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DA ALL S E P M AG RE AZ IST IN RÄ ZU GE R R. GA LA

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José Carreras feiert sein Lebenswerk

Cecilia Bartoli entdeckt Vergessenes

Die Gala der Stars mit Nigel Kennedy, Annette Dasch, Danielle de Niese, Martin Stadtfeld u.a. Am 19. 10. live in München und um 22.00 Uhr im ZDF.

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4 | 5 ECHO 2008

Editorial Die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie e.V., feiert in diesem Jahr das 1. Mal die Preisvergabe des ECHO Klassik – dem attraktivsten Klassik-Award der Welt. Das Interesse an klassischer Musik in der Gesellschaft ist in den letzten Jahren beeindruckend gestiegen. Klassik ist populär. Das beweist auch das hohe Engagement unserer Partner, für das ich mich schon an dieser Stelle bedanken möchte. Ohne die gute, konstruktive und professionelle Zusammenarbeit mit dem ZDF, der Landeshauptstadt München und dem Gasteig sowie allen beteiligten Sponsoren, wäre eine solche festliche Veranstaltung undenkbar. Der ECHO ist die interessanteste Entertainmentmarke, die Deutschland und die Musikindustrie zu bieten hat. Deshalb freue ich mich, Ihnen die zweite Ausgabe des offiziellen ECHO Klassik Magazins präsentieren zu können. Eine weitere Säule, die die Marke des ECHO Klassik stützt. Im Mittelpunkt des ECHO stehen herausragende künstlerische und kreative Leistungen. Aber früher wie heute gilt: künstlerisches Talent kann sich nur dann voll entfalten, wenn auch die ökonomischen Rahmenbedingungen stimmen. Der schleichende Verlust des Gefühls für den Wert kreativer Leistung hat durch die Digitalisierung dramatisch zugenommen. Wenn wir vor dieser Entwicklung widerstandslos kapitulieren, dann setzen wir mittelfristig unsere kulturelle Qualität und Identität aufs Spiel. Wir müssen begreifen, dass Kreativität für Deutschland und Europa nicht nur Etikette, sondern eine unserer wesentlichen Zukunftsressourcen ist. Wir sollten aufhören, sie mit Missachtung zu strafen und ihr mit mehr Respekt gegenübertreten. Nur wenn ein effektiver Schutz geistigen Eigentums gewährleistet ist, wird es auch in Zukunft Künstler wie Beethoven und Bach, Netrebko und Mutter und die vielen etwas weniger bekannten aber nicht weniger außergewöhnlichen Talente geben. Herausragende Talente werden wir auch auf der ECHO Klassik Gala sehen. Wir haben auf der einen Seite junge Künstler wie Danielle de Niese, Nikolai Tokarew, David Garrett oder Lisa Batiashvili, die es schaffen, klassische Musik für junge Generationen zugänglich zu machen. Doch diese jungen Talente gäbe es heute nicht, wenn die Begeisterung für die Klassik nicht immer wieder durch Vorbilder von Generation zu Generation weitergetragen würde. Deshalb ehren wir dieses Jahr auch große Persönlichkeiten wie Cecilia Bartoli, José Carreras oder Nigel Kennedy, die mit ihren Werken immer wieder Maßstäbe setzen. Ich freue mich darauf, den ECHO Klassik mit Ihnen gemeinsam zu genießen und wünsche Ihnen einen unvergesslichen Abend in der Münchner Philharmonie.

Ihr Prof. Dieter Gorny Vorstandsvorsitzender Deutsche Phono-Akademie (Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie e.V.)


Der 15. ECHO Klassik –

Beim Echo 2005: Anna Netrebko, ...

Die Klassik sollte raus aus der eingestaubten Ecke im CD Regal. Raus aus der Nische und rein in die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit. Am 24. März 1994 begann die Erfolgsgeschichte des wichtigsten deutschen Klassik-Musikpreises: Erstmals wurde der ECHO Klassik in einer eigenständigen Gala in 22 Kategorien verliehen, die das breite Spektrum klassischer Musik repräsentierten.

... Anne-Sophie Mutter ...

Die Initiatoren wollten aber nicht nur die Vielfalt des Genres demonstrieren, sondern zeigen, dass die Klassik sich auch in der Gegenwart kontinuierlich weiter entwickelt und bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren hat. Der Hamburger Designer Oliver Renelt gab dem ECHO Klassik seine Form. Er entwarf die vierzig Zentimeter hohe, zwei Kilogramm schwere geschwungene Trophäe aus Messing. Heute, nach all den Jahren, kann der ECHO Klassik auf zahlreiche unvergessene Momente zurückblicken. Durch die Kooperation mit dem ZDF und der Sendung „ECHO

Fotos: M. Tinnefeld; People Image / M. Lüttringhaus

Klassik zeitgemäß und populär präsentieren


6 | 7 ECHO 2008

– ein Rückblick

... und Rolando Villazon

Echo 2007: Montserrat Caballé und Moderatorin Maria Furtwängler

Sting beim Echo Klassik 2006

Janine Jansen, Universal-Chef Frank Briegmann, Elina Garanca, Juan Diego Florez, Nicole Cabell

der Stars“ wurde der ECHO Klassik für ein Millionenpublikum auch am Bildschirm erlebbar. Neben Künstlern wurden auch immer wieder Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich um die Klassik besonders verdient gemacht haben. Wie beispielsweise im Oktober  der damalige Bundespräsident Johannes Rau, der im Dortmunder Konzerthaus mit einem Sonderpreis für sein Projekt „Musik für Kinder“ ausgezeichnet wurde. Rückblickend wurde in den vergangenen Jahren der Preis an das who is who der deutschen und internationalen Klassik verliehen. Unvergessen ist der

1. Oktober  im Münchner Gasteig. Vor ausverkauftem Hause wurden Anne-Sophie Mutter, Anna Netrebko und Rolando Villazón mit dem ECHO Klassik geehrt. Die drei Weltstars nahmen die Auszeichnung persönlich entgegen und unterstrichen damit seinen internationalen Stellenwert. Der ECHO Klassik hat wesentlich dazu beigetragen, dass Klassik heute so populär ist wie noch nie. Freuen wir uns also auf weitere 1 ECHO Klassik Verleihungen mit großen Stars, herausragenden Produktionen und unvergesslichen Momenten. //


Best of Klassik 2008 Die Doppel-CD zur ECHO Gala mit allen Preisträgern ab 17.10. erhältlich Anna Netrebko Rolando Villazón José Carreras Nigel Kennedy Cecilia Bartoli Christian Zacharias Martin Stadtfeld Martha Argerich David Garrett Murray Perahia u. v. a.

2

CD

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8 | 9 ECHO 2008

„Echo der Stars“: Qualität und Quote

ZDF-Intendant Prof. Markus Schächter über Klassik als Wettbewerbsvorteil Ein Kulturprogramm als Quotengarant? Da werden die meisten Branchenkenner skeptisch die Stirn runzeln, gilt Kultur doch im Allgemeinen als Nischenprogramm, als „Abschalter“, als Hypothek im Kampf um die Quote. Das ist falsch. Gerade mit klassischer Musik macht das ZDF die völlig gegenteilige Erfahrung. Klassik spricht ein breites Publikum an, ist ein „Einschalter“ und ein Markenzeichen des ZDF-Programms. Das ZDF setzt seit seiner Gründung bewusst auf Klassik, erinnert sei nur an legendäre Sendungen wie „Erkennen Sie die Melodie?“ mit Ernst Stankovski oder „Achtung – Klassik“ mit Justus Frantz. Die Präsentation und Vermittlung klassischer Musik im Massenmedium Fernsehen ist uns ein Anliegen und wird von unseren Zuschauern auch mit großem Interesse aufgenommen. „Echo der Stars“ die festliche Gala zur Verleihung des „ECHO Klassik“, ist der Höhepunkt unseres Musik-Programms. Die besten und erfolgreichsten Künstler des Jahres in einer Sendung – damit erfüllen wir nicht nur höchste Qualitätsansprüche, sondern erreichen auch sehr gute Quoten. Letztes Jahr war das ZDF mit „Echo der Stars“ sogar zeitweise Marktführer im deutschen Fernsehen und ließ HollywoodSpielfilme, Dokusoaps und Boulevardmagazine weit hinter sich. Darauf sind wir sehr stolz! Das ZDF ist das Hauptprogramm mit dem größten Klassik-Anteil. Klassik ist für uns nicht bloß die Pflichterfüllung eines Paragrafen im Rundfunkstaatsvertrag, sondern vielmehr eine Vereinigung von Qualität und Quote. Der Kulturauftrag ist kein Hindernis, sondern ein Vorteil im Wettbewerb! Darum freue ich mich, dass das ZDF auch in diesem Jahr gemeinsam mit unserem Partner, der Deutschen Phono-Akademie, den „ECHO Klassik“ in der Philharmonie im Gasteig veranstaltet. Wir präsentieren unserem Fernsehpublikum ein absolutes Klassik-Highlight! Klassik ist populär und ein Markenzeichen des ZDF!

Prof. Markus Schächter Intendant des ZDF


Die ECHO-Stars 2008

Der ECHO ist das Event der Klassikwelt. Und Sie können dabei sein. Wir stellen Ihnen vor, wer in der Gala-Show im ZDF am 19. Oktober um 22.00 Uhr zu sehen sein wird. Weitere Stars haben sich angekündigt, lassen Sie sich überraschen!

Foto: Mauro Taliani

José Carreras erhält 2008 den ECHO Klassik für sein Lebenswerk. Pavarotti hielt seinen Tenor für den schönsten überhaupt. Dann erkrankte Carreras schwer. Doch er bezwang die Leukämie, kehrte zurück auf die Bühne und füllte mit seinen Kollegen Plácido Domingo und Luciano Pavarotti als „Die drei Tenöre“ ganze Fußballstadien. (Seite 18)

Foto: Lorenzo Aguis / Decca

Danielle de Niese ist international schon ein bekannter Name. In Deutschland steht die 28-jährige am Anfang ihrer Karriere, gilt als Shooting-Star. Mit zwölf trat sie bereits im Fernsehen auf, mit 19 debütierte sie an der New Yorker Met. Der Evening Standard schrieb über sie: „opera has just an exiting future.“(Seite 44)

Foto: Uli Weber / Decca

Cecilia Bartoli öffnet mit Mut und Geschick die Ohren ihres Publikums für viel zu selten gespielte musikalische Diamanten und ein außergewöhnliches Repertoire. Schöne Stimmen gibt es viele. Einmalige und wirklich ausdrucksstarke wie Cecilia Bartolis, nur wenige. Dafür erhält sie nun ihren achten ECHO! Zu Recht. (Seite 20)


10 | 11 ECHO 2008

setzt sich ein für die Klassik. Wenn zwischen seinen vielen Auftritten Zeit bleibt, spielt er in Schulen und weckt in Kindern und Jugendlichen den Zauber dieser Musik. (Seite 68)

Philippe Jaroussky

Foto: Simon Fowler / Virgin Classics

Foto: Andreas Zierhut

Martin Stadtfeld

kürt die Deutsche Phono-Akademie für sein Konzeptalbum „Carestini – Story of a Castrato“ zum „Sänger des Jahres“ – als ersten Countertenor überhaupt. (Seite 28)

Nigel Kennedy

wandelt sich ständig und bleibt sich dennoch treu. Ob Punk, Beethoven oder „Polish Spirit“: Immer hat das „Enfant Terrible“ der Klassik-Branche etwas zu sagen. (Seite 24)

Foto: Ian Harrison

liebt die Bühne, liebt das Leben und das Unmittelbare, das Wahrhaftige, das Existenzielle. All das verkörpert sie in der Barockoper „Armida“ und begeisterte das Salzburger Festspielpublikum. (Seite 34)

David Garrett hat Fans, die verzückt schreien, wenn er die Bühne betritt. 3.000 Plätze im Berliner Tempodrom, alle mühelos gefüllt. Er ist ein Popstar mit Stradivari. Und darum freut er sich umso mehr über den ECHO Klassik. (Seite 36)

Foto: MDG

Foto: Thomas Rabsch / EMI Classics

Foto: Daniel Pasche

Annette Dasch

Opera Senza heißt das Bläserensemble, das W.A. Mozarts beliebteste Hits aus dem „Don Giovanni“ arrangiert für acht Bläser und Kontrabass. (Seite 55)


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12 | 13 ECHO 2008

Musik- und Klassikhochburg München

Grußwort des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude München, die bayerische Landeshauptstadt, ist eine Metropole mit vielen Facetten: nicht nur „Stadt des Bieres“, des Oktoberfests und des FC Bayern, nicht nur erste Adresse als High-Tech-Standort, Finanzplatz, Medienstadt und Hochschulzentrum, nicht nur führender deutscher Wirtschaftsraum mit den besten Wachstumschancen, sondern – wie es einschlägige Untersuchungen immer wieder bestätigen – nach wie vor auch die deutsche Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Dazu trägt natürlich auch und vor allem das reichhaltige und exzellente Münchner Kunst- und Kulturangebot bei. Und eine herausragende Rolle spielt hier seit eh und je auch die außergewöhnliche Vielfalt und Qualität des musikalischen Schaffens in unserer Stadt. Die Musikstadt München ist jedenfalls längst zu einem international anerkannten Gütesiegel geworden.

Ob „live“ im Konzertsaal oder über die Sendung des ZDF: Ich wünsche allen Zuschauerinnen und Zuschauern einen genüsslichen Konzertabend mit hochkarätigen Klassik-Stars und dem Orchester des Abends, den Münchner Philharmonikern.

Christian Ude Oberbürgermeister der Stadt München

Foto: Münchner Philharmoniker

Dass die Verleihung eines der renommiertesten europäischen Musikpreise, des ECHO Klassik, nun bereits zum fünften Mal in Folge in der Münchner Philharmonie im Gasteig zu Gast ist, freut mich deshalb ganz besonders. Einmal mehr kann München damit seinen Ruf als Musik- und Klassikhochburg auch vor einem Millionenpublikum an den Bildschirmen eindrucksvoll unterstreichen.

