Und der Rest ist einfach nur eine Zitterpartie.

RÄTSEL LÖSEN UND LEONSKAJA GEWINNEN! Was ist hier gesucht? Wenn ­S ie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­Redaktion, Rindermarkt 6, 80331 München oder per E-Mail an ­redaktion@crescendo.de. Unter den richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die Special Edition „Elisabeth Leonskaja – Franz Schubert late piano sonatas“ mit 4 CDs und Bonus-DVD von Easonus. Einsendeschluss: 30. April 2016. Der Gewinner unseres letzten Alltags-Rätsels ist Horst Reindell aus Gleichen. Die Lösung war der „Karneval der Tiere“.

DER CARTOON von Benedikt Kobel*

Nicolai, Gounod, Verdi und Rossini greifen nach dem Stoff von William Shakespeare *Benedikt Kobel ist Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper und zeichnet regelmäßig auf seinem Blog www.staatsoperblog.at. Ausgewählte Zeichnungen finden Sie auch in seinem Buch „Prima la musica: Heiteres aus der Welt der Musik“ (Amalthea Verlag).

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www.crescendo.de

April – Mai 2016


ERLEBEN Die wichtigsten Termine und Veranstaltungen im Februar und März im Überblick (ab Seite 34). Das Festival Soli Deo Gloria (Seite 38). Boston Symphony Orchestra on Tour (Seite 40).

2. April bis 10. Mai, Wolfsburg, 14. Movimentos Festwochen

TREFFEN DER EPOCHEN

Foto: Patrick Berger

Carolin Widmann ist die Interpretin, die die zeitgenössische Musik braucht. Mit künstlerischer Überzeugungskraft und auf höchstem Niveau widmet sich die Violinistin neuen Kompositionen und klassischen Werken. In der Klassikreihe der Movimentos Festwochen gastiert sie mit Bach und erinnert mit dem Pianisten Nicolas Hodges an die russische Komponistin Galina Ustwolskaja, deren religiös inspirierte Musik von schroffen Gegensätzen gekennzeichnet ist. Außerdem stellt sie eine neue Komposition von Martin Smolka vor, der die humoristische Seite von Musik betont. Gesprächspartner im Konzert ist Klassik-Kurator Felix Schmidt. Er moderiert auch den Abend mit Julia Fischer, die im Quartett mit Alexander Sitkovetsky, Nils Mönkemeyer und Benjamin Nyffenegger zu Gast ist. Ein breites Spektrum zeigen die Matineen und Soireen. Die Pianistin Marija Skender schlägt einen Bogen vom Barock bis zur Gegenwart, William Youn widmet sich Klavierwerken von Brahms und Liszt, Oboist Ramón Ortega Quero und Tamar Inbar spielen Werke des venezianischen Barocks, und die Sopranistin Anna Lucia Richter gestaltet zusammen mit Michael Gees am Klavier einen Liederabend. Autostadt in Wolfsburg, verschiedene Spielorte, 2.4. bis 10.5. www.movimentos.de

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E R L E B E N

April / Mai 2016

DIE WICHTIGSTEN VERANSTALTUNGEN AUF EINEN BLICK Ihr persönlicher Navigator für Premieren, Konzerte und Festivals

18.03. MAGDEBURG THEATER Die Andere / S. Corbett 18.03. GERA BÜHNEN DER STADT Rübezahl und der Sackpfeifer von Neiße / H. Sommer 18.03. BERLIN STAATSOPER IM SCHILLER THEATER Orfeo ed Euridice / C. W. Gluck 18.03. WIEN (A) THEATER AN DER WIEN Agrippina / G. F. Händel 19.03. BADEN-BADEN FESTSPIELHAUS Tristan und Isolde / R. Wagner 19.03. BERLIN DEUTSCHE OPER, Ein Stück vom Himmel / N. N. Hierro 19.03. CHEMNITZ THEATER Die Meistersinger von Nürnberg / R. Wagner 19.03. ESSEN AALTO-MUSIKTHEATER Elektra / R. Strauss 19.03. LINZ (A) LANDESTHEATER Pelléas et Mélisande / C. Debussy 19.03. STUTTGART STAATSTHEATER Hoffmanns Erzählungen / J. Offenbach 20.03. BADEN-BADEN FESTSPIELHAUS Il mondo della luna / J. Haydn 20.03. BERLIN KOMISCHE OPER Der Vampyr / H. Marschner 24.03. ERFURT THEATER Gutenberg / V. D. Kirchner 24.03. ULM THEATER Lohengrin / R. Wagner 27.03. FRANKFURT OPER Messiah / G. F. Händel 01.04. BERLIN KOMISCHE OPER Heute Nacht oder nie / K. Tietje 02.04. BADEN (A) STADTTHEATER Don Giovanni / W. A. Mozart 02.04. BASEL (CH) THEATER Romeo und Julia / B. Blacher 02.04. BREMEN THEATER Maria Stuarda / G. Donizetti 02.04. GIESSEN STADTTHEATER Gegen die Wand / L. Vollmer 03.04. FRANKFURT OPER Radamisto / G. F. Händel 03.04. NÜRNBERG STAATSTHEATER Les indes galantes / J.-P. Rameau 03.04. ZÜRICH (CH) OPERNHAUS Macbeth / G. Verdi 03.04. SALZBURG (A)

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HEIDELBERGER FRÜHLING

Thomas Hampson

Foto: Dario Acosta

PREMIEREN

2. bis 30. April

Mit einem inspirierenden Programm feiert der Heidelberger Frühling sein zwanzigjähriges Bestehen. Intendant und Mitbegründer Thorsten Schmidt versammelt dafür die Künstler, die dem Festival seit Langem verbunden sind. Thomas Hampson und der Pianist Wolfram Rieger eröffnen die Reihe Neuland.Lied. Sie widmen sich Vertonungen aus Des Knaben Wunderhorn, jener Sammlung, die Achim von Arnim und Clemens Brentano einst in Heidelberg zusammenstellten. Schmidt betont die prägende Rolle des Liedes auch im Festival. Der Countertenor Andreas Scholl stellt neben englischen Liedern des 17. Jahrhunderts elektronische Ummantelungen und Verfremdungen alter Gesänge vor. Angeregt von der Vorstellung einer Einheit der Künste, die unterschiedliche Ausdrucksformen einer großen Idee seien, strebt Schmidt nach genre­ übergreifenden Konzertformaten und ungewöhnlichen Verbindungen von Wort, Bild und Ton. „Szenen der Frühe“ über die Heidelberger Zeit Robert Schumanns ist ein musikalisch-szenisches Projekt für Sänger, Tänzer und Musiker. Die Kammermusikreihe „Standpunkte“ eröffnet mit dem Pianisten Igor Levit, dem Klarinettisten Jörg Widmann und dem Irish Chamber Orchester. Fazıl Say spielt mit den Heidelberger Sinfonikern sein Klavierkonzert Silk Road sowie seine Goethe-Lieder. Jörg Widmann und Markus Uhl an der Orgel widmen sich Olivier Messiaens Gesang der Vögel sowie Widmanns Komposition Drei Schattentänze. Und bevor man in den Mai tanzt, unternehmen Thomas Hampson und der Perkussionist Martin Grubinger eine musikalische Reise durch das 20. Jahrhundert amerikanischer Musikliteratur. Heidelberg, verschiedene Spielorte, 2. bis 30.4., www.heidelberger-fruehling.de

LANDESTHEATER Il turco in Italia / G. Rossini 05.04. MÜNCHEN CUVILLIÉSTHEATER Albert Herring / B. Britten 08.04. LÜBECK THEATER I Capuleti e i Montecchi / V. Bellini 09.04. BERLIN STAATSOPER IM SCHILLER THEATER Mario und der Zauberer / S. Oliver 09.04. DORTMUND OPERNHAUS Peter Grimes / B. Britten 09.04. FREIBURG THEATER Kaspar Hauser / H. Thomalla 09.04. LINZ (A) LANDESTHEATER Into the Woods / S. Sondheim 10.04. AACHEN THEATER Die Entführung aus dem Serail / W. A. Mozart 14.04. BERLIN NEUKÖLLNER OPER Iris Butterfly / P. Mascagni 14.04. BERN (CH) THEATER Pagliacci / L. Leoncavallo 15.04. BRAUNSCHWEIG STAATSTHEATER La Falena / A. Smareglia 15.04. DARMSTADT STAATSTHEATER La Calisto / F. Cavalli 15.04. DÜSSELDORF OPERNHAUS Der goldene Hahn / N. Rimski-Korsakow 16.04. AUGSBURG THEATER Lady Macbeth von Mzensk / D. Schostakowitsch 16.04. BERN (CH) THEATER L’occasione fa il ladro / G. Rossini 16.04. COTTBUS STAATSTHEATER Don Carlo / G. Verdi 16.04. HANNOVER STAATSOPER Der Traumgörge / A. Zemlinsky 16.04. MANNHEIM NATIONALTHEATER Der Golem / B. Lang 16.04. MAINZ STAATSTHEATER Der fliegende Holländer / R. Wagner 17.04. BONN THEATER Madama Butterfly / G. Puccini 17.04. WEIMAR NATIONALTHEATER My fair lady / F. Loewe 18.04. WIEN (A) TH. AN DER WIEN Capriccio / R. Strauss 22.04. BRAUNSCHWEIG STAATSTHEATER Orlando / P. Aderhold www.crescendo.de

April – Mai 2016


Ab 3. April

Fotos: Gabriela Malerba; Denis Pernath; Gert Kiermeyer; Daniel Häker; Matthias Krueger; Atelier; Conrad Schmidt; Molina Visuals; Jan Northoff; Stefan Simonsen; Laurent Philippe; DEAG; Ben Ealovega; Marco Borggreve; Gregory Batardon; Ulli Weiss / Pina Bausch Foundation

MÜNCHEN BALLETTFESTWOCHEN Das Bayerische Staatsballett eröffnet seine BallettFestwochen mit einer besonderen Premiere. Zum ersten Mal wird ein Tanztheaterstück von Pina Bausch von einem anderen Ensemble als den Originalinterpreten getanzt. Für Kinder von gestern, heute und morgen setzt sich zusammen aus zahlreichen Tanz­vignetten, die Gefühle des Kindseins erwecken. Eineinhalb Jahre probte das ­B ayerische Staatsballett, geleitet von Ruth Amarante sowie Daphnis Kokkinos und Azusa Seyama, die viele Jahre mit Pina Bausch arbeiteten. Im Anschluss an die Premiere ist auch das Publikum zum Tanz eingeladen. In Kombination mit einem Premierenticket kann ein Ticket für die Tanznacht im Foyer und auf dem Parkett des Königssaals erworben werden. München, Nationaltheater, 3. (Premiere), 4. und 8.4., 10., 13. und 23.5. sowie 10., 27. und 29.6., www.staatsoper.de

19. März bis 2. April

SCHLOSS ELMAU ­HIGHLIGHTS AN OSTERN Schloss Elmau bietet seit hundert Jahren Konzerte und Gespräche mit großen Künstlern. Die Nähe zu ihnen, die man im Kaminzimmer, in der Bibliothek oder im Wintergarten treffen kann, schätzen die Hotelgäste bis heute. Der Cellist ­Gautier Capuçon (Foto) und der Pianist Frank Braley stellen an zwei Abenden alle Sonaten Beethovens vor, während der Posaunist Nils Landgren mit Musikerfreunden einen Jazz-Abend gestaltet. Am Karfreitag gibt es den Film Die Wand mit Martina Gedeck in der Titelrolle. Die Schauspielerin ist auch in der musikalischen Lesung von Karen Blixens Novelle Babettes Fest zu erleben. Der schwedische Autor David Lagercrantz liest aus seiner Fortsetzung von Stieg Larssons Millennium-Trilogie Verschwörung. Und mit meditativer Musik führen der Multi-Instrumentalist Ablaye ­Cissoko und der Trompeter Volker Goetze durch einen klang­poetischen Abend. Schloss Elmau, 19.3. bis 2.4., www.schloss-elmau.de

3. bis 14. Mai

AUGSBURG INTERNATIONALER VIOLINWETTBEWERB LEOPOLD MOZART Zu Ehren des Pädagogen Leopold Mozart findet in dessen Heimatstadt Augsburg alle vier Jahre der Internationale Violinwettbewerb Leopold Mozart statt. Vision des Wettbewerbs ist es, eine enge Verbindung zur nächsten Generation aufzubauen. In den ersten Runden kann man bei freiem Eintritt zuhören. Für das Semifinale und das Finale mit dem Münchner Rundfunkorchester sowie das Kammerkonzert und das Orchesterkonzert mit den Preisträgern können Karten erworben werden. Augsburg, verschiedene Spielorte, 3. bis 14.5., www.leopold-mozart-competition.de

1. Mai

HAMBURG CANDIDE „Eine Liebeserklärung an die europäische Musik“ nannte der Dirigent, Komponist und Pianist ­Leonard Bernstein seine Oper Candide. In der Tat enthält die Partitur traditionelle Tänze wie Gavotte, Mazurka und Polka sowie Zitate aus der Belcanto-Oper. Auch das Sujet ist der europäischen Geistesgeschichte entnommen. Es ­basiert auf einer Satire des französischen Philosophen Voltaire, der zur Zeiten der Aufklärung mit schwarzem Humor die These seines Kollegen

22.04. HOF THEATER Einstein – Das Musical / Kanyar & Scheel 23.04. BERLIN STAATSOPER IM SCHILLER THEATER Amor vien dal destino / A. Steffani 23.04. DUISBURG THEATER Die Schneekönigin / M. F. Lange 24.04. FRANKFURT OPER Das schlaue Füchslein / L. Janáček 24.04. HOF THEATER Die menschliche Stimme / F. Poulenc 24.04. STUTTGART STAATSTHEATER Reigen / P. Boesmans 27.04. ERFURT THEATER Macbeth / G. Verdi 28.04. WIEN (A) STAATSOPER Turandot / G. Puccini 29.04. DESSAU ANHALTISCHES THEATER Der wunderbare Mandarin / Herzog Blaubarts Burg / B. Bartók 29.04. DRESDEN STAATSOPERETTE Die lustige Witwe / F. Lehár 30.04. BERLIN DEUTSCHE OPER Chemo Brother / E. Veniadis 30.04. HALLE OPER Così fan tutte / W. A. Mozart 30.04. LEIPZIG OPER Götterdämmerung / R. Wagner 01.05. DRESDEN SEMPEROPER Mathis der Maler / P. Hindemith 07.05. MAGDEBURG THEATER Die lustigen Weiber von Windsor / O. Nicolai 07.05. KIEL THEATER Orpheus und Eurydike / C. W. Gluck 07.05. ZÜRICH (CH) OPERNHAUS Orlando Paladino / J. Haydn 07.05. WÜRZBURG MAINFRANKEN THEATER Der Steppenwolf / Viktor Åslund 08.05. ZÜRICH (CH) OPERNHAUS Pelléas et Mélisande / C. Debussy 16.05. MÜNCHEN STAATSOPER Die Meistersinger von Nürnberg / R. Wagner 20.05. BREMEN THEATER Werther / J. Massenet 21.05. BERLIN DEUTSCHE OPER Jewels / G. Fauré, I. Strawinsky und P. I. Tschaikowsk (Ballett) 21.05. LÜBECK THEATER Attila / G. Verdi 21.05. SALZBURG (A) LANDESTHEATER Stormy Interlude / M. Brand 22.05. ALTENBURG LANDESTHEATER Der Freischütz / C. M. v. Weber 22.05. BERLIN KOMISCHE OPER Geschichten aus dem Wiener Wald / HK Gruber 22.05. BERN (CH) THEATER Hanjo / T. Hosokawa 22.05. DORTMUND OPERNHAUS Ronja Räubertochter / J. Arnecke 23.05. KASSEL STAATSTHEATER Die tote Stadt / E. W. Korngold 26.05. LINZ (A) LANDESTHEATER Terra Nova oder das weiße Leben / M. Eggert 27.05. AUGSBURG THEATER Der Liebestrank / G. Donizetti 27.05. DESSAU ANHALTISCHES THEATER Lakmé / L. Délibes (konzertant)

KÜNSTLER L’ACHÉRON 12.05. Rougemont (CH), Kirche Saint-Nicolas 15.05. Regensburg, Reichssaal

KENNY BARRON TRIO 24.03. Fribourg (CH), La Spirale 25.03. Fribourg (CH), La Spirale

KHATIA BUNIATISHVILI 05.04. Regensburg, Audimax 07.04. München, Prinzregententheater 25.04. Wien (A), Musikverein

VIOLAINE COCHARD 15.05. Melk (A), Stift Melk 20.05. Hannover, Herrenhausen Orangerie 21.05. Hannover, Herrenhausen Orangerie

