B47837 Jahrgang 12 – 02/2009
März / April / Mai 2009 www.crescendo.de
Philippe Jaroussky Himmlische Lieder Braunfels & Müller Die MusikArchitekten Klangkonzepte Tonmeister unter sich
58. Deutsches Mozartfest Augsburg Salzburg, Wien, Prag zu Gast in der Deutschen Mozartstadt
Klang & Raum
Mariss Jansons Sein Kampf für einen neuen Konzertsaal Mit Beihefter CLASS aktuell
GABRIELI CONSORT & PLAYERS Dirigent:
PAUL McCREESH
ELINA GARANCA
ROLANDO VILLAZÓN singt
NEUE PHILHARMONIE WESTFALEN
Karel Mark Chichon LEITUNG
18.03. BERLIN - PHILHARMONIE 20.03. DÜSSELDORF - TONHALLE 23.03. MÜNCHEN - PHILHARMONIE 25.03. FRANKFURT/M. - ALTE OPER
16.05.09 BRAUNSCHWEIG VOLKSWAGENHALLE
30.04.09
BERLIN PHILHARMONIE
08.05.09
Neues Album im Januar
HAMBURG LAEISZHALLE
JESSYE NORMAN
MIT BAND UND CHOR
Die aktuelle CD
Die aktuelle CD
Händel
Souvenirs
OPEN AIRS
DAVID 2009 GARRETT MIT BAND UND ORCHESTER
20.06. HALLE/WESTF. - GERRY-WEBER-STADION 09.07. DRESDEN - ELBUFER 17.07. SALEM - SCHLOSS SALEM
20.06.09, FRANKFURT/M. - ALTE OPER 24.06.09, BERLIN - PHILHARMONIE 01.07.09, KÖLN - PHILHARMONIE
12.08.09, MANNHEIM - ROSENGARTEN Die aktuelle CD
Souvenirs
PHILIPPE JAROUSSKY 22.11.09 HAMBURG LAEISZHALLE - KL. SAAL 23.11.09 BERLIN Die aktuelle CD KONZERTHAUS Carestini
GERGIEV
10.07.09 MÜNCHEN - KÖNIGSPLATZ Souvenirs
Das aktuelle Album "ENCORE"
Fotocredit: Esther Haase
LIEDERABEND
LEITUNG: VALÉRY
ORCHESTER DES MARIINSKY THEATERS ST. PETERSBURG Die aktuelle CD
C O N C E R T O
ANNA NETREBKO
DAS KLASSIK-OPEN-AIR DES JAHRES
K Ö L N
DAS UMJUBELTE ERFOLGSPROGRAMM
„GRANDIOSER
) AUFTRITT EINER
PRIMADONNA” (FAZ)
Klassik Gala der Italienischen Oper
19.03.09, 10.10.09, 17.10.09, 19.10.09, 21.11.09, 24.11.09,
Hamburg - Laeiszhalle Leipzig - Gewandhaus* München - Philharmonie* Köln - Philharmonie* Hannover - NDR Funkhaus* Berlin - Philharmonie*
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DAS AKTUELLE ALBUM
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crescendo 02 2009 | 3 editorial
Ein überwältigendes Echo So viele Reaktionen, wie auf die letzte crescendo-Ausgabe zum Thema „Publikum von morgen“ gab´s noch nie: Viele Institutionen, Veranstalter, Plattenfirmen und Leser begrüßen unseren Appell und wollen sich am Aufbau einer Plattform für den „Weg zur Klassik“ beteiligen! Die zarten Anfänge finden Sie unter www.crescendo.de/klassikfuehrer. Überwiegend positiv fielen die Reaktionen auf die Titelseite aus, sie rief bei manchen aber auch völliges Unverständnis hervor: Was hat der deutsche Außenminister und Vizekanzler in einem Klassikmagazin verloren?! Oder anders formuliert: Was hat klassische Musik mit Politik zu tun? Ganz einfach: Etwa 95% der Kosten des deutschen Kulturbetriebs werden von öffentlichen Mitteln der Kommunen und der Bundesländer getragen. Ob das auch in Zukunft so sein wird, ist eine REIN POLITISCHE ENTSCHEIDUNG. Damit im Bereich der Kultur,
insbesondere der klassischen Musik, in Zukunft nicht gekürzt wird, versuchen wir gerade im „Superwahljahr“ Bekenntnisse ALLER Parteien FÜR DIE KULTUR zu bekommen. Bekenntnisse, an die wir zu gegebener Zeit erinnern können. Dass der Vizekanzler das Thema für wichtig genug hält, um sich dafür Zeit zu nehmen, halte ich für ein positives Signal. Das Büro des Kulturstaatsministers Bernd Neumann hat aus terminlichen Gründen leider abgesagt. So rasch Traditionsunternehmen wie Märklin, Schiesser, Pfaff und andere sich derzeit in die Insolvenz verabschieden, so schnell können auch Orchester, Theater, Konzerthäuser et. al. abserviert werden – für immer! Unter den „Schutzschirm“ kommt nur, wer dafür kämpft. Und das ist unsere Mission: Jeder Euro für die Kultur ist gut angelegt! Wenn Sie als Steuerzahler das auch so sehen, sollten Sie sich politisches Gehör verschaffen: Bringen Sie ihre Kommunalpolitiker auf Kurs, impfen Sie ihre Freunde und sensibilisieren Sie Ihr Umfeld für die gesellschaftliche Bedeutung der Kultur. Denn Politik funktioniert simpel: Gekürzt wird da, wo der öffentliche Widerstand gering ist. Gefördert wird da, wo sich viel positive öffentliche Aufmerksamkeit erzielen lässt. Beispielhaft dafür ist die hitzig geführte Diskussion über den Bau eines neuen Konzertsaals in München. Dirigent Mariss Jansons wünscht sich für sein Weltklasseorchester angemessene Arbeitsbedingungen und eine adäquate Akustik. Wir meinen: Es ist an der Zeit, die verhärteten Positionen zu überdenken, sich an einen Tisch zu setzen und gemeinsam einen konsensfähigen Vorschlag über das „Wo“, „Wie“ und „Wer soll das bezahlen“ zu entwickeln. Doch jetzt wünschen wir Ihnen erst einmal viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe mit dem Schwerpunkt „Klang & Raum“. Ihr Winfried Hanuschik
Exklusiv für Abonnenten: Hören Sie die Musik zu unseren Texten auf der crescendo premium-CD, siehe auch S. 38.
inhalt Der Umgang mit Musik 4 Ein Plädoyer Mariss Jansons 8 Konzertsaal im Marstall Brigitte v. Welser 10 Philharmonie im Gasteig
Mariss Jansons S. 8
Spiel im Schnee 12 „Aida“ eiskalt Klangkonzepte 14 Tonmeister unter sich Philippe Jaroussky 16 Himmlische Lieder Akustik-Ratgeber 18 Wovon Musiker schwärmen
Philippe Jaroussky S. 16
Karlheinz Müller 20 & Stephan Braunfels Die Musik-Architekten Rezensionen 24 Die besten CDs und DVDs dieses Monats Attila Csampai 30 Kultur des „Nur-Hörens“
Konzertsaal-Akustik S. 20
Gürzenich-Orchester Köln 32 Die „GO live!“-CD Der Weg zur Klassik Zweiter Teil der Serie Der Klang im Ohr 34 Grundlagen des Hörens Luxemburg 36 Vorbildliche Philharmonie
Attila Csampai S. 30
premium 38 Zwei crescendo-Ausgaben kostenlos Orchester-Aufstellung 39 Die Unterschiede Essay 40 Kultur als Staatsziel Deutsches Mozartfest 42 Augsburg leuchtet
Deutsches Mozartfest S. 42
Plus Regional 44 Die wichtigsten Termine im Süden Musik im Riesen 46 Tastenzauber Plus Regional 48 Die wichtigsten Termine im Norden Lieto Fine 50 Gastkommentar von Daniel Hope Impressum
Musik im Riesen S. 46
Fotos: Virgin Classics; BR, Matthias Schrader; Müller-BBM GmbH, Planegg; Stefan Steitz; Anatol Jasiutyn Fotos Titel: BR, Matthias Schrader; KW Neun; sollundhaben
Illustration: Alex Dragulescu, Extrusions 03 (Detail), www.lumas.de
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Keinerlei Proteste gegen Musikberieselung? Plädoyer für einen bewussteren Umgang mit Musik. VON PASCAL MORCHÉ
„W
ie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist!“ Da muss man schon ein genialer Komponist sein; da muss man Mut, Klugheit
und Souveränität im Umgang mit Ton und Klang, mit Lärm und Geräusch
haben, will man diesen Satz vertonen, ohne dabei die eigene Musikerexistenz selbst ad absurdum zu führen.
Klang wird zum Bild: Farbe und Form spiegeln Instrumente, Noten, Tempi und Dauer. Alex Dragulescus „Extrusions 03“ macht Mozarts C-Dur-Trio für Klavier (weiß), Violine (gelb) und Cello (blau) sichtbar. Erhältlich ist das Werk bei der Galerie www.lumas.de
Richard Strauss hat es getan! In seiner Oper „Die schweigsame Frau“ lässt er den, von einem Gehörleiden geplagten Admiral Sir Morosus darüber philosophieren, „wie“ schön es eben doch ist, wenn einzig die Stille herrscht. Dem Komponisten, der mit „Elektra“ Jahre zuvor die fortissimo-gepanzerte, an Phonzahl alles übertreffende Oper überhaupt geschrieben hatte, ist in der „Schweigsamen Frau“ eine der schönsten Arien für Bassbariton in der gesamten Opernliteratur und eine der größten Stellen in seinem Gesamtwerk überhaupt geglückt. Warum? Weil Musik nur in Stille möglich ist, beziehungsweise nur aus Stille entstehen kann. Und weil ein erhebliches Weniger an Gequatsche, Gesinge und Gedudel ohnehin die Welt um einiges erträglicher machen würde. Verständlich, dass sich Komponisten nicht oft diesem Thema annahmen. Ahnten sie sich dabei existenziell wahrscheinlich auf verdammt dünnem Eis. Mozart immerhin hängt seinem Plappermaul Papageno ein Schloss vor den Mund. Dem Sänger buchstäblich das Maul zu verbieten, ist schon eine großartige Tat! Daniel-François-Esprit Auber ist dann 37 Jahre nach der „Zauber�öte“ noch einen Schritt weitergegangen: In „Die Stumme von Portici“ bringt er eine stumme Hauptrolle auf die Bühne der Grand opéra. Eine unglaublich effektvolle, musikdramaturgische Idee. Und Richard Wagner, der ohnehin einiges von Auber übernahm, lässt im dritten Aufzug seines „Parsifal“ Kundry außer den beiden Worten „dienen, dienen“ still und stumm auf der Bühne stehen und gehen, taufen und laufen. (Selten verdienen hochdramatische Sängerinnen einen großen Teil ihrer Abendgage mit Fußwaschung und ohne jegliche Schallwellen auszusenden!) Womit wir genau beim Thema sind. Schließlich handelt die Akustik, dieser Bereich der Physik, der sich vom griechischen
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„akuein = hören“ herleitet, vom Schall und seiner Ausbreitung. Die Wahrnehmung jenes, die Luft in Wellen versetzenden Schalls durch das Gehör und seine Wirkung auf Menschen beschäftigt Physiker und Psychologen, Physiologen und – natürlich Musiker. Weil alle Welt lauter geworden ist, wird Musik immer mehr zu einem Bestandteil der alltäglichen Geräuschkulisse, es sei denn, sie wird aufgedreht. Das stumpft ab und führt dazu, dass heute ein 80Jähriger in Afrika auf akustische Reize sensibler reagiert als ein 18Jähriger in Berlin. Einem französischen Wissenschaftler gelang der Nachweis, „dass zur Erweckung des subjektiven Eindrucks von piano, forte und fortissimo im Verlauf von nur 20 Jahren immer größere Schallintensitäten erforderlich geworden sind“, so dass das messtechnisch erfasste heutige piano so intensiv ist wie das forte von ehedem.
Man kann nur mit Kurt Tucholsky stoßbeten: „Herr, schenke mir Ohrenlider!“ „It’s a beautiful noise“, singt Neil Diamond so ganz im Gegensatz zum Sir Morosus von Richard Strauss, wobei wir am Kernpunkt des Themas Akustik, nämlich bei den unterschiedlichen Bewertungen von Musik und Lärm sind. Die Grenzen sind �ießend. So dienten vielen Komponisten, etwa Respighi, Ives, Varèse, Cage oder den Schöpfern der musique concrète Umweltgeräusche und sogar Lärm als Inspirationsquellen. Andererseits kann sich Musik aber auch selbst in eine Umweltbelastung verwandeln. Wilhelm Busch brachte dies auf den Punkt: „Musik wird als störend oft empfunden, wenn sie mit Geräusch verbunden.“ Fast noch schlimmer ist es jedoch, wenn Musik überhaupt nicht mehr als störend empfunden wird.– Viele Menschen erhalten heute per Dauerberieselung eine musikalische Zwangsernährung, über deren Zwangscharakter sie sich gar nicht bewusst sind. Die allgegenwärtige Hintergrundmusik im Flieger, im Supermarkt, beim Friseur, im Großraumbüro, im Restaurant, in der Hotellobby... – jene „akustische Tapete“, die uns seit Jahren umgibt, sie blättert nicht ab. Indem diese, bezeichnenderweise auch „Weghör-Musik“ oder „Easy-Listening-Sound“ genannte Hintergrundmusik Assoziationen steuert, dient sie der Steigerung des Umsatzes oder der Arbeitsleistung. Musik ist nämlich ein gefährlich leicht zu verwendendes Manipulationsmittel, das sich nicht nur durch seine Unaufdringlichkeit emp�ehlt, sondern auch dadurch, dass es auf bequeme Weise Widerstand bricht. (Im öffentlichen Raum von Hamburger und Münchner U-Bahnhöfen versucht man sogar mittels Klassikbeschallung Obdachlose zu vertreiben.) Analog zur Diskussion ums Rauchverbot gibt es keinerlei Proteste gegen Musikberieselung. Musik gilt so ausschließlich als positiv, dass man ihren Anwendern keine schlechten Absichten unterstellt. Schwer wäre es, gegen das Recht auf Musikhören ein „Recht auf Stille“ durchzusetzen.
