crescendo Standard 1/2017

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Ausgabe 01/2017 Februar – März 2017

www.crescendo.de

gidon kremer Die Kunst der Freiheit gegen Dogmen und Diktatur

grace bumbry So lebt die „schwarze Venus“ von Bayreuth heute

Ein wildes ­Geschlecht „Musik und Gender“: Frau Bariton und Herr Harfenist

Oper im Steinbruch B47837 Jahrgang 20 / 01_2017

Mit Sonderseiten des ­K lassikpor t als fidelio

12. Juli bis 19. August Verdis „Rigoletto“ auf der Freilichtbühne von St. Margarethen im Burgenland


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19.–21. Mai 2017 | Messe München www.die-66.de


p r o l o g

skandalbau und genderwirbel

F oto s Tite l : l e l a n d b o bb é; L i sa Wo l f ; N e da Nava e e; Ku rt W e i l l F o u n dati o n o f M u s i c , N e w Yo r k

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, es war beeindruckend, was für einen Pressewirbel die kürzliche Eröffnung eines zusätzlichen Konzerthauses in Hamburg ausgelöst hat, oder? Gerade im direkten Vergleich zum neuen Bochumer Konzerthaus, dem Anneliese Brost Musikforum, das vor gut zwei Monaten eröffnet wurde. Außerhalb Bochums und Umgebung hat das eigentlich kaum jemand mitbekommen. Kanzlerin und Bundespräsident hatten an diesem Tag auch schon etwas anderes vor. Warum war das in Hamburg eigentlich so eine staatstragende Veranstaltung? Die „Elphi“ bietet zwar etwa doppelt so viele Sitzplätze wie das neue Haus in Bochum – bei etwa 20-fachen Baukosten. Vielleicht war es auch einfach die große Erleichterung: Nach so vielen Jahren der Rückschläge bis zur Aussichtslosigkeit wurde nun eine der drei deutschen Skandal-Großbaustellen (Elphi, Stuttgart 21, Flughafen Berlin) endlich fertig. Gewissermassen eine Heldengeschichte. Und wirklich schön anzusehen. Leuchtturmarchitektur. Das neue Wahrzeichen, das sich die Hamburger gewünscht haben, zumindest optisch. Aufgrund des Promiandrangs hatte man für die am feinsten gespitzten Ohren, die der inter-

nationalen Musikkritiker, wohl nur akustisch weniger gute Sitzplätze übrig (obwohl es solche ja eigentlich gar nicht geben dürfte). Das war im Nachhinein wohl ein bisschen unklug. Wir waren natürlich auch vor Ort. Unseren Blick in die Zukunft lesen Sie ab Seite 26. Den ausführlichen Kommentar von Axel Brüggemann finden Sie auf crescendo.de. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe geht es um die Geschlechterklischees in der Musik. An Ärztinnen, Automechanikerinnen und Soldatinnen hat sich die Gesellschaft inzwischen gewöhnt. In der Musik geht’s da oft noch erstaunlich konservativ zu: Trompeterinnen und Harfenisten sind eher die Ausnahme. So weigerten sich die Wiener Philharmoniker noch bis 1997, weibliche Musiker aufzunehmen! Noch nicht wirklich überwundene Rollenbilder, vom Transgender-Bariton über die am Pult noch immer unterrepräsentierten Dirigentinnen bis zur Emanzipation der Komponistinnen, beleuchten wir ausführlich in unserer Premium-Ausgabe. Aufgrund ihrer Hautfarbe löste Grace Bumbry einen ziemlichen Wirbel aus, als „schwarze Venus“ 1961 bei den Bayreuther Festspielen. Unser Autor – nach wie vor ein großer Fan der Diva – traf sie in Wien. (Seite 8). Außerdem sprachen wir mit Gidon Kremer, der 1980 nicht mehr in die UdSSR zurückkehrte. Freiheit ist für ihn auch heute noch keine Selbstverständlichkeit, sondern ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt.

Winfried Hanuschik

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14 heinrich schiff Und die Saiten schweigen. Der große Cellist Heinrich Schiff ist tot.

08 grace bumbry Die Grande Dame und „schwarze Venus“ im exklusiven crescendoInterview.

15 maurice steger Bella Italia! Sonne in den Winter bringt Ihnen eine Klangreise gen Süden – mit Blockflöte im Gepäck.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03  Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor 06  Ouvertüre Ein Anruf bei ... Roswitha Sperber 14 NACHRUF Heinrich Schiff 25 Impressum 28 R ätsel 58 Kommentar Axel Brüggemann über die Illusion der ­Emanzipation 66 Hope triffT ... Christoph Kuch, Mentalmagier

08 grace bumbry Es ist eine Sensation, als das schwarze Stimmwunder 1961 nach Bayreuth engagiert wird 11 inga fiolia Die Klavier-Newcomerin aus Georgien über die Leidenschaft der Improvisation 12 gidon kremer Frei, frei, frei! Gidon Kremer sucht in seiner Musik nach Individualität und Charakter

15 DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 16 Attilas Auswahl Unser Chef-Rezensent empfiehlt charismatische Interpreten 26 elbphilharmonie Warum um das neue Wahrzeichen von Hamburg so heftig gestritten wird

Exklusiv nur in crescendo Premium Ensemble Unsere Autoren Blickfang Protestmusik bei Pussy Riot   Ouvertüre Tabelle: Frauenpower News Bogdan Roščić, Riccardo Minasi, Anthony Bramall

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Exklusiv nur in crescendo Premium Ein Kaffee mit ... Max Müller MURRAY PERAHIA Warum der US-amerikanische Pianist und Dirigent nicht in die Zeit von Brexit und Rock­musik passt V íkingur ­Ólafsson Die Tastenwelten des Isländers und seine Faszination für Philip Glass

Exklusiv nur in crescendo Premium EMIL GILELS Zum 100. des Tasten-Königs Unerhörtes & Neu Entdecktes Sie kann es, die Querflöte!

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50 oper im steinbruch Opernpremiere in St. Margarethen: Anja Bihlmaier dirigiert in atemberaubender Felskulisse Rigoletto.

56 lucia lucas Früher war sie ein Mann. Heute schlüpft die Baritonistin Lucia Lucas nur noch beruflich in ihr altes ­Geschlecht.

60 leipzig In der sächsischen Metropole stößt man an allen Ecken und Enden auf Musik. Bassbariton Tuomas Pursio zeigt uns seine Stadt.

erleben

SCHWERPUNKT

Lebensart

45 DIE WICHTIGSTEN TERMINE UND VERANSTALTUNGEN im herbst 50 oper im ­steinbruch Verdis Rigoletto in einer überwältigenden Freiluftproduktion 51 festival herbstgold Ein neues Festival im Burgenland vereint Kunstgenuss und Kulinarik 52 k urt weill fest Das Festival feiert Humanität, Freiheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt

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54 m usik und ­gender Ist Gleichberechtigung in der Musik angekommen? 56 LUCIA LUCAS Mann, Frau, Mann – von den Transformationen einer Baritonistin Exklusiv nur in crescendo Premium dirigentinnen Und sie fallen doch auf, die jungen, schönen Frauen am Pult vom geschlecht der instrumente Warum wir an der Harfe eine Frau erwarten das klassische weib Es gibt keinen weiblichen Mozart und auch keinen weiblichen Jack the Ripper. Männer besetzen die Extreme Woher ­kommt eigentlich ... die Gleichung: Muse = Frau, Genie = Mann?

60 REISE: LEIPZIG Mit Bassbariton Tuomas Pursio durch eine Stadt, in der Musik allgegen­ wärtig ist 65 WEinkolumne John Axelrod über Frauen im Orchester und an der Weinrebe

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Ehrliche Lautsprecher


o u v e r t ü r e

Ich führe doch kein Werk einer Frau auf! crescendo: Frau Sperber, 1987 riefen Sie den Heidelberger Künstle- Was bekommen die Gewinner konkret? Ich musste immer wieder neu um die Finanzierung kämpfen. Heurinnenpreis ins Leben. Warum? Roswitha Sperber: Ich hatte in Dilsberg, meinem idyllischen Wohn- te beträgt das Preisgeld 10.000 Euro. Das Philharmonische Orchester ort im Rhein-Neckar-Kreis, wo künstlerisch-musikalisch absolutes der Stadt Heidelberg führt ein Orchesterwerk der Preisträgerin auf, Niemandsland war, eine Konzertreihe abseits des Mainstreams auf- danach gibt es die feierliche Preisverleihung, bei der ich eine von mir gebaut. Dadurch ist die Komponistin Violeta Dinescu auf mich auf- gestiftete Skulptur des Bildhauers Günter Braun überreiche. merksam geworden und hat ein Werk für mich geschrieben: Mond- Wie ging es nach der Gründung weiter? nacht für Alt und Orgel. Ich war damals auch Stimmbildnerin in der Ich wollte die Dinge der Frauen nicht in einem Ghetto behandelt, Heidelberger Studentenkantorei und Solistin in Oratorienaufführun- sondern in den ganz normalen Konzertbetrieb eingebracht wissen. gen bei Kantor KMD Peter Schumann. Ich kam also begeistert mit Säulen waren immer auch die lokalen Zusammenarbeiten etwa mit den Noten zu Schumann. Der sagte: „Du spinnst wohl, ich führe doch der Heidelberger Musikwissenschaft um Ludwig Finscher. Dieser aukein Werk einer Frau auf!“ Wir waren ßergewöhnlichen Persönlichkeit verso empört über diese Einstellung, die danke ich in den frühen Jahren besondamals auch sonst herrschte, dass wir ders viel. Nach seiner Emeritierung beschlossen, ein Festival zu gründen, ging die Heidelberger Festivalarbeit bei dem Werke von Komponistinnen sukzessiv ihrem Ende entgegen. 2005 im Mittelpunkt stehen. Auf der Suhaben wir zusammen mit Peter Spuhche nach finanziellen Mitteln klopfte ler und Cornelius Meister, seinerzeit ich bei der Leitstelle für Frauenfragen Intendant und Generalmusikdirektor im Sozialministerium Baden-Würtam Theater Heidelberg, erreicht, dass die Komponistinnen mit großformatitemberg an. Dort fanden sich 5.000 DM, die nicht abgerufen worden wagen, sinfonischen Werken aufgeführt wurden. ren. Damit rief ich den Heidelberger Vor 30 Jahren hatte es sicher seine Künstlerinnenpreis ins Leben. Berechtigung, speziell Frauen eiBeinahe alle Komponistinnen, die heute von Bedeutung sind, haben ne Plattform zu bieten. Ist der Preis den Preis gewonnen, zum Beispiel heute noch aktuell? Sofia Gubaidulina, Isabel Mundry, Das ist die erfreuliche Situation! Wir Olga Neuwirth, Kaija Saariaho oder haben unseren Beitrag dazu geleisRuth Zechlin – die meisten, als sie tet, das Bewusstsein für die Thematik noch unbekannt waren. Wie gelanzu schärfen. Aktuell hat zum Beispiel Roswitha Sperber wird dieses Jahr 80. Seit Heike Hoffmann, die neue Leiterin gen diese Entdeckungen? Jahrzehnten engagiert sie sich für Künstlerindes Konzertprogramms der SchwetIch bin sehr froh, dass ich Adriana nen und für Musik aus Osteuropa Hölszky früh kennengelernt habe und zinger Festspiele, dafür gesorgt, dass sie in vielen Veranstaltungen programmieren und selbst aufführen diese mit einem Opernauftrag für Annette Schlünz eröffnen, Tre konnte. Sie gehört auch zum Thema Osteuropa, meinem frühen Ar- Volti – 3 Blicke auf Liebe und Krieg. Außerdem läuft in Stuttgart das beitsschwerpunkt, in dem es Brücken zu bauen galt. 1988 erlebten wir ECLAT-Festival, das SWR-Redakteur Björn Gottsein verantwortet, die große Ost-West-Begegnung mit Komponistinnen aus den USA und bei dem es von Komponistinnen nur so wimmelt. Das ist wirkund Osteuropa. Sofia Gubaidulina war damals Gast bei uns in Heidel- lich der hundertprozentige Durchbruch! berg. Als ich 1989 vom sowjetischen und russischen Komponisten- Sie haben durch Ihren eigenen Preis dazu beigetragen, dass er sich verband zum Moskauer Herbst eingeladen wurde, vertiefte ich den überflüssig gemacht hat? Kontakt mit Sofia. Ich bat sie, mir junge russische Komponistinnen Tatsächlich muss der Preis meiner Meinung nach nun weiterentwivorzustellen. Wir trafen uns in ihrer Wohnung, hörten Musik, lasen ckelt oder eingestellt werden. Eine Vision wären zum Beispiel OpernPartituren, wobei ich viel über die Situation der russischen Frauen er- produktionen mit dem Nationaltheater Mannheim, das in diesem Befuhr. Was Sofia Gubaidulina selbst betrifft, so hat sich Gidon Kremer reich schon seit Jahren vorbildlich ist, oder eine Kooperation mit den besonders für ihr Werk eingesetzt, was zu ihrem heutigen internatio- Schwetzinger Festspielen. Das Werk einer Komponistin könnte auch Pflichtstück bei „Jugend musiziert“ werden. Auf der nalen Ruf wesentlich beigetragen hat. Sie wurde 1991 mit dem KünstStelle treten ist nicht angesagt! lerinnenpreis ausgezeichnet. 1992 war Galina Ustwolskaja, Schülerin von Schostakowitsch, Preisträgerin. Zur Verleihung realisierte ich die Interview: Maria Goeth Uraufführung ihrer vierten Sinfonie mit der eigenartigen Besetzung Sperber, Roswitha (Hrsg.): Visionen – Aufbrüche. Der Weg ins für Alt, Trompete, Tam-Tam und Klavier. Ustwolskaja hat sofort Inte21. Jahrhundert. Verlag Wunderhorn. Heidelberg, 2012 resse geweckt und wurde anschließend auf den wichtigsten Festivals herumgereicht. 6

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F oto: p r i vat

Ein Anruf bei Roswitha Sperber, Sängerin und Kulturmanagerin, die vor 30 Jahren den Heidelberger Künstlerinnenpreis ins Leben rief – eine Auszeichnung speziell für Komponistinnen.


25.03. 002.04.–30.04.16 2. 04.– 29.04.17 30. 04.16 internationales internationales musikfestival musikfestival

IERN AG! E F R I W TST R U B E 20. G

Avi Avital I Rebekka Bakken I Lisa Batiashvili I Uri Caine I Gautier Capuçon I Deutsche Kammerphil harmonie Bremen I Fauré Quartett I Johannes Fischer I David Fray I Sol Gabetta Gallicantus I Martin Grubinger I Marc-André Hamelin I Thomas Hampson I Håkan Hardenberger Paavo Järvi I Ewa Kupiec I Igor Levit I Sabine Meyer I Gabriela Montero I Daniel Müller-Schott Pierre Laurent Aimard • LisaQuasthoff BatiashviliI •Fazıl BBCSay Philharmonic Piotr IBeczała Bostridge • Chamber Alina Pogostkina I Thomas I Andreas •Scholl Herbert• Ian Schuch I Andreas Staier Orchestra of EuropeOrchestra • AnnetteI Dasch • Fauré Quartett • Isabelle Faust • JuliaVogt Fischer • Christian Gerhaher • Swedish Chamber Tonhalle-Orchester Zürich I Klaus Florian I Arcadi Volodos Thomas Hampson • Irish Chamber Orchestra • Kristjan Järvi • Igor Levit • Mahler Chamber Orchestra • Jörg Widmann I Tianwa Yang I u. v. m. Albrecht Mayer • Daniel Müller-Schott • Christina Pluhar • Thomas Quasthoff • Nemanja Radulovic´ • Valer Sabadus • Sir András Schiff • Tetzlaff Quartett • Alexandre Tharaud • Daniil Trifonov • Ulrich Tukur • Jörg Widmann • Frank Peter Zimmermann • Nikolaj Znaider u.v.a Bestellen Sie kostenlos unser Programm unter Tel 06221 - 584 00 12 oder www.heidelberger-fruehling.de

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k ü n s t l e r

Grace Bumbry: Für schwarze gibt’S kein MittelmaSS ­ Sie hat Musikgeschichte geschrieben – nun wird die großartige Sängerin, die als „schwarze Venus vom Grünen Hügel“ bekannt wurde, 80. Und unser Autor ist hin und weg von ihr.

race Bumbry wirkt noch immer jugendlich. Sie lässt Bumbry kommt meinem Wunsch gern nach und atmet hörbar auf: sich aufs Sofa fallen und hat gute Laune. Zwei Monate „Ach ja, das war der Beginn all der Furore.“ Wenn man es genau nimmt, wurde die Aufnahme von Philips lang hatte sie in Wien nach einer Wohnung gesucht und „wie es sich so trifft, gestern habe ich eine gefunden. Genau was ich will ein Jahr nach dem Bayreuther Skandal aufgenommen, sie stammt und was ich brauche. Das ist gar nicht so einfach. In meinem Alter aus dem Jahr 1962 (mit Anja Silja als Elisabeth). Aufruhr erregte bedarf es bei einem Apartment ja gewisser Dinge, an die man vorher Grace Bumbry mit ihrem Venus-Debüt in Wieland Wagners Tannja gar nicht gedacht hat: wie viele Stufen man steigen muss oder wie häuser bereits 1961, noch vis-à-vis Victoria de los Ángeles als Elisabeth. Mit dieser Rolle begann ihr Aufstieg zum absoluten Opernstar. das Apartment geschnitten ist“. Trotz aller Einschränkungen macht die 80-Jährige einen reso- Von diesem Tag an wurde immer wieder von der „schwarzen Venus luten und schlagfertigen Eindruck. Wir befinden uns im Hotel vom Grünen Hügel“ geschrieben. Ein Stereotyp. Ein MarkenzeiSacher hinter der Wiener Staatsoper. Jeder Angestellte scheint von chen. Eine Plattitüde – die bis heute nachwirkt. Auch bei mir. Nur wenige kennen die Vorgeschichte. Und die beginnt in Grace Bumbrys Interviewtermin zu wissen. Mit Hochachtung wird man in den Raum geführt. Als Grace Bumbry – rüstig ob eines Geh- Köln, und zwar mit Sawallisch. Der fragte Bumbry während eines Vorsingens für Carmen, ob sie stocks, der eher zur Zierde als nicht auch etwas Höheres sinzum Zweck scheint – mit deutlicher Verfrühung kommt, wird „Och, ich habe da so eine Idee. Wollen Sie gen könne. „Ich dachte mir: Aber für Carmen brauche ich mit buckelnder Hochachtung nicht die Venus in Bayreuth singen?“ nichts Höheres. ‚Warum fragen und fast geflüstert-ehrfurchtsSie?‘ Und er meinte: ‚Och, ich vollem „gnädige Frau Kammerhabe da so eine Idee‘. ‚Nun gut, sängerin“ der „Küss-die-Hand“Charme Wiens versprüht. Es ist vielleicht die einzige Stadt der Welt, selbstverständlich kann ich auch etwas Höheres singen, wenn Sie in der „Kammersänger“ noch als einer der höchsten Titel überhaupt mir nur eine Viertelstunde Zeit geben, mich in der höheren Tessitur gilt. Man kennt Frau Bumbry gut im Sacher. „Wenn ich in Wien einzusingen, was ich für Carmen nicht gemacht habe.‘ So geschah gesungen habe, habe ich hier gewohnt. Zum letzten Mal 2013, es, und ich sang für ihn und konnte schon auf seinem Gesicht sehen, glaube ich, als ich die Gräfin in Tschaikowskys Pique Dame gesun- dass er hocherfreut war. Als ich zu Ende gesungen hatte, fragte er mich, ob ich zu einem Vorsingen von Wieland Wagner in Bayreuth gen habe.“ Hat diese späte Charakterrolle Spaß gemacht? „Also Spaß fahren wolle. Ich dachte, nicht richtig gehört zu haben. Würde ich würde ich das nun nicht nennen“, antwortet sie, „ich musste schließ- wollen? Ja, selbstverständlich würde ich! Mein Vorsingen dort war auf einen Tag im Januar festgelegt, lich die Partie auf Russisch lernen. So spät im Leben und zudem meine erste Opernrolle auf Russisch. Also was da mit diesen Voka- und ich bin mitten im Winter nach Bayreuth gefahren und hoch len hinten in der Kehle vonstatten geht … Gott sei Dank ist der zum Festspielhaus mit dieser einzigartigen Atmosphäre. Es war bitterkalt. letzte Teil der Rolle auf Französisch, das hat mich gerettet.“ Als ich nach meinem Vorsingen im Vorzimmer der Büros saß, Ich schiebe ihr mein Exemplar von Wolfgang Sawallischs Bayreuther Tannhäuser zu – mit der Bitte um ein Autogramm. Grace passierte erst einmal nichts. Es kam und kam und kam niemand, 8

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F oto: M a x J aco by / DG

G

von Jens Laurson


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k ü n s t l e r

und dann beschloss ich irgendwann zu gehen. Zumal da noch eine „Aber erzählen Sie ihr das nur nicht; nun gut, sie ist inzwischen andere junge Sängerin vorgesungen hatte, von der ich überzeugt gestorben. Aber sie hat sich immer für gleich alt gehalten. Aber was war, dass sie die Rolle angeboten bekommen würde. Und wie ich so für eine ganz, ganz große Sängerin, das steht außer Frage.“ meine Sachen zusammenpacke, kommt der Assistent von Wieland Wir kommen auf die Inhalte der neuen Decca Box zu spreWagner und fragt mich: ‚Wo wollen Sie denn hin?‘ ‚Keiner hat mir chen. Gleich die ersten Einspielungen stechen mir ins Auge: eine etwas gesagt, also mache ich mich bereit zu gehen.‘ Er sagte: ‚Nein, Aufnahme von Judas Maccabaeus. „Ach, der Händel. Das war auf nein, nein … ich glaube, Herr Wagner will mit Ihnen sprechen.‘ Er Westminster, mit Maurice Abravanel, in Utah. Eine wunderbare führte mich zu Wielands Büro und der Rest ist Geschichte.“ Aufnahme. Ich war ungefähr 20, das ist eine ganze Weile her. War Grace Bumbry sich bewusst, dass ihre Rolle in der Oper, Damals war ich noch Studentin an der Music Academy (of the ihr Auftritt in Bayreuth nicht nur eine normale Besetzung und ein West).“ Bumbry schweift ab: „Vor fünf Jahren hatte ich da ein Radionormaler Auftritt sein würde? „Als interview mit Radio France. Als ich schwarze Sängerin, und erst recht ins Studio kam, hörte ich diese „Es war nicht klar, warum ich in jenen Tagen, war man sich desMusik spielen und dachte: ‚Hoppla, sen natürlich bewusst! Und es war wer ist denn das? Das ist ja wun­eingeladen wurde: Als Origineller nicht klar, warum ich eingeladen derschön.‘ Ich habe die Stimme ­Aufhänger oder aufgrund wurde: als origineller Aufhänger nicht sofort erkannt, sie klang meiner Stimme“ oder weil man herausragend gut wunderbar dunkel und wie Samt. war. Ich gehe lieber davon aus, dass Die Redakteure haben mich groß es bei mir Letzteres war. Ich hatte angeschaut, während ich zuhörte, genau den Klang, den sich Wagner vorstellte, zudem war ich schlank und dann dämmerte es mir schließlich: ‚Ich glaube, das bin ich, und rank, was der Aura von Venus natürlich zugutekam. Ich fand oder?‘ Und sie nickten im Kreise: ‚Oui, oui, das sind Sie, natürlich, Wieland Wagner immer fair. Zu mir sagte er: ‚Wissen Sie, mein Madame.‘ Das muss 1957 oder ’58 gemacht worden sein, als ich Großvater hat Musik für Stimmfarben geschrieben, nicht für Haut- eben Judas Maccabaeus und Israel in Egypt aufgenommen hatte. Ich farben.‘ Und Maestro Sawallisch war geradezu enthusiastisch, was hatte diese Aufnahmen bis zu dem Zeitpunkt des Interviews wahrmeine Stimme betraf.“ scheinlich nie gehört. Damals ging es immer aufwärts in meinem Grace Bumbrys Venus-Geschichte ist nicht allein deshalb inte- Leben, ich hatte kaum Zeit zum Zurückschauen und bin auch nicht ressant, weil sie den meteorischen Aufstieg ihrer Karriere begrün- der Typ, der dauernd mit den eigenen LPs unter dem Arm herumdete, sondern weil sich an ihr auch herrlich die historische Frage gereist ist. Aber ich habe dort beim Zuhören auch verstanden, von „Was wäre, wenn …“ stellen lässt. Was also wäre, wenn Grace warum es so einen Aufruhr gab, als ich vom Mezzofach ins SopranBumbry nicht die erste afroamerikanische Sängerin auf dem Grü- fach gewechselt habe, denn es war schon ein sehr sinnlicher, ganz nen Hügel gewesen wäre? Sie spitzt die Ohren, als ich ihr in groben besonderer Klang.“ Zügen die Geschichte von Luranah Aldrige erzähle: Aldrige war Und warum hat sie gewechselt? Wegen der Rollen? Tochter eines sich als Prinz ausgebenden schwarzen Shakespeare„Nein. Das mit den Rollen ergibt sich zwar daraus, aber es war Schauspielers aus Manhattan und war 1896 als Sängerin im Ring aus rein gesundheitlichen Gründen. Ich bin immer nur meiner vorgesehen, der ersten Wiederaufnahme nach Wagners Tod. Damals Stimme, meinem Instrument gefolgt.“ kam allerdings eine Krankheit dazwischen. Aldrige war mit Eva Ist sie Musikerin oder Sängerin? Wagner befreundet, war Gast auf Wahnfried und korrespondierte „Das ist eine interessante Frage. Ich höre immer meinen Schümit Cosima. Bumbry hat von diesem obskuren Unterkapitel der lern zu, und meistens kann ich schon nach wenigen Minuten erkenHügel-Geschichte noch nicht gehört. Mit gespielter Zufriedenheit nen, ob es Musiker sind oder Sänger. Ich höre, ob sie ein Instrument nimmt sie zur Kenntnis, dass Luranah „nur“ für eine der Walküren spielen oder nicht, durch die Art, wie sie Phrasierung verstehen und vorgesehen war. „Na, das ist ja nun nicht ganz die gleiche Kategorie. ob sie wissen, wie man so richtig übt und sich in die Musik hineinAber was für eine interessante Geschichte. Ihr Pech, mein Glück.“ kniet. Ich selber habe ja mit sieben mit dem Klavierspielen angefanAuch eine bahnbrechende schwarze Venus hat Vorbilder und gen und erst mit 15 das Singen begonnen. Und ich liebe das Klavier. Vorreiterinnen: „Selbstverständlich. Ich war zwar selber immer Pio- Und das Cello. nier, aber da war natürlich Leontyne Price, eine enorm wichtige Da ist zum Beispiel dieses wunderbare Lied von Fauré, Après Wegbereiterin, und Gloria Davy, die viel in Deutschland sang und un rêve. Ich habe es selbst gesungen und konnte das, in aller Bescheiauch eine Wegbereiterin war, und Dorthy Maynor. Und natürlich denheit, richtig gut machen – mit schönem langen Atem und allem. Marian Anderson! Obwohl Marian Anderson nie die Möglichkeit Bis ich es dann einmal Rostropowitsch als Zugabe spielen hörte, bei hatte, Oper zu singen, bis auf die eine Ausnahme an der Metropoli- einem Konzert von uns im Kennedy Center. Aber nun kann das tan Opera, die aber viel zu spät in ihrer Karriere. Diese Persönlich- Cello ja so viel elastischer spielen und Rostropowitsch mit seinem keiten waren absolute Ausnahmen. Und das war immer die Situa- endlosen Bogen: Kurzum, ich konnte das Lied zwölf Jahre lang nicht tion für uns: Man musste eine Ausnahme sein. Für schwarze Sänger mehr singen. Es war für mich ruiniert, weil ich Rostropowitsch gab es keinen Platz für Mittelmäßigkeit – und es gibt ihn wohl auch nicht aus meinem Ohr, meiner Seele bekommen konnte und heute noch nicht. Man musste wirklich außerordentlich gut sein, dadurch immer versuchte, seinem Cello nachzueifern.“ wenn man weiterkommen wollte. Und ich hatte außerordentliche Grace Bumbry versteckt sich hinter ihrem Cappuccino: „Ich Vorbilder. Ich kannte sie, habe zu ihnen aufgeschaut, und ich wusste, glaube, meine Liebe zu den Instrumenten um was es ihnen ging.“ übersteigt vielleicht sogar meine Liebe … Gehörte auch Shirley Verrett zu diesen Vorreiterinnen? „Gott Nein, nein, ich kann nicht sagen ‚übersteigt behüte!“ Mein Satz wird abgeschnitten, bevor ich ihn ganz ausspremeine Liebe zur Stimme‘. Nein, nein, nein, chen kann: „Sie war eine Kollegin; was gibt’s da groß aufzuschauen?!“ nein. Ich liebe sie gleichermaßen, InstruNach einer Schock-Sekunde, in der ich kleinlaut schweige, lachen mente wie Stimme.“ ■ wir beide laut los. Ich versuche mich zu retten: „Ich meinte nur, weil The Art of Grace Bumbry (Deutsche Grammophon) doch Shirley Verrett älter war.“ „Ja, sieben Jahre.“ (Sechseinhalb.) 10