Christian Ude und die Münchner Philharmoniker – das „Orchester der Stadt“.


Ihre Gastgeber bei der

Foto: Christoph Rüttger

Wo die Besten geehrt werden, müssen die besten Gastgeber sein: Bei der ECHO Gala dirigiert

Dirigent Andrey Boreyko wurde 1957 in Sankt Petersburg geboren, wo er auch studierte. Derzeit ist er Chefdirigent der Hamburger Symphoniker und des Berner Symphonie-Orchesters sowie Erster Gastdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR.

Boreyko ist ständiger Gast bei weltweit renommierten Orchestern. Zahlreiche CDs sowie Fernseh- und Radioaufzeichnungen dokumentieren seine künstlerische Vielseitigkeit.

Die Münchner Philharmoniker wurden 1893 unter dem Namen „Kaim-Orchester“ gegründet – seither haben sie sich zu einem international gefeierten Klangkörper entwickelt.

Ihre Tradition ist groß, und das hört man auch. Sie haben mit Dirigenten wie Mahler, Pfitzner, Furtwängler und Celibidache zusammengearbeitet. Derzeit hat Christian Thielemann das Amt als Chefdirigent inne, Zubin Mehta ist Ehrendirigent.


14 | 15 ECHO 2008

ECHO Gala der Stars

Foto: Gasteig München GmbH / Ansorg/ Hans Georg Esch

für Sie Andrey Boreyko die Münchner Philharmoniker im Gasteig.

Seit seiner Eröffnung im Jahr 1985 hat sich der Gasteig zu einem bedeutenden Zentrum des kulturellen Lebens in München entwickelt.

Vom Stadtrat als ein Haus konzipiert, das Raum bietet für eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Aktivitäten, hat er sich zu einem ebenso anspruchsvollen wie lebendigen Kulturforum entwickelt, in dessen Alltag Weltläufigkeit und Bürgernähe ganz selbstverständlich zusammenfinden. Auch private Veranstalter tragen ganz wesentlich dazu bei, den Gasteig mit hochkarätigen

Konzerten zu einem musikalischen Forum von internationalem Rang zu machen. Die Münchner Volkshochschule und Studiengänge der Hochschule für Musik und Theater München residieren in dem Backsteinbau hoch über der Isar. Und so bietet der Gasteig neben einem umfassenden Bildungsangebot ein breit gefächertes Programm in den Bereichen Musik, Kunst und Literatur, regelmäßige Lesungen und Ausstellungen ebenso wie Konzerte der Musikhochschule oder Auftritte berühmter Interpreten. Dieser Vielseitigkeit verdankt der Gasteig sein unverwechselbares Flair.


Herausgeber:

Deutsche Phono-Akademie e.V. Oranienburger Straße 67/68, 10117 Berlin www.echo-deutscher-musikpreis.de Projektleitung:

Daniel Knöll Verlag:

Port Media GmbH, Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-89-741509-0, Fax: -11, info@portmedia.de www.crescendo.de Verleger:

Winfried Hanuschik Autoren:

Teresa Pieschacón Raphael, Christoph Schlüren Bildredaktion:

Janine Salzmann Schlussredaktion:

Die ECHO Klassik Preisträger 

Impressum

SÄNGERIN DES JAHRES Cecilia Bartoli

20

SÄNGER DES JAHRES Philippe Jaroussky

28

INSTRUMENTALIST DES JAHRES Klavier: Rafał Blechacz

26

Violine: Nigel Kennedy

24

Violoncello: Johannes Moser

23

Holzbläser: Dorothee Oberlinger

22

Blechbläser: Gábor Boldoczki

23

DIRIGENT DES JAHRES Michael Gielen

30

ENSEMBLE / ORCHESTER DES JAHRES Kammerorch. Basel, Giovanni Antonini 33 Alte Musik: Le Concert d‘Astrée, Emmanuelle Haïm 32 Kammermusik Belcea Quartet WÜRDIGUNG DES LEBENSWERKS José Carreras

32 18

NACHWUCHS-KÜNSTLER/-IN DES JAHRES Gesang: Danielle de Niese 44 Klavier: Nikolai Tokarew

27

Streicher: Lisa Batiashvili

42

KLASSIK-OHNE-GRENZEN Barbara Sukowa, Reinbert de Leeuw

36

Michaela Wurstbauer

David Garrett

36

Artdirector:

David Orlowsky Trio

37

Stefan Steitz Anzeigen:

Claudia Kästner Druck:

Westermann Druck, Braunschweig Copyright für alle Beiträge bei Port Media GmbH. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

SINFONISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik bis inkl. 18. Jh. Haydn Philharmonie, Adam Fischer 53 Musik des 19. Jh. Orchester der Klangverwaltung München, Enoch zu Guttenberg 48 Musik des. 20./21. Jh. Symphonieorch. d. BR, Mariss Jansons 46


16 | 17 ECHO 2008 KONZERTEINSPIELUNG DES JAHRES Musik bis inkl. 18. Jh. Christian Zacharias, Orchestre de Chambre de Lausanne Musik des 19. Jh. Daniel Hope, Chamber Orchestra of Europe, Thomas Hengelbrock

52

47

Musik des 20./21. Jh. Martha Argerich, Orchestra della Svizzera Italiana, Alexander Verdernikov 46 OPERNEINSPIELUNG DES JAHRES Oper des 17./18. Jh. „Tamerlano“ N. Spanos, Mary-Ellen Nesi, Orchestra of Patras, George Petrou 54 Oper des 19. Jh. „ La Sonnambula“ Natalie Dessay, Opéra Lyon, Evelino Pidò

50

Oper des 20./21. Jh. Boyarina Morozova (Rodion Shchedrin) 51 Opernarien „Armida“ Annette Dasch, Bayerische Kammerphilharmonie, David Syrus

34

CHORWERK-EINSPIELUNG DES JAHRES Chorwerke des 16./17. Jh. Handel´s Company, Marienkantorei Lemgo, R.J. Homburg

54

Chorwerke des 18./19. Jh. Keith Ikaia-Purdy, Staatsk. Dresden, Chor der Sächs. Staatsoper Dresden, Sinf.chor Dresden, Singakad. Dresden, Colin Davis 59 Chorwerke des 20./21. Jh. – mit Begleitung Sandrine Piau, Steve Davislim, RIAS Kammerchor, Daniel Reuss 57 Chorwerke des 20./21. Jh. – a capella Norddeutscher Figuralchor, Jörg Straube 56 KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 17./18. Jh. – Bläser Opera Senza 55 Musik des 17./18. Jh. – Streicher Hille Perl

61

Musik des 17./18. Jh. – gemischtes Ensemble Andreas Staier, Daniel Sepec, Jean-Guihen Queyras 60 Musik des 19. Jh.: Fauré Quartett

66

Musik des 20./21. Jh. Streicher Leipziger Streichquartett

54

Musik des 20./21. Jh. – Bläser Sabine Meyer

64

Musik des 20./21. Jh. – gemischtes Ensemble Trio Parnassus 53 SOLISTISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 17./18. Jh.: Murray Perahia

67

Musik des 19. Jh.: Martin Stadtfeld

68

Musik des 20./21. Jh.: David Fray

65

LIEDEINSPIELUNG DES JAHRES Christianne Stotijn

55

EDITORISCHE LEISTUNG DES JAHRES Stefan Irmer

55

WELT-ERSTEINSPIELUNG DES JAHRES Gächinger Kantorei, Radio-Sinfonieorch. Stuttgart des SWR, Helmuth Rilling 71 SURROUND-EINSPIELUNG DES JAHRES Anja Harteros, Staatsk. Dresden, Fabio Luisi

65

MUSIK-DVD-PRODUKTION DES JAHRES Oper: „Le Nozze di Figaro“

50

Konzert / Dokumentation: Albrecht Mayer

62

BESTSELLER DES JAHRES Anna Netrebko, Rolando Villazón „Duets“ SONDERPREIS Joachim Kaiser

69 74

hänssler CLASSIC

40

LUDWIG BECK München

72


FANS AUFGEPASST! Vom 25.11. – 13. 12. 2008 tourt Carreras durch ganz Deutschland.


18 | 19 ECHO 2008

José Carreras: Sein Lied des Lebens

Foto: Mauro Taliani

Wie sein Nachname „carreras“ (Rennen) schon sagt, konnte für José Carreras nichts schnell genug gehen. Jetzt blickt er auf ein beeindruckendes Werk und ein bewegtes Leben voller Höhen und Tiefen zurück. Als er den Film „The Great Caruso“ mit Mario Lanza sah, war es um ihn geschehen. Mit acht Jahren besuchte er bereits das Konservatorium. Mit elf stand er als Knabensopran auf der Bühne des Gran Teatro del Liceu in Barcelona, mit achtzehn studierte er bei Francisco Puig und Juan Ruax, nur wenige Jahre später, 1, folgte sein Debüt in „Norma“. An seiner Seite Montserrat Caballé. Er war gerade  Jahre alt geworden. Bald sang er mit ihr auch in „Lucrezia“, dann lyrische Partien von Donizetti und Verdi. 1 debütierte er in London, an der Met und in Wien und 1 dann am Teatro alla Scala. Was dann folgte war die Karriere eines Superstars. Die Partien wurden immer dramatischer, er sang den Alvaro, Andrea Chenier, Turiddu, Canio. Pararotti hielt seinen Tenor für den Schönsten überhaupt. Doch das Leben wurde anstrengender. Carreras war absolut erschöpft. Dann kam die Krankheit. Im Sommer 1, während der Dreharbeiten für einen BohèmeFilm in Paris, wurde Leukämie diagnostiziert. Der Schicksalsschlag traf ihn hart. Doch er kämpfte und bezwang den Blutkrebs. „Carreras singt das Lied vom Leben“ titelten die Gazetten und feierten sein Comeback wie ein Wunder. Er war wieder da und populärer als je zuvor: Gemeinsam mit Plácido Domingo und Luciano Pavarotti füllten die „Drei Tenöre“ ganze Fussballstadien. „Seine Krankheit änderte nichts an seiner schönen lyrischen Stimme, was sich aber änderte, war der Mensch“ schrieb Newsweek. Er gründete die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung mit dem Ziel „Leukämie muss heilbar werden. Immer und bei jedem“. Mit hohem Einsatz und unermüdlich arbeitet er für diese Ziel. Mit seiner Benefizgala sammelte er alleine im letzten Jahr , Millionen Euro an Spendengeldern. Seinem Engagement verdanken viele Menschen ihr Leben. //

WÜRDIGUNG DES LEBENSWERKS José Carreras Mediterranean Passion (Sony Classical 88697334792)


Cecilia Superstar

Sie ist der „Schumi“ unter den Künstlern. Acht Mal hat Cecilia Bartoli insgesamt den ECHO Klassik gewonnen und nun zum dritten Mal als „Sängerin des Jahres“.

Als im letzten Jahr ein großer Lastwagen von MAN mit dem Konterfei der wohl ersten Diva der Operngeschichte Maria Malibran (1808-1836) durch ganz Deutschland rollte, da staunte die Musikwelt nicht schlecht.

An Bord war nicht nur Cecilia Bartoli, eine der größten Diven unserer Zeit und achtfache ECHO Klassik Preisträgerin, sondern eine weitere ebenso kostbare Fracht: Ein kleines Museum mobile mit Photos und Erinnerungsstücken von Maria Malibran, der großen Sängerin des 1. Jahrhunderts, die seinerzeit wie ein Popstar gefeiert wurde. Was für eine geniale und aufregende Idee! Cecilia mit Marias Fotos und Repertoire auf Tournee! Nach ihren barocken und klassischen Exkursionen der letzten Jahre begeisterte Cecilia Bartoli nun mit dem romantischen Repertoire, das Maria Malibran zu ihrer Zeit zum Star gemachte hatte: Schmachtarien von Vincenzo Bellini, Werke von Gioachino Rossini und manche andere zeitgenössische Gelegenheitsarbeit, die Bartoli in Archiven und Bibliotheken fand, darunter auch eine ungewöhnliche Jodel-

SÄNGERIN DES JAHRES Cecilia Bartoli Maria (Decca 475 9077)

Arie von Johann Nepomuk Hummel. Rein stilistisch kehrte Bartoli damit zu den Anfängen ihrer Karriere zurück, die mit Belcanto-Kunst begann. Von ihrer Mutter in Rom ausgebildet, hatte sie schließlich als 1-Jährige an der Oper in Rom als Rosina in Gioachino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ debütiert und war mit Angelina aus „La Cenerentola“ und ihrer hocherotischen Darbietung der Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“ bei den Salzburger Festspielen 1 zum „berühmtesten Dienstmädchen der Oper“ avanciert. Ende der neunziger Jahre begeisterte sie mit verschollener Musik aus dem Barock und anderen Epochen, die niemand mehr kannte und vielleicht auch niemand mehr hören würde, wenn nicht „La Bartoli“ sie gesungen hätte. Doch auch im Malibran-Lastwagen, begleitet vom La Scintilla Orchester unter dem ungarischen Dirigenten Adam Fischer, bleibt Cecilia Bartoli sich treu: In ihrem brennenden Wunsch,


20 | 21 ECHO 2008

ihrem Publikum nahe zu sein, gibt sie alles. Schöne Stimmen gibt es viele. Einmalige und wirklich ausdrucksstarke wie Cecilia Bartoli sie hat, nur wenige. Sie ist eine der wenigen Sängerinnen, die sich trauen, rückhaltlos ihr Innerstes herauszukehren und in den Dienst der musikalischen Wahrheit zu stellen. Würden Frédéric Chopin und Gioachino Rossini noch leben, dann würden sie wie einst über Maria auch über Cecilia schreiben: „Ach! Das wunderbare Geschöpf! Sie übertraf alle ihre Konkurrentinnen durch ihre wirklich überwältigende musikalische Begabung und alle Frauen, die mir begegnet sind, durch ihre geistige Überlegenheit, ihr breitgefächertes Wissen und ein rasantes Temperament, von dem man sich nicht die geringste Vorstellung machen kann.“ // CECILIA BARTOLI Einst wollte sie Flamencotänzerin werden.