PABLO HERAS-CASADO 11.04. Berlin, Philharmonie 12.04. Berlin, Konzerthaus

DELIAN::QUARTETT 13.03. Velbert, EventKirche 30.04. Kassel, documenta-Halle 01.05. Kassel, documenta-Halle 05.05. Aschaffenburg, Festsaal Park Schönbusch 08.05. Wolfratshausen, Loisachhalle 10.05. Göppingen, Stadthalle 20.05. Andernach, Burg Namedy 21.05. Andernach, Burg Namedy 22.05. Andernach, Burg Namedy

SABINE DEVIEILHE 24.03. Köln, Philharmonie

PETER DIJKSTRA / CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS 22.04. München, Herkulessaal 23.04. Baden-Baden, Festspielhaus

JULIA FISCHER 13.03. München, Prinzregententheater 03.05. Wolfsburg, FreiRaum 04.05. Landau, Jugendstil-Festhalle 05.05. Boswil (CH), Alte Kirche 06.05. Riehen (CH), Landgasthof 08.05. Hohenems (A), Markus-Sittikus-Saal

AIDA GARIFULLINA 13.03. Wien (A), Staatsoper 16.03. Wien (A), Staatsoper 18.03. Wien (A), Staatsoper

DANIEL HOPE 12.03. Frankfurt, Alte Oper 13.03. Magdeburg, Johanniskirche 14.04. Zürich (CH), Tonhalle 17.04. Bielefeld, Rudolf-Oetker-Halle 18.04. Münster, Universität 22.04. Berlin, Konzerthaus 24.04. Berlin, Konzerthaus 27.04. Berlin, Konzerthaus 12.05. Tuttlingen, Stadthalle 14.05. Dresden, Martin-Luther-Kirche 16.05. Basel (CH), Martinskirche 17.05. Baden-Baden, Festspielhaus 19.05. Dornbirn (A), Kulturhaus

JANINE JANSEN 26.03. Baden-Baden, Festspielhaus

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E R L E B E N

AMIR KATZ

Ab 7. April

16.04. München, Allerheiligen-Hofkirche

KINOSTART „EIN LETZTER TANGO“

JONAS KAUFMANN 21.03. Berlin, Philharmonie 06.04. Essen, Philharmonie 09.04. Wien (A), Staatsoper 13.04. München, Philharmonie 16.04. Wien (A), Staatsoper 16.05. München, Staatsoper 22.05. München, Staatsoper 26.05. München, Staatsoper 29.05. München, Staatsoper

MARIA MARKESINI FEAT. KLAZZ-BROTHERS 23.04. Bad Lauchstädt, Goethe Theater

SABINE MEYER Foto: Gabriela Malerba

12.04. Heidelberg, Stadthalle 13.05. Lübeck, Musikhochschule

NILS MÖNKEMEYER 13.03. Hamburg, Laeiszhalle 14.03. Hamburg, Laeiszhalle 16.03. Heidelberg, Stadthalle 17.03. Lindau, Kirche St. Stephan 23.03. Reutlingen, Stadthalle 10.04. Flörsheim, St.-Gallus-Kirche 12.04. Heidelberg, Stadthalle 16.04. Suhl, Congress Centrum 17.04. Leipzig, Gewandhaus 20.04. Nürnberg, Meistersingerhalle 03.05. Wolfsburg, FreiRaum 04.05. Landau, Jugendstil-Festhalle 05.05. Boswil (CH), Alte Kirche 06.05. Riehen (CH), Landgasthof 08.05. Hohenems (A), Markus-Sittikus-Saal 11.05. Zürich (CH), Tonhalle 12.05. Zürich (CH), Tonhalle 13.05. Zürich (CH), Tonhalle 26.05. Bremen, Die Glocke

Sie waren das Vorzeigepaar des argentinischen Tangos. María Nieves und Juan Carlos Copes lebten über fünfzig Jahre eine leidenschaftliche Hassliebe. Als Teenager begegneten sie einander zum ersten Mal. Gemeinsam brachten sie den außerhalb Argentiniens unbekannten Tango Argentino von schummrigen Clubs in Buenos Aires auf die großen Theaterbühnen der Welt. In dem von Wim Wenders produzierten cineastischen Werk „Ein letzter Tango“ porträtiert der Regisseur German Kral das Künstlerpaar. Für einen letzten Tango brachte er die beiden nach langem Schweigen noch einmal zusammen. Sie erzählen ihre Geschichte, während eine Gruppe der besten Tangotänzer und Choreografen von Buenos Aires ihnen zuhört, um die bewegendsten und dramatischsten Momente in Tango-Choreografien wieder aufleben zu lassen. Der Komponist und Gitarrist ­Luis Borda schuf mit dem Orchester Sexteto Mayor die Musik dazu. Entstanden ist eine berührende Liebeserklärung an den Tango, die Leidenschaft und das Leben. Auf dem Filmfestival in Toronto feierte „Ein letzter Tango“ seine Weltpremiere. Er wurde auf dem Filmfes­tival Mar del Plata gezeigt und erfuhr auf den Hofer Filmtagen seine Deutschlandpremiere. Jetzt kommt er in die deutschen Kinos. Verschiedene Städte und Spielorte, ab 7.4., www.kino.de Leibniz widerlegen wollte, wir würden in der besten aller möglichen Welten leben. Im Rahmen des Internationalen Musikfestes Hamburg kommt das Werk in einer halbszenischen Einrichtung von Klaus Ortner zur Aufführung. Jeffrey Tate steht am Pult der Hamburger Symphoniker und der Europachorakademie. Isabel Karajan führt mit Zwischentexten von Loriot durch den Abend. Hamburg, Laeiszhalle, 1.5., www.musikfest-hamburg.de

Ab 29. Mai

NÜRNBERG RIGOLETTO La donna è mobile wurde zu einer von Verdis bekanntesten Melodien. Die Fülle an herrlicher Musik, die der Opernkomponist dem Herzog von Mantua zu singen gab, machte diesen zu einer Tenorrolle par excellence. Zugleich schuf er mit dem oberflächlichen und bösartigen Höfling Rigoletto, der sich als liebender Vater seiner schönen Tochter entpuppt, eine der großen Charakterrollen. Das Staatstheater Nürnberg bringt das grandiose Werk in einer Neuinszenierung auf die Bühne. In Szene gesetzt wird es von Verena Stoiber und der Bühnengestalterin Sophia Schneider, die beim Internationalen Wettbewerb für Regie und Bühnengestaltung Ring Award 2014 nahezu alle Preise für sich entscheiden konnten. Am Pult

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steht der Nürnberger Generalmusikdirektor Marcus Bosch. Nürnberg, Opernhaus, 29.5. (Premiere), 7., 17., 26. und 30.6., www.staatstheater-nuernberg.de

JULIAN STECKEL

3. Mai

LUDWIGSHAFEN SKLAVENWEGE DURCH DIE WELT Jordi Savall, der spanische Meister der Alte-Musik-Szene, überrascht erneut mit einem aufwühlenden Projekt. „Sklavenwege durch die Welt“ versammelt Künstler aus den Kontinenten, die am Sklavenhandel mit Schwarzafrikanern beteiligt waren. Savall hat Klagelieder, Kriegsgesänge und Trommelklänge aus Mali, Madagaskar, Kolumbien und Mexiko zusammengestellt. Beginnend bei den ersten Chroniken von 1444 bis zu den Worten Martin Luther Kings, kombiniert er sie mit historischen Texten über die Sklaverei. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft der UNESCO und ist mit den Ensembles Hespèrion XXI und La Capella Reial de Catalunya sowie Künstlern des Elektronikfestivals PUNKT erstmals in Deutschland zu hören. Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus, 3.5., www.standort-ludwigshafen.basf.de

12.03. Weingarten, Kongresszentrum 13.03. Mannheim, Rosengarten 14.03. Pirmasens, Festhalle 15.03. Remagen, Arp Museum Bahnhof 17.03. Wien (A), Musikverein 20.03. Kiel, Schloss 21.03. Kiel, Schloss 03.04. Heidelberg, Theater Alter Saal 16.04. Schloss Elmau 18.04. Nürtingen, Kreuzkirche 21.04. Oldenburg, Ehemaliger Landtag 02.05. Schwerin, Staatstheater 03.05. Schwerin, Staatstheater 04.05. Schwerin, Staatstheater 08.05. Fürth, Stadttheater

KRZYZSTOF URBAŃSKI 17.03. Hamburg, Laeiszhalle 19.03. Lübeck, Kongresshalle 20.03. Hamburg, Laeiszhalle

TIANWA YANG 13.03. Berne, St. Marienkirche 17.04. Heidelberg, Universität 24.04. Köln, Philharmonie 25.04. Köln, Philharmonie 26.04. Köln, Philharmonie 29.04. Cottbus, Staatstheater 01.05. Cottbus, Staatstheater

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April – Mai 2016


23. April

Fotos: Gabriela Malerba; Denis Pernath; Gert Kiermeyer; Daniel Häker; Matthias Krueger; Atelier; Conrad Schmidt; Molina Visuals; Jan Northoff; Stefan Simonsen; Laurent Philippe; DEAG; Ben Ealovega; Marco Borggreve; Gregory Batardon; Ulli Weiss / Pina Bausch Foundation

DRESDEN 800 JAHRE KREUZCHOR Mit keinem Werk lässt sich das Jubiläum des traditionsreichen, altehrwürdigen Kreuzchores angemessener feiern als mit Beethovens monumentaler Missa solemnis, uraufgeführt 1824 - damals war der Chor bereits über 600 Jahre alt. Heute sind die 130 Kruzianer Mitglieder eines der ältesten Knabenchöre der Welt. Im Jubiläumskonzert „800 Jahre Kreuzchor“ in Anwesenheit von Bundespräsident Joachim Gauck wirken unter der Leitung von Kreuzkantor Roderich Kreile die Solisten Camilla Nylund, Gerhild Romberger, Martin Petzold und Jochen Kupfer sowie das Vocal Concert Dresden und das Freiburger Barock­orchester mit. Dresden, Kreuzkirche, 23.4., www.kreuzchor.de

21. März

MÜNCHEN U21 – KLASSIK UNDERGROUND Das wöchentliche Magazin U21 im Bayerischen Rundfunk stellt jungen, aufstrebenden Musikern klassischer Musik ein Forum zur Verfügung. Einmal im Monat verlässt das Team für seine Sendung sein Studio. Dann nennt sich das Magazin „U21 – Klassik Underground“, und die RadioShow wird live aus dem Münchner Milla Club gesendet. Zu Gast im März ist das PODIUM Festival aus Esslingen, ein 2009 gegründetes „community festival“ klassischer Musik. Es bringt Mela mit, Vorarlbergs singende und Cello spielende Rose, und das Crazy Duo, in dem der Geiger Jakob Encke (Foto) und der Cellist Leonard Disselhorst (Foto) wilde Kammermusik spielen. Besucher dürfen sich auf eine Crossover-Performance mit verrückten Arrangements und beeindruckenden Klangeffekten freuen. München, Milla Club, 21.3., www.milla-club.de

BAYERISCHES STAATSBALLETT Aus Leidenschaft! Premiere Für die Kinder von gestern, heute und morgen. Ein Stück von Pina Bausch Uraufführung The Passenger – Zu Gast: DanceWorks Chicago, Het Nationale Ballet Amsterdam, Junior Company, Bayerisches Staatsballett II, Terpsichore-Gala XII – Für Ivan Liška, Paquita, Die Kameliendame, Le Corsaire, Once Upon An Ever After / Choreartium, Das Triadische Ballett / Le Sacre du printemps, Onegin, Sinfonie in C / In the Night / Adam is, Tanznacht Aus Leidenschaft!, Symposium Das hat nicht aufgehört, mein Tanzen BallettFestwochen 2016 03.–19. April

T 089 21 85 1920 www.staatsballett.de

26. Mai bis 13. Juni

TOURNEE, BEETHOVEN! THE NEXT LEVEL Khaled Chaabi ist der beste und beeindruckendste Breakdancer Deutschlands. Er kann sich wie ein menschlicher Kreisel fünfzigmal im Kopfstand um die eigene Achse drehen, ohne dabei die Hände aufzusetzen. In der neuen Produktion von Christoph Hagel stellt er Beethoven gehörig auf den Kopf. Hagel ist bekannt für sein Geschick, Komponenten zusammenzubringen, die bisher als nicht vereinbar galten. Beet­hoven und Breakdance scheint eine ähnlich unvereinbare Kombination. Aber Hagel gestaltet aus Beethovens Leben zwischen Erfolg und Absturz eine atemberaubende Urban-Dance-Show. In der Klaviersonate Appassionata verkörpert Khaled Chaabi die Abgründe des Komponisten, während die Ballerina Yui Kawaguchi als Gegenpol im Nirwana der letzten Sonate erscheint. Verschiedene Städte und Spielorte, 26.5. bis 13.6., www.deag.de

19. März

PUCCINI

LA FANCIULLA DEL WEST

BONN PREISTRÄGERKONZERT Wer die Klassikstars von morgen erleben möchte, dem bietet das Preisträgerkonzert des Deutschen Musikwettbewerbs eine wunderbare Gelegenheit. Der vom Deutschen Musik­rat jährlich abgehaltene Wettbewerb ist ein Förderprojekt und der wichtigste Wettbewerb für junge Musiker an der Schwelle von der Ausbildung zum Beruf. Erfolgreiche Absolventen kommen in den Genuss eines umfangreichen Förderprogramms, das auch die Vermittlung an Musikfestivals und Konzertreihen umfasst. Mehr als 230 Anmeldungen gingen in diesem Jahr ein. Nach einer zweiwöchigen Auswahl werden am Tag vor dem Abschlusskonzert die Preisträger bekanntgegeben. Bonn, Beethovenhalle, 19.3., www.musikrat.de

Die Neuproduktion als Wild-West-Oper live aus der Mailänder Scala Nur am 10. Mai um 20 Uhr auf der großen Kinoleinwand Mehr Infos zu allen Terminen und Tickets unter: www.UCI-KINOWELT.de oder über die UCI Apps

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Foto: Felix Feistel

E R L E B E N

Countertenor Jochen Kowalski wird als Sprecher in Peter und der Wolf auftreten

VON BACH BIS BASELITZ Ursprünglich lag der Fokus auf Alter Musik, doch inzwischen ist Soli Deo Gloria ein epochenübergreifendes Festival, das auch den Bezug zu den anderen Kunstdisziplinen sucht. VON JASMIN GOLL

Johann Sebastian Bach, Luciano Berio und Georg Baselitz – was „Kunst+Musik – eine Begegnung“ betrachten sie das Werk Bachs aus haben der wohl bekannteste deutsche Barockkomponist, ein italie- einer neuen Perspektive. Violinist Kolja Blacher und Cellist Jens-Peter Maintz machen nischer Avantgarde-Komponist und ein deutscher Gegenwartskünstler gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht mehr als den am 21. Mai im Schafstall Bisdorf den Anfang. Sie präsentieren Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens. Doch genau solche unge- Werke von Bach und Luciano Berio, der mit seinen Sequenzen das wöhnlichen Kombinationen machen dieses Jahr Soli Deo Gloria – Ausdrucksspektrum der Instrumente zu erweitern versuchte. Dazu zeigt der Gegenwartskünstler Georg Baselitz seine Kunstwerke. Der Braunschweig Festival aus. Von Beginn an sollten Werke von Vivaldi, Händel, Purcell und Vertreter des Neo-Expressionismus tat sich bisher vor allem dadurch insbesondere von Bach den Kern des Programms bilden. Mit dem hervor, dass er mit seinen Werken immer wieder aufs Neue provoGrundgedanken initiierten Sir John Eliot Gardiner und Günther zierte und das Verhältnis von Realität und Kunst neu hinterfragte. Graf von der Schulenburg das Festival, das 2006 erstmals veranstal- Seit Ende der Sechzigerjahre sind seine auf den Kopf gestellten tet wurde. Freunde Alter Musik kamen dabei sicherlich auf ihre Gemälde zu seinem Markenzeichen geworden. Graf von der SchuKosten, doch ab 2012 gingen Gardiner und Graf von der Schulen- lenburg hat eine enge Verbindung zum Künstler. Der künstlerische burg neue Wege. Das Repertoire beschränkte sich von nun an nicht Leiter des Festivals sammelt selbst Werke von ihm, und Baselitz ist sogar der Patenonkel seiner Tochter. mehr nur auf das 17. und 18. Jahrhundert. SOLI DEO GLORIA Schulenburg hält an Traditionen fest, Behutsam erweiterten sie das Programm um 21. Mai bis 15. Juni fährt aber auch in vieler Hinsicht einen Chopin, Beethoven und Mozart, und jetzt Informationen und Kartenservice: neuen Kurs: Am 12. Juni führt das Festival wagen sie sich in die Moderne vor. Doch nicht Tel.: +49-(0)30 - 67 80 111 in Braunschweig mit Peter und der Wolf die nur mit ihren grenzüberschreitenden musikakarten@solideogloria.de Tradition der Familienkonzerte fort. Das lischen Kombinationen, sondern vor allem www.solideogloria.de musikalische Märchen dient oftmals dazu, mit der interdisziplinär aufgestellten Reihe 38