Die Menschheit geht längst ihren Weg unter einem gnadenlosen kollektiven iPod. Deshalb wird die Bevölkerungsmehrheit der Stille die Musik vorziehen – besonders da sie zur Droge geworden ist. Nur: Im Klangdoping ver�acht das Hören immer mehr. Die Klassik verkommt zum Dekor, zur Klangtapete ohne Anfang und Ende, beliebig ein- und ausblendbar. Man kann nur mit Kurt Tucholsky stoßbeten: „Herr, schenke mir Ohrenlider!“ Die sanft-seichten Wohlkänge und Schallwellen, die uns umschmeicheln (sollen), haben übrigens einen Namen: „Muzak“. So heißt auch jene Firma, deren Siegeszug 1934 in New York begann, die sich 1960 als „Funktionelle Musik GmbH“ in München-Planegg ansiedelte und die diese Musik durchs weltweite Lautsprechernetz pumpt. Wie ein wohlig warmer Dauerregen rieseln da Streicherströme und luftige Rhythmen auf geplagte Menschen und verwandeln sie in eifrige Arbeiter, kau�ustige Konsumenten oder angstfreie Flugreisende. Muzaks Arrangeure verstehen ihr seichtes Handwerk. Tempi halten sie im mittleren Andantino; sie instrumentieren bevorzugt mit Holzbläsern und Streichern; merzen jedes Anzeichen von polyphoner Stimmführung aus und vermeiden zu hohe oder tiefe Frequenzen. Resultat: Man hört zwar hin, aber man hört nicht zu. Solch musikalischem Umweltschmutz widmete Ingeborg Bachmann bereits in den 50er-Jahren das Gedicht „Reklame“; und auch die Kulturhauptstadt Linz nimmt sich dieses Jahr des Themas Klangterror an. Die Brucknerstadt startet eine Kampagne gegen Zwangsbeschallung im öffentlichen Raum: „Beschallungsfrei statt Zwangsbeschallt“ will das Bewusstsein der Bevölkerung für ihre akustische Lebensumgebung schärfen und in der Stadt neue Ruhezonen für die Bevölkerung eröffnen. Die Kampagne ist Teil des „Linz09-Projekts „Hörstadt“, das sich im gesamten Kulturhauptstadtjahr mit der akustischen Umweltverschmutzung auseinandersetzen und musikalische Gegenprogramme anbieten will. Die Stadt Linz wagt hier – �ächendeckend – ein groß-
Selten verdienen hochdramatische Sängerinnen einen großen Teil ihrer Abendgage ohne jegliche Schallwellen auszusenden! artiges, ein notwendiges Projekt! Dass diese Stadt gleichzeitig (und ebenfalls �ächendeckend) seit Jahren Veranstalter der berühmten „Klangwolke“ ist – gehört zu den vielen gesellschaftlichen Paradoxa, die das Thema Akustik in sich trägt. Dieses Thema ist an Paradoxa wahrhaftig nicht arm. Zumal es heute durchaus chic und en vogue geworden ist über schlechte Akustik zu lamentieren und für gute Akustik zu argumentieren – ohne dabei einen Anspruch an die zu hörende Musik zu stellen, oder stellen zu können. Wie sonst kann es sein, dass jemand, der den Klang einer Oboe nicht von jenem einer Klarinette unterscheiden kann, sich auf jeden Fall bemüßigt fühlt über die akustische Qualität in Konzertsälen
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oder Opernhäusern zu schwadronieren? Eitelkeit! Wie sonst kann es sein, dass Menschen akustisch ihre Häuser, Wohnungen und Autos mit sündteuren HiFi-Anlagen im high-end-Bereich aufrüsten, um dann jedoch ausschließlich Dudelsender à la Radio-Energy-Alsterradio-Arabella-Charivari-etc.-usw. zu hören? Eitelkeit! Wie sonst kann es sein, dass Menschen vom faulen, wattierten Zauber der Bayreuther Festspielhausakustik schwärmen und dabei erfolgreich verdrängen, dass sogar Furtwängler einmal „die abwiegelnde, den orchestralen Glanz verdunkelnde Akustik“ des Bayreuther Festspielhauses beklagte? Eitelkeit – wo jeder Musiker mit Ohren in Bayreuth nicht nur vom gedeckelten, sondern vom „kastrierten“ Orchester spricht. Ja, gibt es etwas Schickeres beim Smalltalk am Pausenbüfett als die Akustik der Suntory-Hall in Tokio zu loben und dabei (das Lachsbrötchen schluckend) zu erwähnen, dass einem der große Saal im Amsterdamer Concertgebouw doch fast noch lieber ist? Eitelkeit! Und ist es nicht auch Eitelkeit von Lokalpolitikern und Bürgermeistern wenn ein Wettstreit unter Städten um den Konzertsaal mit der besten Akustik vom Zaun gebrochen wird? Der Architekt eines Konzertsaals oder Opernhauses ist längst nichts anderes als ein in glamouröser Absicht von Stadt und Staat gehätschelter Bauwerklieferant. So ist das Wichtigste an der Elbphilharmonie in Hamburg eben nicht, wie sie einmal klingen wird, sondern der Name des Architekturbüros Herzog & de Meuron. Ein Name, den man eitel ausspricht, als ein Label, das die Stadt schmücken und ihr Status geben soll – schließlich interessierte man sich für Bilbao auch erst seit Frank Gehry dort baute. Und so ist das Wichtigste an der grauenvollen SPD-Architektur jener, auch akustisch miserablen Münchner Gasteig-Philharmonie schließlich die schöne Tatsache, dass man an der Isar eitel darauf hinweisen kann „drei Weltklasse-Orchester in der Stadt“ und keinen ordentlichen Konzertsaal zu haben. Die idealen akustischen Bedingungen damit Schallwellen – egal welcher Musik – an und in das Ohr des Hörers �nden, sind nicht immer deckungsgleich mit den übrigen Ansprüchen, die ein Konzertoder Opernbesucher an einen musikalischen Abend stellt: So hört man in fast allen Opernhäusern im obersten Rang auf den hintersten Plätzen am besten, dort wo man am wenigsten von der Bühne sieht – und für viele schlimmer noch: am wenigsten gesehen wird. Der Klang-Snob und Stimm-Fetischist, der keinen Alberich mehr mit Aldi-Tüte und keinen Scarpia mehr als SS-Mann sehen will, der weder eine Königin der Nacht mit Sonnenbrille noch die Traviata an der Heroinnadel erleben möchte, ihn, den reinen Toren und Hörer haben die Mätzchen des Regietheaters ohnehin schon längst aus den Opernhäusern getrieben. Er hört Konserve; und dort livehaftig gerne rauschende, knisternde CDs. Dort kann er seinen Opernabend selbst organisieren und schwört vielleicht darauf, was ihm kein Besetzungsbüro eines Opernhauses bieten kann: Bernd Aldenhoff im 1. Aufzug „Siegfried“; für den 2. Aufzug Windgassen nehmen und im 3. einzig
und allein Ludwig Suthaus au�egen. Und wehe, wenn umgekehrt! Was will ihm da noch die Akustik im Stadttheater um die Ecke? „Die Fülle des Wohllauts“ heißt bekanntlich eines der Kapitel in Thomas Manns „Zauberberg“. Hier wird kein Grammophon als „armseliges Kurbelkästchen, das anspruchslose Ohren mit näselndem
Am 29. April 2009 findet der „12. Tag gegen Lärm“ statt. Machen Sie mit, um 14.15 Uhr, bei „15 Sekunden Ruhe“! www.tag-gegen-laerm.de
Gebrüll erfüllte“ beschrieben, sondern „das treusinnig Musikalische in neuzeitlich-mechanischer Gestalt.“ Thomas Mann beschreibt damals schon den heute von allen Klassikkünstlern gefürchteten CDJunkie, der alles viel perfekter musiziert im Regal stehen hat und alles immer schon besser hörte als dies abends in der Oper oder im Konzert möglich ist: „Die Sänger und Sängerinnen, die er hörte, er sah sie nicht, ihre Menschlichkeit weilte in Amerika, in Mailand, in Wien, in Sankt Petersburg, – sie mochte dort immerhin weilen, denn was er von ihnen hatte, war ihr Bestes, war ihre Stimme, und er schätzte diese Reinigung und Abstraktion, die sinnlich genug blieb, um ihm, unter Ausschaltung aller Nachteile zu großer persönlicher Nähe ... eine gute menschliche Kontrolle zu gestatten.“ Diese technisch überperfekte, jederzeit abrufbare „Fülle des Wohllauts“, recorded with highresolution surround technology, diese „Reinigung und Abstraktion“ ist der Feind des abendlich auftretenden Künstlers. Oder vereinfacht gesagt: Ist der Sänger in der Oper zu leise, läuft die Sache für ihn und den Hörer ziemlich dumm – ist der Sänger aber im Wohnzimmer zu leise, dann dreht man ihn eben lauter. Zur Phänomenologie der Klangverfälschung gehören jedoch nicht nur Konzertsaal oder Lautsprecher, vielmehr sind es die Instrumente (und Orchester) selbst, die dem Hörer einen bestimmten Klang diktatorisch vorschreiben. Zum Beispiel wird heute der Klassikhörer geradezu „genötigt“ die gesamte Klavierliteratur auf Steinway zu hören, beziehungsweise hören zu müssen. Dieser konkrete, metallische, glasklare und auch harte Klang des Klavier- und Flügel-Monopolisten hat sich auf dem Podium durchgesetzt. Steinway (und den Pianisten) gebührt für diesen Einheitsklang zweifelhafter Dank. Ein Hörerlebnis ist – wie jedes (!) Erlebnis – immer subjektiv. Wollen wir es nicht endlich dabei belassen? – Und wollen wir nicht ganz im Sinne von Sir Morosus unseren Umgang mit Musik im Besonderen und mit Klang im Allgemeinen gründlich überdenken? Vielleicht würden manche feststellen, dass sie, was Akustik betrifft, schon recht abgestumpft sind. Ein bewussterer, genussfähiger Umgang mit Musik wäre ebenso wichtig, wie ein ökologischer Umgang mit Strom und Wasser oder ein bewusster Umgang mit Nahrungs- und Genussmitteln. Am besten also: Öfter mal abschalten. Denn „wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist.“ //
Man muss eine Vision haben Mariss Jansons, seit der Konzertsaison / Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, kämpft wie ein Löwe für einen neuen Konzertsaal im Münchner Marstall. Seine Überlegungen hierzu sind die eines Künstlers. Von soziopolitischen oder wirtschaftlichen Abwägungen heben sie sich deutlich ab, wie sich im Gespräch mit crescendo erweist. Ein neuer Konzertsaal ist für die Musikentwicklung in München unendlich wichtig. Die bisherige Situation kommt doch einer Blamage gleich: Eine Stadt mit einer so hohen Musikkultur besitzt keinen Saal, der wirklich gut klingt?! Das ist so, als müsste ein Profimusiker ein Leben lang auf einer Fabrikgeige oder einem sehr schlechten Klavier spielen. Irgendwann braucht man eben ein besseres Instrument, wenn man weiterhin ernst genommen werden will.