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Februar – März 2017


„­Mich begeistert DAS Wort, ­das KLANG wird“

crescendo: Frau Fiolia, erinnern Sie sich noch liebe es, neue Sachen zu entdecken. Eigentlich daran, als Sie das erste Mal die Tasten eines wollte ich damals an der Musikhochschule auch Klaviers berührt haben? gerne noch eine Aufnahmeprüfung für Inga Fiolia: Seit ich denken kann, gehört das Jazz-Klavier machen, schließlich ist mein Vater Instrument zu meinem Leben. Das Klavier war auch Jazz-Musiker. Dazu ist es aber leider nie für mich immer etwas ganz Selbstverständligekommen. ches. Ich kann mich daran erinnern, dass ein Sie haben auch ein Faible für Liedbegleitung. Musiker zu uns in den Kindergarten kam, um Was macht für Sie den Reiz aus? etwas vorzuspielen. Das war in Georgien, ich Ich liebe Worte. Mittlerweile spreche ich sechs muss ungefähr drei Jahre alt gewesen sein und Sprachen. Georgisch ist meine Muttersprache, war völlig fasziniert davon, wie er mit Tönen aber in Moskau bin ich zur Schule gegangen, Geschichten erzählen konnte. Mir war klar: deshalb ist mir Russisch ebenfalls vertraut. Das will ich auch! Also habe ich erst einmal Ansonsten spreche ich Deutsch, Englisch, improvisiert. Ich wollte meinen kindlichen Gefühlen Newcomer Französisch und Italienisch. Aber die Sprache, in der ich wahrscheinlich mit Klängen Ausdruck verleihen und mich am liebsten ausdrücke, ist die Musik. In der Liedbehabe wild herumfantasiert. Danach habe ich dann Klaviergleitung verbinden sich letztlich die Sprache der Worte und unterricht von meiner Großmutter bekommen. die Sprache des Klangs zu einer oft doppeldeutigen Sprache. Am Anfang stand also die Improvisation; welche Rolle spielt sie Da geht es dann um Klangfarben, darum, das gesungene Wort zu heute noch für Sie? illustrieren oder in der Musik das Gegenteil dessen zu behaupten, Die Liebe zur Improvisation ist immer geblieben. Und ich glaube, was der Sänger singt – oder seine Innenwelten darzustellen. diese Leidenschaft macht einen Musiker aus. Meine Lehrer haben Nun erscheint Ihr erstes Album mit Musik von Mikhail Glinka. diese Tugend auch stets gefördert. Ich habe in Moskau bei Prof. Warum haben Sie sich ausgerechnet für ihn entschieden? Alexey Nasedkin studiert, der der Neuhaus-Schule angehört. Da Ich liebe russische Musik und habe mal im Glinka-Museum in steht nicht die technische Perfektion im Vordergrund – sie wird Moskau gespielt. Außerdem waren mir seine Opern bekannt. Als ich vorausgesetzt. Viel wesentlicher ist der musikalische Ausdruck. Mit mir irgendwann eine Aufnahme von seinen Klavier-Variationen 16 Jahren kam ich dann nach Köln, um bei Vassily Lobanov zu anhören wollte, musste ich feststellen, dass es da nichts gab. Also studieren, der mit Swjatoslaw Richter gespielt hat, einem meiner habe ich beschlossen, sie einfach selber aufzunehmen. Es ist schon großen Vorbilder. Lobanov ist auch Komponist und ein bewunbesonders aufregend, wenn es keine Aufnahmen von einem Werk dernswerter Musiker, der mich sehr inspiriert hat. Letztlich geht es gibt. Oft orientiert man sich ja unbewusst an dem, was existiert. Ich in der Improvisation und in der Interpretation immer darum, eine konnte nun etwas ganz Eigenes schaffen, Neuland betreten. Für künstlerische Botschaft zu haben und etwas mit der Musik zu mich war es spannend, in den Klavier-Variationen zu sehen, woher vermitteln. Wir dürfen nicht vergessen: Musik entsteht immer im Glinka musikalisch kommt und was ihn beeinflusst hat. In dieser Moment, in ihr verschmelzen das Geplante und das Intuitive. Alles Musik sind viele Inspirationen versteckt, auch aus seinen Opern andere langweilt mich, vor allen Dingen, wenn es nur um die oder aus der Volksmusik. Glinkas Ton-Kosmos ist äußerst abwechsTechnik geht. Musiker sind schließlich keine Roboter. lungsreich, und das fordert mich heraus und begeistert mich. Wenn Mit welchen Überlegungen nehmen Sie ein Soloprogramm in ich einmal anfange, diese Musik zu spielen, kann ich nicht mehr Angriff? aufhören, sie ist wie ein Rausch. ■ Meistens überlege ich einfach, worauf ich Lust habe. Ich spiele so Glinka: Complete Piano Works Vol.1, Inga Fiolia (Grand Piano) vieles gerne und will mich auch gar nicht auf ein bestimmtes Track 2 auf der crescendo Abo-CD: Variationen über das russische Repertoire festlegen. Deshalb versuche ich in meinen Programmen, Volkslied „Unten im tiefen Tal“ a-Moll von Glinka die Stile zu mischen, und spreche auch gern mit dem Publikum, um Termine: 11.02.2017 Köln, Steinway Haus / 14.02.2017 Düsseldorf, ihm etwas zu den Werken zu erzählen. Mich begeistert die Musik, Steinway Haus / 17.02.2017 München, Steinway Haus / 01.03.2017 die gerade vor mir steht: Bach genauso gerne wie Beethoven oder Frankfurt, Steinway Haus / 07.03.2017 Daun, Forum / 04.04.2017 Herzberg Brandenburg, Chopin. Aber auch Werke von georgischen Komponisten wie Schloss Grochwitz / 12.05.2017 Zittau, Euroregionales Kulturzentrum St. Johannis Zinzadse, Gabunia, Kantscheli, Maschawariani oder Lagidze. Ich 11

F oto: T h o mas E r n s t

Die junge georgische Pianistin Inga Fiolia verbindet die geplante Klugheit mit der spontanen Interpretation. Die Musikerin, die in Tiflis und Moskau aufgewachsen ist, lebt seit zehn Jahren in Köln. Auf ihrem ersten Solo-Album widmet sie sich der Musik von Mikhail Glinka. V o n K a t h e r i n a K n e e s


k ü n s t l e r

gidon Kremer: demokratischer König Der Geiger wird 70, seine Kremerata Baltica 20 Jahre alt. Gemeinsam haben sie nicht nur die Musik neu erhorcht, sondern auch die Welt ein bisschen besser gemacht. von Dorothea Walchshäusl

A

ls Gidon Kremer 1979 die Kremerata Baltica gründete, um begabte Musiker aus den drei jungen baltischen Staaten zusammenzuführen, war das ein Projekt für einen Sommer. Inzwischen dauert dieser Sommer zwei Jahrzehnte, und das Orchester steht für verlässlich warme, lichte Klangkultur und sensible Interpretationen oftmals unbekannter Werke. Den Stamm von rund 18 Musikern nennt Kremer „meine musikalischen Kinder“ – ihr Durchschnittsalter liegt bei 30 Jahren. Inzwischen sind viele neue Mitglieder hinzugekommen, andere sind weitergezogen, und Kremer stellt fest: „Auch wenn 20 Jahre vergangen sind: Der Geist der Kremerata ist bis heute der gleiche.“ Er weist weit über die Qualität der einzelnen Mitglieder hinaus, hat viel mit Hingabe zu tun, mit einer bestimmten Sicht auf die Musik. „Es geht nicht nur darum, Musik auf höchstem Niveau zu machen“, sagt Kremer. „Es geht mir vor allem um Offenheit, darum, aufgeschlossen zu sein – gegenüber Menschen, neuen Ideen und außergewöhnlichen Projekten.“ Das Ergebnis sei eine „wunderbare Mischung aus Erfahrung und Unschuld“, welche die Kremerata Baltica auszeichne. Kremer selbst nimmt als Leiter die Rolle eines „guten Königs“ ein, wie er sagt, 12

agiert als Lenker und musikalischer Vater, hält die Fäden zusammen und sorgt für Disziplin. Dieses Jahr feiert der König ebenfalls Geburtstag – seinen 70. In gewisser Weise folgt Kremer als Künstler-König dem Vorbild einer der prägendsten Figuren auf seinem eigenen künstlerischen Weg, seinem Lehrer David Oistrach, bei dem er ab 1965 in Moskau studierte. „Oistrach war unglaublich tolerant und generös“, erinnert sich Kremer, und er habe ihm dabei geholfen, seinen ganz eigenen Stil zu finden. Der Name Gidon Kremer ist immer auch mit dem Streben nach Freiheit verbunden – in der Musik ebenso wie als politischer Mensch. „Ich wollte nie das Übliche, ich wollte mich nie einreihen“, sagt Kremer, dann räuspert er sich und fügt hinzu: „Ich weiß nur zu gut, was Druck von oben bedeutet.“ Als Sohn und Enkel zweier Geiger stand er von Beginn an unter großem Leistungszwang. „Mein Beruf war bereits vor meiner Geburt entschieden“, sagt der Geiger. Er wertet das nicht. Er stellt es fest. Aber dann lacht er rau auf. Irgendwann habe er die Entscheidung seiner Eltern auch für sich selbst getroffen: „Wenn ich schon gezwungenermaßen Geige spielen muss, will ich das bewusst zu meiner Berufung machen.“ Und das ist ihm auch gelungen. 1969 gewann er den Paganini-Wettbewerb, www.crescendo.de

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F oto: K r i s ti j o n as Ku c i n skas / DG ; A n g i e K r e m e r

1970 den Tschaikowsky-Wettbewerb, Auftritte mit Martha Argerich, die und schnell galt der lettische Virtuose Beschäftigung mit dem Alban Bergmit der fesselnden Präsenz auf der Violinkonzert, den Bach-Sonaten, mit Bühne und dem farbenreichen und Astor Piazzolla.“ Im Laufe seines innigen Spiel als führender Interpret Lebens hat Kremer auch seine Klangseiner Generation. Gidon Kremer zone ausgeweitet, stets auf der Suche Gidon Kremer AUF TOURNEE hatte sich freigespielt. nach unbekanntem Repertoire und 28.2. Krün Schloss Elmau Politisch musste er sich erst noch unbekannten Komponisten wie 2.3. Berlin Philharmonie befreien. 1980 blieb er länger im WesMieczysław Weinberg, der auch durch 4.3. Regensburg Universität ten, als es ihm sein sowjetisches Visum Kremers Interpretationen bekannt erlaubte. Kremer entschied sich, nicht geworden ist. 5.3. Baden-Baden Festspielhaus mehr in die UdSSR zurückzukehren. Gleich einem Schatzsucher spürt 7.3. Neumarkt in der Oberpfalz Reitstadel Auch das war der entschlossene Schritt Kremer nach Werken, deren Geist ihn 8.3. München Philharmonie Gasteig eines Individualisten, der die kritische berührt. Habe er ein solches gefunden, 9.3. Bochum Anneliese Brost Musikforum Ruhr Selbstreflexion jedem zornigen Dogkönne er stur sein und durch Wände 5.4. Hamburg Elbphilharmonie matismus vorzieht und nie allein gehen, wenn es sein muss. Oft entstehen 23.4. Potsdam Nikolaisaal Potsdam Musiker ist. Gidon Kremer ist in allem, dann kunstvolle Projekte, die sich dem 24.4. Bielefeld Rudolf-Oetker-Halle was er tut, immer auch Humanist. Schubladendenken und den Regeln der 11.5. Kronberg tba Es gibt verschiedene Leitsätze, breiten Vermarktbarkeit entziehen, und die Gidon Kremer im Laufe seines reinicht selten hat er diese selbst finanziert, 14., 15.5. Stuttgart Liederhalle chen Künstlerlebens für sich entdeckt um sie realisieren zu können. hat. „Jeder Mensch muss respektiert Erlebt man den Künstler auf der werden für das, was er ist“, lautet einer. Oder: „Vertrau keinem, der Bühne, zeugt sein Spiel von der kompromisslosen Hingabe eines weiß, wie es geht.“ Dabei ist Kremer eigensinnig im besten Sinne Besessenen. Jeden Ton, jede Spannung und jede harmonische Wengeblieben, ein steter Zweifler und unerschrockener Entdecker, den dung scheint er im Moment seines Spiels neu zu entdecken. Als leigerade jene Dinge reizen, die jenseits des glatten Mainstreams lie- denschaftlicher Interpret stellt Kremer seine ganze Kraft in den gen. Dienst der Musik, meidet jede überflüssige Geste, scheint im Zurzeit feilt er an einem Projekt mit dem Titel „Bilder aus Moment versunken und ist doch blitzwach. Oft steht er dann im Osten“. Es setzt sich auf ganz eigene Art mit der Flüchtlingskrise langen weißen Hemd auf dem Podium, hält die Augen geschlossen auseinander: Kleine animierte Steinskulpturen des syrischen Künst- und geht leicht in die Knie, bevor er mit ruhiger Bewegung den lers Nazir Ali Badr sind auf einer Leinwand zu sehen, während im Bogen auf die Saiten setzt. Es ist eine innige, süß schmelzende Hintergrund Melodien aus dem Tierkreis von Stockhausen gespielt Stimme, die er seinem Instrument schließlich entlockt: ein existenwerden. Im Wechsel zu den Filmsequenzen erklingen außerdem ziell berührender Ton, der unter Kremers Händen fordern kann sechs Klavierduo-Stücke von Robert Schumann, die Kremer für und aufbegehren, zärtlich liebkosen, fröhlich tänzeln und tief trauKammermusikensemble arrangiert hat. So entsteht ein zärtliches, rig weinen. eigenwilliges und berührendes Gesamtkunstwerk – ein musikaliNun gäbe es allen Grund zum Feiern. Doch blumige Ehrungen sches Spiegelbild des Menschen Gidon Kremer. liegen dem zurückhaltenden Skeptiker ebenso wenig, wie er sich „Musik vermittelt Emotionen, doch sie tut weit mehr als das. mit einer wehmütigen Gesamtschau aufhalten möchte. „Was ist Sie trägt den menschlichen Geist in sich“, sagt der Geiger, dem kaum noch zu tun?“ Das sei die Frage, die ihn angesichts der zwei Jubiläen etwas suspekter ist als Musik um des Vergnügens willen, der Show- am ehesten umtreibe, und noch mehr als früher habe er den starken gebaren ohne Substanz bekämpft. Es erschüttert Kremers Musikver- Wunsch, etwas zu vermitteln, sich mitzuteilen in Tönen und in ständnis bis ins Mark, wenn ein Name mehr als der Inhalt und die Worten und die Menschen mit seiner Musik zu erreichen. Qualität eines Musikers gilt. Reine Perfektion berührt ihn nicht, er Im Frühjahr erscheint eine CD mit Trios von Sergej Rachmanisucht nach Persönlichkeiten, die seinen Anspruch an eine Musik now, außerdem wird es eine Einspielung der Kammersymphonien jenseits der „nur schönen Töne“ teilen, Musiker wie Daniil Trifonov von Weinberg geben. „Das Feuer ist da in mir“, sagt Gidon Kremer. oder Dmitry Masleev. „Man sollte nie aufhören, sich zu wundern und andere zu überraIm Laufe seiner Karriere hat Kremer mit unzähligen renom- schen“ – auch das ist einer der Schlüsselsätze von Gidon Kremer, und mierten Musikerkollegen zusammengearbeitet und sich mit unter- für ihn sei das der beste Weg, um im Jetzt zu sein und ganz aufzugeschiedlichsten Werken und Komponisten auseinandergesetzt. Fern hen in dem jeweiligen Tun. „Ganz bei sich zu sein – das ist es, worum der Dogmen und starrer Scheuklappen hat er sich leiten lassen von es letztlich geht“, sagt Kremer. Dann verabschiedet er sich, eilt hinaus seinem Streben nach Offenheit, Persönlichkeit und Ehrlichkeit. zur Tür. Es gibt noch viel zu tun. ■ Heute kann er auf zahlreiche außergewöhnliche Musikerlebnisse „Preghiera“, Rachmaninov Piano Trios, Kremer, zurückblicken, wobei er überfordert abwinkt, wenn er gebeten wird, Dirvanauskaité, Trifonov (Dt. Grammophon) die besonders prägenden zu nennen. Mieczysław Weinberg: „Chamber Symphonies, ­Piano „Das ist unmöglich“, sagt er und hebt die Hände. „Da gab es so Quintet“, Kremerata Baltica, Gidon Kremer (ecm) vieles: die Zusammenarbeit mit Bernstein und Harnoncourt, die 13


p e r s o n a l i e n

G e s t o r b e n

Hei nric h S c h iff „Die Saiten schweigen“, titelte der SWR, als ein Tag vor Weihnachten die Nachricht kam, dass der Cellist und Dirigent Heinrich Schiff in einem Wiener Krankenhaus verstorben war. Mit kaum 65 Jahren. Lange war er krank gewesen. Viele wussten davon, doch Schiff, dieser leidenschaftliche, kompromisslose, unersättliche Künstler, der sich nie schonte, wusste es wohl am besten. „Ich verglühe wie eine Zigarre, die man auf beiden Seiten zugleich angezündet hat“, räumte er bereits 2004 ein. Nun ist er gegangen. Unsterblich bleibt seine große Kunst, der unmittelbare Ausdruck, die Intensität, die Emphase seines Spiels. Jede Phrase, etwa von Bach, wusste er elegant zu ziselieren, in Ton zu „meißeln“, präzise in allen Lagen und dynamischen Registern. Die Bogentechnik hatte sich der junge Schiff beim berühmten André Navarra abgeschaut. Seine Einspielung der Bachschen Suiten wurde 1985 zur Referenzaufnahme und für Nikolaus Harnoncourt, einst selbst Cellist, zu einer „der eindrucksvollsten Interpretationen“, die er je gehört hatte. Unvergesslich bleibt Heinrich Schiff auch als Mensch, als Pädagoge. Nicht immer umgänglich. Eher direkt und oft eigenwillig. „Meist rauschte er in seinem Porsche 928 an. Wenn das weiße Coupé mit dem roten Cellokasten unter der Glasabdeckung des Kofferraums gegenüber der Kirche stand, wusste man: Schiff ist da“ (BR). Schüler Daniel Müller-Schott erinnert sich an Zeiten in Schiffs Haus am Attersee. „Er war wahnsinnig großzügig. Wir haben in seiner Küche gekocht und dann wieder geübt. Wir haben Billard gespielt, durften auf seinen Celli spielen. Und sogar sein Auto benutzen.“ Schiffs Selbstironie kam am besten in Interviews heraus. In einem, das wir führten, beschrieb er sich als einen Mann mit viel „zu kurzen Armen“, als „Metzgerstyp mit Wurstfingern“. Den oft unter Cellisten vertretenen Typus des „langgliedrigen, groß gewachsenen, melodie-

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säuselnden Schönlings“ beneidete er fast ein bisschen. Mit dem Narzissmus, der diesem Typus oft nachgesagt wird, hatte er, der „musikalische Handwerker“ Schiff, allerdings nichts am Hut. „Cellisten sind eher Kitschbrüder als Geiger“, lachte er. „Das liegt daran, dass, wenn sie klein sind

und mit dem großen Cello herumlaufen, die alten Tanten so begeistert sind. Da ist ein starkes Verhältnis zum Bewundertwerden.“ Bewundert wurde Schiff, der 1951 in einem Musikerhaushalt in Gmunden geboren wurde, nicht. Dazu lag die Messlatte zu hoch. Seine Mutter Helga Riemann war die Enkelin des berühmten Musikwissenschaftlers Hugo Riemann, sein Vater Pianist. Beide waren auch Lehrer und Komponisten, was Schiff nachhaltig auch in der Wahl seines Repertoires prägte. Mit Enthusiasmus transportierte er die Botschaften der zeitgenössischen Komponisten in die Welt. Packend seine Version des Ersten Cellokonzerts von Schostakowitsch. Henze, Rihm, Otto M. Zykan, Křenek, Lutosławski schrieben Werke für ihn. „Die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik kann anstrengend bis schmerzhaft sein“, räumte Schiff im Gespräch allerdings ein. Das aber sei der Sinn: „Der Wunsch des Komponisten, die Auseinandersetzung mit dem Publikum zu pflegen. Es ist auch gleichzeitig die Auseinandersetzung mit sich selbst.“ Nur mit Friedrich Gulda, der für ihn ebenfalls ein Cello(!)konzert schrieb,

kam es zum Zerwürfnis, weil Schiff es bei den Salzburger Festspielen durch eines von Haydn ersetzt hatte. Doch auch Schiff war nicht selten dünnhäutig. Rasch konnte er sich durch Fotografen oder Huster gestört fühlen. Legendär sein Unmut über ein undichtes, tropfendes Dach in der Kieler Petrus­ kirche – bei einem Konzert in Anwesenheit von Prinz Charles. Seine Liebe galt der Kammermusik, viele CDs zeugen davon, obwohl er der Branche kritisch gegenüberstand: „Viele Menschen verstehen Musik anders und meinen, es sei so eine Art Feierabend-Dekoration, mit der man leben kann. Das liegt nicht an ihrer vermeintlichen Dummheit oder Trägheit, es liegt daran, wie die klassischen Interpreten und deren Mithelfer, Plattenfirmen, Veranstalter, das vermarkten. Wie sie dem Zuhörer suggerieren, es handle sich um ein gesellschaftliches Ereignis. Wie heißt es schön: ,Erleben Sie Meisterwerke der klassischen Musik im historischen Ambiente und genießen Sie nachher aus der Küche des Chefs …‘“. Er schimpfte über das „Crossover-Getue“, wunderte sich, dass Leute, die er sehr schätzte, ihm plötzlich rieten, sein „Image“ zu ändern, damit es „besser laufe“. Dabei lief es gut. Das kulturpessimistische Gezeter und Jammern auf hohem Niveau konterte er mit Statements wie: „Uns Musikern geht es gut. Wir haben keine Not, leiden auch nicht unter Publikumsschwund.“ Und: „Auch negative Rezensionen gehen eher am Publikum vorbei.“ Wie Harnoncourt drängte es Schiff später zum Dirigieren. Unerträgliche Schmerzen in Schultern und Arm zwangen ihn, sein legendäres Stradivari-Cello, die 300 Jahre alte Mara, der sogar Wolf Wondratschek einen Roman widmete, beiseitezulegen. „Wieso schade?“, antwortete er auf mein Bedauern. „Das ist eine Frechheit. Es gibt so viele andere Cellisten, die das gut machen.“ Doch nur einen Heinrich Schiff.

Teresa Pieschacón Raphael

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hören & sehen Die besten CDs, DVDs & Vinylplatten des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Attila Csampais Auswahl (Seite 16)

Maurice Steger

Solo

Bunte ­Reiseerinnerungen Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen und meist hat er auch das ein oder andere Andenken im Gepäck, das ihn an grauen Tagen vom Urlaub zehren lässt. Der Flötist Maurice Steger präsentiert auf seinem neuen Album „Souvenirs d’Italie“ eine ganze Reihe derartiger Mitbringsel, die Aloys Thomas Raimund Graf Harrach im 18. Jahrhundert bei seinem mehrjährigen Italienaufenthalt sammelte und für die Nachwelt dokumentierte. So finden sich auf dem Album Konzerte, Sonaten und Ciacconas verschiedener Komponisten wie Giuseppe Sammartini, Nicola Fiorenza oder Leonardo Vinci – allesamt Schmuckstücke voll Vitalität und Virtuosität. Steger inszeniert diese mit der ihm eigenen Wendigkeit und Expressivität im Ausdruck, wobei insbesondere die dynamisch auftrumpfenden Passagen in den Bann ziehen. So weht ein Hauch des Südens durch dieses musikalische Reisealbum, das so manch grauen Tag erwärmen mag. dw

F oto: M o l i n a V i s ua l s

„Souvenirs d’Italie. Mr Harrach’s Musical Diaries“, Maurice Steger (Harmonia Mundi) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Amoroso“ aus dem „Flötenkonzert d-Moll“ von Sarro

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h ö r e n & s e h e n

Die Empfehlungen von Attila Csampai

Interpreten mit Aura, die einen unmittelbar ansprechen ... bestimmen Attila Csampais Februar-Auswahl.

„Somewhere“ – Rudi Wilfer (Gramola)

In Österreichs Jazzszene ist Rudi Wilfer eine Legende: Der 1936 geborene Pianist und Komponist spielte schon in den 1950er-Jahren in der Band des Klarinettisten Fatty George und löste dort Joe Zawinul ab, als dieser in die Staaten ging. Später gründete er sein eigenes Trio und spielte mit fast allen Größen der internationalen Jazzszene. Nach Zawinuls Tod komponierte Wilfer ein Requiem für seinen Freund, das 2009 uraufgeführt wurde, und aus dem er jetzt auch einige Stücke in sein neues Album „Somewhere“ übernommen hat. Diese in Salzburg produzierte CD ist eine Sensation, das schönste, suggestivste Solo-Album seit Langem und eine Lehrstunde in musikalischer Entschleunigung. Wilfer kreiert da in vier eigenen Stücken und vier bekannten Standards Slow Food vom Feinsten, eine meditative Traumreise in die intimsten Bezirke seiner Seele und das „Destillat aus acht Jahrzehnten wachen musikalischen Lebens“, wie Labelchef Richard Winter im Booklet schwärmt. Es ist die Rückkehr zur Simplizität und Schönheit des Wahrhaftigen, ein achtteiliges Adagio behutsam ertasteter zärtlichster Klangrede, die trotz der aufgehobenen Zeit sogartige Spannungsbögen zieht und den Zuhörer auratisch gefangen nimmt. Fünf Neumann-Mikrofone übertragen Wilfers Magie auch ins heimische Wohnzimmer. Mozart: Grosse Messe c-moll, KV 427 Solisten, Kammerchor & Hofkapelle Stuttgart, F­ rieder Bernius (Carus)

1783 nicht zu Ende geführt, sondern aus unerfindlichen Gründen im Incarnatus est abgebrochen: Vermutlich reagierte er damit auf den plötzlichen Tod seines ersten Sohnes Raimund Leopold, der nur wenige Wochen nach seiner Geburt verstarb. Zu seinen Lebzeiten wurde der Torso nur einmal in Salzburg aufgeführt und später in der Kantate Davide penitente ausgeschlachtet. Dennoch zählt auch das unfertige Opus zu seinen größten Schöpfungen und wurde seither von diversen Bearbeitern mehr oder weniger überzeugend vervollständigt. Jetzt hat auch der deutsche Chorleiter und Dirigent Frieder Bernius zusammen mit dem Musikologen Uwe Wolf die beiden fragmentarischen Teile Credo und Sanctus nach Mozarts Entwürfen ergänzt und neu instrumentiert und im Stuttgarter Carus-Verlag als Partitur-Ausgabe vorgelegt. Gleichzeitig veröffentlichte Bernius mit seinem Kammerchor und seiner Stuttgarter Hofkapelle eine klingende Version seiner neuen Fassung und konnte dafür exzellente Vokalsolisten wie die Sopranistin Sarah Wegener gewinnen. Bernius’ flüssige und schlanke Interpretation der fünfteiligen Messe überzeugt auf ganzer Linie und entfaltet sehr suggestiv das hohe dramatische Potenzial und die melodische Schönheit eines von Händel und Bach inspirierten Meisterwerks, das jetzt ziemlich bruchlos und durchaus behutsam Mozarts Intentionen nachspürt und ihnen Gestalt verleiht. Haydn: Fünf Klaviersonaten Markus Becker (CAvi-music)

Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio“ aus der „Klaviersonate a-Moll Hob. XVI: 34“ von Haydn

Allmählich rückt auch der Klavierkomponist Haydn in den Fokus von klugen Pianisten: Die beiden bedeutendsten geistlichen Werke Nach Marc-André Hamelin, Jean-Efflam Mozarts blieben unvollendet. Neben dem mysteriösen Requiem, seiner letzten Arbeit, hat Bavouzet und zuletzt der jungen Israelin Einav Yarden hat jetzt Mozart auch die Große Messe in c-Moll im Jahr auch der deutsche Pianist Markus Becker die unter einer recht 16

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spröden Hülle verborgenen Schönheiten und Experimente im Klavierwerk Haydns entdeckt und prägnant in Klang gesetzt. Im Booklet seines neuen Albums mit fünf ausgewählten Sonaten nennt der 53-Jährige drei entscheidende Kriterien für den Umgang mit Haydns diskreter Satztechnik: Klangfantasie, Phrasenbildung und ein Gespür für musikalische Rhetorik. Und genau diese Tugenden prägen sein ungemein klares, scharf konturiertes Haydn-Spiel, das die strukturelle Logik, den Einfallsreichtum und die vielen Überraschungen in den Vordergrund rückt und alles Gefühlige und Unklare komplett ausblendet. Beckers preußische Akkuratesse grenzt gelegentlich fast an Pedanterie, denn selbst in den empfindsamen langsamen Sätzen weicht er keinen Zollbreit ab von seiner präzise durchartikulierten, trocken-pointierten Spielweise. Diese Überdeutlichkeit hat nichts Verführerisches oder Einschmeichelndes, sondern unterstreicht die Modernität dieser Werke: Es ist das Laboratorium der Wiener Klassik. Mendelssohn: Symphony No. 1 & 4 London Symphony Orchestra, Gardiner (LSO live)

Strauss konzentrieren, die in diesem Opernschocker von 1909 bis in die Grenzbereiche der Tonalität vordringt. Hier agiert das 110-köpfige PSO mit einer dramatischen Wucht, die einem den Atem raubt und so manches echte Opernorchester das Fürchten lehrt: Man erlebt reines Kopfkino – einen antiken Doppelmord im Zeitraffer. Völlig verwandelt und geradezu verführerisch schmeichelnd zeigt es sich dann in der wienerisch-nostalgischen Rosenkavalier-Suite, deren Walzer-Seligkeit dem Wiener Honeck genetisch eingepflanzt scheint. Tschaikowsky: Symphony No. 6 Budapest Festival Orchestra, Iván Fischer (Channel Classics)

Im Kopfsatz von Tschaikowskys Sechster gibt es den vermutlich größten jemals notierten dynamischen Kontrast überhaupt – vom sechsfachen Pianissimo des verhauchenden Solofagotts zum Fortissimo des anschließenden Orchesterschlags, damit, so Tschaikowsky spöttisch, „die Musikgelehrten wissen, wann die Durchführung beginnt“. Doch auch dieses wüste Einbrechen der Schicksalsmächte bleibt in Iván Fischers neuer Deutung mit seinem wieder auf Topniveau spielenden Budapest Festival Orchestra merkwürdig zivilisiert und klangschön, wie wenn ihm der große, noble Erzählstrang seiner betont lyrischen Deutung wichtiger sei als drastische Effekte. Er legt einen sanften Schleier der Melancholie und des Elegischen über die vielen dramatischen Ausbrüche dieser letzten Arbeit Tschaikowskys: So klingt auch der bizarre, zwischen Realität und Traum pendelnde Geschwindmarsch im dritten Satz hier fast wie zarte Märchenmusik. Erst im letzten Satz spürt man dann die Unausweichlichkeit und die Düsternis des nahenden Endes. Die angefügten Polowetzer Tänze aus Borodins Oper Fürst Igor sorgen aber für einen positiven Ausklang.