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April – Mai 2016


LfA Förderbank Bayern präsentiert

CARMINA BURANA MEETS HAINDLING Freitag, g 24. Juni 2016, 20.00 Uhr | München, Philharmonie im Gasteig g S g 25. 25 Juni J i 2016 00 Uhr Uh | Andechs, A d h Florianstadl Fl i dl Samstag, 2016, 19 19.00

Fotos: Elia Roman; Dario Acosta

7.. Orff 7 Orf O Orff-Tage rff-Tage fff Tage Tage ge de d rB der Bayerischen i h n Philh P Phil Philharmonie hilhar harmon armonie monie iie HAINDLING Solisten, n Chöre Chöre, Ensembles und Kammerorchester der Bayerischen y Philha Philharmonie

Münchener Biennale: in «Crescendo» Mark M k Anzeige Mast M Dirigent Di ig und dG Gesamtleitung l i g 1/4 Seite, Hochformat: 90x126mm www.bayerische-philharmonie.de www bayerische philharmonie de Status: Printfile/Nachtrag >p freigegeben KB V-2 München: 69 / 59 / 49 4 / 39 / 32 / 24 € €, ermäßigt 50 % | Andechs: 62 / 52 / 42 / 32 / 25 2 €, ermäßigt 50 % Müller+Hess_160216/17 Telefon +49 89 9 120 220 320 | info@bayerische-philharmonie.de info@bayerische-philharmonie de | www www.muenchenticket.de muen

Isabel Karajan

Pisaroni und Hampson

OmU

einem jungen Publikum die Orchesterinstrumente vorzustellen. Das Werk wird allerdings nicht in seiner üblichen Fassung gespielt, sondern wurde fürs Akkordeon arrangiert. Unter der Leitung von Udo Menkenhagen spielt das fünfstimmige AkkordeonOrchester schon seit vielen Jahren Bearbeitungen großer Orchesterwerke für seine Besetzung. Dabei versucht es nicht nur, dem Akkordeon als Instrument einen neuen Anstrich zu verpassen, sondern auch die Werke an sich in einem neuen Licht zu präsentieren. Jochen Kowalski, Countertenor und Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin, übernimmt die Rolle des Sprechers. Durch diese neuen Kombinationen wird die Musik – nicht nur die von Bach – neu hinterfragt und beleuchtet. Das müssen nicht nur gewagte musikalische Zusammenstellungen oder ungewöhnliche Bearbeitungen sein. Das Festival verlässt auch öfter die konventionellen Spielstätten und lässt sich für das Familienkonzert im Braunschweiger Haus der Wissenschaft nieder, das schon seit zehn Jahren als Plattform für den Austausch der Wissenschaften über Fächergrenzen hinweg gilt. Dass das Festival die Städte als Aufführungsorte von einer neuen, anderen Seite zeigt, beweist die Aufführung am 3. Juni. Nachdem in Goslar seit 2012 keine Konzerte des Festivals mehr stattfanden, präsentiert sich die Kleinstadt nun umso spektakulärer: Das Bergwerk Rammelsberg dient als Kulisse für die szenische Collage Fräulein Tod trifft Herrn Schostakowitsch. Künstlerische Leitung: Das Stück wurde 2014 bei den Internationalen SchostakowitschDaniel Ott und Manos Tsangaris Tagen Gohrisch uraufgeführt und thematisiert die Angst, die sowohl Schostakowitschs Leben als auch das seiner Zeitgenossen Veranstalter: Kulturreferat der Landeshauptstadt München maßgeblich prägte. Klaus Ortner setzt das Werk mit der Schauspiein Zusammenarbeit mit Spielmotor München e.V. lerin Isabel Karajan in Szene. Die Aufführungen werden dabei von Pianist Jascha Nemtsov und dem Atrium Quartett kammermusikalisch untermalt. Während das Festivalprogramm einerseits mit viel Neuem 17.02.16 aufwartet, präsentieren Thomas Hampson und Luca Pisaroni sowieMB_ANZ_Crescendo_90x126_pf_160217.indd 1 Christian Koch am Klavier mit Arien von Verdi und Mozart Wohlbekanntes. Dieses Gala-Konzert am 4. Juni wird wieder in einer altbekannten Spielstätte stattfinden: dem Theater Wolfsburg. Auch am 8. Juni beruft sich Soli Deo Gloria wieder ganz auf seine Wurzeln, wenn Viktoria Mullova, die bereits 2007 und 2012 beim Festival auftrat, für vier Werke von Bach, die ihr persönlich sehr am Herzen liegen, zur Geige greift. Sie musiziert zusammen mit der AccadeDonnerstag 26. Mai 2016, 20:00h mia Bizantina im Lessingtheater Wolfenbüttel. Am 15. Juni dirigiert Sir John Eliot Gardiner Johann Sebastian Freitag 27. Mai 2016, 16:30h Samstag 28. Mai 2016, 19:00h Bachs Matthäus-Passion und wird zusammen mit den English Freitag 27. Mai 2016, 20:00h Sonntag 29. Mai 2016, 11:00h Baroque Soloists und dem Monteverdi Choir im Kaiserdom Königslutter den Abschluss des Festivals zelebrieren. Hoffentlich steht das Samstag 28. Mai 2016, 14:00h Sonntag 29. Mai 2016, 15:00h Publikum angesichts dieser Klanggewalt am Ende nicht Kopf wie www.dein-lied.com Intendant: Christoph von Weitzel Baselitz’ Gemälde. n

Original mit Untertiteln 28.5.—9.6.2016

MÜNCH—N—R BI—NNAL— F—STIVAL FÜR N—U—S MUSIKTH—AT—R muenchenerbiennale.de

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22.02.16 17:46


Foto: Marco Borggreve

E R L E B E N

Andris Nelsons, Musik-Direktor des Boston Symphony Orchestra, in der berühmten Bostoner Symphony Hall

GRAMMY-GLAMOUR AUF TOUR Das Boston Symphony Orchestra ist wieder einmal mit dem höchsten Musikpreis ausgezeichnet worden. Ab Mai hat man in Deutschland Gelegenheit, das Ausnahmeorchester zu erleben. VON JULIA HARTEL

Es war das Ergebnis einer brandneuen Kooperation und brachte Levine geleitet. Seit 1937 beziehen die Musiker jedes Jahr ihre Somprompt einen Grammy ein: das Album Schostakowitsch „Under merresidenz im rund zweieinhalb Autostunden westlich gelegenen Stalin’s Shadow – Symphony No. 10“. Als erstes Gemeinschaftswerk Tanglewood, wo sich das Tanglewood Music Center befindet und des Boston Symphony Orchestra (BSO) unter Andris Nelsons mit der Klangkörper alljährlich für inzwischen über 350.000 Besucher der Deutschen Grammophon wurde die CD – die Liveaufnahme das weltbekannte Tanglewood Festival mitgestaltet. Von der Mitte eines Konzerts vom April 2015 in der Bostoner Symphony Hall – des 20. Jahrhunderts an startete das BSO zudem regelmäßige KonMitte Februar bei der Preisverleihung in Los Angeles für die beste zerttouren in die ganze Welt; so steht auch für Mai 2016 wieder Orchesterdarbietung ausgezeichnet. Auch die Presse bejubelte die eine Europatournee auf dem Kalender (3. bis 12. Mai). Gemeinsam mit Andris Nelsons ist das Orchester mit Gustav Produktion für ihre detailgenaue, sorgfältige Ausarbeitung; zwischen Orchester und Dirigent stimme einfach die Chemie. Letzterer Mahlers Sinfonie Nr. 9 D-Dur in Frankfurt, Leipzig, Dresden, Wien, stammt aus Lettland und leitet das BSO seit der Saison 2014/15, Hamburg und Luxemburg zu hören. Hierbei wird das Programm in der Dresdner Frauenkirche um das Kol Nidrei von Max Bruch (mit nach deren Ende sein Vertrag gleich bis 2022 verlängert wurde. Dabei war besagter Grammy keineswegs der erste für das seit Jan Vogler am Cello) erweitert. In Leipzig tritt das Ensemble erstmals im Gewandhaus auf – der informelle 1881 bestehende Orchester: Auf mittlerweile Auftakt zu dem geplanten neuen und vielfältisieben Exemplare der begehrten Trophäe BOSTON SYMPHONY LIVE gen Zusammenwirken des BSO mit dem kann das Ensemble bereits stolz sein. Im 3. bis 12. Mai Gewandhausorchester, dem Andris Nelsons Laufe seiner Geschichte wurde es unter andeFrankfurt, Leipzig, Dresden, München, Wien, Hamburg, Essen und Luxemburg. ab der Saison 2017/18, zusätzlich zu seinen rem von so namhaften Dirigenten wie Serge www.bso.org momentanen Aufgaben, als Kapellmeister Koussevitzky, Sir Colin Davis oder James 40

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April – Mai 2016


ÜBERHAUPT BESTEHT EINES DER ZENTRALEN ZIELE DES BSO DARIN, SEINE ANGEBOTE AUCH FÜR EIN JUNGES PUBLIKUM ATTRAKTIV ZU MACHEN

vorstehen wird. In Essen und München erklingt – passend zum Shakespeare-Jahr – Schostakowitschs Hamlet (Bühnenmusik) op. 32; dazu kommen die Werke Zdes horosho („Wie erhaben ist dieser Ort“) op. 21 Nr. 7 für Sopran und Klavier (Orchestrierung: Michael Rot) von Rachmaninow, Tatianas Briefszene aus der Oper Eugen Onegin op. 24 von Tschaikowsky (mit Sopranistin Kristine Opolais), Debussys La Mer und La Valse. Poème chorégraphique von Ravel. In Wien werden beide Programme gegeben. Kurz nach der Europatournee ist für Ende Mai die Veröffentlichung eines weiteren Schostakowitsch-Albums geplant – die Nummer zwei in einer Serie von Live-Aufnahmen, die das BSO in den kommenden Jahren in Zusammenarbeit mit der Deutschen Grammophon herausbringen will. Im Zentrum des Projekts stehen Werke, die der russische Komponist von der Mitte der Dreißigerjahre an bis zu Stalins Tod 1953 komponierte. Die im Mai erscheinende CD wird die Sinfonien Nr. 5, 8 und 9 enthalten. Eine weitere Partnerschaft zur Veröffentlichung seiner Interpretationen, und zwar über einen der neueren Verbreitungskanäle, ging das BSO 2015 mit Google Play Music ein: Zusammen mit anderen weltbekannten Orchestern rief es dort die Plattform „Classic Live“ ins Leben, auf der die beteiligten Ensembles bis zu vier Live-Aufnahmen pro Saison zum kostenpflichtigen Download anbieten können. Überhaupt besteht eines der zentralen Ziele des BSO darin, seine Angebote auch für ein junges Publikum attraktiv zu machen. Auf der Website des Orchesters kann man daher ebenfalls – zum Teil kostenlos – Rundfunkaufnahmen und ausgewählte Radio- und LiveAufführungen streamen, aber auch Podcasts, Interviews und sonstiges Informationsmaterial zum aktuellen Repertoire herunterladen. Hinzu kommen eine Gratis-App für Konzertbesucher und natürlich die Präsenz auf den einschlägigen Social-Media-Plattformen. Zusätzlich werden auch immer wieder zeitgemäße Formate geschaffen. Ein Beispiel hierfür bildet die Reihe „Casual Fridays“: In

diesen preislich vergünstigten Konzerten stehen Besuchern in entsprechend ausgewiesenen Bereichen des Saales moderne Tablet-Computer zur Verfügung, über die sie exklusiven Zugang zu Materialien rund um die jeweilige Aufführung, etwa Hintergrundtexte, Interview-Videos oder Partituren, erhalten. Über Videobildschirme ist der Dirigent aus der Sicht des Orchesters zu sehen; und nicht zuletzt sind die Zuhörer eingeladen, die Symphony Hall an diesen Abenden in legerer Kleidung zu besuchen. Konzepte wie diese entsprechen auch genau dem Anliegen des Dirigenten Andris Nelsons selbst. Der Austausch mit dem Publikum liegt ihm am Herzen, so wie für ihn auch beim Dirigieren die Interaktion mit Zuhörern und Orchester die entscheidende Rolle spielt. Berühren solle die Musik, formuliert er es in einem Gespräch mit dem BSO-Intendanten Mark Volpe; das gegenseitige Verstehen auf dieser Ebene habe etwas Mystisches an sich. Begeistert zeigt er sich über „seine“ Musiker: Die Arbeit mit ihnen habe Teamwork-Charakter, sie sei geprägt durch ein konstantes, respektvolles Geben und Nehmen. Auch er spricht dabei von einer besonderen „Chemie“. Und was wird das Jahr 2016 für das BSO und seinen Leiter Andris Nelsons außer der Europareise noch bringen? Weitere große Namen – und große Bühnen: In der diesjährigen Tanglewood-Saison von 19. Juni bis 1. September 2016 sind Auftritte mit verschiedensten Weltstars geplant: Joshua Bell, Renée Fleming und Yo-Yo Ma sind hierfür nur wenige Beispiele. Im Rahmen eines Mozart-Abends am 15. Juli 2016 wird das BSO auf Pinchas Zukerman treffen, der hier am Dirigentenpult sowie an der Solovioline zu erleben sein wird. Ab 2017 stehen, dann wieder mit Nelsons, drei Konzerte in der New Yorker Carnegie Hall an, unter anderem mit Sinfonien von Schostakowitsch und Beethoven und der Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Die nächsten großen Erfolge des Boston Symphony Orchestra dürften also nicht mehr lange auf sich warten lassen. n

Tanglewood, 19. Juni bis 1. September

Foto: Stu Rosner

Die Sommerresidenz des BSO Die Musikakademie „TangleDie diesjährige Saison in Tanglewood Music Center“ findet erneut wood nahe Boston wartet erneut mit den gesamten Sommer über statt. einem breiten Spektrum an KonzerHöhepunkte innerhalb dieser Reihe ten und Veranstaltungen des Boston werden die Aufführungen von Kurt Symphony Orchestra (BSO) mit seiWeills Die sieben Todsünden sein nem Chefdirigenten Andris Nelsons sowie George Benjamins Dream of auf, das auch dieses Jahr die großen the Song, ein Werk, das Teil des „FesStars der Klassik gewinnen konnte, tival of Contemporary Music“ (21. darunter Yefim Bronfman, Chrisbis 25. Juli) sein wird. toph von Dohnányi, Renée Fleming, Ein Zuckerl zur Vorfreude hält Yo-Yo Ma, Kristine Opolais und­ das BSO auch in dieser Saison bereit, das Emerson String Quartet. NatürLegendär: das Tanglewood-Picknick und zwar die Video-Serie „New lich geht es auch wieder darum, Grenzen zu anderen Musikrichtungen zu überwinden, sodass aus Tanglewood Tales: Life On Stage and Off “, gewissermaßen die dem Jazz-Bereich etwa das Chick Corea Trio anreist, während für zweite Staffel einer Webserie, die auf dem YouTube-Kanal des die Reihe „Boston Pops“ der singende Filmregisseur, TV-Serien- Orchesters sowie auf der Tanglewood-Homepage (www.tangleEntwickler und Schauspieler Seth MacFarlane gewonnen werden wood.org) zu finden ist. Für „Life On Stage and Off “ begleitete ein konnte. Auch die beliebte „John Williams’ Film Night“ steht wieder Kamerateam während der letzten Saison fünf Musiker des BSO sowie den Assistenzdirigenten Ken-David Masur. auf dem Plan. n 41


„Läuft bei mir.“

David Garrett „Timeless“ I Brahms & Bruch Violin Concertos I Das Album – jetzt überall

Jetzt einschalten Filmmusik I Klassik-Hits I New Classics I Lounge klassikradio.de


GESELLSCHAFT Vierhundert Jahre William Shakespeare Worin lag das Geheimnis des berühmtesten Bühnenautors der Welt?

KLASSIK IN ZAHLEN

Williams Welt Anzahl der Toten in allen 23 James-Bond-Filmen…………………………………………

362 49

Anzahl der Toten in allen Shakespeare-Stücken …………………………………………………

Wortschatz der Shakespeare-Stücke………………………………………… Aktiver Wortschatz von J. W. von Goethe………………………………

29.066 Wörter 90.000 Wörter 1.969 Wörter

Wortschatz der Songs des Rappers Cro…………………………………………

1.500

Preis für einen Stehplatz im Globe Theatre damals…………………………………… Preis für einen Stehplatz im Globe Theatre heute………………………………………

1 Penny 5 Pfund

Foto: ebraxas/Fotolia.com

Von Shakespeare erfundene Wörter………………………………………………………… ca.

QUELLE: CHRISTIANE ZSCHIRNT, SHAKESPEARE-ABC, LEIPZIG 2000 / LESLIE DUNTON-DOWNER, ESSENTIAL SHAKESPEARE-HANDBOOK, LONDON, 2004.