Gerade das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks benötigt nicht nur einen Konzertsaal mit einer Spitzenakustik, der dem Niveau unseres Klangkörpers entspricht, sondern auch einen eigenen Backstage-Bereich inklusive eines Probensaals. Vor allem aber müssen wir in einem solchen Gebäude das Erstbelegungsrecht hinsichtlich der Konzerttermine innehaben. Im Klassikgeschäft herrscht ein großer Konkurrenzkampf um die besten Aufführungstermine, aber auch um hervorragende Gastsolisten. Da dürfen wir nicht immer den Kürzeren ziehen. Das ist dem Niveau unserer Arbeit absolut unwürdig. Von den 20 weltweit besten Orchestern, wie sie unlängst in der englischen Fachzeitschrift „Gramophone“ aufgeführt wurden – wir belegen dort Platz 6 –, sind wir das einzige ohne eigenen Konzertsaal. Wenn das keine Blamage ist… Meiner Meinung nach sind die Argumente für den Konzertsaal im Marstall hinter der Münchner Residenz so stark, dass es mir schwer
Foto: BR / Matthias Schrader
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fällt, dieses entsetzliche Zerreden, das mit dieser großartigen Idee im Augenblick passiert, ruhig mit anzuhören. Ob ein Anbau hinter der historischen klassizistischen Reitschule des bayerischen Königshauses die ursprüngliche Architektur Leo von Klenzes nun beeinträchtigen würde oder nicht, steht momentan ebenso wenig zur Diskussion wie die Frage, ob der Marstall zum bloßen Foyer degradiert würde oder nicht. In meinen Augen nimmt all dies der eigentlichen Hauptidee – der absolut notwendigen Vision, die doch Grundvoraussetzung für jedes große künstlerische Vorhaben ist – nur Aufmerksamkeit weg. Man zäumt auf diese Weise das Pferd nur von hinten auf – offenbar mit dem Ziel, es gar nicht mehr aufzäumen zu müssen. Die Gedankenschritte müssten doch so laufen: Wir wollen einen Saal. Wie �nanzieren wir ihn? Und wie soll er – immer im Hinblick auf das gewünschte akustische Ergebnis – dann aussehen? Saal oder nicht Saal – das ist hier die Frage… Es wäre weltweit einmalig, Mit-
ten im Zentrum einer Millionenstadt über eine solche Kulturdichte mit Staatsoper, Staatsschauspiel, Allerheiligen Hofkirche, CuvilliésTheater, Kammerspielen und einem tollen Konzertsaal zu verfügen… Diese Chance zu verpassen, wäre töricht. Nochmals: Man muss eine Vision haben. Bei allen neuen Konzertsaal-Plänen muss der Akustiker das letzte Wort behalten – nicht der Architekt. Freilich: Eine angenehme Atmosphäre – innen wie außen –, für die der Architekt zu sorgen hat, ist für das Gesamterlebnis der Zuhörer nicht zu unterschätzen. Aber es ist wie in der Oper: Wenn der Dirigent dem Regisseur sagt, eine bestimmte Stelle geht von der Inszenierung her so nicht, weil er dem Sänger keinen Einsatz geben kann oder das, was auf der Bühne passieren soll, mit dem Orchester im Graben nicht zu koordinieren ist, muss seine Entscheidung berücksichtigt werden. Denn er trägt letztlich die Gesamtverantwortung – nicht der Regisseur. Beim Marstall-Projekt darf es nicht um architektonische Selbstverwirklichung gehen, sondern um den dringend benötigten Konzertsaal mit brillanten akustischen Verhältnissen wie in Luzern oder im japanischen Kawasaki. Übrigens: In manchen Sälen nimmt man bereits von meinem Platz am Pult aus ein sehr gutes klangliches Gesamtergebnis wahr. Wenn man sich dort bei einer akustischen Probe unangenehm fühlt, lässt man den Assistenten dirigieren und hört sich im Saal um, wo die Zuhörer sitzen. Die Berufserfahrung bringt es mit sich, dass man schnell weiß, wie man – zurück am Pult – auf diese Hörerfahrung reagieren muss, auch wenn noch kein Publikum da ist, was die Akustik auch wieder verändert. Von meinem Lehrer, Evgeny Mravinsky, stammt das Grundgesetz, dass man als Dirigent eigentlich nur die Möglichkeit hat, sich selbst als Messlatte für klangliche Regulierungen bei Proben oder Konzerten einzusetzen. Irgendwo in Italien habe ich einmal erlebt, dass auf der Bühne zwischen Probe und Konzert bei vollem Saal kaum ein Unterschied zu merken war. Im Zuschauerraum sei dies ganz anders gewesen, wurde mir später versichert. Da ist man leider machtlos, kann solche Erfahrungen nur abspeichern und bei einer Rückkehr in einen so diffusen Konzertsaal versuchen, sich auch darauf einzustellen. Ein Patentrezept hierfür gibt es aber leider nicht. Trotz aller heutigen technischen Möglichkeiten bleibt Akustik immer ein wenig ein Lotteriespiel. Da sollten wir uns nichts vormachen. Als Musiker sind wir meistens Laien, was theoretische VorabBerechnungen solch komplizierter physikalischer Prozesse angeht. In unserem Beruf reagieren wir stets auf Erfahrungswerte. Umso wichtiger erscheint mir eine enge Abstimmung aller Beteiligten an einem Konzertsaal-Projekt. Wenn nötig, bin ich bereit, mit dem ganzen Orchester bereits auf die Baustelle zu Akustik-Proben zu kommen. Das Einzige, was sich politische Entscheidungsträger fragen sollten, ist: Was bringt – wie in unserem Fall – das Land beziehungsweise die Stadt kulturell voran? Konzertsaal im Marstall oder Hinterhofbrache? Meine Vertragsverlängerung als Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks von der Verwirklichung dieses Projekts abhängig zu machen, wäre aber primadonnenhaft. Und dies ist ganz und gar nicht meine Art. Um den Marstall werde ich allerdings mit aller Macht kämpfen. // Aufgezeichnet von Richard Eckstein.
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Zwei Orchester, zwei Säle?
Brigitte v. Welser, Geschäftsführerin der Gasteig München GmbH und damit Chefin des Kulturzentrums, in dem auch die Philharmonie beheimatet ist, sucht den Dialog: Das BR-Symphonieorchester möchte ausziehen – in einen eigenen Saal in der Stadtmitte. Doch der wird vielleicht gar nicht gebaut… Hier in crescendo macht sie ihren Standpunkt deutlich.
Münchens riesige, akustisch problematische Philharmonie im Gasteig:
Fotos: Gasteig München GmbH, Matthias Schönhofer, Barbara Stenzel
bald eine Baustelle?
Man muss sich schon überlegen, womit der klassischen Musik besser gedient wäre: mit einem neuen Konzertsaal, der vor Ort eine klare Überkapazität darstellt, oder einer massiven Jugend-Kultur-Förderung? Es ist schließlich kein Pappenstiel, was der Marstall-Saal kosten würde. Ob der bisher genannte Kostenrahmen von 120 Millionen Euro eingehalten werden könnte, darf bezweifelt werden.
Das Positive an der Debatte um einen Konzertsaal im Marstall ist, dass sich hier im Gasteig sonst hinsichtlich eines Umbaus der Philharmonie wohl kaum etwas bewegt hätte. Schon vor langem habe ich gesagt, dass wir sanieren müssen – zunächst ganz nüchtern gebäudetechnisch. Der Gasteig wird nächstes Jahr schließlich Jahre alt. Bei dieser Gelegenheit sollten wir uns aber daran erinnern, dass es hier im Haus mit den Münchner Philharmonikern ein Spitzenorchester gibt, das zu Recht Defizite in der Akustik seines angestammten Konzertsaals einklagt. Wir wissen ja mittlerweile aufgrund von Maßnahmen bei anderen problematischen Sälen, dass man Abhilfe schaffen kann – schon weil es heute andere Baumaterialien gibt als früher. Wenn sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das regelmäßig in der Philharmonie im Gasteig spielt, hier unter anderem mit seiner Garderobensituation unwohl fühlt, kann ich mir nicht vorstellen, dafür keine für alle zufrieden stellende Lösung zu �nden. Deswegen braucht man doch kein neues Konzertgebäude! Eine friedliche Koexistenz, wofür die Münchner Philharmoniker sogar auf ihr
Erstbelegungsrecht verzichten würden, muss doch möglich sein. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass ein gegenseitiges Wettrüsten völlig am Markt vorbei geht und dass wir künftigen Generationen nicht zumuten können, Neubauten wie den Marstall-Konzertsaal hinzustellen, die nur Geld kosten. Wir haben bereits einige Expertisen von Akustik-Experten zum möglichen Umbau der Philharmonie eingeholt. Selbst Yasuhisa Toyota, der als Akustiker auch für den Marstall im Gespräch ist, vertritt die Meinung, dass sich mit architektonischen Eingriffen – so erheblich sie sein mögen – eine deutliche Verbesserung der Philharmonie-Akustik erzielen ließe. Unsere bisherigen Überlegungen gehen dahin, die linke und rechte hintere Ecke der Philharmonie neben dem mittleren „Sporn“ abzutrennen. Auf diese Weise entstehen auch neue Pausenräume für das Publikum, was schon seit langem angemahnt wird. Der neu geschaffene, um ca. 300 bis 400 Plätze auf dann 2.000 bis 2.100 Sitze verkleinerte Saal muss dann durch Veränderungen der Seitenwände und der Deckengestaltung akustisch neu justiert werden. Gerade sind wir dabei, ein Modell zu entwickeln, in dem diese Modi�kationen – auch die Nutzung der neuen Foyers – zu sehen sind und somit der Öffentlichkeit vorgestellt werden können. Unbedingt sollten sich beide Fraktionen – die „Pro-Umbau-Philharmonie“ und die „Pro-NeubauMarstall“ – mal an einen Tisch setzen, um ihre Argumente auszutauschen und gemeinsam eine vernünftige Lösung zu �nden. Aufgezeichnet von Richard Eckstein.
Konzerte
Lesungen und Gespräche
Compagnie Montalvo-Hervieu Bangarra Dance Theatre Aterballetto Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan Inbal Pinto & Avshalom Pollak Dance Company Companhia de Dança Deborah Colker
Rigmor Gustafsson & Radio String Quartet Vienna, Kraftwerk, Nils Petter Molvær, Richard Galliano, Maceo Parker, Klaus Doldingers Passport, Clare Teal, Franz Vitzthum, Nicolas Altstaedt, Mareike Morr, Rozália Szabó, Aitzol Iturriagagoitia, Donna Leon und Il Complesso Barocco, Céline Moinet, Johannes Unger
Corinna Kirchhoff, Wolfgang Michael, Thomas Thieme, Sylvester Groth, Udo Samel, Jochen Hörisch, Gertrud Höhler, Sophie Rois, Bernhard Bueb, Elisabeth Heister-Neumann, Manfred Osten, Maria Schrader, Ulrich Matthes, Thomas Holtzmann, Corinna Harfouch, Richy Müller, Manfred Zapatka
Karten und aktuelle Informationen unter 0800 288 678 238 oder www.movimentos.de oder www.ticket-online.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen
Menschen, Autos und was sie bewegt
Foto: Liu Chen-hsiang, Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan „WHITE”, Stand: 20. Februar 2009 Änderungen vorbehalten
Tanz
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Liebestod im Schnee
„Aida“ eiskalt. VON RICHARD ECKSTEIN
D
ass Schönheit auch mit (physischem) Leid verbunden sein kann, weiß man nicht erst, seit die plastische Chirurgie fröhliche Urständ’ feiert. Opernfans haben
diese Erkenntnis quasi mit der musiktheatralen Muttermilch eingesogen. Welcher Normalbürger käme schon auf die Idee, eines Opernevents wegen in die schneebedeckten Berge des
österreichischen Bundeslands Vorarlberg zu pilgern?! Und das trotz klirrender Kälte.
Aidas tragische Liebesgeschichte in kristallklarer Winternacht. Und wenn‘s richtig schön wird, darf ein Feuerwerk
Foto: andere art
nicht fehlen.
Nichtsdestoweniger frönen seit alljährlich . bis . Musikfans den eiskalten Opernhighlights, die das „Spiel auf dem Schnee“ in Lech am Arlberg bietet. Man versteht sich dort zwar gewissermaßen als „Appetithappen“ für die korrespondierenden Festspiele auf der Bregenzer Seebühne im Sommer, hat aber Selbstbewusstsein genug, ein ganz eigenes Konzept von Klassik-Open-Air zu realisieren. Die Grundidee bestand ursprünglich darin, in winterlicher Landschaft eine Kulisse aus Eisskulpturen zu schaffen. Schließlich musste man auf verdichteten Schnee ausweichen. Spektakuläre Feuer- und Lichteffekte sowie die riesigen Bühnenbilder aus Schnee können Initiator Florian Kradolfer (im „Nebenberuf“ Ausstattungsleiter der Bregenzer Festspiele) zum Schwärmen bringen. Einzig um die Akustik ist er nach wie vor besorgt: „Leider können wir in Lech nicht so viele Klangquellen installieren, wie dies auf der Seebühne möglich ist. Von den Erfahrungen unserer einzigartigen Sound-Ingenieure pro�tieren wir jedoch auch hier. Beispielsweise lassen wir nun extra eine Tribüne aus Schnee aufschichten, damit das Publikum in einer Tiefenachse steht und es mehr Schallre�ektionen gibt.“ Am 8. Februar war es angeraten, erst möglichst knapp vor Beginn zu erscheinen, um das „Durchfrieren“ in Grenzen zu halten. Die Winter-Version von „Aida“ dauerte dann nur eine halbe Stunde. Der regieliche Faden speist sich in erster Linie aus der Gesamtatmosphäre. Deren paradoxe Zutaten sind: eine italienische Meister-Oper; eine Handlung, die in Ägypten spielt, wo es relativ selten schneit; und das Ganze auf 1444 Metern Höhe. Schon die dicke Kleidung der drei mit Mikrofon singenden Protagonisten lässt eine realistische Beglaubigung der Geschehnisse zu Füßen monumentaler Pharaonengräber nicht zu. Doch dann geschieht das Wunder: Irgendwann spielt es keine Rolle mehr, ob die Pyramide aus Stein oder Schnee erbaut ist, Aida, Radames oder Amneris nun schwitzen oder frieren. Man wird derart in emotionale, allgemein menschliche Grundstrukturen eingebunden, dass man Zeit und Raum (und vor allem die Minustemperaturen) einfach vergisst. Am Lecher Schlosskopfplatz freut man sich schon heute darauf – allen voran Augen- und Ohren-Mensch Florian Kradolfer –, dass das Bregenzer Festspielorchester einmal live begleitet. Solange bleibt es dort beim professionellsten und stimmungsvollsten KlassikKaraoke der Welt. //
D I E B E S T E A L B U M - S E R I E D E R W E LT
GAETANO DONIZETTI
JOSEPH HAYDN
G. F. HÄNDEL
G. F. HÄNDEL
CECILIA BARTOLI
La fille du régiment
11 Klaviersonaten Alfred Brendel
Wassermusik HWV 348 – 350 Feuerwerksmusik HWV 351
An Italian Songbook
Sutherland · Malas · Sinclair Pavarotti · Orchestra of the Royal Opera House, Covent Garden
Israel in Egypt · Zadok the Priest · The King shall rejoice Holton · Priday · Deam · Stafford Chance · Collin · Kenny · Robertson
The English Concert Trevor Pinnock
Cecilia Bartoli James Levine
FRÉDÉRIC CHOPIN
HECTOR BERLIOZ
NICCÒLO PAGANINI
RICHARD WAGNER
JOSEPH HAYDN
10 Mazurken · Prélude op. 45 Ballade op. 23 Scherzo op. 31
Requiem
24 Capricci op. 1
Die Schöpfung
Peter Schreier · Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks · Charles Munch
Shlomo Mintz
Die Meistersinger von Nürnberg
Arturo Benedetti Michelangeli
Ligendza · Ludwig · FischerDieskau · Domingo · Hermann
Popp · Döse · Hollweg · Luxon Moll · Brighton Festival Chorus Royal Philharmonic Orchestra
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Der „natürliche“ Klang
Bloße Klangeffekte und raffinierte Manipulation war noch nie die Sache von Werner Dabringhaus. Zur eigenen ästhetischen Prämisse darf es keine Alternative geben, erläutert der Mitbegründer des Labels MDG (Musikproduktion Dabringhaus und Grimm).