Foto: Uli Weber/Decca


Dorothee Oberlinger Die Königin der Blockflöte

Ja, die Blockflöte hat ein biederes Image, das weiß Dorothee Oberlinger auch. Aber da pfeift sie drauf. Sie geht ihren Weg, räumt en passant mit den Klischees auf und überrascht das Ohr. Eine ziemlich coole Künstlerin Ende dreißig.

Foto: Johannes Ritter

GAR NICHT BIEDER – neues Image für ein verkanntes Instrument

INSTRUMENTALISTIN DES JAHRES Holzbläser Dorothee Oberlinger Italian Sonatas (A. Vivaldi, A. Corelli, G. Sammartini) (deutsche harmonia mundi 88697115712)

Die aus Aachen stammende Blockflötistin lehrt heute am Mozarteum Salzburg, hat es auf alle Bühnen der Welt geschafft und das mit einem Instrument, das man auch die „Schreckenspfeife aus dem Kinderzimmer“ nennt. Warum also ein Instrument, für das weder Mozart, noch Beethoven, noch Brahms, noch sonst ein großer Klassiker auch nur eine einzige Note geschrieben haben? Das wurde Dorothee Oberlinger oft gefragt, selbst von denen, die wissen, dass dieses Instrument bis in die Barockzeit hinein große Bedeutung hatte. Dorothee Oberlinger will ihre Zeit nicht mit solchen Fragen verschwenden. Seit sie fünf ist, spielt sie Blockflöte – davon konnte sie nicht einmal ihre Mutter abbringen, eine Querflötistin. „Wie einst Frans Brüggen ist sie eine Meisterin im Ansteuern von Zielpunkten und im Aufblühenlassen eines schlichten ausgehaltenen Tons“, schrieb „Die Welt“. Das trifft, wenn auch nicht glücklich formuliert, den Punkt: Sie atmet mit ihrem Instrument. //


22 | 23 ECHO 2008

16 | 23 ECHO 2008

Foto: Manfred Esser

Johannes Moser: kein Schönling Der große Cellist Heinrich Schiff, oft zum Scherz aufgelegt, unterteilte im Interview seine Kollegen in zwei Typen: „den melodie-säuselnden Schönling“ und „den Metzgerstyp mit den Wurstfingern“. Letzteres will zu Johannes Moser nicht passen und ein säuselnder Schönling ist er auch nicht. Er wirkt eher wie ein smarter Schlacks mit markantem Profil, der ziemlich genau weiß, was er will. Seit seiner Kindheit gehöre das Cello „zu mir wie mein Arm“, sagt der Sohn eines Cellisten beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Derzeit gilt seine Konzentration „Johannes Brahms und seinen Zeitgenossen“. Mit Klavierpartner Paul Rivinius sucht er „einen eher von barocken Formen her inspirierten Ansatz“. Aufregend vielversprechend. //

Strahlende Figur: Gábor Boldoczki

Foto: Laszlo Emmer / Visual Group Budapest

„Ganz weit, im Land der dunklen Sage, ward sie erdacht“, erklärte sich Wolfram von Eschenbach die Herkunft der Busine, der Frühform der Trompete. Im Barock repräsentiert die Trompete das höfische Leben, die offiziellen Feiern. Gauklern war das Spielen strengstens verboten. Der ungarische Trompeter Gábor Boldoczki darf: Mit seinem Können überzeugte er auch die strenge Jury des ARD-Musikwettbewerbs und der Tagesspiegel hält ihn für „die strahlendste Figur der Trompeten-Renaissance“. Für seine CD arrangierte er Händel und Telemanns Oboe und Orgel neu für Trompete. //

INSTRUMENTALIST DES JAHRES Blechbläser Gábor Boldoczki Werke für Trompete (G. F. Händel, G.P. Telemann) (Sony Classical 88697141222)

INSTRUMENTALIST DES JAHRES Violoncello Johannes Moser Brahms und seine Zeitgenossen Vol.1 (Brahms, Fuchs, Zemlinsky), (hänssler CLASSIC 93.206)


Ein Engl채nder in Polen


24 16 | 25 ECHO 2008

NIGEL KENNEDY Ein bisschen wie James Dean, der ewige Rebell

Er ist immer für eine Überraschung gut gewesen; Nigel Kennedy, Superstar unter den Geigern, einer der eigenwilligsten und charismatischsten Musiker überhaupt. Nun hat ihn die polnische Kultur überwältigt, nicht nur weil er größtenteils mit seiner polnischen Ehefrau Agnieszka in Krakau lebt. Er sagt, er selbst werde dort ganz anders wahrgenommen als in England. Längst hätten im Westen Überindustrialisierung und Überreglementierung die Kunst zu einem „Betrieb“ gemacht, der vor Beginn einer jeder Unternehmung fragt, ob es „dafür überhaupt einen Markt“ gibt. In Polen aber herrsche noch Unbeschwertheit, würde das Spielen eines Instrumentes vom Vater auf die Kinder weitergegeben. „Ich kann dort alles tun, was ich möchte.“ Und er hat es getan. Mit der polnischen Band Kroke spielte er Klezmer-Musik, er ist Leiter des polnischen Kammerorchesters und er hat zwei verschollene Violinkonzerte der polnischen Romantiker Mieczysław Karłowicz und Emil Mlynarski wiederentdeckt. Die „beiden Jungs“, so Kennedy, seien „weitaus bessere Komponisten als die meisten Russen. Karłowicz spielt für mich auf einer Ebene mit Elgar, und Mlynarski erreicht die Tiefe und ökonomische Präzision einer guten Brahms-Komposition.“ Wie immer hat er sie mit viel Herzblut eingespielt, ein immer authentischer und beseelter Künstler. //

INSTRUMENTALIST DES JAHRES Violine Nigel Kennedy Polish Spirit (EMI Classics 3799342)

Foto: Thomas Rabsch / EMI Classics

Er wandelt sich ständig und bleibt sich dennoch immer treu: der Geiger Nigel Kennedy. Ob Punk, Beethoven oder ‚Polish spirit“: immer hat das „Enfant terrible“ der Klassik-Branche etwas zu sagen. Zum vierten Mal bekommt er jetzt den ECHO Klassik.


Nichts für den Salon

Ihn umweht die Aura des 19. Jahrhunderts, doch sein Spiel ist revolutionär.

Nein, dieser Chopin ist nichts für gezierte Damen im Salon: Rafał Blechacz’ Interpretation der Préludes und der zwei Nocturnes op.. Der Komponist selbst allerdings wäre begeistert gewesen! Denn hinter der Maske des geistreichen, eleganten, etwas snobistischen Jünglings und verhätschelten Lieblings überspannter aristokratischer Damen, verbarg sich ein strenger, überaus selbstkritischer Perfektionist. Nicht selten verspottete Chopin das Milieu, das ihn auf Händen trug. „Nichts außer Blendwerk darin, für den Salon, für die Damen.“ Kein Blendwerk ist Blechacz’ außergewöhnliche Fingerfertigkeit, um die ausgedehnten Akkorde, die phantastischen Arpeggien, die üppige Chromatik, die raschen Terzen- und Sextenläufe, die unbequemen Tonarten und jäh aufbrechende Steigerungen zu bewältigen. So weit das Technische. Doch wichtiger ist Blechacz’ unglaubliche Musika-

INSTRUMENTALIST DES JAHRES Klavier Rafał Blechacz Preludes / Nocturne op.62 (Frédéric Chopin) (Deutsche Grammophon DG 477 6592)

Foto: Felix Broede / DG

RAFAŁ BLECHACZ Scheu melancholischer Blick: seine Welt ist die der Musik

lität, die sich jeder Beschreibung entzieht und nicht nur dem Kritiker den Atem stocken lässt. „Es geht mir darum, so nahe wie möglich bei der Musik zu sein”, sagt dieser zarte etwas blasse Mann mit der melancholischen Aura, dem all das Schick und Mick um ihn herum nichts zu bedeuten scheint. Als Pole fühle er sich natürlich in größerer Verantwortung, wenn er Chopin spiele, auch als er  den Warschauer Chopin-Wettbewerb gewann und die Jury so sehr beeindruckte, dass sie keinen zweiten Preis vergab. //


26 | 27 ECHO 2008

Foto: Uwe Arens

NIKOLAI TOKAREW Handfest und doch sensibel – kein Widerspruch bei diesem jungen Mann

Wie ein Möbelpacker Handfest lässig ist sein Auftritt auf der Bühne, am Klavier ist er so zart und sensibel, dass man staunt.

Äußerlich wirkt Nikolai Tokarew wie ein Repräsentant jener jungen, ungekünstelten Musikergeneration, die immer mehr die Älteren zu verdrängen scheint: lässig in Jeans und T-Shirt, mit fein gestutztem Philosophenbart. Man kann sich vorstellen, dass er seinen iPod mit klassischer Musik ebenso füttert wie mit Rap oder Jazz-Sounds. Tokarew entstammt einer Musikerfamilie aus Moskau, sein Vater ist ebenfalls Konzertpianist, seine Mutter Cellistin. Die berühmte Gnessin-Musikschule, das Studium in Moskau und seit gut

NACHWUCHS-KÜNSTLER DES JAHRES Klavier Nikolai Tokarew No.1 (Fredéric Chopin, Franz Schubert, Franz Liszt u.a.) (Sony Classical 88697075832)

zwei Jahren in Manchester und Düsseldorf, das sind die Stationen einer bemerkenswerten künstlerischen Entwicklung. Man rühmt seine fulminante Technik, der offenbar keine Grenzen gesetzt sind, seine hohe Musikalität, seine Sensibilität und Reife. „Ach, für meine erste Einspielung bekomme ich den Preis? Ich dachte für meine neue CD mit französischer Musik“, sagte der Pianist überrascht im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ und räumte ein: „Ein Preis bedeutet eine große Stimulation für mich.“ Es werden noch mehr kommen. //


A star Er sieht aus wie der jüngere Bruder Doch der kann bestimmt nicht so

Er singt wie ein Engel und sieht auch so aus: der Countertenor Philippe Jaroussky. Deshalb wird die Branche womöglich auch der Versuchung erliegen, ihn wie einen Popstar zu vermarkten.

Dies nicht nur wegen seines jungenhaften Äußeren. Schließlich weiß man: die barocke Arie dauert genau die drei bis fünf Minuten, die ein Radio-Popsong heutzutage braucht und auch die Akkordfolgen sind überschaubar. Und doch wäre es schade, denn der -jährige Philippe Jaroussky ist ein wirklich begnadeter Sänger: unmittelbar ergreifend ist sein Gesang, klar und rein seine Diktion, astrein seine Intonation, feinsinnig bis ins letzte Detail, nichts aufgesetzt Künstliches geht von ihm aus, ein Umstand, den man zu Recht bei so vielen klassischen Opernsängern beklagt. Was für eine Begabung!  wurde er bereits mit einem ECHO Klassik als Nachwuchskünstler des Jahres geehrt, sein hinreißendes Konzeptalbum „Carestini – Story of a Castrato“ lässt die Deutsche Phono-Akademie ihn nun zum Sänger


28 | 29 ECHO 2008

is born von TV-Moderator Markus Lanz. schön singen wie Phillipe Jaroussky.

Foto: Simon Fowler / Virgin Classics

JAROUSSKY singt so schön wie ein Engel.

des Jahres küren – als erster Countertenor überhaupt. „Ich glaube, vor fünf Jahren wäre das noch nicht möglich gewesen. Mittlerweile werden Countertenöre nicht mehr ausgelacht, ich freue mich riesig über den Preis“, sagt er. Auf der CD – siebzig atemberaubende Minuten – singt er Arien, die Komponisten wie Nicola Porpora, Georg Friedrich Händel oder Christoph Willibald Gluck eigens für Carestini geschrieben haben, der seinerzeit weltberühmt war. „Ich beneide Carestini darum, dass er mit den Komponisten arbeiten konnte. Obwohl die Arien sehr schwer anmuten, wurden sie letztlich genau für seine Fähigkeiten geschrieben“, sagt Jaroussky. Und in der Tat: heute werden talentierten jungen Sängern natürlich nicht – wie einst – die Hoden entfernt, damit sie nach der Pubertät weiter in den Höhen singen können, die sonst nur Knaben vorbehalten sind. Countertenöre verfügen heute über Stimmtechniken, mit denen sie die Höhen mühelos bewältigen können. Doch Carestini muss auch über erstaunlich tiefe Töne verfügt haben – eine Herausforderung für Jaroussky. An seiner Seite: Emmanuelle Haïm und ihr Concert d‘Astrée. //

SÄNGER DES JAHRES Philippe Jaroussky Carestini – Story of a Castrato (Virgin Classics 3952422)


MICHAEL GIELEN Immer neugierig und mit offenem Blick

Foto: Wolfgang Lamparter

Der Intellektuelle Dirigent Michael Gielen hat immer etwas zu sagen. Und jeder hört ihm aufmerksam zu. „Für die Kunst darf man auch das Gehirn bemühen.“ Klare Worte von Michael Gielen, der unter den Dirigenten als „Intellektueller“ gehandelt wird – keineswegs eine Selbstverständlichkeit bei Dirigenten. Unerbittliche Energie und Entdeckerfreude für das „Unerhörte“ sind weitere Merkmale seiner Persönlichkeit. 1 als Sohn des Opernregisseurs Josef Gielen in Dresden geboren, musste er im Dritten Reich emigrieren, da sein Vater mit einer Jüdin verheiratet war. Gielens musikalische Karriere begann als Korrepetitor am Teatro Colón in Buenos Aires. 1 folgte

DIRIGENT DES JAHRES Michael Gielen Gurrelieder (Arnold Schönberg) (hänssler CLASSIC 93.198 2-SACD)

dann ein aufsehenerregendes Klavierrecital mit dem gesamten Klavierwerk Schönbergs – seitdem gilt er als der Spezialist für Schönberg. Nach Stationen in Wien, Stockholm, Brüssel und Cincinnati ging er als Intendant an die Oper Frankfurt. Hier erregte er Aufsehen durch künstlerisch avancierte, kontrovers diskutierte Produktionen. Selbst Komponist vermochte er tiefer in das Werk zeitgenössischer Komponisten zu dringen. Bedeutende Werke des . Jahrhunderts wie etwa Bernd Alois Zimmermanns „Die Soldaten“ oder György Ligetis „Requiem“ brachte er zur Uraufführung. //


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Belcea Quartet: vier Räuber und ein Komponist

Die Barock-Maestra

Ein Streichquartett sei eine Unterhaltung zwischen vier vernünftigen Leuten, so der berühmte Goethe.