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G E S E L L S C H A F T

„...not of an age but for all time.“ Vor vierhundert Jahren starb William Shakespeare. Dass es bis heute niemanden gibt, der ihm das Wasser reichen kann, ist einerseits faszinierend, andererseits eine Offenbarung. Eine Reise nach Stratford-upon-Avon und in die Tiefen des großen Dramas. VON TERESA PIESCHACÓN RAPHAEL

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alais im Februar 2016. Es ist ein buntes Publikum, das sich da im berüchtigten Flüchtlingslager, auch „Dschungel“ genannt, in Nordfrankreich versammelt hat. Flüchtlinge aus 22 Ländern, darunter Afghanen, Iraner, Somalier, Kurden. Seit Monaten hausen sie hier in Zelten und Bretterbuden und warten auf ihre Chance zur Überfahrt nach Großbritannien. Heute kommt das Vereinigte Königreich zu ihnen: Schauspieler vom Londoner Shakespeares Globe werden vor Hunderten von ihnen Hamlet aufführen. Popcorn und ChaiTee werden gereicht und Inhaltsangaben auf Englisch, Paschto, Farsi, Arabisch, Französisch und Kurdisch. Doch Ruhe will nicht einkehren, Kinder toben auf der improvisierten Bühne. Und als Polonius Königin Gertrud „Your noble son is mad!“ an den Kopf wirft, wird gelacht. Für Wahnsinn scheint man hier wenig Sinn zu haben. Shakespeares Sprache aber hat es einigen angetan. „Wunderschön“ findet sie Benjamin, ein Architekt aus dem Iran. Sein Freund, der sich mit „call me Hamlet“ vorgestellt hat, nickt. „Es ist gut, hier etwas zu haben, was ablenkt. Das ändert die Stimmung, bringt uns näher.“ Die Akteure vom Globe Theatre sind zufrieden. Bis zu Shakespeares vierhundertstem Todestag am 23. April wollen sie in allen Ländern der Welt seine berühmteste Tragödie aufgeführt haben. Im Zaatari-Lager in Jordanien waren sie bereits, auch im MarkaziLager in Dschibuti und in Kamerun. Und jetzt in Calais, das einst dem britischen Empire angehörte, bevor Königin Maria I.­ es 1558 an Frankreich verlor. „Hamlet ist die Geschichte eines depressiven und frustrierten jungen Mannes, eine Geschichte zwischen Leben und Tod, eines Mannes, der nicht weiß, was er tun soll, der hadert, mit sich kämpft. Diese Geschichte kann man auf Tausende von Menschen hier übertragen“, erzählt der Veranstalter.

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Auch wenn das Argument hinkt: Shakespeares Seelendrama trifft, wie all seine Dramen, mitten ins Herz. Kaum einer wusste das Innenleben des Menschen so auszuloten wie er. Seine Figuren suchen nicht Gott, handeln und denken nicht im Sinne einer Idee, eines Ideals, sondern folgen nur dem ureigenen Instinkt. Sie leben auf eigene Rechnung, in eigener Verantwortung. Ihre Welt ist meist blutrünstig, nicht selten prall von Anmaßung, Neid und Gier, aber auch von Witz, Neugier und Liebe. Abgründe tun sich auf, doch Shakespeare erlaubt sich kein Urteil, sei die Figur noch so grausam. Ihm geht es um das menschliche Wesen in all seinen Facetten. Das macht seine Figuren modern, universal, zeitlos, weshalb andere sie weiterleben ließen in Opern, Liedern, Ballett- und Schauspielmusiken, sogar in Musicals und Popsongs. Unendlich viele Filme entstanden, auch Sigmund Freud füllte ganze Regale mit Charakterstudien über Hamlet, Lear und Lady Macbeth. Sein oder Nichtsein? Alle, selbst jene, die nie Shakespeare gelesen haben, kennen zumindest irgendein Zitat. „He was not of an age, but for all time!“ brachte es 1623 Shakespeares Dichterfreund und Rivale Ben Jonson auf den Punkt. Als kürzlich die Überreste Richards III. unter einem Parkplatz im englischen Leicester ans Licht kamen, dachte kaum jemand an den historischen König, sondern alle an das bucklige Monster aus Shakespeares Stück. Der Dramatiker aber blieb als Mensch mysteriös. Tauf-, Sterbeund Hochzeitsurkunden umschreiben geografisch einen engen Radius. Zwischen Wiege, Sterbebett und Grab liegt nicht einmal eine Meile: 1564 in Stratford-upon-Avon in der Henley Street geboren, 1616 in der Chapel Street gestorben und begraben in der Holy Trinity Church. Man kennt die Namen der Lehrer an der Grammar School von Stratford aus jener Zeit und ihren Drill in Latein, www.crescendo.de

April – Mai 2016


Abb.: Library of Congress

William Shakespeare Taverne, Zeichnung aus dem Jahr 1820. Und eine Zeichnung von einer Hamlet-Aufführung (1796)

weiß aber nicht, ob Shakespeare die Schule je besuchte. Schließlich die unverheiratet und kinderlos blieb. Doch auch seine nicht gerade war sein Vater „bloß“ ein Handschuhmacher, der sich zum „high zartbesaitete Zeit wirkt in seine Dramen hinein: die Landgenossen bailiff “ (Bürgermeister) Stratfords emporarbeitete. Sicher ist, dass etwa, die sich bei der Bärenhatz vergnügen und am Sonntag ans William 1582, keine achtzehn und außerdem noch minderjährig, südliche Ende der London Bridge gehen, um die Köpfe der Verbredie acht Jahre ältere und damals schwangere Anne Hathaway hei- cher zu begaffen, die dort auf Holzpfählen aufgespießt waren. Nicht weit davon befand sich das Globe Theatre. 3.000 Menratet. Als er am 23. April 1616 mit 52 Jahren stirbt, vermacht er ihr sein „zweitbestes Bett“, was nicht unbedingt auf eine lieblose Ehe schen strömten täglich am frühen Nachmittag in das Haus. Und schließen lässt. Von Rechts wegen stand ihr ohnehin ein Drittel sei- Hausdichter Shakespeare wusste genau, was von ihm erwartet nes Besitzes zu. Und der war nicht unbeträchtlich. Mehrere Cotta- wurde. Für die Handwerker und Lehrlinge auf den billigen Stehplätges gehörten dazu sowie das zweitgrößte Haus in Stratford und 127 zen im Parterre für einen Penny (dem Preis eines Brotlaibs) gab es obszöne Zoten, Krimis und grellen Spaß, für die Bürger und EdelMorgen Land in Old Stratford. leute auf den mehrstöckigen Besitz ist Shakespeare Galerien hingegen vertrackte bereits als junger Mann wichtig. „SEINE FIGUREN SUCHEN NICHT GOTT, Metaphern und störrisch Er ist ein typischer Repräsentant komplexe Handlungsstränge seiner Zeit, die man später „golHANDELN UND DENKEN NICHT IM SINNE wie das verschachtelte „Spiel den“ nannte. An der Spitze EngEINER IDEE, EINES IDEALS, SONDERN FOLGEN im Spiel“, über das sich – 150 lands steht Elisabeth I., die 45 Jahre später – Voltaire aufJahre lang ihr Land straff führen NUR DEM UREIGENEN INSTINKT“ regte. Einen „betrunkenen wird. Ihren größten Triumph feiWilden“ nannte er den engliert sie 1588: Bei der Seeschlacht von Gravelines im Ärmelkanal wird die bis dahin unbesiegbare spa- schen Kollegen, obwohl am Ende jedes shakespeareschen ­Dramas nische Armada vernichtend geschlagen und der mächtigen katholi- die Ordnung wiederhergestellt ist: In der Komödie versöhnen sich schen Seemacht Spanien ein Ende gesetzt. Das protestantische Eng- die Konfliktparteien, in der Tragödie wird der Störer eliminiert. Der Zuschauer erlebte dies hautnah mit, denn die rechteckige land rückt zur Weltmacht auf und strotzt vor Nationalstolz. Viele zieht es nach London, wo das schnelle Geld lockt. Die Steuerbelas- Globe-Bühne ragte in den Zuschauerraum hinein. Es gab kein tung ist relativ niedrig. 1571 war die englische Börse eröffnet wor- Bühnenbild, lediglich eine Falltür, die zu einem Raum unter der den, nur wenige Jahre vorher das erste Theater, das – wie das Kino Bühne führte, aus dem der Schauspieler, etwa als Geist von Hamim 20. Jahrhundert – zum Unterhaltungsmedium der Zeit wird. Um lets Vater, spektakulär aufsteigen konnte. Frauenrollen wurden von 1600 gibt es ein Dutzend fester Spielstätten mit einer Kapazität von Männern gespielt. Alles lag im Wort. 29.066 verschiedene Wörter 50.000 Zuschauern pro Woche, was einem Viertel der damaligen haben Forscher in Shakespeares Œuvre gezählt. „Ergänzt mit eurer Fantasie nun unsere Mängel“, wird das Publikum im Prolog von Bevölkerung Londons entspricht. Shakespeare wittert seine Chance im lukrativen Theaterge- Heinrich V. aufgefordert, „formt euch aus jedem Mann eintausend schäft, will aber auch der Enge Stratfords entkommen, obwohl er Männer und schafft in eurer Vorstellung ein Heer. Wenn wir von mittlerweile Vater von drei Kindern ist. Er schließt sich einer Wan- Pferden reden, denkt, ihr seht sie stolz den Huf ins weiche Erdreich derschauspieltruppe an und erlernt das Handwerk. Gleichzeitig prägen.“ Wenig Imagination brauchte das Publikum, als das Strohschreibt er seine ersten Stücke. Zwei Pfund bekam ein Autor, wenn dachgebäude des Globe 1613 während einer Vorstellung abbrannte, er das Stück dem Verleger zum Druck anbot, sechs Pfund, wenn weil Shakespeare für sein Alterswerk Heinrich VIII. echte Kanonener es seiner Theatergruppe verkaufte. Noch einträglicher war das schüsse verlangt hatte. Immer wieder gab es Gerüchte um William Shakespeares Geschäft, wenn er sich als Aktionär an der Truppe respektive am Theater beteiligte. 1598 ist es so weit: Shakespeare wird Anteilseig- „wahre“ Autorenschaft. Manche trauten dem Mann aus der Provinz ner am neu erbauten Globe Theatre und einer Schauspieltruppe. Er das Werk intellektuell nicht zu, andere störte seine Geschäftstüchist nun Intendant, Autor, Regisseur und Schauspieler in einer Person tigkeit, die nicht zum romantischen Bild des „genialen Dichters“ – Produktionsbedingungen, von denen jeder Dramatiker träumt. 38 passte. ­Verschwörungstheorien gaben Stoff für Bücher und Filme, Dramen wird er bis 1611 vollenden – Komödien, Historiendramen von Mark Twains Is Shakespeare dead? bis hin zu Roland Emmeund Tragödien. Außerdem Versdichtungen und 154 Sonette. Er richs Thriller Anonymus. Hinzu kam, dass keine Original-Handwird es auf ein Jahreseinkommen von zweihundert Pfund bringen. schriften seiner Werke überliefert sind. Papier war teuer, der SchauWenig einträglich und produktiv ist nur die Zeit zwischen 1592 und spieler besaß nur die Fetzen, auf denen seine Szenen fixiert waren, die er auf der Bühne auch spontan abänderte. So kommt es, dass in 1594, als die Theater wegen der Pest schließen müssen. Inspiration für seine Werke schöpft Shakespeare aus Erzäh- einer Fassung dem sterbenden Hamlet ein wohltönendes „Der Rest lungen, Mythen, Volksbüchern und Chroniken. Und aus dem, was ist Schweigen“ auf die Lippen gelegt wird, in einer anderen ein einbei Hofe geschieht, etwa die ungeklärte Nachfolge von Elisabeth I., faches: „O, o, o, o.“ William hat das bestimmt amüsiert. ■ 45


G E S E L L S C H A F T

Ein Leben mit William

Sie sagten auch mal, dass ShakesAls Schüler, sagen Sie, hätten Sie peare wie Teflon sei. Kann man sein Shakespeare gehasst. Heute ist er Ihr Werk überhaupt ruinieren? Gott. Wie kam es dazu? Habe ich das gesagt? Meine Güte! Aber Na ja, vielleicht nicht ganz mein Gott, es stimmt. Es gibt ja bei Shakespeare aber er ist sicher eine kleinere Gottheit keine Stiftung oder Erben, die uns und in jedem Fall ein wunderbarer überwachen oder einen strikten VerMitarbeiter. Ich habe das ganze Spek­ haltenskodex auferlegen, wie etwa die trum durchlebt: vom Hass bis zur Erben des Werkes von Samuel Beckett, Liebe. Der Wendepunkt kam, als ich deren Kontrolleifer berüchtigt ist. Deszum ersten Mal als Ariel, einer Figur halb können wir mit Shakespeare alles aus dem Sturm, auf der Bühne stand. machen. Wir können ihn auf dem Es war wie ein Erweckungserlebnis. Mond spielen. Wir können jeder Figur Plötzlich wurde mir das wahre Wunein Handy in die Hand drücken. Und der, das dieser Dramatiker ist, bewusst. Shakespeare-Freak Ben Crystal wir können natürlich jedes Werk in Vor wenigen Tagen wurde Hamlet in Calais aufgeführt, vor hunderten Flüchtlingen. Welche Botschaft jedes neue Medium übersetzen, in jede Sprache, in jeden Dialekt. Und trotzdem wird es seine Wirkung nicht verlieren. kann dieses Drama heute vermitteln? Eines der schönsten Dinge an Shakespeares Werken ist, dass er in all Sie inszenieren Shakespeare an malerischen Plätzen, oft bei Kerseinen Charakteren das Menschsein auslotet. Das macht seine Figu- zenlicht. Die Stücke werden innerhalb von 24 Stunden geprobt ren universal, unabhängig davon, ob jemand ein König, ein Bürger- und aufgeführt. Können Sie etwas von diesem Prozess erzählen? licher oder ein Zauberer ist. Egal, ob er auf einer einsamen Insel lebt, Ich wollte immer wissen, wie es sich anfühlt, in einer Schauspielaus Stratford-upon-Avon oder von woandersher kommt: All seine truppe zu arbeiten, wie es seinerzeit Shakespeare tat: zehn Stunden am Tag zusammen, sechs Tage in der Woche, 340 Tage im Jahr und Werke haben heute noch eine große Relevanz. In Ihrem Oxford Illustrated Shakespeare Dictionary, das Sie mit das über zwanzig Jahre lang. Die gleichen Schauspieler mit dem Ihrem Vater herausgaben, erklären Sie die Bedeutung von 4.000 gleichen Autor. Das muss unglaublich inspirierend und leidenshakespeareschen Ausdrücken. Es heißt, sein Werk enthalte über schaftlich gewesen sein. Man entwickelt sehr schnelle und effiziente Arbeitsmethoden und versteht sich instinktiv ohne viele Worte. Die 29.000 unterschiedliche Wörter. Ist er überhaupt zu verstehen? 95 Prozent seines Wortschatzes sind für den normalen Theaterbesu- Schauspieler arbeiteten mit „Cuescripts“, auf denen nur der Text cher verständlich. Die 29.000 machten seinen aktiven Wortschatz ihrer Figur stand und vielleicht der Moment des Auftritts und des aus. 4.000 davon haben wir in unserem Wörterbuch erläutert, weil Abgangs. Oft führten sie jeden Tag ein neues Stück auf. Manche sie einen ins Stolpern bringen, auch wenn sich darunter leicht ver- Kompanien hatten vierzig Stücke im Repertoire und konnten sie alle ständliche Worte befinden wie thou und morn. Nur ein oder zwei aus dem Gedächtnis. Leider können wir heute nicht mehr an 340 Tagen spielen. Prozent davon sind wirklich schwer zu verstehen. Warum führt Ihre Shakespeare-Truppe die Dramen nur in der Wie werden Sie das vierhundertste Jubiläum am 23. April feiern? In der British Library findet eine ganz besonders aufregende VeranOriginalaussprache auf? Dazu gab es zwei Gründe: Zum einen ist es ein relativ unerforschtes staltung statt, in der ich mit meinem Ensemble, aber auch andere im Gebiet. Zum anderen macht es sehr viel Spaß. Außerdem hat die großen Foyer auftreten werden. Im Mai kehren wir ans Shakespeare’s Originalaussprache ein hohes dramatisches und dramaturgisches Globe zurück. In der zweiten Hälfte des Jahres veranstalten wir Potenzial. Sie beeinflusst die Bewegungen der Schauspieler, sie sorgt Workshops auf dem weltweiten Shakespeare Congress. Und dann dafür, dass Witz und Reim funktionieren. Mit dem modernen gibt es noch Pläne für eine Tour. Vielleicht gelingt es uns, Twelfth Akzent funktioniert das so nicht. Die Originalaussprache lässt die Night nach Dallas zu bringen. Dialoge dynamischer wirken, erdiger und mutiger. Es ist die Spra- Gibt es eine Shakespeare-Weisheit, die für Ihre Lebenseinstelche des damaligen London, die Verschmelzung diverser Dialekte lung steht? und Akzente. Schließlich kamen die Menschen aus unterschied- Auf meinem Arm habe ich eintätowiert: „Nothing Will Come Of lichsten Regionen in die Stadt. Für mich macht sie das Werk Shakes­ Nothing“ – „Von nichts kommt nichts“. Aus King Lear, natürlich. peares zugänglicher, in einer mühelosen, ganzheitlichen Art. Das Publikum bestätigt uns dies auch, sagt uns, dass sie jeden einzelnen Infos zu Ben Crystals Shakespeare-Aufführungen gibt’s unter www.passioninpractice.com Interview: Teresa Pieschacón Raphael Satz klar gehört hätten. Es ist faszinierend.

