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B47837 Jahrgang 13 – 04/2010

Juni / Juli 2010 www.crescendo.de

Schwerpunkt

BILDER DER MUSIK Christoph Schlingensief Sir Peter Jonas Andris Nelsons & Christian Zacharias Rückblick Das bunte Leben des Friedrich Gulda Neue Serie Auf eine CD mit Joachim Kaiser

2010: Ein Jahr für Gustav Mahler Sein Leben und Wirken in Österreich

MADAME PETIBON „Als Sängerin bin ich nackt“

Mit Beihefter CLASS aktuell


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WERKE VON

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WERKE VON

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JONAS KAUFMANN MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER DIRIGENT: MICHAEL GÜTTLER

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www.crescendo.de 04 2010 | 3 inhalt INHALT

EDITORIAL

04

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Bild Dir Deine Meinung

AUTOREN

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Hinter den Kulissen von crescendo

NEWS

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Christoph Schlingensief im Interview

SIR PETER JONAS | 10 ANDRIS NELSONS

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Ein Porträt des jungen Superstars

SIR PETER JONAS

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10

TITEL: PATRICIA PETIBON

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CHRISTIAN ZACHARIAS

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Ein Interview mit dem Leiter des Lausanner Kammerorchesters

KOLUMNE

16

20

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Pascal Morché über die Macht der Inszenierung Foto: zeegaro

Der ehemalige Intendant der Bayerischen Staatsoper über Inszenierungen, Wanderungen und sein Leben in der Schweiz.

GUSTAV MAHLER

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22 / 40

Zum 150. Geburtstag rezensieren wir die wichtigsten Mahler-Alben und blicken auf seine ersten Konzerte zurück.

REZENSIONEN

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22

Attila Csampai testet die besten MahlerAlben & die Redaktion die neuen CDs und DVDs des Sommers 2010.

PORTRÄT | 29 Ein Besuch bei Christian Larcher in den Bergen Österreichs

ABU DHABI

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30

NACHWUCHS

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34

Der Audi Jugendchorakademie darf diesen Sommer mit Kent Nagano auftreten.

FRIEDRICH GULDA

|

36

GUSTAV MAHLER

40

Foto: zeegaro

Ein Interview mit Friedrichs Sohn Paul und Lebensgefährtin Ursula Anders

PETIBON

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16

Die „Lulu“ von Salzburg im entspannten crescendo-Interview.

Foto: Martin Pfeiffer

ABU DHABI

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30

crescendo-Autor Jens F. Laurson flog in den Nahen Osten.

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Rückblick zum 150. Geburtstag, 1. Teil

RICHARD-STRAUSS-FESTIVAL

KISSINGER SOMMER

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Der 25. Geburtstag des Klassikfestivals

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

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LIETO FINE / IMPRESSUM Exklusiv für Abonnenten: Hören Sie die Musik zu unseren Texten auf der crescendo premium-CD. Infos auf Seite 39.

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Das Musikereignis von Garmisch-Partenkirchen

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50

Auf eine CD mit Joachim Kaiser. Das Thema diesmal: Robert Schumann.

Fotos Titel: Felix Broede / DG (Patricia Petibon); Rupert Larl (Richard-Strauss-Festival); Felix Broede (KISSINGER SOMMER); Österreichisches Theatermuseum (Gustav Mahler)

42


editorial 4 | www.crescendo.de 04 2010

Liebe Leser, dieser Tage feiert einer der ältesten Bilder-Lieferanten der Republik 60. Geburtstag: Die ARD. Herzliche Gratulation von meiner Seite. Aber nicht alle gratulieren: Mit Hilfe seiner BILD-Zeitung drischt der Axel Springer Verlag dieser Tage aus relativ plump kaschierten Lobbyinteressen auf „das Erste“ ein und verliert dabei völlig aus den Augen, was wir an ihr haben. Denn: Ich mag das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Obwohl es manchmal wirklich schwerfällt. Zum Beispiel bei den reichlich bemühten Versuchen, das Privatfernsehen zu imitieren, um jugendliche Zuschauer zurückzugewinnen und „Quote zu machen“. Allein schon der Name „Landesrundfunkanstalt“. Während andere Staatsbetriebe wie Post, Telekom und Bahn bereits in der Neuzeit angekommen sind, bürokratisieren die Anstalten weiter vor sich hin. Da muss man ran. Das ist klar. Der selbst auferlegte Quotendruck muss weg. Die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Medien ist letztlich einfach: Das machen, was privatwirtschaftlich nicht �nanzierbar wäre. Zum Beispiel Arnold Schönbergs Gurrelieder aufführen. Dafür braucht man eine gewaltige Orchesterbesetzung. Dazu drei Chöre und das Ganze in höchster Qualität. Das ist bestimmt nur als echte Gemeinschaftsleistung von zwei, drei Rundfunkanstalten mit Ihren Klangkörpern zu stemmen. Und dafür zahle ich gerne meine Rundfunkgebühr. Sinnvollerweise sollte es ein derart außerordentliches Werk in dieser außerordentlichen Besetzung auch auf CD zu kaufen geben. Wär doch sonst wirklich schade um den ganzen Aufwand. So wie es der Bayerische Rundfunk mit „BR Klassik“ bereits macht: Das hauseigene Label bringt handverlesene Einspielungen in kompromissloser Qualität, wie sie selbst die großen Platten�rmen nicht mehr zustande bringen. Für diese Qualität bezahle ich gern, heute und in Zukunft. Denn Einzigartiges ist durch nichts zu ersetzen, weder in Ton noch in Bild. Apropos Bild: Wieviel Bild braucht denn nun der gute Ton? Das ist das Schwerpunktthema dieser Ausgabe, die vor allem auch den Festspielsommer thematisiert. Vielleicht sitzen Sie ja gerade in Salzburg oder in Bayreuth und �ebern dem Festspielabend entgegen. Die Erwartungen sind hoch. Oder – wie es unser geschätzter Kolumnist Pascal Morché ausdrückt: „Das Auge hört mit.“ Bayreuth eröffnet in diesem Jahr übrigens mit der Lohengrin-Premiere in der Inszenierung von Walter Neuenfels. Auf geteilte Meinungen, viel Buhs und Bravos können wir uns bei ihm in jedem Fall einstellen. Und am Pult steht der erst 31-jährige Andris Nelsons, der uns im crescendo-Gespräch auf den Seiten 14 und 15 lachend verriet: „Eins ist sicher: es wird kein Schwan auf der Bühne sein. Wagner war sehr jung, als er Lohengrin komponierte, ich bin sehr jung – da bin ich froh, dass Neuenfels als old guy dabei ist.“ Karten gibt es natürlich keine mehr, aber voraussichtlich wieder ein Public Viewing und eine Übertragung im Internet.

Foto: Paul Schmitt

Betreff: Bild Dir Deine Meinung! In Salzburg dagegen bin ich gespannt auf Patricia Petibon als „Lulu“. Wir haben die FranWinfried Hanuschik, Herausgeber zösin schon mal vorab für Sie getroffen (Seite 16) und sie sagt: „Diese Rolle zu singen gleicht ... einer Ausgrabung der eigenen Weiblichkeit.“ Man darf sehr gespannt sein. Ebenfalls ein wunderbarer Gesprächspartner zum Thema Bilder der Musik war Sir Peter Jonas. Er verriet uns, dass er keine Lust habe, in Salzburg „im Smoking zu schwitzen“, wenn er die gleiche Inszenierung im Winter in Basel sehen kann. Ha! Da ist was dran, Sir Peter. Beim Frühstück verriet uns der ehemalige Intendant der Bayerischen Staatsoper, der mit seinen bunten Britpop-Inszenierungen für Aufregung sorgte, zudem weise: „Ich merke gerade, dass ich mit Mitte 60 wieder zurück zu kleineren Formen �nde, zu Kammermusik, Streichquartetten, Klaviersonaten.“ Das ganze Interview lesen Sie auf den Seiten 10 bis 13. Solch entschleunigende Worte darf man von „Bild-Ton-Bild“-Experte Christoph Schlingensief natürlich nicht erwarten. Der Nimmermüde erzählte uns ganz aktuell (deshalb auf den News-Seiten 8 und 9 zu �nden) von seinem Operndorf und seinen bevorstehenden Premieren. Seine Meinung zum Thema Bild und Ton: „Schizophrenie war für meine Arbeit schon immer typisch. Ich muss zwischen der Musik und dem Bild, dem Lustigen und dem Traurigen immer die Chance haben, das Gegenteil zu behaupten.“ An die Eindeutigkeit der Welt glaube er schließlich nicht. Wir wünschen ihm viel Gesundheit und die nötige Kraft, seine spannenden Visionen umzusetzen. Zu guter Letzt möchte ich ganz dringend auf zwei neue Kolumnen hinweisen, die ich mir persönlich immer für dieses Magazin gewünscht hatte: CD-Fetischist Attila Csampai, Redakteur des Bayerischen Rundfunks, wird von dieser Ausgabe an exklsuiv in crescendo eine Liste seiner CD-Favoriten für Sie erstellen (Seite 22). Und unser Autor Tobias Haberl wird von nun an Deutschlands Musikkritiker Nummer 1, Joachim Kaiser, zu Hause besuchen und mit ihm die Welt der klassischen Musik erforschen (Seite 50). In Anlehnung an die (frühere) letzte Seite des geschätzten ZEIT Magazins haben wir – zugegeben – eine schöne Rubrik übernommen. Aus „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt“ wurde „Auf eine CD mit Joachim Kaiser“. Damit verabschieden wir uns in den Festspielsommer und freuen uns auf ein Wiederlesen am 7. September. Herzlichst, Ihr


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19. - 29. August 2010

autoren 6 | www.crescendo.de 04 2010

Hinter der Bühne Bereits zum siebten Mal findet das Kammermusikfestival AlpenKLASSIK in der herrlichen Kurstadt Bad Reichenhall statt. Wie schon in den Jahren zuvor ist auch 2010 das Programm in drei Teile gegliedert:

CARTE BLANCHE À PIERRE-LAURENT AIMARD Do. 19. August | 19:30 Valérie Aimard, Violoncello Tamara Stefanovich, Klavier Pierre-Laurent Aimard, Klavier Kuss-Quartett Bach, Bartók, Dvorˇák Fr. 20. August | 19:30 Valérie Aimard, Violoncello Pierre-Laurent Aimard, Klavier Kuss-Quartett Beethoven, Kurtág, Schubert

Sa. 21. August | 19:30 Valérie Aimard, Violoncello Pierre-Laurent Aimard, Klavier Liszt, Boulez, Ravel, Debussy, Mendelssohn So. 22. August | 19:30 Tamara Stefanovich, Klavier Pierre-Laurent Aimard, Klavier Haydn, Carter, Brahms

ÜBERGÄNGE - LETZTE ROMANTIK Di. 24. August | 19:30 Zemlinsky-Quartett Zemlinsky, Dvorˇák, Suk Mi. 25. August | 19:30 Dénes Várjon, Klavier Bartók, Scriabin, Berg, Wagner, Liszt Do. 26. August | 19:30 Pacifica Quartet Beethoven, Carter Fr. 27. August | 19:30 Emerson String Quartet Dvoˇrák

Programm/Karten: Tourist-Info Bad Reichenhall Wittelsbacherstr. 15 83435 Bad Reichenhall Tel. +49(0)8651 606-151 Fax +49(0)8651 606-133 vorverkauf@bad-reichenhall.de

Sa. 28. August | 19:30 Hedwig Fassbender, Mezzo Florent Boffard, Klavier Brahms, Schoenberg, Mahler So. 29. August | 19:30 Emerson String Quartet Matthew Hunter, Viola Roberta Cooper, Violoncello Webern, Berg, Schoenberg

ATTILA CSAMPAI Attila Csampai, geboren in Budapest, ist ein wahrer Kenner der Klassikszene. Er rezensiert seit 1974 in allen wichtigen Fachmagazinen und hat an vierzig Musikbüchern als Autor und Herausgeber mitgewirkt, darunter Standardwerke wie „Der Opernführer“ oder „Der Konzertführer“. Csampai wird uns etwas mehr Überblick in die Rezensionen geben. Er testet von nun an in jeder Ausgabe die wichtigsten CD´s des Monats. Zu lesen auf Seite 22.

JENS F. LAURSON Laurson, der in den vergangenen Jahren vorwiegend in amerikanischen Medien (Washington Post, u.a.) publizierte, reiste für seine erste crescendo-Reportage nach Abu Dhabi. Was Laurson beim dortigen Klassik Festival erlebte und warum er zu einem schlechten Zeitpunkt ankam, lesen Sie auf Seite 30.

PHILHARMONISCHES Mo. 23. August | 19:30 Bad Reichenhaller Philharmonie Dirigent: Thomas Mandl Klavier: Benjamin Moser Rachmaninow, Bertelsmeier (UA), Janácˇek Sa. 28. August | 11:00 Bad Reichenhaller Philharmonie Dirigent: Thomas Mandl Respighi, Mozart, Villa-Lobos, Kˇrenek, Elgar

Künstlerische Leitung: Klaus Lauer

CHRISTIAN STRAUSS UND PAUL GULDA Zu einem ungewöhnlichen Treffen kam es im Münchner Kaufhaus Ludwig Beck. Christian Strauss, Enkel des Komponisten Richard Strauss, sprach mit Paul Gulda, Sohn des Pianisten Friedrich Gulda, über die neue CD „Friedrich Gulda spielt Richard Strauss“. Auf die Frage, ob Richard Strauss – ähnlich wie Friedrich Gulda – humorvoll gewesen sei, antwortete Enkel Christian knapp: „Ja, ich denke, anfangs schon, später aber nicht mehr.“ Was Paul Gulda über seinen Vater berichtete, lesen Sie in der ausführlichen Geschichte von Ralf Dombrowski auf Seite 36. Foto: Bob Coat

www.alpenklassik.com

www.bad-reichenhall.de


www.crescendo.de 04 2010 | 7 autoren

www.schumann-zwickau.de

SCHUMANN-FEST Zwei neue Kolumnisten, ein Vielschreiber, ein neuer Autor und zwei Nachkommen, die wir bei einer Veranstaltung trafen.

4. bis 12. Juni 2010

JOACHIM KAISER Mit einer Prise Stolz dürfen wir eine neue Rubrik in crescendo verkünden. Von dieser Ausgabe an wird uns Deutschlands KlassikKritiker Nummer eins auf der letzten Seite des Magazins die Welt der klassischen Musik erklären. Unser Autor Tobias Haberl (siehe unten) wird Herrn Kaiser regelmäßig zu Hause besuchen und mit ihm bei einer CD (und einer Tasse Kaffee) in die Tiefen der klassischen Musik eintauchen. Beginnen werden sie anlässlich des 200. Geburtstages mit dem Komponisten Robert Schumann. Seite 50.

MIT

LA GAIA SCIENZA

DANIEL BARENBOIM

MARIE-ELISABETH HECKER KITTY HOFF

HÉLÈNE GRIMAUD

Foto: Bob Coat

U. V. M.

TOBIAS HABERL Der crescendo-Autor und gebürtige Regensburger hat für diese Ausgabe gleich drei Geschichten angeliefert: Haberl traf den ehemaligen Intendanten der Bayerischen Staatsoper, Sir Peter Jonas, die Sopranistin Patricia Petibon und (wie oben angekündigt) Joachim Kaiser jeweils zum Interview. Beeindruckt haben ihn alle drei, aber „die unglaublich positive Art von Sir Peter“ habe ihn am Ende doch am meisten berührt. Seine Interviews: Seite 10, 16 und 50.

IN ZWICKAU


news 8 | www.crescendo.de 04 2010

„Das Leben ist eine schräge Veranstaltung“

Christoph Schlingensief über seine Achterbahn mit dem Krebs, sein Dorf in Burkina Faso und seinen harten Terminplan für den Sommer Schlingensief: Da informieren wir über unser Operndorf. Außerdem jetzt um Ihre Gesundheit? werde ich wohl einen Vortrag halten. Christoph Schlingensief: Es geht immer auf und ab. Das lässt sich crescendo: Hat sich Ihr nächstes Projekt „Via Intolleranza II“, also leider nicht mehr abstellen, weil die Krankheit chronisch ist. Die Ihre Version der „Intolleranza“, aus dem Operndorf entwickelt? letzte Untersuchung war zwar gut, aber psychisch bin ich nicht Schlingensief: Ich hatte eine Anfrage von Adam Fischer, Nonos mehr der Alte. Ich ziehe mich eher zurück, bin nicht mehr so ein „Intolleranza“ in Budapest zu machen. Aber ich fand es uninteGesellschaftstier. ressant, Opernsänger einzusetzen, selbst wenn das schön crescendo: Arbeiten Sie jetzt klingt. Außerdem kann ich anders als früher? mit Nonos sozialem ImpeSchlingensief: Mein Blick tus heute wenig anfangen. auf menschliche Regungen Dann kam mir die Idee: geht mehr in die Tiefe. AuWas wäre, wenn das Leute ßerdem kann ich mich länvortragen, die zwar nicht ger mit Tönen und Sprache singen können, aber selbst beschäftigen, habe das mit Themen wie Landflucht Gefühl, langsamer vorgezu tun haben? Zusätzlich hen zu können. Was mir interessiert es mich als hilft, sind extrem gute Grundlagenforschung, waMitarbeiter. Jeder macht rum unser Verhältnis zum seinen Job und ich kann afrikanischen Kontinent so kommentieren, lernen. gestört ist.  Prozent aller Das Afrika-Projekt zum Bilder und Fotos von Afrika Beispiel steckt zu % in stammen von Weißen. Der den Händen des Archiobjektive Blick auf den Kontekten Francis Keré. tinent und seine sehr untercrescendo: Apropos Afrischiedlichen Länder aber finka-Projekt: Wie weit ist det nicht statt. Ihr Operdorf? crescendo: Es gibt aber beSchlingensief: Alle denstimmt noch ein weiteres Theken, ich habe da schon ma in Ihrer „Via Intolleranza ein Theater und übe. II“-Inszenierung ... Dabei stehen gerade die Schlingensief: Nonos „InSchlingensief in Afrika: „An die Eindeutigkeit der Welt glaube ich nicht.“ Grundfundamente für die tolleranza“ werden Sie nicht Schule und 1 Häuser. Das große Loch fürs Theater ist ausgehoben. hören. Vielmehr geht es um Fragen an Nono und uns, die wir Nächstes Jahr wird das Krankenhaus gebaut. Momentan jedoch ist glauben, etwas kapiert zu haben. Nonos Texte lassen wir übersetdie Einschulung das Wichtigste. Und dass Familien hinziehen, zen und geben sie den Afrikanern zum Lesen. Für die ist das zum damit das Operndorf anfängt, aus sich heraus zu leben. Was wir Teil völlig unverständlicher Blödsinn. Wenn wir sie ihnen erklären, da mal aufführen wollen, steht weit hinten in der Schlange. Das ändert sich das aber – auch weil ich sehr musikalisch vorgehe. Auf Projekt hat sich ein paar Mal geändert und wird das weiter tun. atonaler Musik von Nono, Stockhausen oder Ligeti lasse ich mit crescendo: Haben Sie damit gerechnet? einer Spezialtechnik Afrikanisches laufen, was glänzend funktioSchlingensief: Ich fahre seit 1 nach Afrika, habe da Filme geniert. Außerdem gibt es eine französische Sängerin, zwei Tänzer, dreht, viele Dinge erlebt. Jedes Mal dachte ich, dass ich weiß, was Schauspieler, ein spezielles Bühnenbild und sehr tolles Filmmatemich erwartet. Aber jedes Mal war ich wieder überrascht. Momenrial, was eine musikalische Installation ergibt. tan gibt es noch Steigerungen, weil ich jede Woche etwas lerne. crescendo: Ist das Thema Afrika für Sie mit der „Remdoogo“-Instalcrescendo: Sie haben auf den ersten KunstFestSpielen in den Herrenlation in Hannover, „Via Intolleranza“ und dem Operndorf, das ja häuser Gärten von Hannover eine Installation. Geben Sie dort weiter wächst, ausgeschöpft? auch einen Einblick in diese Arbeit? Schlingensief: Da wäre noch„S.M.A.S.H. – in Hilfe ersticken“, eine

Foto: Michael Bogár

crescendo: Vor zwei Jahren erkrankten Sie an Krebs. Wie steht es


www.crescendo.de 04 2010 | 9 news

Elbdisharmonie

„Ich kann nicht ewig der Regisseur mit Krebsabo bleiben“

www.schlingensief.com Via Intolleranza II: 15.-18.5. Kunstenfestival Brüssel, www.kfda.be 23.-26.5. Kampnagel Hamburg, www.kampnagel.de 24., 26., 27.6. Bayerische Staatsoper München, www.bayerische.staatsoper.de Remdoogo: 4.-26.6. KunstFestSpiele Herrenhausen, kunstfestspiele.hannover.de S.M.A.S.H., 21.-29.8. Ruhrtriennale, www.ruhrtriennale.de ab 29.10. Deutsches Theater Berlin, www.deutschestheater.de Metanoia, ab 3.10., Staatsoper Berlin, www.staatsoper-berlin.org Christoph Schlingensief wird außerdem den deutschen Pavillon auf der Biennale 2011 in Venedig gestalten.

Richtfest am Millionen-Grab: Die Hamburger Elbphilharmonie feiert, die Anwohner staunen.

Foto: Oliver Wurm

Koproduktion der RuhrTriennale mit dem Deutschen Theater Berlin. Dabei geht es um die Fehler, die ich selber mache oder bei der Entwicklungshilfe anderer sehe. Ein hoffentlich lustiger Abend, der von selbstkritischer Bereitschaft geprägt ist. Denn ich bin nicht wirklich ein Gutmensch, weil ich auch in Burkina Faso ein gutes Bett will oder ärztliche Topversorgung mit Tabletten, von denen die in Afrika träumen können. „S.M.A.S.H.“ ist nach „Kirche der Angst“ und „Mea Culpa“ auch der dritte Teil und Untergang meines Krankheits-Projekts. Ich kann ja nicht ewig der Regisseur mit Krebsabo bleiben. crescendo: Und dann folgt „Metanoia“ an der Berliner Staatsoper ... Schlingensief: Eine Uraufführung, die sich darauf bezieht, was Avantgarde bedeutet und in ihrem Wahn übersieht. Neben der Musik von Jens Joneleit gibt es Sequenzen mit Martin Wuttke und Sophie Rois, die Texte von mir und René Pollesch sprechen und spielen. crescendo: Man könnte annehmen, dass Sie jetzt ein durch seinen Krebs geläuterter, eher milder als wilder Christoph Schlingensief sind. Was Sie erzählen, klingt aber nicht so. Schlingensief: Das Leben ist eine so schräge Veranstaltung, eine Anordnung von im Kern gescheiterten Wesen, die das wissen, aber unglaubliche Methoden erlernt haben, um das zu verdrängen oder zu übertünchen. Das noch betrachten zu dürfen, empfinde ich als unglaubliches Glück. Meine Arbeiten werden vielleicht ein bisschen ruhiger oder musikalischer, aber nicht nur leise und bedächtig. crescendo: Ihr Interesse an der Oper hat in Bayreuth angefangen. Jetzt bauen Sie ein Operndorf, inszenieren im Herbst „Metanoia“. Ist Musik Ihr neuer, roter Faden? Schlingensief: Die gehört jetzt fest zu meiner Arbeit. Opern-Angebote habe ich bis 1. Trotzdem bin ich zum Glück weder reiner Film- noch Opernregisseur. Schizophrenie war für meine Arbeit schon immer typisch. Wenn ich nur bei einer Sache wäre, würde ich mich langweilen, käme mein Kopf nicht in Fahrt. Ich muss zwischen der Musik und dem Bild, den Menschen und der Sprache, dem Gesunden und Kranken, dem Lustigen und Traurigen immer die Chance zu haben, auch das Gegenteil zu behaupten. An die Eindeutigkeit der Welt glaube ich nicht. // Das Gespräch führte Antoinette Schmelter de Escobar

Am 28. und 29. Mai 2010 lädt die spektakuläre Elbphilharmonie in Hamburg zum Richtfest. Das NDROrchester spielt, eine Fado-Künstlerin singt. Das Innere des Gebäudes soll erstmals dem breiten Publikum präsentiert werden. Unterdessen streiten die Verantwortlichen noch immer um Elbphilharmonie Hamburg die Kosten: Ursprünglich sollte das Bauwerk 114 Mio. Euro kosten, inzwischen sind es 323 Mio. Die Stadt kämpft mit den Bauherren um eine Einigung sowohl bei der Finanzierung als auch zum endgültigen Eröffnungstermin. //

Hausaufgabe Opernsängerin Lipovsˇek betreut das Salzburger Young Singers Project Marjana Lipovšek aus Slowenien wird 2010 die acht jungen Sänger des 2008 gegründeten Young Singers Project betreuen. Lipovšek, die im Jahr 1978 ihr Operndebut in Wien gab, folgt auf Michael Schade. Einige Talente des Projekts haben es bereits auf die großen Bühnen der Welt geschafft. Das große Marjana Lipovsˇek Highlight der Nachwuchs-Akademie ist das Abschlusskonzert am 26. August im Großen Saal des Mozarteums von Salzburg. Begleitet werden die Sänger vom Salzburger Mozarteumorchester unter der Leitung von Ivor Bolton. //

Kultur, jetzt! Die Münchner Hochschule für Musik und Theater gründet den Studiengang Kultur- und Musikmanagement Sir Peter Jonas, Kent Nagano oder Roland Berger stehen auf der Liste der Dozenten des neuen Kultur- und Musikmanagement-Studiengangs in München. Geleitet wird das neue Institut, das an der Hochschule für Theater und Musik angesiedelt ist, vom jungen Professor Maurice Lausberg und dem erfahrenen Musikwissenschaftler Professor Martin Maria Krüger. Pro Semester sollen 20 Studenten zugelassen werden, die Studiengebühren liegen bei 500 Euro. Anmeldungen bis zum 31. Mai möglich. www.musikhochschule-muenchen.de //


bilder der musik 10 | www.crescendo.de 04 2010

Fotos: zeegaro

Markant mit roten Socken: Sir Peter Jonas erschien zum crescendo-Interview sehr entspannt, um die Dinge dann beim Namen zu nennen.


www.crescendo.de 04 2010 | 11 bilder der musik

„Ich war immer gegen Realismus auf der Bühne“ Der ehemalige Intendant der Bayerischen Staatsoper, Sir Peter Jonas, über lange Fußmärsche, die Vorteile einer Finanzkrise und die Zukunft von Salzburg und Bayreuth. VON TOBI AS H ABERL

crescendo: Sir Peter, es sind schon vier lange Jahre vergangen, seit

ich nur noch, wenn die Vorstellung wirklich grandios ist oder ich Sie die Intendanz der Bayerischen Staatsoper abgegeben haben. mit dem Regisseur oder einem der Sänger befreundet bin. Wie geht es Ihnen? crescendo: Wie kann das sein? Ihr ganzes Leben bestand aus Oper Sir Peter Jonas: Sehr gut. Danke. Ich lebe in der Schweiz am Ufer und klassischer Musik. des Zürichsees. Allerdings auf der armen Seite. Und gerade bin ich Sir Peter: Genau das ist der Grund. Es war einfach zu viel. In Basel von Bologna nach Siena gewandert. gehe ich manchmal in die Oper, die machen wunderbare Sachen, crescendo: Von Bologna nach Siena, klar. Warum gerade da? ab und zu in Zürich, aber es gibt nicht viel, was mich richtig entSir Peter: Das war nur eine Etappe. Insgesamt will ich von Inverness zündet. im Norden Schottlands bis nach Palermo wandern, in vielen kleicrescendo: Was haben Sie für einen Eindruck von der Bayerischen nen Abschnitten. Wandern ist meine große Leidenschaft. Staatsoper seit Ihrem Weggang? crescendo: War es denn schwierig für Sie, von heute auf morgen dem Sir Peter: Ab und zu schaue ich vorbei, weil immer noch Briefe und Opernbetrieb den Rücken zu kehren? Päckchen für mich ankommen, dann spreche ich mit meiner eheSir Peter: Ganz ehrlich: Nein. Ich habe lange vorher angekündigt, maligen Sekretärin. Aber ich bin nicht naiv: Sollte es schlecht laudass ich  aufhören werde. Ich konnte mich darauf vorbefen, wird mir das keiner sagen, läuft es aber richtig glänzend, wird reiten. Wissen Sie, ich hatte mir das auch niemand ehrlich drei wunderbare Posten in drei auf die Nase binden, um mich Sir Peter Jonas wunderschönen Städten, Chinicht zu kränken. cago, London, München. Das Sir Peter Jonas (69) studierte zuerst Englische Literatur, schwenkte dann crescendo: Macht Ihr Nachreicht doch. Viele schaffen den aber auf Oper und Musikgeschichte um. Nach seinem Abschlussjahr an folger Nikolaus Bachler einen Absprung nicht rechtzeitig und der Eastman School of Music in Rochester (New York) begann er 1974 guten Job? sind alt und gebrechlich, wenn in Chicago als Assistent des Generalmusikdirektors Sir Georg Solti. 1984 Sir Peter: Ja, sehr gut, sehr sie in den Ruhestand gehen. Das wurde er zum Generaldirektor der English National Opera ernannt und professionell. Er agiert ein biswollte ich unbedingt vermeiden. von September 1993 bis August 2006 wirkte er als Intendant der Bayeschen anders als ich, vor allem Ich will auch diesen Lebensabrischen Staatsoper in München. Sir Peter Jonas setzte sich energisch für politisch ist er viel härter. Im schnitt bewusst genießen. das Projekt „Oper für alle“ und für Werke zeitgenössischer Komponisten übrigen hilft ihm die Finanzcrescendo: Vermissen Sie Münmit vierzehn Uraufführungen ein. Er lebt am Zürichsee in der Schweiz. krise. chen ein wenig? crescendo: Jetzt machen Sie Sir Peter: Ich bin ja noch regelWitze. mäßig in München, meine Freundin ist Konzertmeisterin an der Sir Peter: Nein, die Landesregierung hat im Moment andere Dinge Oper. zu tun als sich mit dem Budget der Oper zu beschäftigen. Die muss crescendo: Sie sehen also immer noch jede Premiere? sich um die Landesbank und das Chaos mit der Hypo Alpe-Adria Sir Peter: Die meisten ja, das interessiert mich schon, außerdem will kümmern. Gegen diese Summen sind die paar Millionen für die ich meinen Nachfolger Nikolaus Bachler unterstützen. Trotzdem Oper doch ein Klacks. hat das Interesse an der Oper abgenommen. Vor ein paar Jahren crescendo: Wenn Sie weniger in die Oper gehen, müssen Sie andere hätte ich mir das nicht träumen lassen, aber so richtig begeistert bin Sachen machen. Wie verbringen Sie Ihre Tage?