John Eliot Gardiner ist eine Ikone der britischen Originalklangszene: Bereits mit 21 gründete er den Monteverdi Choir, später die English Baroque Soloists und 1990 das Orchestre Révolutionnaire et Romantique. Daneben war er Chefdirigent diverser Sinfonie- und Opernorchester. Kaum ein anderer Dirigent verfügt über so umfassende musikalische Kenntnisse und Erfahrungen: So klingt das traditionsreiche London Symphony Orchestra unter seiner Stabführung so knackig, kompakt, schlank und polyfon aufgefächert wie ein historisch informiertes Kammerorchester. Sir John hat mit ihm gerade sein drittes Mendelssohn-Album veröffentlicht, mit LiveMitschnitten der Sinfonien I und IV, und die Londoner Topmusiker folgen seinen rasanten Tempi mit telepathischer Hingabe und Präzision. Vor allem die c-Moll-Sinfonie des 15-jährigen Mendelssohn hebt Gardiner in den Rang eines Meisterwerks, indem er die Ginastera: Klaviermusik Michael Korstick (cpo) Aufbruchsstimmung, die Frische und den Überschwang des Werks mit tänzerischer Leichtigkeit in wunderbar fließende Michael Korstick zählt zur seltenen Spezies des Klangrede übersetzt. Man spürt hier auf Schritt und Tritt die intelligenten, unbestechlichen Virtuosen: Sein Nähe der Sommernachtstraum-Ouvertüre, die nur kurze Zeit späweltweit gefeierter Beethoven-Zyklus war ein ter entstand, und dieser pulsierende Märchenzauber und diese solches Manifest konzessionsloser Objektivitänzerische Anmut prägen dann auch die ähnlich rasante Auffühtät, doch auch seine zahlreichen Einspielungen rung der Italienischen. des romantischen Repertoires bezeugen seine rigorose Werktreue. Sein neuestes Album widmete er der weithin unbekannten Klaviermusik des Argentiniers Alberto Ginastera. Der schöpfte, wie Strauss: Elektra & Rosenkavalier Pittsburgh Symphony Orchestra, Honeck sein Vorbild Béla Bartók, aus den verschütteten Volksmusiktradi(­Reference Recordings) tionen seiner Heimat, verwandelte sie aber schon früh in einen In wenigen Jahren hat Manfred Honeck das ganz eigenen, von der europäischen Moderne beeinflussten komtraditionsreiche Pittsburgh Symphony Orches- plexen und obsessiven Stil, der in gedrängter Form rhythmischen tra zu einem der besten Orchester der USA Furor mit orchestraler Wucht auflädt: Kaum eines seiner von geformt: Da er ein besonderes Faible für die alten Tanztypen inspirierten Stücke der frühen Phase dauert länOper besitzt, setzt er in Pittsburgh gerne auch mal sinfonische ger als drei Minuten, und auch seine späteren drei Klaviersonaten Suiten aus bekannten Opern aufs Programm. Jetzt hat er eine gehen in ihrer substanziellen Power und Dichte an die Grenzen komplette SACD zwei Bühnenwerken von Richard Strauss gewid- des manuell Machbaren. Korstick glänzt da mit einer rhythmimet und dabei die 1944 von Artur Rodzinski arrangierte, weltweit schen Attacke und einer gestalterischen Souveränität, die einen bekannte Rosenkavalier-Suite mit einer eigenen Adaption von schon nach wenigen Takten elektrisieren und dann bis zur sperriStrauss’ Einakter Elektra gekoppelt, die die etwa 100 Minuten gen dritten Sonate von 1982 nicht mehr loslassen: Man erlebt ein lange Opernpartitur auf ein 33-minütiges „symphonisches 80-minütiges Feuerwerk archaischer Kraft, überbordender VitaliDrama“ verdichtet: Da der Hörer hier nicht durch die mörderi- tät und animistischer Magie, das diesem großartigen Komponissche Bühnenhandlung „abgelenkt“ wird, kann er sich vollständig ten endlich ein würdiges Denkmal setzt. auf die komplexe und hochexpressive Orchestersprache von 17


h ö r e n & s e h e n

Philip Glass

Wie Bilder im Nebel

Bei der Arbeit mit behinderten Kindern war dem Regisseur Robert Wilson aufgefallen, dass Gehirnregionen aktiviert werden, wenn Gesten, etwa ein Handschütteln oder eine Kopfbewegung, äußerst langsam und konzentriert durchgeführt werden. Dies übersetzte der Komponist Philip Glass in Musik und popularisierte damit einen Musikstil, der Kult wurde: die Minimal Music. Kleinste melodische Zellen wiederholen sich permanent, verändern dabei allmählich die Klangfarbe. Elektrisch verstärkte Blasinstrumente und Orgeln, Synthesizer und Stimmen – vom Tontechniker dyna-

misch reguliert – erhöhen die Wirkung. „Wie Bilder im Nebel, die langsam sichtbar werden“, sagt Glass. Und räumt ein, dass Musiktheorien ihm „egal“ sind. 1976 wurde das Duo berühmt mit seiner Oper Einstein on the Beach. Weiß gekleidete Menschen tanzen in dieser Neuaufnahme nach der Choreografie von Lucinda Childs, die bei der Uraufführung in Avignon dabei war. Einstein taucht als stummer Geiger auf, eine „unendliche Geschichte“ wird erzählt, in Bildern, die sich verflüchtigen. Vier Stunden ohne Pause. Es ist wie bei Wagner: Love it or hate it. TPR

F oto: M a r i e- N o e l l e Ro b e rt

Neue Welten

Philip Glass und Robert Wilson: „Einstein on the Beach“, Théâtre du Châtelet, Lucinda Childs (Opus Arte)

Krystian Zimerman

Max Reger

Vulkanische Energie

Höret hin, ruft uns die Stimme

Vor 41 Jahren gewann Krystian Zimerman den Warschauer ChopinWettbewerb. Seither zählt der streitbare Virtuose zu den weltweit gefragtesten Pianisten, und er ist seiner konzessionslosen musikalischen Linie bis heute treu geblieben. Fast alle seine für das Gelblabel produzierten 30 Alben genießen Kultstatus, und so lag es nahe, jetzt einige seiner legendären Konzertaufnahmen zu seinem 60. Geburtstag wieder aufzulegen, diesmal auf 180 Gramm schweren LPs, die offenbar auch neu gemastert wurden: Mein Favorit sind die beiden Rachmaninow Konzerte Nr. 1 und Nr. 2, die Zimerman 1997 und 2000 in Boston unter Seiji Ozawa einspielte, und die jetzt sorgsam auf zwei LPs überspielt wurden. Die musikalische Qualität beider Aufnahmen ist schlicht phänomenal, voller Leidenschaft und überbordender vulkanischer Energie und zugleich von einer manuellen Präzision und einer gestochenen Prägnanz, wie man es in dieser Perfektion selten zu hören bekommt: Für solche alterslosen Referenzen ist Vinyl das adäquate Forum. ac

Max Reger, der trockene Komponist, der eher von Organisten als dem Publikum geschätzt wird, bekommt im 100. Todesjahr ausgerechnet durch zwei Gesamteinspielungen eine Imageaufwertung. Die Qualität, Varietät und insbesondere Sinnlichkeit dieser Interpretationen, aber auch die gelungene Auswahl der Instrumente und Programme auf den jeweils 16 CDs zeigen Regers Werk als bunten, vielfältigen, hier gewitzigen, dort pompös-brechenden organischen Blumenstrauß. Bernhard Buttmann (Oehms) bildet in seinem chronologisch aufgebauten vierteiligen Zyklus auch die Orgelwelt Regers in ihrer Veränderung ab; Martin Schmeding (Cybele) konzentriert sich auf die Orgeln der beiden RegerZeitgenossen Klais und Sauer. Die Dokumentation ist in beiden Fällen erstklassig. Cybele bietet reichen, insbesondere auf Kopfhörer-Hörer ausgerichteten, hochauflösenden SACD-Klang, Oehms generell etwas mehr Klarheit. Eingebettet in den jeweils ersten Track jeder CD bei Cybele ist eine verbale Anleitung, wie die CD am besten zu hören sei. Die eigentlich nette Dame hat man leider spätestens ab der fünften CD dick. JL

Rachmaninov: „Piano Concertos Nos. 1 & 2“, Krystian Zimerman, Boston Symphony ­Orchestra, Seiji Ozawa (Deutsche Grammophon)

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Max Reger: „Sämtliche Orgelwerke“, Martin Schmeding (Cybele) / Max Reger: „Das gesamte Orgelwerk“, Bernhard Buttmann (Oehms)

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Februar – März 2017


h ö r e n & s e h e n

Solo

Khatia Buniatishvili

Tobias Feldmann

Kraftvoller Liszt

Farbenspiel

Es ist noch nicht lange her, da sorgte Khatia Buniatishvili als „Senkrechtstarterin“ für Aufsehen. Heute ist die georgische Pianistin längst eine feste Größe in der Musikwelt. 2016 erhielt sie für ihr Solo-Album „Kaleidoscope“ den begehrten ECHO Klassik. In einer bei Sony Classical erschienenen DVD-Einspielung mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta widmet sie sich ihrem Steckenpferd Franz Liszt. Im Zweiten Klavierkonzert setzt Buniatishvili mit ihrem hochvirtuosen Spiel kraftvolle Akzente und reiht in langsamen Passagen Töne wie glänzende Perlen aneinander. Solistin und Orchester treten in einen subtilen Dialog, etwa bei dem vom Solo-Cello und Klavier gestalteten Eröffnungsthema des Allegro moderato im zweiten Satz. Als originelle Interpretin zeigt sich Buniatishvili auch in Beethovens schwungvollem Klavierkonzert Nr. 1, das ebenfalls im Charles Bronfman Auditorium in Tel Aviv mitgeschnitten wurde. CK

Es ist wahrhaftig ein „Farbkonzept“, das Tobias Feldmann seinem zweiten Album „Polychrome“ zugrunde gelegt hat. Denn in der Tat führen er und der viel gelobte Pianist Boris Kusnezow den Hörer mit den Violin­ sonaten von Ravel, Prokofjew und Strauss durch drei ganz verschiedenfarbige kompositorische Welten. Über das Können und die musikalische Reife des 1991 geborenen, mehrfach ausgezeichneten Tobias Feldmann herrscht in der Klassikwelt einhellige Begeisterung. Wie vielfältig seine Ausdrucksmöglichkeiten sind, kann er auf der neuen CD besonders in der kontrastreichen (für ihn „schwarz-weißen“) Prokofjew-Sonate d-Moll op. 94a zeigen. Ganz wunderbar auch die traumartige Atmosphäre in Ravels Sonate posthume („blau-grün“) und der zärtlich einhüllende Ton im zweiten Satz der „feuerroten“ Strauss-Sonate ­op. 18. Spätestens hier wird jeder, sofern nicht schon geschehen, genussvoll die Augen schließen. JH

Khatia Buniatishvili: „Liszt: Piano Concerto No. 2. Beethoven: ­Piano Concerto No. 1“, Israel Philharmonic Orchestra, Zubin ­Mehta (Sony Classical)

Prokofiev, Strauss, Ravel: „Polychrome“, Tobias Feldmann, Boris Kusnezow (Alpha)

Boris Giltburg

Existenziell erschütternd Das Leben Schostakowitschs war geprägt von politischem Druck, und lauscht man seiner Musik, so lässt sie die Schwere und die Zerrissenheit dieser Zeit ebenso erahnen, wie sie von der persönlichen Stärke des Komponisten erzählt. Boris Giltburg widmet sich auf seinem neuen Album mit den zwei Klavierkonzerten von Schostakowitsch zwei Stücken, die diese Spannung eindrücklich in sich tragen und deren Kontraste er hochsensibel und mit feiner Anschlagskultur herausarbeitet. Dem Pianisten gelingt dabei eine mitreißende und mitunter erschütternd existenzielle Ausleuchtung dieser Werke, die von packender Präsenz und spielerischer Raffinesse zeugt. Besondere Highlights des Albums sind zudem die Klavierbearbeitungen zweier Streichquartette (No. 2, Walzer, und No. 8 komplett) durch Giltburg, bei denen durch die Reduktion der Stimmen der verletzlich intime Kern der Musik eindringlich und kompromisslos freigelegt wird. dw

Shostakovich: „Piano Concertos No. 1 & 2 – String Quartet No. 8“, Boris Giltburg, Rhys Owens, Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, Vasily Petrenko (Naxos)

Kammermusik

Johannes Moser und Andrei Korobeinikov

Auf Wolke sieben

Als „geniale musikalische Geschichtenerzähler“ bezeichnet Johannes Moser im CD-Vorwort die russischen Komponisten, denen er und Andrei Korobeinikov ihr neues Album gewidmet haben. Und tatsächlich entführen schon die ersten, orgelpfeifenhaft röhrenden Takte der Sonate für Cello und Klavier op. 119 von Sergei Prokofjew den Hörer in geheimnisvoll-bunte und tiefgründige Welten. Moser und Korobeinikov haben sich erklärtermaßen gesucht und gefunden – der Höreindruck bestätigt es. In vollkommener Harmonie gestalten sie die verschiedenen lyrischen, düsteren, humorvollen, entspannten und dann wieder hitzigen Ausdrucksnuancen, und in den Vordergrund treten sie jeweils nur, wenn der Notentext es gebietet: dem Klavier etwa in Rachmaninows Sonate für Cello und Klavier op. 19, dem Cello unter anderem in Scriabins wunderbarer Romance (Letztere im Original für Horn und Klavier). Ein „Wolke-sieben“-Kammermusik­ album. jh

Rachmaninov, Prokofiev: „Works for Cello and Piano“, Johannes Moser, Andrei Korobeinikov (Pentatone) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Vocalise op. 34 Nr. 14 für ­Cello und Klavier“ von Rachmaninov

F oto: S as h a G u s ov m e d

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Alte Musik

Kammermusik Leipziger Streichquartett

Joel Frederiksen

Dankgesang aus Leipzig

Geliebte Königin!

Eigentlich beeindruckt jeder Beethoven-Streichquartettzyklus – es gibt deren über 50 –, auch noch der soundsovielte. Das trifft zweifellos auf die Gesamteinspielung des Leipziger Streichquartetts zu, die zwischen 1994 und 2006 aufgenommen und jetzt frisch in eine 10-CD Box gesteckt wurde. Kompletter geht es fast nicht: Beethovens Bearbeitung der Klaviersonate op. 14/1 für Streichquartett ist dabei, genauso wie die 2011 nachgereichten Streichquintette. Das alles wird sauber und intonationsperfekt dargeboten, manchmal explosiv, mit hie und da mutigen Akzenten, aber doch homogener Schönheit verbunden und in tollem, detailliertem Klang, der von guten und exakten Lautsprechern sehr profitiert. Verstörender freilich spielt das Artemis Quartett Beethoven (Virgin/Erato), glühender das Takács Quartet (Decca), filigraner das Belcea Quartet (Alpha) und auf Teufel komm raus mitreißender das Quartetto di Cremona (Audite). Aber während ich dem Beethoven der Leipziger lausche, denke ich nicht an die anderen, sondern genieße schlicht. Wermutstropfen: Das vollständige Booklet gibt es nur online: mühselig und schade. JFL

Unmittelbar, nuanciert und wunderbar authentisch erfüllt Sänger-Lautenist Joel Frederiksen in seinem neuen Album „Tell me true love“ die Lieder des Renaissancekomponisten John Dowland mit Leben. Wie gerne hätte Dowland am Hof seiner Geliebten Königin Elisabeth I. gewirkt, was ihm zeitlebens misslang. Viele seiner Lautenlieder sind versteckte Liebeserklärungen an die „Virgin Queen“, deren sanfte Melancholie Frederiksen mit wohliger Bassstimme zeichnet. Da darf natürlich auch Dowlands wohl berühmtestes Lied Flow my tears nicht fehlen, hier in einer Consort-Fassung für fünf Gamben und eine Laute. Seit 2003 hat Frederiksen mit dem Ensemble Phoenix Munich einige brillante Alte-Musik-Spezialisten um sich geschart – den Anlässen gemäß in wechselnder Besetzung. So sind auf dem Album auch reine Instrumentalsätze zu hören, etwa die berühmte Frog Galliard in einer Version für drei Lauten. Renaissance at its best!

Beethoven: „Complete String Quartets & Quintets“, Leipziger Streichquartett (MDG)

MG

John Dowland: „Tell me true love“, Joel Frederiksen, Ensemble Phoenix Munich (dhm) Ann Hallenberg

F oto: Lu dw i g O l a h

BaRockstar

Orchester

Sigismund Ritter von Neukomm

Hörenswerter Unbekannter

Die Biografie des Haydn-Schülers und -Mitarbeiters Sigismund Ritter von Neukomm ist beeindruckend – nicht nur für damalige Verhältnisse. Als Klavier- und Gesangslehrer, später als Komponist und höfischer Kapellmeister wirkte er in etlichen Ländern Europas und sogar in Brasilien. Die Weltersteinspielung seines Requiems à la Mémoire de Louis XVI hat jetzt das Ensemble „La Grande Écurie et la Chambre du Roy“ unter Jean-Claude Malgoire vorgelegt. Zugegeben: Den „genialen Funken“ wird man darin vergeblich suchen. Dennoch verfügt es über ergreifende Passagen, zumal Solisten, Orchester und der Chœur de Chambre de Namur es sorgfältig und feierlich musizieren. So wird das Album zu einer wertvollen Begegnung mit einem Künstler, den man, obwohl zu Lebzeiten sehr populär und mit einem rund 2.000 Werke umfassenden Œuvre überaus produktiv, bisher vielleicht eher als Fußnote anderer Biografien wahrgenommen hat. jh

Neukomm: „Requiem à la Mémoire de Louis XVI“, La Grande Écurie et la Chambre du Roy, Jean-Claude Malgoire (Alpha) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Introitus“ aus: „Requiem à la Mémoire de Louis XVI“ 20

In die Rolle männlicher Figuren zu schlüpfen, gehört für die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg zum Tagesgeschäft. Die aktuelle Aufnahme ist dennoch etwas Besonderes, denn diesmal hat Ann Hallenberg sich ausschließlich Werken zugewandt, die die Laufbahn des großen italienischen Kastratensängers Farinelli gesäumt haben. Ein ambitioniertes Projekt, das Ann Hallenberg stimmlich und künstlerisch herausfordert. Sie meistert die Aufgabe bravourös – und das noch dazu live, denn das Album, das nun bei Aparte erschienen ist, ist ein Konzertmitschnitt aus dem norwegischen Bergen von 2011. Seit vielen Jahren kommt Ann Hallenberg regelmäßig mit Christophe Rousset und Les Talens Lyriques zusammen, um historisch informiert und sinnstiftend barocke Werke zu interpretieren. Mit dem aktuellen Live-Album bereichern die Musiker ihre Sammlung um ein weiteres bemerkenswertes Exemplar mit extravagantem Farinelli-Flair. KK

Ann Hallenberg: „Farinelli“, Les ­Talens Lyriques, Christophe Rousset (harmonia mundi) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Si pietoso il tuo labro“ aus: ­„Semiramide riconosciuta“ www.crescendo.de

Februar – März 2017


Ihr Reise- und Kulturgenuss

h ö r e n & s e h e n

Orchester

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Spiel der Extreme

Eine perfekte Symbiose scheinen sie zu bilden: Bernard Haitink und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Schon 2013 erhielten sie gemeinsam den ECHO Klassik für eine Einspielung von Gustav Mahlers Neunter Sinfonie. Nun haben sie zusammen mit der Mezzosopranistin Gerhild Romberger, dem Frauenchor des Bayerischen Rundfunks sowie den Augsburger Domsingknaben Mahlers Sinfonie Nr. 3 aufgenommen, die sich hören lassen kann. Das von Mahler auskomponierte Spiel der Extreme in Dynamik, Ausdruck und Instrumentierung wird vom gesamten Ensemble unbeschönigt umgesetzt und überzeugt durch seine klaren Rhythmen und eingängigen Melodien. Besonders eindrucksvoll beginnt der sechste Satz: Verklärt und himmlisch anmutend schwelgen die Klänge in die Ferne und erheben sich schließlich von andachtsvoller Stimmung hinauf zur pompösen Erhabenheit eines musikalischen Gebirges, hinweg über die Gipfel der Welt. mks lten onnent er ha Als neuer Ab (siehe S. 64) Sie diese CD

Mahler: „Sinfonie Nr. 3“, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Bernhard Haitink (BR Klassik) Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Sehr langsam. Misterioso“ aus der „Sinfonie Nr. 3 d-Moll“ Wiener Symphoniker

Wien über alles

italien magazin

Wer bereits Sehnsucht nach dem Frühling hat, ist mit diesem Album bestens beraten. Im Osterkonzert der Wiener Symphoniker hatte im vergangenen Jahr der österreichische Dirigent Manfred Honeck die Leitung und weckte im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins mit einer musikalischen Reise durch Österreich Frühlingsgefühle. Das stimmungsvolle Konzert kann man mit dem Album „Frühling in Wien“ glücklicherweise nun auch mitten im Winter noch mal nacherleben. Bereits nach wenigen Takten des ersten Walzers mit dem einladenden Titel Hereinspaziert! ist man vom Schwung des Dreivierteltakts gänzlich eingenommen. Wohl kein anderer Klangkörper könnte die ausgewählten Werke von Johann und Eduard Strauss, Max Schönherr und Franz von Suppé formvollendeter präsentieren als die Wiener Philharmoniker, denen der mit höchster Virtuosität gepaarte Wiener Schmäh aus jeder Note blitzt. KK

nr.1

Solo

winter 2017

Wiener Symphoniker: „Frühling in Wien“, Manfred Honeck (WS) Track 11 auf der crescendo Abo-CD: „Weana Madl’n“ von Ziehrer

nR.1 2017

antikEs aquilEia das PomPEji dEs nordEns

EinzigartigEs BErgdorf

Civita di Bagnoregio

WintErsPort & gEnuss in trEntino

Marianne Crebassa

Oh, Boy!

Marianne Crebassa hat ihr Herz verloren – und zwar an die ungestümen Burschen der Opernwelt. Für Mezzosopranistinnen sind Cherubino, Orpheus & Co. heute die Paraderollen schlechthin. Sie geben diesen jungen Männern eine, nämlich ihre Stimme – jung und beherzt, klar und agil. Für diese Heranwachsenden, die gerade erst den Kinderschuhen entschlüpft sind und die ersten noch unbeholfenen Gehversuche in Sachen Liebe wagen, hat vor allem Mozart viel geschrieben. Gerade seine Arien sind die Herzstücke dieser Aufnahme mit Marianne Crebassa. Hier hat man sofort die trotz ihrer Jugend so viel empfindende Adoleszenz bildlich vor Augen. Man wünschte sich diese strahlende Stimmfarbe auch bei den anderen Arien. Zwar ist die Idee nicht neu, als Mezzosopranistin eine ganze CD den Hosenrollen zu widmen, aber die Figuren und ihre Geschichten bleiben aktuell – umso mehr, wenn sie so beseelt sind wie hier. uh

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Marianne Crebassa: „Oh, Boy!“, ­Mozarteum­orchester, Marc Minkowski (Erato) F oto: S i m o n F ow l e r / E r ato

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John Neumeier

F oto: H o lg e r B ad e kow

Die Träume, die Sehnsucht John Neumeiers 2003 kreierte Adaption von Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig erzählt uns die Geschichte des alternden Gustav von Aschenbach, der in der Liebe zum blutjungen Tadzio seinen Kopf verliert und schließlich den Tod findet. Auftritt Edvin Revazov und wir wissen, wieso. Der Tadzio wurde ihm auf seinen schönen Leib geschneidert, und es liegt eine naive Lust in seinen Bewegungen, deren knabenhafter Übermut sich in wilder Virilität en l’air entlädt. Mit seinem Blick in die Weite und den glühenden Wangen eines tobendes Kindes kann man nicht anders, als ihn zu verklären. Lloyd Riggins als Aschenbach ist der Zerrissene par excellence. Es ist weniger sein pantomimisch-geometrisches Bewegungssys­tem, das zu uns spricht, als sein Ausdruck, sein Gesicht, das vergeht, zerfließt und erstarrt – für diese Close-ups können wir dankbar sein. Sie geben Einsichten in sein Innenleben, von Zweifel, Trauer, Wut bis Eitelkeit. Auch der Film von Norbert Beilharz (Bonusmaterial) gewährt durch Probenausschnitte und ein Interview mit Neumeier wertvolle Einblicke in den Subtext des Gefühls, in die Träume, die Sehnsucht. Zu Bach und Wagner wechseln die Bilder von Realität, Fiktion und Projektion. Am besten ist dieses Ballett ohnehin, wenn es träumt und wir ihm dabei zusehen dürfen. kov

John Neumeier: „Death in Venice“, Hamburg Ballett (Arthaus)

Tanz Kenneth MacMillan

Elizabeth

Turku Philharmonic Orchestra

Beseelte Manon

Königliche ­Leidenschaften

Weißbärtige ­Tongiganten

Morgens tanzte sie eine Gaillarde, spielte ­Virginal und Laute: Elisabeth I. von England. 45 Jahre lang regierte sie ihr Land und leitete eine kulturelle Blüte ein, die in England bis heute ihresgleichen sucht. Will Tucketts Ballett-Kammerspiel stellt die privaten Leidenschaften der Regentin den politischen Triumphen gegenüber. Verkörpert wird sie von der Primaballerina Zenaida Yanowsky. Deren maskulin-herbe Aura passt bestens zu Elisabeth I., die man die „Jungfräuliche“ nannte, weil sie sich nicht in eine Ehe zwingen ließ, die womöglich ihre Macht eingeschränkt hätte. An Yanowskys Seite der kubanische Ballettstar Carlos Acosta, der in die Rollen diverser Bewerber schlüpft, die von der Königin hingehalten und gegeneinander ausgespielt werden. Schauspieler deklamieren aus Elisabeths beeindruckenden Schriften. Einziger Wermutstropfen der Produktion: Martin Yates’ Musik: Leider nicht im Stile der von Elisabeth geförderten Komponisten, Dowland oder Tallis, sondern eher ein Stilmix irgendwo zwischen Britten und dem Musical.

Angeregt von Sibelius’ einsätziger 7. Sinfonie schreibt der finnische Dirigent und Komponist Leif Segerstam eine Sinfonie nach der anderen. Allein im Sommer 2014, dem Jahr seiner Krebserkrankung, die er geheilt überstanden hat, komponiert er 14 Sinfonien. In der klassischen Musiklandschaft ist er ein Unikum. Wenn Haydn viele Sinfonien schrieb, Segerstam schreibt mehr. Die 288. ist jetzt als Welt­ ersteinspielung auf CD gebannt. Vorangestellt hat er Brahms Erste, die er dirigiert. Seine eigene wird ohne Dirigat gespielt. Ohne Taktstrich notiert, ist sie nach Impulsen zu spielen. Augenzwinkernd zeigt das Cover seinen Witz, im wahren Wortsinn: Brahms bekanntestes Porträt, ebenso lang- und weißbärtig gekontert mit einem Porträt Segerstams. Frappant das Ergebnis: Tatsächlich spürt der Hörer in der extrovertierten Energie des Zusammenklangs („sin-fonia“) einen nie zuvor gehörten Zusammenhang. Hörenswert! sell

Manon hat es schwer. Sie ist keine Heldin, lebt und leidet nicht für die Liebe, geschweige denn für Werte und Ideale. In der Oper hat sie eine Stimme, um unsere Herzen letztlich doch zu rühren – im Ballett entscheiden Choreografie und Ausdruck darüber, ob wir ihr glauben, mit ihr sympathisieren und mitfühlen wollen. Kenneth MacMillans Choreografie von 1974 (und auch der Musik von Massenet) fehlt es für diese Überzeugungsarbeit leider an dramatischem Charakter. Einzig im Schluss-Pas-de-deux (Roberto Bolle ist ein brennender, in Sprüngen wie Pirouetten scharf artikulierender Des Grieux) dominieren Tragik und Tränenpotenzial: Zwischen fiebriger Schwäche und waghalsigem Übermut gewinnt Aurélie Dupont eine Fragilität, die uns mehr trifft als die technische Brillanz. Es ist die Abschiedsvorstellung der jüngst zur Ballettdirektorin des Pariser Opernballetts gekrönten Aurélie Dupont. Schon allein deshalb lohnt sich der Blick auf die von ihr beseelte Manon, die uns am Ende zwar immer noch rätselhaft bleibt, aber vielleicht gerade dadurch näher ist, als es jede tugendhafte Heldin sein kann. kov

Kenneth MacMillan: „L’Histoire de Manon“, Orchestre et Ballet de L’Opéra National de Paris, Martin Yates (BelAir) 22

TPR

Yanowsky, Acosta: „Elizabeth“, Tuckett, Middleton, Yates, Wallfisch (Opus Arte)

Orchester

Brahms und Segerstam, Turku Philharmonic Orchestra (Alba) Track 1 auf der crescendo AboCD: „Un poco allegretto e grazioso“ aus der „Sinfonie Nr. 1“ von Brahms

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Februar – März 2017


SHAKESPEARE FÜR EILIGE

h ö r e n & s e h e n

Ein Shakespeare-Abend in Zeiten von „Deutschland sucht den Superstar“. Kurz und bündig. Auf dem Balkon zu Verona beispielsweise, kommt es zu Abläufen, die so bei Shakespeare nicht unbedingt immer 1:1 stehen.

Orchester Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Regie: Ralf Bauer ab Herbst 2018

Großes Ohrenkino Zwei Live-Aufnahmen auf einer CD, beide aus dem Herkulessaal der Münchner Residenz. Eine Alpensinfonie – ein Paradebeispiel der Programmmusik in stattlichem Gewand, glänzend aufgeführt vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Oktober 2016. Unter der Leitung ihres Maestro Mariss Jansons gelingt es ihm, von Nacht zu Nacht das Erklimmen des „Gipfels“ in Breitwandformat erklingen zu lassen. Als Klangkörper großartig, wünschte man sich nur hier und da eine Prise mehr die Nuancen der Einzelstimmen zu hören. Jansons lässt die Klangkraft sich wundervoll entfalten, um das Entfesselte punktgenau wieder einzufangen. Zwei Jahre früher datiert, die Tondichtung Tod und Verklärung, der Strauss selbst erst am Ende seines Lebens attestieren konnte: „Das mit dem Sterben ist genauso, wie ich’s komponiert habe.“ Ist die Alpensinfonie großes Ohrenkino, so ist das filigrane Spiel in Tod und Verklärung schlichtweg berührend. sell

Ralf Bauer

Lenn Kudrjawizki

EIN FALL FÜR MISS MARPLE AGATHA CHRISTIE

Ein Mord wird angekündigt „Am Freitag, den 29. Oktober um 18.00 Uhr wird auf Gut Little Paddocks ein Mord stattfinden…“ Die makabere Anzeige im Dorfanzeiger lockt nicht nur Freunde auf’s Gut. INSPEKTOR EROL SANDER ALSCRADDOCK

Strauss: „Eine Alpensinfonie, Tod und Verklärung“ Symphonie­ orches­ter des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (BR Klassik)

Doch aus dem erwarteten Spaß wird rasch tödlicher Ernst: Schüsse fallen…

DER BRANDNER KASPAR UND DAS EWIG’ LEBEN Eine Komödie um Tod und Leben von Franz von Kobell Bearbeitung: Kurt Wilhelm

Marianne Sägebrecht

F oto: m o n i ka r it te r s h au s

als Theres

Einst Überraschungserfolg, heute längst Kult: Die Geschichte vom trinkfesten Brandner Kaspar, der mit seiner Schlitzohrigkeit den Tod überlistet hat. Die eingefleischte Bayerin Marianne Sägebrecht mit Hollywood-Appeal. Sie ist eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen. „…Das Tegernseer Volkstheater bietet beste bayrische Unterhaltung…“ (Münchner Merkur)

SCHUHBECKS KOCHSHOW Erleben Sie den Spitzenkoch hautnah in voller Aktion!