„Ein Nachtgespräch zwischen vier Räubern, die in einer verfallenen Felsenfeste unnütze, vielleicht böse Pläne brüten“, so der weniger berühmte, aber vielleicht amüsantere Komponist Carl Loewe. Das Belcea Quartet wurde 1 am Londoner Royal College of Music gegründet, als die rumänische Geigerin Corina Belcea-Fisher beschloss, drei ihrer Kommilitonen zusammenzubringen. Letzten Schliff bekam es beim Alban Berg Quartett. 1/ startete das Ensemble international durch. Über ihre neue CD jubelt die Presse: „ein weiterer Meilenstein der Bartók Diskographie“ (Fono Forum). //

ENSEMBLE / ORCHESTER DES JAHRES Kammermusik Belcea Quartet Streichquartette 1-6 (Béla Bartók) (EMI Classics 3892412)

Doch es geht ihr wie vielen ihrer Kolleginnen: mit großer Begabung und Selbstbewusstsein sind sie zwar in die letzte musikalische Männerdomäne eingebrochen, doch reden möchten sie alle nicht gerne darüber. Sie wissen warum: Allzu schnell ist man mit Klischees konfrontiert, allzu schnell wird man als High-Heel Domina gebrandmarkt. Schließlich steckt in jeder Dirigentin eine Einzelkämpferin, denn auch die Orchester kommen nicht wie selbstverständlich zu ihnen, wie bei den Männern. Die französische Cembalistin Emmanuelle Haïm formte sich  kurzerhand selbst eines – „Le Concert d’Astrée“ – und das Ergebnis: springlebendige Interpretationen und fabelhafte Solisten. Bravo Barock-Maestra! //

Foto: Simon Fowler / Virgin Classics

Foto: Sheila Rock / EMI Classics

Emmanuelle Haïm, weiblicher Dirigierstar der Alte Musik-Szene, strahlt im Augenblick besonders hell.

ENSEMBLE / ORCHESTER DES JAHRES Alte Musik Le Concert d‘Astrée, Emmanuelle Haïm Magnificat / Dixit Dominus (J.S. Bach, G.F. Händel), (Virgin Classics 3952412)


32 | 33 ECHO 2008

KOB, das klingt nach einem Kombinat, meint aber das renommierte Kammerorchester Basel. Kaum ein Orchester wird derzeit soviel gelobt wie das Kammerorchester Basel – kurz KOB genannt.

„Eine kühne Truppe von Musikern“, nennt es der Alte Musik-Experte Christopher Hogwood, der als Erster Gastdirigent dem Orchester seit Jahren besonders verbunden ist. Cecilia Bartoli liebt am Orchester seine „ansteckende Energie und Musizierlust“. Von Kritikern heißt es sogar: „Das KOB ist auf dem europäischen Parkett mittlerweile in die Champions League aufgerückt“ und „Aufgewacht! Hier kommt

ENSEMBLE / ORCHESTER DES JAHRES Kammerorchester Basel, Giovanni Antonini Sinfonien Nrs. 3+4 (Ludwig van Beethoven) (Sony Classical 88697192522)

Beethoven!“ Doch es geht noch weiter: „Achtung! Aufgepasst! Hier spielt die Musik! Mit unglaublicher Schärfe peitscht er die Akzente durch die Kantilenen, startet von drängenden Grundtempi in Sekundenbruchteilen zu dynamischen Explosionen, um sofort wieder ins elektrisierende Pianissimo zurückzufallen.“ Die Rede ist vom Dirigenten Giovanni Antonini, der seit sechs Jahren mit dem Orchester arbeitet und mit seiner Einspielung der . und . Symphonie Beethovens einen wirklich sinfonischen Krimi produziert hat. //

Foto: SonyBMG

Hier spielt die Musik!


Fest für Stimmfetischisten

Diese Frau überzeugt: Ob als Donna Anna bei den Salzburger Festspielen 2008, Elettra bei der Eröffnung des Cuvilliés-Theaters oder mit ihrer neuen CD.

Seit Ihrem Auftritt bei den Salzburger Festspielen  in Joseph Haydns Zauberoper „Armida“ gelten Sie als Shootingstar, werden als zweite Netrebko gehandelt. Annette Dasch: Das war die Presse, mich beeinflusst das nicht. Unsere Eltern, ich komme aus einer sehr Musik-liebenden Familie aus Berlin, haben uns nie in eine Karriere gedrängt, in unserem Ferienhaus haben wir als Kinder einfach Theaterstücke aufgeführt, wir wollten einfach nur Spaß haben. Gleichzeitig erzogen sie uns zu Bescheidenheit, dass man sich ja nur nicht überschätzen solle, dass es immer ganz andere sind, die es so weit schaffen. Nun gehören Sie dazu! Dasch: Ich bin ein anderer Typ, ich gehe viel ins Sprechtheater, ich liebe das moderne Regietheater. Ich möchte Sachen machen, die innerhalb des engen theatralischen Geschehen in sich schlüssig sind und nicht: Jetzt singt Annette Dasch! Ich identifiziere mich nicht mit dem Bild eines Sängers. Unter Ihren Vorbildern nennen Sie nicht etwa große Opernsänger, sondern Nina Hagen! Dasch: Da staunen Sie? Alles was Nina Hagen macht, ist doch klasse, sie hat so ein präzises Gefühl für das Timing, dieses weiche rrrr, das sie noch hinten dransetzt und es dann auskostet… Das ist so beispiellos! Das hat mich mehr inspiriert. Sie hat soviel Energie. Auch Amy Winehouse mag ich sehr gerne.

OPERNEINSPIELUNG DES JAHRES Opernarien und Duette Annette Dasch / Bayerische Kammerphilharmonie, Ltg.: David Syrus Armida (G.F. Händel, Chr.W. Gluck, J. Haydn u.a.), (Sony Classics 88697100592)


34 | 35 ECHO 2008

ANNETTE DASCH „Ein Fest für Stimmfetischisten“, nennt die Kritik ihren Gesang

Foto: Daniel Pasche

Sie sehen sich als Performerin? Dasch: Als Kind hatte ich schon eine ganz große Faszination für jeden, der auf der Bühne stand. Da will ich sein, dachte ich mir. Auf Straßenfesten beneidete ich jeden Gaukler, in der Philharmonie, wollte ich gleich Philharmonikerin werden, ohne ein Instrument zu spielen. Trotzdem bin ich vor dem Auftritt sehr unruhig. Haben Sie Rituale, die Ihnen vor dem Auftritt Sicherheit geben? Dasch: Rituale nicht wirklich, da sie abhängig machen können. Was mich beruhigt, ist mir mehrmals den Ablauf der Vorstellung vorzustellen: also wie gehe ich auf die Bühne, wie mache ich das mit meinem Kleid usw. Was aber hilft, ist, wenn man sich sagt: „Das ist genau das, was ich machen will.“ //


„Der Erfolg des Geigers David Garrett provoziert die Klassik-Szene“, schrieb „Die Welt“. Kann man das heute noch? Man kann, denn es gibt sie: Fans, die verzückt schreien, wenn er die Bühne betritt mit seiner Stradivari, die ein Mikro trägt.  Plätze im Berliner Tempodrom, alle mühelos gefüllt. Ein Fernsehauftritt bei Stefan Raabs „TV Total“. Eine Sehnsucht ist offenbar da, nach Klassik vielleicht? Oder nach dem blonden Kerl, dem so manche Mutti einen Haarschnitt nahelegen würde? Der -jährige Deutsch-Amerikaner weiß, dass am Ende etwas ganz anderes entscheidend ist: Qualität. Denn selbst der schönste Geiger muss in den technisch horrenden „Zigeunerweisen“ von Sarasate etwas draufhaben. Man darf sich also an seinen schönen Melodien und frechen Allegros freuen, auf seiner neuen CD, die im Oktober  erscheint. //

KLASSIK-OHNE-GRENZEN David Garrett Virtuoso (DEAG Music/Warner Music 4250216600280)

Foto: Ian Harrison

DAVID GARRETT ist vom 10. – 30.1.2009 auf Tournee in Deutschland

David Garrett, der Über�ieger

13 Noten pro Sekunde: Im Guiness Buch der Rekorde wird er als schnellster Geiger geführt.

KLASSIK-OHNE-GRENZEN Barbara Sukowa, Reinbert de Leeuw Im wunderschönen Monat Mai (F. Schubert, R. Schumann) (Music Edition Winter & Winter 910132)


36 | 37 ECHO 2008

Pure Lebensfreude „Noema“, das heißt Erkenntnis, „das Gedachte“. „Noema“ heißt auch das ausgezeichnete Album von David Orlowsky.

KLASSIK-OHNE-GRENZEN David Orlowsky Trio Noema (Sony Classical 88697075092)

Asche anzubeten, gründete Orlowsky das Trio Klezmorim. Mit ihrem Album „Noema“ gelang ihnen der Durchbruch. Orlowsky dazu: „Unsere Musik ist wie Kammerweltmusik: Ursprüngliche Inspiration war Klezmer, dann kamen auch Balkan- und Jazzeinflüsse – Bassist Florian Dohrmann kommt aus dem Jazz – dazu. Da Jens-Uwe Popp (Gitarre) und ich klassisch ausgebildet sind … funktioniert die Band wie ein Streichquartett.“ // Foto: Uwe Arens

„Klassik ist doof!“, dachte sich David Orlowsky, damals ein Schlagzeug spielender Teenager aus einer Tübinger Musikerfamilie, als seine Mutter ihn in ein Konzert von Giora Feidman mitnahm. Heute mit  Jahren bezeichnet er Feidman als seinen musikalischen Vater: „Er hat mich danach gelegentlich bei seinen Konzerten auf die Bühne geholt… Das war als 1-Jähriger ein ziemliches Erlebnis.“ Frei nach der Devise: Tradition nur, um das Feuer weiter zu tragen und nicht die

DAVID ORLOWSKY lässt seine Klarinette tanzen, singen, weinen und lachen, erzählt mit ihr Geschichten über Lebensfreude und Glücklichsein (Südkurier)


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Unterwegs mit Bach – zum Foto: A. T. Schaefer

Die Klassik-Innovation des Jahres kommt nicht aus New York, London oder Berlin, sondern

HELMUTH RILLING „Bach ist für mich das Rückgrat meiner Arbeit, mein Lebensinhalt.“

Das kleine, aber feine Label hänssler CLASSIC liefert seine komplette BachEdition auf einem iPod aus – und bietet so einen sanften Einstieg in die neue Ära Musik zu kaufen und zu hören. Das begeisterte die ECHO-Jury so sehr, dass sie dafür einen Sonderpreis vergab.

Der MP-Player ist so etwas wie der Walkman des 1. Jahrhunderts und der iPod ist der mit Abstand meistverkaufte MP-Player der Welt. Statt auf Kassetten oder CDs speichert der iPod classic die Musik auf einer Festplatte, wie man sie von Computern kennt. So passt die legendäre 1 CDs umfassende Bach-Edition des Gesamtwerks von Johann Sebastian Bach, unter Leitung von Helmuth Rilling, jetzt in jede Hosentasche. Der „Bach-iPod“ kostet im Handel stattliche ,– EUR. Zieht man allerdings den Kaufpreis des Geräts ab, entspricht das gerade mal 1, EUR pro CD. Da kann

SONDERPREIS hänssler CLASSIC für die Digitale Bachedition mit iPod®, die erstmalig den schnellsten und modernsten Zugang zum Gesamtwerk J. S. Bachs ermöglicht. (hänssler CLASSIC 98516)

man eigentlich nicht viel falsch machen. Und auf dem iPod ist noch Platz für  weitere CDs. Mit dem kostenlosen PC-Programm „iTunes“ lässt sich die eigene CD-Sammlung auf das Gerät überspielen. Bei der digitalen Umsetzung der Bach-Edition gab man sich bei hänssler große Mühe und passte die diskographischen Angaben der CDs und Tracks auf die Darstellungsmöglichkeiten des iPodDisplays an. Und sollte das Gerät mal kaputt oder verloren gehen: Kein Problem! Eine Sicherungskopie der Bach Edition wird mitgeliefert. Helmuth Rilling hat sich ein Leben lang mit Bach beschäftigt: „Bach ist für mich das Rückgrat meiner Arbeit, mein Lebensinhalt.“ 11 gründete er in Stuttgart die Internationale Bachakademie. In einem unglaublichen Kraftakt konnte er dann zum Bach-Jahr  eine Gesamteinspielung von Bachs Werk präsentieren. Ein kulturelles, ein ebenso physisch wie geistig gigantisches Schwabenwunder war ihm da gelungen: „Bach hat ein überaus umfangreiches Werk hinterlassen. Es gibt über tausend Bachwerkverzeichnisse. Neben den bekannten Werken wie dem ‚Weihnachtsoratorium‘, dem ‚Wohltemperierten Klavier‘, der ‚Matthäus-Passion‘ und der ‚Kunst der Fuge‘


40 | 41 ECHO 2008

Schwabenpreis! aus Holzgerlingen im Schwabenland.

gibt es noch über 1 Orgelund  Cembalowerke, über  Kantaten für den Gebrauch im Gottesdienst, ferner Kammermusik und Orchesterkonzerte, die die ‚Edition Bachakademie‘ bekannt machen wollte.“ Interpreten wie Quasthoff, Prégardien, Christine Schäfer und Juliane Banse waren mit von der Partie, zahlreich waren die Preise und Ehrungen, die Rilling für seine Grundlagenarbeit bekam. „Ich kenne von Bach keine einzige schwache Komposition. Selbst die frühen Werke aus der Mühlhausener oder Arnstädter Zeit sind bereits Meisterwerke und stehen den späteren nicht nach. Abgesehen von der Qualität ist Bach jemand, der das Schaffen früherer Jahrhunderte zusammenfasst. Und es gibt keinen Komponisten nach Bach, der nicht von ihm beeinflusst gewesen wäre. Ich finde, man soll Bach nicht immer rückwärtsgewandt betrachten, sondern sich fragen, was bedeutet er heute, für unsere Zeit? “ Mit dem iPod hat man nun Gelegenheit dazu. //

NAME XXXXXXXX / XXX JAHRES – Xxxx Musik Xxxxx Köln „Xxxxx ivino boemo“ (Xxxxx Myslivecek)


LISA BATIASHVILI erhält den ECHO als Nachwuchskünstlerin des Jahres für Ihre Sibelius-Einspielung.