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Sir Peter Jonas beim Interview im Münchner Café Atlas: „Ich bin besessen vom Kino.“

Kino. Ich habe nie viel darüber gesprochen, aber ich bin besessen vom Kino. Meine Mutter war nach ihrer Scheidung mit einem erfolglosen Filmproduzenten zusammen, über ihn habe ich ständig Karten für Vormittagsvorstellungen bekommen. Die Leidenschaft dauert bis heute an, ich versuche jeden Film zu sehen, wenn nicht im Kino, dann wenigstens auf DVD. crescendo: Was haben Sie zuletzt gesehen? Sir Peter: „Edge of Darkness“ gestern Abend, das Remake einer BBC-Serie aus den ern. Heute Abend gehe ich wieder, in „Green Zone“, ein Polit-Action-Thriller. Die zwei herausragenden Filme der letzten Monate sind für mich „Das weiße Band“ von Michael Haneke und „A Serious Man“ von den Coen Brüdern. Ich liebe auch amerikanische Serien, „The Shield“ zum Beispiel oder „The Wire“. In der Schweiz habe ich einen eigenen Fernsehraum, da schaue ich oft fünf oder sechs Folgen hintereinander. crescendo: In der Oper wie im Film geht es auch um unvergessliche Bilder. Trotzdem schauen viele Opernregisseure und Intendanten eher arrogant auf den Film herab. Sir Peter: Das stimmt, es gibt aber auch einige Filmfanatiker. Der Regisseur David Alden zum Beispiel liebt Soap Operas und das merkt man seinen Arbeiten auch an, die sind bunt und lebendig und witzig. Filmleute und Opernmenschen sind ganz anders, trotzdem schließen sich beide Leidenschaften nicht aus. Ich kenne Filmfanatiker, die sind auch Opernfans und interessanterweise lieben sie gerade die traditionellen, historisierenden Inszenierungen. crescendo: Ist der Film die idealere Kunstform, um den Menschen im 1. Jahrhundert Geschichten zu erzählen? Sir Peter: Das ist eine schwierige Frage. Das Kino hat als Kunstform das . Jahrhundert geprägt. Inzwischen hat es selbst ein paar Jahre auf dem Buckel. Wir sind im 1. Jahrhundert, jetzt muss sich zeigen, wohin der Film sich bewegt. Die Oper hat vor allem das 1. und 1. Jahrhundert geprägt, aber auf ganz andere Weise. Man kann

die beiden Kunstformen schwer vergleichen. crescendo: Waren Sie als Opernintendant neidisch auf die Mittel des Films? Sir Peter: Niemals. Theater, Oper, das ist Proszenium-Kunst, live und begrenzt vom Bühnenraum. Wir müssen mit Metaphern arbeiten. Auf der Opernbühne wird der Drache eben gerade nicht getötet, im Film schon, zumindest hat man die Illusion. Ich war immer gegen Realismus auf der Bühne. Die Oper darf nicht den Film kopieren, sie ist eine andere Kunstform und muss dazu stehen. crescendo: Sie haben mal gesagt, dass Ihnen am Ende Ihres Lebens vor allem Klaviertrios und Streichquartette in Erinnerung bleiben werden. Was ist mit den bunten Skandalinszenierungen Ihrer Zeit in München? Sir Peter: Ach wissen Sie, ich habe mich jahrelang so mit Oper und Inszenierungen und Bildern beschäftigt, auch mit bildender Kunst und Malerei, ich merke gerade, dass ich mit Mitte  wieder zurück zu kleineren Formen finde, zu Kammermusik, Streichquartetten, Klaviersonaten. crescendo: Evoziert ein Streichquartett auch Bilder im Kopf? Sir Peter: Nicht unbedingt. Wenn ich ein Streichquartett höre, bin ich mehr mit der Struktur beschäftigt, ich habe ja mal Musikwissenschaften studiert. Wie unterschiedlich man diese Stücke spielen kann, das ist faszinierend. Zurzeit spielen alle Chopin, wegen seines . Geburtstages, aber jeder spielt ihn anders. Am besten finde ich Barenboim, der ist kein mechanischer Virtuose, sondern ein fantastischer Musiker. Unglaublich, wie sich seine Interpretation von Chopin in den letzten  Jahren gewandelt hat. Ich muss da immer an den Filmregisseur Stanley Kubrick denken. Ich habe keine Ahnung, ob er musikalisch war, aber seine Filme sind es, das sind sinfonische Meisterwerke. Auch er hat sich so gewandelt im Laufe seiner Karriere. Vergleichen Sie mal „Spartacus“ mit „Barry Lyndon“, man käme nie auf die Idee, dass beide Filme vom gleichen Regisseur gedreht wurden. Foto: zeegaro

Sir Peter: Ich gehe sehr viel ins


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„Ich sehe keinen Grund, in Salzburg in einem Smoking vor mich hinzuschwitzen, wenn ich die gleiche Inszenierung im Dezember in Basel sehen kann.“

Festival der Nationen 2010 www.festivaldernationen.de

crescendo: Kann es sein, dass in einem Haydn-Streichquartett, an-

ders als in einer Wagner- oder Strauss-Oper, eine Art göttlicher Funke liegt? Sir Peter: Das weiß ich nicht, aber ich weiß, warum es mich so fasziniert: Es ist die Strenge. Im Leben sucht doch jeder Lösungen und Antworten. Und wenn man nur vier Stimmen hat, lässt sich über diese Strenge eine richtige Katharsis erreichen. Bei einem Streichquartett lenkt nichts ab, keine Stimme, keine Inszenierung. Alles ist weggelassen, bis auf das Grundgerüst. Weglassen, darauf kommt es in der Kunst fast immer an. crescendo: Apropos Weglassen: Gerade beginnt wieder die Festspielzeit. Freuen Sie sich auf Salzburg und Bayreuth? Sir Peter: Ach wissen Sie, meine Lieblingsfestspiele sind keine Festspiele. Ich kann das alles nicht mehr leiden. „Komm, Liebling, wir fahren nach Salzburg und gehen ins Hotel.“ Man kann doch immer nach Salzburg fahren, auch im Herbst oder im Winter, und manchmal sieht man dort gute Kunst und manchmal schlechte. Kaffee und Kuchen gibt es immer. crescendo: Aber es geht doch darum, dass auch Menschen, die viel arbeiten, mal Zeit und Raum für die Kunst haben? Sir Peter: Das ist die Grundidee, und die ist auch gut und richtig, aber mittlerweile ist sie zu stark erodiert. Das Ganze ist doch eine Moden- und Politikschau geworden. Ich bin Proletarier, ich mag Kunst das ganze Jahr über und sehe keinen Grund, in Salzburg in einem Smoking vor mich hinzuschwitzen, wenn ich die gleiche Inszenierung im Dezember in Basel sehen kann. crescendo: Haben Sie das früher auch so gesehen? Sir Peter: Da war meine Wahrnehmung ganz anders. Mit 1 habe ich in England studiert und bin per Autostop nach Bayreuth. Wir waren richtige Wagner-Fanatiker, haben im Zelt übernachtet und so lange Karten gekauft und verkauft, bis wir das billigste Ticket hatten. crescendo: Sie haben mal gesagt, Wagner wäre der Erste, der von den Bayreuther Festspielen abreisen würde. Sir Peter: Natürlich. Wagner war ein Ikonoklast und Revolutionär. Alles, was er geschaffen hat, wollte er zerschmettern, damit Neues entstehen konnte. Dieser Schrein Bayreuth, gebaut für immer und ewig, wäre sicher nicht sein Ding gewesen. crescendo: Wie sehen Sie die Zukunft der Festspiele nach dem Tod von Wolfgang Wagner? Sir Peter: Die beiden Mädels brauchen Mut und Unterstützung, Talent haben sie. Außerdem sollen sich die Politiker zurückhalten. Wie sich der Bund einmischt, für eine kleine Summe Geld, das ist fast ein nationaler Skandal. Ich finde, der Empfang mit Westerwelle und Merkel sollte am letzten Abend stattfinden oder in der Mitte der Festpiele, auf jeden Fall nicht am Eröffnungstag. In Bayreuth geht es um Musik und nicht um Politik. //

Stars & Junge Weltelite 24. Sept. bis 2. Okt. 2010 Bad Wörishofen/Allgäu 24.9.10, 19.30 Uhr Italienische Operngala mit Lucia Aliberti 25.9.10, 19.00 Uhr Gala-Konzert mit Nigel Kennedy 25.9.10, 22.00 Uhr Quadro Nuevo „Canzone della Strada“ 26.9.10, 19.00 Uhr Giora Feidman „Der König des Klezmer“ 29.9.10, 20.00 Uhr Friedrich von Thun präsentiert „Novecento“ 1.10.10, 20.00 Uhr Romantische Nacht mit Nikolai Tokarev 2.10.10, 20.00 Uhr Abschlussgala mit Hélène Grimaud


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Nordischer Feuervogel im Anflug auf Bayreuth Der Lette Andris Nelsons (31) will bei den Festspielen das Publikum euphorisieren – wahrscheinlich schafft er das auch. V O N C H R I S TA H A S S E L H O R S T

„Weißt Du, wie das wird?“ – Die berühmte Nornenfrage aus der ‚Götterdämmerung‘ beantwortet Andris Nelsons mit vielsagend grinsendem Schweigen. Klar weiß er es. Aber sagen darf er nichts. Nur soviel: Mittelmaß gibt es mit dem Skandal-Garanten Hans Neuenfels nicht! Wenn sich am . Juli auf dem Grünen Hügel der Vorhang öffnet für die Eröffnungs-Premiere von „Lohengrin“, wird das reizvolle Doppel Neuenfels-Nelsons für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen als Bayreuth ohnehin schon auf sich zieht. Der alte Regie-Hase und notorische Agent Provocateur Neuenfels und der junge Shooting-Star sind beides Debütanten in Bayreuth. Hat Nelsons keine Angst vor dem Bilderstürmer und BühnenBerserker aus Berlin? „Neuenfels ist sooo ein Held! Ich sah seine ‚Fledermaus‘ in Salzburg, oh mein Gott, das war grandios! Eines ist sicher: es wird kein Schwan auf der Bühne sein“, sagt Nelsons und lacht verschmitzt. Und die Musik? Wird sie nicht zu sehr dominiert vom visuellen Geschehen auf der Bühne? „Unser beider Held in dieser Nacht ist Wagner“, versichert Nelsons, „wir sind seine Partner. Wagner wollte keine Illustrationen, sondern Ideen – da erlaubt uns seine Musik, sehr er�nderisch zu sein.“ Obendrein spüre das Publikum sehr genau, ob ein Regisseur nur sein Ego auf die Bühne bringen wolle. „Wagner war sehr jung, als er ‚Lohengrin‘ komponierte, ich bin sehr jung – da bin ich froh, dass Neuenfels als ‚old guy‘ dabei ist“, grinst er. Bayreuth ist der nächste Achttausender des Gipfelstürmers Andris Nelsons. Der 31Jährige Lette wird als eines der vielversprechendsten Talente der jungen Dirigenten-Generation gehandelt. Er ist Europas Antwort auf den glutvolKeine Angst vor Bayreuth: len Südamerikaner Gustavo Dirigent Andris Nelsons. Dudamel. Beileibe kein Kühler

aus dem Norden. Mit Esprit, Temperament, glühender Leidenschaft und sinnlicher Intensität reißt er nicht nur jedes Orchester mit, sondern euphorisiert auch stets das Publikum. Ob letztes Jahr in Salzburg mit Schostakowitsch oder im April beim Debüt mit der Berliner Staatskapelle. Da wurde selbst ein überstrapazierter Repertoire-Klassiker so frisch und neu de�niert, als hörte man ihn zum ersten Mal. Der Strauss’sche Fetzer „Also sprach Zarathustra“ (dessen Beginn auch Nicht-Klassik-Fans durch den Stanley-Kubrik-Film „2001:Odyssee im Weltraum“ im Ohr sitzt) wurde von Nelsons in seiner ganzen Zerrissenheit kongenial, mal derb laut, dann süf�g-schwelgerisch, aber stets präzis, dirigiert. Jubel für Nelsons und die Staatskapelle. Das Orchester war dem längst nicht mehr als Geheimtipp geltenden Letten schon bei der ersten Probe willig gefolgt. Da bezirzte er durch eine Melange aus Profession, geistreichem Charme und Originalität. „Denken Sie bei dieser Stelle an ein wohliges Schaumbad! Mein Leben ist Konzert, Flughafen und Hotel. Dort versinke ich dann in einer warmen Wanne“, sagt er, gestikuliert und zeigt seligstes Grinsen, im


www.crescendo.de 04 2010 | 15 bilder der musik Auch crescendo-Autorin Christa Hasselhorst ist sich sicher: „Dieser Dirigent wird seinen Weg nach oben machen.“

Fotos: Marco Borggreve

Orchester wird gekichert. Er spricht gutes Deutsch – schließlich war er etliche Jahre Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie in Herford – sagt sehr viel „Bitteschön, Dankeschön, könnten wir versuchen …?“ Kein Pult-Tyrann, keine Maestro-Attitüde. In der Pause meint ein junger Bassist: „Bei ihm ist kein Gefälle zwischen Probe und Konzert, beides hat gleich hohes Niveau – das ist nicht immer so!“ Nelsons gesteht später auf die Frage, ob er beim Debüt mit einem neuen Orchester nervös sei: „Immer, vor allem bei den Proben! Die sind das Wichtigste; da wird das Fundament gebaut, da zeigt sich, ob die Chemie stimmt. Später beim Konzert ist das Lampen�eber einfach weg. Stress transformiert sich in pure Freude!“ Diese Freude an der Musik fesselt Orchester und Publikum auf Anhieb. Nelsons Leidenschaft überträgt sich wie ein glutvoller Funke. Ein Feuervogel, ein quecksilbriger Luftgeist Ariel mit Sprüngen à la Lenny Bernstein – und doch ganz präsent. Wie Simon Rattle, dessen Nach-Nachfolger des City of Birmingham Symphony Orchestra er seit 2008 mit viel Fortune ist, übersetzt er ekstatisch grimassierend Freude und Schmerz der Musik. Aber das ist niemals Show, sondern gelebte Emotion. Elegante Bein-Arbeit, federnde Gummi-Knie, die Hände Luft-Pirouetten drehend, erinnert er auch an seinen Mentor Mariss Jansons. „Mein größter Lehrer“, sagt der Lette über seinen Landsmann. Weil Jansons krankheitshalber die Premiere von „Carmen“ an der Wiener Staatsoper absagen musste – dank dem Traum-Paar Netrebko & Garanca seit Monaten ausverkauft – gab Nelsons statt des geplanten Debüts mit der Sächsischen Staatskapelle den Einspringer in Wien. Das Echo: „Nelsons hinterließ mit der Neuausrichtung dieser Oper eine Visitenkarte in Wien, die man schnell wieder hervorkramen sollte“ (Kleine Zeitung). Der steile Höhen�ug Nelsons, Kind aus einer Musikerfamilie in Riga, wo er von 2003 bis 2007 Musikdirektor der Lettischen Nationaloper war, geht weiter. Im Oktober debütiert er bei den Berliner Philharmonikern, dirigiert diese Saison erneut am Royal Opera House Covent Garden London („Madame Butter�y“) und an der New Yorker Met („Pique Dame“). Für seine Einspielungen der „Feuervogel“ Ballettmusik erhielt er überschwängliches Kritiker-Lob, ebenso für die „Rosenkavalier-Suite“. Und wann dirigiert er seinen ersten Rosenkavalier? „Dafür muss mein Deutsch noch besser sein“, sagt er. „Der Text ist wichtig, um die erotische Parodie auf das Leben in der Musik zu verstehen. Ich werde in den nächsten Jahren viel in Wien sein und ich freue mich sehr darauf. Man muss den Charme der Stadt und die spezielle Atmosphäre inhalieren, die im „Rosenkavalier“ so präsent ist.“ Dann erstmal Mozart? „Ich habe Respekt vor Mozart“, gesteht er glaubwürdig, „habe etliche Angebote abgelehnt! Mozart ist so kompliziert, so großartig!“ Da klingt keine falsche Bescheidenheit mit, dafür wirkt Nelsons viel zu locker, authentisch und ungemein sympathisch. Mozart oder nicht – dieser Dirigent wird, wie auch immer Bayreuth ausgehen wird, seinen Weg weiter nach oben machen. // Andris Nelsons neue CD mit Werken von Strawinsky ist vor kurzem bei Orfeo erschienen. Live ist er am 1.7. beim KlavierFestival Ruhr, ab 25.7. in Bayreuth und am 14.8. auf der Berliner Waldbühne zu erleben.

NAXOS

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5 CD-Box CHORWERKE: Requiem, Lukas-Passion, Te Deum, Utrenja Chor und Orchester der Warschauer Philharmoniker Antoni Wit „Eine herausragende Interpretation von zwingender Spannung und fieberhafter Leidenschaft.“ pizzicato

inkl. Interview CD

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5 CD-Box LEOPOLD STOKOWSKI ORCHESTERTRANSKRIPTIONEN: von Bach, Mussorgsky, Wagner u.a. Bournemouth Symphony Orchestra, José Serebrier „Niemand kann Stokowskis Erbe derart glanzvoll präsentieren wie sein einstiger Schüler José Serebrier.“ Tonart

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6 CD-Box, Vol. 2 ARNOLD SCHOENBERG: Gurre-Lieder, Pelleas et Melisande, Pierrot Lunaire, Orchesterieder u.a. Philharmonia Orchestra, Robert Craft „Für seine wegweisende Schoenberg-Einspielungen wurde Robert Craft zweimal mit dem Grand Prix du Disque und dem Edison-Preis ausgezeichnet.“

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„Als Sängerin bin ich nackt“ Die Sopranistin Patricia Petibon wird diesen Sommer die Lulu in Salzburg singen. Wir trafen sie in München und entlockten ihr gleich zwei Geheimnisse. VON TOBI AS H ABERL

crescendo: Sie haben einmal in einem Interview

Foto: zeegaro

Fotos: Felix Broede / DG

gesagt, Singen sei gefährlich. Wie haben Sie das denn gemeint? Patricia Petibon: Naja, nicht lebensgefährlich, aber als Sänger muss man aufpassen. Eine StimDie Französin Patricia Petibon, 40, stammt aus Montargis me ist fragil und sensibel. An einem Tag singt und studierte am Pariser Konservatorium. man ganz herrlich, am nächsten ist man erkältet und singt schrecklich. Wenn ich traurig bin, kann man es in meiner Stimme hören. crescendo: Singen ist also nicht gefährlich, sondern eine Art SeelenBühne, aber nicht mehr so magisch wie früher. Die Stimme reagiert spiegel, der sich nicht austricksen lässt. sofort, wenn einem etwas Schlechtes widerfährt. Petibon: Ehrlich gesagt weiß ich den Kontext nicht mehr, in dem crescendo: Gerade haben Sie ein Album mit Barockarien von Händel, ich das gesagt haben soll. Aber im Leben ist vieles unsicher, man Scarlatti und Porpora aufgenommen, gleichzeitig singen Sie Alban kann nicht jedes Detail planen, alles kann immer auch ganz anders Bergs Lulu, erst in Genf, dann bei den Salzburger Festspielen. Wo kommen. Und die Arbeit an der Stimme kann einem dabei helfen, fühlen Sie sich mehr zu Hause, im 1. Jahrhundert oder in der dass man sich dessen bewusst wird und besser damit umgehen Rolle der Lulu? kann. Meine Stimme ist wie ein Thermometer meiner Seele und Petibon: Die meisten Kritiker denken, ich identifiziere mich vor allem meiner Stimmung, sie hilft mir in vielen Situationen des Lebens. mit dem 1. Jahrhundert, weil ich so häufig französische Barockcrescendo: Können Sie uns ein arien gesungen habe, aber ich fühle mich auch als Lulu sehr wohl. Beispiel nennen? Als Lulu kann man sämtliche Aspekte der Frau erforschen. Diese Petibon: Manchmal denke ich an Rolle zu singen gleicht einer Erforschung, einer Ausgrabung der Maria Callas. In den letzten Jahren eigenen Weiblichkeit. ihrer Karriere verlor sie ihre einzigcrescendo: Das klingt jetzt interessant. Mehr Details, bitte ... artige Stimme, weil sie ihr Leben Petibon: Die Rolle ist eine Reise in Lulus Wesen. Man startet als verlor. Sie war immer noch genial, junge Frau und am Ende ist sie tot. Sie stirbt aber nicht nur, weil vor allem durch ihre Präsenz auf der Jack sie ermordet. Streng genommen ist sie vorher schon tot. Das ist ganz wichtig und als Sängerin kann man die Stimme wie ein Material verwenden, um das auszudrücken. Um auf Ihre vorherige Patricia Petibon im Gespräch mit Frage zurückzukommen: Ich fühle mich dann zu Hause, wenn ich Tobias Haberl im Hotel Palace. meine Stimme wie ein Maler verwenden kann, hier ein bisschen


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Foto: Ralph@larmann.com

dunkler, da ein Tick heller, so kann ich meine GePetibon: Ich bin ganz sicher anders. Aber Lulu ist eine fühle ausdrücken. Mischung aus allen Frauen. Sie ist das weibliche Princrescendo: Sie denken in Bildern? zip schlechthin, das Objekt, eine Projektionsfläche, auf Petibon: Ich bin schon immer sehr fasziniert von der Männer all ihre Fantasien und Sehnsüchte abladen Malerei, ich habe als Kind viel gekönnen. Alle begaffen Lulu, aber keiner malt und viel in Kunstbüchern gesieht sie wirklich. Nein, ich bin nicht blättert. Am Ende habe ich mich für Lulu, aber ich bin eine Frau. Und desdie Musik entschieden. Aber ich liebe halb kann ich sie verstehen. Brian Large, der Grandseigneur der Opern- und noch heute Malerei, gehe oft ins Mucrescendo: Ein Opernabend erschafft Konzert-Aufzeichnungen (über 600 TV- und DVDseum, schwärme für Turner, Munch, große Eindrücke und Bilder, ein LiederMitschnitte stammen von ihm) wird im Sommer Picasso und erkenne erst jetzt, wie abend ist ganz streng und pur. Was geauch die „Lulu“ mit Patricia Petitbon in Salzburg wichtig die Bildende Kunst auch für nießen Sie mehr? filmen. Da stellen sich ein paar Fragen wie von selbst: die Bühne, für das Theater ist. Petibon: Auf der Opernbühne zu stecrescendo: Wie schwierig ist es, von hen, das ist intensive Arbeit für mich. crescendo: Im Sommer arbeiten Sie bei Alban Bergs einem Liederabend auf die OpernDort kann ich experimentieren, die „Lulu“ wieder mit Patricia Petibon. Es könnte Schlimmeres geben, oder? bühne umzuschalten? Opernbühne ist der Ort, an dem ich Large: Allerdings. Ich freue mich, mit ihr arbeiten zu Petibon: Lulu braucht viel Raum. Nach meine Stimme trainieren kann, das ist dürfen, sie verfügt über ein unglaubliches Charisma und meiner ersten Lulu in Genf habe ich wie Sport. Ich bin nicht allein, die andehat große darstellerische Instinkte. vier Wochen lang nichts anderes ren Sänger, das Orchester, die Inszeniecrescendo: Sie scheinen Ihren festen Platz in Salzburg gesungen. Ich habe meinen Agenrung, das Bühnenbild sind ja auch noch zu haben. Fühlen Sie sich schon wie ein Hofberichterten angerufen und ihm gesagt: Bitte da. Und der Liederabend ... ist in gewisser statter? nichts annehmen, ich brauche einen Art das Kind dieser Arbeit, das Ergebnis. Large: Gut, ich wohne ja in Salzburg und freue mich Monat, um mich zu erholen und einEin Recital ist ganz anders, auch schwiedeshalb, jedes Jahr wieder ins Festspielhaus zurückfach nur zu leben. Direkt nach einer rig, vor allem intimer. Als Sängerin bin zukehren. Aber Sie haben schon Recht: Ich fühle mich Lulu kann ich keinen Liederabend ich vollkommen nackt. dort mit meinem Team, das ich seit 1980 kenne, wie zu Hause. geben, da muss man gewisse Grenzen crescendo: Sie waren auch schon mal crescendo: Was macht Ihrer Meinung nach einen gurespektieren. auf der Opernbühne nackt. ten Mitschnitt aus? Auf welche Aufzeichnung sind Sie crescendo: Was ist so erschöpfend an Petibon: Das stimmt, als Olympia in besonders stolz? der Lulu? „Hoffmanns Erzählungen“, der RegisLarge: Grundsätzlich gilt: eine gute Bühnenproduktion Petibon: Die Rolle ist nicht nur lang, seur wollte es so. Aber bei einem Liederergibt auch eine gute Aufzeichnung. Und stolz bin ich sondern auch sehr anstrengend. Die abend bin ich im übertragenen Sinne auf den Mitschnitt des bayreuther Jahrhundertrings eigene Bestialität hervorzukehren, nackt, das kann viel extremer sein. Auvon Boulez/Chereau. Und das Ballett, das ich mir mit das treibt eine Sängerin an ihre Grenßerdem ist der Zuschauerraum bei der größter Freude ansehe, ist „Don Quixote“ mit dem ze. Berg hat da wirklich etwas UngeOper abgedunkelt, bei einem Recital Kirow Ballett aus dem Mariinski Theater. heuerliches geschrieben. Ich merke, nicht. Das heißt, ich sehe die Zuschauer crescendo: Und welches Konzert? wie ich mit jeder Aufführung, jeder in der ersten Reihe, das kann mein Singen Large: Horowitz, ganz klar. Als er im Jahr 1986 nach Moskau zurückgekehrt war. Auch das herausragenProbe meinen Körper besser kennen beeinflussen, die Augen sind wichtig. de Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter lerne. Für die Lulu muss man gut in crescendo: Letztes Jahr haben Sie in Carlos Kleiber im Jahr 1989 werde ich nicht so schnell Form sein, körperlich, aber auch menSalzburg einen inszenierten Liederabend vergessen. tal. Man kann sie nur überzeugend gegeben. Sie haben als Cowgirl verkleicrescendo: Nichts gegen Ihre Arbeit, aber viele Opernsingen und spielen, wenn man die det getanzt und Hundegejaule imitiert. gänger haben angeblich Schwierigkeiten mit TV-AufTür zu sich selbst öffnet und absolut Ist Ihnen bloßes Singen inzwischen zu zeichnungen. Woran liegt das? wahrhaftig ist. Manchmal muss man langweilig? Large: Ganz ehrlich: Ich selbst bin solchen Menschen so schreien, dass die Stimme bricht. Petibon: Überhaupt nicht, aber ich selten begegnet. Ganz im Gegenteil, viele Zuschauer Lulu ist eine gebrochene Frau. wollte es mal ausprobieren und habe sind froh darüber, dass man einer nicht so klaren Interpretation durch gezielte Nahaufnahmen, bei denen crescendo: Nikolaus Harnoncourt meinen Körper dem Rhythmus ausgeman die Gesichter dann deutlich sieht, eine ganz andere wird die „Lulu“ in Salzburg dirigieliefert. Die Zuschauer waren zuerst verDynamik verleihen kann. ren. Warum wollte er unbedingt Sie dutzt, am Ende waren sie begeistert. Ich in der Hauptrolle haben? muss aber nicht jedes Repertoire körPetibon: Er ist jemand, der eine Stimme hört, und sofort erkennt, perlich gestalten. Es kommt aufs Programm an. Wenn ich etwas wozu sie fähig ist. Ich habe unter ihm schon  und  die Trauriges singe, zum Beispiel Schubert, dann tanze ich ganz sicher Giunia in Mozarts „Lucio Silla“ gesungen. Schon damals war ich nicht durch die Gegend. // überrascht, dass er mich in dieser Rolle besetzt hat. Er muss irgendetwas in meiner Stimme gehört haben. Rosso. Patricia Petibons Album mit italienischen Barockarien crescendo: Haben Sie im wahren Leben Gemeinsamkeiten mit Lulu? ist bei der Deutschen Grammophon erschienen.