Philharmonia Zürich

Märchen aus 1001 Nacht Als Nikolai Rimsky-Korsakov 1887 seine Scheherazade komponierte, wählte er dafür einige Episoden aus „Tausendundeiner Nacht“ und kombinierte diese, indem er ihnen zwar keine inhaltlichen, jedoch einige musikalische Gemeinsamkeiten verlieh. Von The Sea and Sinbad’s Ship bis hin zu Festival at Baghdad reicht die sinfonische Suite, die im Juli 2016 die Philharmonia Zürich, das Orchester des Opernhauses Zürich, aufgenommen hat. Unter der Leitung von Chefdirigent Fabio Luisi stellt das Ensemble eindrucksvoll seine Fähigkeiten in Hinblick auf dramatische Expressivität und Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Vor allem das Wechselspiel der verschiedenen Registergruppen, von dem RimskyKorsakov an vielen Stellen Gebrauch macht, überrascht durch seine reibungslosen Übergänge. Bartlomiej Niziol spielt das Thema der Solovioline feinfühlig und gekonnt, verzögert einen melodischen Verlauf im richtigen Moment, als würde er beim Erzählen plötzlich wehmütig innehalten – und lässt somit die Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“ lebendig werden. mks

Neben Kochen und Musik bleibt noch ausgiebig Zeit, um mit Moderatorin Sabine Sauer zu plaudern. Bekanntlich ‚finden die interessantesten Gespräche ja in der Küche statt…’

WIENER MELANGE Erstmals live auf der Bühne zu erleben! Harald Krassnitzer liest Wiener G’schichten zum Nachdenken und Schmunzeln von Alfred Polgar u.a. Heiter-ironisch, manchmal bissig, aber immer liebevoll kommentierte der Wiener Literat Alfred Polgar die kleinen Alltagsbegebenheiten seiner Heimatstadt. Der Publikumsliebling und Quotenkönig Harald Krassnitzer zusammen mit den Philharmonia Schrammeln aus Wien.

www.carpeartem.de

Rimsky-Korsakov: „Scheherazade“, Philharmonia Zürich, Fabio Luisi (Philharmonia Records) 23

Produktionen von CARPE ARTEM München Christian Reinisch · Fon 089 330 356 68-0 · info@carpeartem.de

Harald Krassnitzer


h ö r e n & s e h e n

C. Bernd Sucher

Theaterversteher

Buch

Nach Feierabend unvorbereitet ins Theater oder die Oper gehen, dort ein paar nette Stunden verbringen, anschließend gut unterhalten heimfahren? Das versteht C. Bernd Sucher nicht als Kulturerlebnis. Zuschauer haben für ihn eine andere Aufgabe: Gut informiert, aufmerksam und offen für Neues sollten sie jede Inszenierung als Puzzle separater Einzelteile wahrnehmen, mit einer Art Ordnungsarbeit auswerten und als Summe ihrer Erkenntnisse ein Gesamturteil fällen. Die Instrumente für diesen komplexen Prozess liefert er in seinem Buch „Der kleine Theaterversteher“. In ihm beschreibt Sucher alle Akteure vom Bühnenbildner über Dramaturgen bis zum Regisseur, die heutzutage oft als eigenständige Künstler in einem Team kooperieren. Außerdem gibt er ausführlich Einblick in Prinzipien und Praxis des postdramatischen Theaters. Als „Spiel mit allen Mitteln“ bestimmt dieses derzeit vielerorts das Bühnengeschehen und konfrontiert das Publikum mit philosophischen Diskursen und Zitaten zu vielerlei Thesen und Theorien statt leicht nachvollziehbarer Handlungen oder Personen. Suchers Buch ist eine breit angelegte Basis zum Dechiffrieren komplexer Produktionen, das die Bildung und die Einsatzbereitschaft des Publikums fordert. Weniger Anspruchsvollen empfiehlt er den Besuch von Musicals – für ihn die Domäne des einfach-unkomplizierten Genusses. CK

Lida Winiewicz

Verloren!

Wien, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938. Ein Mädchen probt Franz Schuberts Lied Heideröslein. Doch als die Lehrerin erfährt, dass die junge Sängerin Enkelin einer Jüdin ist, darf sie nicht am „Tag der deutschen Hausmusik“ auftreten. Ab diesem Moment wird ihre Stimme nie wieder über das „G“, den höchsten Ton des Liedes, hinauskommen. In ihrem autobiografischen Roman erzählt die 1928 geborene Lida Winiewicz von ihrer Kindheit und den furchtbaren Kriegserlebnissen. Sie erinnert sich an die früh verstorbene Mutter, die Klavier spielte, den Gesang des Vaters und ihre Schwärmerei für den italienischen Opernstar Ezio Pinza, den sie in Salzburg trifft. Im wienerisch gefärbten Tonfall beschreibt Winiewicz den Alltag der Familie, die durch den Krieg ausei­ nandergerissen wird. Ihr Trauma wird sie später auch als Sängerin in einem Kammerchor nicht überwinden: „Meine Singstimme bleibt verstümmelt, die Höhe verloren, für immer.“ CK

Lida Winiewicz: „Der verlorene Ton“ (Braumüller)

C. Bernd Sucher: „Wie es euch gefällt. Der kleine Theaterversteher“ (C. H. Beck)

Film Lied

Joseph Joachim Raff

Weltmusik

Romantische ­Liedentdeckungen

Urchristentum, ­Gamelan und Heavy Metal

Wenig bekannt ist heute vom Werk des zu Lebzeiten hochgeschätzten Schweizer Romantikers Joseph Joachim Raff (1822–1862). Mit 15 Sinfonien und sechs Opern stand er immer zwischen Wagner und Brahms. Eine Entdeckung sogar für RaffKenner sind zwei Lied-Zyklen. In Sanges Frühling op. 98 wählte er Texte von Geibel, Uhland, Eichendorff, Anastasius Grün und anderen. Maria Stuart op. 172 ist weit umfangreicher als die von Robert Schumann in seinem Opus 135 vertonten Poeme, die angeblich im Umfeld der Königin von Schottland entstanden. Um die expressive Sängerdarstellerin Noēmi Nadelmann zeigen sich die Solisten in den melodisch verschwenderischen Kleinoden von ihrer besten Seite, gehen emphatisch in Raffs reichem Kosmos an Gefühlen und Stimmungen auf. Eine echte Repertoire-Bereicherung also für Interpreten wie Hörer und Aufforderung zur Neuentdeckung des mit Unrecht ins Abseits geratenen Komponisten. RD

Joseph Joachim Raff: „Sanges Frühling – ­Maria Stuart“, Noēmi Nadelmann, Barbara Kozelj, Thomas Oliemans, Jan Schultsz (Divox) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Der Mond kommt still gegangen“ von Raff

Es braucht einen Finnen in New York, um dem heutigen Publikum die Vielfalt der globalen Musik nahezubringen: Sami Yaffa, geboren 1963 in Espoo und als Punkbassist groß geworden, hat nicht nur Anthony Bourdain durch Helsinki geführt, er hat für seine TV-Serie „Soundtracker“ die Welt bereist, und substanzieller und unterhaltender zugleich kann man das kaum machen. Nun gibt es zwölf Folgen von „Soundtracker“ via Arthaus, und wer erleben will, wie Musik alle Grenzen überwindet, wird hier reich beschenkt – zum Beispiel mit dem indonesischen Spannungsfeld zwischen Gamelan, Heavy Metal und Noise, mit äthiopischem Urchristentum oder mit einem US-Road Trip von El Paso über New Orleans nach Nashville. Außerdem in der ersten Folge: Spanien, Senegal, Jamaika, Brasilien, Argentinien, Indien, Türkei, Serbien und New York. Selbst wer schon viel kennt, wird hier noch viele Entdeckungen machen, von den archaischen Roots bis zu den Urban Legends von heute. CS

Sami Yaffa: „Soundtracker Collection. Explore the World in Music“ (Arthaus)

m e l ma n n / Ima g e F oto : N o e m i Nad

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Februar – März 2017


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Impressum

Solo

Verlag Port Media GmbH, Rindermarkt 6, 80331 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Art director Stefan Steitz

Redaktion Maria Goeth (MG)

REDAKTION „ERLEBEN“ Ruth Renée Reif

schlussREdaktion Maike Zürcher

Kolumnisten i e Wo l f l F ot o: Edd

Klaus Hampl

Klarinettenreise Werke zweier Grenzgänger stellt der Klarinettist Klaus Hampl in einer spannenden Kombination vor: Als Brite afrikanischer Herkunft beschäftigte sich Samuel Coleridge-Taylor (1875–1912) auch mit anderen Kulturen, so mit Longfellows The Song of Hiawntha. Ergänzt wird sein auf dieses Indianer-Epos reflektierende Klarinettenquintett op. 10 durch op. 31 des als Paul Frankenburger geborenen Paul Ben-Haim (1897–1994). Beide Werke setzen mit Klangsprachen am Rand der Spätromantik das Soloinstrument farbenreich und formal überraschend in Szene. Klaus Hampl, der sich in immer spannendere Repertoire-Abgründe vortastet, und das mit samtener Grundierung aufwartende Quartetto di Roma machen die Begegnung zu einem Faszinosum, aus jedem Ton sprechen innere Beziehung und Engagement. Diese Überzeugung wird reicher Klang. Und es steigert sich beim Hören die Neugier auf weitere Werke von Paul Ben-Haim, dessen Biografie ein Spiegel der grausamen Geschichte des 20. Jahrhunderts ist. rd

Ben-Haim und Coleridge-Taylor: „Klarinettenquintette“, Klaus Hampl, ­Quartetto di Roma (Naxos) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Larghetto affettuoso“ aus dem ­„Klarinettenquintett fis-Moll op. 10“ Curtis Stigers

Swing it

Jazz

Im Januar kommt Curtis Stigers seit einigen Jahren nach Kopenhagen, um dort im DR Koncerthuset mit der Danish Radio Big Band (DRBB) aufzutreten. Denn der amerikanische Jazz-Sänger, Saxofonist und Songwriter hält die Mitglieder dieses Ensembles für so gut geschult und lange aufeinander eingespielt, dass sie sich auch in Auftritte mit ihm perfekt einfinden können. Neuester Beweis ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit ist das Album „One More For The Road“ (Concord Jazz). Auf ihm erinnert Stigers an einen magischen Moment zwischen Frank Sinatra und dem Count Basie Orchestra. Vor 50 Jahren begeisterten beide zusammen auf der Bühne des Sands Hotel and Casino in Las Vegas. In memoriam dieses legendären Zusammentreffens singt und swingt Stigers gemeinsam mit der DRBB Klassiker von Come Fly with me bis One for my Baby. Der Spaß, den beide bei der Live-Aufnahme von insgesamt zehn Songs Anfang 2016 hatten, klingt in jedem Wort und jeder Note mit. ASK

Curtis Stigers: „One More For The Road“, Danish Radio Big Band (Concord Jazz)

John Axelrod, Axel Brüggemann, Attila Csampai (AC), Daniel Hope, Christoph Schlüren (CS), Stefan Sell (SELL)

Mitarbeiter dieser Ausgabe Beatrix Borchard, Alexander Busche, Carmen Kovacs (KOV) Roland H. Dippel, Jasmin Goll, Ute Elena Hamm (UH), Julia Hartel (JH), Katherina Knees (KK), Benedikt Kobel, Corina Kolbe (CK), Jens Laurson (JL), Teresa Pieschacón Raphael (TPR), Antoinette Schmelter-Kaiser (ASK), Dorothea Walchshäusl (DW)

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: Gabriele Drexler | drexler@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Michaela Bendomir | bendomir@portmedia.de

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 20 vom 09.09.2016

Druck Westermann Druck, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

Vertrieb Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstr. 77, 20097 Hamburg www.as-vertriebsservice.de

Erscheinungsweise crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert­häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei­träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.

Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende Premium-CDs und kostet 55 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2017). Versand ins europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen. Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 4,90 Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 68.721 (lt. IVW-Meldung 1V/2016) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

(Teil-)Beilagen/Beihefter: KDV Klassik Digital Vertriebs-GmbH (fidelio) High End Society Magazin Zeitverlag

Das nächste crescendo erscheint am 10. März.

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ak u s t i k

Mühsam war’s und langwierig: Heute zieren 6.000 Pailletten das Dach der „Elphi“

Die „Elphi” ist kein Trump-Tower Selten wurde so viel Wirbel um einen Musik-Neubau ­gemacht. Wurde sich die gigantische Medienkampagne selbst zum Verhängnis? von Axel brüggemann

K

aum ein anderes Klassik-„Event“ (ja, das schreibe ich hier bewusst) in Deutschland hat so viel Aufmerksamkeit generiert wie die Eröffnung der Elbphilharmonie. Tagelang waren Zeitungen, Live-Blogs und Kommentarspalten gefüllt. Das Erstaunliche war die energische Wucht vieler Kritiken und Meinungen: Nicht nur das Bau-FinanzDesaster der Vergangenheit spielte eine Rolle, sondern auch die Eröffnungszeremonie, die Künstler und – natürlich – die Akustik. Es war so ziemlich alles zu lesen, von der „Elphi“ (allein diese Abkürzung sagt viel darüber aus, dass wir sie unbedingt liebgewinnen wollen!) als einmaligem Konzerthaus und bestem Raum für Kultur überhaupt bis zum bitterbösen Abgesang: Akustik-Vernichtung und, vor allen Dingen: Kritik am NDR-Heimorchester, das von der Süddeutschen über die Welt bis zur FAZ mehr oder weniger abgewatscht wurde. Den Auftakt machte, noch in der Nacht der Eröffnung, Manuel Brug von der Welt, der – mit spürbarem Bedauern und fühlbarer Rage – titelte „Weltklasse geht leider anders“. Dafür, dass er die Akustik kritisierte, wurde er von den Elbphilharmonie-Fahnenschwenkern sofort in bitterbösen Kommentaren gescholten. Übrigens ein Phänomen der letzten Tage: Wer Kritik anmeldete, wurde als „Spielverderber“, „Meckerer“ oder „Motzer“ abgestempelt – so als sei Kritik in der Kultur nicht vorgesehen (eine Frage wäre, warum die PR-Abteilung den Kritikern der großen Zeitungen dermaßen schlechte Plätze zugewiesen hat). Auch auf meiner Facebook-Seite, wo ich zur Diskus26

sion stellte, ob eine freudige Eröffnung ohne Politiker-Reden nicht sinnvoller gewesen wäre als die eher getragene, gedeckte und unglaublich ernste (dafür fehlte die Qualität des Orchesters) Veranstaltung, die Klassik nach allen Klassik-Klischees zelebrierte, wurde sofort heruntergebürstet, etwa von Bass-Bariton Thomas Quasthoff, der mich fragte, ob wir nicht einfach mal feiern können – und klarstellte, dass ihn derartige Debatten nerven. Die Website niusic.de hat die aktuellen, oft untergürteligen Reaktionen im Text „Ode an den Hass“ ganz gut zusammengefasst und sich darüber gewundert, warum vor allen Dingen in den sozialen Netzwerken so viele Mistkübel ausgegossen wurden – nicht nur über der Elbphilharmonie, sondern auch über die Politiker, die Musik an sich und das Prinzip der Subvention. Und, klar, es gab auch humorvolle Spitzen, etwa auf dem Bad Blog of Musick von Moritz Eggert, wo einer seiner Kollegen beschrieb, wie es „wirklich war“ und dabei nicht nur Manuel Brug als „Raupe Nimmersatt“, sondern auch Barbara Schöneberger und den gesamten Elbphilharmonie-Hype herrlich ad absurdum führte. Brug selbst legte einige Tage später in seinen „Klassikern“ noch einmal ernsthaft nach, indem er dem Veranstalter und der Zeit vorwarf, unlauteren Journalismus betrieben zu haben. Er erntete auch für diese durchaus diskussionswürdige Frage erneut nur Spott und Hohn. Grundsätzlich ist es ja gut, dass wieder eine derart breit gefächerte, leidenschaftliche und nicht allein auf die Klassik-Blase reduwww.crescendo.de

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F oto s: o l i v e r h e i ss n e r ; i wa n baa n (2); o. h e i ss n e r

Der Große Saal der Elbphilharmonie hat etwas von einem avantgardistischen Klang-Raumschiff

ausgebrochen zu sein. Sie ist wohl auch nicht allein den „Spaßbremsen“, den „Besserwissern“, den „Beleidigten“ oder „Eifersüchtigen“ und ihrer sich tatsächlich oft im Ton vergriffenen Sprache anzulasten, sondern auch der bisherigen Marketing-Strategie der Elbphilharmonie selbst, die geglaubt hat, Emotionen unterdrücken zu können. Aber ein Konzerthaus ist kein goldener „Trump Tower“, dessen Kritiker einfach lächerlich gemacht werden können. Es gehört auch zur Verantwortung von Veranstaltern, die Streitkultur als Kultur zu bewahren und zu schützen. Dennoch war es schön, zu sehen, wie groß die Emotionalität bei Architektur und Musik noch sein kann. Es ist nicht zu spät, sie in gute Richtungen zu lenken: Ein Haus für Musik (und Kultur generell) ist immer auch ein Haus des Diskurses, der offenen Kritik, der Debatte – über Geschmack, Werte, Leidenschaft. Ein Haus, in dem das Scheitern ebenso zur Regel gehört wie der Triumph. Es gibt kein Konzerthaus in der ganzen Welt, in dem jeden Abend perfekte Veranstaltungen stattfinden – nicht in Wien, nicht in New York und nicht in Hamburg. Das einzugestehen, mehr noch: es auch einem eventuell neuen Publikum klar zu machen, wäre an dieser Stelle wichtig gewesen. Die Elbphilharmonie, der NDR und alle, die auch heute noch einen Superlativ nach dem anderen raushauen, müssten verstehen, dass das wirklich Spannende an der Musik ist, dass sie nicht planbar ist, dass sie immer aktuell, jeden Abend zu neuen Debatten anregt. Dass man nicht nur über sie streiten darf, sondern über sie streiten muss. In diesem Sinne ist die Musik „Wo Erwartungen so hoch geschraubt werden wie ein Fußballspiel – nach einem 0:0 werden die Anawie in der Elbphilharmonie können sie am Ende lytiker vielleicht über eine langweilige Partie jammern, aber am nächsten Tag sind wieder alle im Stadion. nur enttäuscht werden.“ Die Elbphilharmonie würde gut daran tun, nicht beleidigt zu sein, wenn einem Gast etwas nicht gefällt, es wirklich vertretbar, dass der NDR als Sender einen Großteil der sondern die Debatte in das Konzept eines neuen Konzerthauses zu laufenden Elbphilharmonie-Kosten tragen muss und sich gleichzeitig integrieren: Gemeinsam über das, was man hört, zu sprechen, darüber, wie Musik sein kann, wie man sie aufführen will, welchen Wert in der Pflicht sieht, das eigene Haus kritiklos medial zu begleiten? Vielleicht ist es so, dass sich die überlebensgroße PR-Blase, die für eine Gesellschaft sie haben kann. Dazu gehören natürlich EinfühHamburg in den Vormonaten der Eröffnung aufgepumpt hat, nun rungen, dazu kann es gehören, schwere Programm zu vermitteln. einfach rächt. Wo Erwartungen so hoch geschraubt werden wie in Dazu muss auch gehören, offensichtliche Fehler – sowohl auf Seiten der Elbphilharmonie können sie am Ende nur enttäuscht werden. des Hauses als auch auf Seiten der Sender und Zeitungen, die unmitUnd eine Kultureinrichtung, die strategisch versucht seriöse, kriti- telbar an die Elbphilharmonie gebunden sind – offen zu diskutieren. sche Fragen abzuwiegeln und sich über den „bedingungslosen Lobhudelei in eigener Sache ist das falscheste, was man als KulturBegeisterungs-Mob“ freut, lädt ganz natürlich Wut auf sich. Ein Teil veranstalter tun kann. Das schönste in der Kunst ist das Scheitern, dieser Wut scheint nun in einigen Artikeln, besonders aber im Netz denn es macht das Gelingen noch besonderer. n zierte Debatte stattgefunden hat. Denn die Themen, die diskutiert wurden, sind zum großen Teil tatsächlich diskussionswürdig: Akustik, Qualität des Orchesters, Idee des Programms, Baukosten. Dass die Diskussion ausgeartet ist, ist nicht wirklich verwunderlich: Seit Jahren hat die Elbphilharmonie gemeinsam mit der Stadt Hamburg und dem NDR eine gigantische Medienkampagne gefahren, deren Stoßrichtung klar war: „Die Elbphilharmonie ist größer, besser, schöner und wichtiger als alles, was je in der Klassik getan wurde!“ Wer daran zweifelte, wurde sofort als Spielverderber rausgeworfen. Aber indem man Kritiker, die recherchieren oder nachfragen, diskreditiert, tut man der Kultur generell nichts Gutes. Etwas mehr Souveränität hätte der ganzen Sache viel Wind aus den hanseatisch steifen Segeln genommen. Fragen, die im Vorfeld – durchaus mit Sympathie gegenüber dem Projekt – gestellt wurden, sind von Seiten der Elbphilharmonie nicht nur nicht beantwortet worden, sondern wurden gern auch vom Intendanten selbst, von Christoph Lieben-Seutter, in Chefredaktionen wahlweise als „Quatsch“ oder „Unsinn“ dargestellt. Etwa die Frage nach zukünftigen Programmen und den Kosten des laufenden Betriebes, die auch crescendo aufgeworfen hat. Fragen wie diese: Wird das NDR-Orchester als Hausorchester auch langfristig genügend Publikum locken? Und wenn nicht: Wie soll das Haus dann funktionieren, wenn Ensembles wie die Berliner oder Wiener Philharmoniker – egal bei welchen Eintrittspreisen – nicht kostendeckend sein können? Ist

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r ä t s e l

Gewinnspiel Wer verbirgt sich hinter diesem Text? Genderfragen? Laber, Rhabarber. Das sollte einem alles wurst sein. Man muss einfach machen, frei sein, Freiheit einfordern! Tanzen, singen, komponieren, schauspielern, Pantomime machen, Kostüme basteln. Und das Augenzwinkern dabei nicht vergessen. Für mich haben alle Großen geschrieben – und ich war natürlich auch mit einem der Großen verheiratet. Aber ich denke, unser Verhältnnis war sehr auf Augenhöhe. Außerdem haben mich Repertoire-Grenzen nie interessiert. Man muss mit den Noten,

mit der Stimme spielen! Da kann auch mal Volksmusik dabei sein oder was Populäres. Und am nächsten Tag wieder ein Sahnestückchen aus dem Frühbarock. Wenn man selbst komponiert, sollte man sich nicht von der üblichen Notenschrift knechten lassen. Das schränkt einen schon von vornherein ein. Schauen Sie doch mal, was ich vor vielen Jahrzehnten komponiert habe. Ja, genau, sieht wie ein Comic aus, ist aber Klangkunst vom Feinsten. Versuchen Sie es doch einfach mal zu singen:

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von C. F. Peters Musikverlag Leipzig, London, New York

rätsel lösen und maurizio pollini gewinnen! Wer oder was ist hier gesucht? Wenn ­S ie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem ­Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­Redaktion, Rindermarkt 6, 80331 München oder per E-Mail an ­ gewinnspiel@crescendo.de. Unter den richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die CD-Box „Maurizio Pollini – Complete Recordings on Deutsche Grammaphon“. ­Einsendeschluss ist der 20.2.2017. Die Gewinnerin unseres letzten Alltagsrätsels ist Daniela Fuchs aus Uhingen. Die Lösung war „Heinrich Schütz“.

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D a s

K l a s s i k p o r t a l

groSSe ­vergangenheit – spannende gegenwart Von Alten Meistern bis Live-Streams: das immer aktuelle Musikangebot — Seite 6 —

Musik zu Hause und unterwegs fidelio bietet Klassik auf dem Fernseher, auf dem Tablet oder Smartphone — Seite 12 —

crescendo -Vorteil crescendo-Leser erhalten 15% Rabatt — Seite 14 —

f ü r

Ih r e n

M u s i k g e n u s s

Die ganze welt der klassik Erleben Sie Konzerte und Opern wie nie zuvor: fidelio verwandelt Ihr Wohnzimmer in einen Konzertsaal — Seite 2 —


f i d e l i o

was ist fidelio ?

Verfügen Sie über ein unendliches Opern- und Konzertarchiv und erleben Sie die größten Musikereignisse live: zu Hause auf Ihrem Fernseher oder ­unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. fidelio eröffnet Ihnen eine neue Dimension der Klassik – zu jeder Zeit und an jedem Ort.

Die vier Säulen:

entdecken, stöbern, nachhören oder live dabei

Klassithek Die Klassithek ist der Startpunkt bei fidelio: Hier entdecken Sie alle Neuheiten, können direkt in die Welten von Oper, Konzert, Ballett oder Dokumentation eintauchen. Außerdem stellt unser Team immer wieder neue Schwerpunkte vor, von denen Sie sich inspirieren lassen können: Entdecken Sie „Beethoven forever“, sehen Sie „Moderne Inszenierungen“, erkunden Sie den „Mythos Maestro“ oder sehen Sie die „10 Opern, die jedes Kind kennen sollte“. In der Klassithek gibt es immer wieder neue redaktionelle Impulse, die Sie auf spannenden Wegen durch die Welt von fidelio führen. 2

Live Das Konzerthaus ist zu weit entfernt? Sie müssen die Kinder betreuen? Oder Sie wollen es sich einfach zu Hause gemütlich machen? Kein Problem: Unser Live-Kanal bietet Ihnen regelmäßig die wichtigsten Konzert- und Opernereignisse. Erleben Sie Orchester wie die Wiener Philharmoniker, das Orchester des Bayerischen Rundfunks, Opernaufführungen aus Bregenz oder von den Salzburger Festspielen bequem und direkt von Ihrem Sofa aus. Unser Live-Angebot verwandelt Ihr Wohnzimmer in einen Konzertsaal. www.crescendo.de

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Holen Sie sich die ganze Welt der klassischen Musik nach Hause. Erleben Sie legendäre historische Aufnahmen oder besuchen Sie spektakuläre Konzert- und Opernveranstaltungen live in Ihrem Wohnzimmer. fidelio eröffnet Ihnen das vielleicht wertvollste Archiv der klassischen Musik und versorgt Sie mit Live-Übertragungen der wichtigsten Klassikveranstaltungen. Mit Ihrem fidelio-Abonnement dirigieren Sie die gesamte Welt der Musik mit Ihren Fingerspitzen. Egal, ob Sie die großen Produktionen und Konzerte gemütlich zu Hause am Fernseher anschauen, unterwegs auf Ihren mobilen Geräten oder am PC. Mit fidelio können Sie die gesamte Klassithek mit Aufnahmen seit den 1950er-­ Jahren spielend einfach abrufen: von historischen Ereignissen über spannende Dokumentationen bis zu Live-Konzerten. All das natürlich in bester Ton- und Filmqualität. Genießen Sie Konzerte und Opern aus den letzten 50 Jahren mit Stars wie Herbert von Karajan, Leonard Bernstein oder Valery Gergiev und Christian Thielemann. Schwelgen Sie in den Jahrhundert­ stimmen von Luciano Pavarotti über Plácido Domingo und Mirella Freni bis zu Jonas Kaufmann und Anna Netrebko. Lassen Sie sich von Meistervirtuosen wie Artur Rubinstein, Maurizio Pollini, Krystian Zimerman oder Alfred Brendel begeistern. Mit seinem hochklassigen Archiv und seinen aktuellen Übertragungen ist fidelio weltweit einzigartig. Nirgendwo können Sie die Welt der Klassik so komplett erleben wie hier. Partner wie Unitel und der ORF, aber auch Kooperationen mit Weltklasse-Orchestern wie den Wiener Philharmonikern, dem Orchester des Bayerischen

Rundfunks oder den Bregenzer Festspielen garantieren, dass Sie bei fidelio nicht nur in der ersten Reihe der europäischen Konzert- und Opernhäuser sitzen, sondern immer qualitativ hochwertigste Produktionen erleben.

kanal

entdecken

Wenn Sie sich von der Musik überraschen lassen wollen, lehnen Sie sich zurück und genießen Sie unseren fidelio-Kanal. Hier senden wir 24 Stunden lang Musik. Unser Programm aus Konzerten, Opern und Dokumentationen richtet sich dabei an der Tageszeit aus, an besonderen Festtagen oder aktuellen Klassik­ereignissen und bringt Ihnen stets die perfekte Stimmung für den passenden Augenblick nach Hause.

Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Dirigieren sie die Welt der Klassik mit ihren Fingerspitzen Sie persönlich entscheiden bei fidelio, welche Musik Sie wann und wo hören wollen. Unsere vier Kategorien helfen Ihnen beim Entdecken: Stöbern Sie in unserer KLASSITHEK in den Rubriken „Oper“, „Konzert“, „Ballett“ oder „Dokumentation“. Oder lassen Sie sich überraschen und genießen Sie das lineare fidelio-Programm in unserem KANAL. Hier stellen wir Ihnen 24 Stunden lang ein exklusives Klassikprogramm zusammen, das sich an der Tageszeit, den anstehenden Feiertagen, an spektakulären Live-Übertragungen und an den Jahreszeiten orientiert. Natürlich können Sie fidelio auch selbst ENTDECKEN und nach Künstlern, Komponisten, Orchestern oder Werken suchen. Besonders exklusiv ist unsere Rubrik LIVE, in der wir regelmäßig Premieren und Galas aus großen Konzert- oder Opernhäusern in Ihr Wohnzimmer übertragen. Mit fidelio können Sie in den unendlichen Weiten der klassischen Musik stöbern: ohne Begrenzung, ohne Einschränkungen – immer und überall. Testen Sie fidelio zunächst eine Woche lang gratis, danach können Sie sich für unterschiedliche Abo-Modelle von einem Monat über 90 Tage bis zu einem Jahr entscheiden. Erleben Sie mit fidelio die neue Dimension der Musik.

Sagen sie uns, welche Musik Sie suchen – und wir zeigen Ihnen das passende Konzert. In der Rubrik „Entdecken“ können sie das fidelioArchiv nach Ihren Vorlieben durchforsten: Solisten wie Anne-Sophie Mutter, Artur Rubinstein, Martha Argerich oder Rudolf Buchbinder? Dirigenten wie Daniel Barenboim, András Schiff oder Claudio Abbado? Oder Komponisten wie Beethoven, Rossini, Mozart oder Prokofjew? Egal, was Sie suchen – wir werden es für Sie finden.