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April – Mai 2016

Foto: Aslam Husain

Ben Crystal ist Schauspieler, Autor und künstlerischer Leiter von „Passion in Practice“ und dem Shakespeare Ensemble, mit dem er möglichst nah an die Aufführungspraktiken der damaligen Zeit kommen möchte.


REISE & KULTUR Ein crescendo Themenspecial // Frühjahr / Sommer 2016 Reisen: Malta – Sind Sie reif für die Insel? Was gibt es Neues in Salzburg? Wie reisen Kunstfans günstiger? Urlaub: Schloss Elmau feiert – Sind Sie dabei? Das Kranzbach – Baden in Waldluft?

MIT

PREISRÄTSEL

Brügge klingt!  Die belgische Weltkulturerbe-Stadt lockt mit zahlreichen Museen, Festivals und musikalischer Hochkultur

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

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R E I S E   &   K U L T U R

I N H A LT

Ausgabe Frühjahr/Sommer 2016

FERNE WELTEN entdecken! Entdecken und genießen Sie mit unseren ausgewählten Studien- & Erlebnisreisen die faszinierendsten Kulturen und eindrucksvollsten Landschaften unserer Erde.

• Myanmar überland (19-Tage) Per Zug, auf dem Schiff und im Bus bereisen wir das Land von Nord nach Süd

• Das Beste Chinas (15-Tage)

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Optimale Erstreise mit komfortabler Yangtze-Kreuzfahrt in das Reich der Mitte

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• Klassische Peru - Bolivien - Rundreise 18-Tage-Kombination der kulturellen und landschaftlichen Höhepunkte beider Anden-Staaten Viele weitere unvergessliche Rundreisen finden sich in unserem FERNE WELTEN 2016Programm. Gerne erstellen wir auch Ihre maßgeschneiderte Individualreise.

Fotos: Schloss Elmau, FVA Malta, Tourismus Salzburg

Einige unserer spannenden Reisen:

Titel Zauberhaftes Brügge – Eine einzigartige historische Altstadt, viele Kunstmuseen und brillante musikalische Hochkultur: Die belgische Weltkulturerbe-Stadt hält reichhaltige Schätze bereit ��������������� 51

Kulturreisen

Sparpreis Kultur – Mit der Bahn zu attraktiven Ausstellungen ���������������������� 49 Malta – Valletta ist die Europäische Kulturhauptstadt 2018 ����������������������������� 50 Salzburg entdecken – 10 Gründe für eine Salzburg-Reise ������������������������������ 60 KUltura – Das verlockende Kulturangebot im Ferienland Kufstein ��������������� 61

Kultururlaub in den Alpen

Eine Welt für sich – Das Fünf-Sterne-Resort Schloss Elmau wird 100 ���������� 54 Wellness der anderen Art – DAS KRANZBACH & die Kraft der Natur ������������ 58 Mountain.Art – Exklusive Hotels bieten erlesene Kunst & Kultur ����������������� 62

PREISRÄTSEL

Kataloge, Beratung und Buchung im Reisebüro oder unter Tel. 0800 – 46 36 452. IKARUS TOURS GmbH Am Kaltenborn 49-51 · 61462 Königstein Tel. 06174 - 29 02 0 E-Mail: info@ikarus.com · www.ikarus.com

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Preisfrage: Wer erbaute Schloss Elmau? Gewinnen Sie 2 Übernachtungen für 2 Personen inkl. Tickets für das Festival „Mostly Schubert“ vom 06. bis 12.06.2016 im Schloss Elmau Die Lösung senden Sie bitte unter dem Kennwort „Reise&Kultur“ an: Verlag Port Media GmbH, Rindermarkt 6, D-80331 München oder per E-Mail an: gewinnspiel@crescendo.de Einsendeschluss: 10. Mai 2016 (Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.) www.crescendo.de

April – Mai 2016


KURS AUF KUNST Mit ihrem vergünstigten Sparpreis Kultur erleichtert die Deutsche Bahn die Reise zu attraktiven Ausstellungen in Deutschland. Im Frühjahr und Sommer bef lügeln Léger, de Chirico und Tinguely die Fantasie.

Verständigung zu dritt

Fernand Léger drehte Filme, entwarf Kostüme, Bühnenbilder und Kirchenfenster, malte Bilder und schuf monumentale Skulpturen. Das besondere Faible des französischen Multitalents aber waren Wandgemälde. Denn als gelernter Architekturzeichner war der 1881 Geborene vertraut im Umgang mit dem gebauten Raum und stand im engen Kontakt zu Koryphäen wie Le Corbusier. Über die Grenzen seiner Staffelei hinaus schuf er Werke, deren Ziel laut eigener Aussage „eine Verständigung zu dritt“ war, d. h. die von Wand, Architekt und Maler. Sehenswerte Synthesen zeigt das Kölner Museum Ludwig. Vom 9. April bis 3. Juli verfolgt es mit seiner Ausstellung „Fernand Léger. Malerei im Raum“ die Entwicklung des Künstlers von den frühen 1920er-Jahren bis zu seinem Tod 1955.

Fernand Légers „Composition“ entstand 1953 und gastiert als Leihgabe des Lissaboner Museu Coleção Berardo in Köln

© VG Bild-Kunst, Bonn 2015

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n Ruhe ein Buch lesen, die Gedanken beim Blick auf vorüberfliegende Landschaften schweifen lassen oder zu schöner Musik schlummern: Der Sparpreis Kultur macht rundum entspanntes Reisen zu 15 Kulturins­ titutionen in Deutschland möglich. Denn zu Preisen ab 39 (2. Klasse) bzw. 49 Euro (1. Klasse) ist man landesweit hin und zurück mit der Deutschen Bahn unterwegs. Bis zu vier Begleitpersonen sparen je zehn Euro; Kinder unter 15 sind in Begleitung der Eltern und Großeltern gratis mit von der Partie. Damit keine Hektik aufkommt, dürfen zwischen An- und Abfahrt bis zu drei Tage liegen. Einem längeren Kulturtrip, der die Fantasie beflügelt, steht also nichts im Weg.

Giorgio de Chiricos rätselhaftes Bild „Der große Metaphysiker“ aus dem Jahr 1917 ist bis Anfang Juli in der Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen

© Museum Kunstpalast, Foto: Stefan Arendt, Medienzentrum Rheinland / LVR

Stadtansichten und Architektur sind in seinen Bildern omnipräsent. In der Zeit zwischen 1915 und 1918 integrierte Giorgio de Chirico zusätzlich eine metaphysische Ebene in seine Arbeiten und entwickelte mit Carlo Carrà eine Bildwelt voller symbolischer Anspielungen und verstörender Elemente, die ein Jahrzehnt später viele Surrealisten aufgriffen. Vom 18. März bis 3. Juli 2016 zeigt die Stuttgarter Staatsgalerie unter dem Titel „Giorgio de Chirico – Magie der Moderne“ Schlüsselwerke aus dieser Zeit und setzt sie in Dialog mit Bildern von Dalí, Magritte oder Max Ernst.

Jean Tinguely. Super Meta Maxi 23.04.– 14.08.2016 Bunt, überraschend, spielerisch: Jean Tinguelys Kunst passt in keine Schublade. Denn der gelernte Dekorateur entwickelte vor allem mit kinetischen Objekten, Maschinenplastiken und theatralen Großprojekten seinen eigenwillig-amüsanten Stil. Überblick über das Schaffen des Schweizers gibt eine große Retrospektive im Düsseldorfer Museum Kunstpalast.

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

© VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Entwicklung einer Meta-Ebene

INFORMATIONEN

zu den teilnehmenden Museen finden Sie auf www.bahn.de/kultur. Sparpreis KulturTickets können Sie in den DB Reisezentren, DB Agenturen und über die Internetseiten der jeweiligen Museen buchen. Beim Kauf muss eine Eintrittskarte vorliegen oder ein Voucher erworben werden.

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Die malerische Valletta Waterfront

MEDITERRANES FLAIR

Die Insel Malta zeigt sich 2016 von ihren schönsten Seiten und verführt mit einem prall gefüllten Kulturkalender. Ob Festivals, Opern oder Feuerwerke – hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.

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© Joe Smith

er kulturellen Hochgenuss mit mediterranen Sinnesfreuden verbinden möchte, der sollte auf die idyllische Mittelmeerinsel Malta reisen. Vor traumhafter Kulisse, das Meeresrauschen im Ohr und die Sonne auf der Haut, bietet das kleinste Mitgliedsland der EU mit seiner 7.000-jährigen Geschichte und gleich drei UNESCO-Welterbestätten ein reichhaltiges und überaus beeindruckendes kulturelles Angebot. Das historische Herz pocht dabei in der Inselhauptstadt Valletta: 1566 von den Malteserrittern als Festungsstadt errichtet und mit barocken Prachtbauten ebenso geschmückt wie mit einigen spannenden Projekten des italienischen Stararchitekten Renzo Piano, wird Valletta 2018 die Europäische Kulturhauptstadt sein und verdient schon jetzt einen ausführlichen Besuch. Farbenfroh, lebendig und reich an Genüssen aller Art: Mit seinen zahlreichen Opern-, Konzert- und Theaterveranstaltungen und seinen berühmten Musikfestivals ist Malta das ganze Jahr über eine Reise wert. Besonders eindrucksvoll ist auch das Erlebnis der typischen Patronatsfeste der Insel, die nicht selten mit einem atemberaubenden Feuerwerk über dem Meer ausklingen.

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VALLETTA BAROQUE FESTIVAL 12.–28.01.2017

Seit 2013 findet jährlich im Januar in Maltas Hauptstadt das „Valletta International Baroque Festival“ statt. Renommierte Ensembles und Orchester aus ganz Europa werden auch im Januar 2017 wieder barocke musikalische Kostbarkeiten in die Stadt bringen. In einzigartiger Atmosphäre und an geschichtsträchtigen Orten wie dem historischen Teatru Manoel, der eindrucksvollen St John’s Co-Kathedrale, dem Präsidenten­ palast oder einer der vielen Barockkirchen wird dieser besonderen Epoche ­die Ehre erwiesen. Ein musikalischer Höhepunkt im Kulturjahr auf Malta.

Malta Jazz Festival 21.–23.07.2016 Bereits zum 26. Mal in Folge steht Malta am dritten Juli­ wochenende ganz im Zeichen des Jazz. Unter freiem Himmel und vor der zauberhaften Kulisse des großen Hafens bei Nacht wird dem Publikum ein vielfältiges und mitreißendes Programm geboten. Internationale Größen des Jazz versprechen auch in diesem Jahr einen echten Hörgenuss.

INFORMATIONEN Fremdenverkehrsamt Malta Telefon: +49-(0)69-247 50 31 30 E-Mail: info@urlaubmalta.com www.visitmalta.com

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April – Mai 2016

Fotos: FVA Malta

R E I S E   &   K U L T U R


© Toerisme Brugge / Jan D‘hondt

ZAUBERHAFTES BRÜGGE Eine einzigartige historische Altstadt, zahlreiche Kunstmuseen und brillante musikalische Hochkultur: Die Weltkulturerbe-Stadt hält für ihre Besucher reichhaltige Schätze bereit.

Weltkulturerbe-Stadt Brügge – eine blühende Kunstmetropole

© Prudence Upton

Als einzige Stadt Belgiens und eine der wenigen in ganz Europa wurde Brügge im Jahr 2000 eine ganz besondere Ehre zuteil: Die gesamte Innenstadt wurde in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen und Brügges Ruf als eine der schönsten Städte der Welt war endgültig besiegelt. Eine zauberhaft verspielte Kleinstadt mit komplett erhaltenem mittelalterlichen Kern und reich bestückt mit Kunstschätzen verschiedenster Epochen.

Anima Eterna Brugge 24.11.2016 Concertgebouw Brugge 25.11.2016 Opéra de Dijon Project Beethoven und Mendelssohn Violinkonzert / Dirigent: Jakob Lehmann Solist: Chouchane Siranossian (Violine) Weitere Informationen: www.animaeterna.be

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Bis heute wirkt hier jene Zeit nach, in der Brügge zu seinem Reichtum gelangte. Als blühende Handelsstadt zog Brügge im 15. Jahrhundert zahlreiche wohlhabende Kaufleute an und mit ihnen kamen auch die Kunstwerke in die Stadt. So wurde Brügge zum Zentrum der größten Maler des Spätmittelalters – bis heute finden sich die Werke der damaligen „Flämischen Primitiven“ Jan van Eyck und Hans Memling in den Museen der belgischen Kulturstadt. Doch nicht nur spätmittelalterliche Werke sind in Brügge zu bewundern, auch Michelangelos „Madonna mit Kind“ gibt es dort zu sehen und darüber hinaus etliche Werke der Gegenwartskunst. Insgesamt 26 Museen sind in Brügge beheimatet, und der Kunstfreund hat die Qual der Wahl.

Historische und moderne Sehenswürdigkeiten – in fußläufiger Entfernung

Gerade einmal 120.000 Einwohner stark und von der räumlichen Ausdehnung her eher überschaubar, ist Brügge gleichzeitig mit dem Flair einer Metropole gesegnet. In einzigartiger Atmosphäre und mit charmanter Offenheit sind Historie und Moderne hier eine Symbiose eingegangen und so präsentiert sich die Stadt am Meer als überaus reizvolles und gern besuchtes Reiseziel. Dabei können die einzel-

© SimonVanBoxtel

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m besten man beginnt seinen Urlaub in Brügge da, wo die Schwäne ziehen und sich die schmucken Fassaden der bunten Häuser im Wasser spiegeln. Dort, an Deck eines Bootes auf einer der Grachten, zeigt sich die belgische Hansestadt in ihrer ganzen Pracht: Vorbei an üppig bepflanzten Gärten, unter niedrigen ­ ­Steinbrücken hindurch und begleitet vom unablässigen Klatschen der Wellen und Kreischen der Möwen, erzählen die historischen Gebäude am Ufer die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte und lassen die Scharen der Besucher auf den Flanierwegen die Lebendigkeit des heutigen Brügge erahnen.

Symfonieorkest Vlaanderen 21.04.2016 Concertgebouw Brugge „Into the Wild“ Dirigent: Jan Latham-Koenig Solist: Pascal Amoyel (Klavier) Weitere Informationen: www.symfonieorkest.be

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© Toerisme Brugge / Jan D‘hondt

R E I S E   &   K U L T U R

Die historische Altstadt

Concertgebouw Brugge – das innovative musikalische Herzstück der Stadt

In Brügge verführt nicht nur die Kunst, in Brügge spielt die Musik! Das innovative musikalische Herzstück der Stadt ist seit 2002 das Concertgebouw. Als lebendige Erinnerung an jenes Jahr, in dem Brügge Europäische Kulturhauptstadt war, ist das Zeugnis modernster Architektur und meisterhafter Akustik mittlerweile zum beliebten Wahrzeichen der zukunftsgewandten Stadt geworden. Mit roten Backsteinen gebaut und von imposanter Ästhetik, ist das Konzerthaus längst eine der ersten Adressen in Europa, wenn es um klassische Musik geht. So verspricht der Besuch eines der vielen hochkarätig besetzten Konzerte im Concertgebouw, für jeden Brügge-Besucher ein musikalischer Höhepunkt seiner Reise zu werden.

Brügge – die Heimat erstklassiger Klangkörper

© Michiel Hendryckx

Mit dem Sinfonieorchester von Flandern und dem Ensemble Anima Eterna beheimatet Brügge gleich zwei herausragende Orchester.