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„Es macht irrsinnig Spaß, Scarlatti zu spielen“ Wenn es einen uneitlen, dabei absolut gewissenhaft und akribisch arbeitenden Musiker gibt, der ohne aufgesetzte Allüren seinen ureigenen Weg geht, dann kann es sich dabei eigentlich nur um „das Phänomen Christian Zacharias handeln“ – auch, wenn der diese Bezeichnung vermutlich selbst nicht akzeptieren würde. Ein Interview mit dem Pianisten, Dirigenten und Leiter des Lausanner Kammerorchesters. V O N B U R K H A R D S C H Ä F E R

von Chopin kann ich nicht Dirigent, Pianist und Leiter mehr gleichzeitig den Klades Lausanner Kammerorvierpart machen und auf den chesters. Wie schaffen Sie Dirigenten verzichten. Denn dieses Pensum an künstleals Dirigent müssen Sie ja rischer Arbeit? hören und antizipieren, was Christian Zacharias: Solch das Orchester machen wird. eine Situation ist einfach Und dieses Vorahnen muss ein logistisches Problem. der Dirigent dem Orchester Man muss wissen, wie man mittels seines Dirigentendie Aufmerksamkeit für stabes weitergeben. Es ist die verschiedenen Dinge generell für ein Orchester aufteilen muss. Ein wichtiwahnsinnig schwer, so eine ger Aspekt ist zum Beispiel probate Kunst wie ein Chodie Frage: Wann muss ich pin-Konzert zu begleiten, für das Orchester hundertweil die Orchestermusiker prozentig da sein? Und spüren müssen, wie der Piadann muss ich schauen, ob nist jetzt spielt. Und auch der dies mit anderen Punkten Pianist muss ihnen schon kollidiert. Der schwerste einen Wink geben, wie das Moment in meinem musiStück weiter laufen wird. kalischen Leben ist, simpel Das alles unter einen Hut gesagt, genau der, wenn Pianist und Dirigent Christian Zacharias (60) zu bekommen, ist beinahe sich das Orchester in einer die Quadratur des Kreises. ziemlich komplizierten Phase befindet und mich auch auf meinen Part zu konzentrieren. Das ist mir mittlerweile zu schwierig, deshalb ich die Aufmerksamkeit aufteilen muss. Mit dieser Art von Organisation habe ich hole ich einen Dirigenten dazu. crescendo: Als Dirigent braucht man nicht sehr gute Erfahrungen gemacht. So lernt das crescendo: Sie haben auch in Filmen mitgenur ein gutes Orchester, sondern vermutlich Orchester Schritt für Schritt mit mir, und das wirkt. Was macht für Sie den Reiz des beeine Riesen-Portion Vertrauen, oder? Ganze bekommt am Ende eine Eigendynawegten Bildes aus? Zacharias: Mit guten Musikern können Sie mik. Zacharias: Es handelt sich dabei um Dokudie schwierigen Stellen eines Musikstückes crescendo: Und dabei stoßen Sie nie an Ihre mentarfilme eines Musikers über Musik. Eiproben wie in einem Theater. Ist der Verlauf Grenzen? nige der Filme wurden in Frankreich gedreht. geprobt, kann ich in dem Moment auf das Zacharias: Bei einem extrem schwierigen Der erste war über Scarlatti, dann Schumann Orchester vertrauen. Das gibt mir Raum, Stück wie etwa dem ersten Klavierkonzert und schließlich Bruckners . Sinfonie. Etwas Foto: Nicole Chuard - www.nicolechuard.ch

crescendo: Sie arbeiten als


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„Wenn ich was nicht machen wollte, habe ich es auch gelassen.“

Mehr Zacharias auf der crescendo premium-CD, Track 3.

anders gestaltete sich der Film für die Euro crescendo: Ihre Aufnahme der Sonaten von Zacharias: Die Arien zählen zu meinen absoArts, der das Leben des Musikers hinter der Domenico Scarlatti ist zu Recht berühmt und luten Lieblingsstücken. Es wird dabei leider Bühne, also sozusagen zwischen Garderobe mit vielen Preisen ausgezeichnet. Was reizt nur immer über das gesprochen, was fehlt. Es und Podium, zeigt. Gerade hinter der BühSie so an diesem Komponisten? ist eine Liebeserklärung an Bach, aber an den ne erlebe ich manchmal meine schönsten Zacharias: Erstens einmal macht es vom rein anderen Bach, den Bach der Trio-Sonaten. Momente und da ist das Publikum gar nicht sinnlichen her irrsinnig Spaß, Scarlatti zu Aber kein Mensch darf etwas gegen Fugen dabei. Deshalb wollte ich auch dieses Leben spielen. Scarlatti hat in einem Stil geschriesagen, denn die sind ja heilig. Ich habe späeinmal auf Celluloid bannen. ben, zu dem andere Komponisten erst viel ter von Barock-Kennern erfahren, dass Bach crescendo: Können Sie uns etwas über diese später fanden: Mit sinnlicher Virtuosität. selbst seinen Söhnen die Arien ohne Fugen schönsten Momente verraten? zum Spielen gegeben hat. Ich spüre eben ein Zacharias: So ein Moment kann sich in eiBedürfnis aus der Musik heraus, dem gehe nem kleinen Hinterzimmer einstellen. Ich ich nach und entscheide, in welcher Form ich spiele auf einem mittelmäßigen Instrument das Stück selbst spiele. die „Nocturne“ von Chopin und merke auf crescendo: Was bringt die Zukunft? einmal: So muss sie klingen! Und dazu geZacharias: Ich bin gerade sechzig geworden hört dann die ganze Aura, diese Beziehung und ein paar schöne Dankes-Projekte wurzwischen dem schlechten Instrument und der Dies macht ihn unverwechselbar. Scarlattis den in der Alten Oper in Frankfurt geplant, unkonventionellen Umgebung. Gerade dort Verdienst ist es, dass er die Tür zur Klassik die ein Porträt mit vielen verschiedenen kann sich große Kunst einschleichen. Oder geöffnet hat. Er hat bereits die Harmonien Facetten zeigen. Der Scarlatti-Film wird wir zeigen Situationen bei einem Ferienkurs, der Klassik in seiner Musik vorweg genomvorgeführt und hinterher spiele ich diesen wo wir über Musik sprechen. Ich möchte dem men. Bei ihm lassen Mozart und Haydn Komponisten eine Stunde lang. Oder ich Publikum gerade diese Momente zeigen, dieschon grüßen, das ist das Moderne an ihm. mache einen Schubert-Liedwerkabend mit ses Leben mit der Musik, das es so im Alltag Und man kann hier im Rahmen der kleinen Mark Padmore. Dann dirigiere ich zwei Ornicht miterleben kann. Derartige FilmaufDisziplin „Scarlatti-Sonaten“ lernen und als chester, das wird ganz besonders spannend. nahmen liegen mir sehr am Herzen. Künstler merken: Hier bin ich gut, hier kann Sie sehen, ich habe eine ganze Menge zu tun crescendo: Wenn Sie die wichtigsten Momente ich alles ausreizen. Dies empfinde ich als (lacht). // in einer unscheinbaren Umgebung schildern, phänomenal. das klingt ja fast nach einer kafkaesken Si- crescendo: Sie haben Bach-Arien ohne Fugen Christian Zacharias CD Robert tuation ... gespielt und sich dabei nicht nur Freunde geSchumann ist gerade bei MDG erschienen. Zacharias: Ja, wie auch im Studio. Der schallmacht … dichte Raum und man könnte meinen, man ist dort völlig isoliert und keiner merkt, wenn einem etwas passieren sollte, das ist wirklich surreal. (lacht) crescendo: Was ist das Geheimnis Ihrer Entdecken Sie Luxemburg durch die Musik „kompromisslosen Individualität“? Zacharias: Ich weiß, dass ich keine meiner musikalischen Vorstellungen verraten habe. Ich habe meine Sachen durchgezogen, und wenn ich was nicht machen konnte oder wollte, dann habe ich es auch gelassen. Ich befinde mich jetzt in einem Alter, in dem ich bei mir selbst angekommen bin. Ich denke, jede Karriere benötigt einen gewissen Zeitraum, photo: Guy Wolff um dies zu erreichen. Meinen Weg habe ich konsequent gestaltet mit Haydn-Sinfonien, Saison 2010/11 Schumann, Brahms, dann kam Bruckner. New York Philharmonic – Royal Concertgebouw Orchestra – Gewandhausorchester Leipzig – San Francisco Symphony – Filarmonica della Scala – London Symphony Orchestra – OPL – Philharmonia Orchestra London – Sir Colin Davis – Mariss Einen Komponisten nach dem anderen habe Jansons – Sir Simon Rattle – Christoph Eschenbach – Michael Tilson Thomas – Lorin Maazel – Emmanuel Krivine – Jordi Savall – Pierre Cao – Alan Gilbert – Semyon Bychkov – Eliahu Inbal – Cecilia Bartoli – Thomas Quasthoff – Maria João Pires – ich mir in mein Repertoire geholt, und zwar Leonidas Kavakos – Thomas Hampson – Leif Ove Andsnes – Ben Heppner – Julia Fischer – Sol Gabetta – Nikolaj Znaider – so, wie es meinem Bedürfnis und meinem Christian Gerhaher musikalischen Erleben entsprach. Ich habe Ian Bostridge – Lang Lang – Cameron Carpenter – Christine Schäfer – Zehetmair Quartett – Angelika Kirchschlager – Borodin Quartet – Grigory Sokolov – Pierre-Laurent Aimard – Belcea Quartett – Evgeny Kissin – Mojca Erdmann – Quatuor Modigliani – nichts geplant, sondern musste einen Stein Iveta Apkalna nach dem anderen setzen. Ich glaube, das ist Sonny Rollins – Paco de Lucía – Till Brönner – Ana Moura – Nigel Kennedy – Ute Lemper – Hank Jones Trio – Esperanza Spalding – «Frigg» – Brad Mehldau – Clayton Hamilton Jazz Orchestra – Angélique Kidjo – The Ukulele Orchestra of Great das Geheimnis meiner sogenannten IndiviBritain – Gast Waltzing – Greg Lamy 4tet – Carmen Souza – Rupa & the April Fishes – Avishai Cohen dualität: Die Komponisten habe ich immer so Pierre Boulez – Helmut Lachenmann – Arditti Quartet – Ensemble Modern Orchestra – Auryn Quartett – Nicolas Hodges – gespielt, wie sie für mich kommen mussten. Pascal Schumacher – Francesco Tristano Acht Cellisten der Wiener Symphoniker – Oily Cart – Ian Bostridge – Luisa Bevilacqua – Dan Tanson – Annick Pütz ... dans 130 concerts-spectacles pour enfants et jeunes publics

Ticketing (+352) 26 32 26 32 – www.philharmonie.lu


kolumne 20 | www.crescendo.de 04 2010

V O N PA S C A L M O R C H É

OHR STICHT AUGE Ist die Macht der Inszenierung wirklich gut für die Musik?

„Prima la musica, dopo le parole“ – Zuerst die Musik, dann die Worte. Das strittige Verhältnis von Musik und Wort, erstmals von Mozarts Gegenspieler Antonio Salieri 1 zum Thema bühnenwirksamer Auseinandersetzung gemacht, ist ja noch vergleichsweise harmlos, gegenüber der Variation dieses Themas in Zeiten visuellen Overkills: Zuerst die Musik, dann die Bilder. Die Frage lautet längst: Kommt die Musik noch „zuerst“ und folgt ihr dann das Bild? Oder ist es nicht längst umgekehrt? Was ist schließlich beim Musikkonsum primär geworden: ein Musikstück zu „hören“ oder ein Bild, das sich uns zu der Musik aufdrängt (oder aufgedrängt wird) zu „sehen“? Schon die Programmmusik war ein Irrtum! Ja, im Grunde sollte es als justiziable Nötigung, wenn nicht gar als Vergewaltigung unseres Fantasievermögens geahndet werden, wenn uns jemand (selbst wenn er Beethoven oder Richard Strauss heisst) Bilder vorschreibt: Hier, lieber Zuhörer hast du dir jetzt eine „Szene am Bach“ vorzustellen! Oder, hier bist du „Auf dem Gletscher“. Als einzige Entschuldigung für solche doktrinären Anweisungen wollen wir gelten lassen, dass zu Zeiten von „Pastorale“ oder „Alpensymphonie“ niemand ahnte, dass die Welt der Zukunft einmal nicht aus Wille und Vorstellung be- und entstehen würde, sondern aus Wille und YouTube, aus Beamern, Videoprojektoren und hunderten von TV-Programmen. Das Bombardement mit Bildern, dem wir täglich schutzlos ausgesetzt sind, hat im Musikbetrieb längst zu der Formel geführt: Das Auge hört mit! Schließlich leben wir in einem Zeitalter, indem die einzige Glaubwürdigkeit die Visuelle ist. Aaron,

der dem Volk Bilder gibt, hat gesiegt und zwar auf voller Länge, nicht Moses! Okay, permanentes Sehtraining hat auch seine Vorteile in der Welt der Musik; es hat uns Sopranistinnen mit Modelmaßen auf die Bühne gebracht. „Wenn vor 25 Jahren eine ,Salome‘ gegeben wurde, dachte man mit Grausen an den Striptease der Titel�gur und freute sich auf ihren Gesang. Heute verhält es sich meistens umgekehrt“; in diesem Bonmot von Michael Klonowsky steckt Wahres. Verfolgt man die Opernregie der vergange-

Das Bombardement mit Bildern, dem wir täglich schutzlos ausgesetzt sind, hat im Musikbetrieb längst zu der Formel geführt: Das Auge hört mit! nen 25 Jahre, so scheinen die Regisseure geradezu panische Angst vor jedweder Musik ohne Bild zu haben. Seit langem schon können sie dem Zwang nicht mehr nachgeben, unbedingt auch die Overtüre, oder das Vorspiel einer Oper „bebildern“ zu müssen. Der Vorhang geht auf, obwohl er nach Komponistenwunsch geschlossen bleiben sollte und die Augen des Publikums bekommen vom Regisseur schon mal ordentlich Futter. Nur: Müssen wir (wie derzeit in Bayreuth) während des Parsifal-Vorspiels wirklich „sehen“ wie Herzeleide in Wahnfrieds Salon den kleinen Thoren Parsifal zur Welt bringt? Müssen wir nicht! Überhaupt, Wagner: Hier kann man dem Publikum ja gar nicht genug der Bilder in die Augen knallen, denn inzwischen weiß ja ein jeder: Mit Wagner beginnt die Filmmusik. Das führte dann dazu, dass bereits ein Staunen und Raunen durchs Feuilleton wehte, wenn als Produkti-

onsteam für Wagners „Ring des Nibelungen“ der Name George Lucas und seine „Krieg der Sterne“-Werkstatt gehandelt wurden. Bereits jetzt verspricht die New Yorker Met für ihren neuen Ring (ab 2011) unter dem Regisseur Robert Lepage einen ganz besonders tiefen Griff in die Theatertrickkiste mit nie zuvor dagewesenen Video-Projektionen und Bildinstallationen, auf dass dem Publikum die Augen übergehen mögen an optischen Reizen. Nun, schlimmer kann’s nicht werden als in Valencia, wo die Theatertruppe „La Fura dels Baus“ Wagners Tetralogie stemmte. Was es dort zu sehen gab, waren opulente Bilder immer wiederkehrender kaleidoskopartiger Videoinstallationen und davor jede Menge Turnen am Trapez. Der „Fura dels Baus-Ring“ hatte aber so gar nichts mit Wagners intelligentem Werk oder gar mit intelligenter Opernregie zu tun, sondern war nichts weiter als die schweisstreibende Bebilderung eines zirzensischen Spektakels mit artistischen Einlagen. Intendanten sollten begreifen, dass solche Zirkusnummern genau so doof sind, wie weiland Ausstattungsorgien von Zef�relli – nein, in der Konsequenz noch doofer, weil nämlich noch beliebiger. Aber für die Theatermacher gilt: Wenn der Regisseur nicht weiter weiß, dann greift er gern zum Trockeneis. Rät ja auch schon Goethe zu Materialschlachten auf der Bühne: „Drum schonet mir ... Prospekte nicht und nicht Maschinen! Gebraucht das groß- und kleine Himmelslicht ...“ Und in Wagners Ring wird die Theatermaschinerie gar nicht geschont. Wenn die Welt auf der Bühne schon untergeht, dann soll man das auch sehen! Zwar gehören „Rheingold“ und „Siegfried“ zu den durch-


www.crescendo.de 04 2010 | 21 kolumne

aus schwer zu verkaufenden Opern; aber der „Ring“, auch wenn er rundum ausinterpretiert und (von der „Walküre“ abgesehen) absolut kein Publikumsrenner ist (!), der „Ring“ muss sein! Mailand und Frankfurt starten gerade mit dem Mammutprojekt, in Hamburg wird er fertig und Wien hat ihn auf das Langweiligste soeben vollendet. Diese Projekte haben mehr mit Eitelkeit der Intendanten zu tun, als mit irgendetwas anderem. Der „Ring“, die Schwanzlänge des Intendanten. Und noch im kleinsten Stadttheater träumt dieser davon einen ganz, ganz großen (Ring-Wurf) zu haben. Dazu gehören inzwischen hauptsächlich Bühneneffekte fürs Auge – auch wenn sie buchstäblich ins selbe gehen: Das ist keine Opernregie, sondern Effekthascherei und bestätigt ungewollt Wagners schönen Satz: „Effekt ist Wirkung ohne Ursache.“ Doch zurück zum Bild und der Musik. Musikvermarkter brauchen Bilder, weil sie glauben, dass sie die Musik sonst nur mehr schwer an den Zuhörer bringen. Während übrigens der Autor dies hier schreibt, dirigiert Zubin Mehta in Shanghai zur Expo die Wiener Philharmoniker. Das Konzert wird im Fernsehen übertragen. Es gibt Mozart und der Teletext versichert: „Zur Musik Mozarts werden dem Fernsehpublikum Bilder dieser faszinierenden Stadt gezeigt.“ Ja: Shanghais Skyline zu Mozart! Wer will schon einen blasenden Oboisten sehen? Musikvermarkter und -vermittler misstrauen den Fähigkeiten des Hörens und dem Ohr als Organ. Die Masai in Ostafrika denken da anders: „Es ist das Ohr“, sagen sie, „das die Dunkelheit durchdringt, nicht das Auge.“ Das bedeutet: Wir nehmen über das Ohr meist mehr Informationen auf als über den Sehsinn. (Ach, man denke an den US-Thriller „Warte bis es Dunkel ist“, in welchem eine blinde Frau ihrem potentiellen Mörder überlegen ist, wenn es kein Licht im Haus gibt und für Opfer und Täter gleiche Bedingungen herrschen.) Also: Wer nicht, oder wer Nichts sieht, der hat durchaus auch Chancen, zu überleben. Gerade in der Musik. Dabei ist die Wechselbeziehung von Bild und Musik, von Malern und Komponisten lang und fruchtbar. Meist beneiden in dieser Beziehung die bildenden Künstler die Musiker um die Imaterialität ihrer Kunst: „Ich beneide Sie sehr“, schreibt Kandinsky 1911 an Arnold Schönberg, „wie unendlich

gut haben es die Musiker in ihrer so weit gekommenen Kunst. Wirklich ‚Kunst‘, die das Glück besitzt, auf reinpraktische Zwecke vollkommen zu verzichten. Wie lange wird wohl die Malerei noch darauf warten müssen?“ Die Malerei wartet weiter und die Musik ist zu unsicher, ihre Chance und ihr Glück der imateriellen Bildlosigkeit zu erkennen und zu nutzen. Auch in ihrer Welt wird von neuer Bildsprache und neuen Sehweisen geschwätzt. Ein Sinfoniekonzert wird aber nicht dadurch spannender, dass man das Anzeige

JIN JU:

KLAVIERABEND Werke von Chopin und Schumann Klassik | 5. Juni 2010 | 20.00 Uhr Halle 12, Schacht XII [A12]

Welterbe Zollverein, Gelsenkirchener Straße 181, 45309 Essen

KARTENVORVERKAUF: 0201 812 22 00 oder 0209 147 79 99 tickets@theater-essen.de sowie an allen gängigen Vorverkaufsstellen

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Orchester während der Aufführung abwechselnd in blaues, rotes oder gelbes Licht taucht oder sonst irgendwelche optisch-psychedelischen Mätzchen veranstaltet, um es zum Beispiel „fernsehkompatibel rüberzubringen“. Auf der Bühne ist das etwas anderes: Natürlich will niemand mehr Aufführungen, die optisch so anspruchslos sind wie vor dreißig Jahren, als das Publikum im Schummerlicht hinter einem Gazevorhang die Sänger auf der Bühne erahnen musste. Natürlich will auch kein Theatermensch „konzertante Auffüh-

rungen“. Diese werden zwar von Dirigenten geliebt, aber Dirigenten sind eben auch wirklich keine Augenmenschen, gehen selten in Museen und beschäftigen sich mit bildender Kunst so gut wie gar nicht. Durchaus typisch dafür, was in den vergangenen 30 Jahren zum Thema Bildsprache auf der Bühne stattfand, ist die Bayerische Staatsoper. In jenen Jahren, in denen Peter Jonas das Münchner Haus leitete, änderte er die Ästhetik des Sehens massgeblich. Das war damals auch höchste Zeit. Jonas änderte die Optik durch Regisseure des angloamerikanischen Britpop. Nur erwies sich auch das als Sackgasse, indem alles sehr ähnlich wurde: Als die Wagner-Opern aussahen wie die Händel-Opern; und ein Werk Tschaikowskys in der selben optischen Ästhetik spielte wie eines von Alban Berg, da war Schluss mit dem Konzept der poppigen, bunten Bilder. Was blieb also von der Ära Jonas im Gedächtnis? Das Bild des umkippenden Dinosauriers in „Giulio Cesare“, oder das Bild der an einer Milchtüte saugenden Kuh in „Calisto“, oder das Bild eines Bären am Bartresen in „Pique Dame“ ... Es blieben Bilder im Kopf – keine Töne wie sie noch aus der Ära Sawallisch nachhallen. München ging mit Sir Peter Jonas durch eine Schule des Sehens. Im Schauspiel wird gedacht, in der Oper gefühlt. Nikolaus Bachler ist ein kluger Intendant: Bei ihm kann man auch in der Oper denken. Dass ihm dabei Werke wie „Jenufa“, „Wozzeck“, oder Poulencs „Dialogues des Carmélites“ zu großen Erfolgen gerieten und nicht jene Stücke des traditionellen Kanons wie „Aida“, „Lohengrin“ oder „Don Giovanni“, könnte sich auch aus dem Umgang mit der Bildersprache erklären. Die drei Erfolgsproduktionen sind in ihrer Optik wesentlich reduzierter, puristischer, visuell klüger und moderner. Das Gärtnerballett zu Beginn des 3. Aufzugs „Lohengrin“ wäre in der Ära Jonas wahrscheinlich ein poppiger, optischer Erfolg gewesen. Heute kann man überlegen, ob diese Tanzeinlage noch lächerlich, oder ob sie schon lachhaft ist. Denn gerade auch „wie“ wir etwas sehen, unterliegt den Moden. „Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt.“ Nochmal Goethe. Das Schauen fordert Re�ektion. Sie muss das Opernpublikum – nicht nur in München – nach einer Flut der Bilder und des Gesehenen wieder lernen. //


rezension 22 | www.crescendo.de 04 2010

Die Attraktivität von Mahlers spätromantischen Weltentwürfen scheint ungebrochen: Bald hat der Schallplattenbestand die Marke 2500 überboten! Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie man zu seinem 150. Geburtstag im Juli dieses Jahres den globalen Mahler-Hype überhaupt noch steigern kann, der dem lange Zeit verschmähten „KapellmeisterKomponisten“ vor knapp 50 Jahren einen geradezu unheimlichen posthumen Popularitätsschub bescherte. Obwohl die großen, stilprägenden Mahler-Dirigenten wie Walter, Klemperer, Kubelik, Bernstein oder Solti längst Geschichte sind, scheint die Lust auf Mahler auch bei den nachwachsenden Pultstars ungebrochen: Ohne eigenen MahlerZyklus wird man heute in der Szene nicht ernstgenommen. Und so drängen sich auch im Jubeljahr vor allem frischgebackene Chefdirigenten um die Ehrenplätze in der schier alle Grenzen sprengenden Mahler-Diskographie. Sowohl der Wiener Manfred Honeck als auch der junge Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada haben ihre Antrittskonzerte beim Pittsburgh Symphony Orchestra bzw. beim Tonkünstler-Orchester Niederösterreich mit Mahlers jugendlich ungestümer, lärmender Ersten Symphonie gefeiert und das jeweilige Publikum gleich klug geködert. Die akustisch vorzüglichen, hypertransparenten Mehrkanal-Mitschnitte lassen unterschiedliche Ansätze erkennen: Während Honeck mit Wienerischer Gelassenheit und flexiblen Tempi die altösterreichische Idiomatik, die kakanische Weltverlorenheit, die Bildkraft und Klangsinnlichkeit Mahlers beschwört, dabei das amerikanische Hochglanzdesign der Pittsburgher nicht ganz abstreifen kann, setzt der 31-jährige Kolumbianer mit jugendlicher Frische und angeborenem Temperament auf die starken lebensstiftenden Kräfte, die positiven Energien in dieser trotz aller Widerstände überwiegend gut gelaunten Symphonie: Seine exzellenten österreichischen Musiker scheinen einfach näher dran zu sein an Mahlers Tonfällen, alles klingt ge-