E
s ist ein bedauerlicher Tatbestand, dass sich alles, was mit Akustik zu tun hat, nur schwer in Worte fassen lässt. Ein Begriff, den ich gerne verwende, um Klang zu beschreiben,
ist „natürlich“. Ein „natürlicher“ Klang – da weiß jeder Musiker
gleich, was gemeint ist, denn er kennt den Klang seines Instru-
ments und den seiner Kollegen.
Als Reimund Grimm und ich angefangen haben, Musikaufnahmen zu produzieren, waren wir völlig überrascht, als jemand zu uns kam und meinte: „Ihr macht ja richtig audiophile Einspielungen.“ Wir wussten gar nicht, was das ist! Wir wollten einfach die natürliche Klangästhetik festhalten, die wir uns in unserem Tonmeisterstudium in Detmold durch Versuche, durch Lernen aus Erfahrung, angeeignet hatten. Im Grunde gibt es bloß zwei mögliche Aufnahmeverfahren: das eine, indem man mit minimalem Aufwand an Mikrophonen ein
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Abbild des Klangkörpers in einem wunderbaren Raum herstellt; das andere, indem dies mit maximalem Aufwand an Mikrophonen – Multimikrophonie genannt – geschieht. Bei beiden Verfahren ist der Tonmeister wesentlicher Bestandteil der Klangwerdung einer Partitur. Allerdings wird bei der Multimikrophonie zunächst nur eine Rohaufnahme angefertigt, die erst später in das Klangbild verwandelt wird, das dann auf der CD zu hören ist. So etwas haben wir stets abgelehnt. Im klassischen Bereich kommt es darauf an, möglichst große Natürlichkeit zu erreichen. Und Natürlichkeit entsteht durch das Zusammentreffen von Direktschall mit dem Raumklang. Wenn man anschließend den Raumklang verändert, stimmt kein Übergang innerhalb der Musik mehr. Ein untrügliches Qualitätsmerkmal für mich ist, wenn man anfängt, eine Platte zu hören, und nach einem kurzen Moment ohne Gewissensbisse nicht mehr aussteigen kann. Vorher müssen freilich ganz
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Der „ideale“ Klang
Felix Gargerle, Geiger im Bayerischen Staatsorchester, und Andreas Caemmerer stehen für ein gelungenes Experiment: Als Tonmeister und Aufnahmeleiter von Farao classics haben sie ein „Ethos des Eingreifens“ entwickelt.
L
etztlich geht es nicht um die Aufnahmetechnik, sondern immer um die Musik selbst. Wenn sich beim Live-Konzert musikalisch keine Sternstunde ereignet hat und dies
durch unsere Mikrophone aufgezeichnet wurde, dann können
wir damit als Tonmeister zwar in irgendeiner Form akustischtechnisch umgehen, aber es wird nie das sein, was es sein sollte. Die Technik darf nur eine Vermittlungsposition einnehmen, nie zum Selbstzweck werden.
Freilich müssen wir als Aufnahmeleiter der „Ideologie“ des jeweiligen künstlerischen Interpretationsansatzes dienen. Im Hinblick auf die Ausdruckskraft des musikalischen Ereignisses – ob live oder im Studio – wollen wir möglichst ein Äquivalent auf CD schaffen. Zur
Not müssen wir Schwächen einer realen Aufführung tontechnisch „wegarbeiten“, um den eigentlichen Absichten einer Interpretation näher zu kommen, als dies vielleicht bei der Einspielung selbst der Fall war. Das hat gar nichts damit zu tun, Ungenauigkeiten von Musikern zu reparieren. Die gehören zum professionellen Alltag dazu – egal, wie perfekt ein Orchester ist – und sind von den Komponisten in den Partituren vielfach bereits „eingerechnet“. Uns interessiert die Transformation vom interpretatorischen Ansatz eines Künstlers über die Aufnahme, den Schnitt, die Mischung bis zur Veröffentlichung des fertigen Produkts. Farao classics wurde gegründet, um zu sehen, was passiert, wenn diese Schritte nicht mehr ausschließlich in den Händen von Tontechnikern, sondern von aus-
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viele Steine aus dem Weg geräumt werden: Man braucht den richtigen Saal, die Stühle müssen dort richtig gerückt sein, eine Verständigung über die Wahl des Mikrophons sollte stattgefunden haben usw. Wir versuchen stets, technische Geräte, die irgendwelche Klangverfälschungen mit sich bringen könnten, schon im Vorfeld wegzulassen. All dies setzt sich dann weiter fort in einer Montage, die bedeutet, dass man musikalische Zusammenhänge eben nicht zerstört, sondern zur Wirkung bringt. Es kommt darauf an, dass sich musikalisch etwas entwickelt, zum Höhepunkt gelangt und wieder weggeführt wird – und das durch sämtliche Stimmen. Die Atmosphäre herzustellen, damit sich dies ereignen kann, ist die Aufgabe des Tonmeisters beziehungsweise Aufnahmeleiters. Und das Material muss später mit demselben ästhetischen Anspruch montiert werden. Dann kommt etwas heraus, wo man hinterher – wenn man es mit zeitlichem Abstand hört – sagt: „Ach, das ist ja gar nicht so übel gelungen…“ Aufgezeichnet von Richard Eckstein. 4.2.9
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übenden Musikern liegen; um zu sehen, welchen Grad an musikalischer Reife man haben muss, um berechtigt zu sein, durch Tontechnik in die Interpretation eingreifen zu dürfen. Die Chuzpe, die Dinge in dieser Weise in die Hand zu nehmen, haben wir bis heute nicht verloren. Damit müssen wir aber auch bei jeder Produktion wieder von Null anfangen, weil nur die Intensität des Ergebnisses von Anfang an feststeht und nicht irgendwelche standardisierten technischen Parameter. Die Menge an Möglichkeiten, über die die Technik heute verfügt, kann zu einem echten Problem werden. Einerseits existiert immer die Gefahr, den Überblick zu verlieren, andererseits kann man einen Perfektionsdrang entwickeln, der alle „Ecken und Kanten“ einer Aufnahme beseitigt. Falls letzteres geschieht, spricht man im Produktionsjargon von einer „überproduzierten“ Platte, auf der alles steril klingt, die kein Pro�l mehr besitzt. Es gibt Menschen, denen das gefällt. Unserer Firmenphilosophie entspricht dies jedoch keineswegs. Den crescendo-Lesern können wir bloß raten: Ohren aufsperren und ruhig zuhören. Das Einzige, was zählt, sind nicht die technischen Rahmenbedingungen, sondern nur, ob einen das Klangergebnis überzeugt. Aufgezeichnet von Richard Eckstein.
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MESSA DA
REQUIEM G I U S E P P E
V E R D I
MUSIKALISCHE LEITUNG
DANIELE GATTI CARMEN GIANNATTASIO I DOLORA ZAJICK GIUSEPPE SABBATINI I JOSÉ VAN DAM ORCHESTRE ET CHOEURS DE L’OPÉRA ROYAL DE WALLONIE CHOEUR D’OPÉRA DE NAMUR C H E F D E S C H Œ U R S M A R C E L S E M I N A R A
04 AVR 09 > 20:00 FORUM LUTTICH B E L G I E N I N F O S W W W. O R W. B E I + 3 2 4 2 2 1 4 7 2 2
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Nach einem Händel-Konzert im Großen Sendesaal des NDR in Hannover sprach crescendo mit dem Countertenor Philippe Jaroussky über seine Stimme und ihre Klangentfaltung.
crescendo: Ende , bei der Verleihung des ECHO Klassik als
„Sänger des Jahres“, begeisterten Sie das Publikum trotz schwerer Erkältung. Wie war das möglich? Philippe Jaroussky: Ein Teil der Arbeit von Sängern ist es, trotz Stress und gesundheitlicher Probleme durch Praxis, Technik und Geduld die Stimme wieder in Form zu bringen. Außerdem hatte ich meine Arie offensichtlich gut gewählt. Wenn man im Fernsehen auftritt, muss man nicht durch Virtuosität beeindrucken. Sondern Emotionen hervorrufen und beweisen, wie sehr Klassik berühren kann. Bei „Alto giove“ aus „Polifemo“ ist man ab der ersten Note gefangen. crescendo: Heute, nach der Pause, sagte eine Zuschauerin zur anderen: „Genießen Sie weiter. Es ist himmlisch!“ Ist dieses Entrücken in andere Sphären Ihre Stärke? Jaroussky: Ich habe eine Stimme, die in ihrer Kraft und ihrem Klang mehr Himmel als Erde ist. Trotzdem muss ich lernen, sie immer mehr zu erden, ihr mehr Raum und Farbe zu geben, sie reicher zu machen. crescendo: Empfinden Sie Ihre Stimme als Geschenk? Jaroussky: Als Geschenk empfinde ich nicht meine Stimme, sondern die Beziehung zu ihr. Hinter mir liegen zwölf Jahre Arbeit mit einer Lehrerin, die mir vor allem eines gezeigt hat: dass man nicht versuchen sollte, mehr vorzugeben als man hat. Am Anfang gab es schwierige Momente, weil ich keine große Stimme mit viel Vo-
Foto: Virgin Classics
„Genießen Sie weiter. Es ist himmlisch!“
lumen besitze. Mit der Zeit konnte ich mir mehr Resonanz, Höhe und Klarheit erarbeiten und empfinde Konzerte heute als etwas ganz Natürliches, bin ohne Aufregung und Angst. crescendo: Im NDR-Sendesaal hatte man den Eindruck, dass Ihre Stimme erst etwas im Orchester-Klang unterging. Jaroussky: Das hängt von verschiedenen Dingen ab. Das erste Stück „Va tacito...“ aus Händels „Giulio Cesare“ ist dichter und schwerer geschrieben als die folgenden Programmpunkte, gibt der Stimme auf Grund der Instrumentierung nicht so viel Raum. Wenn Sie mich im Lauf der Zeit besser gehört haben, liegt das aber nicht nur an mir, sondern auch an Ihren Ohren, die sich auf meine Stimme fokussieren, eine gewisse Zeit der Anpassung brauchen. crescendo: Singen Sie lieber in kleinen Sälen als in großen? Jaroussky: Die Größe spielt keine Rolle. Der NDR-Saal ist groß, hatte aber wegen der Holzwände und der Akustik-Segel einen guten Klang. Für Kammermusik sind kleine Säle natürlich angenehmer. Manche von ihnen sind aber sehr trocken und somit ist es schwer, in ihnen zu singen. Insgesamt passe ich bei der Wahl der Veranstaltungsorte gut auf, lehne solche ab, die ich nicht gut finde. Schließlich ist man dem Publikum gegenüber verpflichtet. Manche Kirchen sind zum Beispiel so groß, dass es in den letzten Reihen nur noch hallt. Andererseits darf man das Publikum auch fordern. So zwingt Cecilia Bartoli die Leute, durch extreme Piano-Nuancen,
Mehr Jaroussky auf der crescendo premium-CD.