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Concertgebouw Brugge Programminformationen: Telefon: +32-(0)50-47 69 99 (geöffnet Montag bis Freitag von 08:30 bis 18:00) E-Mail: info@concertgebouw.be www.concertgebouw.be

Unter der Leitung des britischen Chefdirigenten Jan Latham-Koenig hat sich das Sinfonieorchester von Flandern längst einen Namen als außergewöhnlicher und dynamischer Klangkörper gemacht. In seinen fein abgestimmten Programmen steht es für den spannenden Brückenschlag zwischen klassischen sinfonischen Werken und innovativem, zeitgenössischen Repertoire und widmet sich dabei jährlich einem speziellen Thema. Anima Eterna Brugge wiederum begeistert weltweit insbesondere mit der vollendeten Darbietung historischer Aufführungspraxis. 1987 von Jos van Immerseel gegründet, steht das Orchester bis heute für seine innovative wie intensive Erforschung sowohl früher Literatur als auch Klassiker der Moderne, seine leidenschaftliche Spielweise und transparente und fein austarierte Klangkultur. Vom 11. bis 20. August 2016 veranstaltet Anima Eterna Brugge zum dritten Mal in Folge eine Master Class, die sich in diesem Jahr in den fünf instrumentalen Sparten Klavier, Klarinette, Geige, Bratsche und Cello der historischen Aufführungspraxis des 19. Jahrhunderts widmet. Ein weiteres musikalisches Großereignis ist die Aufführung von Mendelssohns Ouvertüre Die schöne Melusine und seinem Violinkonzert in e-Moll sowie Beethovens Sinfonie Nr. 7 in A-Dur unter der Leitung von Jakob Lehmann, einmal im Concertgebouw in Brügge, einmal in der Oper von Dijon.

© Frederik Sadones

nen Sehenswürdigkeiten mühelos zu Fuß erkundet werden und liegen mitunter nur ein paar Gehminuten zwischen den unterschiedlichen Schätzen dieses außergewöhnlichen Orts.

MAfestival 05.–14.08.2016 An verschiedenen Veranstaltungsorten in Brügge steht das Festival für Alte Musik 2016 unter dem Motto „Das Lob der Torheit“ nach Erasmus. Weitere Informationen: www.mafestival.be www.crescendo.de

April – Mai 2016


REISE & KULTUR ist ein Themenspecial von crescendo – Deutschlands großem Magazin für klassische Musik & Lebensart

Das Concertgebouw Brugge

Impressum Verlag Port Media GmbH Rindermarkt 6 D-80331 München www.crescendo.de E-Mail: info@portmedia.de Telefon: +49-(0)89-741 50 90 Fax: +49-(0)89-74 15 09 11

Anzeigen Liselotte Richter-Lux, Petra Lettenmeier, Heinz Mannsdorff www.crescendo.de/media E-Mail: anzeigen@portmedia.de Telefon: +49-(0)89-74 15 09 20 Fax: +49-(0)89-74 15 09 11

Herausgeber Winfried Hanuschik (v.i.S.d.P.)

Verbreitung Reise & Kultur erscheint in der Gesamtauflage von crescendo, in Teilauflagen von Italien-Magazin, Frankreich-Magazin und DIE ZEIT und ist bundesweit in ausgewählten Reisebüros erhältlich.

© Concertgebouw Brugge

Redaktion Petra Lettenmeier Autoren Antoinette Schmelter de Escobar, Dorothea Walchshäusl Artdirector Sven Kretzer Schlussredaktion Maike Zürcher

Verbreitete Auflage 132.000 Expl. crescendo Themenspecials unterliegen der Auflagenkontrolle durch die IVW Druck Westermann, D-38104 Braunschweig

anzeige klavierfest.qxp_Layout 1 25.02.16 18:41 Seite 1

Von Barock bis Jazz – spannende Festivals geleiten durch das Jahr

© Toerisme Brugge / Jan Darthet

Verwinkelte Gässchen, idyllische Plätze, romantische Bootstouren und belgische Schokoladenträume: Wer nach Brügge reist, wird in jedem Fall reich beschert. Besonders lohnend wird der Aufenthalt dann, wenn zudem eines der vielen Festivals stattfindet und die ganze Stadt zu klingen beginnt. Das ganze Jahr über ist das lebendige Brügge Schauplatz verschiedenster musikalischer Festspiele, und so kann man vor mittelalterlicher Kulisse und bei erstklassiger Akustik Konzerte aller Art erleben, zum Beispiel bei der Bach-Akademie Brügge, beim „MORE MUSIC!“Festival, das sich der zeitgenössischen Musik widmet. Das international renommierte MAfestival Brugge ist ein Festival für Alte Musik, das gerade auch jungen, vielversprechenden Ensembles eine Bühne bietet. Im historischen Stadtbild erlebt man die Barockmusik besonders authentisch und gleichzeitig lebendig und modern. Das leidenschaftliche Team nimmt sich in diesem Jahr das satirische Werk Lob der Torheit des niederländischen Humanisten Erasmus von Rotterdam zu Herzen. Beim December Dance zieht schließlich auch der Tanz in die Stadt und das Jahr in Brügge endet, wie es diesem faszinierenden Ort gebührt: schwungvoll, virtuos und charmant.

Tourismus Brügge Tourist-Information Telefon: +32-(0)50-44 46 46 Fax: +32-(0)50-44 46 45 E-Mail: toerisme@brugge.be

KLAVIERFEST EPPSTEIN RHEIN MAIN

Mai — Juni 2016

Janina FIALKOWSKA Evgenia RUBINOVA Anna Victoria TYSHAYEVA CARLES & SOFIA Piano Duo Haiou ZHANG Artem YASINSKYY Dimiter IVANOV Anna Victoria TYSHAYEVA

Pianistin, Initiatorin, Organisatorin, und künstlerische Leiterin

Heike SCHUFFENHAUER Pfarrerin, Moderatorin und organisatorische Leiterin

Auf dem Bild: Anna Victoria TYSHAYEVA

Weitere Informationen: www.visitbruges.org

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

6. INTERNATIONALES

www.annatyshayeva.webnode.sk www.talkirche.de

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R E I S E   &   K U L T U R

Alle Fotos Schloss Elmau

Highlights im Retreat sind der Outdoor-Pool sowie die geräumigen Summit-Suiten (l.). Das historische, rundum renovierte Schloss Elmau wurde von 1914 bis 1916 erbaut (u.)

EINE WELT FÜR SICH Hochkarätige Kultur, Wellness für jeden Geschmack, Kulinarik von regional bis Haute Cuisine: Schloss Elmau ist ein Fünf-Sterne-Resort mit zwei Hotels, das aus dem Rahmen fällt. 2016 feiert es seinen 100. Geburtstag.

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Alle Bilder © Schloss Elmau

ufällig kommt hier kaum jemand vorbei. Weitab von jeder Ortschaft überragt Schloss Elmau, von einem spitzen Turm gekrönt, sanfte Wiesen, hinter denen sich das Massiv des Wettersteingebirges erhebt. Nicht umsonst tagte in diesem geschützten Hochtal auf 1.000 Meter Höhe Anfang Juni 2015 der G7-Gipfel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kurz vor diesem Staatsereignis wurde in Sichtweite des hochherrschaftlichen Hauptgebäudes, das der zivilisationskritische Philosoph und Theologe Dr. Johannes Müller ab 1914 als „Freiraum des persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens“ errichten ließ, zusätzlich das sogenannte Retreat mit 47 großzügigen Suiten eröff-

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100 Jahre Schloss Elmau zu Pfingsten 12.–29.05.2106 Klassik- und Jazz-Konzerte mit ­Künstlern wie Lisa Batiashvili, Daniil Trifonov, Anna Prohaska, Thomas Quasthoff und Max Mutzke. Außerdem gastiert Axel Milberg mit einer musikalischen Petrarca-Lesung.

net. Resultat ist ein Fünf-Sterne-Resort mit zwei separaten Hotels, das jedes eine Welt für sich ist und gleichzeitig mit seinen Angeboten der Gesamtheit aller Gäste offensteht. Unter dem Motto „Nichts müssen, alles können“ genießen Sie das Gefühl grenzenloser Freiheit und können ganz nach Gusto auswählen, ob Sie den Tag perfekt umsorgt und entspannt an sich vorüberziehen lassen. Oder ob Sie nach dem Frühstück Qigong üben, sich dann in der hauseigenen Buchhandlung inspirierende Lektüre empfehlen lassen, anschließend nach dem Lunch zu einer Bergtour aufbrechen und später Ihre Bahnen im Outdoor-Pool ziehen, bevor ein Abendessen à la carte ansteht. Familien kommt der täglich

Mostly Schubert 06.–12.06.2016 Eine Woche des Gesangs und der Kammermusik im Zeichen von Schubert. Höhepunkte sind u. a. Pianist Alfred Brendel im Gespräch mit NZZ-Journalist Martin Meyer und Sopranistin Mojca Erdmann mit Manuel Lange am Klavier. www.crescendo.de

April – Mai 2016


YOGA-SUMMIT-PACKAGE geöffnete Kids Club entgegen, in dem Ein- bis Fünfjährige liebevoll betreut werden. Zusätzlich sind Kids und Teens während der Ferien bei maßgeschneiderten Programmen gut aufgehoben, die vom Basteln, Tüfteln, Tanzen und Malen bis hin zu Edutainment-Angeboten wie Science Lab, Schachakademie und Filmworkshop reichen.

Ultimate Wellness-Experience

An alle Altersklassen und Bedürfnisse wurde ebenfalls beim Wellness-Konzept gedacht. In zwei Family SPAs mit 32 Grad warmen Pools, die an sieben Tagen pro W ­ oche rund um die Uhr geöffnet sind, darf es ausgelassener zugehen. Eine Oase der Ruhe für alle ab 16 ist das Badehaus von Schloss Elmau, zu dem unter anderem ein Infinity Rooftop Pool und behagliche Chaiselongues gehören. Für noch mehr Privatsphäre sorgt das Shantigiri SPA im ­Retreat. Hier sind eine finnische Sauna, ein Soledampfbad und eine Terrasse ausschließlich für Frauen reserviert. L ­ adies und Gentlemen über 14 können den 20 Meter langen I­ nfinity Solepool unter freiem Himmel, einen Ruheraum mit Traumausblick oder eine Tea Lounge mit offenem Kamin genießen. Direkt am kristallklaren Ferchenbach warten inmitten von unberührter Natur eine weitere Sauna plus Gumpe zum Abkühlen und von Mitte Juni bis Mitte September ein großer Open-Air-Pool. Wohltuende Behandlungen hat das SPA von Schloss Elmau zu bieten, egal ob Massagen, Beauty- und Body-Treatments, manuelle und craniosacrale ­Therapie – das alles unter dem Motto Private SPA in der Zeit von 19 bis 0.30 Uhr auch ganz exklusiv oder speziell zugeschnitten auf junge Besucher buchbar. Last but not least ist auch für ausreichend Bewegung gesorgt: Nach der Devise „Sports unlimited“ kann man im Winter in der Nähe Ski und Snowboard fahren, langlaufen oder mit Schnee-

Von täglichen Klassen bis zu Retreats: Yoga spielt auf Schloss Elmau eine wichtige Rolle. Novum ist vom 12. bis 17.06.2016 der „Yoga-Summit“ für Beginner und Geübte mit Klassen, Vorträgen, Diskussionen, Kochkunst und einem Konzert des Maharaj-­ Trios. Bei Buchung von mindestens fünf Nächten und Anreise am 12.06. sind Gäste eine Nacht eingeladen.

schuhen losmarschieren. Im Sommer haben vor allem Bergwandern und Biken Hochkonjunktur. Rund ums Jahr werden zwei Mal täglich Basic- und Open-Kurse im hochkarätigen Jivamukti Yoga Center angeboten, das Insider auf dem gleichen Level wie New York, Berlin oder London ­ansiedeln. Jeweils mehrere Tage dauern spezielle Retreats, die einige der besten internationalen Lehrer auch zu anderen Stilen wie Aerial, Anusara, Balance, Faszien, Hatha, ­Inside, Spirit, Vinyasa und Yin Yoga durchführen. Yoga ­ohne Dogma steht auch im Juni bei der Premiere des „Yoga Summits“ auf Schloss Elmau auf dem Programm. Fünf T ­ age lang geben Könner wie Patrick Broome (o.), Timo Wahl oder Patrizia Thielemann ihr fundiertes Wissen weiter. Und das nicht nur in den schönsten Räumlichkeiten wie dem Yoga-Pavillon mit seiner pagodenartig geschwungenen Holzdecke und bodentiefen Panoramafenstern. Sondern auch unter freiem Himmel auf Buckelwiesen vor der imposanten Kulisse des Wettersteingebirges und umgeben vom berauschenden Klang der Stille.

Schwitzen mit Ausblick in den Panorama-Saunen. Wohlfühl-Garantie: Wie in Abrahams Schoß fühlen sich SPA-Gäste auf komfortabel gepolsterten Ruhesesseln

JazzClassica 09.–17.07.2016 Eine Kombination aus coolen JazzActs und Klassikkonzerten. Mit von der Partie sind z. B. Publikumspreisträger des International BMW Welt Jazz Award 2016, Tenor Ian Bostridge oder das Justin Kauflin Trio. Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Liedwoche 25.09.–02.10.2016 Die einen gelten bereits als die besten der Welt, die anderen wollen es noch werden: jährliches Treffen herausragender Lied-Sänger, deren Stimmen in der einzigartigen Akustik des Elmauer Konzertsaals besonders brillieren.

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Mario Paecke (l.) ist nicht nur Küchenchef im Sterne-Lokal Luce d’Oro. Zweites Faible ist Food-Fotografie (o.)

Verfeinerung des Elementaren

Alle Bilder © Schloss Elmau

Wiesen, Wälder, Berge: Die Umgebung von Schloss Elmau ist zu 100 Prozent oberbayerisch geprägt. In kulinarischer Hinsicht jedoch ist das Hideaway ein wahrer Global Player. Von authentischer Multikulti-Länderküche im Summit ­Restaurant über italienische Hochküche und vegetarische Gerichte im SPA bis hin zu deutsch-französischer Haute Cuisine können Gäste während ihres Aufenthalts die ganze Bandbreite auskosten – angefangen beim opulenten Frühstückbüfett, das im Übernachtungspreis inklusive ist und im La Salle nicht selten stundenlang als Family Time zelebriert wird, bis zum Abendessen, bei dem pro Person gemäß dem Dine-Around-Konzept in allen Restaurants von Schloss ­Elmau und Retreat 50 Euro Guthaben pro Person angerechnet werden. Rechtzeitige Reservierung empfiehlt sich im Luce d’Oro, das 2016 erneut mit einem Michelin-Stern und 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet wurde, nur von Mittwoch bis Samstag geöffnet ist und lediglich 25 Plätze hat. Viermal pro Jahr stellt sein junger Küchenchef Mario Paecke je zwei Menüs à sechs Gänge in einem wochenlangen, kreativen Prozess zusammen, bis alles perfekt passt. Dabei isst sein Auge von Anfang an mit. Denn als passionierter Foodund Travel-Fotograf legt er auch auf ästhetische Aspekte großen Wert. Ergebnis sind puristische Gerichte, deren Na-

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Die Buchmessenkritiker @ Schloss Elmau 24.–30.10.2016 Direkt nach der Frankfurter Buchmesse stellen Literaturkritik-Koryphäen literarische Herbstnovitäten vor und diskutieren vor Publikum deren Bedeutung und Qualität.

men zwar mit „Langostino, Karotte, Pflaume“ oder „Steinbutt, Topinambur, Quitte“ schlicht klingen, die auf dem Teller drapiert aber kleinen Kunstwerken ähneln. Begleiter bei seiner Arbeit sind Disziplin und Qualitäts-Kontinuität auf Top-Niveau genauso wie permanente Weiterentwicklung, um die weitgereiste Gourmet-Klientel, zu der viele Wiederholungstäter zählen, immer wieder aufs Neue zu überraschen. Inspirationen sammelt der 33-Jährige auf Reisen, die ihn regelmäßig nach Asien führen. Beflügelnd sind für ihn aber auch die Besuche ausländischer Köche und bekannter Brands, die Mario Corti als Kulinarischer Direktor alle paar Monate einlädt. An geeigneten Kontakten mangelt es ihm nicht: Bevor er nach Schloss Elmau kam, arbeitete der 1977 in Radolfszell Geborene in Singapur und Hongkong. Eingekauft wird daher bei den besten Lieferanten weltweit. Aber auch in der Region deckt sich Corti, der sich als Spitze einer Pyramide versteht, zu der fünf eigenständig arbeitende Küchen im Schloss und Retreat gehören, gerne mit frischer Ware ein. Bauern, die er persönlich kennt, ziehen zum Beispiel mit dem Werdenfels-Murnauer Rind eine robuste, alte Landrasse. Ihr Fleisch landet dann beim Show-Cooking im kinderfreundlichen Hauptrestaurant La Salle genauso auf dem Tisch wie bei den Fondues in der Kaminstube oder oben auf der Elmauer Alm. 40 Minuten Fußmarsch und 203 Höhenmeter vom Haupthaus entfernt, werden in einer urigen Hütte ganz aus Holz oder auf der Terrasse mit atemberaubendem Panoramablick auf die Berge Schmankerl wie Speck, Kaminwurzen oder Linsensuppe serviert – das andere, bodenständige Extrem der kulinarischen Palette. In eine Schublade lässt sich die Küche von Schloss Elmau nämlich nicht stecken. Stattdessen ist kosmopolitische Vielfalt Programm, aus der Gäste an einem Dutzend Orten mit unterschiedlichem Charakter auswählen können – je nach Appetit, Tageszeit, Wetter und Begleitung.