Symphonie Nr.1 Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck, (EXTON)

Symphonie Nr.1 Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Andrés Orozco-Estrada (Preiser)

Unsere Auswahl der wichtigsten CDs und DVDs

radliniger, frischer, unbefangener. Mahler quälte sich ja viele Jahre mit seiner Ersten, und arbeitete sie immer wieder um. Zunächst plante er sie als fünfsätzige „Tondichtung“, und wie das in der frühen Hamburger Version von 1893 klang, hat jetzt der holländische Barock-Spezialist Jan Willem de Vriend mit dem Netherlands Symphony Orchestra rekonstruiert:

HIER REZENSIERT ATTILA CSAMPAI

Die besten Mahler-Alben Außer dem später gestrichenen, liedhaft-süßlichen „Blumine“-Satz prunkt die frühere Fassung auch mit einer dickeren, unbeholfeneren Instrumentation und empfiehlt sich daher nur für ausgesprochene Mahler-Experten. Um einen korrigierten Konzertmitschnitt aus dem Jahr 2008 handelt es sich auch bei Jonathan Notts neuer Mehrkanal-Produktion von Mahlers „apokalyptischer“ Zweiter, die gewissermassen nach dem Tod des „symphonischen Helden“ in der Ersten einen kühnen Blick ins Jenseits, in das Totenreich der auf das „Jüngste Gericht“ wartenden Seelen wirft: Und statt Strafe gibt es am Ende die alles verzeihende göttliche Liebe. Wie schon in seiner zuletzt veröffentlichten, von der Kritik bejubelten Neunten, gelingt es dem jungen Engländer und seinen perfekt eingestellten, hochmotivierten

Symphonie Nr.1 (Fassung 1893); The Netherlands Symphony Orchestra, Jan Willem de Vriend (Challenge)

Symphonie Nr.2 Schwanewilms, Braun, Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie, Jonathan Nott (Tudor)

Bamberger Symphonikern auch bei dieser spekulativsten, philosophisch zentralen Symphonie Mahlers durch höchste Artikulationsgenauigkeit und perfektes Timing einen großen, ungemein spannenden und plausiblen Bogen zu ziehen über das fünfsätzige Monstrum. Zum Vergleich empfiehlt sich die fünf Monate später in Chicago mitgeschnittene Aufführung der Zweiten unter dem 81-jährigen Mahler-Experten Bernard Haitink, die mit dem traditionsreichen CSO ein noch abgebrühteres Orchester anbieten kann, aber interpretatorisch viel zu abgeklärt wirkt und nicht die unglaubliche Suggestivkraft der Bamberger Produktion erreicht. Als vielversprechender Mahler-Einsteiger entpuppt sich auch der neue Chef der New Yorker Philharmoniker, der 42-jährige Alan Gilbert. Mit seinem letzten Orchester, dem Royal Stockholm Philharmonic hat er zum Abschluss eine Neunte hingelegt, die es mit allen Referenzen aufnehmen kann. Selten klang das komplexe Spätwerk so frisch, so klar strukturiert, so zwingend logisch. Gilberts aufbrausende Dramatik im Kopfsatz, seine Walzer-Sinnlichkeit im Scherzo und seine klare Zuversicht im Adagio vertreiben alle Nebelschwaden des Depressiven und verleihen dem Werk neue innere Stärke. Hier öffnet Mahler das Tor zum neuen Jahrhundert. Und zum guten Ende gehen wir mit Mahler noch ins Wirtshaus, wo Wiens neuer Mezzo-Star Elisabeth Kulman, umrahmt von einer absonderlichen Besetzung aus Geige, Cello, Kontrabass und Akkordeon, Mahler vom hohen Ross des Lied-Symphonikers herunterholt, und in raffinierten, aber stets respektvoll-schrägen Eigenbearbeitungen den authentischen Bodensatz seiner Lieder freilegt. Die 38-jährige Burgenländerin ist eine echte Sirene, mit ihrem perfekt geführten, wunderbar fokussierten, runden und kultivierten Mezzo enthüllt sie die tief österreichische Seele, das Wiener Herz Mahlers. Und das geht mehr unter die Haut als aller akademischer Singsang. //

Symphonie Nr.2 Persson, Stotijn, Chicago Symphony Orchestra & Chorus, Bernard Haitink (CCS-Resound)

Symphonie Nr.9 Royal Stockholm Philharmonic Orchestra, Alan Gilbert (BIS)

Mahler-Lieder Elisabeth Kulman, Amarcord Wien (material records)

Mehr Mahler auf der crescendo premium-CD, Track 8, 9.

REZENSIONEN


www.crescendo.de 04 2010 | 23 rezension

Apollon Musagète Quartett

Nils Mönkemeyer

Claude Debussy

FEDERND LEICHT

LIEDER OHNE WORTE

SCHNELL FASZINIERT

Sie haben nicht nur viele Preise abgeräumt, sondern sehen auch verdammt gut aus: Die vier jungen polnischen Herren des 2006 gegründeten Apollon Musagète Quartetts sind beim berühmten Alban Berg Quartett in die Lehre gegangen und spannen in ihrer Debut-CD einen chronologisch angelegten Bogen von der Klassik und Romantik über den Symbolismus bis in die Gegenwart. „Das Apollinische soll verwirklicht werden“, sagten die Mitglieder des Quartetts in einem Interview – und schießen in allen vier vorgelegten Werken positiv über dieses selbstgesteckte Ziel hinaus. Von apollinischer Glätte und marmorner Kühle kann hier nämlich nicht die Rede sein, vielmehr wird mit Herzblut ein schlanker, federnd leichter Ton zelebriert, der die Streichquartette in allen Facetten zum Leuchten bringt. Vielleicht liegt es an der Wahlverwandtschaft der engagierten Nachwuchskünstler mit ihrem Landsmann Karol Szymanowski, dass dessen erstes Quartett in C-Dur den Höhepunkt einer CD darstellt, der hoffentlich noch viele weitere Silberscheiben folgen werden. Burkhard Schäfer

Nils Mönkemeyer, Deutschlands junges Aushängeschild des großen Bratschenspiels, stellt auf seinem dritten Sony-Album, dessen Covergestaltung die Grenzen guten Geschmacks dokumentiert, zusammen mit dem Pianisten Nicholas Rimmer durchweg kleinere Werke von Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms vor, zu einem sehr umfangreichen Teil eigene Bearbeitungen von Liedern. Im Zentrum der CD ergänzt die Cellistin Hannah Weber die Besetzung kurzfristig zum Trio. Nils Mönkemeyer verfügt über einen wundervoll sonoren Ton, auch dank eines exzellenten Instruments des Münchner Geigenbauers Erben, und gestaltet technisch makellos mit sanglicher Emphase und Wärme des Ausdrucks diesen bunten Strauß romantischer „Lieder ohne Worte“. Robert Schumanns Adagio und Allegro op. 70 für Horn und Klavier erweist sich als Highlight, die Werke von Clara Schumann sind dagegen etwas biederer im Ausdruck. crescendo-Fazit: Eine auch tontechnisch genussvolle Angelegenheit. Christoph Schlüren

Auf den ersten Blick erscheint Laurent Pellys Inszenierung von Claude Debussys einziger vollendeter Oper „Pelléas et Mélisande“ am Theater an der Wien recht altmodisch. Es dauert hingegen nur wenige Partiturseiten, und man ist absolut fasziniert. Die Leistungen der Sänger, allen voran das Ehepaar auf und hinter der Bühne, Natalie Dessay und Laurent Naouri, werden vom ORF Radio-Symphonieorchester Wien und dem Arnold Schönberg Chor unter Bertrand de Billy farbig untermalt, ohne dass die Musiker je in romantischer Schwelgerei versinken würden. Eine die Musik durch kühle Klarheit konternde Lichtregie (Joël Adam), die die Figuren vorm düsteren Hintergrund freistellt, rundet das Bild zu einem zeitlosen Meisterwerk ab. Mit nur vier Kameras gelingt es Redakteur Paul Landsmann, den Zauber der Oper stimmig einzufangen. Folgerichtig ist die DVD-Produktion bereits mit dem „Diamant d‘Opéra“ des Opéra Magazine France ausgezeichnet.

Apollon Musagète Quartett: „Haydn, Brahms, Szymanowski, Shchedrin“ (Oehms Classics)

Martin Morgenstern Nils Mönkemeyer: „In dunklen Träumen“, Robert und Clara Schumann, Johannes Brahms (Sony Classical)

Claude Debussy: „Pelléas et Mélisande“, Bertrand de Billy (Virgin Classics)

DFD statt DSDS

Dietrich Fischer-Dieskau feiert seinen 85. Geburtstag mit zwei Jubiläumseditionen. Erleben Sie einen echten deutschen Superstar!

Franz Schubert – Lieder 21 CD Gesamtausgabe (Ltd. Edition)

Dietrich Fischer-Dieskau Meine schönsten Schubert-Lieder

Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton Gerald Moore, Klavier

Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton Gerald Moore, Klavier

DG 21 CD 477 8989

DG 1 CD 480 3774

Seine zwischen 1966 und 1972 entstandenen Aufnahmen sämtlicher Schubert-Lieder für die männliche Singstimme sind als Pionierarbeit in die Schallplattengeschichte eingegangen. Zum 85. Geburtstag des größten deutschen Liedsängers erscheinen sie in einer kompakten Edition auf 21 CDs zum Vorzugspreis.

Auf einer CD stellt der Kammersänger seine liebsten Schubert-Lieder vor und kommentiert die Aufnahmen im Vorwort zum Booklet.

www.dietrichfischerdieskau.de


Matthias Kirschnereit

GEHEIMNISVOLLE TRIEBE

AM TONSCHÖPFER VORBEI

Leider ist Chopin immer wieder Opfer der Fantasie seines Publikums geworden und seine Musik Projektionsfläche von Herzensergießungen aller Art. Der russische Pianist Nikolai Lugansky allerdings weidet sich nicht an dem Bild des an der Welt leidenden, ätherischen Genius, dem nur sein Werk bleibt, um seinem Weltschmerz Ausdruck zu geben. Nichts süßlich-sentimentales haftet seinem Spiel an, beherzt greift er in virtuosen Passagen zu, dann fühlt man es: das wild-motorische Drängen, die rhythmische Energie und geheimnisvollen Triebkräfte eines Mannes, der, wie wir von George Sand wissen, so „fürchterlich war in seinem Zorn“. Doch Lugansky kann auch ganz anders: zart und verträumt ist er an Stellen, an denen man mehr Klangmasse erwartet hätte. Faszinierend wie sein Spiel Hörgewohnheiten erschüttert und dennoch in sich schlüssig bleibt. Er hält alle Zügel in der Hand. Ein grandioser Interpret!

Wie viele Aufnahmen werden im Schumann-Jahr 2010 auf dem größten aller Steinways, dem Konzertflügel „D-274“ eingespielt? Auch wenn sich das Instrument heute auf jeder Bühne finden lässt: Pianisten sollten sich gerade in Zeiten unendlicher Plattenfluten vor Ohren führen, dass sich Schumann, als der erste Flügel die Werkstatt von Henry E. Steinway verließ, schon in den Rhein gestürzt hatte. Klar, der „Hasche-Mann“ oder der „Ritter vom Steckenpferd“ entwickeln auf so einem akustischen Kawenzmann herrlich krachende Durchschlagskraft. Aber entspricht dieses Klangbild der Idee des Tonschöpfers, der seiner Verlobten die „kleinen putzigen Dinger“ privatim ans Herz legte mit der Bemerkung, sie solle sich „freilich als Virtuosin vergeßen“? Immerhin, Kirschnereit liefert etwas Besonderes mit, nämlich die Weltersteinspielung der mit den Kinderszenen verwandten zweiminütigen „Ahnung“.

Teresa Pieschacón Raphael

Martin Morgenstern Matthias Kirschnereit: „Schumann Scenen“ (BERLIN Classics)

Nikolai Lugansky: „Chopin“ (Onyx)

Robert Schumann

Philippe Herreweghe

20 KAPITEL

STILISTISCHES MISSVERSTÄNDNIS

Robert Schumann gilt als Komponist, der „laut fühlte“, „sein inneres Erleben in Klang“ verwandelte. Für alle, die sich dennoch mit mehr als Musik in Leben und Entwicklung des 1810 Geborenen vertiefen wollen, hat der Silberfuchs Verlag jetzt ein Hörbuch heraus gebracht. In 20 Kapiteln nähert sich die Musikwissenschaftlerin und Rundfunkjournalistin Corinna Hesse einem Künstler, der zwischen Romantik und Revolution kompromisslos um sein Werk rang. Beleg für seine Gratwanderung zwischen Genie und Wahnsinn sind aber nicht nur profund recherchierte Beschreibungen, sondern zusätzlich 50 kurze Musikbeispiele sowie Tagebuchnotizen und Briefe von Robert und Clara Schumann. In 80 Minuten entsteht so das Porträt eines lebenslang Suchenden, der bis zu seinem Tod als Mensch mit Dissonanzen haderte, als Musiker aber wunderbare Harmonien für Klavier, Lied-Sänger und Orchester hervorbrachte. Antoinette Schmelter de Escobar

Wie manchen seiner Kollegen genügt es auch Philippe Herreweghe nicht, lebenslänglich als Spezialist alter Musik zu gelten. Ein Chorwerk der klassischen Moderne wie Strawinskys „Psalmensymphonie“ ist da von hohem Reiz, sinnreich kombiniert mit der sperrigen Messe mit Bläserbegleitung, dem späten rein instrumentalen „Monumentum pro Gesualdo“. Doch welch ein stilistisches Missverständnis in barockisierenden Affektkonditionierungen mit elegant zu kurz abgerissenen Tönen (bei Strawinsky sind die Tondauern kein Gegenstand subjektiver Auslegung), metrisch verzerrender Atempausen in der Messe, und gänzlicher Desorientierung bezüglich der kontrapunktischen linearen Energien! Die grandiose Kadenzerfindung im Finale der „Psalmensymphonie“ wird überhaupt nicht erfasst. Darüber hilft auch das üppig dunkel abgetönte Klangbild nicht hinweg. Christoph Schlüren

Mehr Bach auf der crescendo premium-CD, Track 5.

„Das Schumann-Hörbuch“ (Silberfuchs Verlag)

Strawinsky: „Monumentum, Mass, Symphonie des Psaumes“, Philippe Herreweghe (PentaTone)

Isabell Faust

Matthias Georg Kendlinger

KARG WIE EIN FRÜHSTÜCKSMAHL

RAUS MIT DER STRENGE

So meditativ wie das Cover mit seinen gedeckten Farben, so karg (und doch sättigend) wie das Frühstücksmahl eines Samurai schleicht sich Isabelle Fausts phänomenale Neuinterpretation der Sonaten und Partiten Johann Sebastian Bachs (BWV 1004-1006) ins Ohr. Während der guten Stunde Musik, in der Faust den Klang ihrer Stradivari „Dornröschen“ vom leise bittenden Vorhalt bis zum majestätischen Akkord ausreizt, spielt sie nicht einen einzigen Ton mit Vibrato. Stattdessen widmet sie sich der Wissenschaft der Akkordbrechungen und Verzierungen. Schade, dass sich beim wiederholten Genießen Fragen ob der technischen Nachbearbeitung stellen. Unglücklich abgetrennte Atemgeräusche, manchmal nur ein dazwischengeschnittener Akkord, sind beim Studium der CD nicht zu überhören. Martin Morgenstern

„Beethovens Kompositionen liegen irgendwo zwischen Himmel und Erde“, schwärmt der Tiroler Komponist Matthias G. Kendlinger. Seine Faszination für den Meister ließ ihn 2009 in Kufstein die Tiroler Beethoven-Tage ins Leben rufen, die er mit CD- Produktionen umrahmt, wie diese mit Beethovens dritter Symphonie „Eroica“. Einst als Hommage an Napoleon gedacht, wandte sich Beethoven ab, als dieser sich 1804 zum Kaiser krönte. Kendlinger nimmt dem wuchtigen und sperrigen Werk alle Strenge, Ernst und Pathos. Er liebt flotte Tempi, sein Gestus ist heiter und tänzerisch, man hört, dass er sich in jungen Jahren mit Operetten- und Walzermusik beschäftigte. Das kann der oft martialisch wirkenden „Egmont-Ouvertüre“ nur gut tun. Ein spezielles Bravo an die ausgezeichneten Bläser der K&K Philharmoniker. Teresa Pieschacón Raphael

Johann Sebastian Bach: „Sonatas & Partitas“, Isabell Faust (Harmonia Mundi)

Ludwig van Beethoven: „Eroica“, „Egmont-Ouvertüre“ Matthias Georg Kendlinger, K&K Philharmoniker (DA CAPO)

Mehr Strawinsky auf der crescendo premium-CD, Track 1.

Nikolai Lugansky

Mehr Schumann auf der crescendo premium-CD, Track 4.

rezension 24 | www.crescendo.de 04 2010


www.crescendo.de 04 2010 | 25 rezension

Günter Raphael

GROSSMEISTER DER KLASSISCHEN MODERNE finale Chorsinfonie „Von der großen Weisheit“ nach Laotse (1956) im Uraufführungsmitschnitt des BR von 1965 unter Michael Gielen. Raphael war ein begnadeter sinfonischer Regisseur und exzellenter Orchestrator, der eine höchst eigentümliche Entwicklung von der Fortsetzung der seriösen deutschen Tradition (Bach, Beethoven, Bruckner, Brahms) zur dissonanteren klassischen Moderne durchlief. Am Charakteristischsten sind die dramatischen fugierten Verdichtungen und Aufgipfelungen und die hochexpressiven Linien, die das ganze Orchester einstimmig zeichnet. Am intensivsten und fesselndsten erscheinen mir die mittleren Phasen der 3. und 4. Sinfonie. Die musikalisch großartigste Aufführung ist unter Celibidache eingefangen, die Neuaufnahmen können sich hören lassen, einzig Gielen verdanken wir allzu unbewegliche, trockene Ästhetik. Und doch enthält gerade die Laotse-Chorsinfonie in den scharfen Konturen von „Weg mit scheinheiligem Wissen“ die vielleicht packendste, authentischste Musik dieses großen Vergessenen, der nun endlich wiederentdeckt werden kann. Foto: Fredrik Pachla, Christine Raphael Stiftung

In der deutschen Musik ist die Generation der etwas Jüngeren als Paul Hindemith (also der ca. im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts geborenen Komponisten), wie man so sagt, „sangund klanglos“ untergegangen, da ihr Emporstreben mit dem Zweiten Weltkrieg zusammenfiel und hinterher andere Ideale von Fortschritt – ohne Bindung an die Tradition – zum Nonplusultra verklärt wurden. Da sind einige eminente Großmeister symphonischer Kontrapunktik, in höchster handwerklichen Vollendung erblühend, und plötzlich völlig vom Zeitgeist im Stich gelassen: Reinhard Schwarz-Schilling, Edmund von Borck, Ernst Pepping, Karl Höller, der im Krieg gefallene Heinz Schubert und – Günter Raphael. Raphael, 1903 in Berlin geboren und durch seinen frühen Tod 1960 jäh aus seinem Wirken als Professor in Köln gerissen, entstammte einer jüdischen Unternehmerfamilie und erwarb sich früh hohe Meisterschaft: seine Erste Sinfonie wurde 1926 in Leipzig unter Furtwängler uraufgeführt. Er schrieb elf Sinfonien und eine Sinfonietta, doch nur sechs seiner Sinfonien zählte er als vollwertige Werke. Nun sind die Nummern 2-5 erstmals in einer 3-CD-Box erhältlich, die Aufnahmen unterschiedlicher Epochen mischt: die 2. (1932) und 3. (1942) in Neuaufnahmen des MDR unter Christoph Altstaedt und Matthias Foremny, die 4. (1947) 1950 live mit den Berliner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache, die 5. (1952) 1960 vom NDR unter Hans Schmidt-Isserstedt, und die

Christoph Schlüren Günter Raphael: Sinfonien Nr. 2-5, Laotse-Sinfonie; Celibidache, Schmidt-Isserstedt, Gielen etc. (cpo)

Gu lda und Strauss?! " Ein Wunder aus dem Archiv “ Spiegel Online

Guldas Auseinandersetzung mit Richard Strauss erstmals beleuchtet Mit einer Weltpremiere und zwei CD-Premieren Burleske“ von Guldas Sohn Paul " entdeckt und weltweit erstmals veröffentlicht Zudem: gesuchte Klassiker aus dem DECCA LP-Archiv

www.friedrich-gulda.de

Friedrich Gulda spielt Richard Strauss Burleske, 13 Lieder, Le Bourgeois Gentilhomme (Auszüge) Hilde Güden, Sopran Friedrich Gulda, Klavier Orchestre de la Suisse Romande Wiener Philharmoniker Ernest Ansermet, Lorin Maazel

DECCA CD 480 0931


Trio Parnassus

Hideyo Harada

FÜR EINE ZEITREISE

WENIG MIKROPHON

MIT EISERNER HAND

Genius loci. Damit sind Orte gemeint, die eine besonders starke Ausstrahlung haben. Das Castel del Monte ist so einer. Denn in diesem achteckigen Bau, der um 1250 in Apulien nahe Bari auf einer Anhöhe errichtet wurde, haben sich Knut Rössler (Saxophon), Johannes Vogt (Laute) und Ute Kreidler (Gesang) zu nächtlichen Aufnahmesessions getroffen. Entstanden sind dabei 16 Stücke, die zu Recht den Titel „Octagon – Between The Times“ tragen. Mittelalterliche Texte, moderne Jazz- und orientalische Anklänge verschmelzen nämlich zu Crossover-Kammermusik, die eine sensible Interpretation historischer Vorlagen mit kreativer Improvisation von heute verbindet. Meditation nach Noten, mit der man mühelos auf Zeitreise gehen kann – und die mehr als Musik sein will. Weil der Staufer-Kaiser Friedrich II. Castel del Monte zum Austausch von Wissenschaft und Kunst konzipiert haben soll, versteht sich das Album auch als Hommage an einen Freigeist und frühen Kosmopoliten.

„Die Herren, die waren ästhetisch, die Damen von zartem Gefühl“, spottete Heinrich Heine über die Salonmusik; „Eitelkeitsgeist“, „vornehm Nichtsagendes“ schimpfte Robert Schumann. Keine Chance für Benjamin Godard (1849-1895)? Sechs Opern komponierte er, fünf Sinfonien und viel Kammermusik für die privaten großbürgerlichen Kreise. Das Trio Parnassus hat beide Klavier Trios eingespielt ganz im Sinne von MDGs natürlichem Klangkonzept: adäquate Aufzeichnungs-Räume und wenig Mikrofon sind Pflicht. „Verschlimmbesserer“ wie Filter, Nachhallgerät, Regelverstärker tabu. Den Berg Parnass, die Heimat der Musen, gilt es hier in diesen handwerklich anspruchsvoll gearbeiteten Werken nicht zu überwinden – trotz mancher technischer Kniffligkeit. Dennoch: „Eine gute Salonmusik verlangt auch Ihre Meister“ hatte Robert Schumann gesagt. Hier sind sie: Gut eingespielt, virtuos und lyrisch, aber nie sentimental.

Die wenigsten Leser werden Hideyo Harada auf dem Schirm haben. Die japanische Pianistin studierte beim Moskauer Urgestein Viktor Merzhanow, der, über neunzigjährig, übrigens immer noch unterrichtet! Harada gibt schon mal Konzerte in einer Kunstmühle in Mecklenburg oder bereichert den Musikunterricht eines Ulmer Gymnasiums mit kleinen musikalischen Kostproben. In Wien leitete sie eine Hauptfachklasse; heute ist sie eher unterwegs, untermalt literarische Abende von Corinna Harfouch, Katja Riemann oder Ulrich Noethen. Das Herz ihrer neuen Schumann-CD (natürlich auf einem Steinway D eingespielt; dieser stand in der Jesus-Christus-Kirche in BerlinDahlem) ist die Kreisleriana op. 16, die sie beherzt, mit Gefühl und wenn nötig eiserner Hand in Angriff nimmt. Der ätherische Schluss ihrer „Arabesque op. 18“ klingt wie nicht von dieser Welt – und macht Lust, diese Musikerin näher kennenzulernen.

Antoinette Schmelter de Escobar

„Octagon – Between The Times“, Knut Rössler &   Vogt  (Act)   Johannes

Teresa Pieschacón Raphael Benjamin Godard: „Complete Piano Trios“, Trio Parnassus (MDG) 

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Mehr Godard auf der crescendo premium-CD, Track 6.

Knut Rössler & Johannes Vogt

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Martin Morgenstern Hideyo Harada: „Robert Schumann“ (Audite) 

Mehr Schumann auf der crescendo premium-CD, Track 2.

rezension 26 | www.crescendo.de 04 2010


www.crescendo.de 04 2010 | 27 rezension

Der Wildschütz

Giuseppe Sinopoli

PRÄZISE AUSLEUCHTUNG Sein Tod 2001 schockte die Musikwelt, am Pult der Deutschen Oper Berlin war Giuseppe Sinopoli zusammengebrochen mit vierundfünfzig Jahren. Als WagnerDirigent und Generalmusikdirektor in spe der Semperoper fühlte sich der Venezianer der deutschen Musikkultur sehr verbunden und so auch dem Werk Schumanns, wie dessen weltlichem Oratorium „Das Paradies und die Peri“ von 1843, das er 1995 aufnahm. Willkommene Arbeit für den intellektuellen stets akribisch arbeitenden Sinopoli, schließlich war das Werk 1914 (und später im Dritten Reich) als „Musik zur Totenfeier unserer Heldenscharen“ missbraucht worden. Unter dem sezierenden Blick Sinopolis, der einst Psychoanalytiker werden wollte, werden musikalische Details präzise ausgeleuchtet. Transparenz und Struktur haben für ihn wie für sein superbes Ensemble Vorrang, Pathos keine Chance. Besser kann es einem belasteten Werk nicht ergehen. Teresa Pieschacón Raphael Robert Schumann: „Das Paradies und die Peri“, Giuseppe Sinopoli (Brilliant Classics)

Wulfin Lieske und Fabian Spindler

Mehr Albéniz auf der crescendo premium-CD, Track 7.