Die Zielstrebige Foto: Mat Hennek

Ihr Erfolg scheint sie nicht wirklich zu überraschen. Vielmehr sieht sie in ihm das Ergebnis härtester Arbeit und intensivster Auseinandersetzung.

Ernst und diszipliniert geht die Georgierin und Mutter zweier Kinder ihre Karriere an. Sie weiß, was sie will.

Sie kamen 11 mit 1 Jahren nach Deutschland. Erinnerungen an die Kindheit in Tiflis? Batiashvili: Seitdem ich denken kann, gab es nur Musik. Mit zwei fing ich an.

NACHWUCHS-KÜNSTLERIN DES JAHRES Streicher Lisa Batiashvili Violin Concertos (Jean Sibelius, Magnus Lindberg) (Sony Classical 88697129362)

Welche Bedeutung hat für Sie Sibelius’ Violinkonzert? Batiashvili: Mit 1 Jahren spielte ich es beim Sibelius Wettbewerb 1. Da lebte ich seit einem Jahr in Bayern und fand: „Mein Gott, ist das ein schönes Konzert!“ Ich habe es nie wieder so schön, so natürlich wie unter Sakari Oramo gespielt. Das Konzert ist eine Liebeserklärung an das Publikum. //


MünchenMusik präsentiert die Gewinner des ECHO KLASSIK

Wir gratulieren allen Preisträgern und freuen uns auf Konzerte mit Cecilia Bartoli

Martin Stadtfeld

Annette Dasch

David Orlowskys Klezmorim

Une soirée rossinienne Sergio Ciomei, Klavier Samstag, 18. Oktober 2008 20 Uhr, Herkulessaal

Münchner Rundfunkorchester Arienabend mit Werken von Mozart, Haydn und Weber Montag, 17. November 2008 20 Uhr, Prinzregententheater

José Carreras

Mediterranean Passion Neue Philharmonie Frankfurt Sonntag, 30. November 2008 18 Uhr, Philharmonie

Christine Schäfer

Das Bach-Projekt mit Matthias Goerne & Hilary Hahn Münchener Kammerorchester Donnerstag, 4. Dezember 2008 20 Uhr, Prinzregententheater

Danielle de Niese singt Arien von Händel Neue Hofkapelle München Samstag, 6. Dezember 2008 19.30 Uhr, Herkulessaal

Das Wohltemperierte Klavier Sonntag, 7. Dezember 2008 19 Uhr, Prinzregententheater

Mittwoch, 31. Dezember 2008 15.30 Uhr, Allerheiligenhofkirche

Albrecht Mayer

I Musici di Roma Sonntag, 1. Februar 2009 20 Uhr, Prinzregententheater

David Garrett

Bruch: Violinkonzert g-moll Sonntag, 15. März 2009 19 Uhr, Philharmonie

Enoch zu Guttenberg

Händel: Der Messias Samstag, 29. November 2008 Bach: Weihnachtsoratorium Dienstag, 23. Dezember 2008 Beethoven: Missa Solemnis Samstag, 7. März 2009 Bach: Matthäus-Passion Karfreitag, 10. April 2009

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DANIELLE DE NIESE So viele Talente und obendrein auch noch so schön! Danielle de Niese stehen alle Türen offen.


44 | 45 ECHO 2008

Danielle de Niese: Das Multitalent Ihr erstes Interview gaben Sie schon mit sieben, und mit zwölf Jahren waren Sie das (singende) „L.A. Kid of the week“ in einer TV-Show. Danielle de Niese: Ach, Gott. Schrecklich, als ich mich später sah! Diese seltsame Frisur, dieses altkluge Geschwätz. Immerhin übernahmen Sie dann die Moderation der Show! de Niese: Ja, es gefiel mir. Ich brauchte gar keine Tafeln, eine sehr gute Vorbereitung für mein heutiges Leben. Stepptanz, Ballett, Jazz, Stimmbildung und Gesang von klein auf. Wie wichtig ist Disziplin und Perfektionismus in Ihrem Leben? de Niese: Ich wollte einfach immer nur singen. Daher habe ich meine Disziplin. Schon als Kind hatte ich diese Energie, die Lehrer lobten mich. Auch mein Bruder war sehr diszipliniert, hat für eine Tennis-Karriere immer hart trainiert. Der „american dream“? de Niese: Ich glaube es kommt von meinen Eltern. Sie stammen aus Sri Lanka, haben

NACHWUCHS-KÜNSTLERIN DES JAHRES Gesang Danielle de Niese Arias (Georg Friedrich Händel) (Decca 475 8746)

aber holländische Wurzeln. Mein Vater war Banker, meine Mutter auch berufstätig. Ich selbst wurde in Australien geboren, wuchs aber in Amerika auf. Meine Eltern haben alles für uns getan, sie wollten die besten Chancen. Deshalb sind wir nach L.A. gezogen. 1 engagierte Sie Hollywood Regisseur Ridley Scott für eine Nebenrolle in „Hannibal“. Ihr Gesang hat Hannibal so berührt, dass er Sie nicht zerstückeln musste… de Niese: (Lachen) Ich lebe! Die Opernarie war hochromantisch und wurde von Patrick Cassidy nach Dantes „La vita nuova“ komponiert. Von Hannibal zu Händel. Was war anders? de Niese: Georg Friedrich Händel war ein Komponist des Barocks, seine Affekte sind abstrakt, weniger fassbar als die einer romantischen Oper. Händel gibt uns Sängern viele und rein technisch, durch die Phrasierung, unendliche Möglichkeiten, Emotionen zu vermitteln. //

Foto: Lorenzo Aguis / Decca

Sie kann alles: Als Kind moderierte sie eine Fernsehsendung, später spielte sie in Hollywood und heute glänzt sie als Cleopatra in Händels „Giulio Cesare“.


Immer noch kann sie scheu wie ein junges Mädchen blicken, dabei ist Martha Argerich ein Denkmal in der Klaviergeschichte: kompliziert, sprunghaft, öffentlichkeitsscheu, doch in ihrer Kunst einfach großartig. „Ich liebe es Klavier zu spielen, aber ich bin ungern eine Pianistin.“ Sie liebt es mit Freunden wie Alexander Verdernikov zu musizieren, dann gelingt es ihr ganz zu sich selbst zu kommen. Rein, entschlossen und gelöst klingt sie dann. Glückliche Augenblicke, von denen ihre Bewunderer hemmungslos schwärmen – berauscht von ihrer Glut, Enthusiasmus und ungezügelter Kraft. Für einen solchen Moment wird sie nun ausgezeichnet. //

Foto: Alix Laveau / EMI Classics

Martha Argerich: Pianistin wider Willen

Mariss Jansons: absolute Hingabe

KONZERTEINSPIELUNG DES JAHRES Musik d. 20./21. Jh. Martha Argerich / Orchestra della Svizzera Italiana / Ltg.: A. Verdernikov Klavierkonzert Nr. 1 (Schostakowitsch), (EMI Classics 5045042)

die Inhalte hinter den Noten sehen“. Nicht wenige meinen hinter vorgehaltener Hand, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sei das Beste – in ganz Deutschland. //

Foto: Walter Glück

Er ist ein Mann, der sich rückhaltslos verausgabt, in dessen Gesicht sich ganze musikalische Dramen abspielen: der Dirigent Mariss Jansons. Er ist ein zutiefst empfindsamer Mensch und zugleich ein glänzender Orchestererzieher. Konzentriert geht es in jeder Probe zu, kein lautes Wort fällt, stets bleibt Jansons sachlich. Theoretisch akribisch hat Jansons sich auf jeden Komponisten vorbereitet, er prunkt nicht mit Wissen, gibt knappe Anmerkungen. Ziel: auf dass es vor allem menschlich klinge, auf dass die Musiker „auf

SINFONISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik d. 20./21. Jh. Mariss Jansons / SO des BR Konzert für Orch., Wunderbarer Mandarin, Daphnis u. Chloé Suite (Bartók, Ravel), (Sony Classical 886971236323)


46 | 47 ECHO 2008

Daniel Hope: Respekt vor Mendelssohn Wie ein roter Faden zieht sich Mendelssohns Violinkonzert op.64 durch sein Leben.

Ihre Faszination für Mendelssohns Violinkonzert op. hat Sie schon manches riskieren lassen. Daniel Hope: Oh ja! Von klein auf wollte ich es unbedingt spielen, war aber technisch längst nicht so weit. Auf meinem Internat war ich frustriert, weil ich zu wenig Stücke bekommen habe. Eines Tages habe ich mich ins Bad eingeschlossen und heimlich geübt. Die Noten hatte ich mir von einem Freund besorgt. Ich wurde dabei erwischt, bekam eine Standpauke. Meine Eltern wurden gerufen, die dachten, ich hätte die Schule in Brand gesetzt. Als sie aber hörten, um was es ging, nahmen sie mich von der Schule. Wenn Sie Mendelssohn treffen könnten, was würden Sie ihm sagen? Hope: Ich hätte sogar fast Angst vor ihm, einen unglaublichen Respekt. Soweit ich das aus seinen Briefen weiß, wäre es gar nicht so einfach, ihn zu sprechen. Er stammte ja aus dem Großbürgertum. Vivaldi würde gleich eine Flasche Wein aufmachen. Mit Mendelssohn wäre die Unterhaltung sehr intellektuell, aber bestimmt hochinteressant. // Foto: Felix Broede / DG

KONZERTEINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 19. Jahrhunderts Daniel Hope / Chamber Orchestra of Europe, Ltg.: Thomas Hengelbrock Violinkonzert op.64 / Oktett op.20 (Felix Mendelssohn Bartholdy) (Deutsche Grammophon DG 477 6634)


Ein bayerischer Edelmann

Er trägt einen großen Namen und weiß, was er diesem schuldig ist: Der Dirigent Baron Enoch zu Guttenberg. Ihr Ensemble nennt sich „Orchester der Klangverwaltung München“. Das klingt ja eher nach Bürokratie, als nach Musik! Enoch zu Guttenberg: Der Name ist so scheußlich, dass man ihn sich gleich merkt. Ich kam darauf über das Gleichnis mit den drei Knechten, die von ihrem Herrn je ein Talent geschenkt bekommen; der erste versäuft es, der zweite vergräbt es, der dritte gibt es wieder zurück. Wir verwalten auch etwas, was uns nicht gehört. Wir dienen der Musik. Es heißt, Sie könnten nur das dirigieren, was Sie verstehen und berührt. zu Guttenberg: Viele Dirigenten bedienen sich der Werke ohne wirklichen inneren Bezug. Das Stück muss in mir leben, reifen, zur eigenen Sprache werden. Das braucht oft Jahrzehnte. Wie Bruckner? zu Guttenberg: Ja. Wir sind so frech, zu glauben, ihn so zu bringen, wie es ihn möglicherweise so noch nicht gegeben hat. Wir

versuchen diese spätromantische Musik mit den Mitteln aufzuführen, die man bei Haydn, Mozart oder Bach nimmt. Das betrifft das Zeigen kleinster Strukturen. Die große Linie ist eh schon da. Also nicht wie eine wuchtige Kathedrale? zu Guttenberg: Nein. In einer solchen Kathedrale gibt es ja viele Altäre und viele Säulen. Die wollen wir zeigen. Wir haben viel Erfolg gehabt. Trotz der Bruckner Tradition in München wird unsere Art, Bruckner zu spielen, mit großem Interesse wahrgenommen. Wir versuchen über die Symphonie hinaus den Zuhörern auch die Person Bruckner nahezubringen, der ja alles andere war, als ein Komponist großer Tongebäude. Er war ein gebeutelter Mann, missachtet und -verstanden. Ein teils sehr unglücklicher Mensch. //

SINFONISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 19. Jahrhunderts Enoch zu Guttenberg / Orchester der Klangverwaltung München 4. Sinfonie Es-Dur (Anton Bruckner) (Farao Classics S 108051)


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ENOCH ZU GUTTENBERG Ein eigenwilliger Geist: Wider die M端nchner Bruckner-Tradition

Foto: Christine Schneider


Natalie Dessay: Zart mit Power

Foto: Simon Fowler / Virgin Classics

Sie dürfte wohl die knabenhafteste Koloraturkönigin sein: die zierliche Natalie Dessay, deren Stimme glasharte Flötentöne ausstoßen kann, aber gleichzeitig so faszinierend matt schimmert.