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f i d e l i o

„Vielfalt und Flexibilität für zu Hause und unterwegs“ Jan Mojto, Geschäftsführender Gesellschafter der Unitel:

„Mit Unitel sorgen wir seit Jahrzehnten in enger Zusammenarbeit mit dem ORF dafür, dass die magischen Momente der Musikinterpretation in Ton und Bild festgehalten werden. In gleicher Partnerschaft starten wir fidelio, auf dass diese magischen Momente Bestand haben und jederzeit jedem zugänglich sind.“ ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz:

„Kultur ist die DNA des ORF. Mit dem erfolgreichen Klassik-Portal fidelio haben wir unser Engagement als größter medialer Vermittler von Kunst und Kultur des Landes ins digitale Zeitalter transfomiert. Als Highclass-Package für das klassikinteressierte Publikum bietet fidelio Topproduktionen in bester audiovisueller Qualität, plattformunabhängig, zu jeder Zeit abrufbar und in nie da gewesenem digitalen Umfang. Ich freue mich, daß wir mit Jan Mojtos Unitel und Content-Produzenten wie den Wiener Philharmonikern die besten Partner mit an Bord haben, um Österreich als Klassikland nun auch multimedial über die Grenzen hinaus zur Geltung zu bringen. Ich gestehe: myfidelio.at verführt Klassik-Fans wie mich zu vielen anregenden und genussvollen Stunden.“

fidelio-Geschäftsführer Alexandra Fida und Johannes Everding im Gespräch über die Klassik der Zukunft. Herr Everding, verlieren Klassikkonzerte und Opern im Fernsehen und auf dem Handy nicht ihre Aura? Everding: Natürlich unterscheidet sich eine Musikübertragung immer von einem Live-Konzert. Aber das Audiovisuelle bietet auch Möglichkeiten, die das Publikum im Konzert nicht hat, etwa den Blick auf das Detail einer Inszenierung, die Möglichkeit, nicht nur auf einem Platz zu sitzen, sondern mitten im Orchester oder auf der Bühne zu stehen. Zumal fidelio ja auch Produktionen in der Klassithek hat, die extra für das Bewegtbild aufgenommen wurden, oder zahlreiche Dokumentationen, die hinter die Kulissen blicken. Fida: Hinzu kommt, dass wir die Musik, die ja eine Kunst des Augenblicks ist, festhalten können. Normalerweise wird ein Ton gespielt und verklingt. Indem wir in den letzten 50 Jahren viele große Konzerte und Opernproduktionen aufgenommen haben, können wir auch heute noch Legenden der Klassik wie Herbert von Karajan, Sir Georg Solti oder Artur Rubinstein ansehen und anhören. Haben die Möglichkeiten des Multimedialen unsere Art Musik zu hören verändert? Everding: Ich glaube schon, dass es zu 4

jeder Zeit in erster Linie um Leidenschaft gegangen ist – und noch immer geht. Der konkrete Ausspielweg ist dabei zweitrangig. Aber natürlich wandelt sich der Markt mit den technischen Möglichkeiten: Die

Die fidelio-Geschäftsführer Johannes Everding und Alexandra Fida

Schallplatte, der Kinofilm, die DVD, das MP3-Format haben dafür gesorgt, dass sich auch der Musikkonsum verändert hat. Heute gibt es viele Menschen, die sich wünschen, unabhängig Musik zu hören und zu sehen, ohne gleich eine DVD zu kaufen oder sich ein Konzert im Netz herunterzuladen. Genau diese Nachfrage bedient die Idee von fidelio: Unsere Kunden haben ein gigantisches Archiv zur Hand, sie können vergleichen, abwägen,

diskutieren und finden die Musik, die zu ihnen und zu dem Moment, an dem sie gespielt werden soll, passt. Fida: Die Vielfalt macht fidelio ja auch so besonders. In den letzten Jahren haben wir beobachtet, dass immer mehr Orchester und Opernhäuser eigene multimediale Kanäle anbieten, auf denen sie ihre Konzerte vertreiben. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass wir es für das Publikum möglichst einfach machen müssen, am besten eine Plattform, auf der alle großen Künstler, Orchester und Festivals versammelt sind. Und genau diese Philosophie löst fidelio mit seinen großartigen Klassikpartnern ein. Aber tut sich nicht gerade der Klassikliebhaber noch immer schwer mit Multimedien? Everding: Die multimediale Welt ist inzwischen so einfach und unkompliziert geworden, dass eigentlich jeder fidelio problemlos nutzen kann: am Wohnzimmerfernseher, dem Handy, dem Tablet oder dem Computer steht fidelio ganz einfach über unsere Internetseite www.myfidelio.at oder über die App zur Verfügung. Man muss sich nur einmal registrieren und kann sofort auf all seinen Geräten loslegen. www.crescendo.de

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GroSSer Klang mit ­groSSen Partnern fidelio ist ein Unternehmen von ORF und Unitel. Gemeinsam mit unseren Partnern bringen wir höchste musikalische und visuelle Qualität ins Wohnzimmer.

Programm Unitel Die Unitel ist seit Jahrzehnten führend in der Aufnahme großer musikalischer Veranstaltungen. Sie verfügt über ein schier endloses Archiv mit Einspielungen von Legenden wie Herbert von Karajan oder Gegenwartsmusikern wie Christian Thielemann und Zubin Mehta. Ein großer Teil des Unitel-Katalogs ist für fidelio-Kunden frei in der Klassithek abrufbar – an jedem Ort zu jeder Zeit. ORF Der Österreichische Rundfunk zeichnet die größten Klassik-Events des Landes von Wien über Salzburg bis Bregenz auf.

Opern- und ­Konzerthäuser

Künstler und Orchester

Auch mit zahlreichen Opernhäusern und Klassik-Festivals arbeitet fidelio regelmäßig zusammen. So finden Sie in unserer Klassithek viele historische Aufführungen der Bayreuther Festspiele, Opern aus internationalen Häusern und von großen Festivals wie in Tanglewood, dem Rossini Festival in Pesaro oder Bregenz.

fidelio arbeitet kontinuierlich mit großen Ensembles und Orchestern zusammen, mit den Wiener Philharmonikern, den Münchner Philharmonikern, der Staatskapelle Dresden, dem West-Eastern Divan Orchestra oder den Wiener Symphonikern. Viele ihrer Konzerte sind in der Klassithek abrufbar, und regelmäßig können fidelio-Kunden live bei den großen Konzerten dieser Ensembles dabei sein.

Impressum: KDV Klassik Digital Vertriebs-GmbH, Storchengasse 1, A-1150 Wien Geschäftsführer: Johannes Everding, Alexandra Fida Fotonachweise: Unitel (9); ORF (2); ORF / Thomas Ramstorfer; ORF / Hans Jürgen Glökner (2); Roberto Ricci / Teatro Regio di Parma (3); Bregenzer Festspiele / Karl Forster; INTERPRESS PHOTO; Matthias Creutziger; ORF / Roman Zach-Kiesling; Bregenzer Festspiele / Anja Koehler; ORF / Milenko Badzic (2); Monika Rittershaus (2); Michael Groessinger; Salzburger Festspiele / Foster (2); Ali Schafler / ORF (3); Onuart Violaine Martin; BetaFilm

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f i d e l i o

Klassithek

live

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Anna Netrebko als Carmen

Die Ordnung der Dinge Die KLASSITHEK ist der zentrale Bereich bei fidelio. Von hier aus werden Sie direkt in unser Archiv geleitet – egal, ob Sie nach Opern, Konzerten, Ballett oder Dokumentationen suchen. Außerdem bietet unsere Redaktion spannende Themenpakete an. Sie wollen sich von der unendlichen Welt der Musik inspirieren lassen? In der Klassithek ist das möglich.

Das Team von fidelio bietet Ihnen hier unterschiedliche Einstiege in unser gigantisches Archiv. Natürlich können Sie sofort in einer unserer Kategorien „Oper“, „Konzert“, „Ballett“ oder „Dokumentation“ loslegen. Aber Sie können sich auch überraschen lassen und in Themen stöbern, die wir regelmäßig für Sie aktualisieren. Möchten Sie dem „Mythos Maestro“ auf die Spur kommen, so haben wir unterschiedliche Konzerte für Sie zusammengestellt, etwa die Schlüssel-Symphonien von Schubert, Mahler oder Beethoven von Dirigenten wie Leonard Bernstein, Herbert von Karajan oder Georg Solti. Steht Ihnen der Sinn nach modernen Operninszenierungen? Dann empfiehlt unsere Redaktion Ihnen den Salzburger „Don Giovanni“ von Claus Guth, Wagners „Meistersinger“ von Stefan Herheim oder Glucks „Orfeo“ von La Fura dels Baus. In der Klassithek bietet fidelio Ihnen immer wieder neue Schwerpunkte an, mit denen Sie Ordnung in die weite Welt der Musik bringen können. So stellen wir Ihnen etwa zehn Opern vor, die jedes Kind kennen sollte, etwa den märchenhaften „Hänselund-Gretel“-Film mit Sir Georg Solti oder die legendäre „Zauberflöte“ mit Kurt Moll, Edita Gruberová und Francisco Araiza. 6

Natürlich können Sie bei fidelio auch einzelne Orchester kennenlernen, etwa die Wiener Symphoniker, die wir sowohl bei den Bregenzer Festspielen als auch bei zahlreichen Konzerten der Vergangenheit (u. a. mit Karl Böhm und Herbert von Karajan) begleitet haben und bis in die Gegenwart begleiten. Besuchen Sie mit fidelio die spektakulärsten Veranstaltungsorte, den Musikverein oder das Konzerthaus in Wien, das Teatro Regio di Parma, die Bregenzer Festspiele oder die Salzburger Festspiele. Lassen Sie sich in unserer Klassithek von legendären Musikaufnahmen begeistern, etwa von „Schwanensee“ in der Choreografie von Rudolf Nurejew, von Chopins 2. Klavierkonzert mit Artur Rubinstein oder von Tschaikowskys Violinkonzert mit Itzhak Perlman. Natürlich können Sie bei uns auch hinter die Kulissen des Klassikbetriebes schauen, wenn Sie Claus Guth bei seiner Regiearbeit am Messias beobachten, Nikolaus Harnoncourt bei den Proben zu „Die Jahreszeiten“ oder Herbert von Karajan, wenn er sich den Fragen von Joachim Kaiser stellt. In der Klassithek findet jeder genau die Musik, die ihn interessiert, sie bietet die Möglichkeit, über ein Thema oder einen Künstler immer tiefer in die Welt der Musik abzutauchen, und führt Sie mit redaktionellem Wissen von Werk zu Werk. www.crescendo.de

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Daniel Barenboim dirigiert das West-Eastern Divan Orchestra Live Auf fidelio

Live dabei, wenn musik entsteht Unter der Rubrik LIVE erleben Sie spektakuläre Aufführungen: große Orchester, spannende Inszenierungen, geniale Virtuosen und schwelgerische Stimmen. Der Live-Channel von fidelio ermöglicht es Ihnen, dabei zu sein, wenn Musikgeschichte geschrieben wird. Egal, ob im Wiener Konzerthaus, bei den Salzburger Festspielen oder im Münchner Gasteig: Lehnen Sie sich zurück und werden Sie Teil der ganz besonderen Konzert- und Opern-Events. Auf unserem Live-Channel werden Sie mit einem Countdown regelmäßig über anstehende Live-Streamings benachrichtigt. Wenn es so weit ist, sind Sie direkt dabei und haben einen exklusiven Platz im Konzertsaal. fidelio bietet Live-Streams zu zahlreichen spektakulären Programmen, so wurde unter anderem bereits das 360° Festival mit Valery Gergiev und den Münchner Philharmonikern vollständig auf fidelio übertragen, unter anderem mit dem Eröffnungskonzert, Projofjews „Peter und der Wolf “, allen Klaviersonaten und Symphonien von Prokofjew und mit Werken von Scarlatti und Mozart – ein einmaliger Musik-Marathon mit Stars wie Evgeny Nikitin, René Pape, Sergej Semishkur und vielen anderen. Aber auch Konzerte der Wiener Philharmoniker, der Wiener Symphoniker und des WestEastern Divan Orchestra mit Daniel Barenboim sind geplant. Mit fidelio sitzen Sie bei all diesen Veranstaltungen in der ersten Reihe Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

– egal, ob zu Hause am Fernsehgerät oder unterwegs mit Ihrem Laptop, Smartphone oder Tablet. Seien Sie auch dann live dabei, wenn Sie an einem ganz anderen Ort wohnen, als das Konzert stattfindet, wenn es gerade keine Karten mehr gibt. Mit den zahlreichen Direktübertragungen auf fidelio können Sie immer und überall über die aktuellen Konzerte und Opernaufführungen mitsprechen und sich Ihre eigene Meinung über die einzelnen Veranstaltungen bilden. Wenn Sie eine Live-Übertragung verpasst haben – kein Problem: Dann können Sie das Konzert in der fidelio-Klassithek nachschauen. Der Live-Kanal von fidelio ermöglicht Ihnen problemlos, das Geschehen in der Welt der klassischen Musik zu verfolgen. Natürlich ist ein Konzert am Fernseher oder am Tablet nicht mit einem Original-Konzertbesuch vergleichbar. Aber die fidelio-Zuschauer bekommen dafür Einblicke, die es im Konzert nicht gibt: Details der Inszenierungen, eine Nähe zu den Musikern und Interpreten – und dazu Zusatzinformationen über Orchester, Dirigent und Programm vom fidelio-Team.

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Die „Meistersinger“ bei den Salzburger Festspielen

Richtiger Sound zur richtigen Zeit Im fidelio-KANAL bieten wir jeden Tag 24 Stunden lang ein exklusives Musikprogramm, das auf die Tageszeit, die Jahreszeit, auf Fest- und Feiertage abgestimmt ist und stets die richtige Musik für den richtigen Moment findet. Wer sich gern überraschen lässt, ist hier genau richtig. Der fidelio-Kanal funktioniert ähnlich wie Fernsehen:

Unsere Redaktion überlegt sich für jeden Tag im Jahr ein spezielles Programm, das Sie begeistern und beflügeln soll. 24 Stunden Musik an sieben Tagen in der Woche – und in jeder Minute musikalische Spitzenqualität. Das Programm unseres Kanals orientiert sich an Uhrzeit, Jahreszeit, aber auch an Feiertagen oder großen Veranstaltungen in der Welt der klassischen Musik. So senden wir zum Karneval etwa Mozarts amüsante Oper „La finta giardiniera“ und zu Ostern besinnliche Musik, etwa von Johann Sebastian Bach, dessen „Johannespassion“ wir in der Version von Nikolaus Harnoncourt und von Karl Richter haben. Natürlich wird in der Weihnachtszeit das „Weihnachtsoratorium“ mit den Tölzer Sängerknaben laufen. Zum Jahreswechsel lassen wir dann die Champagnerkorken knallen, mit Operetten wie der „Csárdásfürstin“ mit Anna Netrebko oder anderen walzerseligen Konzerten. 8

Außerdem richtet sich das Programm im fidelio-Kanal auch am internationalen Konzertkalender aus. Pünktlich zu den Salzburger oder Bayreuther Festspielen liefern wir unserem Publikum Rückblicke in die Vergangenheit, indem wir legendäre Highlights noch einmal zeigen. Geburtstage und Jubiläen feiern wir mit besonderen Künstlerporträts, außerdem bietet die Redaktion spannende Komponisten-, Länder- oder Instrumentenschwerpunkte an. Der fidelio-Kanal liefert zu jeder Zeit die richtige Musik. Wenn Sie gerade keine Lust haben, selbst zu suchen oder unentschlossen sind, lassen Sie sich einfach von fidelio überraschen. Natürlich können Sie bei jeder Sendung, die Ihnen gefällt, sofort in die Klassithek oder zum Entdecken wechseln und mehr über einen Künstler, Komponisten oder ein Werk erfahren und in unserem Archiv nach weiteren Aufführungen suchen, die mit Ihrem Favoriten in Verbindung stehen. So wird der fidelio-Kanal zum Ausgangspunkt für eine spannende Reise durch die Welt der Musik. www.crescendo.de

Februar – März 2017


Klassithek

live

kanal

entdecken

Der Junge Harnoncourt dirigiert Schubert

Die ganze Welt auf knopfdruck Bei fidelio können Sie Bekanntes finden und Neues ENTDECKEN. Egal, wonach Sie suchen – wir sind behilflich: Stöbern Sie nach Dirigenten, Orchestern, Ensembles, Festivals oder Häusern. ­fidelio liefert die passende Musik und exklusive Begleitinformationen. Entdecken sie genau jene Musik, die Sie gerade hören wollen. Unsere Entdecken-Seite bietet Ihnen die passende Hilfestellung. Sie wollen wissen, welche Werke von Mozart Sie gerade auf fidelio ansehen können? Kein Problem. Mit einem Klick bekommen Sie nicht nur eine Künstlerbiografie, unbekannte Fakten zu seinem Werk und wissenswerte Daten, sondern sehen alle Werke im Überblick. Sie können sofort loslegen mit „Zauberflöte“, „Jupitersinfonie“, „Don Giovanni“ oder einer der vielen anderen Aufnahmen des Salzburger Genies. In der Rubrik „Entdecken“ erfahren Sie immer auch ein bisschen mehr als nur die Archivdaten von fidelio. In der Kategorie „Schon gewusst?“ und „Wissenswertes“ können Sie Details über Leben und Werk nachlesen, die nicht bei Wikipedia zu finden sind. Wussten Sie zum Beispiel, dass der Pianist Rudolf Buchbinder Sammler von historischen Noteneditionen, Nippes, cineastischen Videos und DVDs ist? Und kennen sie den Lieblingswitz von András Schiff? Bei fidelio können Sie ihn nachlesen: „Im kommunistischen Polen sitzen drei Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Gefangene in einer Zelle. ‚Warum bist du hier?‘, fragen sie den einen. ‚Ich war gegen Gomulka.‘ – ‚Und du?‘ – ‚Ich war für Gomulka.‘ – ‚Und was ist mit dir?‘, fragen sie den dritten. ‚Ich bin Gomulka.‘ “ Auf der Entdecken-Seite stellen wir Ihnen zudem regelmäßig Informationen zu unseren Schwerpunkten, etwa zu den Konzerten im Wiener Konzerthaus, zu Komponisten wie Sergej Prokofjew oder zur Theatergruppe La Fura dels Baus vor. Außerdem finden Sie hier übersichtliche Listen aller bei fidelio vertretenen Künstler. Entdecken Sie unsere Protagonisten von A bis Z: Solisten von Thomas Allen bis Gerti Zeumer, Dirigenten von Claudio Abbado bis Sebastian Weigele, Orchester von der Academy of St. Martin in the Fields bis zu den Wiener Philharmonikern, Komponisten von Lois Andriessen bis Hugo Wolf, Festivals von Bayreuth bis Tanglewood und Häuser von der Arena di Verona bis zum Zürcher Opernhaus. In der Rubrik „Entdecken“ steht Ihnen die ganze Welt der Klassik per Fingerklick zur Verfügung. 9


f i d e l i o

crescendo empfiehlt Als fidelio-Abonnent steht Ihnen die unendliche Welt der klassischen Musik offen: legendäre historische Aufnahmen ebenso wie aktuelle Produktionen mit den großen Stars der klassischen Musik. Die crescendo-Redaktion hat einige Highlights des fidelio-Archivs zusammengestellt.

Don Giovanni Die älteste Aufnahme des fidelio-Archivs. Legenden wie Wilhelm Furtwängler, Cesare Siepi, Elisabeth Grümmer und Lisa della Casa. Das letzte Bilddokument Furtwänglers von 1954 in aufwendig restaurierter Version.

MahlerZyklus

Verdi Requiem

Leonard Bernstein gilt als Wiederentdecker der Musik Gustav Mahlers – sein Zyklus mit den Wiener Philharmonikern, den er zwischen 1971 und 1985 aufnahm, gilt bis heute als Referenz.

Historisches Großereignis: Der junge Pavarotti sprang 1967 kurzfristig für Carlo Bergonzi ein und machte das Requiem unter Karajan in Mailand mit Price, Cossotto und Ghiaurov zu einem einmaligen Dokument – es ist eines der ersten großen Filmprojekte Karajans.

Tschaikowsky ­Klavierkonzert Musik wie aus einer Zeitmaschine: So modern, aktuell und vibrierend wie Alexis Weissenberg, Herbert von Karajan und die Berliner Philharmoniker das b-MollKonzert interpretieren – einfach gigantisch. Ein aufwendig restauriertes Dokument.

Meistersinger von Nürnberg

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Die Referenzaufnahme der Salzburger Festspiele 2013 in der Regie von Stefan Herheim. Daniele Gatti leitet das StarEnsemble mit Michael Volle, Georg Zeppenfeld, Anna Gabler und Peter Sonn. Die FAZ schwärmt: „Lustig und großartig!“

Il Trovatore Die gefeierte Premiere der ­Salzburger Festspiele 2014 mit Anna Netrebko und Plácido Domingo. Daniele Gatti dirigiert die Sänger durch die Regie von Alvis Hermanis – und durch ein gigantisches Museum der emotionalen Erinnerung.

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Mozart ­Komplett „Mozart 22“ hieß das Giga-Projekt der Salzburger Festspiele zum 250. Geburtstag des Komponisten. Alle Opern in unterschiedlichen Inszenierungen sind auf fidelio abrufbar, unter anderem auch der Durchbruch von Anna Netrebko in „Le nozze di figaro“ und der „Don Giovanni“ mit Thomas Hampson.

Tutto Verdi Zum 200. Geburtstag des italienischen Opernmeisters wurden im Teatro Regio di Parma – nahe von Verdis Geburtsort Busseto – all seine Bühnenwerke in beispielhaften Produktionen aufgeführt. Alle sind nun auf fidelio nachzuerleben.

Schwanensee Legendär: Die Choreografie des Tschaikowsky-Klassikers von Nurejew aus dem Jahre 1966, in dem der Meister selbst tanzt. Der fidelio-Vergleich bietet zudem dieselbe Choreografie 50 Jahre später an: dieses Mal mit Tanz-Stars von 2014. Original und historisch eindringliches Update.

La Traviata

Johannespassion

Die Welt nannte Franco Zeffirellis Film einen „Glücksfall der Geschichte der Oper“. James Levine dirigiert, Teresa Stratas und Plácido Domingo als tragisches Liebespaar. All das in einer opulenten, bis heute modernen Bilderwelt. Ein Muss für jeden Opernfan.

Heute wird Patrice Chereaus Bayreuther „Ring“ von 1979 als „Jahrhundertring“ gefeiert. Pierre Boulez dirigiert die vier Abende, die zur Premiere noch heftig ausgebuht wurden, weil Chereau die Götter zu Menschen schrumpfte. Ein Stück Operngeschichte!

Bachs Meisterwerk, dirigiert von einem Großmeister: Nikolaus Harnoncourt und der Concentus Musicus gemeinsam mit dem Tölzer Knabenchor in einer Aufnahme von 1985 – leidenschaftlich, spirituell: menschlich! Sonder veröf fentlichung/Anzeigen/Präsent ationen

Ring des ­Nibelungen

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f i d e l i o

und so geht’s Mit fidelio steht Ihnen überall und zu jeder Zeit Musik in höchster Qualität zur Verfügung: im Wohnzimmer auf dem Fernseher oder unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. Einfach registrieren – und los geht es.

auf ihrem Fernseher Um fidelio auf Ihrem Fernseher zu empfangen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder Sie schließen Ihren Laptop direkt an das Gerät an oder streamen das fidelio-Programm per WLAN. Am einfachsten ist es, wenn Sie bereits über Apple TV, einen Amazon Fire TV Stick oder Google Chromecast verfügen: Dann können Sie einfach die fidelio-App herunterladen und los geht’s.

auf dem computer Um fidelio auf dem Computer zu sehen, besuchen Sie einfach unsere Startseite www.myfidelio.at und geben Sie einmalig Ihre Zugangsdaten ein. Sofort öffnet sich Ihnen unsere gesamte Klassithek, und Sie können vom Schreibtisch aus unsere LiveÜbertragungen sehen. Natürlich können Sie Ihren Computer auch direkt oder per WLAN mit dem Fernseher verbinden und das gesamte fidelio-Angebot im Wohnzimmer nutzen.

unterwegs Nehmen Sie Ihr fidelio-Klassikprogramm überallhin mit. Egal, ob unterwegs, im Hotel oder beim Kochen – laden Sie einfach unsere fidelio-App herunter und legen Sie nach Ihrer Registrierung sofort los. Melden Sie sich mit Ihrem fidelio-Passwort an und genießen Sie das gesamte Angebot der klassischen Musik. Die fidelio-App macht Ihren Klassik-Konsum vollkommen unabhängig. Egal, wo Sie sich gerade befinden. Per Smartphone oder Tablet können Sie die große Welt der Klassik überall und zu jederzeit genießen.

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Februar – März 2017


Hautnah an den Künstlern und in einzigartigen Perspektiven ­erleben Sie Klassik bei fidelio live aus dem Konzertsaal

mitten im Orchester Unsere Live-Übertragungen sind technisch aufwendig und garantieren, dass unsere Zuschauer die Konzerte hautnah erleben und hinter die Kulissen blicken können. Erleben sie die groSSen Ereignisse der klassischen

Musik aus einer vollkommen neuen Perspektive: live, hautnah und hinter den Kulissen. Regelmäßig bietet fidelio seinen Mitgliedern Übertragungen aus der ganzen Welt. Erleben Sie Opern oder Sinfoniekonzerte zu Hause in Ihrem Wohnzimmer oder unterwegs auf Ihren mobilen Geräten. Das Besondere: Die jahrelange Aufzeichnungserfahrung unserer Partner wie des ORF oder Unitel garantiert Musikgenuss auf höchstem technischen Niveau, modernste Kameras und Übertragungstechnik, dazu aufregende Bildregisseure und natürlich ein einmaliges Klangerlebnis. Die Live-Übertragungen von fidelio garantieren Ihnen unvergleichliche Musikerlebnisse. Erleben Sie die Intimität einer Aufführung, beobachten Sie die Musiker hautnah und seien Sie noch näher am Geschehen. Das fidelio-Team arbeitet mit großen Orchestern wie den Wiener Philharmonikern und den Wiener Symphonikern zusammen und renommierten Festivals wie Grafenegg – überall setzen wir

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unser Know-how dafür ein, dass Sie einen perfekten Musikgenuss erleben. Natürlich ist eine Übertragung immer ein anderes Erlebnis, als live in einem Saal zu sitzen. Aber fidelio legt großen Wert darauf, Ihnen die Musikereignisse mit allen Möglichkeiten der audiovisuellen Technik nahezubringen und Ihnen Einblicke zu ermöglichen, die Sie vor Ort kaum haben: fidelio hat den Anspruch, dass seine Live-Übertragungen den Zuschauer möglichst eng am Konzert­ geschehen beteiligen. Bei vielen unserer Live-Übertragungen nehmen wir unser Publikum mit hinter die Kulissen. Erleben Sie die großen Stars der klassischen Musik in exklusiven Gesprächen, schauen Sie sich Ausschnitte aus Proben an, seien Sie live dabei, wenn sich der Vorhang hebt. Natürlich werden all unsere Live-Übertragungen auch auf der fidelio-Seite umfangreich begleitet: Stöbern Sie in unserem Zusatzmaterial, lesen Sie die Biografien der Künstler, Einführungen in die Werke, Wissenswertes über Orchester und Komponisten oder schauen Sie sie sich schon im Vorfeld in unseren Bildergalerien an. 13


f i d e l i o

Musik – wann und wo Sie wollen Mit einem fidelio-Abonnement haben Sie problemlos Zugriff auf das gesamte Angebot: für 30, 90 Tage oder ein ganzes Jahr. Holen Sie sich die ganze Welt der klassischen Musik nach Hause und erleben Sie die schönsten Auftritte Ihrer Stars auch unterwegs. Sie können jetzt das Angebot von fidelio eine Woche lang kostenlos testen.

Eine Woche fidelio ­ gratis testen Sie können fidelio eine Woche lang kostenlos und unverbindlich testen. Die Testphase endet automatisch. Sollten Sie Fragen zur Installation oder Bedienung haben, steht Ihnen eine Hotline unter der Rufnummer +43 (0) 1 87878 12996 zur Verfügung.

30 Tage – 14,90 Euro

das crescendoangebot

Nutzen Sie einen Monat lang das komplette Angebot von fidelio auf all Ihren Geräten. Stöbern Sie in unserem Archiv und genießen Sie unsere Live-Übertragungen.

Gemeinsam mit fidelio bietet die crescendoRedaktion ihren Lesern besondere Vorteile an:

90 Tage – 41,– Euro Drei Monate sind bei uns eine fidelio-Spielzeit. Mit diesem Abo genießen Sie 90 Tage lang das komplette Angebot von fidelio auf all Ihren Geräten. 24 Stunden am Tag das volle Klassikprogramm und all unsere Live-Übertragungen.

365 Tage – 149,– Euro Ein Jahr lang fidelio zum Preis von zehn Monaten. Mit dem Jahres-Abo greifen Sie jeden Tag im Jahr auf das komplette Programm zu und können alle Live-Übertragungen an Ihrem Fernsehgerät oder auf Ihren mobilen Geräten empfangen.

15% Rabatt Als crescendo-Leser bekommen Sie 15 Prozent Rabatt auf Ihr fidelio-Abonnement, egal für welches Abo-System Sie sich entscheiden. Geben Sie bei der Anmeldung ganz einfach den Vorteilscode „crescendo15“ ein. crescendo-Abo & fidelio-Prämie Wir schenken Ihnen drei Monate lang das komplette fidelio-Angebot, wenn Sie jetzt crescendo abonnieren. Das crescendo-Abonnement umfasst sieben Ausgaben und kostet jährlich 55 Euro. crescendo auf fidelio Die crescendo-Redaktion hat Highlights aus dem fidelio-Archiv ausgewählt und so zusammengestellt, dass Sie als fidelio-Abonnent direkt darauf zugreifen können. Dazu gibt es spannende Interviews mit den Stars der Klassik.

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Februar – März 2017


Jonas ­ aufmann K Er ist einer der vielseitigsten Tenöre unserer Zeit.  Auf fidelio können Sie ihn unter anderem in der Wagner-Gala aus der Semperoper, in „Tosca“ aus der Bayerischen Staatsoper und in „Don Carlo“ von den Salzburger Festspielen erleben.

wir sind dabei

fidelio lässt die großen Stars der klassischen Musik in Ihrem Wohnzimmer auftreten. Zu jeder Zeit, auf all Ihren Geräten – live oder in unserem Archiv. Erleben Sie Meisterdirigenten, große Stimmen und geniale Virtuosen, wann immer Sie wollen. Werden Sie Teil der fidelio-Familie.

Anna Netrebko

Rudolf ­ uchbinder B

Sie ist längst eine der größten Stimmen aller Zeiten.  Anna Netrebko hat eine Weltkarriere gemacht – und ist in fast jedem Genre zu Hause.  Auf fidelio ist sie unter anderem in der „Csárdásfürstin“, in „Il Trovatore“, „Carmen“ und „Le nozze di Figaro“ zu erleben.

Christian ­Thielemann

Er ist Klangmagier und Beethoven-Experte. Rudolf Buchbinder hat eine Sammlung mit Beethoven-Erstausgaben zu Hause, und jede seiner Interpretationen gräbt noch tiefer nach dem Geist des Genies.  Auf fidelio ist er unter anderem mit Beethovens Klavierkonzerten zu hören – natürlich mit den Wiener Philharmonikern. Seine Geheimnisse gibt er in der Dokumentation „Buchbinders Beethoven“ preis.  Außerdem ist er als Begleiter in einem Liederabend mit Peter Schreier zu erleben.

Er ist ein Meister der Romantik. Auf fidelio ist er in zahlreichen Aufführungen zu erleben. Unter anderem mit seinem Wiener Beethoven-Zyklus, in verschiedenen Galas aus der Semperoper in Dresden, mit einem Konzert aus dem Vatikan und mit Wagners „Meistersingern“. Genießen Sie den Klangrausch der Romantik und den Geist tief empfundener Musik.

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Machen Sie Ihr Wohnzimmer zum Konzertsaal.