ERSTAUNLICHE KLANGFÜLLE Dass Stradivari- oder Guarneri-Geigen Klang-Hochkaräter sind, die zu astronomischen Preisen gehandelt werden, weiß jeder. Weniger bekannt ist, dass es auch legendäre Gitarren gibt. Auf zwei dieser Star-Instrumente von Antonio de Torres haben Wulfin Lieske und Fabian Spindler „Evocación“ eingespielt: elf Stücke, die Isaac Albéniz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für Klavier geschrieben hat. Dass dem spanischen Pianisten und Komponisten selbst einige seiner Werke auf Gitarre gespielt besser gefielen, kann man Dank dieser Aufnahme mühelos nachvollziehen. Egal ob Tango, maurisch Anmutendes oder klassische Suite – Lieske und Spindler interpretieren Albeníz als Duo mit erstaunlicher Klangfülle, ebenso feinfühlig wie virtuos. Impressionismus für die Ohren mit anspruchsvoller spanischer Volksmusik, die kein bisschen nach SommerurlaubsKlischee klingt. Antoinette Schmelter de Escobar

WERNIGERÖDER

SCHLOSS FESTSPIELE

24. Jul. – 28. Aug. ’10

Isaac Albéniz: „Evocación“, Lieske Spindler Guitars (Challenge Classics)

Kenneth Slowik & The Smithsonian Chamber Players

FORCIERT UND KURZATMIG Die Smithsonian Chamber Players sind eine technisch hochkarätige Truppe, die mit großer Ernsthaftigkeit versucht, den freitonalen Strukturen des jungen Schönberg Spannung und Lebendigkeit zu verleihen. Die „Verklärte Nacht“, in Sextett-Fassung, gerät dabei recht forciert und kurzatmig, gerade bei kräftiger Dynamik ist die Phrasierung wenig differenziert, das rhythmisch Kraftvolle erschlägt die melodischen Bögen. In der „Ersten Kammersymphonie“ ist das noch problematischer, das Übergewicht der Bläser über die Streicher wird kaum ausgeglichen. Kenneth Slowik hält den Apparat zwar rhythmisch exakt zusammen und erzielt manch intensive Wirkung, doch die Entfaltung des Wechselspiels linearer Energien bleibt begrenzt. Klanglich sind die Aufführungen sehr plastisch dokumentiert, auf der Extra-DVD auch filmisch stimmungsvoll eingefangen. Christoph Schlüren Arnold Schönberg: „Verklärte Nacht“ The Smithsonian Chamber Players, Kenneth Slowik (Dorian)

Karten bei allen Ticket Online-Vorverkaufsstellen und unter www.ticketonline.de www.kammerorchester-wr.de / Tel. 0 39 43 - 94 95 14


rezension 28 | www.crescendo.de 04 2010

Bernard Haitink

Ulf Schirmer

Ingram Marshall

TROTZDEM GUT

WEGWEISEND

ZÄRTLICHER RAUM

Beethovens einzige Oper „Fidelio“ ist ein schwieriges Werk: Mehrere Bearbeitungen, diverse Ouver türen, ambivalente Figuren. Dirigent Bernard Haitink rückt die kontrapunktischen Verflechtungen der Partitur in hellwarmes Licht. Die Botschaft wird klar: der Glaube, dass am Ende das Gute im Menschen siegt. Katharina Thalbach schafft dazu Bilder, die man noch aus dem guten alten Stadttheater kennt; KZ-Assoziationen fehlen nicht. Wie arm wären Regisseure doch dran, wenn es kein Drittes Reich gegeben hätte, das man immer beliebig heranziehen kann, wenn es um Unterdrückung geht? Hört auf, es nervt! Anderes wirkt provinziell, wenn Don Pizarro etwa, der Bösewicht (!), im weißen Dreiteiler mit pomadisiertem Haar als Dandy daherkommt. Roberto Saccà schmachtet glaubwürdig als Florestan dahin; stimmlich etwas überfordert ist Titelheldin Melanie Diener. Wegen Haitink aber sehr zu empfehlen.

Wie vertont man im 21. Jahrhundert Gott und Gottesmutter, ohne in Klischees zu verfallen, ohne (gottlose) Dissonanz und (gottvolle) Harmonien simpel aufeinanderprallen zu lassen? Die vier Tonsetzer Oriol Cruixent, Gerd Kühr, Joanna Wozny und Johanna Doderer haben sich der Aufgabe gestellt. Ihre Kompositionen sind auf der CD „Paradisi Gloria 21“ versammelt, eingespielt vom Münchner Rundfunkorchester und dem Chor des Bayerischen Rundfunks unter Ulf Schirmer. Als wirklich wegweisend erweisen sich Cruixents archaische „Abismes“, also Abgründe. Hier meint man, das Universum pulsieren zu hören; wie unter Drogeneinfluss springt der Fokus des Hörers ständig zwischen Mikro- und Makrokosmos hin und her. Schon tausenmal gehört zu haben meint man dagegen Gerd Kührs Werk für penetrant hohen Sopran, einen im Stil der achtziger Jahre klebrig deklamierenden Bariton („Gooott!“), Chor und Orchester.

Teresa Pieschacón Raphael

Martin Morgenstern

Ingram Marshalls Musik ist von Zärtlichkeit, Zerbrechlichkeit und wohlklingender Schönheit gekennzeichnet. „September Canons“ umfängt als melancholisch leichte, entrückt stimmungsvolle Klage für die Opfer von „9/11“ für Geige mit elektronischem Equipment, die einen unendlich scheinenden imaginären Raum öffnet. Gleichermaßen Space Music des New Age, doch weit ruhiger und verfließender, ist „The Fragility Cycles“. Hier spielt der Komponist die Gambuh (balinesische Flöte) mit Synthesizer und elektronischer Manipulation. In „Peaceable Kingdom“ trifft in Ives’scher Manier die Feldaufnahme einer jugoslawischen Beerdigungsprozession auf die flexibel minimalistische Sprache des Komponisten. Und in „Woodstone“ spielt ein Gamelan-Ensemble (indonesischer Gamelan bildet in der Transzendenz der Linearität einen zentralen Einfluss in Marshalls Schaffen) eine sphärische Musik, die sich um das Material des simplen Finalthemas von Beethovens „Waldstein-Sonate“ rankt. Christoph Schlüren

Ludwig van Beethoven: „Fidelio“, Bernard Haitink (opusarte)       

DER SOUNDTRACK FÜR IHREN NÄCHSTEN ÖSTERREICH-URLAUB.

Im Fachhandel und auf amazon.de erhältlich. Nähere Infos sowie Impressionen von der CD-Aufnahme unter www.austria.info

„Paradisi Gloria 21 – Geistliche Musik des 21. Jahrhunderts“, Münchner Rundfunkorchester, Ulf Schirmer (BR Klassik)

Ingram Marshall: „September Canons“ (NewWorld)


www.crescendo.de 04 2010 | 29 rezension

DER MIT DEM BLEISTIFT

Ein Besuch bei Komponist Thomas Larcher, der mit seiner neuen CD Madhares wieder für Entschleunigung sorgt.

Der österreichische Ort Weerberg, den Thomas Larcher sich als Refugium und Arbeitsraum auserkoren hat, liegt auf einem sonnigen MittelgebirgsPlateau über dem Inntal in 900 Metern Höhe. Das Vertrautsein mit der Landschaft ist dem gebürtigen Innsbrucker essenziell, als ein typischer Vertreter der österreichischen Musik will er aber gleichwohl nicht betrachtet werden. „Nancarrow, Ligeti und Steve Reich haben mich mehr geprägt als die Zweite Wiener Schule“, sagt er in schönem österreichischen Akzent. Das Schönbergsche Denken sei ihm wesensfremd, vielmehr sei Béla Bartók sein großes Vorbild gewesen. „Der Anspruch, immer an der Spitze stehen zu müssen, hat mich erschlagen, da konnte ich nur �üchten, weg vom Musikbetrieb in die Stille der Berge, um mein eigenes Ding zu machen.“ Ein Einsiedler ist aus ihm aber nicht geworden, im Gegenteil. Als Gründer und Leiter der Festivals „Klangspuren“ und „Musik im Riesen“ hat ihn der Betrieb fest im Griff, hinzu kommen die wachsende Zahl an Auftragskompositionen, die ihn mittlerweile aus allen Teilen der Welt erreichen. Dass er sich als Komponist durchsetzen konnte, habe er vor allem auch seinem Freund und Förderer, dem ECM-Gründer Manfred Eicher, zu verdanken, der an ihn geglaubt und ihn immer wieder ermuntert habe, weiterzuschreiben. Noten auf das Papier zu bringen ist für Larcher keine bloße Metapher, sondern eine körperliche Tätigkeit, mithin eine Art Sport, bei der noch „echtes“ Notenpapier, viele Bleistifte und noch viel mehr Radiergummis zum Einsatz kommen. „Im Grunde bin ich überhaupt kein Komponist“, sagt Larcher. Während er das sagt, hat er eine Dose aus der Schublade hervor gekramt, die er mir unter die Nase hält. Es sind Radiergummis, genauer: Radiergummireste. Er sammelt sie. Es sei auch eine Form der „infantilen Weigerung“ von ihm, der Partitur im Computerzeitalter noch mit analogem Handwerkszeug zu Leibe zu rücken, dafür würde er sich aber viel genauer überlegen, was er dann wirklich im Text belasse, ohne es dem Radier-Ritual zu opfern. „Auch Schere und Uhu sind für mei-

nen Arbeitsprozess unverzichtbar“, sagt Larcher, „oft liegt die Partitur auf dem Fußboden und ich bastle bis zum Wahnsinnigwerden darin herum, bis ich das Gefühl habe, dass alles in sich stimmig ist.“ Trotz allem ist Larcher so ziemlich das Gegenteil eines DigitalVerweigerers. Der Anfang seines Klavierkonzerts „Böse Zellen“ wäre gar nicht denkbar gewesen ohne elektronische Experimente und das „Zurückrechnen digitaler Sounds auf rein akustische Klänge.“ Es seien gerade diese Kippeffekte – vom Digitalen ins Analoge, von der Akzeleration ins Meditative –, die ihn immer in ihren Bann gezogen hätten. Ähnlich verhalte es sich auch mit der gern zitierten Vielschichtigkeit seiner Werke: „Diese Komplexität dient mir im Grunde nur als Vorbau und Kulisse, um dann im entscheidenden Augenblick davon ablassen zu können, um einen Moment der Ruhe zu erreichen.“ Überhaupt sind es die Aspekte der Geschwindigkeit, besser gesagt: der Entschleunigung, denen Larcher in seinen Werken nachspürt: „Abläufe in Zeitlupe haben mich immer fasziniert“, sagt er und gibt ein Beispiel, das ihm die Ohren geöffnet hat. Bei einer Radiosendung über Vogelstimmen habe sich das scheinbar chaotische Zwitschern durch zeitgedehntes Abspielen zu einfachen und nachvollziehbaren Dreiklängen entzerrt. Und genau diese hinter der Vielschichtigkeit verborgene Einfachheit, die Larcher als Puls und Rhythmus im Menschen verankert sieht, will er auf keinen Fall verleugnen: „Viele moderne Komponisten haben ein Misstrauen gegen die grundlegenden Dinge im Menschen entwickelt. Dagegen komponiere ich an. Musik muss vom Körper verstanden werden.“ Die Schwierigkeit beim Hören von Schönberg sei nicht die Atonalität und Dodekaphonie, sondern die Geschwindigkeit, mit der die musikalischen Ereignisse aufeinanderfolgen. „Ich komme da einfach nicht mit.“ Während er das sagt, wandert sein Blick nachdenklich zu Boden, als schaue er in seiner Partitur nach Noten, die er noch ausradieren kann. In diesem Augenblick erinnert er an einen der ganz großen österreichischen Komponisten, der auch von sich glaubte, gegen die Über�gur Beethoven ‚nicht mitzukommen’ – während er doch schon längst musikalisches Neuland betreten hatte, von dem andere nur träumen konnten: Franz Schubert. Burkhard Schäfer

Madhares, die neue CD von Thomas Larcher, wurde mit Till Fellner und Kim Kashkashian als Solisten, dem Quatuor Diotima und dem Münchener Kammerorchester unter Dennis Russell Davies eingespielt (ECM).

Mehr Larcher auf der crescendo premium-CD, Track 10 – 12.

Foto: Dominik Gigler / ECM Records

Thomas Larcher (47) gehört zu den ruhigeren Zeitgenossen des Gewerbes.


reportage 30 | www.crescendo.de 04 2010

Einmal Abu Dhabi und zurück Was passiert, wenn man einen Mitarbeiter zum Klassik-Festival an den Persischen Golf sendet? Wir haben es getestet. Ein Erlebnisbericht. V O N J E N S F. L AU R S O N

Wenn man noch nicht in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) war, weiß man über dieses sieben-geteilte Land von wetteifernden Scheichtümern nur bedingt viel: Hohe Häuser, phantasievoll gestaltete künstliche Inselwelten, eine Formel-1-Rennstrecke und ein bisschen Finanzkrise. Und – immerhin seit sieben Jahren in der Hauptstadt des Landes – auch das Abu Dhabi Festival, welches große Klassik verspricht und in diesem Jahr aus aller Welt Journalisten einlud, um darüber zu berichten. Ich war einer davon. Das Festival war schon in vollem Gang, als ich gefragt wurde, ob ich nicht kurzfristig nach Abu Dhabi reisen wollte. Als der Airbus von Ethiad Airways um acht Uhr Abends landete, erwartete mich eine Nachricht auf dem Telefon: „Körper vom Bruder des Scheichs gefunden. Festival für drei Tage wegen Staatstrauer abgesagt. Wollen Sie zurück�iegen oder bleiben?“ Scheich Ahmed bin Zayed Al Nahyan, der mit einem Segel�ugzeug in Marokko in einen Stausee stürzte, war nicht nur der Bruder von Scheich Khalifa bin Zayed Al Nahyan, dem Emir von Abu Dhabi und Präsidenten der UAE, sondern leitete auch den größten Staatsfonds der Welt, die Abu Dhabi Investment Authority. Den richtigen Vater oder Bruder zu haben ist im Scheichtum, mehr noch als in der (modernen) westlichen Welt, eminent wichtig. Die traditionelle Staatstrauer, streng in Abu Dhabi und etwas we-

niger streng in den anderen Emiraten zu befolgen, bedeutete, dass die schon in Kostümen, hinter der Bühne aufgereihten Ballettdamen, wieder herunterbeordert wurden. Und das bei der einzig ausverkauften Vorstellung des Festivals. Alle Radiostationen spielten nur noch Klassische Musik oder Korangesänge. Leif Ove Andsnes, der am nächsten Abend seine Show „Pictures Reframed“ darbieten sollte, nahm stattdessen den nächsten Flieger nach Hause, und Yundi (ehem. Yundi Li) konnte sich die Reise sparen: Sein Chopin-Abend �el ins Wasser. Allein das Pferderennen durfte noch beendet werden. Prioritäten gibt es schließlich auch in den UAE. Ich blieb natürlich, denn auch ein Klassikfestival mit wenigen klassischen Konzerten kann interessant sein, und ich war ja nicht für Leif Ove Andsnes oder Arabella Steinbacher in Abu Dhabi, sondern des allgemeinen Eindrucks wegen. Drei unerwartete Tage Freizeit erlauben einem, richtig herumzuschnuppern, Supermärkte und Moscheen zu besuchen, Restaurants zu erkunden. Das ganze Land scheint auf den ersten Blick leicht parfümiert zu sein. Der Flughafen. Das Taxi. Das Hotelzimmer. Der Aufzug. Eine in vielen Variationen, immer unterschiedliche Mischung aus Rosen, Apfelrauch und Schuhcreme. Das Klima im April ist schön warm, aber durch die hohe Luftfeuchtigkeit spürt man schon den heißen Sommer im Nacken, in dem alle Bewohner, die können, das Land verlassen. Später Oktober, November und Februar wurden mir von allen Seiten


Fotos: v.l. Abu Dhabi Festival, Abu Dhabi Tourism (2), Abu Dhabi Festival

www.crescendo.de 04 2010 | 31 reportage

v.l.n.r.: Der Schauplatz des Klassikfestivals von Abu Dhabi: Das mächtige Emirates Palace Hotel, Sonnenuntergang in der Stadt, Ankunft im Palace und die Gründerin der Abu Dhabi Music & Arts Foundation (ADMAF), Ihre Hoheit Hoda Al Khamis Kanoo.

als ideale Monate in Abu Dhabi empfohlen. In allen anderen Monaten spielt sich das Leben nur in klimatisierten Räumen ab, unterbrochen nur von Ortswechseln in eisig gekühlten Autos und Limousinen. Emiratis, die nur knapp 20 Prozent der Bevölkerung des Einwander- und Gastarbeiterlandes ausmachen, sind Sportfanatiker, was sich in den vielen Stadien wiederspiegelt, die man schon auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt Abu Dhabi – eine Insel ähnlich wie Manhattan – sieht. Alles auch zu später Stunde, denn die Emiratis sind Beleuchtungsmeister. Nicht nur die Stadien sind rund-um-die-Uhr beleuchtet. Auf als solche kaum zu erkennenden Baustellen ragen neunarmig grün-schimmernde Tentakeln in den Nachthimmel, wie gigantische Endzeitkraken … es sind die vielen Kräne, die man für Lichtinstallationen halten könnte. Schnell bemerkt man einen ästhetischen Grundunterschied zum Westen: Prunk – um nicht zu sagen: Protz – ist im Mittleren Osten keineswegs verpönt. Darüber könnte man leicht und sehr selbstgefällig-überlegen lächeln, aber das geht auf eine andere De�nition von Luxus zurück. Für den Deutschen – wenn wir schon mal in Stereotypen wühlen – ist Luxus, wenn er seinem Perfektionsdrang freien Lauf lassen kann. Reichtum in einem europäischen Haus zeigt sich am besten in der Küche oder im Bad. Im Mittleren Osten und Süd-Asien ist Luxus eher mit „Schönheit“ beziehungsweise Opulenz verbunden. Die repräsentativen Räume, das Wohn- und Empfangszimmer sind wichtig. Badezimmer nicht. Das sehr ungestörte Verhältniss zum Prunk erklärt vielleicht auch die „Guinnessbuch der Rekorde Mentalität“ der UAE. Zwar haben Nord Korea, Jordanien, und Turkmenistan inzwischen den höchsten Flaggenmastrekord überboten, aber Abu Dhabi hat immer noch den

größten durchgehenden Teppich der Welt, das (angeblich) teuerste Hotel der Welt, und nachdem man dem kleinen Pleitebruder Dubai mal eben mit 20 Milliarden Dollar unter die Arme griff, ist auch das höchste Gebäude der Welt in Dubai nach der Abu Dhabischen Regentenfamilie „Burj Khalifa“ benannt worden. Dabei ist alleine schon die Stadt an sich eine Leistung: Eine grüne urbane Oase, die sich aus der Wüste in die Weltöffentlichkeit entwickelt hat. Ein Las Vegas des Nahen Ostens, mit Pferde- und Kamelrennen anstatt Black Jack. Und wie in Las Vegas, nur in noch größerem Maßstab, ist auch die Kultur als Statussymbol besonders wichtig. In Nevada gab es eine Heremitage-dépendance, in Abu Dhabi wird kräftig an der Kulturinsel Saadiyat gebaut: Die Guggenheim-Zweigstelle bekommt ein von Frank Gehry ersponnenes Museum. Der Louvre ein hinreißend fragiles UFO-Rund von Jean Nouvel, und für Oper und Konzerte kreierte Zaha Hadid eine Behausung, die aussieht wie eine angeschmolzene Yacht. Tadao Ando präsentiert sich mit einem schockierend geschmackvollen, einfachen, zurückhaltenden Museum für das einzig genuin Emiratische auf der Insel: Ein Museum maritimer Kultur, das auf die tausende von Jahre alte Handels- und Perlen�schertradition des Arabischen Golfes blickt. Diese Insel ist Teil eines fast 30 Milliarden Dollar schweren Projektes, in dem es für das überschaubare Abu Dhabi Festival schon mal schwer sein kann, sich entsprechend bemerkbar zu machen. Doch nun zum eigentlichen Grund der Reise: Die Schirmherrin und Gründerin des Festivals und der dahinterstehenden Organisation, der Abu Dhabi Music & Arts Foundation (ADMAF), Ihre Hoheit Hoda Al Khamis Kanoo, ist eine zurückhaltend-glamouröse Dame

Es sind die vielen Kräne, die man für Lichtinstallationen halten könnte.


reportage 32 | www.crescendo.de 04 2010

mit großen und hehren Zielen über Kulturaustausch, Respekt und die Zukunft der Menschheit. Konkretes mag sie mit dem Festival zwar geschaffen haben, in einem einer Audienz gleichenden Interview beschränkt sie sich aber auf Plattitüden. Dass auch absolut ernst gemeinte Plattitüden Wert haben, soll hier nicht geleugnet werden; von Frauenrechten und kulturübergreifender Toleranz hört man gerne, besonders in arabischen Ländern. Da übersieht man schon mal die zum Teil spärlichen Zuschauerzahlen des hauptsächlich aus dem Westen stammenden Publikums im Auditorium des wie ein Märchenschloss anmutenden Emirates Palace Hotel. Der Beitrag von Jazz-Trompeter Wynton Marsalis zu alldem war indirekt, aber sein durch-und-durch professionelles Konzert begeisterte wie kein anderes, das ich besuchte. Kulturaustausch wurde auf der Bühne nicht nur gepredigt sondern vorgelebt. Der irakische Musiker Naseer Shamma, einer der großen Virtuosen der Oud – der federleichten Ur-Laute aus dem Mittleren Osten – kam auf die Bühne und dann improvisierten Marsalis, seine Band und Shamma zusammen in hinreißendem musikalischen Geben und Nehmen. Marsalis bekundete auf der Stelle den Beginn einer wunderbaren Freundschaft und zukünftiger Kooperation. Und Shamma konnte nach dem Konzert am Vorabend mit der Ägyptischen Philharmonischen Gesellschaft – das allerdings ein aus Lautsprechern schepperndes Rossini-Desaster war – glorios beweisen, was wirklich in ihm steckt. Dass bei dem Freiluft Konzert von Il Divo (Pop Lieder auf italienisch übersetzt, mit viel Vibrato und geballter Verstärkerkraft und unter schmachtenden Blicken dem Publikum als „Oper“ entgegengeschleudert) viele Emi-

ratis vor der Zugabe das Weite suchten, spricht für so etwas wie die Existenz eines Kulturübergreifendem Ästhetikverständnisses. Jalal Luqman, einer der wenigen Emiratischen Künstler von internationalem Rang und erfrischenderweise so gar nicht auf der of�ziellen „Make Nice, Not News“-Schiene des Landes, spricht ganz offen davon, dass die UAE versuchen, in weniger als 20, 30 Jahren aufzuholen, was andere Kulturen in 300 oder gar 3000 Jahren aufgebaut haben. Es fehle allerdings noch ein wenig das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in Eigenes, weswegen vom Diabetiszentrum über die Universitäten bis zu den Museen immer ein bekannter westlicher Partner Pate stehen muss. Die ganze Region denke in ikonischen Dimensionen, auch weil die Erfahrung des letzten halben Jahrhunderts dieses Denken bestätigt. Als der Jebel Ali Hafen von Dubai gebaut wurde, wollte keiner an Erfolg oder gar Auslastung glauben. Die Abu Dhabi-Dubai Autobahn, wo vorher nur eine staubige Schotterstraße war, wurde mild belächelt – inzwischen sind beide überlastet. Bis zur Finanzkrise (die Abu Dhabi kaum tangierte) gab es keine Obergrenze. Und so würde nun Kultur aus dem Boden gestampft werden. Jalal meint ganz unumwunden, dass Kultur in den Emiraten zwar auch – aber eben nicht nur – ein Feigenblatt und ein Spielzeug der Reichen sei. Kultur ist eine Zukunftsinvestition in Abu Dhabi, nicht nur als Tourismusattraktion für die Zeit nach dem Öl, oder um Dubai eins auszuwischen, sondern auch um sich als weltoffene, tolerante und deshalb �orierende Gesellschaft zu etablieren. In diesem Plan sind Colin Davis und Krysztof Penderecki zwei der tausend Blumen die im Scheichtum blühen sollen. //

Von Frauenrechten und kulturübergreifender Toleranz hört man gerne, besonders in arabischen Ländern.