Wegen ihrer Konstitution muss sie sich oft mit romantischen Fräulein-Schicksalen zufriedengeben. Nicht unbedingt ein schlimmes Schicksal, gibt es doch auch hier spannende Figuren. An den großen Opernhäusern in Amerika sind sie begeistert. In Europa sowieso. Mit dem versierten Evelino Pidò hat sie jetzt Bellinis schlafwandelnde Annina in der „Sonnambula“-Originalfassung gesungen; wunderbar zerbrechlich und elegisch verträumt. //

Anna Netrebko Superstar. Seit ihrem Debüt als „Donna Anna“ bei den Salzburger Festspielen  sind alle verrückt nach ihr. „Klang wie dunkler Honig“ schwärmen sie von ihrem So-

OPERNEINSPIELUNG DES JAHRES Oper des 19. Jahrhunderts Natalie Dessay / Opéra Lyon, Ltg.: Evelino Pidò La Sonnambula (V. Bellini), (Virgin Classics 39513826)

pran, der so zärtlich gurren, aber auch virtuos trillern und schmettern kann. Fasziniert sind sie von ihren „glockenreinen“, „laser-perfekten“ Spitzentönen, euphorisiert von ihrem „grazilen, katzenhaften“ Körper, auch als Kammerzofe Susanna bei den Salzburger Festspielen im Mozartjahr  in der „Hochzeit des Figaro“. Unter Nikolaus Harnoncourt feierte die nun auch österreichische Staatsbürgerin wieder einen riesigen Triumph. Sogar das Erste Deutsche Fernsehen änderte sein Programm, um die knapp -minütige Premiere live zu übertragen. Info für männliche Fans: Die Schwangerschaft hat sie noch schöner gemacht! //

MUSIK-DVD-PRODUKTION DES JAHRES Oper Netrebko / Röschmann / Schäfer / D‘Arcangelo / Wiener Philharmoniker, Ltg.: N. Harnoncourt Le Nozze di Figaro (W. A. Mozart) (Deutsche Grammophon DG 073 4245)

Foto: Monika Rittershaus / DG

Anna hier – Anna da: Alle lieben Anna


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Die Tragödie Russlands Wie kein anderer russischer Komponist ist der 1 in Moskau geborene, seit 1 in München lebende Rodion Shchedrin heute international erfolgreich. Ihn zeichnen extreme stilistische Vielseitigkeit und grandiose handwerkliche Meisterschaft ebenso aus wie die Fähigkeit, in jedem Genre zu reüssieren. Die Oper „Boyarina Morozova“ ist absolut außergewöhnlich. Die vier Protagonisten (zwei Frauen und zwei Männer) werden statt vom Orchester von einem gemischten Chor, Trom-

OPERNEINSPIELUNG DES JAHRES Oper des 20./21. Jahrhunderts Boyarina Morozova (Rodion Shchedrin) Kammerchor des Moskauer Konservatoriums, Ltg.: Boris Tewlin (WERGO WER 67002)

pete, Pauken und Schlagzeug begleitet. Thema ist der Konflikt zwischen dem alten, asketischen Glauben und dem orthodoxen Dogma, das den ökonomischen Interessen der Kirche besser diente. Diese innere Spaltung einer Nation, die, so Solschenizyn, „grundlegend ist für das Verstehen der Tragödie Russlands“, fand im 1. Jahrhundert statt und wird anhand des Leidenswegs der Boyarina Morozova von der reichsten Frau Russlands zur Märtyrerin exemplarisch dargestellt. //

Foto: Schott Promotion / Milan Wagner

Eine Märtyrer-Oper


CHRISTIAN ZACHARIAS Primus inter Pares: Der Pianist und das Orchestre de Chambre de Lausanne

30 JAHRE MDG

Die Klangrealisten MDG: Klingt ein bisschen nach Luxuskonzern, ist aber noch viel feiner: die Musikproduktionsfirma Dabringhaus und Grimm. Neun mal ECHO! Das sagt alles. Die Geschichte des Labels begann in den noch vinylen siebziger Jahren. 1 fanden die Tonmeister und Produzenten Werner Dabringhaus und Reimund Grimm zusammen, um das klassische Repertoire neu zu endecken. Mit Klangeffekten und raffinierten Manipulationen wollten sie nichts zu tun haben und halten sich bis heute daran. „So wenig Gerät wie möglich für soviel natürlichen Klang wie möglich. ‚Verschlimmbesserer’ wie Filter, Nachhallgerät, Regelverstärker und andere sind tabu, aufgenommen wird mit so wenig Mikrofonen wie möglich in einem jeweils geeigneten Raum“, so ein Tonmeister des Labels. So wichtig ist ihnen

KONZERTEINSPIELUNG – 18. Jh. Orchestre de Chambre de Lausanne, Solist u. Dirigent: Christian Zacharias Klavierkonzert KV 453 & KV 456 (W. A. Mozart, MDG 940 1488-6)

ihr Klangkonzept, dass sie es auf www.mdg.de unter der Rubrik „Der Weg zur Klassik-CD“ in einem höchst lesenswerten und amüsanten Kompendium zusammengestellt haben: von der „Idee“ bis hin zu „Fix und fertig“. Bei so einem Label kann sich ein Musiker nur wohlfühlen. Hier wird er nicht nur verstanden, hier kann er Preise gewinnen. Neun ECHOs gehen diesmal an die Stars von MDG. Der erste an den Dirigenten und Pianisten Christian Zacharias. Seit Jahrzehnten behauptet sich der alerte Endfünfziger unangefochten in der Liga der besten Pianisten der Welt und auch auf dieser Aufnahme mit Mozarts

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG 20./21. Jh. – gemischtes Ensemble Trio Parnassus / Matthias Wollong Piano Trio op.1 / Suite op.23 (E. W. Korngold, MDG 303 1463-2)


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Foto: MDG

Klavierkonzerten ist er sich treu geblieben; mit ungemeiner Intensität und Ausdruckskraft hat er sich einmal mehr in das Repertoire versenkt. Magische Mozartmomente sind das Ergebnis. Schon lange währt die Beziehung von MDG mit dem Trio Parnassus. Nach dem Berg Parnass benannt, der Heimat der Musen, behauptet sich das Ensemble seit einem Vierteljahrhundert in einem Musikbetrieb, der für Kammermusik soviel nicht mehr übrig hat. Respekt! Zum . Todesjahr von Erich Wolfgang Korngold präsentieren sie sein erstes Trio op.1, die Musik eines 1-jährigen Wunderkindes. Kommentar von Bayern : „Zur rechten Zeit

Foto: Bernhard Wolff

Foto: Carole Parodi

TRIO PARNASSUS Gruppenbild mit Dame: Yamei Yu (Violine), Michael Groß (Cello), Chia Chou (Klavier)

SINFONISCHE EINSPIELUNG – 18. Jh. Haydn Philharmonie, Ltg.: Adam Fischer Sinfonie 88 & 101, Ouvertüre „L‘isola disabiata“ (J. Haydn, MDG 901 1441-6)

tritt das Trio Parnassus mit einer exzellenten, gut ausgehörten und transparenten Einspielung für dieses unterschätzte Genie ein. Das Ensemble gehört zu den bedeutenden Klaviertrios weltweit, was nicht zuletzt die mehr als  CDs dokumentieren... Fantastische Musik in exquisiter Interpretation.“ Mit ihrer faszinierenden Deutung zweier Sinfonien ( & 11) des ewig unterschätzen Joseph Haydn haben Adam Fischer und seine Haydn-Philharmonie zum dritten Mal einen ECHO Klassik gewonnen. ADAM FISCHER Der Dirigent und die Haydn-Philharmonie

OPERNEINSPIELUNG – 17./18. Jh. Mata Katsuli, N. Spanos, Mary-Ellen Nesi, T. Christoyannis, Orchestra of Patras, Ltg.: George Petrou Tamerlano (G. F. Händel, MDG 609 1457-2)


Foto: MDG

LEIPZIGER STREICHQUARTETT Andreas Seidel, 1. Violine, Tilman Büning, 2. Violine, Matthias Moosdorf, Violoncello und Ivo Bauer, Viola.

Fotos: MDG

Foto: Vogelsängerstudios

George Petrou ist schon in jungen Jahren als Pianist, Kammermusiker und Dirigent in den führenden Konzertsälen der Welt zu Hause. Sein besonderes Interesse gilt der historischen Aufführungspraxis. Er dirigierte die erste griechische Aufführung von Händels Opern „Oreste“ und „Arianna di Creta“, sowie Kanta-

ten und Oratorien, war also bestens gewappnet für Händels Oper „Tamerlano“ (HWV 1), in der dieser die Kämpfe zwischen dem osmanischen Sultan Bayacid und dem Tartarenkaiser Tamerlan vertonte. Petrous Coup: statt der Bearbeitung von Telemann präsentiert er die Originalversion von 1. Viersprachig selbstbewusst präsentiert sich das Leipziger Streichquartett – kurz LSQ genannt – auf seiner Homepage. Mit Recht: „If there is A Leipzig sound, This is it!“ jubelte die New York Times und beim BR lobte man: „Transparenz, die Klarheit des Tons, die Durchhörbarkeit der Struktur, das Verständnis für die unterschiedlichsten Komponisten, das a l le s räu mt dem Quartett einen Sonderplatz ein im internationalen Konzert der Weltklasse-Quartette.“ Ihre CD mit Musik von Debussy, Der Dirigent André Caplet und RAINER JOHANNES Gabriel Fauré beweist HOMBURG dies wieder einmal. „Uns interessiert das rauschhafte Moment barocker Musik“, sagt Rainer Johannes Homburg, Leiter des Kammerchors der Marienkantorei Lemgo und des Ensembles Handel´s

TAMERLANO George Petrou und seine Helden: das Orchestra of Patras und die Solisten

KAMMERMUSIKEINSPIELUNG – 20./21. Jh. Leipziger Streichquartett (Caplet, Fauré, Debussy, MDG 307 1430-2)

CHORWERK-EINSPIELUNG 16./17. Jh. Marienkantorei Lemgo, Ltg.: R.J. Homburg Orchester- und Chorwerke (Fischer, MDG 905 1477-6)

LIEDEINSPIELUNG Christianne Stotijn / Musikkollegium Winterthur, Ltg.: Jac van Steen Cornet (Martin, MDG 901 1444-6)


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CHRISTIANNE STOTIJN

EDITORISCHE LEISTUNG Stefan Irmer Péchés de Vieillesse – Sämtliche Klavierwerke (Rossini, MDG 618 1448-2)

Foto: MDG

schlossen: Ein Mammutunternehmen und ein hochverdientes „Echo“ für diese „editorische Leistung“! Opera Senza ist nicht nur Name eines Bläserensembles, sondern auch Programm: „Oper ohne“ ist anders und bedeutet den virtuosen Wechsel der Musiker aus dem Graben auf die Bühne. In diesem Fall mit Mozarts beliebtesten Hits aus „Don Giovanni“, zeitgenössisch arrangiert und feinfühlig inszeniert für acht hervorragende Solobläser plus Kontrabass... ECHO Nummer neun. Gratulation! // OPERA SENZA Mozart im Rampenlicht Pur und fein geblasen

Foto: MDG

Foto: Marco Borggreve

Company. Seit 1 kümmert er sich unermüdlich um die Wiederentdeckung großer Schätze des 1. Jahrhunderts. Ein solches Werk ist Johann Caspar Ferdinand Fischers „Missa St. Michaelis Arch angeli“, die er jetzt mit exquisiten Solisten wie Veronika Winter, Jenny Haecker, Henning Voss und anderen eingespielt hat. Einen ECHO bekommt auch die MDGProduktion von Frank Martin (1-1) „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ mit dem Orchester Musikkollegium Winterthur unter der künstlerischen Leitung von Jac van Steen. Martin schuf in den Kriegsjahren 1- einen -teiligen Lied-Zyklus nach einer kurzen Erzählung von Rainer Maria Rilke. Wie kaum eine andere versteht es die vielgelobte Mezzosopranistin Christianne Stotijn, die Tragik dieser Soldatenballade zu vermitteln. Stefan Irmer liebt unbekannte Werke der Klavierliteratur. Nun hat er mit Vol.  die vollständigen „Sünden des Alters“ von Rossini, jene vor Ironie, Übermut, Spaß und Virtuosität nur so strotzenden Solowerke, abge-

STEFAN IRMER mit Rossinis Sünden

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG 17./18. Jh. – Bläser Opera Senza Don Giovanni KV 527 (Mozart, arr. für Harmoniemusik v. Triebensee, MDG 903 1464-6)


Aus dem hohen Norden: Norddeutscher Figuralchor

Foto: Norddeutscher Figuralchor

Na, erkennen Sie jemanden? Es ist wie so oft bei Chören, sie machen nicht viel Aufhebens um sich. Schade, denn dieser Chor hat alle Preise verdient. Lediglich auf Schallplattenjahreslisten tauchen sie auf, mit phantastischen Kritiken, aber viel weiß man nicht über sie. Auch über Jörg Straube, den Gründer des Norddeutschen Figuralchors, findet man im Netz eine nicht sehr aussagekräftige Schwarz-Weiß-Fotografie und ein paar dürre biographische Fakten: 1 in Bremen geboren, begeisterte er sich bereits während seines Studiums der Schul- und Kirchenmusik für das Dirigieren. Den Figuralchor entwickelte er schnell zu einem der führenden semiprofessionellen Kammerchöre in Deutschland und errang mit ihm etliche Preise, darunter bereits zwei ECHO

Klassik. Das Repertoire des Norddeutschen Figuralchors umfasst Werke aus dem 1. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischer Musik; eine besondere Bedeutung hat die romantische Chorliteratur sowie die „Alte Musik“. Über Straubes Einspielung von Kurt Thomas’ Psalm 1 und der Passionsmusik nach dem Evangelisten Markus op. hieß es: „Der Chor [...] gestaltet mit einer großen dynamischen Bandbreite, er hat unheimlich viele Klangfarben zur Verfügung, [...] einen sehr hellen und durchsichtigen Klang, und er vermag sowohl mit großer Kraft zu singen, als auch ein wunderschönes, tragendes Piano zu produzieren.“ //

CHORWERK-EINSPIELUNG DES JAHRES Chor/Ensemblemusik des 20./21. Jahrhunderts – a capella Norddeutscher Figuralchor, Ltg.: Jörg Straube Passionsmusik op.6 / Psalm 137 (Kurt Thomas) (Thorofon CTH 2493 Bella Musica)


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Wagner adieu!