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genau hinzuhören. Man muss nicht dauernd schreien – gerade als Countertenor, der mit seiner Stimme nicht alles machen kann. crescendo: Gibt es einen Unterschied zwischen Countertenor- und Kastraten-Stimmen? Jaroussky: Durch die Kastration blieb zwar die kindliche Stimme erhalten, aber der Körper wuchs überproportional weiter, wie man das auch von Tieren kennt. Kastraten waren also größer als andere Sänger, hatten mehr Resonanzkörper und Atem. Außerdem durchliefen sie eine lange Ausbildung, in der sie nicht nur sangen, sondern auch Komposition und Cembalo lernten. Kastraten beherrschten in der Regel ihr Repertoire perfekt, sangen nur das, was für sie komponiert war und konnten häufig direkt mit den Komponisten arbeiten. Wir hingegen stellen uns zahllose Fragen, welches Tempo man wählen, wie man etwas betonen soll. Um diesen direkten Draht zu haben, möchte ich meine Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten intensivieren. crescendo: Also haben Sie auch Lust auf anderes als Barock? Jaroussky: Warum sollte man sich nicht in andere Welten bewegen, wenn man merkt, dass das gut für die Stimme ist? Ich habe zum Beispiel endlich französische Lieder aufgenommen – aus mehreren Gründen ein lang gehegter Wunsch. Einmal mag ich die Musik der Jahrhundertwende sehr, weil sie ebenso raffiniert wie intim ist und herrliche Texte vertont hat. Dann wollte ich unbedingt in meiner Sprache singen – was im Barock-Repertoire nicht möglich ist, weil Kastraten in Frankreich nur in der geistlichen Musik, nicht aber in Opern eingesetzt wurden. Wenn man die eigene Sprache benutzt, klingt die Stimme nämlich anders, so dass man viel über sie lernen kann. Schließlich wollte ich dieses Genre auch verteidigen, das im Gegensatz zum deutschen Lied fast nie auf dem Programm steht. crescendo: Planen Sie eine Tournee mit diesem Repertoire? Jaroussky: Von März bis November stehen einige Konzerte an... crescendo: ...die passend zum Thema in besonders intimen Rahmen stattfinden? Jaroussky: Auch wenn es ideal wäre, geht das leider nicht immer. Ein guter Kompromiss sind bei größerer Platzzahl Räume, wo das Publikum aufgrund von Balkonen und steiler Anordnung näher dran ist. Ein Vorteil bei diesem Programm ist auch, dass der Klang eines Klaviers ganz anders ist als der einer Stimme. Selbst in großen Sälen kann man so Instrument und Sänger gut unterscheiden und hören. crescendo: Haben Sie Lieblingssäle? Jaroussky: In Spanien sind in letzter Zeit viele neue Säle gebaut worden, die ganz aus Holz und wunderbar sind, zum Beispiel der von Valladolid. Dann gibt es Säle mit geradezu mythischer Akustik wie das Concertgebouw in Amsterdam. Besonders beeindrucken mich geschichtsträchtige Orte wie der Tschaikowsky-Konzertsaal in Moskau. Denn dort haben alle Berühmtheiten gespielt, hinter der Bühne gibt es eine ganz abgetretene Stelle auf dem Fußboden, weil da so viele Musiker vor dem Auftritt nervös hin- und hergelaufen sind. Mauern können die Erinnerungen bergen. Das Gespräch führte Antoinette Schmelter de Escobar.
Opium. Französische Lieder von Fauré bis Saint-Saëns. (Virgin Classics) Am 25.4., 4.6., 23./26/ 28. und 30.11. ist Philippe Jaroussky hierzulande live zu hören.
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Der beste Saal der Welt? Über einen Platz unter den ersten Konzertsälen der Welt entscheidet vor allem die Akustik. Wie unterschiedlich wahrgenommen werden kann, zeigt unsere Nachfrage in der Klassik-Szene. Und natürlich haben Künstler auch
ANNA MARIA KAUFMANN „Am Gendarmenmarkt war es immer toll!“ Also in Deutschland gibt es mehrere wunderbare Konzertsäle... Ich liebe das Cuvilliés-Theater in München und auch die Philharmonie. Außerdem gibt es dort noch einen Geheimtipp: den Gobelinsaal im 1. Stock des Restaurants „Lenbach“ – sehr intim, bestens für Liederabende geeignet. In Hamburg liebe ich die Laeiszhalle, in Düsseldorf die Tonhalle, die Berliner Philharmonie, das Leipziger Gewandhaus, die Alte Oper in Frankfurt… In allen Ländern gibt es Säle, die ich liebe und die für mich als Sopranistin wunderbare Erinnerungen bergen; auch das Schauspielhaus in Berlin am Gendarmenmarkt, wo ich mit Nicolai Gedda im selben Konzert für die Hannelore Kohl Stiftung aufgetreten bin. In Deutschland ist man schon sehr verwöhnt... Es hat fast keinen Sinn weiter auszuholen: die Salle Empire in Monte Carlo, das Palais Garnier in Paris, der Saal in Moskau gegenüber vom Kreml… Wo mir die Akustik am besten gefiel...? Am Gendarmenmarkt glaube ich! Super Erinnerungen mit großartigen Kollegen. Dort war es immer toll!
JULIAN ARP
„Wie schön, wenn sich die Töne ins Unendliche bewegen können!“
Mein Lieblingssaal ist eigentlich kein Saal, denn man kann beim Spielen die Sterne sehen! Auf Sizilien gibt es 15 km nördlich von Catania einen kleinen Ort namens Trecastagni. Dort, am südlichen Hang des Ätnas, findet einmal im Jahr ein Festival statt. Eine belebte Straße an einem schönen, kleinen Platz unterhalb einer Kirche ist abends gesperrt. Plastikstühle werden aufgebaut und der angelieferte Flügel wird auf einer Holzbühne aufgebaut, die über einem Brunnen steht. Das Publikum strömt jedes Jahr von allen Seiten herbei. Die besten Plätze haben diejenigen, die direkt in den Häusern gegenüber des Podiums wohnen. Dort sind alle Balkone besetzt, viele Leute sitzen mit einer Weinflasche auch auf den Treppen, die von der Kirche zum Platz führen. Der Schall wird beim Spielen von der Hauswand zu den Stufen reflektiert und dann direkt ins Weltall getragen. Wie schön, wenn sich die Töne ins Unendliche bewegen können! Da stört auch eine röhrende Vespa aus der Ferne oder eine Fledermaus nicht, die sich in meine Celloschnecke verliebt hat...
Prototyp der „Schuhschachtel“: Großer Saal des Wiener Musikvereins
HILLE PERL „Konzentration auf die dargebotene Musik“ Natürlich gibt es moderne Konzerthäuser, die für vielfältige Programme auf der Gambe geeignet sind. Der Kammermusiksaal der Philharmonie in Berlin, der Mozartsaal des Wiener Konzerthauses oder das neue Konzerthaus in Dortmund seien als Paradebeispiele genannt: hervorragende Akustik, nahezu keine Geräuschbelästigung von außen, wunderbare Bequemlichkeit für Musiker und Publikum – quasi „neutrale“ Orte, die hervorragend eine Konzentration auf die dargebotene Musik zulassen.
ARABELLA STEINBACHER „Hier fühle ich mich jedes Mal ‚umarmt‘.“ Einer meiner Lieblingssäle ist der Wiener Musikverein. Allein die Atmosphäre in diesem „goldenen Saal“ ist einfach magisch. Liegt es an der langen Tradition großer Meister, die auf diesem Podium standen? Jedenfalls spürt man das genau.Vielleicht liegt es auch an dem herzlichen Wiener Publikum. – Als Geigerin fühle ich mich jedes Mal „umarmt“, wenn ich auf diese Bühne komme, was bei vielen anderen Sälen trotz guter Akustik nicht immer der Fall ist.
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Was macht einen wirklich guten Konzertsaal aus?
und subjektiv Akustik ihren Lieblingssaal...
PETER ALWARD „Ein ‚Thema mit Variationen‘“ Was macht eine große Konzerthalle aus? Sie muss Aura und visuelle Kraft besitzen, damit sich die musikalische Vision des Komponisten über den Interpreten an das Publikum übertragen kann. Gibt es solche Säle? Es ist ein „Thema mit Variationen“. Im Musikverein in Wien ist eine Halle in klassischer Schuhkarton-Form konzipiert, legt sich ein goldener Hauch über die Wiener Philharmoniker. Die Philharmonie Berlin ist der ideale Ort, um die enorme dynamische Kraft der Berliner Philharmoniker zu projizieren, das Publikum kann ganz nahe beim Orchester sitzen, durch umringende Bestuhlung. Die Severance Hall in Cleveland/Ohio, in dieser wunderschönen Art Deco-Halle ist das Cleveland Orchestra zuhause, das auf außerordentliche Weise europäische Kultur und amerikanische Präzision verbindet.
PROF. KARLHEINZ MÜLLER „keiner“ Die Frage nach dem „besten“ Konzertsaal wird mir immer wieder gestellt. Meine ehrliche Antwort ist: keiner. Ob Wiener Musikverein, Münchner Herkulessaal oder Berliner Philharmonie. Da ist keiner wirklich besser oder schlechter. In den 1960er Jahren revolutionär: die „Weinberghänge“ der Philharmonie in Berlin
Foto: Lauterbach, Berliner Philharmoniker
Foto: Studio Anzböck
Peter Alward (bis 2004 Präsident der EMI) ist heute als Berater mehrerer Orchester und Opernhäuser tätig – unter anderem des Cleveland Orchestra, West-Eastern Divan Orchestra und des Royal Opera House Covent Garden.
Ein Akustik-Ratgeber für alle, die das LiveErlebnis lieben. VON CHRISTOPH SCHLÜREN Grundsätzlich wirbt heute jedes Haus mit seiner guten Akustik, was unter anderem deswegen möglich ist, weil die Kriterien schwammig sind und es daher kein TÜV-Gütesiegel gibt. Es gibt zwei Grundformen „brauchbarer“ Konzertsäle: die Schuhschachtel (Aufführende und Publikum sitzen einander gegenüber) und das Amphitheater (ansteigender, die Bühne mehr oder weniger umrundender Zuhörerraum). Daraus sind viele hybride Formen abgeleitet. Die Schuhschachtel ist die typische Anordnung in geschlossenen Räumen, das Amphitheater die klassisch ideale Einrichtung unter freiem Himmel. Von daher liegt es auch nahe, dass besonders groß dimensionierte Räume versuchen, den Effekt der antiken Theater zu imitieren (in Epidauros versteht man ein leise gesprochenes Wort auch in Metern Entfernung noch deutlich). Zum Gelingen der Akustik ist zunächst die Gestaltung der Bühne höchst bedeutend: schwingender Boden als Resonanzraum des Bassregisters, Schallre�ektion von den Seiten und der Decke, die – weder überakustisch noch austrocknend – in idealer Weise von der Bühne in den Saal abstrahlt, Holz als ideales Grundmaterial, Verzierungen wie Stuck oder moderne Ersatzlösungen zur Erhöhung des Re�ektionsreichtums. Zu kleine und zu große Bühnen sind aufgrund unangepasster Abstände der Schallre�ektoren ein Problem, wie etwa die klanglich „tote“ Bühne in der Münchner Philharmonie. Zu große Säle sind ein typisches Problem unserer Zeit: für die Bläser geht es, für die Streicher ist es unmöglich – die Bedingungen nähern sich denen im Freien an, und nicht zufällig spielen bei Festumzügen Blaskapellen und keine Streichorchester (ein vergleichbares Problem entsteht aufgrund zu vieler absorbierenden Materialien, zum Beispiel Textilien). Zu kleine Säle, zu stark re�ektierende Wände (nackter Beton, Metall) machen große Besetzungen zu einer Dezibeltortur. In der Schuhschachtel sind die besten Plätze meist auf dem Rang, mittig; zu weit vorne zu sitzen hat vor allem bei großen Besetzungen einen entstellenden Effekt, da die Klangverhältnisse sehr unausgewogen ankommen. Bei der Schuhschachtel mit hoher Bühnenrampe sind die vorderen Reihen zusätzlich benachteiligt. Ein ansteigender Zuhörerraum sorgt – je steiler, desto mehr – für größere Ausgewogenheit der Hörqualität. Auch im Zuhörerraum ist die Gestaltung von Wänden und Decke (die Entfernung, das Material, seine Feinbeschaffenheit) essentiell. Obwohl keineswegs ideal, ist die Berliner Philharmonie mit ihrer akustisch nivellierenden Rund-um-das-Orchester-Anordnung besser gelungen als die Philharmonien in Köln oder gar München. Da ist guter Rat teuer. Und man kann ja nicht alle Tage nach Göteborg, Wien, Amsterdam oder Luxemburg fahren…
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crescendo: Von Pythagoras über Leonardo Da
Auf der Suche nac
Illustration: Stephan Braunfels Architekten
Vinci bis hin zu Galilei und Mersenne, sie alle Er ist einer der wenigen versuchten, das Phänomen des Wohlklangs zu ergründen. Haben Sie eine Antwort geProf. Karlheinz Müller und die Firma Müller-BBM funden? Karlheinz Müller: (Lachen) Das ist gar nicht so einfach. Es ist ein Zusammenspiel von Raum und Musik. Wenn crescendo: Wie werden Sie den akustischen Bedürfnissen unterdas stimmig ist, dann ist er da, der Wohlklang. Viele Komponisten schiedlichster Werke in der zukünftigen Saarphilharmonie gerecht haben speziell für Räume geschrieben. Man fragt sich manchmal werden? als Akustiker: War erst der Raum da und dann die Musik, oder war Müller: Man nutzt moderne Messgeräte, man baut und kalkuliert es umgekehrt? Die gregorianischen Gesänge zum Beispiel konnten Modellräume des zukünftigen Saals, um die akustischen Möglichnur in Kathedralen entstehen, in Räumen mit einem sehr langen keiten zu testen. Heutzutage werden die Räume dem sinfonischen Nachhall. klassisch-romantischen Repertoire angepasst: das ist nun mal das crescendo: Eine komplexe Sinfonie in einem solchen Raum aufgemeistgehörte Repertoire unserer Zeit. Für die Gregorianik ist die führt aber würde in ein Klangchaos führen…? Nachhallzeit dabei vielleicht etwas zu kurz, für moderne KompoMüller: Ganz genau. Die Sinfonien von Haydn würden in einer sitionen dann ein wenig zu lang. Aber die Musiker können sich Kathedrale schrecklich klingen. Die Musik Haydns passt haardarauf sehr gut einstellen. Hinzu kommt, dass heute zumeist Säle genau in die großen Musiksäle der Familie Esterházy. Sie ist für mindestens 1. Zuhörer geplant werden müssen. ganz auf die Dimensionen dieser crescendo: Doch Ihr Wort als Säle zugeschnitten. Ein weiteres Akustiker hat großes Gewicht. Das Beispiel ist die Thomas-Kirche Festspielhaus Baden-Baden etwa in Leipzig: Man konnte sich lanwurde auf Ihren Rat hin mit nur ge Zeit nicht vorstellen, weshalb zwei statt drei Rängen konzipiert Bach gewisse Kantaten für diesen – entgegen wohl aller kommerziellen Raum komponierte, der dafür eiErwägungen. gentlich eine zu lange NachhallMüller: Ja, da haben wir uns durchzeit hat. Untersuchungen aber Wird der Nachhallzeit des klassisch-romantischen Repertoires angesetzen können, weil man bei dieser ergaben, dass damals Kirchen passt: die neue Saarphilharmonie im E-Werk von Saarbrücken. Saalform so besser hören kann. Wir auch als „Lagerräume“ verwendet haben viele Skizzen gemacht, Mowurden; zu Bachs Zeiten war die Thomas-Kirche voller Schränke, delle getestet und viel diskutiert. Die Arbeit des Akustikers ist oft die teilweise als Getreidespeicher dienten; die Fenster waren mit wie eine Babuschka. Schicht um Schicht muss alles zusammengeVorhängen bedeckt. Bach hat also diese akustischen Umstände in tragen und -gesteckt werden. seine Kompositionen mit einbezogen. Er wollte ja auch eine hohe crescendo: Welche materiellen Faktoren beeinflussen überhaupt die Wortverständlichkeit erreichen. Akustik?