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27.04.2010

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Gustav Mahler

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www.crescendo.de 04 2010 | 33 kolumne

DANIEL HOPE

schreibt exklusiv in crescendo

Kann Musik auch Lärm sein? Ich hatte mir vorgenommen, die anderen Hausbewohner ganz sanft an meine Übungsphasen zu gewöhnen und hatte deshalb mit einem Stück von Bach angefangen. Ich strich es vorsichtig an. Es dauerte nur wenige Minuten, dann klingelte es Sturm an der Tür. Draußen stand ein Mann im Unterhemd und brüllte mich an: „Mach mal leiser! LEI-SER!!“ Offensichtlich glaubte er es mit einer Stereo-Anlage zu tun zu haben. Viele Kollegen kennen das Problem – es wird wütend gegen die Wände geklopft oder auch schon mal die Polizei gerufen. Musikinstrumente können laut sein, selbst jene, denen man es zunächst gar nicht zutraut. Ein Flötist zum Beispiel muss bis zu 11 Dezibel an seinem rechten Ohr verkraften. Eine Geige ist kaum leiser und wenn die vereinten Blechbläser im Orchester losdonnern, können sie es, was die Lautstärke angeht, leicht mit einem startenden Jet aufnehmen. Aber kann Musik wirklich Lärm sein? Es leuchtet mir ein, dass man sich um die Musikerohren sorgt, so wie auch für Arbeitnehmer in lärmbelasteten Industriebetrieben Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen. Eine seit  geltende Richtlinie der Europäischen Union für Arbeitsschutz besagt hierzu, dass die Gesundheit dabei sogar gefährdet ist. Nicht die des Publikums, sondern der Musiker im Orchester, deren Ohren zeitweise mit Lautstärken beschallt werden, wie sie im sonstigen Leben von Presslufthämmern erzeugt werden. Und wenn ich an viele Musikerkollegen aus der Pop-Branche denke, die im Lauf ihrer Karriere erhebliche Gehörschäden davongetragen haben, muss man zugeben, dass es Musik gibt, die auch schädigend wirken kann. Die Komponisten der Gegenwart werden in Zukunft womöglich darauf zu achten haben, dass ihre Werke nicht die höchstzulässigen Dezibel-Werte überschreiten, weil Uraufführungen – wie bereits in einem Fall geschehen – sonst von Orchestern verweigert werden. Dabei findet man oft gerade die größten Geheimnisse der Musik – im pianissimo ... Daniel Hope ist ein britischer Weltklasse-Geiger mit irisch-deutsch-jüdischen Wurzeln. Besuchen Sie ihn auch unter www.danielhope.com

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gefördert durch


nachwuchsförderung 34 | www.crescendo.de 04 2010

Bitte Vorsingen

Die Audi Jugendchorakademie sucht und fördert junge Talente. In diesem Sommer darf der Chor sogar zusammen mit Stardirigent Kent Nagano auftreten. VON ROBERT K IT T EL

Foto: AUDI AG

Casting – eigentlich castet. Bei den Terminen ein seriöses englisches in Ingolstadt und Berlin Wort für das Auswählen saßen wichtige Entscheivon Schauspielern, Tänder am Pult: Martin zern oder Sängern, ist in Steidler, Professor an der den vergangenen Jahren Hochschule für Musik etwas in Verruf geraten. und Theater in MünDas liegt an Menschen chen, Christian Schmidt, Die Audi Jugendchorakademie bei der Aufführung von „Die Schöpfung“. wie Dieter Bohlen oder Professor für Gesang an Heidi Klum, die das der Hochschule für KaCasting als Plattform für quotenwirksame Zur-Schau-Stellung naiver tholische Kirchenmusik und Musikpädagogik in Regensburg, KamJugendlicher im Fernsehen missbrauchen. Dass sich dennoch Menmersänger Sibrand Basa, Dozent an der Musikhochschule Nürnberg schen �nden, die sich zu einem Casting trauen, spricht für den Mut und Mitglied im Vorstand des Bundes deutscher Gesangspädagogen unseres Nachwuchses. Castings sind – gerade im Musikbetrieb – eine und schließlich Sebastian Wieser, der Projektleiter der Audi Jugendgroße Notwendigkeit. chorakademie. Die Herren mussten in etwa 20 Talente auswählen, die In den vergangenen Monaten haben Musik-Experten wieder neue zu den bestehenden Mitgliedern der Jugendchorakademie hinzukomTalente für die im Jahr 2007 gegründete Audi Jugendchorakademie gemen. Jedes Jahr werden aufgrund von Alter, Umzug oder veränderten

„DIE QUALITÄT IST HOCHBEACHTLICH“ Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Musizieren weiterzugeben Staatsorchesters über seine Zusammenarbeit mit der Audi an die nachfolgenden Generationen. Jugendchorakademie: crescendo: Beim Konzert in der Münchner Kirche St. Michael, das ja crescendo: Sie konzertieren am . Mai zum ersten Mal mit der auch aufgezeichnet wird, stehen selten gespielte romantische ChorJugendchorakademie. Sie scheinen keine Berührungsängste mit werke auf dem Programm. Warum kein Standardrepertoire? einem Amateur- und Jugendchor zu haben? Nagano: Die musikalische Romantik hat sich nicht nur in der Oper, Nagano: Die bürgerliche Musikkultur wurde in großer Orchestermusik, in der Kammermusik, im seit dem 1. Jahrhundert ganz maßgeblich von klaviersolistischen Genrestück oder im Lied herausChorvereinigungen mit geprägt, deren Sänger gebildet, sondern vor allem auch in der Chormusik. vorwiegend Amateure waren und bis heute sind. Ist es nicht sinnvoll, ein Erinnerungsjahr für Robert Die richtige Mischung und die Qualität der choSchumann dazu zu nutzen, sein Werk, das ja generell rischen Erziehungsarbeit machen am Ende die nicht zu den Bekanntesten gehört, auf unbekannQualität des Chores aus und die ist bei vielen diete Kompositionen zu durchleuchten und diese auch ser sogenannten Amateurchöre hochbeachtlich! aufzuführen? Hinzu kommt, dass bei Jugendchören ein vitales crescendo: Die CD wird also eine Ersteinspielung Kent Nagano Engagement mitklingt, das sich charakterlich im muvon Schumann enthalten. Wie kommt es, dass es immer sikalischen Ergebnis unbedingt positiv niederschlägt. noch solche Lücken im Repertoire gibt? crescendo: Sie spielen aber dennoch in einer anderen musikalischen Nagano: Wo Werke wiederholt uraufgeführt werden, weil ihre Liga. Was motiviert Sie, sich um die Vermittlung von Musik an die Qualität stark ist und auf breite Zustimmung stößt, da bildet sich Jugend zu kümmern? Repertoire. Was aber nicht regelmäßig oder nicht immer wieder Nagano: Es gehört zu den wichtigsten Praktiken der Aufrechterhalaufgeführt wird, fällt schnell dem Vergessen anheim und so bilden tung von musikalischen Traditionen, die erworbenen Fähigkeiten, sich Repertoirelücken. Foto: Wilfried Hösl

Kent Nagano (59), Generalmusikdirektor des Bayerischen


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Foto: AUDI AG

Interessen ein paar der begehrten Plätze frei. Vor allem in diesem Sommer lohnt es sich, dem Chor anzugehören: Das Ensemble darf im Rahmen der Audi Sommerkonzerte zusammen mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Kent Nagano auftreten. Der Maestro ist inzwischen selbst ein Fan der jungen Talentförderung: „Die Zusammenarbeit des Bayerischen Staatsorchesters mit der Audi Jugendchorakademie sehe ich als ein vorzügliches Beispiel für gelungene musikalische Nachwuchsförderung“, so Nagano (ausführliches Interview siehe Kasten). Die Akademie feierte ihr Debüt im Sommer 2008 mit der Aufführung von Haydns „Schöpfung“. Wer es in den Chor schafft, verbringt zahlreiche Wochenenden bei den Proben für die Auftritte. Audi-Mitarbeiter Sebastian Wieser, der den Chor organisatorisch leitet, ist jedes Jahr beeindruckt vom Engagement der jungen Sänger: „An unseren Wochenenden proben wir zum Teil bis zu sieben Stunden pro Tag, und am Abend fangen die Jugendlichen dann an, ihre eigenen Instrumente auszupacken, um weiter Musik zu machen.“ Man müsse sie eher bremsen, so Wieser. Ist ein Teilnehmer an Bord, wird er von Audi eingeladen, an den Proben in einem Bildungshaus bei Deggendorf teilzunehmen. Die Kosten werden von der Firma übernommen. Das Engagement liegt immerhin im sechsstelligen Bereich. Für die Teilnehmer des Jugendchors ist die Begegnung mit den Pro�s eine große Chance: „Hier geht es um Musik, darum, das Potenzial und die Facetten einer Stimme zu erfassen, Farbe, Klang, Persönlichkeit, Auffassungsgabe und Interpretationsvermögen“, sagt Professor Martin Steidler, der den Chor musikalisch leitet. Aber natürlich gehe es auch darum, Stimmen zu �nden, die dem Chor etwas bringen, Fülle, Dynamik, Intonationssicherheit und Charakterkraft. Das musikalische Niveau der Castings sei überraschend hoch gewesen, �ndet Steidler. „Es ist schön, dass so viele talentierte Kandidaten teilnehmen möchten, auch wenn uns dadurch die Auswahl natürlich nicht leicht gemacht wird.“ Auch beim Castings kam es Bewerber beim Casting der zu schnellen Entscheidungen: Audi Jugendchorakademie. Manche waren eindeutig „dabei“, andere ebenso eindeutig nicht. Bei etlichen wurde überlegt, hin und her gewogen, austariert, gefragt, was der Chor braucht in puncto Ausgewogenheit, Farbigkeit und Balance. Schließlich geht es um den Gesamtklang des Flaggschiffs der kulturellen Jugendförderung von Audi in einem Projekt, das die jungen Stimmen mit einem der weltweit renommiertesten Orchester zusammenbringt. //

Audi Jugendchorakademie – live Die Audi Jugendchorakademie und das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung von Kent Nagano spielen am 30. Mai in der Münchner Kirche St. Michael. Zu hören sind „Die erste Walpurgisnacht“ von Mendelssohn Bartholdy, Brahms‘ „Nänie“ sowie die selten gespielte Chorballade „Der Königssohn“ von Schumann. Die Einnahmen des Konzertes kommen der neuen Orgel der Kirche zu Gute. Eine zweite Chance dieses Konzert zu erleben, bietet sich am 11. Juli bei den Audi Sommerkonzerten in Ingolstadt.

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Soll der Storch doch nach Ibiza fliegen! Das Leben des Friedrich Gulda aus Sicht von Sohn Paul und Lebensgefährtin Ursula Anders

Foto: Bob Coat

VON R ALF DOMBROWSK I

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1. Friedrich Gulda wird bei seiner Ankunft in New York 1950 nach Ellis Island abgeschoben. 2. Plakat für „Paradise Island“ 1992. 3. Der junge Gulda im Alter von ca. 20 Jahren. 4. Dreiländerkonzert in Ossiach. 5. Gulda im Wiener Hotel Imperial, fotografiert von Franz Hubmann. 6. 1993 in Frankreich. 7. 1948 beim Auftritt im großen Musikvereinssaal Wien. 8. Zusammen mit Joe Zawinul, dessen Sohn Eric, Guldas damaliger Lebensgefährtin Ulrike Rainer in Barcelona 1987. 9. Mit seinem Ferrari im Weißenbachtal 1996. 10. Mit dem österr. Bundeskanzler Bruno Kreisky. 11. Plakat der New Yorker Carnegie Hall. 12. Als Bariton-Saxophonist Anfang der 60er.

Sohn und Pianist Paul Gulda (49), mit dem Bildband über seinen Vater Friedrich Gulda.

Friedrich Gulda gibt noch immer Rätsel auf. Zu vieldeutig sind die Signale, die von ihm ausgingen, um ihn als Teil einer einzelnen Szene sehen zu können. Für den Pianisten selbst war das kein Widerspruch, denn er suchte nach dem Kern der Musik unter der Oberfläche der Erscheinung. Ob er ihn bei Mozart, Jazz oder Paradise Island fand, war nur ein gradueller Unterschied innerhalb des Systems. Am 1. Mai wäre der im Jahr  verstorbene Pianist und Pionier der Grenzüberschreitung  Jahre alt geworden. Die Fachwelt ehrt ihn mit einem Bildband, herausgegeben von seiner Ehefrau Ursula Anders, einer Veröffentlichung mit Kompositionen von Richard Strauss und einem zunächst nur in Österreich erhältlichen Big Band Album. Im Münchner Hofgarten trafen wir Friedrich Guldas Lebensgefährtin und Nachlassverwalterin Ursula Anders und seinen Sohn Paul Gulda und sprachen mit den beiden über Archivschätze, Richard Strauss und die Kunst der Zufriedenheit. crescendo: Wie verwaltet man ein Erbe wie das von Friedrich Gulda? Paul Gulda: Zunächst einmal mit Fleiß. Es ist sehr groß, sehr vielfältig ... Ursula Anders: Und es ist manchmal schwierig, weil viele Leute noch immer

Scheuklappen haben. Die einen wollen den Klassiker, die anderen nur Jazz. Und das, was er auf Ibiza gearbeitet hat, so etwas geht ja überhaupt nicht. crescendo: Es scheint ein ganzes Füllhorn unveröffentlichter Aufnahmen auf eine Bearbeitung zu warten ... Gulda: Es gibt noch ziemlich viel. Wir stehen vor Rundfunkarchiven, vor einer begrenzten Anzahl von verwertbaren und von Friedrich Gulda selbst erstellen Mitschnitten, die bei den Bach- und Chopin-Veröffentlichungen bereits eine gewisse Rolle gespielt haben. Dann gibt es private Archive wie in München von Loft Productions. Unser Hauptanliegen ist es, den produktiven und bis in die letzten Jahre kontroversen Friedrich Gulda in der ganzen Breite zu präsentieren. Es kann keine Option sein, nur alles Klassische heraus zu kramen und zu

Fotos: Alle Fotos entstammen dem Bildband „Friedrich Gulda“, mit freundlicher Genehmigung des Verlags „Bibliothek der Provinz“. Im einzelnen nach Nummern: 1./12. ullstein bild; 3./5./7. Franz Hubmann; 4. Michael Leischner; 6./8./9. privat; 10. Votava Bildagentur; 11. Carnegie Hall New York.


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Foto: Bob Coat

verhökern. Manchmal wird uns vorgeworfen, dass Großartiges präsentiert hatte. wir einfach Kasse machen wollen, aber genau das crescendo: Wie macht man aus einem derart bunten Gegenteil ist der Fall. Leben ein Buch? crescendo: Was fasziniert besonders an den FundstüAnders: Ich habe mich gefragt, was wirklich wichtig cken? in seinem Leben war und danach das Buch aufgebaut. Gulda: Mein Vater war ein Live-Spieler. Im Studio war Gulda fand die größte Befriedigung in seiner Musik. er zwar Top-Klasse und irrsinnig verlässlich, was für Ich erinnere mich da an einen Winterabend in WeiAufnahmeleiter sehr bequem war. Aber live war er ßenbach in meiner Wohnung. Er spielte einen Bach, um Längen besser. Es betonte imhimmlisch, überirdisch. Hinterher mer, er besäße ein Sensorium für meinte er dann: Ach, und nun sitze die Vibes des Publikums. ich wieder hier! Da war ich fast ein crescendo: Warum eigentlich Jowenig beleidigt. hann Strauss? Er ist ja weniger als crescendo: Als junger Mann Komponist für Klavier bekannt ... meinte Friedrich Gulda, er sei als Gulda: Der Ball kam von UniverPianist schon fertig ... sal Deutschland. Sie hatten eine Gulda: Wenn man mit der MechaAufnahme der Lieder mit Hilnik und dem Ergründen der techde Güden, außerdem eine alte nischen Geheimnisse des Klaviers „Burleske“ von 1 von der beschäftigt ist, nimmt das sehr viel Decca mit Anthony Collins. Ich Raum ein. Dann hat man den Blick meinte dann: Es gibt als lustige nicht ganz so frei für das, was als und ungewöhnliche Ergänzung Nächstes ansteht. Wenn man diese noch den „Bürger als Edelmann“ Voraussetzungen aber im kleinen aus Wien mit Maazel. Die ‚BurFinger hat, dann kann man den leske‘ habe ich mir dann angehört Geist schweifen lassen. Manche und fand sie sehr studiolastig. Ich haben sich damals über die Frühwusste aber, dass sie zu seinen vollendung Sorgen gemacht, aber Glanzstücken dieser Zeit gehördas war aus der Froschperspektive te. Also machte ich mich auf die gedacht. Wenn man im Tümpel Socken und habe eine lebhafteschwimmt, hat man Ängste, was re Aufnahme bei Radio Suisse passieren könnte, wenn man auf Romande gefunden, mit Ernest dem Hügel sitzt. Der Frosch macht Ansermet, der bereits Guldas sich da Gedanken um die Probleme Wettbewerbskonzert 1 dirigiert Lebensgefährtin Ursula und eines ihrer Lieblingsfaxe von des Storchs. Das klingt jetzt polehatte und ihn zu Höchstleistungen Friedrich Gulda, das auch im Buch abgedruckt ist: „Ich mischer als es gemeint ist. Soll der anspornen konnte. tu Dir hiermit telefaxen, Ich steh auf Deine süßen Haxen, Storch doch nach Ägypten fliegen, crescendo: Was war Show bei Drum wäre es ganz wunderschön, Tätst Du mit mir zum ist ihm eh lieber. Oder nach Ibiza. Friedrich Gulda? Hancock gehn. Ich hoff: Du bist schon da! (von Sachsen?) crescendo: Gab es für Friedrich Gulda: Es war meistens echt. Ich habe Fax z’rück und mach mir keine Faxen.“ Gulda eine Trennung zwischen ihn als ambivalent, bipolar in ErKunst und Leben? innerung. Er hatte einen sehr ernsten, strengen, unbedingten Zug Gulda: Ich habe ihn als jemanden erlebt, der zu  Prozent seiner in sich. Das aber war die Vorbedingung für sein unbändiges FreiExistenz Musiker war. Das sogenannte Leben fand zwischendurch heitsstreben. Sich aus seinen eigenen strengen Vorgaben mit Mühe statt, hier mal Tischtennis spielen, da mal Zeitung lesen. Aber und Lust zu befreien – das ist ein Januskopf. Deswegen wirkt es so, das waren kurze Atempausen in einer sich ständig mit der Kunst als könne das nicht derselbe Mensch sein. Gespielt war allenfalls befassenden Existenz. Wenn er am Ende des Lebens sagte, dass er manchmal eine gewisse Harmlosigkeit. Wenn er in Ruhe gelassen zwischen Techno und Mozart tiefe Gemeinsamkeiten fand, dann werden wollte, hat er sich in das Unverbindliche geflüchtet, in die war das auf den ersten Blick vielleicht eine irritierende Ansage. flotte Ansage für zwischendurch. Das war eine Schutzhaltung, um Aber seine Fragen handelten vom Gegenwärtigen, Vitalen, Tänmit manchen Leuten nicht wirklich ernsthaft reden zu müssen. zerischen, Mitreißenden, nicht vom Historischen, wo man die Anders: Das Publikum war manchmal sehr unsensibel. Wenn er etwas Haltung des Rezeptiven einnehmen konnte. Es ging um das: Wow! Schönes improvisiert hatte, dann kamen die Menschen hinterher, Da will ich mit! // um Fragen zu stellen oder Autogramme zu bekommen. Gulda sagte immer: Wartet, ich muss mich erst kurz frisch machen und fuhr Friedrich Gulda: spielt Richard Strauss. die Mauer hoch. Er hätte es nicht ertragen, wenn jemand zu ihm Burleske – 13 Lieder – Suite. mit Hilde gekommen wäre und gemeint hätte: Damals, die Beethoven-SonaGüden (Decca/Universal); Friedrich Gulda: Klavierabend (hänssler CLASSIC) ten, die haben sie so schön gespielt – wo er doch eben auch so etwas


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So kommt die Klassik zu Ihnen nach Hause ! ����������������������������������

... und das hören Sie auf der aktuellen crescendo CD:

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Igor Strawinsky „Symphonie de Psaumes“ Alleluia, Laudate Dominum, Collegium Vocale Gent, Royal Flemish Philharmonic, Philippe Herreweghe

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Robert Schumann „Fantasie C-Dur“ op. 17, Langsam getragen. Durchweg leise zu halten – etwas bewegter, Hideyo Harada

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Robert Schumann „Quintett Es-Dur“ op. 44, Scherzo, molto vivace, Christian Zacharias, Leipziger Streichquartett

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Robert Schumann „Papillons Nr. 11“ op. 2,

Matthias Kirschnereit

Profitieren Sie von den Vorteilen eines crescendo premium-Abos:

5

1. Sie erhalten zu jeder Ausgabe eine Gratis-CD

6

Benjamin Godard „Trio F-Dur“ op. 72,

Vivace, Trio Parnassus

mit Werken unserer im Heft vorgestellten Künstler.

7

Isaac Albéniz „Evocación“ Iberia, primer cuaderno Nr. 1, Lieske Spindler Guitars

2. Sie bekommen die ersten beiden Ausgaben

8

Gustav Mahler „Symphonie Nr. 2 c-Moll“ Andante moderato. Sehr gemächlich! Nie eilen! Bamberger Symphoniker, Jonathan Nott

inkl. CD gratis nach Hause geschickt.

3. Sie erhalten bei Abschluss eines Abos zusätzlich die CD „Mahler Lieder“ mit Elisabeth Kulman und Amarcord Wien (material records MRE027-2)

9

Solange der Vorrat reicht.

Klavier und Orchester I-III“, Till Fellner, Münchener Kammerorchester, Dennis Russell Davies

Gustav Mahler „Die zwei blauen Augen von meinem Schatz“, Elisabeth Kulman, Amarcord Wien 10 – 12 Thomas Larcher „Böse Zellen für

Johann Sebastian Bach „Partita II d-Moll“

BWV 1004, Giga, Isabelle Faust

Abo-Service crescendo Postfach 1363, 82034 Deisenhofen, Tel: 089/8585-34 52 Fax: 089/8585-36 24 52 GRATIS PROBELESEN! Bitte senden Sie mir kostenlos die nächsten beiden crescendo-Ausgaben inkl. 2 premium-CDs. Gebe ich Ihnen 10 Tage nach Erhalt des zweiten Heftes keine gegenteilige Nachricht, bin ich mit der regelmäßigen Weiterbelieferung einverstanden. Ich zahle dann nur 34,- EUR* jährlich für 7 Ausgaben inkl. festspiel-guide und 6 premium-CDs. Zusätzlich erhalte ich gratis als Dankeschön die CD „Mahler Lieder“ mit E. Kulman und Amarcord Wien (material records MRE027-2).

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Ich möchte meine Begrüßungs-CD gleich erhalten und entscheide mich daher schon jetzt für ein Abo. Die ersten beiden Hefte und premium-CDs erhalte ich gratis.

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jubiläum 40 | www.crescendo.de 04 2010

SERIE: ÖSTERREICH 2010, E I N JA H R F Ü R G U STAV M A H L E R ( T E I L 1 VO N 3 )

Der Weg in die Heimat VON UWE SCHNEIDER

Gustav Mahler eroberte die Wiener Hofoper und setzte neue Maßstäbe.

Fotos: v.l.n.r. : Österreichisches Theatermuseum; Österreich Werbung, Österreich Werbung/Bartl

Gustav Mahler und seine Wahlheimat Österreich.


Mal an der Wiener Hofoper. Auf dem Programm steht Wagners romantische Oper „Lohengrin“. Der Erfolg ist überwältigend,

Gustav Mahler und Wien, bis 03.10., Ausstellung, Wien, Österreichisches Theatermuseum, www.khm.at

„ganz Wien hat mich geradezu mit Enthusiasmus begrüßt“, be-

Mahler Spaziergänge, Wien, www.wien.info

richtet er danach selbst. Der Weg dorthin war für den jüdischen

– „Antipoden der Wiener Gesellschaft: Karl Lueger & Gustav Mahler“, bis 31.10., jeden Samstag – „Lieben Sie Mahler?“, Mai, Juni, September und Oktober, drei Sonntage im Monat

Komponisten und Dirigenten, der 1860 im böhmischen Kalischt geboren wurde, jedoch beschwerlich gewesen.

In der mährischen Garnisonsstadt Iglau verbrachte er als Zweitältester von 14 Kindern den größten Teil seiner Jugend. Der Vater, ein Despot, der die Mutter zum Krüppel schlug, löste ein schweres Trauma in Gustav aus. Doch der früh Musikbegabte schaffte seinen Weg aus der Provinz ans Konservatorium nach Wien, wo er sich mit seinem Kommilitonen Hugo Wolf anfreundet und schnell auf sich aufmerksam macht. Die Volks- und Tanzmusik Böhmens, Militärmusik und die Musik aus der Synagoge prägten den Jungen. Das Erbe dieses Einflusses ist bis in sein spätes kompositorisches Schaffen hinein zu hören. Die intensive und von Selbstdisziplin geprägte Lehrzeit erreicht ihren ersten Höhepunkt, als der erst 1-jährige in Laibach Theaterkapellmeister wird. In den nächsten Jahren erarbeitet er sich über Stationen in Olmütz, Kassel, Prag, Leipzig, Budapest und Hamburg einen exzellenten Ruf als Dirigent. „Mit unerbittlicher Strenge und dem verzehrenden Eifer, von dem er immer besessen war, forderte er die höchste Genauigkeit“, erinnert sich ein Zeitgenosse. Es ist sein Können und dieser Ruf, der ihm vorauseilt, der ihn rasch zu einem der führenden Dirigenten Europas werden lässt und der Johannes Brahms anlässlich einer „Don Giovanni“-Vorstellung in Budapest seine Bewunderung ausdrücken lässt. Doch Mahlers Ziel war seine Wahlheimat Österreich und die um 1 neben Paris wohl bedeutendste Kulturmetropole Europas: Wien. Doch um in Wien reüssieren zu können, hatte er das wohl größte Hindernis, sein Judentum, noch zu beseitigen und so konvertierte er – auch aus Furcht vor antisemitischen Hindernissen – zum Katholizismus. „Ich ziehe in die Heimat ein und werde alles daransetzen, um meine Wanderschaft für dieses Leben zu beendigen“, schreibt Mahler, als er von Hamburg Richtung Wien Abschied nimmt. Den Zeitgenossen gilt Mahler noch in erster Linie als bedeutender Dirigent. Als Komponist kann er jedoch bereits auf Wegweisendes für die Moderne zurückblicken: die ersten drei Sinfonien, zahlreiche

Foto: Österreich Werbung

Tipps: Begegnungen mit Gustav Mahler

Mahler in Österreich, ganzjährig, Schauraum, Wien, Haus der Musik, www.hdm.at Gustav Mahler, u.a., 30.5., Liederabend G. Nigl, Wien, Konzerthaus, www.konzerthaus.at Alma, 2.-25.7., interaktives Theaterstück, Wien, K.k. Post- und Telegrafenamt, www.alma-mahler.com MAHLER Contemporary, 9.-18.7., Musik-, Kunst- und Medienfestival, Musikforum Viktring Klagenfurt, www.musikforum.at Mahlers Wurzeln, 9.9., Konzert, Philharmonia Schrammeln, Wien, Österreichisches Theatermuseum, www.khm.at

Liedvertonungen und die (erst in den letzten Jahren wieder öfter aufgeführte) Kantate „Das klagende Lied“. Für zehn Jahre, 1 bis 1, war Gustav Mahler am Ziel seiner Träume angelangt, an der Wiener Hofoper. Er hatte die in Europa herausragende Stellung eines ersten Kapellmeisters und war von Kaiser Franz Joseph I. zum „artistischen Direktor“, zum Hofoperndirektor ernannt worden. Sein Wirken an der Wiener Hofoper gilt als epochal. Die hohe Qualität der Aufführungen und des Ensembles setzte neue Maßstäbe für die Zeit. Zugleich begründete er als Opernreformator in Wien das neuzeitliche Musiktheater in dem er das entwickelte, was wir heute Operninszenierung nennen. Diese Wiener Jahre waren nicht nur von einem großen Schaffensrausch geprägt, in Wien erfüllten sich auch Mahlers private Sehnsüchte. 1 heiratete er die fesselnde Alma Schindler, die selbst künstlerisch aktiv war und in den Kreisen der Wiener Sezession verkehrte. Sie war von Mahlers Persönlichkeit fasziniert. Mahler bestand darauf, dass Alma ihre künstlerischen Ambitionen aufgab und ihre Rolle als Ehefrau und Mutter annahm. Mit den beiden Töchtern verbrachte das Ehepaar die Sommermonate gemeinsam: Wandern, Schwimmen, Spazieren stand dann neben dem Komponieren auf dem Programm. Doch die Ehe zwischen dem arbeitswütigen Mahler und seiner von der Männerwelt verehrten Frau blieb nicht ohne Krisen. Der Wechsel des Lebens zwischen Stadt und Land blieb in Vielem nur ein Äußerer, der Komponist suchte über lange Jahre jeden Sommer in der Ruhe der Natur seine Inspiration. Im Idyll von Maiernigg am Wörthersee ließ er sich 1 – wie schon zuvor am oberösterreichischen Attersee – ein Komponierhäuschen bauen, in dem er in den Sommermonaten jene Werke schuf, die visionär die Wiener Moderne bis hin zu Arnold Schönberg und seinem Kreis mitprägten. // Mahlers Komponierhäuschen am Wörthersee ist heute ein kleines Museum.

Foto: Haus der Musik/Inge Prader

Wien am 11. Mai 1897: Gustav Mahler dirigiert zum ersten

Foto: Österr.Theatermuseum

www.crescendo.de 04 2010 | 41 jubiläum


Foto: Richard-Strauss-Festival

plus regional 42 | www.crescendo.de 04 2010

ODEON-Jugendsinfonieorchester München

Ein Ort der beflügelt

Das Richard-Strauss-Festival verwandelt GarmischPartenkirchen in ein Paradies für Strauss-Liebhaber und spürt den „Märchen und Mythen“ in seinen Werken nach.

VON ANTOINETTE SCHMELTER DE ESCOBAR

Im Winter Ski oder Snowboards zu schweren Stiefeln, warmen Jacken und Hosen. Im Sommer Wanderschuhe nebst Funktionskleidung von Kopf bis Fuß. Das sind die sportlichen Standard-Outfits von Gästen in Garmisch-Partenkirchen. Jedes Jahr im Juni haben viele von ihnen aber auch schicke Anzüge oder Kleider im Gepäck. Denn wer während des Richard-StraussFestivals kommt, kann Naturerlebnisse auf den nahen Bergen mit Hochkultur kombinieren. Oder sich komplett auf Konzerte & Co konzentrieren.