KULINARIK-PACKAGE Bayerische Schmankerl bietet die Schloss Elmau Alm, Haute Cuisine das Sterne-Restaurant Luce d’Oro: Das Küchen-Team von Schloss Elmau beherrscht alle Register. Für noch mehr Input sorgt das Food-Festival „Philippinische Hochküche“. Vom 23. bis 29.05.2016 präsentiert das Marco Polo Manila Dining Cucina Restaurant seine spezielle Mischung aus innovativer, internationaler und asiatischer Küche. Bei Buchung von vier Nächten und Anreise am 22.05. sind Gäste für eine Nacht eingeladen.

Jazztival 17.–20.11.2016 In den vergangenen Jahren kreiste dieses Festival jeweils um die angesagtesten Jazzmusiker aus einem bestimmten Land. Zum 100. Jubiläum von Schloss Elmau 2016 sind beim „Piano Summit“ internationale Klaviervirtuosen zu Gast. www.crescendo.de

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Musiker und Zuhörer schätzen den Konzertsaal von Schloss Elmau wegen seiner besonders guten Akustik

Cultural Hideaway

Vor dem Aufzug, beim Spaziergehen, im Pool, auf der Liegewiese: Gäste von Schloss Elmau können angesagten ­Instrumental-Virtuosen, Sängern oder Schriftstellern überall begegnen. Denn im Gegensatz zu anderen Orten, wo sie nur rund um den Auftritt anwesend sind, nutzen sie ihre Gastspiele im einzigartigen Cultural Hideaway von Schloss Elmau oft auch für einen Kurzurlaub. Manche reisen mit Partner oder der ganzen Familie an. ­Andere wie Simone Kermes oder Michael Wollny arbeiten in der Abgeschiedenheit und Ruhe des Fünf-Sterne-­ ­ Resorts tage­lang mit ihrem Team an CD-Aufnahmen oder proben noch einmal ungestört, bevor sie auf ihre nächste Tour gehen. Rund 200 Veranstaltungen pro Jahr sind somit in ein kulturaffines Ausnahme-Ambiente eingebettet. Von Beginn an gehörten klassische Konzerte und Tanz­ verstaltungen zum Konzept des Hauses. Seit 1957 ist es das Mekka der Kammermusik und huldigt dieser jedes Jahr im Januar eine Woche – angefangen bei Größen wie Benjamin Britten und Alfred Brendel bis zu aktuellen Könnern wie Jan Vogler, Janine Jansen und Lisa Batiashvili. Unter der Leitung von Dietmar und Heidrun Müller-­ Elmau, die das Anwesen 1997 übernahmen und es seither sowohl a­ rchitektonisch als auch von seiner Philosophie her p ­ rägen, wurde das Spektrum um Jazz- und Popmusik, ­Literatur, politische Debatten mit Größen unserer Zeit und Filmvorführungen erweitert. Rund viermal pro Woche

8. Verbier Festival @ Schloss Elmau 26.11.–04.12.2016 Seit 1994 findet jedes Jahr im Juli ein Klassik-Gipfeltreffen in der Westschweiz statt. Im Herbst konzertieren seine „Stars of Tomorrow“ sowie das Verbier Festival Chamber Orchestra in Schloss Elmau. Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

profitieren Gäste, die dafür weder reservieren noch Eintritt bezahlen müssen, von erlesenen Events, die zum Teil ­eigens für Schloss Elmau konzipiert werden. Mehrmals jährlich kreisen diese um bestimmte Schwerpunkte – 2016 zum 100. Jubiläum mit noch mehr Highlights als ohnehin schon üblich. Für die Auswahl der renommierten Klangkünstler ist Dr. Silke Zimmermann als Artistic Director mit besten Beziehungen in ihrer Branche zuständig. Geeignete Kandidaten für Lesungen lädt Literaturexpertin Dr. Ingeborg Prager ein, die auch die gut sortierte Buchhandlung führt und die beschaulichen Bibliotheken bestückt.

KULTUR-PACKAGE Konzerte, Lesungen, Filme: Pro Jahr stehen auf Schloss Elmau rund 200 Kulturveranstaltungen auf dem Programm. Im Jubiläumsjahr 2016 sind besonders viele Stars zu Gast, so der russische Pianist Daniil Trifonov (r.) im Rahmen von „100 Jahre Schloss Elmau zu Pfingsten“. Bei Buchung von sieben Nächten und Anreise am 15.05.2016 sind Gäste für eine Nacht eingeladen.

INFORMATIONEN

Schloss Elmau Luxury Spa Retreat & Cultural Hideaway D-82493 Elmau/Oberbayern Telefon: +49-(0)8823-180 E-Mail: info@schloss-elmau.de www.schloss-elmau.de www.schloss-elmau.de/kulturkalender

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R E I S E   &   K U L T U R

WELLNESS DER ANDEREN ART In Waldluft baden, zwischen Baumwipfeln wohnen – DAS KRANZBACH setzt auf die Kraft der Natur.

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Alle Fotos: Hotel Kranzbach GmbH

ereits bei der Anfahrt von Klais flankieren Nadelbäume die schmale Mautstraße, die sich bergan schlängelt. Oben auf 1.030 Meter Seehöhe umgeben sie dann wie ein dichter, dunkelgrüner Rahmen die 130.000 Quadratmeter große, private Bergwiese, auf der DAS KRANZBACH mittig zwischen den mächtigen Gebirgszügen der Soierngruppe und der Zugspitze thront: Wälder der Bayerischen Staatsforsten sind rund um das Vier-Sterne-Superior-Refugium omnipräsent, das weder Nachbarn hat noch vom Lärm vielbefahrener Durchgangsstraßen belästigt wird. Kein Wunder, dass bei den regelmäßigen Ruhemessungen des Hotels meist nur Vogel­ gezwitscher und das Rauschen des Windes in den Wipfeln zu hören sind. Weitab vom konstanten Geräuschpegel und der Alltagshektik größerer Städte, in denen viele Kranzbach-Gäste normalerweise wohnen, sind deshalb wohltuende Entspannung und ungestörte Zeit für Paare und Alleinreisende die Hauptanliegen der 2007 eröffneten Rückzugsoase inmitten von Natur pur. Diese Vorzüge wusste schon die englische Adelige Mary Isabel Portman zu schätzen, die auf der Suche nach einem Kraftort 1913 einen Kaufvertrag über „die Kranz-

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KRANZBACH-Baumhaus Aus Vollholz gebaut, ist es eine Welt für sich, liegt aber in Sichtweite des Hotels, dessen Serviceleistungen seine Gäste in Anspruch nehmen können. Die überdachte Terrasse ist 30 Quadratmeter groß und wirkt wie ein zusätzlicher Raum im Freien.

bachwiese bei Garmisch“ unterzeichnete und sich auf ihr ein schlossähnliches Country House im Stil der Arts & CraftsBewegung bauen ließ. Knapp ein Jahrhundert später wurde es nach wechselvoller Geschichte um die modernen Gebäude des Gartenflügels und ein separates Badehaus erweitert und als Das Kranzbach in Betrieb genommen. Für deutliche Bezüge zwischen drinnen und draußen sorgen seither in den angebauten, harmonisch in das Gelände eingepassten Trakten bodentiefe Panoramafenster – angefangen beim Restaurant über verschiedene Saunen bis hin zu Ruheräumen und Zimmern. Daran angrenzend laden unter freiem Himmel breite Holzterrassen und die weitläufige Liegewiese, in die im Sommer oasenartige Inseln gemäht werden, zum erholsamen Lesen, Dösen, Nachdenken oder einfach Nichtstun ein. Allein schon der Anblick von Grün kann wissenschaftlich erwiesen die Stimmung heben und Schmer­ zen lindern. Noch nachhaltiger wirkt der heilsame „Biophilia-Effekt“, dem Clemens G. Arvay ein gleichnamiges Sachbuch gewidmet hat, bei längeren Aufenthalten im Wald. Denn die in seiner Luft enthaltenen Terpene lassen laut dem österreichischen Autor die Zahl der körper-

Outdoor-Aktivitäten Beim Freizeit-Angebot schreibt Das Kranzbach Bewegung an der frischen Luft ganz groß. Unter Anleitung ist das bei täglich wechselnden Aktiv- und Entspannungsprogrammen möglich. Für Ausflüge auf eigene Faust stehen unter anderem Fahrräder bereit, die man sich gratis ausleihen kann.

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Erst Landsitz einer englischen Adeligen, heute Oase für Ruhesuchende, die Abstand vom Alltag wollen: DAS KRANZBACH zwischen Wald und Wiesen

Ideale Kombination: Schwimmen im Panorama-Pool, Entspannen auf der Liegewiese

eigenen Killerzellen ansteigen, machen sie aktiver und stärken so das Immunsystem; das Stresshormon Cortisol wird signifikant zurückgefahren, Bluthochdruck gesenkt, die Herzfrequenz ausgeglichener und konstanter; zusätzlich schwärmt Peter Wohlleben in seinem Bestseller „Das geheime Leben der Bäume“ von „einer echten Sauerstoffdusche“, von der Spaziergänger im Wald als „Wunder der Natur“ tagsüber profitieren. Outdoor-Bewegung ist deshalb im Kranzbach ein fester Bestandteil des Aktivprogramms, zu dem täglich und bei jedem Wetter Nordic Walking und geführte Wanderungen gehören. Yoga- und Meditationsübungen finden, wann immer möglich, draußen statt. Zusätzlich kann man das Bergtal sowie die abwechslungsreiche Alpenwelt Karwendel zu Fuß oder mit Leih-Mountainbikes und E-Bikes im Sommer, im Winter beim Langlaufen und auf Schneeschuhen allein erkunden. Nähe zur Natur beweist Das Kranzbach aber auch noch auf andere Weise: Eine eigene Bergquelle versorgt das Haus mit hochwertigem Trinkwasser. Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und für die Außenanlagen verwendet. Im kompletten Hotel wurden umweltfreundliche Materialien eingesetzt, zum Beispiel Lärchenholz aus hei-

Kräutergarten-Lobby Viel Holz, aber auch Polstermöbel, unterschiedliche Leuchten, Grünpflanzen und sorgsam ausgesuchte Accessoires sorgen für behagliche Wohnzimmer-Atmosphäre. Besonderheit sind Panoramafenster, die den Ausblick in Szene setzen. Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

mischen Wäldern in den modernen Gartenflügel-Zimmern. 80 Prozent des Stromverbrauchs werden seit 2014 durch ein eigenes Blockheizkraftwerk und eine Fotovoltaikanlage gedeckt. Das SPA bietet Naturkosmetik-Behandlungen an. Gekocht wird bevorzugt mit regionalen oder biologischen Produkten aus kontrollierter Herkunft. Für Würze sorgen frische Kräuter, die im eigenen Garten gezogen werden. Die britische Interior-Designerin Ilse Crawford, deren Handschrift bereits alle Zimmer und Salons im historischen Mary Portman House tragen, hat im Sommer 2015 einen zusätzlichen, lichten Aufenthaltsraum geschaffen: die sogenannte Kräutergarten-Lobby im Stil einer kleinen, zeitgenössischen Orangerie. Große Glasscheiben geben den Blick auf sorgsam gepflegte Beete und die dahinter liegende Bergwelt frei. Unterschiedlichste Sitzgelegenheiten von Stühlen über Sessel bis hin zu bequemen Sofas rund um Tische unterschiedlicher Größe bieten Gästen die Möglichkeit, genüsslich Tee zu trinken, eine der ausliegenden Zeitungen zu studieren oder in einem Buch zu schmökern. Für frisches Grün sorgen zahlreiche Pflanzen. Auf noch mehr Miteinander von Drinnen und Draußen setzt das Kranzbach-Baumhaus. 100 Meter vom Hotel entfernt liegt es als 50 Quadratmeter großes „Hideaway für zwei“ mitten im Wald. Sogar von Badewanne und Doppelbett aus schauen seine Bewohner auf Baumkronen; auf dem Balkon haben sie dank einer breiten Liege die Möglichkeit, bequem in Waldluft zu baden – in Japan unter dem Namen „Shinrin-yoku“ eine anerkannte Methode zur Vorbeugung gegen Krankheiten und um von innerer Unruhe zu mehr Ruhe zu finden.

INFORMATIONEN

DAS KRANZBACH Hotel & Wellness-Refugium D-82493 Kranzbach/Klais Telefon: +49-(0)8823-92 80 00 E-Mail: info@daskranzbach.de www.daskranzbach.de

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R E I S E   &   K U L T U R

Blick auf den Salzburger Domplatz während einer „Jedermann“-Aufführung

Die romantische Stadt an der Salzach lockt 2016 nicht nur mit ihren Festspielen.

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ie kulturellen Höhepunkte in der österreichischen Weltkulturerbe-Stadt Salzburg stehen in diesem Jahr ganz im Zeichen der Jubiläen. Am 1. Mai vor 200 Jahren wurde Salzburg nach Jahren wechselnder Herrschaft dem heutigen Oberösterreich zugeordnet und die idyllische Festspielstadt feiert dieses Ereignis mit zahlreichen Veranstaltungen. Herzstück des Jubiläumsangebots ist die Landesausstellung „Bischof. Kaiser. Jedermann. 200 Jahre Salzburg bei Österreich“ im Salzburg Museum, die der Bedeutung dieses historischen Tages in insgesamt drei Sonderausstellungen und auf 1.500 Quadratmetern nachspürt. Doch auch an vielen weiteren Orten wurden in Salzburg neue Ideen und Projekte verwirklicht und der Besucher kann auf historische Entdeckungstour gehen. So werden in der mächtigen Festungsanlage, dem imposanten Wahrzeichen von Salzburg, die prunkvollen Herrschaftsräume des Fürsterzbischofs aus dem Jahr 1504 neu präsentiert und die jahrhundertealten Geschichten dieser besonderen Räumlichkeiten neu zum Leben erweckt. Im Schloss Hellbrunn wird mit der abgeschlossenen Renovierung der 400-jährigen Anlage ein weiteres Jubiläum gefeiert und ist

Landesausstellung 30.04.–30.10.2016 Unter dem Titel „Bischof. Kaiser. Jedermann. 200 Jahre Salzburg bei Österreich“ lockt die Landes­ausstellung mit drei Sonderausstellungen im Salzburg Museum. Ergänzend ist in der Salzburger Residenz ab 14.04.eine künstlerische Inszenierung im Weißen Saal zu sehen.

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10 GRÜNDE FÜR EINE SALZBURG-REISE Salzburger Osterfestspiele 12.–27.03.2016 www.osterfestspiele-salzburg.at Hellbrunn – Lustschloss www.hellbrunn.at Landesausstellung 2016 30.04.–30.10.2016 www.salzburgmuseum.at Salzburger Pfingstfestspiele 13.–16.05.2016 www.salzburgfestival.at/pfingsten Salzburger Festspiele 21.07.–31.08.2016 www.salzburgfestival.at Festung Hohensalzburg www.salzburg-burgen.at Bibelwelt Erlebnismuseum www.bibelwelt.at Salzburger Weihnachtsmuseum www.salzburger-weihnachtsmuseum.at 70 Jahre Salzburger Adventsingen 25.11.–11.12.2016 www.salzburgeradventsingen.at Mozartwoche 2017 26.01.–05.02.2017 www.mozarteum.at Mehr Informationen unter www.salzburg.info/zehn-gruende

die interaktive Dauerausstellung „Markus Sittikus – Meine Welt“ zu erleben; außerdem feiert mit Wolfgang Amadeus Mozart Salzburgs berühmtester Bewohner seinen 260. Geburtstag. Jede Menge Gründe also für einen Besuch in Salzburg – von den Festspielen ganz zu schweigen.

Fotos: Salzburg Tourismus

SALZBURG ENTDECKEN

Kulturreisen nach Salzburg Bei Salzburg Tourismus können verschiedene Kulturreisen online gebucht werden, die sich jeweils einem speziellen Thema zuwenden und Salzburg als Festspielstadt, Heimat von Mozart und barockes Kleinod erkunden. Nähere Informationen unter www.salzburg.info/pauschalen

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The Metropolitan Opera im Kino 03. Oktober 2015 bis 30. April 2016

Academia Vocalis

18. Juli bis 29. August 2016

OperettenSommer Kufstein 29. Juli bis 14. August 2016

Tiroler Festspiele Erl

07. Juli bis 31. Juli 2016 26. Dezember 2016 bis 06. Januar 2017

Passionsspiele Thiersee 12. Juni bis 02. Oktober 2016

KUlturaBetriebe finden Sie unter www.kultur-tirol.at www.kufstein.com www.kultur-tirol.at

MEISTERKURSE 2016 2 8 .

18.7.-23.7. 29.7.-5.8. 6.8.-13.8. 15.8.-21.8. 22.8.-29.8.