Das Klassikportal fĂźr Ihren Musikgenuss www.myfidelio.at


Erleben Die wichtigsten Termine und Veranstaltungen im Februar und März im Überblick (ab Seite 46). Oper im Steinbruch St. Margarethen und Herbstgold in Eisenstadt (Seite 50) | Kurt-Weill-Fest Dessau (Seite 52)

Der Weg in die Moderne „Denn das verstandest du: die vollen Früchte. / Die legtest du auf Schalen vor dich hin / und wogst mit Farben ihre Schwere auf. / Und so wie Früchte sahst du auch die Fraun / und sahst die Kinder so, von innen her / getrieben in die Form des Daseins“, schrieb Rainer Maria Rilke 1908 in seinem Requiem für Paula Modersohn-Becker. Er war Anfang des Jahrhunderts in die Künstlerkolonie Worpswede gekommen. Paula Becker, wie sie damals noch hieß, bewunderte er sehr, war wohl auch in sie verliebt und enttäuscht, als sie Otto Modersohn heiratete. Das Porträt, das sie 1906 von ihm malte, erschreckte ihn allerdings so sehr, dass er sich weigerte, ihr weiter dafür zu sitzen. Es gibt nicht nur Gesichtszüge wieder, sondern

offenbart ein Psychogramm des Dichters. Auch ­Modersohn-Beckers Selbstporträts sind von innerer Erkundung bestimmt. Mit kargen, strengen Formen sucht sie, den Impressionismus zu überwinden. Unter den Worpsweder Künstlern erkannte man ihre Bedeutung nicht. „Wir alle haben neben Paula Modersohn-Becker gelebt, ohne zu ahnen, dass sie auserwählt sein würde, der Welt etwas zu sagen“, schrieb die Malerin Ottilie Reylaender. Die Ausstellung „Paula Modersohn-Becker. Der Weg in die Moderne“ ist Auftakt der Trilogie der Moderne im Bucerius Kunst Forum in den ­Jahren 2017 und 2018. Hamburg, Bucerius Kunst Forum Hamburg, www.buceriuskunstforum.de

Foto: Paula Modersohn-Becker: Mädchen in rotem Kleid vor Sonnenblume, 1907

4. Februar bis 1. Mai, Hamburg

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e r l e b e n

Februar / März 2017

Die wichtigsten Veranstaltungen auf einen Blick Ihr persönlicher Navigator für Premieren, Konzerte und Festivals

04.02. Duisburg Theater Madama Butterfly / G. Puccini 04.02. Kaiserslautern PFALZ­ Theater Die Perlenfischer / G. Bizet 04.02. Wiesbaden Staatsthea­ ter Peter Grimes / B. Britten 04.02. Coburg Landestheater Das schlaue Füchslein / L. Janáček 05.02. Wien (A) Staatsoper Il trovatore / G. Verdi 07.02. Wuppertal Opernhaus The Rocky Horror Show / R. O‘Brien 09.02. Ulm Theater Lulu / A. Berg 11.02. Freiburg theater Julius Cäsar in Ägypten / G. F. Händel 11.02. Hannover Opernhaus Der fliegende Holländer / R. Wagner 11.02. Innsbruck (A) Tiroler Landestheater Un ballo di maschera / G. Verdi 12.02. Hamburg Staatsoper Lulu / A. Berg 12.02. Mannheim Opernhaus Die Königin / H. Berlioz, R. Wagner 12.02. München Nationalthea­ ter Sémiramis / G. Rossini 16.02. München Alte Kongress­ halle Die Faschingsfee / A. M. Willner, R. Österreicher 16.02. Schwerin Mecklenbur­g­i­ sches Staatstheater Anything Goes / C. Porter 17.02. Braunschweig Staats­ theater Dein Herz ist meine Heimat / G. Zöllig 17.02. Wien (A) Theater an der Wien Peer Gynt / W. Egk 17.02. Karlsruhe Staatstheater Semele / G. F. Händel 18.02. Baden (A) Stadttheater Victor/Victoria / H. Mancini 18.02. Giessen Stadttheater Titus Andronicus – Ein Machtspiel / T. Assam 18.02. Regensburg Theater am Bismarckplatz Les Enfants Terribles / P. Glass 18.02. Nürnberg Opernhaus Wozzeck / A. Berg 18.02. Kassel Opernhaus Elektra / R. Strauss 18.02. St. Gallen (CH) Theater Tanz der Vampire / M. Kunze, J. Steinman

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10. und 28. Februar, Elmau

Gidon Kremer und ­Grigory Sokolov

F oto: C h r i s ti a n Lu t z

Premieren

„Das Dionysische, Ungehemmte, das Sich-gehen-lassen-Können hatten mich immer fasziniert, dieses ‚Spielen aus dem Bauch‘“, beschreibt der Geiger Gidon Kremer seine Begeisterung für die Emotionalität der Pianistin Martha Argerich. Sie wiederum schätzt seine „Abenteuerlust“, sich mit neuen Kompositionen und Klängen zu befassen. Im gemeinsamen Spiel entfachen die beiden ein Feuerwerk unvergleichlicher Fantasie. Kein Wunder also, dass Kremer sie als Partnerin für seine Geburtstagestournee auserkoren hat. Gleich zwei Geburtstage kann er feiern, seinen 70. und den 20. des von ihm gegründeten Kammerorchesters Kremerata Baltica. Und natürlich feiert er auch auf Schloss Elmau, wo er bereits seit Jahren ein immer wieder gern gehörter Gast ist. Grigory Sokolov beginnt seine Europatournee ebenfalls in der ­beschaulichen Ruhe der bayerischen Alpen. Diesen großen ­Pianisten in der familiären Atmosphäre des Schlosses zu erleben, ­verspricht eine besondere Erfahrung. Keinesfalls sollte man versäumen, ihn beim Proben zu beobachten. Sokolov ist bekannt ­für seine langen und akribischen Einspielproben, in denen er sich auf die Akustik des Saales einstellt und sich vergewissert, wie der ­Flügel reagiert. Elmau, Schloss, 10.2. (Grigory Sokolov) und 28.2. (Gidon Kremer, Martha Argerich und die Kremerata Baltica), www.schloss-elmau.de

19.02. Augsburg Kongress am Park Otello / G. Verdi 19.02. Berlin Deutsche Oper Edward II. / A. L. Scartazzini 19.02. Frankfurt an der Oder Opernhaus Die Trojaner / H. Berlioz 19.02. Wien (A) Staatsoper Le Pavillon d’Armide / J. Neumeier 25.02. Erfurt theater Wozzeck / A. Berg 25.02. Wien (A) Volksoper Wie man Karriere macht, ohne sich anzustrengen / F. Loesser 25.02. Coburg Landestheater Die stumme Serenade / E. W. Korngold 26.02. Salzburg (A) Haus für Mozart La Bohème / G. Puccini 02.03. Leipzig Opernhaus Van Gogh / M. Schröder 03.03. Gera Bühnen Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny / K. Weill 04.03. Darmstadt Staats­ theater Jenůfa / L. Janáček 04.03. Düsseldorf Opernhaus Turandot / G. Puccini 04.03. Essen Aalto-Theater 3 by Ekman / A. Ekman 04.03. Linz (A) BlackBox Musik­ theater Die Welt auf dem Monde / J. Haydn 04.03. Mannheim Opernhaus Die Heimkehr des Odysseus / C. Monteverdi 04.03. Innsbruck (A) Tiroler Landestheater Ménage-à-trois / C. H. Shin, U. Scholz, J. Kylián 05.03. Braunschweig Staatstheater Alice im Wunderland / J. Harneit 05.03. Halle Oper Sacrifice / S. Nemtsov 05.03. Köln Staatenhaus Die Antilope / D. Grünbein 05.03. Stuttgart Oper Ariodante / G. F. Händel 09.03. München Reithalle Frau Schindler / Th. Morse 10.03. Koblenz theater The Fall of the House of Usher / P. Glass 11.03. Hof Theater Die Gespräche der Karmeliterinnen / F. Poulenc 11.03. Wiesbaden staatstheater Eugen Onegin / P. Tschaikowski 11.03. St. Gallen (CH) theater Nabucco / G. Verdi 19.03. Aachen Theater Powder Her Face / Th. Adès

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Februar – März 2017


23. Februar

F oto: P e te r Gw i a zda ; DG / H o lg e r Hag e; S tadt th e ate r B r e m e r h av e n ; Pau l L ec l a i r e; e sp lu s ; M a r ku s M o r i a n z ; Th o mas Das h u b e r ; I r è n e Za n d e l l ; H u g o G u m i e l ; W. H ö s l ; J ako b E r pf ; Y u va l H e n / DG ; M i c h e l Cava lc

Mannheim Elīna Garanča Wenn das neue Album von Elīna Garanča tatsächlich als Ausblick auf ihr neues Repertoire zu verstehen ist, wie sie das mehrfach andeutete, dann wartet man mit ungeduldiger Freude auf die nächsten Opernpremieren mit ihr. Es ist der Schritt in einen neuen Abschnitt ihres Gesangslebens, der „Revive“ markiert, und es ist beeindruckend, mit welcher stimmlichen Kraft und Größe sie diesen Schritt vollzieht. Starke Frauen in schwachen Augenblicken porträtiert sie, und ihre vollendete Gesangskunst verleiht jeder Arie überzeugenden emotionalen Ausdruck, sei es kühle Distanz oder überbordende Leidenschaft. Bei der Großen Metropolregion-Gala im Mozartsaal des Mannheimer Rosengartens ist sie mit der Deutschen Staatsphilharmonie RheinlandPfalz unter Karel Mark Chichon zu erleben. Mannheim, Rosengarten, www.staatsphilharmonie.de

18. März

München Présence „Présence: das ist die dünne Eisschicht, auf der der Fuß eben nur so lange verweilen kann, bis sie einbricht; aber während der Fuß noch für den Bruchteil einer Sekunde auszuruhen vermeint, bricht sie schon, die dünne Decke … ­ So erscheint Présence als jene Gegenwart, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet“, erläuterte Bernd Alois Zimmermann sein Klaviertrio. Es ­ dient dem Auftritt der Geigerin Elisabeth Kufferath, des Bratschisten Andreas Ticozzi, der Cellistin Jessica Kuhn und des Pianisten Moritz ­Eggert das Leitwort. Mit dem Streichtrio Clouds von Kaija Saariaho bildet es ­zudem den Rahmen für drei Uraufführungen: Outline für Violine solo von Thorsten Encke, Consolations für Elektrobratsche solo von ­Moritz ­Eggert und Unreality Smog für Elektrobratsche und Cello von ­Simon Frick. Vor dem Konzert führt Dirigent Andreas Puhani in das ­Programm ein. München, Johannissaal von Schloss Nymphenburg, www.sonorizzonte.de

24. und 25. Februar

Hannover Opernball „Alles Walzer!“, heißt es im Staatstheater Hannover, wenn unter dem Motto „Hallo, Wien!“ der Opernball stattfindet. Bühnenbildnerin ­Anja-Katharina Lütgens entführt die Besucher durch Verwandlung des Hauses in die Donaumetropole. Inmitten von Stephanskirche und Riesenrad schweben die Besucher in Walzerseligkeit über das Parkett. Dazu gibt es ein Showprogramm aus Tanz und Musik, dargeboten von Solistinnen und Solisten sowie dem Ballett der Staatsoper. Um Mitternacht versprüht Conchita Wurst (Foto) ­Wiener Charme und präsentiert mit dem Niedersächsischen Staatsorchester Hannover exklusiv arrangierte Songs. Hannover, Staatstheater, www.opernball-hannover.de

4. März

Bremerhaven Goldberg-Variationen Bachs Musik ist eine Inspirationsquelle für Künstler aller Bereiche. Selbst Choreografen lassen sich von ihr anregen. Ihr Augenmerk gilt den Goldberg-Variationen, deren Bezeichnung sich einer Anekdote verdankt. Bach selbst nannte das Stück „Clavier Ubung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“, was auch die Schwierigkeit erklärt, es auf einem modernen Konzertflügel zu spielen. In Bremerhaven sucht

Chefchoreograf und Ballettmeister Sergei Vanaev, der an der BolschoiBallett-Akademie in Moskau seine Ausbildung erhielt, die Begegnung mit Bachs barocker Variationskunst. Den musikalischen Part übernimmt die junge Pianistin Esther Birringer. Sie wurde beim 6. Internationalen Klavierwettbewerb Johann Sebastian Bach in Würzburg mit dem ersten Preis ausgezeichnet und begeistert Kritiker mit ihrem sensiblen und gleichermaßen packenden Spiel. Bremerhaven, Stadttheater, 4. (Premiere), 19. und 31.3. sowie 8., 13. und 22.4., www.stadttheaterbremerhaven.de

19. März

München Esther Ein Juwel hebräischer Kunstmusik des 18. Jahrhunderts bringt das Orchester Jakobsplatz anlässlich des Purimfestes zur Aufführung. Obwohl bereits vor über zwei Jahrhunderten entstanden, wurde es erst vor knapp zwei Jahrzehnten wiedergefunden. In der Universitätsbibliothek von Cambridge entdeckte der ­Musikforscher Israël Adler das Oratorium Esther von ­Christian Joseph Lidarti. Das Libretto stammt von Rabbi Jacob Raphael Saraval und ist eine hebräische Adaption von Händels gleichnamigem Oratorium. Beeindruckend an Lidartis Komposition ist die Schönheit der Gesangspartien, die durch die Ausdruckskraft der hebräischen Sprache sowie die feierliche Stimmung der Chor- und Orchesterpartien besonders zur Geltung kommt. Es singen Martyna Cymerman, Jessica Véronique Miller, Stefan Sbonnik, Niklas Mallmann und Vocalconsort München unter Johanna Soller. Am Pult steht Daniel Grossmann. München, Jüdisches Zentrum München, www.orchester-jakobsplatz.org

17. bis 26. März

Rügen 6. Festspielfrühling Der Bratschist Nils Mönkemeyer kuratiert den Festspielfrühling auf der Ostseeinsel Rügen und gewährt auf vielfältige Weise Einblick in seine Arbeit. Unter dem Titel „Frühlingserwachen“ eröffnet er das Festspiel mit Joaquin Turinas Scène Andalouse und Antonio Solers Fandango und holt dazu gleich alle Residenzkünstler zu sich aufs Podium. Ein umfangreiches Ensemble internationaler ­Musiker hat er auch für seine „Reise um die Welt“ zusammengestellt. Im Gepäck haben die Anreisenden jeweils ihre Lieblingsmusik. Über seine Ausbildung und seinen musikalischen Werdegang erzählt Mönkemeyer in einem Porträtkonzert, während er in einer offenen Meisterklasse das ­Publikum an der Erarbeitung der Interpretation eines Musikstücks teilhaben lässt. Rügen, verschiedene Spielorte, www.festspiele-mv.de

28. März

München The Consul Der Opernkomponist habe die Pflicht, Bühnenwerke zu gestalten, die vom Publikum verstanden und geschätzt würden, betonte Gian Carlo Menotti einst im Gespräch. So war er in musikalischer Hinsicht ein Verfechter des Konservativismus. Dass seine Opern altmodisch klingen könnten, fürchtete er dabei nie: „Es ist für einen Komponisten nicht wichtig, die eigene Zeit darzustellen, als wäre sie unsterblich. Wichtig ist, dass er die menschliche Natur zum Ausdruck bringt und seiner Musik unmittelbare Wirkungskraft verleiht.“ 1950 schrieb er die politische Musiktragödie The Consul, eine Anklage gegen Unterdrückung, Willkür und die Unmenschlichkeit moderner Bürokratie. Sie wurde sein größter Erfolg. Jetzt bringt das Opernstudio der Bayerischen Staats­ oper The Consul auf die Bühne. Christiane Lutz besorgt die Inszenierung, und Geoffrey Paterson dirigiert das Münchener Kammerorchester. München, Cuvilliés-Theater, 28. (Premiere), 30. und 31.3. sowie 2., 7. und 9.4., www.staatsoper.de

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e r l e b e n

KÜnstler

19. Februar, Berlin

Berlin Edward II.

Avi Avital 01.02. Zürich (CH), ZKO-Haus 02.02. Zürich (CH), St. Peter

Daniel Barenboim 06., 07.02. Berlin, Philharmonie 18.02 Regensburg, Audimax 20., 22.02. München, Philharmonie 04., 05, 08., 10.03. Berlin, Pierre-Boulez-Saal

Lisa Batiashvili 06.03. Krün, Schloss Elmau 09.03. Berlin, Pierre-Boulez-Saal F oto: M o n i ka R it te r s h au s

Piotr Beczala 11., 24.02. Berlin, Schillertheater 14.03. Frankfurt, Opernhaus

Joshua Bell 09., 10.03. Frankfurt am Main, Alte Oper

Rafal Blechacz 24.02. Berlin, Philharmonie 05.03. München, Prinzregententheater

Khatia Buniatishvili Der Stoff habe eine ungeheure Kraft, betont Andrea Lorenzo Scartazzini. Seit Langem trage er ihn in sich. Jetzt bringt er ihn auf die Opernbühne. Edward II. kommt mit Michael Nagy in der Titelrolle und Thomas Søndergård am Pult zur Uraufführung. Bereits Christopher Marlowe faszinierte das Schicksal des unbesonnenen Königs, der mit seiner Liebe zu dem arroganten Emporkömmling Piers Gaveston das Reich in einen Bürgerkrieg stürzte und schließlich auf Schloss Berkeley durch anale Pfählung grausam ermordet wurde. Thomas Jonigk nimmt Motive aus Marlowes Drama zur Grundlage seines Librettos. Doch konzentriert er sich auf die Außenseiterrolle Edwards II., der aufgrund seiner sexuellen Neigung weder die Erwartungen seines Vaters Edward I. noch die des Adels

10.03. Wilhelmshaven, Stadthalle 12.03. München, Prinzregententheater 15.03. Frankfurt, Alte Oper

zu erfüllen vermochte. Dabei wirft seine Perspektive auf die Figur, die über die Jahrhunderte hinweg zu einer Ikone der Schwulenbewegung wurde, auch die Frage nach dem Umgang der heutigen Gesellschaft mit Homosexuellen auf. Regie führt Christof Loy, der in der Vergangenheit mehrfach mit Jonigk zusammenarbeitete und auch Scartazzinis zweite Oper Der Sandmann in Szene setzte. Diese Oper hatte Scartazzini, der unter anderem Schüler von Wolfgang Rihm war, großen Erfolg beschert. Die Kritik bescheinigte seiner Musik „starke sinnliche Qualität“ sowie eine effektvolle und psychologisch durchwirkte Klangsprache. Berlin, Deutsche Oper, 19. (Premiere) und 24.2. sowie 1., 4. und 9.3., www.deutscheoperberlin.de

Max Emanuel Cenčić 24, 26.02., 01.03. Karlsruhe, Badisches Staatstheater

Seong-Jin Cho 12.02. Esslingen, Neckar Forum 13.02. Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität

Concerto Köln 19.02. Essen, Alfried Krupp Saal

Mahan Esfahani 01.03. Köln, Philharmonie 21.03. Heidelberg, Stadthalle

Franco Fagioli 12.02. München, Prinzregententheater

Inga Fiolia

17. März bis 9. Juni

17. bis 25. Februar

Zum Auftakt des Festivals zeigt der Andalusier Israel Galván, wie Flamenco-Tanz im 21. Jahrhundert aussehen kann. Mehrfach ausgezeichnet mit dem Premios Max, dem höchsten spanischen Theaterpreis, gilt er als virtuoser Avantgardist. Bereits als Kind begann er zu tanzen. Sein Vater gab ihm den ersten Tanzunterricht. Später arbeitete er mit Mario Maya Fajardo. Besondere Inspiration empfing er von dem Künstler Pedro G. Romero, der zwischen den Bereichen Bildende Kunst, Film, Musik, Theater und Tanz tätig ist, sowie vom Tanztheater Pina Bauschs und dem legendären japanischen Butoh-Tänzer ­Kazuo Ohno. „Wir sehen, wie die Generationen vor uns getanzt haben“, erläutert er. „Das kann uns als Anregung dienen. Aber wir dürfen es nicht imitieren. Denn sonst haben wir bloß eine Kopie.“ Galváns ­FLA.CO.MEN fokussiert auf die einzelnen Bestandteile des Flamencos, um ihn neu zu entdecken. Bregenz, Festspielhaus, www.bregenzerfruehling.at

„Mashreq to Maghreb – Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang“ – unter diesem Motto zeigen Künstler der Performing-Arts-Szene aus Ägypten, Algerien, dem Iran, dem Libanon, Tunesien und Syrien Arbeiten, in denen sie Umbrüche und Tabus in ihrer Heimat thematisieren. Das Festspielhaus Hellerau bietet dafür den idealen Rahmen, ist es doch selbst von Umbrüchen gezeichnet. 1911 nach Plänen Heinrich Tessenows errichtet und unter dem Einfluss Adolphe Appias als offener Raum ohne feste Einbauten gestaltet, musste es 1933 an die Nationalsozialisten verkauft werden. Die wollten zunächst ein „Bayreuth des völkischen Dramas“ daraus machen, bauten es dann aber zur Polizeischule um. Nach dem Krieg nutzte die Rote Armee Gebäude und Gelände als Lazarett und Kaserne. Über dem Yin-Yang-Zeichen am Eingang prangte der rote Sowjetstern. Erst 2004 wurde das Gebäude restauriert und der Kunst zurückgegeben. Hellerau, Festspielhaus, www.hellerau.org

Bregenz Tanzfestival ­Bregenzer Frühling

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Hellerau Performing Arts Festival

11.02. Köln, Steinway Haus 14.02. Düsseldorf, Steinway Haus 17.02. München, Steinway Haus 01.03. Frankfurt, Steinway Haus 07.03. Daun, Forum

Elīna Garanča 01.02. Berlin, Philharmonie 03.02. Baden-Baden, Festspielhaus 05.02. München, Philharmonie 08.02. Frankfurt, Alte Oper 14.02. Düsseldorf, Tonhalle 17.02. Wien (A), Konzerthaus 19.02. Graz (A), Musikverein für Steiermark 21.02. Kölner, Philharmonie 23.02. Mannheim, Rosengarten

Aida Garifullina 01.02. Wien, Staatsoper 03.02. Dresden, Semperoper

Christian Gerhaher 29.01. Genf (CH), Grand Theatre de Genève 24.02. Krün, Schloss Elmau 10., 12.03. Berlin, Pierre Boulez Saal

Boris Giltburg 06.03.Hitzacker, St. Johanniskirche

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Februar – März 2017


4., 5. und 6. März

Anoushka Shankar ist eine der interessantesten und vielseitigsten Sitar-Spielerinnen. Ausgebildet in klassischer indischer Musik von ihrem Vater Ravi Shankar, ist sie nicht nur eine Virtuosin auf ihrem Instrument, sondern versteht es auch, das klassische Erbe in eigenen Kompositionen weiterzuentwickeln. Die Sitar ist eine aus Persien stammende Langhalslaute, der ein schwebender, singender und obertonreicher Klang eigen ist. Mit den Berliner Philharmonikern unter Zubin Mehta spielt Anoushka Shankar das Zweite Konzert für Orchester und Sitar ihres Vaters, ein Brückenschlag zwischen Ost und West. Berlin, Philharmonie (auch im Live-Stream in der Digital Concert Hall verfügbar), www.berliner-philharmoniker.de

4. und 5. Februar

Offenbach „toujours Mozart & Jedermann“ Das Festival „toujours Mozart & Jedermann“ lädt ein zu einem Wochenende voller Musik. 20 Veranstaltungen, die aus unterschiedlicher Perspektive ein Licht auf Mozarts Kompositionen und die seiner Zeitgenossen werfen, umfasst das Programm. Auch eine Wiederentdeckung ist dabei: Belmonte und Constanze oder Die Entführung aus dem Serail des Offenbacher Komponisten und Musikverlegers Johann André. Dass man bei dem 235 Jahre schlummernden Singspiel unwillkürlich an Mozart denkt, ist kein Zufall. Junge Sängerinnen und Sänger der Bayerischen Staatsoper sowie die Hofkapelle München unter dem Dirigenten und musikalischen Leiter des Festivals Wolfgang Antesberger gestalten die Aufführung. Und wer seinen eigenen Mozart vorstellen möchte, dem bietet Mozart & Jedermann ein Konzertpodium. Offenbach, Büsing-Palais, www.toujoursmozart.de

19. bis 21. Mai, München

eva lind auf „die 66“

F oto: Eva L i n d

F oto: P e te r Gw i a zda ; DG / H o lg e r Hag e; S tadt th e ate r B r e m e r h av e n ; Pau l L ec l a i r e; e sp lu s ; M a r ku s M o r i a n z ; Th o mas Das h u b e r ; I r è n e Za n d e l l ; H u g o G u m i e l ; W. H ö s l ; J ako b E r pf ; Y u va l H e n / DG ; M i c h e l Cava lc

Berlin Anoushka Shankar und die Berliner Philharmoniker

Der, die das 66? „Die 66“ ist Deutschlands größte 50plus Messe mit fast 50.000 Besuchern. crescendo und die Süddeutsche Zeitung sind mit der „Hör- und Leselounge“ vor Ort, die den Mittelpunkt des Themenbereichs „Kunst und Kultur“ bildet. Auf unserer Bühne bieten wir ein dichtes Kulturprogramm: Die berühmte ­Sängerin Eva Lind wird uns besuchen und der „Rosenheim-Cop“ Max Müller offenbart uns seine zweite große ­Begabung neben der Schauspielerei (siehe auch S. 14). crescendo-Chefkritiker und Hifi-Enthusiast Attila ­Csampai stellt ihnen Musik vor, die Sie in dieser Qualität gehört haben sollten. Wir freuen uns auch darauf, bekannte Autoren und Journalisten des Süddeutschen Verlags hautnah bei Lesungen zu erleben. Und natürlich bietet die Hör- und Leselounge den ersehnten Rückzugsraum und Ruhepol im Trubel der Messe. Für unsere Leser haben wir ein Freikartenkontingent: Wenn Sie uns auf „Die 66“ kostenlos besuchen möchten, schreiben Sie eine E-Mail an: ­info@crescendo.de

23.

14. bis 23. April 2017

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL MIT

Eröffnungskonzert, Matineen, Symphoniekonzert, Orgelkonzert, Jazz & Festivalbrunch

Ostersonntag, 16. April, 20 Uhr

SYMPHONIE KONZERT Ordenskirche St. Georgen

WEITERE INFORMATIONEN UNTER www.osterfestival.de Tickets bei den örtlichen Vorverkaufsstellen und online unter www.eventim.de

Konstantia Gourzi 03.02. München, Carl-Orff-Auditorium 09.02. München, Reaktorhalle

Daniel Hope 01.02. Zürich (CH), ZKO-Haus 19.02. Düsseldorf, Museum Kunstpalast 10., 12.03. Zürich (CH), Schauspielhaus 16.03. Berlin, Konzerthaus

Maximilian Hornung 04.02. Baden-Baden, Festspielhaus 07.02. Würzburg, Hochschule für Musik 19.02. München, Max-Joseph Saal 09.03. Hannover, Großer Sendesaal des NDR 10.03. Braunschweig, Stadthalle

Jóhann Jóhannsson 10.02. Hamburg, Elbphilharmonie

Mariss Jansons 30.01. Wien (A), Musikverein 06.02. Luxemburg (LU) Philharmonie

Philippe Jordan 25., 26.02. Wien (A), Musikverein 04., 05., 08., 09., 10.03. Wien (A), ­Konzerthaus

Philippe Jaroussky 31.01. Düsseldorf, Tonhalle 16.03. Wien (A), Konzerthaus

Gidon Kremer 28.02. Krün, Schloss Elmau 02.03. Berlin, Philharmonie 04.03. Regensburg, Universität 05.03. Baden-Baden, Festspielhaus 07.03. Neumarkt in der Oberpfalz, Reitstadel 08.03. München, Philharmonie 09.03. Bochum, Anneliese Brost ­Musikforum Ruhr

Igor Levit 29.01. München, Prinzregententheater 19.02. Stuttgart, Liederhalle 24., 25.02. Berlin, Philharmonie

Jan Lisiecki 01., 02., 03.02 Zürich (CH), Tonhalle 09.02. Lugano (CH) LAC Lugano

Xavier de Maistre 05.02. Coesfeld, Theater 16.02. Köln, Philharmonie

Joana Mallwitz 25.02. Erfurt, Theater 05.03. Erfurt, Theater

BAYREUTHER OSTERFESTIVAL

Sabine Meyer BAYREUTHER 04.03. Hamburg, Elbphilharmonie OSTERFESTIVAL 05.03. Duisburg, Philharmonie ­Mercatorhalle

Vikingur Olafsson

10., 11.02. Hamburg, Elbphilharmonie

Emmanuel Pahud

31.01. München, Prinzregententheater 01.02. Regensburg, Auditorium ­Maximum 05.02. Essen, Philharmonie 17., 18., 19.02. Berlin, Philharmonie 23., 24.02. Dortmund, Konzerthaus 25.02. Essen, Philharmonie 14.03. Martigny (CH), Foundation ­Pierre Gianadda

Sophie Pacini

08.02. Polling, Bibliothekssaal

Murray Perahia

04.02. Gstaad (CH), Kirche Saanen 06.02. Düsseldorf, Tonhalle 28.02. Genf (CH), Victoria Hall

Olga Peretyatko

24.02. Baden-Baden, Festspielhaus 22.05. Basel (CH), Musical Theater

Philharmonia Zürich 19.02. Zürich (CH), Oper

Valer Sabadus 25.01-07.02 Genf (CH), Grand Théâtre de Genève 12.02. Duisburg, Philharmonie ­Mercatorhalle

Maurice Steger 19., 20.02. Braunschweig, Stadthalle 22.02. Celle, Congress-Union

Alexandre Tharaud 31.01. Neuss, Zeughaus 16.02. Lugano (CH), LAC 05.03. Essen, Philharmonie

Klaus Florian Vogt 02.,05.,08.02. Berlin, Deutsche Oper 15.02. Wien (A), Konzerthaus 23.02. Zürich (CH), Opernhaus 25.02. Frankfurt, Alte Oper

Wiener Symphoniker 02., 03.02. Wien (A), Konzerthaus 19., 20., 21.02. Wien (A), Konzerthaus 25., 26.02. Wien (A), Konzerthaus 04., 05.03. Wien (A), Konzerthaus 08., 09., 10.03. Wien (A), Konzerthaus

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e r l e b e n

Tosca-Aufführung im Steinbruch von St. Margarethen

grosse leidenschaften in schroffem fels Wo könnte sich die Kraft von Giuseppe Verdis schonungsloser Oper Rigoletto besser entfalten als unter freiem Himmel in der urwüchsigen Kulisse eines Steinbruchs? Genau das geschieht im Sommer in St. Margarethen im Burgenland. Von Ruth Renée Reif

Beinahe hätte die österreichische Zensur Giuseppe Verdi einen chern, prägen das Bild. Rigoletto ist eine machtvolle Charakter­ Strich durch die Rechnung gemacht. Als er für den Karneval in tragödie. Weit über die Vorlage hinausgehend, bringt Verdi MenVenedig Victor Hugos Schauspiel Le roi s’amuse zu einer Oper schen auf die Bühne, deren widersprüchliche Charakterzüge er bis umgestalten wollte, schritt die Zensurbehörde ein. Ein französi- ins letzte Detail ausformt. Das gilt für die beiden Extreme im scher König dürfe nicht als Wüstling gezeigt werden. Also ver- Wesen Rigolettos ebenso wie für die innere Zerrissenheit Gildas legte Verdi den Schauplatz von Paris nach Mantua, degradierte und den leichtfertigen, zügellosen Charakter des Herzogs. Rigoletto, der bucklige Narr, der sich als liebender Vater einer den König zu einem Herzog und verwandelte den Hofnarren Triboulet in Rigoletto. Seiner ursprünglichen Absicht, einen „star- bezaubernden Tochter offenbart, ist eine Charakterpartie, in der ken, wilden Stoff “ um die beleidigte Menschenwürde zu ver­ jeder Bariton sein Können zeigen möchte. Seine großartige Arie opern, taten die Änderungen allerdings keinen Abbruch und dem Cortigiani, vil razza dannata, mit der er seine verzweifelte Anklage überwältigenden Erfolg der Oper ebenfalls nicht. Großartig ist gegen die Höflinge herausschreit, und sein rasender Ausbruch im die Musik. Wie kaum ein anderer verstand es der „Bauer aus Ron- Duett mit seiner Tochter – Vendetta – gehören zu den aufwühcole“, wie Verdi sich selbst gerne nannte, die ewigen Leidenschaf- lendsten Gesangspassagen. Vladislav Sulimsky vom Mariinskyten auf die Bühne zu bringen und die menschlichen Abgründe Theater in St. Petersburg und Davide Damiani, Scarpia bei Oper im Steinbruch 2015, teilen sich die Partie. Herrliche Musik hat auszuloten. Oper im Steinbruch bringt Rigoletto auf Europas größte Verdi dem Herzog zugeschrieben. Seine Kanzone Questa o quella und die berühmte Arie La donna è mobile Naturbühne. Der Römersteinbruch St. Maroper im steinbruch strahlen Abenteuerlust und unbekümmerte garethen dient seit über 20 Jahren als spektaku12. Juli bis 19. August Leichtigkeit aus. Die Tenöre Yosep Kang, läre Kulisse aufwendiger Operninszenierungen. Informationen und Kartenservice: Tel.: +43-(0)2682-650 65 Arthur Espiritu und Jesús León übernehmen im Schroffe Steinformationen und hohe steile Felswww.operimsteinbruch.at Wechsel die Partie. wände, wild bewachsen mit Gras und Sträu50