Ob Saarphilharmonie oder Pinakothek der Moderne, Karlheinz Müller und Stephan Braunfels schätzen die gemeinsame Arbeit.
Foto: Haydar Koyupinar
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h dem Wohlklang
Akustik-Gurus weltweit: haben sich auf Konzertsäle und Opernhäuser spezialisiert. Müller: Man kennt die Geschichte um Haydn, der den Fürsten
bat, die Teppiche im Musiksaal herauszunehmen und den alten Tanz-Holzboden wieder herstellen zu lassen. Dennoch: Es gibt keine schlechten Materialien, es gibt nur schlechte Mischungen. Es ist wie in der Apotheke: Gift kann Sie retten, Gift kann Sie aber auch töten. Mein typisches Beispiel ist das Glas. Viele meinen, Glas sei ein akustisch ungünstiges Material. Doch schauen Sie sich den Wiener Musikverein mit seinen großen Fensterfronten im Goldenen Saal an. crescendo: Wie sieht es aus mit der Größe des Publikums, mit Temperaturschwankungen? Müller: Publikumsflächen sind Schall absorbierend und haben einen enormen Einfluss auf das Klangbild. In Kirchen und alten Konzertsälen klingt die Musik meistens nur dann gut, wenn viele Menschen im Raum sind. Bei modernen Saalplanungen wird der Einfluss des Publikums auf die Akustik berücksichtigt. Seitdem wir Heizungen haben, schwankt die Luftfeuchtigkeit im Winter sehr stark. Dies ist schlecht für Instrumente, Stimmbänder und die Klangentfaltung. Deshalb achten wir bei großen Musikräumen auf eine vernünftige Luftbefeuchtung. crescendo: Sind die teuersten Plätze tatsächlich die besten? Müller: Das ist meine Lieblingsfrage. Oft sind die preislich günstigen Plätze ganz oben hinten im Saal akustisch sehr gut, auch wenn man von dort aus weniger sieht. Es ist aber auch herrlich im Parkett vorne zu sitzen, weil man dort die Künstler ganz nah erlebt. Es gibt keinen großen Saal der Welt, in dem man auf allen Plätzen „gleich“ hört.
crescendo: Sie beraten auch die Bregenzer Festspiele, eine Open Air-Bühne. Inwiefern unterscheidet sich hier Ihre Arbeit zu der in geschlossenen Räumen? Müller: Wir arbeiten sehr erfolgreich daran, virtuelle Konzertsäle zu schaffen, beziehungsweise durch Elektroakustik virtuelle Räume zu erzeugen. Das ist etwas ganz anderes als eine normale Beschallung. Bei der klassischen Musik muss man andere, subtilere Methoden finden, um ein differenziertes Klangbild zu erreichen. crescendo: Wann erst wissen Sie, wie ein Raum wirklich klingt? Müller: Eigentlich erst, wenn die ersten Proben und Konzerte stattgefunden haben. Übrigens sprechen Sie mit dieser Frage ein schwieriges Thema an. Ich kann das Lampenfieber vor solchen Situationen nie ablegen. Man ist nervös, auch wenn schon alles im Vorfeld getestet wurde. Früher hat man einem Bau viel mehr Zeit gelassen zur akustischen Feinjustierung. Die Säle waren bei der Eröffnung meistens noch nicht „fertig“. Heute muss alles schnell gehen und perfekt sein, wie ein Fertiggericht. crescendo: Hat der heutige Perfektionssinn von CD-Konsumenten Einfluss auf die Bauart von Konzertsälen? Müller: Oh ja. Man kann sogar am Konzertsaalbau den Wandel der Aufnahme- und Wiedergabetechnik erkennen. Die alten Schellackplatten waren im Klangbild viel präsenter, weil die tiefen Frequenzen ausgeblendet waren. In einigen Konzertsälen, die in der Nachkriegszeit entstanden, kann man das heute ebenfalls noch erkennen, da sie weniger Resonanz bei den tiefen Frequenzen haben. In den 1er Jahren kam plötzlich ein Geschmackswandel. crescendo: Wie lässt sich dies erklären? Müller: Vielleicht durch den Einfluss der Popmusik. Plötzlich „entdeckte“ man auch die tiefen Töne und fand Geschmack daran. Seit dieser Zeit baut man Konzertsäle wieder mit mehr Raumresonanz im gesamten akustischen Spektrum. // Das Gespräch führte Teresa Pieschacón Raphael.
klang & raum 22 | www.crescendo.de 02 2009
„Architektur muss Sex haben“ Sein Kopf ist voll von Konzertsälen und Opernhäusern: kein Wunder, wenn man aus einer so musikalischen Familie stammt wie der Stararchitekt Stephan Braunfels.
crescendo: Geht jetzt für Sie in Burbach-Saarbrücken Ihr Traum
eines Konzertsaals in Erfüllung, der sich in München bisher nicht realisieren ließ? Stephan Braunfels: Das Marstall-Projekt in München ist schon mein Kind. 1 hatte mich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gebeten, einen Entwurf für einen eigenen Konzertsaal anzufertigen. Gemeinsam setzten wir uns dran. Die Idee war, das historische Marstallgebäude beziehungsweise die ehemalige Hofreitschule von Leo von Klenze – heute als Depot für das Residenztheater genutzt – als Foyer für Empfänge und Bälle auszubauen und auf dem dahinter liegenden etwas breiteren Grundstück einen eigenständigen Konzertsaal zu errichten. Das würde der prächtigste Saal in ganz München werden. Mein Konzept verschwand dann in der Versenkung, weil der damalige Finanzminister dies an die Öffentlichkeit brachte, ohne Rücksprache mit dem Intendanten und anderen wichtigen Entscheidungsträgern zu halten. Diskussionen kamen auf, und der Minister rief einen neuen Ideenwettbewerb aus für eigentlich längst vorhandene Pläne. Der Entwurf Axel Schultes gewann, doch sein Plan weist erhebliche Mängel auf. Jetzt steht noch ein Realisierungswettbewerb an. Und es gibt einen neuen Ministerpräsidenten, der für meinen Entwurf ist. crescendo: Sie bleiben also im Gespräch? Braunfels: Ich werde meinen Entwurf wieder vorstellen und ich reklamiere das Urheberrecht an meiner Idee. Ob das dann ausreicht, um den Planungsauftrag zu bekommen, das weiß ich nicht. Doch wie Sie wissen, gebe ich nicht so schnell auf. Ich bin relativ unFoto: Haydar Koyupinar
konventionell, auch das wird mir vorgeworfen. Doch ich bin frei: „Kreativität ist etwas Kindliches“, sagte mein Vater. crescendo: Kreativität, die Sie nun in Saarbrücken einsetzen, um aus einem ehemaligen E-Werk einen Konzertsaal zu machen? Braunfels: Christoph Poppen, Chef der Deutschen Radio Philharmonie, sprach mich an. Das wohl größte Orchester Deutschlands braucht dringend einen Saal. Denn wie alle deutschen Rundfunksinfonieorchester hat es keinen eigenen Raum. Um Geld zu sparen, entschloss man sich für eine alte Maschinenhalle, die ganz entkernt ist, aber eine wunderbare sanierte Außenhaut hat. In sie wollen wir einen Innenbau stellen, einen reinen Konzertsaal und keine Mehrzweckhalle, der den akustischen Erfordernissen eines Sinfonieorchesters gerecht wird. crescendo: Die Gretchenfrage: Arena oder Rechteck? Braunfels: Ein Rechteck, etwa Meter breit, mit stark ansteigendem Parkett. Die Form ist bereits durch die Halle vorgegeben. Weinberghänge nach dem Vorbild der Berliner Philharmonie sind natürlich spektakulärer, doch die Rechteck-Form hat sich sehr bewährt, nicht zuletzt seit Jean Nouvels Neubau in Luzern, der mir ein großes Vorbild ist. Ich sehe meinen Innenbau wie eine Skulptur, einen Meteor, der in diese Halle gestürzt ist. Natürlich gibt es auch akustische Probleme zu lösen: Die Maschinenhalle ist zwar sehr breit, aber sie ist nicht so hoch. Also mussten wir in die Tiefe gehen, um die erforderliche Höhe zu erreichen. Für eine gute Akustik ist es ganz wichtig, dass das Raumvolumen etwa das Zehnfache der Zuschauerzahl beträgt, sprich: Ein Raum für 1 Menschen braucht etwa 1. Kubikmeter Luftraum.
Braunfels‘ spektakulärer Entwurf für einen Konzertsaal neben dem
Müller sagt, die meisten Komponisten schrieben für den Raum. Gilt dies auch für Architekten? Braunfels: Dies ist viel schwieriger, schon aus logistischen Gründen. Mit Herrn Müller, ohne den ich kein Gebäude entwerfe, haben wir die Pinakothek der Moderne erbaut; seine Rotunde ist der beste Konzertsaal Münchens. Ein runder Raum zwar, aber die Klangkammern und die Höhe bringen ihn zum Klingen. Da habe ich auch auf Proportionsverhältnisse zurückgegriffen, die auch in der Musik vorkommen. Da ist natürlich diese uralte Reflexion über die Proportionen, die in der Musik zu Wohlklang führen etwa Quinte, Quarte, Oktave, Terz. Dennoch bleibt die Kunst von Herrn Müller auch für mich ein Geheimnis. Es geht ja nicht nur um mathematische Proportionen, sondern darum, dass es klingt. crescendo: Das wünschte sich auch die Berliner Staatsoper, zu der Sie einen Entwurf vorgelegt haben. Braunfels: Die Akustik dort ist miserabel, weil der Raum ein viel zu kleines Volumen hat. Das spürt man schon, wenn man reinkommt, der Raum wirkt wie gedrückt. Im Laufe eines Architekten-Lebens schult man ein harmonisches Proportionsgefühl und spürt sofort, wenn etwas nicht in der Balance ist. Mein Vorschlag hier war die Decke um , m anzuheben, Logen zu versetzen, einen vierten Rang einzubauen und das Parkett stärker zu neigen. Doch noch mal zu Ihrer obigen Frage: Mit Christoph Schlingensief plane ich tatsächlich gerade ein Opernhaus. Dies ist eines der Dinge, die er gerne in seinem Nachlass haben möchte. Sie wissen ja, er ist schwer krank. Wir sind Freunde geworden, seit er die „Johanna von Orleans“, die letzte Oper meines Großvaters Walter Braunfels, an der Deutschen Oper in Berlin inszenierte. In seiner Vorstellung müsste ein Opernhaus auf den Universalkünstler zugeschnitten sein.
Münchner Marstall Illustration: Stephan Braunfels Architekten
crescendo: Der Akustiker Karlheinz
Er hat viele Ideen, wie etwa die Bühne praktisch um das Publikum herum im Kreis zu legen und nicht nur als Guckloch zu realisieren. crescendo: Apropos Guckloch: Sie selbst lieferten das Bühnenbild zum „Lohengrin“ in Baden-Baden und zum „Fidelio“ in Düsseldorf. Wie ist das für Sie? Als Architekt mussten sie doch bisher in ganz anderen Raumdimensionen denken… Braunfels: Sehr spannend. Die Regisseure haben mir sehr den Blick für die Musik erweitert. Ein großes Thema war die Akustik, auch hier beriet mich Herr Müller. Ich neige dazu, die Räume größer zu gestalten, als sie auf der Bühne sind, ich möchte immer ein überwältigendes Raumerlebnis haben, damit die Bewegungen der Menschen darin mitsamt der Musik eine ganz besondere Faszination ausüben. crescendo: „Was von den Unternehmungen des Menschen bleibt“, sagt Ihr großes Vorbild Le Corbusier, „ist nicht das, was nützlich ist, sondern was bewegt und erregt.“ Braunfels: Ein schöner Satz. Ja, Architektur muss sexy sein. Nein besser: Architektur muss Sex haben, muss erotisch sein. crescendo: Ihr Lieblingskonzertsaal? Braunfels: Der Musikvereinssaal in Wien und die Berliner Philharmonie – die beiden Prototypen. Das Gewandhaus in Leipzig hat übrigens eine noch bessere Akustik als die Berliner Philharmonie, ist aber kein schöner Saal. // Das Gespräch führte Teresa Pieschacón Raphael.