Foto: Richard-Strauss-Festival

R I C HARD-STRAUSS-FESTIVAL: 12. BIS 18. JU N I 2 010

Die Künstlerische Leiterin des Richard-Strauss-Festivals Ks. Brigitte Fassbaender.


www.crescendo.de 04 2010 | 43 plus regional

Richard-Strauss-Festival Garmisch-Partenkirchen vom 12. bis 18. Juni 2010 Informationen und Kartenservice: Foto: Günter Pilger

Tel.: +49-(0)8821-730 19 95, 0180-548 18 18 (14 Ct. /Min.)* www.richard-strauss-festival.de *aus dem dt. Festnetz; Mobilfunk kann abweichen

Fotos: links BR/Christian Kaufmann; oben Milena Schlösser; unten Juraj Novak

Richard-Strauss-Haus

Dirigent Ulf Schrimer, Ks. Deborah Polaski und Tenor Pavol Breslik. „Richard Strauss wird von Buenos Aires bis Tokio in hoher Qualität gespielt. Und schöne Musik in schöner Landschaft gibt es auch andernorts“, erklärt Christian Wolf, Leiter des Richard-Strauss-Instituts. „Was uns ausmacht, ist der Genius Loci und der programmatische rote Faden, bei dem Strauss in Kombination mit interessanten Werken anderer Komponisten und hervorragenden Interpreten erklingt.“ Richard Strauss in jenes Städtchen zurück zu holen, wo er 1 ein Haus bezog, 1 starb und „über alle Maßen inspiriert war“, ist auch für Brigitte Fassbaender ein „Glücksfall“. „Ich liebe Strauss, solange ich denken kann“, erinnert sich die Star-Sängerin, Regisseurin und

Intendantin. „Folgerichtig fühlte ich mich geehrt, als man mir  die Künstlerische Leitung antrug.“ Um das fortzusetzen, was illustre Vorreiter wie August Everding seit 1 zunächst als Wochenend-Veranstaltung entwickelten und dann ausweiteten, setzt sie auf je eine konzertante Oper wie dieses Jahr „Die Frau ohne Schatten“ mit dem Aalto Musiktheater Philharmonie Essen unter der Leitung von Stefan Soltesz, aus deren Thema das Motto des Festivals – 1 „Märchen und Mythen“ – resultiert. Hinzu kommen viele weitere Aufführungen Strauss’scher Werke sowie passender, anderer Komponisten von Vivaldi bis Sibelius, die renommierte Orchester, Dirigenten und Solisten wie das Münchner Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer, moderntimes_1, Vilde Frang, Pavol Breslik oder Sophie Koch bestreiten. „Eingeladene Musiker sind durchweg von der Idee begeistert, hier aufzutreten,“ freut sich Christian Wolf. „Dieser authentische Ort scheint auch sie zu beflügeln.“ Um für „geeigneten Nachwuchs“ zu sorgen, weil aus Brigitte Fassbaenders Erfahrung im Fall Strauss „Spezialisten gefragt“ seien, werden aber auch junge Talente gefördert – egal ob in Meisterkursen wie zum Beispiel einem von Ks. Deborah Polaski geleiteten GesangsMeisterkurs mit Schwerpunkt auf Liedern und Opern von Richard Strauss oder Instrumental-Konzerten der Gewinner des RichardStrauss-Wettbewerbs. „Es lohnt sich nicht nur, bei Stars hinzuhören, sondern ebenfalls Ohren und Augen für Karrieren am Anfang zu öffnen“, so Brigitte Fassbaender. Besonders stolz ist Christian Wolf auf ein Alleinstellungsmerkmal mit dem Garmisch-Partenkirchen punkten kann: die Jugendstil-Villa des Komponisten. Normalsterbliche müssen sich mit einem virtuellen Rundgang begnügen, der Teil einer Ausstellung im dort ansässigen Richard-Strauss-Institut ist. Mitglieder des Festspiel-Förderkreises hingegen bekommen Führungen durch das von Emanuel von Seidl gebaute Anwesen in der Zoeppritzstraße , das sich immer noch in Familienbesitz befindet. „Richard Strauss bedeutet für Garmisch-Partenkirchen ein großes Glück“, resümiert Christian Wolf. „Und das nicht nur während des Richard-Strauss-Festivals. Sondern ganzjährig, weil wir hier sein Leben und Werk erforschen und Sinfonie- und Kammerkonzerte organisieren.“ //

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16. J U LI – 5. SEP T E M BER 2010

«ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE» Cecilia Bartoli, Maxim Vengerov, Fazil Say, Vadim Repin, Mikhail Pletnev, Leonidas Kavakos, Valery Gergiev, London Symphony Orchestra, Russian National Orchestra, Gstaad Festival Orchestra, Arcadi Volodos, Patricia Kopatchinskaja, Alison Balsom, Jordi Savall, Giuliano Carmignola und weitere Highlights. Artist in Residence: András Schiff (Klavier) Vorverkauf: www.menuhinfestivalgstaad.com / Tel. 033 748 83 33

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15. Juli bis 12. September

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eben!

Rund 40 Konzerte an neun Wochenenden in den schönsten Schlössern, Kirchen, Burgen, Klöstern und Innenhöfen Mittelfrankens, z.B.: Amphion Bläseroktett, Bob van Asperen, Barockorchester La Banda, Kristian Bezuidenhout, Cantus Cölln, Michael Chance, Epoca Barocca, Flautando Köln, Hilliard Ensemble, Jos van Immerseel, The King‘s Singers, Emma Kirkby, Lautten Compagney, London Baroque, Tim Mead, Musica Fiata, Neobarock, Vokalensemble Peñalosa, Arthur Schoonderwoerd und Ensemble Cristofori, Christine Schornsheim, Anton Steck und Marieke Spaans u. v. a.

2010

1000 Jahre Musikgeschichte im Originalklang

Träger:

Karten in allen freigeschalteten Ticket-Online Vorverkaufsstellen oder: Telefon: 0981 / 46 64 50 11 (Kulturreferat des Bezirks Mittelfranken), 09123 / 954 49 31 (Büro Fränkischer Sommer) www.fraenkischer-sommer.de � info@fraenkischer-sommer.de

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plus regional 44 | www.crescendo.de 04 2010 2 5 . KISSINGER SOMMER: 7. JUNI BIS 18. JUL I 2 010

Gegenwart und Zukunft

Bamberger Symphoniker

Cecilia Bartoli, Lang Lang, Mariss Jansons, Kent Nagano – die Künstlerliste des KISSINGER SOMMERs 2010 liest sich wie ein Who is Who der aktuellen Klassikszene. In diesem Jahr feiert das Festival in der beschaulichen fränkischen Kurstadt sein 25jähriges Jubiläum. Und stellt erneut unter Beweis, dass Weltklasse auch und gerade fernab der Großstädte zu erleben ist.

Seit dem Gründungsjahr 1 steht Intendantin Kari Kahl-Wolfsjäger an der Spitze des Festivals – und hat damit wesentlichen Anteil am Erfolg. Die enorme Breite der Veranstaltungen, vom großen Orchesterkonzert bis zum intimen Liederabend, verleiht dem Festival seine hohe Attraktivität. Zu den Künstlern pflegt die Intendantin einen engen, fast familiären Kontakt. Einer von ihnen ist der Berliner Cellist Alban Gerhardt, der seit rund zwanzig Jahren regelmäßig beim KISSINGER SOMMER gastiert: „Mit ihrem wundervollen Charme schafft Kari Kahl-Wolfsjäger, die verschiedenartigsten Musiker an diesen Ort zu binden, der beinahe wie aus einem anderen Jahrhundert zu sein scheint. Das zeichnet Bad Kissingen aus: eine treue Intendantin mit

ihrem treuen Publikum, das seine immer wiederkehrenden Künstler in sein Herz geschlossen hat“, sagt Gerhardt, der am . Juni im RossiniSaal des Regentenbaus mit dem Philharmonia Quartett Berlin Schuberts Streichquintett in C-Dur spielen wird. Für den spektakulären Auftakt des Festivals sind zwei Künstler verpflichtet, die schon in den letzten Jahren immer wieder Akzente in Bad Kissingen gesetzt haben. Cecilia Bartoli singt beim Jubiläumskonzert am . Juni Lieder von Rossini, Bellini, Donizetti und weiteren Belcanto-Komponisten. Am Klavier begleitet sie kein Geringerer als der chinesische Starpianist Lang Lang – ein Zusammentreffen, das Seltenheitswert besitzt. Auch die gefeierten Sopranistinnen Mojca Erdmann und Christine Schäfer sind in Liederabenden mit Mendelssohn, Strauss und Schubert beziehungsweise Schumann, Brahms und Wolf zu hören. Das Abschlusskonzert der Bamberger Symphoniker (1..) unter ihrem Chefdirigenten Jonathan Nott mit Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ ist mit Ausnahmeinterpretin Waltraud Meier und Tenor Klaus Florian Vogt nicht nur für Gesangsfreunde ein

Foto: Richard Haughton

Hochkarätige Künstler und eine facettenreiche Programmgestaltung prägen seit 25 Jahren das Gesicht des KISSINGER SOMMERs und versprechen auch im Jahr 2010 höchsten Musikgenuss. VON GEORG RUDIGER


www.crescendo.de 04 2010 | 45 plus regional

Sa, 2. 10. 2010, 20 Uhr Eröffnungsabend »Humor in der ernsten Musik« BosArt Trio (Musikalisches Kabarett) Wolfgang Schäfer und Hans Hachmann | Sprache, Gesang Reinhard Buhrow | Klavier

Große Stimmen und erstklassige Instrumentalisten wie Cecilia Bartoli, Lang Lang, Waltraud Meier oder Leonidas Kavakos sind im Jubiläumsjahr in Bad Kissingen zu Gast.

So, 3. 10. 2010, 11 Uhr Matinée Philharmonisches Capriccio Berlin | Solisten der Berliner Philharmoniker

Fotos: v.u.n.o.: Yannis Bournias; Nomi Baumgartl; Detlef Schneider / DG; Universal;

Muss. Auch die weiteren Konzerte der Bamberger mit Leonidas Kavakos und Vadim Repin versprechen viel. Wie überhaupt das Orchesterprogramm einem Schaulaufen europäischer Spitzenensembles gleicht. Das von Jiri Belohlavek dirigierte BBC Symphony Orchestra London gastiert mit Nikolaj Znaider genauso wie mit Marie-Elisabeth Hecker und Elisabeth Leonskaja. Eine zweite seltene Gelegenheit bietet sich dem Publikum am 1. Juni, wenn Kent Nagano sich beim Eröffnungskonzert das Konzertpodium mit dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin und seiner Frau Mari Kodama am Klavier teilt. Weitere Highlights sind Auftritte der Tschechischen Philharmonie (.., ..), des Stuttgarter Staatsorchesters unter Manfred Honeck (11..) und des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons (Münchner Gala am ..). Die Klavierlegende Grigory Sokolov interpretiert im Regentenbau Bach, Brahms und Schumann (..), die Klarinettistin Sabine Meyer ist mit ihrem Mann und ihrem Bruder, beide ebenfalls Klarinettisten, „Zu Gast bei König Ludwig und Lola Montez“ in Bad Brückenau. Christian Tetzlaff und Lars Vogt spielen in einem Nachmittagskonzert Schumann, Mozart und Bartók (..). Neben vielen weiteren Prominenten der Klassikszene gibt es beim KISSINGER SOMMER auch junge Künstler zu entdecken wie am 1. Juli den gerade mit dem Young Artist Award der Credit Suisse ausgezeichneten deutschen Cellisten Nicolas Altstaedt in der Kissinger Klang-Werkstatt oder die junge chinesische Pianistin Sa Chen. Unter dem Motto „Die Stars der nächsten  Jahre“ treten am 1. Juli Musiker auf, die wie die Pianisten Martin Helmchen oder Nikolai Tokarew schon jetzt von sich hören machen. Und beim . Jubiläum des KISSINGER SOMMERs in  Jahren vielleicht bereits zu den lebenden Legenden gehören. //

Informationen und Kartenservice: Tel.: +49-(0)971-807 11 10 www.kissingersommer.de Kurgarten

Mo, 4. 10. 2010, 19.30 Uhr Liederabend Werner Güra | Tenor Christoph Berner | Klavier Di, 5. 10. 2010, 19.30 Uhr Romantische Chornacht Balthasar-Neumann-Chor und Solisten William Youn | Klavier Leitung: Tobias Hiller

1. bis 10. Oktober 2010

Mi, 6. 10. 2010, 19.30 Uhr Literarisch-Musikalische Soirée zum 200. Geburtstag von Robert Schumann Oberon Trio (Klaviertrio) Henja Semmler | Violine Rouven Schirmer | Violoncello Jonathan Auer | Klavier Stella Adorf | Rezitationen Do, 7. 10. 2010, 19.30 Uhr Klavierabend Rudolf Buchbinder | Klavier

Sa, 9. 10. 2010, 18.30 Uhr Kirchenkonzert Mari Vihmand: »Unterwegs« Ludwig van Beethoven: 9. Symphonie d-Moll op. 125 Melanie Diener | Sopran Barbara Hölzl | Alt Mirko Roschkowski | Tenor Michael Kraus | Bariton Staatsphilharmonie RheinlandPfalz Münchner Motettenchor Leitung: GMD Karl-Heinz Steffens So, 10. 10. 2010, 11 Uhr Abschlusskonzert Meisterkurs für Gesang »Die unterschätzte Kunst, Operette zu singen« Leitung: Ingeborg Hallstein So, 10. 10. 2010, 19 Uhr Festlicher Opernabend Giacomo Meyerbeer: »Alimenek oder Wirt und Gast« Erstaufführung Carl Maria von Weber: »Abu Hassan« Britta Stallmeister | Sopran Jan Kobow | Tenor Lars Woldt | Bass Chamber Choir of Europe mit Ensemblesolisten Württembergische Philharmonie Reutlingen Leitung: GMD Ola Rudner

Stand April 2010 | Änderungen vorbehalten Karten, Prospekte | Herbstliche Musiktage Bad Urach | Stiftung des Bürgerlichen Rechts Hermann-Prey-Platz 1 | 72574 Bad Urach | Telefon 07125 9460-6 | Fax 07125 9460-80 info@herbstliche-musiktage.de | www.herbstliche-musiktage.de

1. RUSSISCHES KAMMERMUSIKFEST

Hamburg 7 Konzerte 2. bis 12. September 2010 Arensky · Borodin · Bortkiewicz · Cui · Denissow · Falik Glazunow · Glière · Glinka · Gubaidulina · Ippolitow Iwanow · Katschaturjan · Krejn · Kussewitzky · Medtner Mussorgski · Nurymov · Prokofiew · Rachmaninow Rubinstein · Schurbin · Tschaikowsky Veranstaltungsorte: St. Johannis - die Kulturkirche Altona & Alfred Schnittke-Akademie Karten/Infos: Tel. 040.390 84 81 · www.musikfoerderung.de HANS-KAUFFMANNSTIFTUNG

Veranstalter:

Proobjekt

Foto: Bayerisches Staatsbad

KISSINGER SOMMER Bad Kissingen 7. Juni bis 18. Juli 2010

So, 3. 10. 2010, 19.30 Uhr Orchesterkonzert Dorothée Mields | Sopran Florian Prey | Bariton Lautten Compagney, Berlin Leitung: Wolfgang Katschner

Fr, 8. 10. 2010, 19.30 Uhr Kammermusiknacht »Rund um Schumann« Alexandra Petersamer | Mezzo-Sopran Florian Prey | Bariton Lena Neudauer | Violine Felix Nickel | Violoncello Florian Uhlig | Klavier


termine | 46 www.crescendo.de 04 2010

Juni / Juli /August: Diese Termine sollten PREMIEREN

6.6. Altenburg/Landestheater Manon Lescaut/G. Puccini

26.6. Augsburg/Theater Turandot/Giacomo Puccini

14.5. Augsburg/Theater I hate Mozart/Bernhard Lang im Rahmen des Augsburger Mozartfestes (Musiktheater)

6.6. Berlin/Komische Oper La Périchole/J. Offenbach

26.6. Plauen/Parktheater My Fair Lady/Frederick Loewe & Alan J. Lerner (Musical)

21.5. Basel/Theater (CH) La Calisto/Francesco Cavalli 22.5. Bielefeld/Stadttheater Der Wildschütz/Albert Lortzing

12.6. Wien/Volksoper (A) Die Entführung aus dem Serail/ Wolfgang Amadeus Mozart

29.6. Wien/Volksoper (A) Ballett Gala

„Aida“: Eindrucksvolles Schauspiel auf der Seebühne

24.5. Braunschweig/Stadthalle Mariinsky-Orchester & Hélène Grimaud, Ltg.: Valery Gergiev 25.5. München Jonas Kaufmann

29.5. Kaiserslautern/Pfalztheater Schwanensee/Peter I. Tschaikowsky (Tanz/Ballett)

26.5. Dortmund/Konzerthaus Academy of St Martin in the Fields & Murray Perahia 27.5. Salzburg/Festspielhaus(A) Brussels Philharmonic spielt Korngold & Rott

Foto: Bregenzer Festspiele/andereart

Stuttgart / Würzburg Den Ton dieses Cellisten berührt, sein Spiel begeistert – Nicolas Altstaedt. Die HaydnInterpretation dieses jungen Wilden kann man auf CD (mit der Kammerakademie Potsdam) genießen oder besser natürlich live mit dem Stuttgarter Kammerorchester am 24. und 27. Juni in Stuttgart und beim Mozartfest in Würzburg am 25./26. Juni. Am Pult steht sein Bruder Christoph. www.stuttgarter-kammerorchester.de / www.mozartfestwuerzburg.de Anschließend zu einer hausgemachten Pasta ins Da Franco. www.dafrancostuttgart.de

30.5. Erfurt/Theater Pique Dame/P. Tschaikowsky 30.5. Zürich/Opernhaus (CH) Rusalka/Antonín Dvorák 31.5. Berlin/Staatsoper U. d. Linden Gala 2010 der Staatlichen Ballettschule Berlin 3.6. Basel/Theater (CH) Messa da Requiem/G. Verdi 3.6. Schwetzingen/Schloss Le Père/Michael Jarrell (UA) 4.6. Eisenach/Landestheater Leonce und Lena/G. Büchner (Theater/Schauspiel) 4.6. Zwickau/Gewandhaus Genoveva/Robert Schumann

12.6. Düsseldorf/Savoy Theater Klazz Brothers

23.5. Zwickau/Robert-Schumann-Haus Wilhelm MeisterLiteratur und Musik

29.5. Graz/Opernhaus (A) La Sonnambula/Felice Romani

30.5. Berlin/Deutsche Oper Otello/Giuseppe Verdi

22.5. Berlin/Philharmonie Berliner Philharmoniker spielen Sibelius, Ltg.: Sir Simon Rattle

23.5. Baden-Baden/Festspielh. Renaud und Gautier Capuçon

22.5. Neustrelitz/Landestheater Ein Käfig voller Narren/Jerry Herman (Musical)

29.5. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Euryanthe/ Carl Maria von Weber

11.6. Dresden/Frauenkirche Literarische Orgelnacht bei Kerzenschein

22.5. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Operngala: Cosi fan tutte/W.A. Mozart

22.5. Bremerhaven/Stadttheater Der Silbersee-Ein Wintermärchen von Kurt Weill

In der Würzburger Altstadt ist das Restaurant Rebstock immer eine gute Adresse. www.rebstock.com

21.5. Göttingen/Stadthalle Messias/G.F. Händel, Bearbeitung Johann Adam Hiller (EA)

12.6. Dresden/Semperoper Lucrezia Borgia/G. Donizetti 12.6. Eisenach/Landestheater West Side Story/L. Bernstein 12.6.Frankfurt/BockenheimerDepot La Giuditta/F.A. de Almeida 13.6. Frankfurt/Opernhaus Fausts Verdammnis/H. Berlioz 16.6. Wien/Staatsoper (A) Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg/R. Wagner 18.6. Andechs/Florian-Stadl 2 nach Orff/Marcus Everding 19.6. Bielefeld/Stadttheater Der König Kandaules/Alexander Zemlinsky 19.6. Zürich/Opernhaus (CH) Salome/Richard Strauss 23.6. Wien/Theater a. d. Wien (A) Orlando misterioso-Eine inszenierte Liedreise 26.6. Aachen/Theater Der eingebildete Kranke/ Molière & Marc-Antoine Charpentier (Musikal. Komödie)

15.7. Wien/Theater a. d. Wien (A) Die Fledermaus/Johann Strauß (Operette)

29.5. Bremerhaven/Stadttheater Ballett-Gala „Spitzen-Tanz II“

13.6. Stuttgart/Akademie Schloss Solitude Ensemble NOA

29.-30.5. Dresden/Kulturpalast Helen Huang (Klavier)/Dresdner Philharmonie/Kurt Masur

15.6. Braunschweig/Dom St. Blasii Thomas Quasthoff & das Kammerorchester Wien-Berlin

29.5. Hamburg/Laeiszhalle Janine Jansen & Itamar Golan

16.6. Graz/Opernhaus (A) Schumann für Kinder

29.5. Neubrandenburg/Konzertkirche 29. Neubrandenburger Konzertnacht: „Asia“

19.6. Bad Kissingen/Max-Littmann-Saal Rosenball

30.5. Bad Kissingen/Regentenbau Ein Abend mit Schumann und Chopin 30.5. Berlin/Philharmonie Lang Lang/Orchester-Akademie d. Berliner Philharmoniker 30.-31.5. Frankfurt/Alte Oper Lise de la Salle

11.8. Schinznach-Dorf Aargau/ Stierkampfarena Carmen

2.6. Heidelberg/Stadthalle Nicolas Altstaedt

20.8. Augst/Augusta Raurica (CH) Alexanderfest/G.F. Händel

5.6. Essen/Welterbe Zollverein Klavierabend mit Jin Ju

KONZERTE

5.6. Eisenach/Landestheater Beethoven-Fest, alle neun Beethoven-Sinfonien an einem Tag

19.5. Berlin/Philharmonie Martin Helmchen 19.5. Göttingen/Apex Jazzkonzert mit dem Trio Imprint 19.5. Hamburg Jonas Kaufmann 20.-21.5. Dortmund/Konzerthaus Max Raabe & Palast Orchester

12.6. Leipzig/Gewandhaus 4. Mendelssohn-Gala 12.6. München/Gasteig Saxophonquartett sonic.art, Winners & Masters Konzert

30.5. Frankfurt/Alte Oper H. Grimaud & R. Capuçon

18.5. München/Philharmonie Trompeten-Gala mit Reinhold Friedrich & Hannes Läubin

Nach dem zweiten (Wagner-) Teil können dann Gourmetfreunde noch ins Restaurant August fahren und das grandiose Menu von Christian Grünwald genießen (Tel. 0821-35279).

29.5. Baden-Baden/Festspielh. Mahlers Sinfonie Nr. 3, Bamberger Symphoniker

21.7. Bregenz/Festspielhaus (A) Die Passagierin/M. Weinberg

18.5. München/Gasteig Festkonzert 25 Jahre Kulturkreis Gasteig

Augsburg Die Musik Richard Wagners hält alles aus. Auch die sehenswerte Choreographie von Amanda Miller zu „Tristan und Isolde“ im dreiteiligen Ballettabend „Ma.Donna“ am Theater Augsburg. www.theater1.augsburg.de

19.6. Dresden/Frauenkirche Bamberger Symphoniker unter Herbert Blomstedt 19.6. Kassel/Schloss Wilhelmshöhe Mandelring Quartett 21.6. Bremen/Die Glocke Anne-Sophie Mutter 21.6. Zürich/Opernhaus (CH) Liederabend Magdalena Kozena 22.6. Dresden/Semperoper René Pape 24.6. Eisenstadt (A) Schloss Esterházy Klassikstars im Schlosspark, Elina Garanca, Marcelo Álvarez u.a. 26.6. Bern(CH) Lang Lang

5.6. München/Allerh.-Hofkirche Matthias Kirschnereit spielt zum 200. Geburtstag Schumanns

26.6. Hörnum/Salon.budersand „Mein glückliches Leben“: August Zirner liest aus den Memoiren von Arthur Rubinstein, Bernd Glemser (Klavier)

5.6. Wolfsburg/Theater Orchesterkonzert für Kinder

27.6. Frankfurt/Bockenheimer Depot Ensemble Modern

8.6. Berlin/Kindl-Bühne Wuhlheide David Garrett „Live in Concert“-Tournee

20.7. Baden-Baden/Festspielh. Valery Gergiev

10.6. Berlin/Philharmonie Lauma & Baiba Skride 11.6. Bad Reichenhall/Theater Rigoletto konzertant

23.7. Altötting/Vorplatz der Basilika Händel: Wassermusik 25.7. München/Brunnenhof der Residenz Carmina Burana 27./29.7. Baden-Baden Gala


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29.04.2010

12:41 Uhr

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Sie nicht versäumen Wüstenoper im Bodensee Der späte Mahler Regisseur Graham Vick und Bühnenbildner Paul Brown haben Verdis Wüstenoper „Aida“ am Bodensee vor einem Jahr kurzerhand ins Wasser versetzt und Besucher und Kritiker begeistert. Aida ist auch im Sommer 2010 wieder zu sehen, Die unglückliche Liebesgeschichte zwischen der äthiopischen Prinzessin Aida und dem ägyptischen Feldherrn Radames fesselte schon bei der Premiere 1871 in Kairo das Publikum. Seitdem ist sie zu einem der beliebtesten und meistgespielten Werke der Opernliteratur avanciert. Bregenz, Seebühne/Festspielhaus 22.7.-22.8., www.bregenzerfestspiele.com

Für die Kritik sind sie DAS Mahler-Orchester der Stunde und sorgen mit ihren Interpretationen unter Jonathan Nott für Aufsehen: die Bamberger Symphoniker. Die in diesem Sommer erstmals veranstaltete „Biennale Bamberg“ steht ganz im Zeichen des 150. Geburtstages des Komponisten und setzt seinen Schwerpunkt auf den „späten Mahler“. Unter anderem mit dem „Lied von der Erde“ mit Waltraud Meier und Klaus Florian Vogt, der 8. und 9. Symphonie und einem Rahmenprogramm aus Recitals und Symposien zur Zeit um 1910. Bamberg, verschiedene Orte, 16.-25.7. www.bamberger-symphoniker.de

Tosca im Zentrum

Jubiläums Open Air

Die Opernfestspiele Heidenheim starten unter der Leitung des neuen Festspieldirektors Marcus Bosch in die Saison 2010 – im Mittelpunkt: Giacomo Puccinis Oper „Tosca“ auf der Freilichtbühne Schloss Hellenstein. Weitere Highlights sind das Eröffnungskonzert mit Dorothee Oberlinger, ein JazzKonzert mit Rebekka Bakken sowie die Kinderoper „Der Räuber Hotzenplotz“. Und mit dem neuen Congress Centrum Heidenheim steht 2010 erstmals auch ein Festspielhaus zur Verfügung. Heidenheim, Schloss Hellenstein 12.6.-1.8., www.opernfestspiele.de

Die Münchner Philharmoniker unter Thomas Hengelbrock eröffnen das Open Air Wochenende zum 10. Jubiläum. Nach Smetanas Ouvertüre „Die verkaufte Braut“ interpretiert Sol Gabetta Dvořáks’ Konzert für Violoncello und Orchester. Dann erwarten die Zuhörer Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“. Am 18. Juli leitet Mariss Jansons das Symphonieorchester des BR. Das Programm unter dem Motto „Ich lade gern mir Gäste ein“ bietet einen musikalischen Streifzug durch Wien. Solisten des Abends sind Angelika Kirchschlager, Thomas Hampson und Julian Rachlin. crescendo Leser erhalten bis 31. Mai mit dem Stichwort „crescendo“ 15% Rabatt auf die Kartenpreise. München, Odeonsplatz, 17. und 18.7., www.klassik-am-odeonsplatz.de

Romantik und Sehnsucht Wagners „Der fliegende Holländer“ und Bizets „Carmen“ mit den Münchner Symphonikern sind die großen Eigenproduktionen des 14. Opernfestivals Gut Immling. Außerdem gibt es Mozarts „Die Gärtnerin aus Liebe“, Spanische Feria, Romantische Lieder, „O sole mio“ und vieles mehr. An den beiden Familiensonntagen lockt Brittens Mysterienspiel „Arche Noah“, und mit der „Dschungelbuch“-Abschlussaufführung der 7. Kinder-Kulturwoche beschließt der Nachwuchs das Festival. Halfing, Gut Immling 20.6.-15.8., www.gut-immling.de