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F oto s: R e n é d e l M i ss i e r ; N e da Nava e e

Ohren- und GaumenschmAus Eisenstadt eröffnet mit „Herbstgold“ ein neues Festival, bei dem neben erlesener Musik auch exquisite Kulinarik kredenzt wird! Von Maria Goeth

Rigolettos Tochter Gilda erhält eine der berührendsten Arien. Als Gualtier Maldé gab sich der Herzog bei ihr aus. Und um diesen „caro nome“ singt sie in melodischen Koloraturen von ihrer Liebe, einer Liebe, die auch der Betrug des Herzogs nicht zu erschüttern vermag. Zwei Duette fügt Verdi an diesem dramatischen Moment des Geschehens zu einem Quartett zusammen: den Herzog mit Maddalena und Rigoletto mit Gilda. Aber deren Liebe ist stärker. Sie opfert sich, bevor sie im ergreifenden Duett mit ihrem Vater Lassù in cielo Abschied nimmt. Die Sopranistin Elena Sancho Pereg kehrt mit dieser Starrolle in den Steinbruch zurück. 2016 war sie Adina in Donizettis Liebestrank. Die Sopranistin Tatiana Larina wechselt sich mit ihr ab. „Mir scheint, was Bühnenwirkung anbelangt, ist Rigoletto das beste Buch, das ich bis jetzt in Musik umgesetzt habe. Es bietet gewaltige Situationen, Mannigfaltigkeit, Feuer, Humor“, urteilte Verdi selbst in einem Brief. Der Orchestermusik kommt dabei eine eigene Rolle zu. In unendlicher Farbenvielfalt malt sie die Stimmungen der einzelnen Szenen. Eindrücklich sind die unheilkündenden Akkorde der Gewitternacht, umweht vom Summen des Chores. Das Symphonieorchester des Slowakischen Rundfunks spielt unter der Stabführung von Anja Bihlmaier, Erste Kapellmeisterin und Stellvertreterin des Generalmusikdirektors Kassel, und Daniel Hoyem-Cavazza. Den Philharmonia Chor Wien leitet Walter Zeh. Der Regisseur, Bühnenbildner und Lichtdesigner Philippe Arlaud hat die Aufgabe übernommen, Rigoletto der mächtigen Natur des Steinbruchs einzuschreiben. „Es ist wahrscheinlich zum ersten Mal, dass man versucht, diese Oper in Bildern solcher Dimension zu zeigen“, betont er, selbst überwältigt vom Anblick des Steinbruchs. Eine große rote Treppe dominiert die Bühnenkons­ truktion. Verschiedene Welten lässt Arlaud aufeinandertreffen. Der skrupellosen Oberwelt des fürstlichen Hofes, die als mächtiges Quadrat erscheint, stellt er die Unterwelt des Mörders Sparafucile als bunkerartiges Gebäude gegenüber. In deren Mitte entfaltet er das dramatische Geflecht, symbolisiert von riesigen Polyedern, zwischen Rigoletto und seiner Tochter Gilda, die im Spannungsfeld von Ober- und Unterwelt zerrieben werden. Es sei, so bekennt Arlaud, „ein metaphysisches Gefühl“, das ihm dieser Steinbruch vermittle. Er möchte ihn in seiner Gesamtheit in die Inszenierung einbeziehen und in all seiner Kraft teilhaben lassen. n

F oto: A n d r e as Ti sc h l e r / H Q

Regisseur Philippe Arlaud liebt die Aura des Opern-Steinbruchs. Mit Anja Bihlmaier steht eine gefeierte Nachwuchsdirigentin am Pult

Schloss Esterházy in Eisenstadt

Sind Sie bereit für die Revolution? Im September feiert das burgenländische Eisenstadt mit seinem neuen Festival „Herbstgold“ zehn Tage lang Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft musikalischer Umbrüche. Im Haydnsaal des Schlosses Esterházy sind dazu Konzerte mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Cornelius Meister und mit Klarinettist Andreas Ottensamer ebenso zu hören wie mit der Haydn Philharmonie unter Nicolas Altstaedt oder mit dem Startenor Ian Bostrige und seinem Klavierbegleiter Julius Drake. Als Highlight treten im Quartett-Marathon gleich vier prominente Ensembles auf – Quatuor Ebène, das Schumann-Quartett, das Quartett plus 1 und das Saxophon Quartett Phoen – und auch im beigegebenen Kinder- und Familienprogramm dreht sich alles um die magische „Vier“. Doch damit nicht genug: Ein Festivalabend rankt sich rund um Balkan- und Roma-Sounds mit Bands aus Mazedonien und Südfrankreich, und eine „Nightline“ ergänzt die klassische Präsentation von Schuberts Winterreise um deren zeitgenössische Variante durch die österreichische Jazzsängerin Lia Pale. Neben dem akustischen Wohl will natürlich auch das leibliche umsorgt sein. Hochkarätige Weine und erstklassige Kulinarik werden beim Pan O‘ Gusto Festival in der historischen Orangerie des Schlossparks dargereicht. Unter der Regie von Gault-Millau zaubern Köche aus Österreich, Ungarn und Slowenien traditionelle bis moderne Kreationen in einer Schauküche. Winzer empfehlen den passenden Rebsaft dazu. n Herbstgold 6. bis 16. September Informationen und Kartenservice: Tel.: + 43-(0)2682-650 65, www.herbstgold.at 51


Ulrich Tukur und Die Rhythmus Boys

Fotos: Katharina John; Claudia Heysel; MDR / Edith Held; MDR / Andreas Lander; Ira Weinrauch

e r l e b e n

Der wunderbare Mandarin

„Auf dass die Welt besser sei“ Mit rund 60 Veranstaltungen feiert das Kurt Weill Fest Dessau den großen Reformator Luther, den kämpferischen Aufklärer Moses Mendelssohn und natürlich seinen Namensgeber. Von julia hartel

Nicht ganz 20.500 Quadratkilometer Land umfasst das heutige litz stattfinden, natürlich einerseits um Kurt Weill – steht doch die Sachsen-Anhalt – doch die Impulse, die während der letzten fünf Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in all Jahrhunderte von dort ausgingen, bescherten der Welt nachhaltige seinen Bühnenwerken im Zentrum. Aber auch Veranstaltungen wie Veränderungen. So war auf diesem Landstrich nicht nur das Bau- der Hörspielabend „Auf dass die Welt besser sei“ wurden passend haus beheimatet, sondern er bildete auch den Wirkungsort der zu diesem Hintergrund konzipiert. In Kooperation mit MDR Kultur bedeutenden Aufklärer Moses Mendelssohn und Christian Wolff; wird hier der Fußmarsch des 15-jährigen Moses Mendelssohn von nicht zuletzt liegt hier die Stadt Wittenberg, die bekanntlich den Dessau nach Berlin „nachgezeichnet“: Von Rolf Schneider verfasste Texte machen die Gedanken, Ängste und Hoffnungen des späteren Startpunkt für die Reformation Martin Luthers markiert. Doch der gemeinsame Nenner zwischen „Luther, Weill & Philosophen nachvollziehbar – ebenso wie seinen „Kampfeswillen“, Mendelssohn“ – so das Motto des sich zum 25. Mal jährenden Kurt wenn es um die religiöse Freiheit des Menschen ging. Die drei gemeinsam mit der Musikhochschule in Leipzig und Weill Fests – besteht aus weit mehr als dem geografischen Aspekt. „Dem Programm liegt eine gesamtgesellschaftliche Fragestellung dem Stadtmuseum in Halle entwickelten musikalisch-philosophizugrunde“, erläutert Festival-Intendant Prof. Michael Kaufmann. schen Veranstaltungen „Freiheit des Glaubens“, „Freiheit zu philo„Es will zum Nachdenken einladen: darüber, wie wir leben wollen, sophieren“ sowie „Freiheit des Geistes“ werden sich den Zusamwie eine humane Gesellschaft aussehen kann und was das für den menhängen zwischen Luther, der Aufklärung und Weill widmen. Einen weiteren Schwerpunkt stellt in dieEinzelnen bedeutet.“ kurt weill fest sem Jahr das Festival-Jubiläum dar: „Die Dementsprechend drehen sich die rund 60 24. Februar bis 12. März Geschichte unseres Festivals ist eine spannende Veranstaltungen, die vom 24. Februar bis Informationen und Kartenservice: Erfolgsgeschichte in der Folge der Wiederverei12. März an 26 Spielstätten in Dessau-Roßlau, Tel.: +49-(0)341-499 09 00 www.kurt-weill-fest.de nigung der beiden deutschen Staaten, ohne die Halle (Saale), Magdeburg, Wittenberg und Wör52

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Kristjan Järvi, Julia Hülsmann und das Alliage Quintett

14. Februar 2017

Liebestod und Liebesleid Tristan, Isolde & Co. Ansi Verwey (Klavier)

13. August 2017

Peer Gynt Ein norwegischer Mythos Christiane Karg (Sopran) Achim Conrad (Rezitation) Gerold Huber (Klavier) mit dem Ensemble der Kreuzgangspiele

www.kunstklang-feuchtwangen.de Kartentelefon 09852 904 44

Foto: Gisela Schenker

es das Fest, inspiriert durch die Kurt Weill Foundation aus New York, wahrscheinlich so gar nicht geben würde“, meint Michael Kaufmann. Daher werde es im Jahr 2017 in einem besonderen Bewusstsein und voller Highlights begangen. Man darf sich auf viele Artist-in-Residence-Künstler aus zurückliegenden FestivalAusgaben freuen, darunter Ute Gfrerer, James Holmes und Nils Landgren, die vom 2. bis 5. März, am großen Jubiläumswochenende, Kaufmann zufolge „einen echten Marathon machen, indem sie jeweils in vier Tagen vier Konzerte an drei verschiedenen Orten spielen“. Zusammen mit dem Ensemble Modern und der Anhaltischen Philharmonie Dessau werden diese drei Künstler auch das Galakonzert am 4. März als besonderen Höhepunkt des Festivals gestalten. Die Zuhörer können sich durch die bewegte Lebens­ geschichte von Kurt Weill führen lassen und ihm vom Ku’damm an die Champs-Elysées und bis an den Broadway folgen. „Es gab noch nie so viele gemeinsame Produktionen des Anhaltischen Theaters mit dem Kurt Weill Fest “, erzählt Kaufmann. Auch wurden noch nie bei einem Festival so viele zentrale Werke von Weill angeboten. Das sei vor allem der „fantastischen Kooperation“ mit dem MDR und den Artists in Residence, dem MDR Sinfonieorchester, dem Rundfunk-Chor und Kristjan Järvi zu verdanken. Von Die sieben Todsünden über ein Oratorium nach Der Weg der Verheißung bis hin zum Musical Braver Soldat Johnny steht so an jedem Wochenende ein maßgebliches Weill-Werk auf dem Programm. Umrahmende Veranstaltungen wie die Festspieleröffnungsparty, Filmvorführungen, eine Ausstellung, eine Tagung sowie Führungen runden das Festival-Programm ab. „,Luther, Weill & Mendelssohn‘ ist nicht nur eine Reminiszenz an die Vergangenheit“, betont Kaufmann. „Es ist zugleich eine Aufforderung, uns der Privilegien, die unsere aufgeklärte Gesellschaft bietet, bewusster zu sein und ganz im Sinne Kurt Weills unsere Stimme dafür zu erheben, dass diese Gesellschaft auch das Modell für die Zukunft bleibt.“ n

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M u s i k & g e n d e r

Ist Musik weiblich? Da regt mich ja schon die Frage auf! Frauen waren zu allen Zeiten an allen Orten Teil des Musiklebens. Doch lange ­kamen sie in der Musikgeschichte kaum vor. Das ändert sich gerade. Zu Recht?

F oto: L e l a n d b o bb é

v o n B e at r i x B o r c h a r d

I

n der Süddeutschen Zeitung vom 19. Dezember 2016 konnte man folgende Nachricht lesen: „Kaija Saariaho ist die zweite Komponistin, von der ein Werk an der Metropolitan Opera in New York aufgeführt wird. (Die erste war Ethel Smyth mit ihrer auf Deutsch getexteten Oper ‚Der Wald‘; das war 1903.) Die wie Saariaho aus Finnland stammende Dirigentin Susanna Mälkki wiederum ist die vierte Frau, die in der Geschichte des Hauses am Pult stehen darf.“ „Man sieht: Die Gleichstellung der Geschlechter schreitet rasant voran!“ So der sarkastische Kommentar einer Kollegin. Vorbei sind die Zeiten, in denen eindeutig schien, wer als Mann, wer als Frau galt, in denen Gleichstellungspolitik und Geschlechterforschung an einem Strang zogen und für Chancengleichheit kämpften. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen theoretisch fein säuberlich zwischen sex (biologischem Geschlecht) und gender (sozialem Geschlecht) unterschieden wurde. Nicht vorbei ist hingegen, dass Jahr für Jahr pünktlich zum internationalen Frauentag am 8. März auf den Gendergap, also die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, verwiesen wird. Nicht nur nicht vorbei, sondern immer aktueller ist, dass wir Tag für Tag nicht nur im Fernsehen und im Kino, sondern hautnah mit Menschen anderer Kulturen konfrontiert sind, für die Gleichberechtigung nach westlichen Vorstellungen kein Thema ist. Und dennoch 54

wütet die neue Rechte gegen die Geschlechterforschung, spricht ihr ab, Wissenschaft zu sein. Und was hat das alles mit Musik zu tun? Bleiben wir auch im „postfaktischen“ Zeitalter bei den Fakten: Bereits in der bürgerlichen Frauenbewegung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, erst recht in der neuen deutschen Frauenbewegung Ende der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurde gefragt: Warum hört man so gut wie nie Musik, die Frauen komponiert haben? Warum findet sich in allgemeinen Musikgeschichtsdarstellungen kaum ein weiblicher Name? Denn diese mangelnde Hör- und Sichtbarkeit war alles andere als selbstverständlich. Im 19. Jahrhundert war es gerade der Bereich der Musik, in dem bürgerliche Frauen zuerst die Chance auf eine professionelle Ausbildung zumindest im Gesang und im Klavierspiel hatten und damit die Möglichkeit, sich auf dieser Basis eine eigenständige berufliche Existenz aufzubauen, während sie zum Universitätsstudium erst um die Wende zum 20. Jahrhundert, so etwa in Preußen 1908, zugelassen w ­ urden. Da die „Frauenmusikbewegung“ in den 1970er- und 80erJahren nicht von Seiten der Wissenschaft, sondern von der künstlerischen Praxis ausgelöst wurde, schaute man zunächst ausschließlich nach Komponistinnen, deren Werke man wieder aufführen konnte. Der Blick zurück war jedoch von vornherein mit dem Bemühen verknüpft, auch zeitgenössischen Komponistinnen www.crescendo.de

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„die diskussion hat ein dilemma: die

tierten Instrumenten, zum „Genein Forum zu schaffen. Das zeigten forscher nehmen nach wie vor dering“ von Komponisten sowie die nicht zufällig nicht von WissenWerkgattungen oder zu dialogischaftlerinnen, sondern von Sängedas biologische Geschlecht als schen Schaffensprozessen haben rinnen initiierten und organisiergegeben an“ gezeigt, dass die Zuschreibungen ten Festivals Ende der 1980er-Jahre. männlich/weiblich mit BewertunArchive wurden aufgebaut, erst im gen verknüpft sind und dass diese eigenen Arbeitszimmer, dann auch mit kommunaler Unterstützung. Erste Verzeichnisse und Lexika Bewertungen nicht zu trennen sind vom Thema „Künstlerbild und erschienen. Auch ein Verlag, der sich ausschließlich der Publika- Geschlecht“. Für die deutschsprachige Diskussion ist ein Dilemma kenntion von Werken von Frauen widmete, wurde gegründet. Die erste Phase war gekennzeichnet durch eine fruchtbare zeichnend: Die meisten Menschen, auch kultur- und sozialgeZusammenarbeit zwischen Musikerinnen, Journalistinnen und schichtlich orientiert Forschende, nehmen nach wie vor das bioRedakteurinnen, einer Verlegerin und Wissenschaftlerinnen. logische Geschlecht als gegeben an. Dagegen geht die an den Selbst der Bayerische Rundfunk veranstaltete 1993 im Gasteig in US-amerikanischen Debatten orientierte Genderforschung von München ein Symposion und ein live übertragenes Forum zum performativen Konstruktionen nicht nur bezogen auf das kulThema: „Hat Musik ein Geschlecht?“ Es wurde von Martha Mödl turelle Geschlecht aus, sondern inzwischen auch bezogen auf dominiert, die – sich im Ruhme einer großen Sängerinnenkarriere das biologische Geschlecht. „Doing gender“ ist das Stichwort. sonnend – unter dem Beifall der ZuhörerInnen die Ausgangsfra- Geschlecht wird auch im Handeln hergestellt, nicht nur im Alltag, gestellung kurzerhand für gegenstandslos erklärte. Erste wissen- sondern beispielsweise auch in der Musik. Die Stimme eines Menschaftliche Veröffentlichungen zu Beginn der 1980er-Jahre ver- schen als wesentliches Medium des „doing gender“ eröffnet inzwischwanden in Bibliotheken in neu eingerichteten Nischen unter schen in allen Musikbereichen und besonders in der Popularmusik dem Stichwort „Frau und Musik“. Geschlecht galt nicht als eine Spielräume für Geschlechtskonstruktionen und -kreuzungen im zentrale Kategorie, die alle Aspekte des Lebens betrifft, sondern als Rahmen der musikalischen „Performance“. Wie viele und welche Geschlechter gibt es? Ist die Differenz zwischen den Geschlechtern ein Sonderforschungsbereich. Nach einigen Jahrzehnten der Forschung wissen wir: Zu eine zwischen festen Kategorien, oder gibt es Überlagerungen oder allen Zeiten und auf der ganzen Welt haben Frauen das Musikle- so etwas wie ein Kontinuum zwischen den Polen? Hinzu kommen ben mitgetragen und mitgeprägt. Entstanden ist beispielsweise Ansätze, wie die der sogenannten Intersektionalitätsforschung. Diese fordert die Berücksichtigung weidas Internetforum MUGI mit Lexikon terer Differenzkategorien wie soziale und multimedialen Präsentationen. Es (class) und ethnische Herkunft (race) gibt zwei Forschungsinstitute, das Forneben der Kategorie gender. Geschlechschungszentrum Musik und Gender an terforschung und Gleichstellungspolider HMTM Hannover sowie das Sophie tik bewegen sich immer weiter auseinDrinker Institut in Bremen. Gedruckt ander. wurde unter anderem das Lexikon Archiv Frau und Musik Dennoch: „Die gesellschaftlich „Musik und Gender“ sowie eine Buchwww.archiv-frau-musik.de kollektiven Weiblichkeits- und Männreihe „Europäische Komponistinnen“. Forschungszentrum Musik und Gender lichkeitsbilder, die sich in literarischen, Aber wie die Musik klingt, die da aus(fmg) an der Hochschule für Musik und künstlerischen und massenmedialen gegraben wurde, wissen wir in vielen Theater Hannover www.fmg.hmtm-hannover.de Produktionen vermitteln, haben sich – Fällen immer noch nicht. Wie ist das allem sozialpolitischen Fortschritt zum möglich? ForumMusikDiversität Schweiz www.fmf.ch Trotz – seit der letzten JahrhundertWerfen wir noch einmal einen wende kaum gewandelt“, so das ernüchBlick zurück: Nach einer Phase des Musik und Gender im Internet (MuGI) www.mugi.hfmt-hamburg.de ternde Fazit von Bettina Pohle in ihrem Suchens und Aufarbeitens war klar, 1998 erschienen Buch „Kunstwerk Frau. einen weiblichen Beethoven würSophie Drinker Institut Inszenierungen von Weiblichkeit in der www.sophie-drinker-institut.de den wir nicht finden. Frauen schienen Moderne“ (S. 150). Das ist nun fast 20 nichts „Wesentliches“ zur MusikgeJahre her und könnte sich doch auf die schichte beigetragen zu haben. Versteht Jetztzeit beziehen. Denn auch 2017 ist man hingegen Musikgeschichte als eine Annette Kreutziger-Herr der politische Kampf um Gleichstellung Geschichte des Musiklebens, dann wird und Melanie Unseld in allen Bereichen – und das gilt selbst ein ganzes Netzwerk von Menschen (Hrsg.): Lexikon Musik für Deutschland – nicht abgeschlossen. sichtbar, deren Arbeit mit einfließt in und Gender. Bärenreiter Er macht aus der Frage nach der Sichtund Metzler. Kassel, 2010 das, was wir ein musikalisches Werk barkeit der künstlerischen Arbeit von nennen. Neben namhaften KomponisFrauen und nach der Definitionsmacht ten treten Menschen „ohne Namen“, von Medien ebenso wie der Musikgedie Musik aufführen, sammeln, andere fördern, Aufträge vergeben, Räume zur Verfügung stellen, vermit- schichtsschreibung aus Forschungsfragen stets auch gesellschaftsteln und vieles mehr. Musik wird in diesem Kontext verstanden als politische Fragen. Klar ist also: Geschlechterforschung befasst sich vielfältiges Beziehungsereignis, ein verschriftlichtes Werk als Teil immer kritisch mit Geschlechter- und Machtverhältnissen. Deseines komplexen Gefüges, als Ergebnis und zugleich Ausgangs- wegen bekämpfen die neuen rechten Bewegungen unter anderem die Geschlechterforschung. Sie fordern ihre Abschaffung und difpunkt der Zusammenarbeit vieler Menschen. Untersuchungen zu geschlechterbezogener Metaphorik in famieren sie als unwissenschaftlich. Damit bedrohen sie auch die Texten, seien es Kritiken, Rezensionen oder musikwissenschaft- freie Entfaltung von Kunst und Wissenschaft. Setzen wir ihnen liche Veröffentlichungen, zu weiblich oder männlich konno- etwas entgegen! n

Institutionen „Musik und Gender“

Buchtipp

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M u s i k & g e n d e r

Frau Bariton Lucia Lucas war ein Mann. Seit 2014 ist sie eine Frau – nicht jedoch auf der Bühne. Eine tägliche Transformation. von Jasmin Goll

F oto: J o h a n n es K ap l a n

Intenstität und Tiefe – im Blick von Lucia Lucas spiegelt sich die Irritation ihrer Mitmenschen

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Lucia Lucas live 22.01. Wuppertal Die Liebe zu den drei Orangen 27.01. Karlsruhe I Capuleti e i Montecchi 10.02. Karlsruhe I Capuleti e i Montecchi 18., 19., 21.02. Dublin

(National Concert Hall) Fotoserien schlaglichtartig verschieLucia Lucas ist Baritonistin. Moment Madame Butterfly dene Aspekte ihres Lebens ein und gibt mal. Frauen sind doch in der Regel damit zum Teil sehr private Einblicke in So­pran, Mezzosopran oder Alt, Männer 09., 15., 23.04., 31.05., 09., 22., 24.06. Wuppertal, Rigoletto das (Seelen-)Leben der Sängerin: „Mein Tenor, Bariton oder Bass? Dass dieses Anliegen ist es, ehrliche, authentische System an seine Grenzen kommt, zeigt 14.06. Wuppertal, Don Giovanni Eindrücke ohne unnötige Effekte zu versich schon, wenn man versucht, CounDie Fotoausstellung „Wohin wohin?“ mitteln. Ich will nicht irgendein Klischee tertenöre darin unterzubringen. Lucia im Badischen Landesmuseum Karlsruhe bedienen.“ Fotos im Abendkleid hängen Lucas ist trans und das beste Beispiel läuft noch bis Dezember 2017. neben Aufnahmen, die in ihrer Gardedafür, dass wir anhand einer Singstimme robe im Theater entstanden sind oder nicht auf das Geschlecht einer Person sie zusammen mit ihrer Ehefrau Ariana schließen können. Vor wie nach ihrer Geschlechtsangleichung steht sie auf der Opernbühne – früher als Lucas, ebenfalls Opernsängerin, in ihrer Wohnung zeigen. GleichBariton, seit 2014 als Baritonistin. Dass sich der Wunsch nach einer zeitig erklingt eine Aufnahme von Lucia Lucas’ Fliegendem HollänGeschlechtsangleichung mit ihrer Bühnenkarriere vereinbaren las- der – einer Rolle, mit der sie sich besonders verbunden fühlt. Die sen könnte, hielt sie nie für möglich: „Ich hatte immer im Hinter- Fotos, die allesamt nach ihrer Geschlechtsangleichung entstanden kopf, zuerst Karriere zu machen und danach meine Geschlechtsan- sind, beleuchten auf metaphorische und teils abstrakte Weise, was gleichung zu machen.“ Die Amerikanerin kam vor sieben Jahren sie in den letzten Jahren durchlebt hat. Zeitweise war Johannes Kapnach Deutschland, sang zuerst an der Deutschen Oper Berlin, dann lan selbst verblüfft, wie sich die Ausstrahlung der Sängerin vor der am Badischen Staatstheater Karlsruhe. „Bis zu meinem Coming-out Kamera veränderte: „Der Kunstbart wurde ihr in der Maske des war ich unsichtbar. In der Presse bekam ich ordentliche Kritiken – Staatstheaters zwei Stunden lang mühevoll angeklebt. Tatsächlich hat er auch eine starke Verwandlung ihrer Persönlichkeit bewirkt. ‚solide gesungen‘ und so weiter. Danach änderte sich das.“ Doch eigentlich hatten die Operationen und auch die Hor- Als ich sie anschließend in Männerkleidung fotografiert habe, kam monbehandlung so gut wie nichts an ihrem Gesang oder ihrem das aggressiv Männliche sehr stark zum Vorschein.“ Die Tristesse, die in manchen Bildern mitschwingt, ist nicht Repertoire geändert. Weiterhin verkörpert sie die Machos und Bösewichte, die das Baritonfach bereithält. Doch ihr Verhältnis zu zufällig. Lucia Lucas selbst fällt es schwer auszudrücken, was sie mit den Rollen hat sich gewandelt: „Da ich nun keinen Mann mehr im den Fotos verbindet. Es sind Erinnerungen vor allem an die Zeit realen Leben spielen muss, fällt es mir leichter, diese Rollen auf der in Karlsruhe, die sie immer noch aufwühlen. Denn „das Härteste Bühne zu verkörpern. Rollen wie Fritz Kothner aus den Meistersin- in Karlsruhe war nicht meine Geschlechtsangleichung, sondern gern, Monterone in Rigoletto oder Biterolf in Tannhäuser waren für damit umzugehen, wie andere mich wahrnehmen. Ich habe meine mich wie ein Fenster, durch das ich in die Zukunft blicken konnte, Geschlechtsangleichung für mich selbst gemacht – für niemand wie es wäre, wenn ich mich nicht für die Geschlechtsangleichung anderen –, aber ich kann mich nicht von meinen Mitmenschen entschieden hätte. Für jede Vorstellung verwandelte ich mich in abschotten.“ In den ersten Monaten nach ihrem Coming-out nahm der Maske, ich bekam graues Haar und wurde auf alt geschminkt. sie sich viel Zeit, mit Kollegen über ihre Geschichte zu sprechen. Es war, als ob ich 50 oder 60 Jahre alt wäre. Der Gedanke damals, Das rege Interesse und die Neugierde – eine Phase, die sie heute noch 20 bis 30 Jahre ohne die Geschlechtsangleichung weiterzule- als „honeymoon period“ bezeichnet – flauten zum Teil ab. Manche ben, machte mich wütend. Wenn ich diese Rollen jetzt spiele, ist das zeigten weiterhin viel Verständnis, manche keines. Schiefe Blicke, nicht mehr so, weil sich mein privates Aussehen jetzt so sehr von abfällige Kommentare und vor allem menschliche Enttäuschung dem auf der Bühne unterscheidet.“ Im Herbst 2014 brachte sie meh- prägten diese Zeit, in der ihre Frau ihr ein Fels in der Brandung war. Seit Herbst 2016 ist sie freischaffend tätig und zurzeit auf der rere Operationen hinter sich, die ihrem Gesicht weiblichere Züge verliehen. Vor allem für die Kollegen, die mit ihr auf der Bühne Wuppertaler Opernbühne zu sehen. Ein Neuanfang für sie, auch interagieren, ist es einfacher, wenn sie zum Beispiel einen Kunstbart künstlerisch: Derzeit steht sie als Celio in Die Liebe zu den drei trägt. Der Unterschied zwischen ihrem Bühnenkörper und ihrem Orangen auf der Bühne – im Abendkleid. Mehr und mehr stößt privaten Körper ist also entscheidend. Für die Bühne ruft sie die die Transfrau szenische Neuinterpretationen an, die das Geschlecht männlichen Verhaltensweisen, Gesten und Haltungen wieder ab, in der Oper neu denken. Doch letztlich ist ihr eines viel wichtiger: „Natürlich gibt es Menschen, die mir wegen meiner Geschichte Aufdie sie als Kind erlernt hatte, um sich gesellschaftlich anzupassen. Derzeit sind Fotografien von Lucia Lucas im Rahmen der merksamkeit schenken, aber ganz unabhängig von meiner Situation Ausstellung „Wohin, wohin?“ im Badischen Landesmuseum Karls- bin ich einfach Sängerin. Ich mache Karriere, obwohl ich trans bin, ruhe zu sehen. Der Fotograf Johannes Kaplan fing in mehreren aber nicht weil ich trans bin.“ n 57


M u s i k & g e n d e r

Der Axel-Brüggemann-Kommentar

Bei Männern, welche Libido fühlen ... Emanzipation ist in der klassischen Musik noch lange nicht angekommen – oder nur in dem Maße wie im Rest unserer Gesellschaft auch.