Foto: Matthias Heyde

Sechzig Jahre alt und kein bisschen leise: der RIAS Kammerchor. Zum Jubiläum wird er durch ganz Europa touren.

Gewiss: viele kennen sie, die tragische Liebesgeschichte um „Tristan und Isolde“ – meist in der Version von Richard Wagner. Doch Wagner vertonte nur einen kleinen Ausschnitt der Tragödie. Die Minnesänger und Troubadoure aber wussten noch viel mehr über das Liebespaar und seine Irrungen und Wirrungen zu berichten und ließen sich von ihrer Magie inspirieren. So auch der Schweizer Komponist Frank Martin, der Ende der dreißiger Jahre die

mittelalterliche Heldendichtung in das Oratorium „Le vin herbé“ (Der Zaubertrank) verwandelte. Es galt sich von Wagner abzugrenzen, der von den Nazis vereinnahmt worden war. Unter ihrem einstigen Chef, Daniel Reuss, gaben die Musiker alles, als dass Martins Musik auch ein musikalischer Zaubertrank werde. Allen voran der RIAS Kammerchor nebst vorzüglichen Solisten wie Sandrine Piau, Steve Davislim und Jutta Böhnert. Sehr delikat! //

CHORWERK-EINSPIELUNG DES JAHRES Chor/Ensemblemusik des 20./21. Jahrhunderts – mit Begleitung Sandrine Piau, Steve Davislim / RIAS Kammerchor / Sharoun Ensemble, Ltg.: Daniel Reuss Le Vin Herbé – Der Zaubertrank (Frank Martin), (harmonia mundi 901935.36)


CHRISTIAN ZACHARIAS

Christian Zacharias gilt als einer der außergewöhnlichsten musikalischen Entdecker unserer Zeit. Bekannt für seine beständige und kompromisslose Individualität, machte er als Preisträger des Wettbewerbs von Genf und des Van Cliburn Wettbewerbs international schon früh auf sich aufmerksam. Seit 1998 arbeitet der Pianist und Chefdirigent des Kammerorchester Lausanne exklusiv mit MDG zusammen. 2007 erhielt er von den internationalen Schallplattenkritikern des Midem Award den ehrenvollen Titel „Künstler des Jahres“. Gratulation zum Echo 2008!

Musikproduktion Dabringhaus und Grimm


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Colin Davis

Foto: Staatskapelle Dresden, Matthias Kreutziger

Seit Jahrzehnten ist der Dirigent Colin Davis fasziniert von der Musik von Hector Berlioz. Vielleicht weil kein anderer Komponist in seine Fußstapfen trat?

Es ist, als habe der Dirigent Colin Davis (geb. 1) sein Künstlerleben der Musik Hector Berlioz gewidmet. Was mag ihn so gereizt haben, an diesem Nonkonformisten unter den Komponisten, dessen Musik oft so sperrig, so neurotisch exzentrisch, aber stets höchst originell anmutet? Den großen Sachkenner und unermüdlichen Arbeiter schrecken die diffizilen

Partituren von Berlioz nicht. Mit Präzision und Klarheit geht er ans Werk, arbeitet dessen französische Brillanz und Schärfe heraus, versteht aber gleichzeitig in Berlioz‘ zauberhafte Klangwelt einzudringen, jeder Phrase einen Sinn zu geben und jedem Instrument eine Seele. Nicht nur musikgeschichtlich, sondern auch diskographisch eine unglaubliche Leistung! //

CHORWERK-EINSPIELUNG DES JAHRES Chorwerke des 18./19. Jahrhunderts Keith Ikaia-Purdy / Staatskapelle Dresden / Chor der Sächsischen Staatsoper Dresden / Sinfoniechor Dresden / Singakademie Dresden, Ltg.: Colin Davis Große Totenmesse (Hector Berlioz), (PH07014 PROFIL - Edition Günter Hänssler)


Andreas Staier: Der Klavierintellektuelle

Kaum ein Pianist und Cembalist macht sich so viele Gedanken über die Musik wie Andreas Staier. Was ist wichtiger: Talent oder Zähigkeit? Andreas Staier: Beides. Der Drang, etwas künstlerisch mitzuteilen, kommt erst viel später, denn in der Kindheit möchte man nur improvisieren und nicht üben. Sie setzen sich für unbekannte Komponisten ein. Wer hat größere Chancen: die Schlachtrösser, oder einer wie Sie? Staier: Das weiß ich gar nicht so genau. Ich höre nur, dass jene, die die Schlachtrösser aufnehmen, so ungemein teuer sind. Die Aufnahme muss sich dann auch zigmal

verkaufen. Natürlich verkauft sich ein Hummel viel weniger, ich bekomme sehr gute Kritiken aus der Fachpresse, vielleicht bin ich deshalb noch da. Können Sie als Originalklangexperte Ihre Interpretation erklären? Staier: Mein Temperament kann ich nur schwer von außen betrachten. Vieles hat mit Satzlehre zu tun. Musik ist Klangrede, sie funktioniert nach den Gesetzen einer Sprache. Es gibt Punkte, Kommas, Ausrufezeichen, Fragezeichen. //

Foto: Eric Manas

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 17./18. Jahrhunderts – gemischtes Ensemble Andreas Staier, Daniel Sepec, Jean-Guihen Queyras Geister-Trio / Piano Trios (L. van Beethoven, J. N. Hummel) (harmonia mundi 901955)


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Wehmütig schön und magisch Foto: Uwe Arens

Was für ein Klang! Die Gambistin Hille Perl.

Klänge von wehmütiger, dunkler Schönheit schwingen durch den Raum, wenn Hille Perl ihre schönen Finger geschmeidig über die sieben Saiten ihrer Gambe gleiten lässt. „Wahre Nervenkunst“ nennt das die FAZ. Die Künstlerin aus Bremen findet gar, die Gambe passe am besten zu ihrem Charakter. Dabei haben Gambisten entschieden, Außenseiter zu sein. Die Blütezeit der Gambe war zwischen dem 1. und 1. Jahrhundert, um 1 wurde das Instrument in den Orchestern durch das lautere Cello verdrängt. „Was ist denn das für eine Ar-

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 17./18. Jahrhunderts – Streicher Hille Perl Les Voix Humaines (M. Marais), Lee Santana (deutsche harmonia mundi 88697071622)

beitsbeschaffungsmaßnahme? “, mäkelt es aus den Orchesterreihen, wenn ein Dirigent einen Gambisten holt, um die originale Klangvorstellung zu rekonstruieren. Hille Perl: „Gambisten müssen freiberuflich ausgefallene Konzertprogramme organisieren und verkaufen.“ Glücksfälle sind Kinofilme wie „Tous les matins du monde“ von Alain Corneau (11), in dem Gérard Depardieu die Rolle des Komponisten und Gambisten Marin Marais übernahm. Seitdem lässt Marais sie und ihren Mann und Duopartner, Lee Santana, nicht mehr los.//


Albrecht Mayer: Der Meister

Kein Wunder: Vom „erotischen Urknall“ ist in Kritiken über Mayers Interpretationen die Rede, von „räkeligem Jauchzen und sinnlichem Singen“. Oft wird ihm nach Konzerten gesagt, er habe mit seiner Oboe wie ein Sänger geklungen. Das dürfte ihn in seine Kindheit nach Bamberg zurückführen, wo er 1 geboren wurde, und als kleiner Knirps bereits im Bamberger Kirchenchor sang. 1 schaffte er den Einstieg in die Profi-Szene, als er als SoloOboist der Bamberger Symphoniker engagiert wurde. Zwei Jahre später, 1, kam das Angebot der Berliner Philharmoniker. Eine blitzartige Karriere, der ein ebenso ruheloses Leben folgte. Vielleicht weil er ahnt, dass Oboisten-

MUSIK-DVD-PRODUKTION DES JAHRES Konzert / Dokumentation Albrecht Mayer New Seasons (Georg Friedrich Händel) (Deutsche Grammophon DG 076 2714)

Karrieren traditionell kurz sind, wie die von Tenören. Mayer möchte das große Publikum gewinnen, glänzt mit warmem Lounge-Sound sowohl in der Philharmonie als auch in den angesagtesten Clubs Berlins – und dies mit klassischer Musik. Je mehr Menschen er erreicht, umso besser. Er kann sich für Rap und HipHop begeistern, und er konzertiert regelmäßig mit dem Punk-Geiger Nigel Kennedy und dem Jazz-Liebhaber Thomas Quasthoff. „Gibts nicht“ ist ein Satz, den er nicht hören mag. Besonders wenn es um Repertoire geht. Stattdessen folgt ein Scherz: „Hätte ich früher gelebt, gäbe es ein Oboenkonzert von Gustav Mahler. Ich hätte zwanzig Jahre lang seinen Garten geharkt.“ Ja, vielleicht hätte Mayer es

Foto: DECCA / Jason Bell

Von Albrecht Mayer heißt es, er habe die Oboe erstmals zu einem populären Instrument gemacht und ihr ein „herb-zeitgeistiges Image“ verpasst, als dass sie nicht mehr als „Klischee des akademischen Kammermusik-Prügels“ und Außenseiter-Instrument „um so unversöhnlicher quäkt“ (Die Welt). Wie auch immer, die Menschen sind begeistert von seiner Kunst und Albrecht Mayer darf sich freuen – nicht nur über die Fan- und Liebespost, mit der viele Oboisten – wie man immer hört – zugeschüttet werden. Nur die Flötisten kriegen mehr.


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des Kammermusik-Prügels

ALBRECHT MAYER Venedig fest im Blick und neues Repertoire im Gepäck. Auf seiner neuen CD spielt Mayer die schönsten venezianischen Arien.

tatsächlich geschafft, den gestrengen Mahler, oder wen auch immer, dazu zu bringen und die Oboe schon früher von ihrem StiefkindDasein zu befreien und von dem Ruf: zu ungesund und zu anstrengend für schmalbrüstige Musikschüler. So greift er auf Bearbeitungen bekannter Stücke zurück. „Mozarts Spuren“ etwa hielt sich monatelang in der Klassikhitparade. „New Seasons“ bekommt den ECHO Klassik. //


Sabine Meyer: First Lady der Klarinette

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 20./21. Jahrhunderts – Bläser Sabine Meyer, Oleg Maisenberg Französische Klarinettensonaten (EMI Classics 3797872)

SABINE MEYER Lady am Pool: Die Pferdenärrin, die mit ihrer Familie auf dem Land lebt, kann auch anders.

nannte. Bewundert wird sie für das technische Wunderwerk ihrer geradezu maschinenhaften Geläufigkeit. Respektiert wird sie für ihr Streben, dem Klarinetten-Repertoire vergessene und neue Werke zu erschließen. Ein französisches Duoalbum beschert der mehrfachen ECHO-Preisträgerin nun eine weitere Auszeichnung: Raffinierte Pariser Salonkultur, polyglott parlierend, an ihrer Seite: Oleg Maisenberg. //

Foto: Thomas Rabsch / EMI Classics

Von Sabine Meyer heißt es, sie habe seinerzeit ohne es zu wollen eine Revolution entfacht, als sich  Männer um sie stritten: Es ging um Herbert von Karajan, der sie im Orchester haben wollte, es ging um die Berliner Philharmoniker, die keine Frau in ihren Reihen haben wollten. Es ging um Ehre, um Macht und um lukrative Plattenverträge. Das war . Doch Sabine Meyer ist immer noch da: Vom unbescholtenen Landei aus dem schwäbischen Crailsheim hat sie es zur „First Lady der Klarinette“ gebracht. Was für eine Karriere! Respekt. Und der Beleg, dass Talent gekoppelt an Beharrlichkeit siegt. Geliebt wird sie wegen ihres sehnsüchtig „ziehenden“ Klarinettenklangs, der für das Lebensgefühl des Romantikers steht und den Novalis „Heimweh“


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David Fray: Der junge Glenn?