Einzigartig Umgeben von den Berchtesgadener Alpen begeistern bereits zum siebenten Mal hochkarätige Solisten im einzigartigen Ambiente des Alten Königlichen Kurhauses die Gäste des Kammermusikfestivals AlpenKLASSIK. Star-Pianist Pierre-Laurent Aimard steht vom 19. bis 22. August im Zentrum von vier Carte Blanche-Konzerten, WeltklasseEnsembles und erstklassige Solisten gestalten die Reihe „Übergänge – letzte Romantik“ vom 24.-29.8. und auch „Philharmonisches“ kommt am 23. und 28.8. mit der Bad Reichenhaller Philharmonie unter Thomas J. Mandl nicht zu kurz. Bad Reichenhall, Altes Königl. Kurhaus 19.-29.8., www.alpenklassik.com

Ein Fest der Romantik Am 8. Juni wäre der große romantische Komponist Robert Schumann 200 Jahre alt geworden. Düsseldorf gehörte zu den prägenden Stationen seines Lebens. Grund genug für eine prachtvolle Feier: Das Schumannfest Düsseldorf ehrt den Meister mit hochkarätigen Konzerten. Gratulanten sind Daniel Barenboim, Christoph Eschenbach, Paavo Järvi, Thomas Hampson, Janine Jansen, Thomas Zehetmair, Tzimon Barto, Frank Peter Zimmermann, Bernarda Fink, Cristina Branco und viele andere. Düsseldorf, 28.5.-14.6., www.schumannfest-duesseldorf.de

Musik zum Wohlfühlen Seit 25 Jahren setzen die Meraner Musikwochen auf höchste Qualität. Im Herbst gastieren in der Thermen- und Gartenstadt das Cleveland Orchestra, das Royal Philharmonic Orchestra London, die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker, die Kremerata Baltica oder das Gothenburg Symphony Orchestra. Der Pianist Fazil Say ist im September vier Mal mit eigenen Projekten zu hören Meran, verschiedene Orte 24.8.-27.9., www.meranofestival.com

BACH

IN ROKOKO SAMSTAG 25.09.2010 16 UHR BACH Weihnachtsoratorium IV-VI

SONNTAG 26.09.2010 16 UHR BACH, MOZART, ALLEGRI Augsburger Domsingknaben Residenz-Kammerorchester München Domkapellmeister Reinhard Kammler Frauenkirche Günzburg KARTEN: Augsburger Domsingknaben (0821) 51 00 88 www.augsburger-domsingknaben.de AZ-Kartenservice RT.1 (0180) 5 45 04 11 Günzburger Zeitung (08221) 9 17 40 Sparkassenhauptstelle in Günzburg

58. Festspiele Europäische Wochen Passau in Ostbayern, Böhmen und Oberösterreich

Frauengestalten – Frauen gestalten 10. Juni bis 18. Juli 2010 Highlights 12. Juni Anu Tali dirigiert das Münchner Rundfunkorchester 19.30 Uhr, Studienkirche St. Michael, Passau 18. Juni 8. Passauer Orgelnacht · Unserer Lieben Frau 21.03 Uhr, Dom St. Stephan, Passau 26. Juni Chopinnacht mit den Pianistinnen Ewa Kupiec und Martina Filjak 20.00 Uhr, Großer Rathaussaal, Passau 2. Juli La Betulia liberata · Oratorium von W. A. Mozart 19.30 Uhr, Basilika St. Mauritius, Niederalteich 7. Juli ECHO Klassik Die Sopranistin Nuria Rial und die Austrian Baroque Company 19.30 Uhr, Klosterkirche St. Margaretha, Osterhofen-Altenmarkt Informationen und Tickets Kartenzentrale der Festspiele Europäische Wochen Passau Dr.-Hans-Kapfinger-Straße 30, 94032 Passau Tel. 0851 / 490 831-0, Fax 0851 / 490 831-20 kartenzentrale@ew-passau.de

www.ew-passau.de


termine | 48 www.crescendo.de 04 2010 Juni / Juli /August: Diese Termine sollten Sie nicht versäumen 30.7. Ismaning/Kallmann-Museum Jazz: Liquid Blue

15.5.-22.5. Thiersee u.a. Orte (A) Tiroler Beethoven-Tage

19.6. Augsburg/Innenstadt Die Lange Ital. Nacht der Kunst

13.-18.7. Landshuter Hofmusiktage

24.7.-1.8. Tomils/Graubünden (CH) Domleschger Sommerkonzerte

4.8. Baden-Baden/Festspielh. Wagner: „Tristan und Isolde“, 2. Akt/Richard Wagner

18.5.-21.8. Burgfestspiele Mayen

19.6.-12.7. Zürcher Festspiele (CH)

15.8. München/Allerh.-Hofkirche Gidon Kremer & Valéry Afanassiev

20.6.-15.8. Gut Immling/Halfing Opernfestival Gut Immling

13.-25.7. Herrenchiemsee Festspiele

24.7.-7.8. 25. Davos Festival (CH)

19.5.-6.6. Dresdner Musikfestspiele 21.5.-26.5. Marktoberdorf Musica Sacra

24.6.-31.7. Münchner Opernfestspiele

21.5.-24.5. Salzburg(A) Pfingstfestspiele

25.6.-4.7. Bozen(I) Südtirol Jazzfestival

22.5. München/Gasteig KLANGFEST München 2010

25.6.-10.7. Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen

22.-24.5. Möhnesee/div. Orte 21. Drüggelter Kunststückchen

25.6.-18.7. Antikenfestspiele Trier

15.8. Stuttgart/Akademie Schloss Solitude Saphir Quartett 3.9. Schwarzenberg/St. Georgenkirche Collegium Vocale Gent, Philippe Herreweghe 5.9. Stuttgart/Akademie Schloss Solitude Lerchenquartett

FESTSPIELE/ FESTIVALS bis 15.5. Lübeck 20. Kammermusikfest

24.7.-10.8. Opera viva Obersaxen (CH)

15.-25.7. Rossini in Wildbad 15.7.-12.9. Mittelfranken Fränkischer Sommer - Musica Franconia

24.7.-28.8. Wernigerode Wernigeröder Schlossfestspiele

16.-23.7. Nürnberg/Opernhaus Internationale Gluck-OpernFestspiele

25.7.-30.8. Salzburger Festspiele (A)

25.7.-28.8. Bayreuther Festspiele

27.-31.7. Emmental (CH) 20. Langnau Jazz Nights

16.-25.7. 1.Biennale Bamberg

29.7.-8.8. Darmstädter Residenzfestspiele

22.-30.5. Baden-Baden Pfingstfestspiele

29.7.-15.8. Grein/Strudengau(A) donauFestwochen

28.-30.5. Rellingen bei Hamburg 25. Mai-Festival Rellinger Kirche

30.7.-8.8. Internationale Fredener Musiktage

28.5.-14.6. Schumannfest Düsseldorf

30.7.-14.8. OperettenSommer Kufstein (A)

bis 16.5. Augsburger Mozartfest

30.5.-9.7. Jazz Fest Wien (A)

30.7.-19.8. Oberstdorfer Musiksommer

bis 22.5. Int. Bodenseefestival

2.6.-6.6. Bad Arolsen 25. Arolser Barock-Festspiele

31.7.-8.8. Sommerliche Musiktage Hitzacker

bis 25.5. Internationale HändelFestspiele Göttingen bis 10.6. Klangvokal Musikfestival Dortmund

Gut Böckel Wer hätte sie nicht gerne als „Die Frau nebenan“ (Film von Francois Truffaut): Fanny Ardant ist eine der ganz besonderen Frauen des französischen Kinos. Ihr Projekt „Chants d‘est“ mit der Cellistin Sonia Wieder-Atherton macht Station auf Gut Böckel in OstwestfalenLippe. Dort wandelt man auf den Spuren von Hertha Koenig und Rainer Maria Rilke, deren Briefe von Matthias Bundschuh & Caroline Ebner gelesen werden. Und zwischendurch gibt es ein westfälisches Menu im Roggenhaus und im Haferhaus. Ein Samstag auf dem Lande am 22. Mai als perfekte Alternative zum Champions League Endspiel des FC Bayern www.wege-durch-das-land.de bis 13.6. Schwetzinger SWR Festspiele bis 13.6. Wolfsburg/Autostadt Movimentos Festwochen bis 20.6. Wiener Festwochen (A) bis 23.7. Essen/Ruhrgebiet Klavier-Festival Ruhr bis 13.8. Savognin(CH) Origen Festival Cultural bis 26.9. Ottobeurer Konzerte bis 31.12. Ruhrgebiet RUHR.2010 bis 31.12. Salzburger Schlosskonzerte (A) bis 31.12. Zwickau 200 Jahre Robert Schumann 15.5.-26.9. Klosterkonzerte Maulbronn

2.6.-13.6. Feldkirch Festival (A) 3.6.-31.7. Ludwigsburger Schlossfestspiele 4.-6.6. Heilbronn Beethoven Festival - neun Sinfonien an nur einem Wochenende 4.-12.6. Berlin/Akademie der Künste poesiefestival berlin 4.6.-13.6. Nürnberg Int. Orgelwoche ION-Musica Sacra 4.6.-27.6. Hannover KunstFestSpiele Herrenhausen 4.6.-4.7. Mozartfest Würzburg 5.6.-13.6. Int. Musikfestival Oldenburger Promenade 5.6.-29.8. Meininger Theatersommer 5.6.-3.10. Bernkastel-Kues Mosel Musikfestival 7.6.-18.7. Bad Kissingen 25. KISSINGER SOMMER 8.6.-12.6. Salzburg(A) Schumann Festival 10.6.-18.7. Festspiele Europäische Wochen Passau 11.6.-20.6. Bachfest Leipzig 11.6.-27.6. Musikfestspiele Potsdam Sanssouci 12.6.-18.6. Garmisch-Partenkirchen Richard-Strauss-Festival 12.6.-19.6. St. Moritz(CH) Resonanzen 12.6.-1.8. Schloss Hellenstein Opernfestspiele Heidenheim 12.6.-8.8. 60. Bad Hersfelder Festspiele 12.6.-12.8. Weißenburg in Bayern Festspielsommer 13.6.-12.9. 20. Festspiele Mecklenburg-Vorpommern 18.6.-27.6. Schubertiade Schwarzenberg (A) 18.6.-8.8. Kloster Andechs/FlorianStadl Carl Orff-Festspiele

Ruhe, Inspiration, Musik: beim Menuhin Festival Gstaad

25.6.-25.7. Graz(A) styriarte 25.6.-31.7. Festival de Wiltz (L) 25.6.-1.8. Schlossfestspiele Schwerin 25.6.-10.8. Wörgl/Tirol(A) Academia Vocalis Konzerte 26.6.-10.7. Sils, bei St. Moritz (CH) Opera St. Moritz 26.6.-1.8. Augsburg Turandot/ Die Comedian Harmonists 26.6.-14.8. Rheinsberg 20. Festival junger Opernsänger 26.6.-28.8. Rhein-Main-Region Rheingau Musik Festival 1.-10.7. Kreuth/Tegernseer Tal Int. Oleg Kagan Musikfest) 2.-16.7. Opernfestival Avenches (CH) 3.7.-12.9. Wien(A) MusikfilmFestival am Rathausplatz 8.-19.7. Flims(CH) flimserstein.ch 8.7.-1.8. Tiroler Festspiele Erl (A) 8.7.-15.8. RheinVokal-Festival am Mittelrhein 8.7.-28.8. Ossiach/Villach(A) Carinthischer Sommer 9.-31.7. Ingolstadt Audi Sommerkonzerte 9.7.-15.8. Engadin/St. Moritz (CH) 70. BSI Engadin Festival 10.7.-8.8. Toblach/div. Orte (I) Gustav Mahler Musikwochen 10.7.-29.8. 25. Schleswig-Holstein Musik Festival 11.-31.7. Arosa Musik Theater (CH) 12.7.-10.8. Wörgl/Tirol (A) Academia Vocalis-Meisterkurse

Foto: Menuhin Festival Gstaad

bis 16.5. Musica Bayreuth

29.5.-30.9. Festival International Echternach (L)

6.-14.8. Fantastival Dinslaken 6.-22.8. Berlin/Konzerthaus Young Euro Classic 6.-22.8. Schlossfestspiele Zwingenberg

16.7.-1.8. Verbier Festival (CH)

8.-22.8. Dresden/Moritzburg Moritzburg Festival

16.7.-8.8. Ostfriesland Musikalischer Sommer

8.-29.8. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik (A)

16.7.-8.8. Schwäbisch Gmünd Festival Europ. Kirchenmusik

11.-22.8. Schinznach-Dorf (CH) Carmen/George Bizet

16.7.-22.8. Kölner Sommerfestival

12.8.-18.9. LUCERNE FESTIVAL im Sommer (CH)

Berlin Gänsehaut ist garantiert bei dieser „Otello“-Besetzung an der Deutschen Oper Berlin: José Cura, Zeljko Lucic und Anja Harteros, die in München in dieser Saison die „Don Carlo“-Elisabeth zum Niederknien schön gesungen hat. Vielleicht aktuell die schönste Verdi-Stimme in diesem Fach. Ab 30. Mai. Www.deutscheoperberlin.de Anschließend 15 Minuten bei einem Spaziergang ausatmen und zu gutem Rotwein ins Il Calice am Walter-Benjamin-Platz. www.enoiteca-il-calice.de 16.7.-5.9. Menuhin Festival Gstaad (CH) 17. und 18.7. München Klassik am Odeonsplatz 18.-25.7. Mannheim und Schwetzingen Mozartsommer 18.7.-3.9. Kassel und die Region Kultursommer Nordhessen 21.7.-22.8. Bregenzer Festspiele (A) 23.-25.7. Augsburg Konzerte im Fronhof 23.7.-1.8. Waldhaus Konzerte Flims (CH)

14./15.8. Hochschwarzwald/ Titisee-Neustadt Schwarwaldmädel/Open Air 14.8.-29.8. Erfurt DomStufen-Festspiele 19.8.-29.8. Bad Reichenhall AlpenKLASSIK 19.8.-21.8. Goslar/Steinbergwiese Musik 21 Festival 20.8.-10.9. Graubünden(CH) Art and Symphony 20.8.-10.10. Ruhrgebiet Ruhrtriennale 21.-28.8. Lüneburger Bachwoche 21.8.-11.9. Musikfest Bremen 24.8.-27.9. 25. Meraner Musikwochen (I) 26.8.-15.10. Ascona(CH) 65. Settimane Musicali 27.8.-5.9. Kloster Irsee/Allgäu Musikfestival KLANG & RAUM 28.8.-19.9. Musikfest Stuttgart 1.-11.9. Füssen Festival vielsaitig 2.-12.9. Hamburg 1. Russisches Kammermusikfest 3.-12.9. Annaberg-Buchholz Musikfest Erzgebirge 3.-11.9. 10. Bachtage Potsdam 5.-25.9. 30. Domkonzerte Königslutter


www.crescendo.de 04 2010 49 | termine

Tradition und Innovation

Leben und Tod

Was 1957 mit zwei Konzerten des Jahrhundert-Geigers Yehudi Menuhin in der Kirche Saanen, begann, ist heute einer der größten Klassikevents der Schweiz: Das Menuhin Festival Gstaad. Intendant Christoph Müller hat das Festival mit einer Kombination von Tradition und Innovation, Stars und jungen Talenten sowie Kammermusik und Sinfoniekonzerten ins 21. Jahrhundert geführt. Die rund 50 Konzerte finden in den Kirchen des Saanenlandes, in Alphütten, Berghäusern und im eleganten Konzertzelt statt. Meisterkurse sowie Orchesterwochen für Jugendliche und Amateurmusiker ergänzen das Angebot. In der ursprünglichen Natur der Region finden sowohl Publikum als auch Musiker Ruhe, Kraft und Inspiration. Gstaad, 16.7.-5.9. www.menuhinfestivalgstaad.com

Die Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra (ION), ist eines der wichtigsten Festivals für Geistliche- und Orgelmusik weltweit und ein Forum der Zeitgenössischen Kirchenmusik. Dieses Jahr unter dem Motto „Vita et Mors – Mors et Vita“. Erstes Highlight ist die Uraufführung des „Dies Irae“, eines Auftragswerks der ION aus der Feder des diesjährigen Composers in Residence, Rodion Schtschedrin. Drei weitere Weltpremieren, Konzerte und unkonventionelle Rahmenveranstaltungen sind die Zutaten dieses künstlerisch-spirituellen Schmelztiegels. Nürnberg, 4.-13.6. www.ion-musica-sacra.de

Klangraum Mittelmeer Im unvergleichlichen Ambiente des Schwetzinger Schlosses finden noch bis 13.6. die Schwetzinger SWR Festspiele statt. Im umfangreichsten Konzertschwerpunkt „Mare Nostrum – Klangraum Mittelmeer“ sind unter anderem Stars wie Patricia Petibon, Fazil Say oder Christina Pluhar und ihr Ensemble L’Arpeggiata zu hören. Von Liederabenden mit Christoph Prégardien über ein vierteiliges Streichquartett-Projekt zu Brahms und Bartók bis hin zur Opernuraufführung von Michael Jarrells „Le Père“ wird auch im 58. Jahr ein facettenreiches Programm präsentiert. Schwetzingen, Schloss, bis 13.6. www.schwetzinger-festspiele.de

musica sacra Das Sommerfestival im UNESCOWelterbe bietet im Juni eine musica sacra mit sechs Konzerten. Besonders interessant ist die Aufführung des Oratoriums „Die letzten Dinge“ von Louis Spohr. Weitere musica-sacra-Konzerte unter anderem mit der Hamburger Ratsmusik und der Lautten-Compagney Berlin stehen auf dem Programm. Im Juli bieten die Klosterkonzerte Maulbronn dann Orchester,- Kammermusik- und unterhaltende Kreuzgangkonzerte. Maulbronn, Kloster, 15.5.-26.9. www.klosterkonzerte.de

Reigen der Jubilare Eine „Liaison aus Kultur und Natur“ und ein kreatives Konzertprogramm locken ins Allgäu. Prominente Interpreten wie Ruth Ziesak, Claudio Bohórquez oder das Trio Opus 8 sowie junge Elite würdigen mit Orchesterwerken und Kammermusik die Jubilare Schumann, Chopin, Mahler und Bernstein. Virtuose Geigenkunst stellt Tanja BeckerBender mit ihrem Capricen-Programm vor. Internationale Meisterkurse und die Orchester-Akademie sind Treffpunkte für junge Musiker. Oberstdorf, 30.7.-19.8. www.oberstdorfer-musiksommer.de

Wolfgang Amadeus Mozart

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Die Zauberflöte

25. Juni –10. Juli 2010

Karten: (0 36 31) 98 34 52 | www.schlossfestspiele-sondershausen.de

Platzmangel ? Hier die Lösung !

Feier der Nacht Alle Künstler wie Annette Dasch, Isabelle Faust, Mischa Maisky, Klaus Maria Brandauer, Meta4 und viele andere haben ihre Programme auf das Thema „Nacht“ zugeschnitten. Zu seinem 200. Geburtstag ist Schumann ein ganzer Zyklus mit den großen chorsymphonischen Werken gewidmet. In einem „Vesper-Projekt“ werden Monteverdis und Alessandro Grandis „Marienvespern“ einander gegenübergestellt. Kurt Weills Kinderpantomime „Die Zaubernacht“ erlebt ihre Welterstaufführung im Rahmen des Musikfests Stuttgart. „Bachnächte“ an stimmungsvollen Orten beschließen die Tage. Stuttgart, 28.8.-19.9., www.musikfest.de

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Jazz in Südtirol Der Schwerpunkt des Südtirol Jazzfestivals liegt in Bozen, mit acht der zehn Hauptabendkonzerte der Reihe „Mainstage“. Umfangreiche Jazz-Programme mit mehr als 60 Konzerten finden aber auch auf den schönsten Plätzen, in Burgen, Weingütern und Berggipfeln der Region statt. Auch die Konzertreihen Jazz & Wine und Jazz on the Mountains stehen wieder auf dem Programm. „Wir können somit ein Kulturereignis anbieten, bei dem flächendeckend höchste Qualität und Weltniveau geboten wird“, betont Festivalleiter Klaus Widmann. Bozen, 25.6.-4.7. www.suedtiroljazzfestival.com

Wahr oder nicht? Fantasie und Wirklichkeit – zwischen diesen Polen künstlerischer Wahrnehmung stehen die Jubilare Robert Schumann und Frédéric Chopin, und der Dichter Heinrich Heine, der mit dem Schaffen dieser beiden Komponisten eng verbunden ist, im Mittelpunkt des Internationalen Bodenseefestivals. Artist in residence ist Pianist und Dirigent Stefan Vladar, der Orchesterkonzerte und Kammermusikabende gestaltet. Daneben gibt es ein großes Angebot an Klassik- und Jazzkonzerten, Literatur- und Theaterveranstaltungen sowie Ausstellungen. Bodensee und Region, bis 22.5. www.bodenseefestival.de

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lieto fine 50 | www.crescendo.de 04 2010

AUF EINE CD MIT JOACHIM KAISER

„Dass Schumann ein Zerrissener war, ist doch klar“ Deutschlands Kritiker Nr.1 erklärt uns die Welt der Klassik. Thema diesmal: Robert Schumann und sein 200. Geburtstag .

crescendo: Im Juni feiert Robert Schumann seinen crescendo: Goethe hat geschrieben: „Das Klassi-

Foto: Bob Coat

und seine bipolare Störung an. Neulich mein. Geburtstag. Berührt Sie das? sche nenne ich das Gesunde, und das Romantite ein Intendant, dass Schumann jetzt, wo die Kaiser: Wenn ein unbekannter Komponist vor  sche das Kranke.“ Trotzdem zieht es Sie an? Gesellschaft offen über das Thema Depression Jahren gestorben ist, sage ich mir schon: Hm, Jo- Kaiser: Natürlich. Die „Trauermarschsonate“ von spricht, neu entdeckt werden könne ... chen, vielleicht hast du dich um den zu wenig Chopin oder eben Schumanns „Humoreske“, Kaiser: Naja, wer Musik liebt, der weiß inzwigekümmert. Einer wie Schumann aber braucht das ist wunderbare Musik. Trotzdem kommt es schen, dass die große Musik nicht von Leuten so ein Jubiläum nicht. Der ist immer präsent. Ein immer darauf an, dass das ästhetische Gelingen komponiert wird, die unverstörte optimistische dem seelischen Zwiespalt angemessen ist. Klavier- oder Liederabend ohne Schumann ist Seelen haben. Dass Schumann ein Zerrissener crescendo: Sie haben Robert Schumann mal als heute ja kaum denkbar. war, ist doch klar, und wer im Jahr 1 hercrescendo: Wann hat er Sie zum ausfindet: „Donnerwetter, wie ersten Mal richtig gepackt? interessant, die Menschen haben Kaiser: Mein Vater spielte oft Depressionen“, der ist ein bisschen seine Violinsonaten. Da war spät dran. Im Übrigen hatte er auch ich fünf oder sechs. „Du Papa, manische, glückliche Phasen. das ist tolle Musik“, sagte ich. crescendo: Zum Beispiel? Und mein Vater sagte: „Ach, Kaiser: Im ersten Jahr der Ehe mit mein Söhnchen, der Schumann Clara schrieb er 1 Lieder. Die schreit immer so. Schubert war Liebe muss ihn unglaublich beflüviel weniger aufgeregt und hatgelt haben. te genauso viel zu sagen.“ Heute crescendo: Kennt der Kritiweiß ich, dass er mich nur bremker Joachim Kaiser dieses Gefühl sen wollte. auch? crescendo: Bremsen, weil SchuKaiser: Wenn man sich verliebt, mann so gefährlich romantische macht das Leben einfach mehr Spaß. Da lasse ich fünf auch mal gerade Musik geschrieben hat? Kaiser: Naja, seine „Humoreske“ sein und habe weniger Lust, jemanden zu verreißen. Trotzdem glauzum Beispiel ist ja alles andebe ich nicht, dass meine Kritiken re als lustig. Chopin hat auch Joachim Kaiser mit crescendo-Autor Tobias Haberl im Wohnzimmer anders ausgefallen sind, wenn ich romantische Musik ohne dopseines Hauses in München-Schwabing. frisch verliebt war. pelten Boden geschrieben. Aber Ihren Lieblingskomponisten angegeben. Was ist crescendo: Was empfehlen Sie einem SchumannSie haben schon recht, Schumann ergreift einen, Einsteiger? weil er kein Weltanschauungsmusiker war. Der mit Beethoven, Bach, Mozart? vertonte nicht eine bestimmte Idee vom Dasein Kaiser: Ich weiß schon, dass die im Grunde größere Kaiser: Die „Kinderszenen“, die sind übersichtlich, Komponisten waren, aber diese ungebremste sehr melodisch, wirklich schön. Seine ganze rowie Beethoven oder Wagner, der ging direkt auf mantische Genialität aber liegt im ersten Satz Jünglingshaftigkeit, dieser Schwung bei Schuseine Seelenlage ein. Schumann kann ganz lydes Klavierkonzerts aus dem Jahr 1/1, Dinu risch sein und im nächsten Moment schon fahl mann, dafür lohnt es sich einfach auf der Welt zu sein. Schumann hat mich übrigens nie als PaPilatti hat das fabelhaft gespielt. Wem das nicht und verdämmernd: „Die Nacht bedecket die gefällt, für den ist Schumann verloren, der kann tient, sondern immer als Produzent interessiert. Runde,/(...)/ Und mich schauert´s im Herzenseinem aber auch leid tun. crescendo: Sie spielen auf seine Depressionen grunde“ heißt es in einem Lied.

Impressum Verlag:

Port Media GmbH Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring Herausgeber: Winfried Hanuschik (verantwortlich) hanuschik@crescendo.de Artdirector: Stefan Steitz (verantwortlich) Textchef:

Robert Kittel Autoren: Pascal Morché, Teresa Pieschacón Raphael, Christoph Schlüren

Chef vom Dienst: Michaela Wurstbauer plus regional:

Projektleitung: Liselotte Richter-Lux richter-lux@crescendo.de Mitarbeiter dieser Ausgabe: Bob Coat, Ralf Dombrowski, Tobias Haberl, Christa Hasselhorst, Daniel Hope, Jens F. Laurson, Martin Morgenstern, Georg Rudiger, Burkhard Schäfer, Antoinette Schmelter de Escobar, Stefan Schmerbeck (crescendo-Tipps), Uwe Schneider, Oliver Wurm, zeegaro. Verlagsrepräsentanten: Tonträger: Petra Lettenmeier lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux, richter-lux@crescendo.de

Das nächste crescendo erscheint am 07. September 2010.

Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff, mannsdorff@crescendo.de Raimund Arntzen, arntzen@crescendo.de Auftragsmanagement: Petra Lettenmeier (verantwortlich) lettenmeier@crescendo.de Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 13 vom 01.09.2009 Druck: Westermann Druck Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig Erscheinungsweise: crescendo erscheint mit sieben Ausgaben pro Jahr und zusätzlichen crescendo-themenspecials.

crescendo ist bei Opern- und Konzerthäusern, im Kartenvorkauf und im Hifiund Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Beiträge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Angabe der Beteiligungsverhältnisse: Gesellschafter der Port Media GmbH: 100 % Winfried Hanuschik, München Abonnement: Abo-Service crescendo Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3452, Fax: -362452 abo@crescendo.de

Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, davon ein Sonderheft „crescendo festspiel-guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 34,- EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand. Versand ins Europäische Ausland: zzgl. EUR 10,- Bank-/Portospesen Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,- Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Verbreitete Auflage: 65.614 (laut IVW-Meldung I/10) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält eine Teilbeilage der Österreich Werbung Deutschland GmbH sowie das crescendo themenspecial HighFidelity Frühjahr/Sommer 2010.


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