„Der Stuck muss weg“ Einen launigen Bericht unseres Autors Gerhard Dörr über das Hin und Her um die Akustik der Stuttgarter Oper können Sie unter www.crescendo.de lesen.
Klassik-Charts Die Bestseller
rezension 24 | www.crescendo.de 02 2009
Die Besten
Rezensionen 2
Zisterzienser Mönche von Stift Heiligenkreuz „chant – Music for Paradise“ (Decca)
3
Elina Garancˇa „Bel Canto“ (Deutsche Grammophon)
Der schönste Mezzosound, der sich denken lässt. 4
Anna Netrebko „Souvenirs“ (Deutsche Grammophon)
5
Julia Fischer Bach: Violinkonzerte (Decca)
6
Lang Lang/Mehta Chopin: Klavierkonzerte (Deutsche Grammophon)
7
Anne-Sophie Mutter „Mendelssohn“ (Deutsche Grammophon)
8
Albrecht Mayer „In Venedig“ (Decca)
9
Martin Stadtfeld Bach: „Das wohltemperierte Klavier“ (Sony Classical)
1
Pluhar/ Jaroussky/Rial „Teatro d‘amore“ (Virgin Classics)
2
Dejan Lazi´c Rachmaninow: Klavierwerke (Channel Classics)
3
Nils Mönkemeyer „Ohne Worte“ (Sony Classical)
4
Philippe Jaroussky „Opium“ (Virgin Classics)
Der französische Star-Counter ist erstmals mit Liedern in seiner Muttersprache zu erleben. 5
Zisterzienser Mönche von Stift Heiligenkreuz „chant – Music for Paradise“ (Decca)
6
Joel Frederiksen „O felice morire“ (harmonia mundi)
7
Jordi Savall „Jerusalem“ (Alia Vox)
Musikalische Völkerverständigung
10 Helmut Schmidt „Kanzler & Pianist“ (Deutsche Grammophon)
8
11 Renée Fleming Strauss: „Vier letzte Lieder“ (Decca)
9
Fleming und Thielemann: zwei Strauss-Experten unter sich. 12 Anne-Sophie Mutter „Bach Meets Gubaidulina“ (Deutsche Grammophon) 13 Anna Netrebko/ Rolando Villazón „Duets“ (Deutsche Grammophon) 14 Rolando Villazón/ Nino Machaidze Gounod: „Romeo und Julia“, DVD (Deutsche Grammophon) Emotionaliker Villazón at his best. 15 Herbert von Karajan Sinfonien-Edition (Deutsche Grammophon) Die Klassik-Charts wurden ermittelt durch Mediacontrol im Auftrag des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft e.V.
Auswahl der besten CDs, DVDs und Bücher
delian::quartett Schumann: „Kammermusikwerke“ (OehmsClassics) Robert Crowe „Carissimi: Sopran-Motetten“ (Profil Edition)
10 Vladimir Ashkenazy Suk: Sinfonie „Asrael“ (Ondine) Nach so viel Klanggewalt kann man süchtig werden. 11 Haydn Edition (Brilliant Classics) 12 René Pape „Gods, Kings & Demons“ (Deutsche Grammophon) 13 Renée Fleming Strauss: „Vier letzte Lieder“ (Decca) 14 Leontyne Price Gershwin: „Porgy and Bess“ (audite) 15 Gustavo Dudamel „Fiesta“ (Deutsche Grammophon)
Die crescendo Klassik-Charts werden in der Redaktion ermittelt. Zu Grunde liegen Einspielungen der letzten Monate.
Foto: Frank Eidel
Daniel Barenboim „Neujahrskonzert 2009“ (Decca)
R AG N A S C H I R M E R S P I ELT H Ä N D EL
Aufgeladene Stimmungen
Händels Klaviersuiten stehen bis heute im Schatten entsprechender Werke Bachs. Ragna Schirmer, die junge deutsche Pianistin auf dem Sprung zur großen Karriere, hat sich der 16 Suiten nun angenommen und auf dem modernen Steinway ein ungemein abwechslungsreiches Plädoyer für diese Piècen eingelegt. Schnell beeindruckt, wie sie, meist mit fest schreitender Rhythmik in der linken Hand vorangetrieben, kraftvoll das Material entwickelt. Der immer wieder verästelten Linienführung des Tonsatzes gewinnt sie große Klarheit ab und krönt das Ganze mit virtuosen Verzierungen und improvisatorischen Momenten. Händels Musik ist bei Ragna Schirmer in ständiger Bewegung, die Schönheit des Tones dominiert über den musikalischen Affekt. Die Phrasierungen atmen die Natürlichkeit des bewussten Interpreten, der sich über den Selbstzweck der Virtuosität gestellt hat und suggerieren Verständlichkeit; gerade in den arpeggierten Präludien wird dies besonders deutlich.
Den langsamen Sätzen gewinnt sie atmosphärisch aufgeladene Stimmungen und variable Klangfarben ab, ebenso schlicht und innig im Klang wie überzeugend in der Dichte des Ausdrucks. Die Virtuosität der Ausschmückungen, vor allem aber die stilistisch sichere Vielfalt der pianistischen Mittel tun ein Übriges, um den einzelnen Suiten ihre angemessene Individualität zu verleihen. Das moderne Instrument gehorcht der Spielweise Ragna Schirmers mit verblüffenden Klangdetails und -schattierungen. Bemerkenswert sind die Variationssätze: klar strukturiert und zielgerichtet. Sicherlich sind Ragna Schirmers Händel-Lesarten keine interpretatorischen Revolutionen und mancher Satz klingt mit dem fülligen Ton des Konzertflügels vielleicht harmloser als auf einem historischen Instrument. Doch Souveränität und Konsequenz der Ausführung zeugen von einem geschlossenen und deshalb auch überzeugenden Klang- und Spielkonzept. Uwe Schneider Händel: Klaviersuiten, Ragna Schirmer (Berlin Classics)
Hören Sie ausgewählte Titel der CDs, die hier besprochen werden, auf der crescendo premium-CD, siehe auch S. 38.
Mehr Schirmer auf der crescendo premium-CD.
1
www.crescendo.de 02 2009 | 25 rezension
C AVA L L I S F R Ü H E O P E R
B A R T O L I I N „ S E M EL E“
Bisher waren „Die Amouren von Apollo und Daphne“ nur in einer im Vergleich zu dieser NeuEinspielung ausgesprochen farblosen CD unter Alberto Zedda zu haben. Gabriel Garrido und seinem Ensemble Elyma ist somit für die eigentliche Wiedergeburt dieses Meilensteins der Opern-Geschichte zu danken. Das groß besetzte Renaissance-Orchester mit umfangreicher ContinuoGruppe erlaubt bestürzende Kontraste, räumliche Effekte und enormen Farbreichtum. Die 20 Partien sind mit recht unbekannten, doch bis ins letzte Glied vorzüglichen Sängerinnen und Sängern hervorragend besetzt – allen voran Salvo Vitale (Jupiter) mit einem flexiblen, vollen Bass, der herrlich aufblühende Countertenor Anders Dahlin (Apollo) und die energische, vielseitige Mezzosopranistin Rosa Dominguez (Dafne). Die inspirierte, vorzüglich klingende Produktion ist ein Muss für alle Opernfreunde.
Cecilia Bartoli steht im Mittelpunkt des Interesses von Händels mythologischem Oratorium „Semele“, das in Robert Carsens Zürcher Bühnenfassung zum durchgestylten Spiel um Verführungskunst, Eitelkeit und Unsterblichkeit wird. Die Bartoli brilliert in der ganzen Spannweite zwischen Natürlichkeit und Manierismus. Charles Workman setzt dem stilistische Sicherheit, Tenorvirtuosität und verführerisch göttliche Gesangskunst entgegen. Stimmlich unbeweglich bleibt Birgit Remmert, doch darf sie, ebenso wie Isabel Rey, heftig in die Klamottenkiste greifen um zu erheitern. Wie immer ist Barockspezialist William Christie am Pult der Garant musikalischer Attraktivität. Er setzt der modisch ausstaffierten Handlungsführung samt ihrer Bühnenerotik wahrhaft sinnliche Momente des Musizierens und eine motorische Lebendigkeit entgegen, die über jeden Zweifel erhaben sind. Uwe Schneider
Mehr Cavalli auf der crescendo premium-CD.
Enormer Farbreichtum
Benjamin-Gunnar Cohrs Cavalli: „Gli amori d’Apollo e di Dafne“, Garrido, Ensemble Elyma (harmonia mundi)
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Fast des Guten zuviel
Händel: „Semele“, Carsen, Christie, Orchestra La Scintilla, 2 DVDs (Decca)
CL AR A SCHUMANNS LIEDER
T EU F EL S C EL L I S T J O N A S I T EN
Clara Schumann verlangte das Leben große Kraft ab – in ihrer schwierigen Ehe mit Robert Schumann und durch das Hadern zwischen einer Pianistenkarriere und ihren Aufgaben als Mutter. Als Komponistin blieb sie in den Konventionen ihrer Zeit, musikalisch-stilistisch wie auch von ihrem Selbstverständnis her. Nach Roberts Tod gab sie das Komponieren auf. Politisch-korrekte Musikwissenschaftlerinnen stilisierten sie zur unterdrückten Frau. Eine Fehldeutung, schließlich kann man nicht die psychologischen und rechtlichen Parameter unserer Zeit beliebig auf andere Zeiten übertragen. Differenziert und zart geht Dorothea Craxton, begleitet von Hefayet Djeddikar, Clara Schumanns mitunter ausdrucksstarke Liedkompositionen an, von denen die meisten im häuslichen Rahmen zu Geburtstagen oder Weihnachtsfesten entstanden und wohl nicht für die Konzertöffentlichkeit gedacht waren.
Wie schön, wenn man einen echten „Wow-Moment“ erlebt: Jonas Iten, der für diese Aufnahme ein mit Darmsaiten bespanntes Cello verwendet hat, musiziert, als würde es um sein Leben gehen. Damit sind aber nicht nur die teilweise Furcht erregenden Höchstschwierigkeiten gemeint. Iten lässt zudem durch leuchtendes Melos und beseelten Ernst aufhorchen. Die selten gespielte Musik Jean-Baptiste Barrières (derzeit führt der deutsche CD-Markt nur eine andere CD mit sechs weiteren Cellosonaten) beinhaltet immer wieder Passagen, die eine Überfülle an Emotionalität und dramatischer Substanz zu bieten haben. Man höre nur das Adagio der „E-Dur-Sonate“ (Track 6). Die Produktion fasziniert vom ersten Augenblick an mit einem Klangbild, das in seiner luftigen Räumlichkeit, in seiner Ausgewogenheit von Opulenz und Klarheit an die besten Barockaufnahmen der Kultklangschmiede ECM erinnert. Harald Reiter
Private Wohnzimmerblicke
Teresa Pieschacón Raphael Clara Schumann: Complete Songs, Craxton, Djeddikar (Naxos)
internationales musikfestival 21.märz bis 25.april 09 »identität«
Barockmusik par excellence
„Concert Spirituel“. Sechs Cello-Sonaten von Barrières, Iten (dhm)
Pierre-Laurent Aimard I Bamberger Symphoniker I Thomas Hampson Renaud Capuçon I Andreas Scholl kammerorchesterbasel I Annette Dasch I Jonathan Gilad I Jacques Loussier Trio I Janine Jansen The Hilliard Ensemble I Gautier Capuçon Gabriela Montero I Daniel Hope Frank Peter Zimmermann I Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern I SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg Hagen Quartett I Fauré Quartett Christine Schäfer I Academy of St. Martin in the Fields u.v. a.
Karten unter Tel 06221-14 22 422 und an allen Vorverkaufsstellen der Rhein-Neckar-Zeitung, Infos unter www.heidelberger-fruehling.de
rezension 26 | www.crescendo.de 02 2009
K A R A M A Z O V S PA N N T E I N EN W E I T EN M U S I K B O G EN
Zeitenlos und ungebunden
Ungeahnte Klänge entlockt Edin Karamazov seiner Laute. Es ist Virtuosität, die als solche keine Rolle spielt, weil sie ganz im Dienst der musikalischen Idee, des verblüffenden Klanggeschehens und der unerhörten Ausdrucksstärke eines großen, alles umfangenden Gesangs steht. Musik ist hier tatsächlich zeitenlos und ungebunden, weil sie unter Karamazovs gewandten Fingern zu ihrer ursächlichen Kraft zurückfindet. So kann der silberne Sopran Renée Flemings mit Purcell neben Stings weltmusikangehauchter Rockballade tragisch leuchten und über eine italienische Barocksuite zu Händels sakralen Countertenor-Klängen mit Andreas Scholl führen, ohne dass man das Gefühl der Beliebigkeit bekäme. Die Farbpalette und die Klangerlebnisse, die Karamazovs Kunst hier bietet, kennen keine Schubladen. Alles ist pur, rein, unzivilisiert im besten Sinne des Wortes. Uwe Schneider „The Lute is a song“, Karamazov, Fleming, Scholl, Sting (Decca)
JA C O B S D I R I G I E R T T EL E M A N N
Georg Philipp Telemann kennt man als spielerisch-leichten Erfolgskomponisten des 18. Jahrhunderts. Sein 1716 uraufgeführtes Passionsoratorium nach dem Text von Barthold Heinrich Brockes dagegen beginnt grüblerisch; mit zögernden Streichern und Dissonanzen setzenden Oboen. Bereits nach wenigen Takten wird klar, dass diese Einspielung der Akademie für Alte Musik Berlin unter René Jacobs etwas ganz Besonderes ist: stimmungsvoll, dramatisch und klanglich geschärft. Der RIAS Kammerchor setzt die drastischen Bilder des Textes eindrucksvoll in Musik um. Auch das mit exzellenten Bläsern (Oboen!) bestückte Berliner Orchester beruhigt das Geschehen und heizt es wieder an. Und da zumindest die weiblichen Solisten (Birgitte Christensen, Lydia Teuscher, MarieClaude Chappuis) ähnlich intensiv agieren, wird diese „Brockes-Passion“ zum Erlebnis. Georg Rudiger Telemann: „Brockes-Passion“, Jacobs (harmonia mundi)
Mehr Telemann auf der crescendo premium-CD.