offiziell aufgenommen. Und selbst das war für viele MusiAm ersten Tag des neuen Jahres saßen wir vor dem Fernseker noch immer ein Affront. Der damalige Vorstand Werher, als Gustavo Dudamel diesen dämlichen Trick mit dem ner Resel trat als Gegner von Frauen im Orchester zurück. Taktstock aufführte, der ihm vor lauter männlicher EnerSelbst 1998 standen die Wiener Philharmoniker bei einem gie in die Geigengruppe flog. Damals sprach ich mit meiner Frau gerade über das Schwerpunktthema dieser crescendo-­ Gastspiel in der Carnegie Hall noch immer in der Kritik, als die Ausgabe, und sie sagte, eher im Scherz: „Emanzipation in der LA Times ein Statement der National Organization for Women Klassik ist vielleicht erreicht, wenn eine Frau das Neujahrskon- veröffentlichte, für die das Orchester eine „rassistische und frauenfeindliche Philosophie“ vertrat. Aber die Wiener machten stur zert in Wien dirigiert.“ Da war natürlich etwas dran: Immerhin sind gerade die Wie- weiter: Als die Harfenistin Julie Palloc das Probespiel gewann, ner Philharmoniker bekannt für ihre Probleme mit Frauen. Erst scheiterte sie am Probejahr – Palloc wurde nie wieder zu einem Probespiel eingeladen. 1994 wurde die „Arbeitsgruppe All das wissend, dachte Frauenrechte Menschenrechte“ gegründet, die das Orchester „emanzipation in der klassik ist vielleicht ich, ja, eine Frau als Dirigenzu einer Erklärung aufforderte, erreicht, wenn eine Frau das Neujahrs- tin des Neujahrskonzertes, das wäre wirklich eine Revowarum es noch immer keine konzert in Wien dirigiert“ lution (abgesehen davon, dass Frauen aufnehme. Im folgenes spannender wäre als dieden Jahr erklärten die Philser überdrehte Chavez-Propaharmoniker, dass dem Engagement von Frauen sozial- und arbeitsrechtliche Probleme im Wege gandist Dudamel, der einzig deshalb engagiert wurde, damit die stünden. Selbst als dem Ensemble ein weiteres Jahr später mit Philharmoniker es auf dem südamerikanischen Markt leichter Subventionsentzug gedroht wurde, zögerten die Wiener und ver- haben, und der sogar das Taktstock-Wegwerfen schon am Vorzichteten lieber auf 2,5 Millionen Staatsschilling, als eine Frau zu abend geprobt hatte). Als das Publikum im Goldenen Musikverengagieren. Erst am 27. Februar 1997 wurde die Harfenistin Anna einssaal bereits den Radetzkymarsch mitklatschte, sagte ich zu Lelkes (sie spielte zuvor bereits 26 Jahre als Gast im Orchester) meiner Frau allerdings auch: „Aber wenn Simone Young dirigiert, 58

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Sicher, viele dieser Entwicklungen sind historisch bedingt dann ist das auch missverstandene Gleichberechtigung.“ Schließlich gibt es nichts Frauenfeindlicheres als eine Frau nur deshalb und durch die Sitten der Vergangenheit zu erklären. Natürlich zu engagieren, weil sie eine Frau ist – ungeachtet ihrer Qualitä- dürfen wir uns nicht wundern, dass heute so wenige Komponisten oder ihrer nicht vorhandenen Qualitäten. Aber gerade diese tinnen des 18. und 19. Jahrhunderts gespielt werden – sie hatten Denkweise hält in der Klassik ebenfalls Einzug. So wie neulich damals keine Chance. Selbst dass auf der Wikipedia-Seite der in Bremen, als irgendwelche Provinzpolitiker forderten, dass der Wiener Philharmoniker noch immer keine Dirigentin verzeichNachfolger von Markus Poschner aber bitte unbedingt eine Nach- net ist, zeigt nur, wie kurz die Geschichte der Gleichberechtigung ist. folgerin sein sollte. Und sind wir heute weiter? Jein! Im Angesicht der emanziMachen wir es kurz: Mit der Gleichberechtigung von Frauen ist es in der klassischen Musik genau so weit gediehen wie andern- patorischen Anfangsschwierigkeiten steht es nicht dramatisch orts auch – und es fehlt genau so viel. Frauen gehören zwar längst schlecht um die Emanzipation in der Welt der Klassik. Viele Frauen zum Bild der Klassik, sind Dirigentinnen, Regisseurinnen, Solis- mit großer Qualität geben längst den Ton an: Komponistinnen tinnen oder Intendantinnen – aber sie erledigen all diese Jobs wie Olga Neuwirth, Sofia Gubaidulina oder Lera Auerbach, Dirigentinnen wie Susanna Mälkki, Simone noch immer in der Minderheit und oft Young oder Aldora de la Parra und mit Ressentiments. Das ist in der Klassik Intendantinnen wie Elisabeth Sobotka nicht anders als in den Vorstandsetagen „es wurde für in Bregenz oder Andrea Zietzsch­mann unserer Firmen. bei den Berliner Philharmonikern sind Natürlich könnte man denken, moralischer ­gehalten, klug und erfolgreich – aber sicherlich dass der klassischen Musik gerade in der arme sizilianische ­Jungen noch in der Minderheit. Sie sind allerFrauenbewegung eine besondere Rolle zu kastrieren und ihren dings der Anfang eines Trends. Und zukommen müsste. Immerhin geht es zumindest was den PR-Chauvinismus hier ja um Humanismus, um Leidentausendfachen Tod in betrifft, stehen sich Frauen und Männer schaft und – gerade in der Oper – meist Kauf zu n ­ ehmen, statt schon lange in nichts mehr nach: So wie um die Liebe. All das kommt bekannteine Sängerin zuweilen auf ihr Aussehen lich weder ohne Männer noch ohne einer Frau zu ­erlauben, reduziert wird, passiert das inzwischen Frauen aus. Aber die klassische Musik öffentlich aufzutreten“ auch bei Tenören, und im Gegensatz zu war und ist eben immer auch ein Kind Anne-Sophie Mutter oder Vilde Frang ihrer Zeit. Und es gab Epochen, in denen scheint es bei manch lederbandbehangedie Sitte der Kirche den Damen den Auftritt auf offener Bühne verbot und es für moralischer gehalten nem Geiger viel mehr ums Äußerliche zu gehen als um die Quawurde, arme sizilianische Jungen zu kastrieren und ihren tau- lität des Klangs. Und dennoch, in ihren Führungsebenen ist auch die Klassendfachen Tod in Kauf zu nehmen, statt einer Frau zu erlauben, sik noch viel zu oft ein patriarchales Macho-Gewerbe. Gerade bei öffentlich aufzutreten. Ja, die Branche der klassischen Musik hat sich leider oft einigen altgedienten Intendanten oder Regisseuren scheint nicht nicht als emanzipatorischer Vorreiter behauptet. Als Sängerin- angekommen zu sein, dass Intensität und Leidenschaft nicht das nen endlich erlaubt waren, standen sie lange Zeit auf einer Ebene diskriminierende Fluchen auf der Bühne legitimieren. Was man mit Prostituierten. Und die Liste von Frauen, die ihre Karriere am zuweilen von Proben hört, von Vorstellungsgesprächen mit RegisKlavier oder als Komponistin den Männern opfern mussten, ist seurinnen oder Bühnenbildnerinnen, ist zuweilen primitiver als endlos – Clara Schumann ist nur ein prominentes Beispiel. Klar, der Steinzeit-Adam. Ausdrücke wie „du dumme Kuh“ oder „Sie einige Männer-Komponisten haben starken Frauen wie Elektra, mit Ihrem seichten Frauenzeugs“ sind da eher noch freundliche Lulu oder Brünnhilde großartige Denkmäler gesetzt. Sie wussten Ausfälligkeiten. Dennoch entwickelt die klassische Musik sich weiter, nicht natürlich, dass die ganze Chose ohne Weiber nicht geht. Selbst in der leichten Musik war nicht alles Macho-Macho. Ein Lied schneller, aber auch nicht langsamer als der Rest der Gesellschaft. Damenwahl war schon bei der Premiere der Lustigen Witwe nicht Wohin, das ist besonders beim Nachwuchs zu sehen. Im Bundesnur ein Gassenhauer der Operette und Tanzaufforderung, son- jugendorchester liegt der Frauenanteil bei weit mehr als 50 Prodern bewusstes, politisches Statement. Aber selbst jene Kompo- zent. Ein eindeutiges Zeichen, dass das traditionelle Männer­ nisten, die in ihren Werken die Emanzipation voraussehend vor- orchester langfristig ausstirbt. Irgendwann wird dieser Trend weggenommen haben, waren im realen Leben oft Chauvis oder dann auch bei den Spitzenensembles ankommen. Derzeit sind unfähig, mit dem anderen Geschlecht umzugehen: Mozart, der von den 128 Berliner Philharmonikern gerade einmal 19 Musistarke Frauen wie Donna Elvira oder die Königin der Nacht und kerinnen, fast doppelt so hoch ist der Anteil im London Symgrauenhafte Grapscher wie den Grafen Almaviva schuf, schaffte phony Orchestra und bei den New York Philharmonics. Die Wiees im wahren Leben nicht, seiner Constanze treu zu sein. Und ner Philharmoniker sind in diesem Ranking noch immer abgeWagner, der das endgültig emanzipierte Opernweib mit Welten- schlagen. Vielleicht ist der Anteil der mitspielenden Damen der retterinnen wie Brünnhilde erfunden hatte, träumte in Seidenun- wahre Gratmesser beim nächsten Neujahrskonzert, und wenn terwäsche am liebsten vom „Weib der Zukunft“, dessen einzige es dann irgendwann in Wien klappt, funktioniert es andernorts Aufgabe darin bestehen sollte, ihrem Mann zu dienen – Minna schon lange. Denn wie sagte bereits Gustav Mahler: „Wenn die brach er damit das Herz, Cosima deutete die Rolle als unliebsame Welt untergeht, dann zieh‘ nach Wien – denn da passiert alles 50 Jahre später.“ Eheherrin um. ■ 59


l e b e n sa r t

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8 9 1) Mendelssohn-Haus 2) Bach-Denkmal an der Thomaskirche 3) Gewandhaus 4) Blick auf die Innenstadt 5) Petersbogen und Neues Rathaus 6) Leipziger Allerlei 7) Nikolaikirche 8) Thomanerchor 9) Thomaskirche 10) Oper Leipzig

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F oto s: A n d r e as Sc h m i dt (6); M i c h a e l B ad e r ; B ac h - A rc h i v L e i p zi g ; J e n s G e r b e r

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l e b e n sa r t

„Hier huldigte Bach mit der Kaffee-Kantate dem kolonialen Modegetränk, hier scharwenzelte ­Kurfürst August der Starke um die schöne Wirtin Johanna Elisabeth Neumann“

Leipzig Bach, Schumann, Mahler, Wagner: Alle durchströmten sie die Sachsen-Metropole. Zusammen mit Bassbariton Tuomas Pursio begibt sich unser Autor durch „Hypsig“, den „Kopf der Musik“. von Roland H. Dippel

F oto s : K i r s te n N i j h o f ; B e t ti n a S to ess

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Rhein leicht hätte annehmen können. Und man n dieser Kulturlunge Deutschlands bin ich merkt, wie verwurzelt er in der Stadt ist, wo er seit sehr glücklich.“ Das ist ein bedachtes und 14 Jahren zu den Ensemblesäulen gehört – unter ehrliches Wort des finnischen Bassbaritons Riccardo Chailly, Peter Konwitschny und jetzt Tuomas Pursio. Er sagt „Lunge“ für pulsieGeneralintendant Ulf Schirmer. Klar, dass es in renden Austausch, nicht „Herz“. Zum unserem fast dreistündigen Treffen mehr um Gespräch treffen wir uns an der Oper Leipzig, nur Musik und Theater geht als um die überall sichtbawenige 100 Meter vom größten Kopfbahnhof ren Geschichtsspuren wie das Forum für ZeitgeDeutschlands. Sogar an diesem kalten Januartag schichte oder das Museum Runde Ecke zur Stasimit Puderschnee herrscht hier nach der VormitAn der Oper Leipzig Aufarbeitung. tagsprobe reges Getümmel. Direkt vor dem Bühverkörpert Tuomas Pursio Vor dem Bach-Denkmal an der Thomaskirneneingang starten die Fernbusse in alle Richtun- unter anderem den Mephisto che setzt Tuomas Pursio eine Linie seiner künstlegen. Ab 4. März wird Tuomas Pursio wieder zum bösen Kaspar in Webers Freischütz, es ist bereits seine vierte Pro- rischen Passionen: „Erstens Bach, zweitens Wagner und Strauss, duktion dieses urromantischen Identifikationsstücks mitteldeut- drittens Verdi und Puccini.“ Eins tritt derzeit leider zurück, zwei scher Kultur. Im Schatten des neuen Gewandhauses auf der ande- steht im Zentrum. An allen wichtigen Leipziger Musikorten – ren Seite des Augustusplatzes kommt das Gespräch ganz schnell Thomaskirche, Gewandhaus, Universitätsmusiken und vielen auf den breiten Leipziger Musikstrom von Bach zu Wagner über anderen – ist Tuomas Pursio aufgetreten. Doch gibt es hier ZäsuMahler, Mendelssohn, Schumann, Reger bis in die Gegenwart ren zwischen der ausgeprägten Tradition des oft in der Oper und Udo Zimmermanns und Steffen Schleiermachers. Von der Fuß- gleichzeitig Konzerte spielenden Gewandhausorchesters und gängerzone führt der Weg vorbei an der Nikolaikirche, Symbol einer ganz stark profilierten Sakralmusik. Dabei war Bach der der Wende und für Kirchenmusik bis heute ein aktiver Ort ebenso Magnet, der Tuomas Pursio schon ganz früh zur Musik zog. Als wie die durch Bach berühmtere Thomaskirche. „Dort ist das Grab Knabe rückte er schnell auf in die Spitzengruppe der „Cantores meines Idols“, sagt der dunkelhaarige Sänger mit bemerkenswert minores“, dem finnischen Pendant zum Leipziger Thomanerchor, klarem Deutsch ohne Dialektakzente, die er in seinen Gesellen- und begegnete beim Gastspiel der Kruzianer in Helsinki 1980 jahren im Studio der Oper Zürich und der Deutschen Oper am bereits seinem Basskollegen René Pape. 61


l e b e n sa r t

Tuomas Pursio vergleicht die räumliche Weite der Leipziger des vor einem Jahr verstorbenen und hier vergötterten GewandKanäle, die großen Parks von „Klein Paris“ und das Neuseenland hauskapellmeisters Kurt Masur für das Mendelssohn-Haus. Über den Marktplatz mit dem Renaissance-Rathaus und den rundum mit seiner Heimatstadt Helsinki. In Leipzig wurde er nach zwei Spielzeiten von 2000 bis 2002 am Theater Erfurt ganz Messehöfen rundum flanieren wir durch die Ausgehmeile Barschnell zum bekennenden Lipsianer: „Erfurt ist wunderbar, doch fußgässchen zwischen Markt und dem schönen Schauspielhaus, Leipzig liegt mir als Großstädter einfach mehr.“ Damals lernte er dort sitzen zu jeder Jahreszeit Trendsetter und Touristen. Ziel ist das Café-Restaurant „Zum Arabiseine Frau kennen und lieben, sie ist schen Coffe Baum“, eines der ältesten als Musiklehrerin die ideale künstleKaffeehäuser Mitteleuropas und rische Wegbegleiterin. Und sie kann heute eine Filiale des Stadtgeschichtsich mit ihm darüber freuen, dass der lichen Museums. Hier huldigte Bach Vater von drei Kindern (zwölf, zehn mit der Kaffee-Kantate dem koloniaund acht) an der Oper Leipzig nach len Modegetränk, hier scharwenzelte dem Riesenerfolg als bodenständiger Kurfürst August der Starke um die Traummann Mandryka für Strauss’ schöne Wirtin Johanna Elisabeth Arabella immer mehr in das schwere Neumann. Und auch hier geht es um Wagner-Fach hineinwächst. Familie die Musik. Tuomas Pursio ist glückund Berufung beeinflussten natürlich über die vielen gebrochenen lich die Entscheidung für das WohnCharaktere, die er an der Oper Leipquartier. Jetzt wohnt Familie Pursio zig und als in seiner Heimat beliebter in Gohlis, nahe am Rosental-Park, Gast an der Oper Helsinki verkördem idyllischen Schlösschen und den Altes Rathaus pern darf: Mephisto – gleich gegenbeeindruckenden historistischen Hausfassaden, die heute weitflächig strahlen wie vor 1914, als über von Goethes Originalschauplatz Auerbachs Keller–, den diabolischen Nick Shadow und nach seinem Rollendebüt als Prophet Leipzig die reichste Stadt Deutschlands war. „Richard ist Leipziger“, so setzt die Messestadt Wagner auf Jochanaan an der Oper Linz folgt Salome in Leipzig. Bach wird Augenhöhe mit Bach. Wagners Geburtshaus am Brühl steht nicht für ihn weiterhin zu kurz kommen, aber dafür gibt es satte Aufgamehr, doch der Verein Leipziger Notenspur und die aktive Orts- ben bei den Wagner-Tagen jedes Jahr im Mai und einem ersten gruppe des Richard-Wagner-Verbands balancieren die beiden Meis- Strauss-Wochenende im Juni 2017. Damit lässt sich gut leben in ter im Gleichgewicht der Kräfte. Und auf Plakaten wirbt das Porträt Leipzig. ■

Tipps, Infos & Adressen

Musik & Kunst

Essen & Trinken

Übernachten

Februar bis Juni 2017: In den GewandhausKonzerten mit dem neuen Kapellmeister Andris Nelsons (ab September 2017) und des MDR Sinfonieorchesters unter Kristjan Järvi gibt es fast jede Woche Highlights. Die Oper Leipzig prunkt ab 20. Mai mit Charles Gounods His­ torienfetzer Cinq-Mars, Wagners komplettem Ring und dem Bachfest, einem der glanzvollsten Barockfestivals weltweit. Auch die Nähe zu Weimar, Halle, Dessau, Dresden machen Leipzig zum idealen Kultururlaubsort. Das Bach Museum ist didaktisch bestens gelungen, das Kreativquartier Leipziger Westen zeigt allerneueste Kunst in frischen Präsentationen. Die Leipziger Buchmesse bietet einen unübertreffbaren Crashkurs für Gegenwartsliteratur.

Ein Traditionslokal ist die Gosenschenke in Leipzig-Gohlis, dort sieht man auch regelmäßig Künstler wie Roland Seiffarth, Lehár-Experte und früher Chefdirigent der Musikalischen ­Komödie. Menckestraße 5, 04155 Leipzig www.gosenschenke.de

Für Musik- und Kulturliebhaber empfohlen sei das in unmittelbarer von Wagners Geburtsplatz gelegene Hotel Marriott. Doppelzimmer ab 126 Euro Am Hallischen Tor 1, 04109 Leipzig www.marriott.de

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Das Café-Restaurant Zum Arabischen Coffe Baum lohnt immer den Besuch. Kleine Fleischergasse 4, 04109 Leipzig www.coffe-baum.de Eine pulsierende Alternative zur Flaniermeile Karl-Liebknecht-Straße in der Südstadt ist die Karl-Heine-Straße im westlichen Stadtteil Plagwitz.

Gleich zwischen Oper und Nikolaikirche befindet sich das Victor’s Residenz-Hotel als idealer Starter für alle Kulturziele. Doppelzimmer ab 81 Euro Georgiring 13, 04103 Leipzig www.victors.de

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Reiseinformationen rund um einen Besuch in Leipzig


l e b e n sa r t

Termin

für globetrotter Im Land, wo die Kirschblüten blüh’n

Japan 20.–29.3. Mitte März beginnt im Süden Japans die Kirschblüte. Sie ist das Symbol des Frühlings und versetzt die Menschen mit ihrer Pracht in einen Rausch. „Ich wünschte, alle Menschen dieses Erdballs / kämen in dieses Land, / kämen zu diesem Berg von Yōshino, / um die Kirschen in voller Blüte zu sehen!“, dichtete im 18. Jahrhundert Kamo no Mabuchi. Japaner lieben die Kirschblüte, weil sie vergänglich ist. Das verbindet sie mit der Musik. Die Klänge tauchen aus der Stille auf und kehren wieder ins Unhörbare zurück. Wer zur Kirschblüte nach Japan reist und neben den zahlreichen Festen auch Oper und Musiker erleben möchte, der kann in Kyoto, Nagano oder Tokio eine Aufführung der von Seiji Ozawa gegründeten Musikakademie besuchen. Das 15. Opernprojekt der Akademie, die junge Künstler aus China, Taiwan, Südkorea und Japan für die westliche Oper begeistern möchte, ist

Bizets Carmen gewidmet. Am Pult steht Ozawas langjähriger Assistent Toshiaki Murakami. Zur Zeit der Meiji-Restauration, als der Westen auf vielen Gebieten zum Vorbild wurde, kamen auch in der Musik westliche Modelle zur Nachahmung. So genießt etwa Mozart in Japan geradezu göttliche Verehrung. Wer traditionelle japanische Musik und Bühnenkunst kennenlernen möchte, der findet sie im Nationalen Nô-Theater in Tokio. Das Nô-Spiel ist die älteste Theaterform Japans, in der sich Wort, Musik und Tanz zu einer Einheit fügen. Es zeichnet sich durch Einfachheit und Würde aus. Andeuten, symbolisieren, einzelne Momente des Lebens erfassen und dabei doch die Gesamtheit zeigen, darin liegt das Wesen des Nô-Spiels, das auch Einfluss auf das europäische Theater hatte. Japan, Kyoto, Nagoya, Tokio, 20., 22., 26. und 29.3., Tokio, Nationales Nô-Theater. Infos unter www.ongaku-juku.com

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KONZERT - 10. APRIL - GRAND THÉÂTRE DE PROVENCE

MONTEVERDI CHOIR • CAPPELLA GABETTA • BAMBERGER SYMPHONIKER • NELSON FREIRE • ANDRÁS SCHIFF • CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE • DANIEL LOZAKOVICH • BEATRICE RANA • MAXIM VENGEROV • THE KNIGHTS • ALISA WEILERSTEIN RENAUD CAPUÇON • SEONG-JIN CHO • ORCHESTRE NATIONAL DE FRANCE • CHRISTOPH ESCHENBACH • CHARLES DUTOIT KHATIA ET GVANTSA BUNIATISHVILI • GIANANDREA NOSEDA MAURO PETER • ALEXANDRA CONUNOVA • THIERRY ESCAICH MARC MINKOWSKI • JEAN-Y VES THIBAUDET • QUATUOR BELCEA • BERTRAND CHAMAYOU • PHILIPPE HERREWEGHE MYUNG-WHUN CHUNG • ROYAL PHILHARMONIC ORCHESTRA

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Abb.: Portmedia Verlag; Strezhnev Pavel / fotolia.com

Mahler: Symphonie Nr. 3. Gerhild Romberger, Augsburger Domsingknaben, Frauenchor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Bernard Haitink (BR Klassik)


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F oto: S te fa n o B ot tes i

l e b e n sa r t

Frau an der traube Weinbau ist wie Dirigieren noch immer eine Männerdomäne. Unser Experte verrät, warum sich das ändert und was Frauen zu Weinexpertinnen macht. Aktuell wird viel über Genderfragen in der Politik diskutiert, was unvermeidlich auch zur Frage nach Gender in der Musik führt – besonders in Bezug aufs Dirigieren. Dirigenten sind Spiegelbilder politischer Anführer. Diktatoren gibt’s in der Welt wie auf dem Podium. Und afroamerikanische, weibliche und andere Minderheiten finden wir als Führungskräfte wie am Pult. Aktuell fällt einem dazu Mirga Gražinytė-Tyla ein und natürlich Barbara Hannigan. Es wurde viel darüber gestritten, ob eine Frau männliche Spieler ablenkt – obwohl das ja umgekehrt mit einem gutaussehenden Dirigenten für die Musikerinnen genauso diskutiert werden müsste. Schlussendlich gibt es keine männlichen oder weiblichen Dirigenten und Musiker, nur gute und schlechte. Da kann man beim Vorspiel hundertmal einen Vorhang aufhängen, um Diskriminerung zu vermeiden, am Ende wird doch jeder als das gesehen, was er ist: ein guter oder schlechter Künstler. Frauen waren schon seit der Institutionaliserung der Orchester mit dabei. Marin Alsop, JoAnn Falletta, Simone Young und andere haben dann endgültig das Eis gebrochen. Heute profitieren Leute wie Mirga und Mälkki von diesen Wegbereiterinnen. Man sollte sich also besser auf Qualität und Substanz konzentrieren als aufs Geschlecht. Das gleiche gilt für die Kulinarik. In der Vergangenheit gab es etliche

Das muss eben auch jeder Dirigent, mehr oder weniger bekannte Winzerinnen. Auch die mussten sich der Herausforde- egal ob männlich oder weiblich: sich perfekt rung stellen, in der „männlichen“ Welt von mit seinem Kram auskennen. Keinen inte­­ Wein und Spirituosen akzeptiert zu wer- ressiert das Geschlecht, wenn jemand keiden – einige mit überwältigendem Erfolg. nen Auftakt dirigieren oder die Artikulation Ein Wein ist dabei herausragend: Foradori erklären kann. Aber gibt es vielleicht etwas, von Elisabetta Foradori, preisgekrönt und das Frauen besser können als Männer? Cristina Ziliani, Besitzerin und Winvoll von Stechwacholder-Aromen, Blumen und Minze. Wenn Sie schon immer wis- zerin von Guido Berlucchi Weine, bringt sen wollten, wie das Beste der Teroldego- folgenden Aspekt ins Spiel: „Die Welt ist Traube aus dem norditalienischen Alto immer noch ziemlich maskulin, Frauen Adige (Trentino) schmeckt, ohne dafür ein bringen Kreativität und Emotion mit, ohne die man keinen Vermögen auszugeWein machen kann. benen, dann ist das Man sollte sich also Technik allein reicht Ihre Flasche! Pauline Lhote, ­besser auf Qualität und nicht aus. Frauen haben einen besWinzerin von Substanz konzentrieren seren Geruchssinn Domaine Chandon, als aufs Geschlecht und können Duftsagt in der „Glanoten feiner bestimmour“: „Die Weininmen als Männer.“ dustrie erweist sich Roberta Bianchi, Winzerin und nach wie vor als männerdominiert. Als Frau muss man sich damit abfinden und Direktorin bei Villa Weine (Franciacorta, sich einfach ein wenig mehr anstrengen. Italien), hat das Schlusswort: „Mit einem Man muss überzeugender sein, um seine Schuss Weiblichkeit geht alles besser. Leidenschaft, Respekt, Liebe und AufrichtigIdeen und Visionen zu vermitteln.“ Dominga Cotarella, stellvertretende keit sind die Antriebskräfte für die Zukunft. Direktorin von Falesco (Montecchio, Ita- Der Weg vom Weinberg in den Keller geht lien), schreibt: „Ich glaube, die wichtigste über das Herz.“ Mein Lehrer Leonard Bernstein sagte Eigenschaft, um in der Welt des Weines zu arbeiten, ist Glaubwürdigkeit. Man muss etwas sehr Ähnliches: Vom Stift des komganz genau wissen, was man erreichen ponisten bis zur Aufführung auf der Bühne möchte, und sich einfach perfekt mit sei- gibt es nur einen Weg: den über das Herz, durch die Liebe. nem Kram auskennen.“ n

John Axelrod ist Musical Director des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und erster Gastdirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher („Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“) und sorgt sich um das Wohl des crescendo-Lesergaumens. 65


H o p e

t r i ff t

Die Daniel-Hope-Kolumne

mentalmagisch

Angst davor haben? Daniel Hope: Christoph, hier an Ich glaube nicht, dass Aberglaube Bord der MS Europa hast du wichtig für unsere heutige Welt ist. uns allen gerade vorgemacht, Genauso wenig schadet er aber wie du Gedanken und Gefühle oder muss uns Angst machen. lesen kannst. Weißt du schon, Wenn wir beispielsweise einen welche falschen Töne ich heute Talisman haben, bei dem wir Abend spielen werde? glauben, dass er uns bei Prüfungen Christoph Kuch: In meiner Suite hilft und uns Glück bringt, dann Eine nicht nur mentale, sondern ganz reale Begegnung hängt über dem Fernseher eine zwischen Daniel Hope und Christoph Kuch ist unsere Einstellung eine Vorhersage. Darin ist detailliert positive. Dieser kleine Funken vermerkt, wer von deinem Glück kann uns wiederum helfen, einen tig Hochleistung. Die Frage, die ich am Ensemble sich wann verspielt. Nach eurem entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu wenigsten mag, kann ich ja endlich Konzert kann ich gerne kurz in die Suite jemand anderem stellen: Wie viel übst du haben. Also, wer dran glaubt, den kann der gehen und die Vorhersage holen. Aberglaube auch durchweg positiv eigentlich am Tag?! Du bist Weltmeister der Mentalmagier. beeinflussen. Die Frage, die ICH häufig gestellt Kannst du noch irgendwann abschalten, Du hast schon mit einigen Musikern der bekomme, ist eher „Was machen Sie zum Beispiel, wenn du Musik hörst? Münchener Philharmoniker kollaboOder bist du dauernd am „Vorhersehen“? eigentlich tagsüber?“ Spaß beiseite. Mein riert. Ich denke, wir beiden sollten einen Am besten abschalten kann ich mit meinen abendfüllendes Programm spiele ich in Abend gemeinsam für die Bühne dieser Form schon etwas länger, entspreKindern. Aber wie bei jeder Leidenschaft konzipieren. Aber nur, wenn du verdenkt man im Grunde ständig daran, sucht chend sitzen da das Timing und die sprichst, meine PIN-Nummer nicht zu Technik. An neuen Experimenten und nach neuen Inspirationen und kreativen verraten ... Ideen muss ich täglich arbeiten, um diese Ideen. Ganz abschalten kann man das Vielen Dank für die Einladung, da bin ich zu verinnerlichen. Sagen wir so, es vergeht nicht. Es ist aber nicht so wie bei Mel kein Tag, an dem ich nicht mindestens eine gerne dabei. Und, ich hatte ja schon Gibsons Was Frauen wollen, dass mir versprochen, dir bei diesem Abend einen neue Technik ausprobiere. ständig Gedanken von Fremden entgegenfliegen. Das wäre, glaube ich, schlimm. Was In deinem Buch „Sei nicht abergläubisch, Wunsch zu erfüllen: nämlich einmal zu schweben. Schließlich bin ich nicht nur ich mache, ist eine Unterhaltungsshow, und das bringt Unglück!“ sprichst du über Rituale und Aberglaube. Das gibt es auch Mentalist oder Gedankenleser, sondern mein Medium, so wie bei dir die Musik, ist auch Magier! Ich freu mich heute schon bei uns. Wie wichtig ist Aberglaube in eben die Mentalmagie. darauf. unserer heutigen Welt? Und sollten wir Was du machst ist Kunst, aber gleichzein 66

www.crescendo.de

Februar – März 2017

F oto: p r i vat

Christoph Kuch weiß schon heute, welche Fehler unser Lieblingsgeiger und Kolumnist Daniel Hope morgen machen wird. Denn Kuch lebt vom Gedankenlesen ...


LIVE IN CONCERT 2017 F I L M M U S I K 06.10.2017 – Nürnberg 21.10.2017 – Hamburg 26.10.2017 – Düsseldorf 29.10.2017 – München 05.11.2017 – Stuttgart 10.11.2017 – Hannover 14.11.2017 – Hamburg 18.11.2017 – Frankfurt 19.11.2017 – Berlin 08.12.2017 – Augsburg TICKETS UNTER:

www.klassikradio.de


ZEIT UND ERINNERUNG – EINE HOMMAGE AN VIRGINIA WOOLF »BERAUSCHEND UND E I N D R I N G L I C H A U S D R U C KS V O L L« THE GUARDIAN

A LS C D, V I N Y L, D OW N LOA D & ST R E A M W W W. M A X - R I C H T E R . N E T


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