Sopran Surround Harteros & Luisi

Foto: Sascha Gusov / Virgin Classics

zwei Jahrhunderten schlagen kann.“ Man darf gespannt sein, was der 11 in Frankreich geborene David Fray noch der Musikwelt offenbaren wird. //

SOLISTISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 20./21. Jahrhunderts David Fray Klavierwerke (Johann Sebastian Bach, Pierre Boulez) (Virgin Classics 3857872)

Foto: Marco Borggreve for Sony BMG Masterworks

Ein wunderschöner junger Mann, sein Kopf so nahe an der Klaviatur, als wolle er förmlich in die Tasten hineinkriechen. Assoziationen zu Glenn Gould kommen auf, wenn David Fray sich an sein Instrument setzt, und nicht nur wegen Frays Haltung. Fray widmet sich auf seiner CD neben Boulez vor allen Dingen der Musik Bachs und die Kritik jubelt: „Klangbildhauerei auf allerhöchstem Niveau“, „sinnlich und transparent“ urteilte „Fono Forum“. Und der „Rheinische Merkur“ schrieb: „David Fray … demonstriert auf seinem Debütalbum, wie Eleganz, Einfallsreichtum und Improvisationstalent eine tragfähige Brücke von mehr als

Schwarze wirbelnde Lockenpracht, leuchtender Blick, offenes Lachen, alles an Anja Harteros sprüht. Den griechischen Vorfahren sei Dank. Ihr Sopran, der mal warm, mal samtig, aber durchaus auch neurotisch schrill klingen kann, ihre Vielseitigkeit und Bühnenpräsenz begeistern, man kann sich ihr nicht entziehen. Mittlerweile auf der ganzen Welt. Für die Aufnahme der „Vier letzten Lieder“ und der „Alpensinfonie“ vergibt die Jury den ECHO für die Surround-Einspielung des Jahres an die Staatskapelle Dresden unter ihrem GMD Fabio Luisi und Anja Harteros. //

SURROUND-EINSPIELUNG DES JAHRES Anja Harteros, Staatskapelle Dresden, Ltg.: Fabio Luisi Eine Alpensinfonie op.64 / Vier letzte Lieder (Richard Strauss) (Sony Classical 88697141972)


Fauré Quartett „Wer das Fauré Quartett hört, möchte es wieder hören.“ Ein solches Kompliment hört man gern, meint der Pianist des Quartetts, Dirk Mommertz, besonders wenn es aus einem solch berufenen Munde wie dem der Kollegin Martha Argerich kommt. ren Land kommt. Bei Brahms hat jeder sein eigenes Brahmsbild, wir sind ja alle Deutsche. Übrigens: „Fauré Quartett“ klingt doch schöner als „Brahms Quartett“? Zu Brahms’ Klavierquartett c-Moll op., auch „Selbstmordquartett“ genannt, haben Sie eine ganz besondere Beziehung ? Mommertz: Ja. Es ist das erste Stück, das wir überhaupt ausprobiert haben und es begleitet unser ganzes Quartettleben. Mit ihm haben wir uns kennen gelernt und sind auch zusammengewachsen. //

Foto: KASSKARA / DG

Warum lieben Sie Brahms, Herr Mommertz? Dirk Mommertz: Ich liebe Brahms sehr. Warum kann ich nicht genau erklären, das kann man nie, wenn man etwas liebt, oder? Ich liebe den Klang, die Melodien, die Dichte der musikalischen Sprache, die große „Architektur“ seiner Werke, seine zweite Symphonie.... Ihr Quartett aber fand 1 zusammen, anlässlich des 1. Geburtstages von Gabriel Fauré. Mommertz: Warum nicht? Mit Fauré können wir unbefangener sein, weil er aus einem ande-

KAMMERMUSIK-EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 19. Jahrhunderts Fauré Quartett Klavierquartett 1 op.25 & 3 op.60 (Johannes Brahms) (Deutsche Grammophon DG 476 6323)


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Für den Komponisten Max Reger war Johann Sebastian Bach „Anfang und Ende aller Musik“. Für Murray Perahia bedeutet er noch sehr viel mehr.

Der feinsinnige Pianist

Foto: Sony BMG

Immer wieder müssen Sie Ihre Karriere unterbrechen wegen einer Verletzung am Daumen. Muss man als Künstler eine Krise durchstehen, um sich weiter zu entwickeln? Murray Perahia: In meinem Fall traf es zu, doch manche Menschen können sich auch ohne Krise weiterentwickeln. Jeder Mensch ist da anders. Bekannte sagen mir, mein Spiel sei seit dieser Zeit tiefer geworden. Ich weiß es nicht, aber vielleicht stimmt es ja. Das Leiden lehrt einen vieles. Die Musik Bachs tröstete Sie in dieser schweren Zeit. Perahia: Ja. Die Musik Bachs ist so emotional und so existenziell; alle Affekte des Menschen werden ausgedrückt. Zugleich gibt sie Kraft und Ruhe, denn sie ist göttlich im Verhältnis zu einem. Man weiß bei der Musik Bachs, dass da etwas sehr viel Höheres und Wichtigeres ist als das eigene Schicksal und dann kämpft man nicht mehr. Das ist ein wunderbarer Zustand.

SOLISTISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 17./18. Jahrhunderts Murray Perahia Partitas 2, 3, 4 (Johann Sebastian Bach) (Sony Classical 88697226952)

Welches war Ihr erstes Bacherlebnis? Perahia: Mit zwölf erlebte ich in New York die „Matthäus-Passion“. Casals dirigierte und Ernst Haefliger sang den Evangelisten. Dies veränderte mein Leben. Seitdem wollte ich nur Bach hören, besonders die vokale Musik liebe ich sehr. //


Der junge Wilde

MARTIN STADTFELD Von der Provinz auf die Bretter, die die Welt bedeuten.

SOLISTISCHE EINSPIELUNG DES JAHRES Musik des 19. Jahrhunderts Martin Stadtfeld Klaviersonaten (Franz Schubert) (Sony Classical 88697135902)

Sie werden als „Junger Wilder“ gehandelt. Martin Stadtfeld: Na ja, so heißt die Reihe im Konzerthaus Dortmund. So wild bin ich nicht. Man geht in die Schulen und versucht Kinder und junge Menschen in eine Sache einzubeziehen, die man selber für etwas Lebensnotwendiges hält. Ich hatte das Privileg, ganz mit Musik aufzuwachsen. Seit meinem siebten Lebensjahr habe ich mich als Konzertpianist gesehen, habe dies sogar ins Schulheft geschrieben. Zu Ihrer aktuellen Einspielung des „Wohltemperierten Klaviers“ erscheint eine begleitende CD, auf der sie mit Kindern über das Werk sprechen. Stadtfeld: Es ist ein Werk von solcher Tiefe und Schönheit. Ich möchte mit Kindern Antworten finden auf Fragen wie: Warum ist „Das Wohltemperierte Klavier“ eigentlich „wohltemperiert“? Darf der Pianist keine kalten Finger bekommen? Was war Bach für ein Mensch? Welche Instrumente mochte er? Das interessiert übrigens auch viele Erwachsene. //

Foto: Andreas Zierhut

Von manchen wird er als Popstar gefeiert, doch eigentlich ist ihm das unangenehm. Er möchte mit seinem Spiel die Menschen berühren. Nur dann ist er glücklich. Zum vierten Mal bekommt Martin Stadtfeld den ECHO Klassik.


Foto: KASS KARA / DG

Von Fred Astaire und Ginger Rogers hieß es einst: „Er verlieh ihr Klasse, sie verlieh ihm Sex“. Auf Anna Netrebko und Rolando Villazón übertragen könnte man meinen: Er glüht, sie sorgt mit warmem kontrolliertem Gesang – fast mütterlich – dafür , dass er in seiner Leidenschaft nicht verglüht.Denn Villazóns Intensität, seine künstlerische Unbedingtheit ist fast beängstigend und doch hat man sich seit Jahren nach so einem Künstler gesehnt, nach einem, der sich verzehrt, dem es auf der Bühne immer um Leben oder Tod geht. Und Anna Netrebko zieht mit. Selbst wenn sie nicht im realen Leben „das Traumpaar“ sind, so steht doch eines fest: die beiden mögen sich wirklich. Und auf der Bühne ist es immer gut, wenn zwei miteinander können. Das gibt dem ganzen mehr Drive, mehr Spannung, man beginnt zu fiebern. In „Duets“ singen sie beide um die Wette. Diese CD ist ein polyglottes Vergnügen, mit acht Stücken in vier Sprachen. Die Staatskapelle Dresden begleitet unter der Leitung von Nicola Luisotti. //

BESTSELLER DES JAHRES Anna Netrebko und Rolando Villazón Duets (Deutsche Grammophon DG 477 6456)

68 | 69 ECHO 2008

Bestseller: Anna Netrebko und Rolando Villazón


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70 | 71 ECHO 2008

Helmuth Rilling: Der Dirigent mit Credo

Februar : Stille – in der Dresdner Frauenkirche als der letzte Ton von Sofia Gubaidulinas „Passion und Auferstehung Jesu Christi nach Johannes“ unter Helmuth Rilling verklang. Für die russische Komponistin Sofia Gubaidulina ein sehr erhebender Moment. Noch 1 war die damals in Moskau lebende Komponistin ob ihres eigenwilligen Kompositionsstils scharf kritisiert worden. Doch schon damals sprach ihr der Vorsitzende der Prüfungskomission – es war kein Geringerer als Dmitri Schostakowitsch – Mut zu und wünschte ihr, sie möge „auf ihrem falschen Weg

Foto: A. T. Schaefer

Zutiefst gläubig und beseelt, um „Vergegenwärtigung und nicht Rekonstruktion eines Werkes“ bemüht. Das ist Helmuth Rillings musikalisches Credo. Und nicht nur bei Bach.

weiterkomponieren“. Ende der neunziger Jahre bat Helmuth Rilling sie, die Leidensgeschichte Christi im Rahmen seines Projekts Passion  zu vertonen. „In meiner Musik“, sagt die fest im russisch-orthodoxen Glauben verwurzelte Sofia Gubaidulina, „entsteht eine Art ‚Responsorium‘“, ein musikalischer Wechsel von Frage und Antwort. Antwort gebe es nur eine: „Das Jüngste Gericht“. Als spräche sie aus Helmuth Rillings Seele. //

WELT-ERSTEINSPIELUNG DES JAHRES Gächinger Kantorei / Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Ltg.: Helmuth Rilling Johannes-Passion und Johannes-Ostern (Sofia Gubaidulina) (hänssler CLASSIC 98.289 2-CD)


Das Kaufhaus der Sinne

Wer durch die Glastüre von LUDWIG BECK tritt, will mehr als nur ein Designerstück, ein Accessoire, einen besonderen Wein oder eine CD seines Lieblingssängers kaufen. Er sucht Atmosphäre.

Und die findet er – auf jeder Ebene. Besonders auf der fünften Etage: auf 1 qm großzügig angelegt, befindet sich hier nämlich die neue Musik-Abteilung von LUDWIG BECK . Hier kann man Musik pur erleben. Am 1. Mai  wurde sie feierlich eröffnet. Übersichtlich strukturiert in dunklem Holz, mit edlen Messingfronten, innovativem Lichtkonzept sowie kleinen Lounges für den Hörgenuss, schafft sie Platz für über 1. verschiedene Tonträger, die größte Klassikund Jazz-Auswahl weltweit. Das DVD -Sortiment und die Hörbuchabteilung wurden erweitert, in der Weltmusik findet man Klänge aller Art – von mongolischem Obertongesang über äthiopischen Jazz bis hin zu osteuropäischen Brass-Bands oder Tuareg-Blues. Anderswo geht’s „Schräg & G’schrammelt“ zu, mit bairischer Volks-und Stubenmusik oder herzhaftem Kabarett. Neben einem feinen Schallplatten-Antiquariat für Jazz-Sounds findet sich auch ein gut sortierter Bereich „Adult-

SONDERPREIS LUDWIG BECK München für die Schaffung einer herausragenden und modernen Präsentation der Klassik in der neuen Abteilung für Klassik, Jazz und Worldmusik des Kaufhauses.


72 | 73 ECHO 2008

120.000 verschiedene Tonträger verteilt auf 1000 qm. Ob Klein, ob Groß, ob Klassik, Pop oder Jazz, für jeden Geschmack ist etwas da. Nicht fündig werden, gibt es nicht! Pop“ für anspruchsvolle Pop-Fans. Eine neue Kinderecke lockt mit allem, was das Kinderherz begehrt wie CDs, DVDs und Hörspiele. Unweit davon die neue Ticketbox der „Süddeutschen Zeitung“.  Mitarbeiter betreuen die Etage, viele davon sind ausgebildete Musiker. Zudem setzt LUDWIG BECK seine Tradition als guter Gastgeber fort. Kein Star der Musikbranche – ob Cecilia Bartoli, Anna Netrebko, Zubin Mehta oder Lang Lang – lässt es sich bei seinem Aufenthalt in München nehmen, zu einer Signierstunde vorbeizuschauen oder seine neuen Veröffentlichungen vorzustellen, bei LUDWIG BECK . //

VOM MÜNCHNER MARIENPLATZ ist es nicht wegzudenken, das Kaufhaus LUDWIG BECK, auch „Kauf-

haus der Sinne“ genannt. Seit fast 150 Jahren steht es da, neuerdings mit beeindruckender Musikabteilung.


Der Kaiser der Musikkritik

Von Wilhelm Raabe stammt das Wort, das deutsche Genie komme zu Dreivierteln aus der Provinz. Provinzieller kann eine Herkunft nicht sein, als wenn man wie Joachim Kaiser im masurischen Milken an der Memel das Licht der Welt erblickt, wenngleich er es 1 als Kind eines Arztes tat, der lieber Geiger geworden wäre. 1 zog die Familie ins nahe Tilsit, rund hundert Kilometer von Königsberg entfernt. In Göttingen lernte der junge Student Theodor Adorno kennen und folgte ihm nach Frankfurt. 1 legte er in Tübingen seine Dissertation über Grillparzer vor. Seit 1 arbeitet er als Musikkritiker für die „Süddeutsche Zeitung“. In jahrzehntelanger Arbeit baute er sich mit seinen Kritiken, derentwegen sich Marcel Reich-Ranicki jeden Morgen die „Süddeutsche“ kauft, ein Vertrauenskapital auf.

SONDERPREIS Joachim Kaiser für seine besonderen Verdienste um die Verbreitung und Popularisierung der klassischen Musik.

Foto: Stefan Moses

Leidenschaftliches Interessieren war ihm stets wichtiger als Kritisieren

„Das Publikum braucht einen, auf dessen Urteil und Geschmack es vertrauen kann.“ Das Interessieren für das Kunstwerk war ihm stets wichtiger als das Kritisieren. „Es macht mir vielmehr Spaß, den Menschen zu sagen: ,Hört euch dieses Quintett von Mozart an oder diese Sonate von Brahms.’“ Nie war sein Stil dabei herablassend oder originalitätssüchtig. Fachjargon trat nur auf, wenn nötig. Wie kaum ein anderer Musikkritiker beherzigte er Schopenhauers Warnung: „Und doch ist nichts leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht.“ Am 1. Dezember  wird Joachim Kaiser  Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch! //


Die Deutsche Phono-Akademie – das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie e. V. – gratuliert allen Preisträgern und dankt allen Partnern und Unterstützern des ECHO Klassik 2008: PA RT N E R :

F ÖR D E R E R :

ME D I E N PA RT N E R :

GE S C H Ä F T S PA RT N E R :

www.echo-der-musikpreis.de


Klassik zum Verlieben. Wir gratulieren den Gewinnern des „ECHO Klassik 2008“.

Echo der Stars

19. Okt 22.00 Uhr


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