S o m m e r a k a d e m i e

Michael Kupfer-Radecky & Lenka Radecky – Opernworkshop Univ.-Prof. Karlheinz Hanser – Die Stimme als Instrument Prof. Konrad Jarnot & Julia Stemberger – Darstellung & Gesangstechnik KS Prof. Helen & Klaus Donath – Lied, Oper & Oratorium KS Prof. Christa Ludwig – Deutsches Lied & Oper

www.academia-vocalis.com Info/Tickets: Tel. +43-(0)5332-756 60, e-mail: gabi@gma-pr.com

Tickets online

auf www.operettensommer.com

29. Juli 14. August

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MEISTERKLASSE „BRASS ACADEMY OTTO SAUTER & FRIENDS“ Stefan de Leval Jezierski, Sergei Nakariakov, Otto Sauter, Alain Trudel SONNTAG 10. 7. 2016 – SONNTAG 17. 7. 2016 MEISTERKLASSE „JAZZ & MORE – KEN NORRIS & FRIENDS“ FREITAG 28. 10. 2016 – MITTWOCH 2. 11. 2016 MEISTERKLASSE “ POWER of CHORUS – Wolfgang Seeliger & friends” EINE WOCHE IM HERBST 2016 F. ARAIZA

BERGE, BRASSMUSIK & GENUSS …OTTO SAUTER & FRIENDS HAUTNAH – – – – –

Wohnen im Doppelzimmer Standard Frühstücksbuffet, Gourmetabendmenü SPA auf 2.000 m² Kunst & Kultur in der Kunsthalle 1800 alle Proben Meisterklasse, Abend& Abschlusskonzert im Konzertsaal 1800

10. – 17. 07. 2016, 3 Nächte p.P. ab € 570,– 7 Nächte p.P. ab € 1.330,–

ERFOLGSAUTOR BERNHARD AICHNER im DAS KRONTHALER

SONNTAG, 19. 6. 2016 bis SONNTAG, 26. 6. 2016

B. FASSBAENDER

O. SAUTER

M. CRIDER

MEISTERKLASSE „PRIVATISSIMUM EVA LIND & FRANCISCO ARAIZA“ Francisco Araiza, Eva Lind MITTWOCH 4. 5. 2016 – SONNTAG 8. 5. 2016 MEISTERKLASSE „DER ZAUBER DER STIMME“ Brigitte Fassbaender, Matthias S. Lademann, Gabriele Lechner, Eva Lind, Danièle F. Perrin, Benno Schollum SONNTAG 21. 8. 2016 – SONNTAG 28. 8. 2016 GRANDE FINALE „STARS VON HEUTE UND MORGEN“ STARGAST: BO SKOVHUS 18. – 20. 11. 2016 in SCHWAZ / TIROL

B. SKOVHUS

KLANGVOLLE AUSZEIT …EVA LIND & FRIENDS HAUTNAH – Wohnen im Doppelzimmer M Waldblick – DAS KRONTHALER ALL-IN Frühstück& Tagesbuffets, Gourmetmenüs, alkoholfreie Getränke vom Brunnen – Wellness und SPA auf 2.500 m² – SUSANNE KAUFMANNTM SPA-Menü 30 Verwöhnminuten – alle Proben Meisterklasse & Abschlusskonzert in der BAR HimmelNAH 999 05. – 08. 05. 2016, 3 Nächte p.P. ab € 475,– 21. – 28. 08. 2016, 3 Nächte p.P. ab € 549,–

Präsentiert von MOUNTAIN.ART by WEC – Wolfgang Eder Consulting GmbH & Co. KG Brochweg 9, A – 6100 Mösern, Mobil: +43 (0)664 3002620, office@wec.at, www.wec.at


L E B E N S A R T

Schlemmerführer Mit dem neuen Restaurantführer TASTETWELVE bekommt man nicht nur Insidertipps, wo man gut speisen kann, es sind auch gleich ein paar Menüs inklusive.

Früher, zu Shakespeares Zeiten, haben die Zuschauer während der Aufführung gegessen, doch das sind tempi passati. Man sollte heute sowohl die Aufführung als auch die Kulinarik in vollen Zügen genießen. Wenn nach der Theatervorstellung die Mägen knurren und man nicht lange nach dem richtigen Restaurant suchen will, ist es hilfreich, das neue Booklet „TasteTwelve“ dabei­ zuhaben. Der Clou: Der Restaurantführer hält seit 2011 nicht nur Geheimtipps parat, sondern ist auch gleichzeitig ein Gutschein. Bei Vorlage des Buches ist der Hauptgang der Begleitung gratis. Wenn der wie bei Verdis Falstaff aus sechs Hühnern, drei Truthähnen und dreißig Flaschen Sherry besteht, lohnt sich das Buch schon beim ersten Dinner. Ob Sie französische Spezialitäten in Münchens „Délice la Brasserie“ genießen, im Wiener „Mercado“ die lateinamerikanische Küche kennenlernen wollen oder sich nach einem anstrengenden Shoppingtag in den Mannheimer Quadraten in der „Faces Lounge“ mit einem Cocktail

FÜR GLOBETROTTER

Termine

Internationale Höhepunkte im April und Mai

erfrischen wollen, „TasteTwelve“ ist für sieben deutsche Städte sowie für die Klassikhauptstadt Wien erhältlich. Ortskundige Spitzengastronomen haben ihre zwölf Restaurantempfehlungen pro Stadt im Buch festgehalten. Die Bandbreite ist groß: Der Guide hält sowohl regionale Küche als auch Sternerestaurants bereit. Ob konventionelle Gaststätte wie „Zum Heurigen“ in Stuttgart oder außergewöhnliches Restaurant wie das gläserne, kubusförmige „Lido“ in Düsseldorf, das sich direkt im Medienhafen befindet – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Ein Exemplar „TasteTwelve“ ist für 36 Euro direkt auf der Website oder über Amazon bestellbar, es kann auch im Buchhandel erworben werden. Essen gehen ist was Feines, aber wie Shakespeare in Macbeth schon sagte: Auch „geselliges Vergnügen, munteres Gespräch muss einem Festmahl Würze geben“. ■ Alle Informationen auch unter www.tastetwelve.com

HOTELTIPP

Sani Resort / Griechenland

London 07.04.–19.05. Auch Gaetano Donizetti und sein Librettist Salva-

dore Cammarano bedienten sich der englischen Literatur: Die Oper Lucia di Lammermoor geht auf einen Roman von Walter Scott zurück. Gezeigt wird die Inszenierung von Regisseurin Katie Mitchell am Royal Opera House. Die Regisseurin verlegt die Geschichte in die 1840er-Jahre: Eine intelligente Frau verfällt durch die Intrigen der Männer dem Wahnsinn. Die Titelpartien singen Diana Damrau und Aleksandra Kurzak. Alle Termine unter www.roh.org.uk

Paris 15.04. Das Orchestre Philharmonique und der Chor des Radio

France spielen im Maison de la Radio Ravels Oper L’enfant et les sortilèges und Claude Debussys Frühwerk L’enfant prodigue. Zu sehen und hören sind Stars wie Sabine Devieilhe, Nathalie Stutzmann oder auch Roberto Alagna.

Foto: Martin Diepold, Sani Resort.

Barcelona 12.04.–29.04. Verdis Oper Simon Boccanegra, die auf ein erfolg-

reiches Theaterstück des spanischen Dichters Antonio García Gutiérrez zurückgeht, fiel bei der Uraufführung einst durch. Wenn aber Leo Nucci und Plácido Domingo die Titelrolle im Gran Teatre del Liceu von Barcelona verkörpern und Ramón Vargas die Partie des Patriziers Gabriele singt, kann musikalisch schon mal wenig schiefgehen. Die düstere Geschichte von Boccanegra, der in politische Intrigen verstrickt und von seiner Vergangenheit eingeholt wird, ist an sich ja nicht schlecht. Alle Termine unter www.liceubarcelona.cat

Seit 23 Jahren gibt es das Sani Festival schon, ein Kunst- und Kultur-Event an einem der schönsten Flecken der Erde – im Sani Resort auf der griechischen Halbinsel Chalkidiki. Das Hotel lädt in der Ferienzeit vom 8. Juli bis 14. August Musiker aus den Bereichen Klassik und Jazz (u. a. auch Stars wie Daniel Hope, Cassandra Wilson oder Dee Dee Bridgewater) auf seine Wiese am Wasser. Die geben abends exklusive Open-Air-Konzerte und gemeinsam feiert man dann die griechischen Nächte, die bekanntlich sehr lange dauern. Das Resort liegt direkt am Meer und besteht aus vier unterschiedlichen Hotelanlagen – auch geeignet für Familien mit Kindern, um die man sich im Sani Resort besonders gut kümmert. ■ Detaillierte Infos unter www.sanifestival.gr oder www.sani-resort.com 63


L E B E N S A R T

Natürlich widmet sich auch Dirigent und Weinkenner John Axelrod dem Werk William Shakespeares und entdeckte kreative Winzer, die das Werk des Dichters önologisch weiterführen. JOHN AXELRODS WEINKOLUMNE

Foto: Stefano Bottesi

THE TEMPEST AUS DEM NAPA VALLEY

Der Wein mit dem Namen „The nuss. Er verfügt über einen sehr fruchtigen Wenn wir über Shakespeare reden, dann ist die ganze Welt ja sowieso eine Bühne. Die Tempest“ war der erste, namentlich ge- Geschmack am Anfang und ein sinnliches Komponisten wussten dies sehr gut. In den schützte Wein des kalifornischen Wein- Finale, das von eleganten und veredelten unsterblichen Versen des großen Dichters guts Realm Cellars. Natürlich war die- Gerbstoffen umrahmt wird. The Tempest sind alle Facetten unserer romantischen ser Wein auch vom Werk William von Realm ist dunkel und rau wie die See. Obwohl sich das junge Weingut, das Vorstellung von Liebe – und ihrem Betrug – Shakespeares inspiriert und er ist sehr natürlich im weltbekannten allgegenwärtig. Napa Valley nördlich von San Das, was uns zum MenEIN WEIN, DER VOR ALLEM ZEIGT, Francisco liegt, zu Beginn schen macht, spiegelt sich in ZU WAS EIN MERLOT IMSTANDE IST, WENN noch das ganze Equipment leiShakespeares Versen wider. hen musste und sich alles noch Und gerade die menschlichen ER VON DEN RICHTIGEN im Bau befand, wirkten die Geschichten inspirierten die HÄNDEN AUF DEM RICHTIGEN Trauben von Anfang an schon großen Komponisten – von sehr robust. Das wunderbare Berlioz über Mendelssohn zu WEINGUT GEFERTIGT WIRD Endergebnis reflektierte eine Dvořák, Tschaikowsky und heftige Entschlossenheit, dem Strauss. Es ist schwer, alle Adaptionen aufzuzählen, die auf William treffend benannt, denn er hat sozusagen ei- Shakespearschen Sturm (The Tempest) Shakespeare basieren. Gut, das bekann- nen „perfekten Sturm“ an Trauben-Variati- standzuhalten. The Tempest ist wie ein Kessel mit satteste Stück bleibt wahrscheinlich Tschai- onen. Das Ergebnis war noch im Jahr des kowskys Ouvertüre Romeo und Julia. Doch tumulthaften Starts des Weinguts erhältlich. ten, roten, fruchtigen Noten. Und er ist ein Dieser außerordentliche Wein ist ge- Wein, der vor allem zeigt, zu was ein Meres gibt ein Werk, das zu Lebzeiten Tschaikowskys noch viel populärer gewesen sein prägt von Merlot-Trauben mit Noten von lot im Stande ist, wenn er von den richtigen dürfte: The Tempest (Der Sturm) – was mir Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Händen auf dem richtigen Weingut geferübrigens sehr in die Karten spielt, denn es einem Touch Petit Verdot und er ist inspi- tigt wird. Seitdem wurden übrigens alle Weine gibt einen außergewöhnlichen Wein mit riert von französischer Premier-Cru-Hervon Realm Cellar nach Shakespearschem stellung. diesem Namen. Heute wäre der 2011er Vintage zu Vorbild benannt: Zum Repertoire zählen Shakespeares Werk The Tempest ist voller Drama und Zorn, mit dem Magier empfehlen, ein Wein, der nach Pflaumen, noch Falstaff und auch The Bard. Informationen zu diesem Wein und Prosperos, dem Luftgeist Ariel, der Liebe Schokolade und Likör schmeckt und ein zwischen Ferdinand und Miranda und na- reiches Kirsch und Blaubeerenaroma ent- dem Weingut unter Realm Cellars. St. Helena, faltet – mit Noten von Zimt und Muskat- Kalifornien/USA. www.realmcellars.com n türlich dem Sturm auf hoher See. John Axelrod ist Musical Director des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und erster Gastdirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher („Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“) und sorgt sich um das Wohl des crescendo-Lesergaumens. 64

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Abb.: Portmedia Verlag; Strezhnev Pavel / fotolia.com

(Tudor)


H O P E

T R I F F T

Die Daniel-Hope-Kolumne

„EIN GROSSER HUMANIST“

Zamira, anders als ich bist du keine professionelle Musikerin geworden. Hattest du nie die Versuchung? Nein, aber ich war zusätzlich noch acht Jahre mit einem Musiker verheiratet, dem Pianisten Fou Ts’ ong, und hatte somit noch mal die Erfahrung gemacht, sehr nah mit diesem Beruf in Verbindung zu sein. Yehudi war ja ein Weltreisender, er gab überall Konzerte, schrieb Bücher und dirigierte später sogar. Wie brachte er das alles mit seinem Familienleben unter einen Hut? Mein Vater hatte tausend Interessen und nie genug Zeit. Aber wir verbrachten den Sommer meistens gemeinsam in Gstaad während der Festivalzeit und Weihnachten in England. Außerdem durfte ich mit ihm in meiner Teeniezeit oft auf Auslandsreise gehen – in großartige Länder wie Indien, Israel oder Südafrika. Yehudi war übrigens später auch ein wunderbarer Opa für meine drei Söhne. Ich erinnere mich daran, dass dein Vater ein „early bird“ war und schon frühmorgens begann zu üben. Wie hast du das 66

Zamira mit Ihrem Vater Yehudi Menuhin

empfunden? Mochtest du das? Ja, ich liebte es, ihn üben zu hören, vor allem wenn er Kammermusik mit Gastmusikern des Gstaad Festivals spielte oder auch seine ganzen Plattenaufnahmen. Für Yehudi war Musik keine elitäre Kunst. Nur, worin genau, denkst du, bestand für ihn die große Stärke der Musik? Yehudi glaubte daran, dass die Musik eine grenzenlose Kraft besitzt, vor allem, um ethnische und sprachliche Unterschiede und Barrieren zu überwinden. Er liebte beispielweise indische Musik und wusste alles über musikalische Traditionen aus der ganzen Welt. Hat er deshalb auch die Yehudi Menuhin

School und das Projekt „Live Music Now“ gegründet? Mein Vater hat es selbst etwas bereut, nie in einer großen Gruppe von Musikern studieren zu dürfen, er hatte ja sehr viel Unterricht zu Hause. Er glaubte, dass eine breit aufgestellte Erziehung die Fantasie und das Wissen von jungen Menschen fördert. Deshalb die Gründung der Schule. Bei „Live Music Now“ ging es ihm um sein Motto „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude“. LMN fördert junge, qualifizierte Künstler, die am Beginn ihrer Karriere stehen, aber sie müssen der Gesellschaft auch direkt etwas zurückgeben – und vor Menschen spielen, die zum Beispiel aufgrund ihrer Lebensumstände nicht in Konzerte gehen können. Yehudi hatte erkannt, dass er von diesen Menschen ebenso viel zurückbekommt, wie er ihnen gibt. Wie hättest du gerne, dass diese Welt deinen Vater in Erinnerung behält? Als großartigen Musiker, großen Humanisten, anregenden Lehrer und Gründer von lange bestehenden Institutionen. ■ www.crescendo.de

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Foto: privat

Anlässlich seines neuen Albums traf unser Kolumnist die Tochter seines Mentors Yehudi Menuhin, Zamira Menuhin-Benthall.


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DAS MEISTERWERK

14. – 31.07.16 · Semperoper Dresden 02. – 07.08.16 · Deutsches Theater München 09. – 14.08.16 · Kölner Philharmonie 16. – 28.08.16 · Hamburgische Staatsoper 30.08. – 04.09.16 · Alte Oper Frankfurt €/Anruf aus dem Festnetz, Tickets: 01806 - 10 10 11 (0,20 Mobilfunk max. 0,60 €/Anruf) · www.porgy-and-bess.de


Foto: Mat Hennek / DG

HÉLĂˆNE GRIMAUD WATER

„In der Natur hĂśrt Wasser nie auf zu flieĂ&#x;en. Und so ist es auch mit der Musik dieses Albums. Wir sind Wasser.“ HĂŠlène Grimaud

www.helene-grimaud.de

Werke von Liszt, Debussy, Berio, JanĂĄÄ?ek u.a. – Erhältlich als CD, LP, E-Album und Stream


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