Grüblerisch und dramatisch
WAG N E R I N D U N K L E R Z E I T
Madama Puccini Butterfly
Angela Gheorghiu Jonas Kaufmann „Angela Gheorghius beste Puccini-Rolle.“
1944, also in tiefster NS-Zeit, entstanden diese künstlerisch herausragenden Aufnahmen. Die Edition Staatskapelle Dresden dokumentiert die letzen Atemzüge einer Wagner-Pflege, die Wagnerianern bald schon als verklärte Unerreichbarkeit galt. Der erste Akt der „Walküre“ mit Vorzeige-Heldentenor Max Lorenz, mit der lyrisch-dramatischen Leuchtkraft Margarete Teschemachers und einem souveränen Kurt Böhme stellt die letzte Aufnahme in der alten Semperoper vor ihrer Zerstörung dar. In Ausschnitten anderer Wagner-Werke kommen weitere Solisten des Hauses hinzu, die den hohen Dresdner Standard verewigt haben. Karl Elmendorff und Kurt Striegler dirigieren dabei die Staatskapelle in einer Zeit, als „deutscher Klang“ Bestandteil einer zu hinterfragenden Ideologie und nicht Feuilletongewäsch war. Einzigartige Dokumente, die beim Hören nicht kalt lassen können. Uwe Schneider
Gramophone, März 2009 GIACOMO PUCCINI Madama Butterfly Orchestra e Coro dell’ Accademia Nazionale di Santa Cecilia Antonio Pappano | 2 CDs 264187 2 Auch als digital download erhältlich
Gewinnspiel auf www.angela-gheorghiu.eu
Wagner: Historische Aufnahmen der Staatskapelle Dresden (Profil Edition)
Mehr Wagner auf der crescendo premium-CD.
Verklärte Unerreichbarkeit
www.crescendo.de 02 2009 | 27 rezension
N U R E J E W S „ R O M E O & J U L I A“
Aufschlüsselung eines Meisterwerks 1977 kreierte Rudolf Nurejew für das Londoner Festival Ballet erstmals eine eigene Fassung der tragischen Liebesgeschichte, die er 1984 auch an der Pariser Oper einstudierte. Die Tanzpresse reagierte vernichtend. Shakespearekenner und Theaterkritiker jedoch waren begeistert. Die nun vorliegende DVD-Dokumentation zur posthumen Neueinstudierung (Ausstattung: Ezio Frigerio) verdeutlicht in Proben- und Aufführungsausschnitten die Besonderheiten der Nurejew‘schen Arbeit, die Prokofjews Musik in voller Länge berücksichtigt. Zusätzliche Erläuterungen, unter anderem der Hauptinterpreten, sowie von Nurejews Ur-Julia und langjähriger Assistentin Patricia Ruanne verstärken nach 1 1/2 Stunden intensivem Briefing den Wusch nach einer Doppelbox inklusive Gesamtballett. Vesna Mlakar Prokofjew: „Romeo & Juliet“/Dokumentation (Arthaus Musik)
S AVA L L A L S F R I E D EN S B O T S C H A F T E R
Übereinklang
Wie Jordi Savall, der Meistergambist, islamische, jüdische und christliche Musik hier gegenüberstellt, verwebt und in Übereinklang bringt, überzeugt musikalisch wie wenige Versuche vorher. Hier ist die Botschaft: Jerusalem, die Stadt des himmlischen Friedens, möge nach Jahrtausenden endlich auch Stadt des irdischen Friedens werden. Ein über 400-seitiges Buch flankiert die zwei singulären, dramaturgisch einem Filmepos vergleichbaren CDs. In der Authentizität und Verschmelzung der Beiträge der Sufi-Gruppe Al-Darwish, des Ensembles Hespèrion XXI und der Capella Reial de Catalunya unter Savall mit Solisten wie Montserrat Figueras ein historisches Projekt. Nicht eine künstliche Fusion der Stile, sondern aus gemeinsamen Wurzeln gespeiste Kreativität öffnet das Tor zur Überwindung der Mauern zwischen den Kulturen. Christoph Schlüren „Jérusalem“. Savall, Al-Darwish, Hespèrion XXI (Alia Vox)
A S H K EN A Z Y D I R I G I E R T S U K
Neue Referenz-Aufnahme Die erschütternde „Asrael“-Sinfonie op. 27 von Josef Suk gilt bis heute aufgrund ihrer enormen Anforderungen an das Orchester als Geheimtipp. Vladimir Ashkenazy gelang hier in einem Live-Mitschnitt vom April 2008 eine neue Referenz-Aufnahme: Gemessene Tempi erlauben größte KraftEntfaltung in den monumentalen Passagen. Bewegte Stellen werden virtuos und rhythmisch sehr präzise dargeboten – so etwa das zentrale, Totentanzartige Scherzo. Die Philharmoniker aus Helsinki loten die Details der Partitur bis in die feinsten Verästelungen aus. Auf einmal sind Orchesterfarben zu hören, die in anderen guten Aufnahmen (etwa unter Libor Pešek oder Vaclav Talich) kaum zu ahnen waren. Im Surround-Modus klingt die CD noch üppiger als in Zweikanal; nur muss man gelegentlich nachpegeln, wenn man von den Tutti nicht überwältigt werden will. Benjamin-Gunnar Cohrs Suk: 2. Sinfonie c-Moll „Asrael“, Ashkenazy, Helsinki Philharmonic Orchestra (Ondine)
rezension 28 | www.crescendo.de 02 2009
Zündend musiziert
Brockes-Passion
Ein Meisterwerk von Telemann
Mendelssohns eigenhändige Bearbeitungen seines Oktetts (Klavier vierhändig) und seiner ersten Sinfonie (dito, zuzüglich Geige und Cello) wurden bisher kaum eines Blickes gewürdigt. Das Klavierduo Yaara Tal & Andreas Groethuysen plädieren dafür jedoch dermaßen überzeugend, dass der Hörer sich verwundert die Ohren reibt. Denn die vermeintliche Reduzierung weg von den ursprünglichen Farben schärft ungemein den Blick für die eigentliche musikalische Substanz. Es gibt nur wenige Bearbeitungen von Originalvorlagen, die so zündend musiziert werden sowie Kontraste und Details so erschöpfend ausloten wie diese hinreißende Neu-Einspielung: Schon jetzt einer der wichtigsten Beiträge zum Mendelssohn-Jubiläumsjahr – noch dazu mit einem ganz vorzüglichen Klangbild. Benjamin-Gunnar Cohrs Mendelssohn Bartholdy: Oktett Es-Dur op. 20,1, Sinfonie c-Moll op. 11, Tal & Groethuysen (Sony Classical)
Mehr Mendelssohn auf der crescendo premium-CD.
M EN D EL S S O H N V I E R H Ä N D I G
VILL A ZÓN IST W IED ER DA
RENÉ JACOBS AKADEMIE FÜR ALTE MUSIK BERLIN RIAS KAMMERCHOR
Für J. S. Bach war diese “Passion über das Martyrium und den Tod Jesu für die Sünden der Welt” das Modell schlechthin. René Jacobs läßt das Werk heute mit neuem Leben erklingen. Birgitte Christensen, Lydia Teuscher, Sopran Marie-Claude Chappuis, Mezzosopran Donat Hávár, Daniel Behle, Tenor Johannes Weisser, Bariton “harmonia mundi is the most artistic classical label around” The Wall Street Journal www.harmoniamundi.com/telemann2009
Martialisch und angriffslustig galoppiert Rolando Villazón durch die Arien. Ein bisschen vulgär und sentimental klingt das schon. Von der noblen geradezu abstrakten Schönheit der Händel‘schen Melodien, dem seelischen Mikrokosmos, den sie offenbaren, kaum eine Spur. Deshalb ist dies wahrlich kein Augenblick, wo Theater versinkt und Musik über die Bühne triumphiert. Das Tragische daran: Villazón ist nicht nur ein sehr sympathischer Künstler, sondern auch einer der wenigen wirklich intelligenten und gebildeten Sänger des heutigen Musikbetriebs. Man kann andererseits seine Hinwendung zum barocken Repertoire verstehen, schließlich hatte ihn sein exzessiver Terminkalender mit romantischem Repertoire, das ihn ständig an seine Grenzen brachte, in ein Burnout getrieben und zu einer Pause gezwungen. Weniger aber ist (immer) mehr. Teresa Pieschacón Raphael Händel: Arien, Villazón, McCreesh (Deutsche Grammophon)
B EN JA M I N M O S E R S P I ELT R U S S I S C H E S
Mit viel Herz
Benjamin Moser, Ende Zwanzig und Preisträger namhafter Klavierwettbewerbe, legt hier ein mit 75 Minuten prallvolles Recital russischer Klaviermusik vor. Moser spielt mit viel Herz und unterscheidet sich dadurch wohltuend von mancher Nachwuchs-Virtuosen-Maschine. Die Auswahl bietet ihm Gelegenheit, viele Facetten seines mehr als beachtlichen Könnens zu zeigen. Vier Préludes und eine Etüde von Rachmaninow, drei Miniaturen von Scriabin, die beiden „Märchen“ op. 20 von Medtner, zwei Sätze aus Tschaikowskys „Jahreszeiten“ und die fulminant musizierte 7. Sonate von Prokofjew: auch vom Programm her ein spannendes CD-Debüt! Schade nur, dass ungeachtet der guten Räumlichkeit der Aufnahme das Klavier ein bisschen topfig und trocken klingt; das wirkt sich auf alle Stücke nachteilig aus, wenn auch am wenigsten auf die Prokofjew-Sonate. Zudem hört man öfter Nebengeräusche von der Mechanik, als einem lieb wäre. Benjamin-Gunnar Cohrs Russische Klaviermusik, Benjamin Moser (OehmsClassics)
Mehr Villazón auf der crescendo premium-CD.
© Éric Larrayadieu
Unüberhörbar
www.crescendo.de 02 2009 | 29 rezension 58. Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra Osterfesttage Sommerfestwoche
10. – 13. April 2009 18. – 28. Juni 2009
www.ion-musica-sacra.de
Mikrokosmos – Makrokosmos: Die Verherrlichung der
Amar Gopal Bose, Gründer und Chef des HiFiKonzerns Bose, ist ein leidenschaftlicher Forscher.
Wer will beim Abspielen einer Klassik-CD nicht das Gefühl haben, in einem Opernhaus oder Konzertsaal zu sitzen? Vor den Errungenschaften moderner Technik darf man sich in diesem Fall aber nicht fürchten. Darauf, dass vielen Klassik-Hörern solche Berührungsängste wohl nicht mehr zu nehmen sind, haben sich mittlerweile einige Firmen eingestellt: Sie bieten hohe Wiedergabequalität und zeitlos schönes Design bei einfachster Handhabung. Beim Bose WAVE Music System genügt zur Bedienung schon eine spielkartengroße, übersichtliche Fernsteuerung. Lautsprecher, Radio und CD-Spieler sind in einem kompakten, optisch harmonischen Gerät zusammengefasst. Klanglich ist das System ein Riese: Es erzeugt einen Sound voller Kraft und Feinheiten, der selbst größere Räume beschallt. Dafür sorgen die zwei „Waveguide Speaker“: Der Ton legt in den sich windenden Röhren des Systems einen Weg von 66 cm zurück. Auf dieser Strecke baut ihn die BoseTechnik zu einem Klangbild auf, das ein Klassik-Hörvergnügen in HiFi-Qualität durchaus befriedigt. Eine Art umgekehrten Weg beschreitet der federleichte Bose-Kopfhörer QuietComfort 3 von Bose, denn er vereint Stille und Klang: Seine Acoustic Noise Cancelling-Technologie reduziert Außengeräusche wie Flugzeugbrummen und Zugrattern. So bleibt der Genuss selbst leisester Stellen in langsamen Sinfonie-Sätzen ungetrübt. Und noch besser: Man kann das Gerät auch „trocken“ betreiben: endlich Ruhe... // Hartmut Krafczyk/Richard Eckstein
Foto: Bose
Schöpfung Gottes in der Musik
tickets@ion-musica-sacra.de Tel.: 01801 / 21 444 88 (Ortstarif)
ion 09
Die HiFi-KlassikGrundausstattung
klang & raum 30 www.crescendo.de 02 2009
Foto:
Daheim
Attila Csampai, KlassikRedakteur des Bayerischen Rundfunks und Verfechter einer erneuerten Kultur des „Nur-Hörens“, inmitten seiner Schätze.
www.crescendo.de 02 2009 | 31 klang & raum
klingt’s doch am schönsten
Vom aktuellen Opern- und Konzertgeschehen hat sich Attila Csampai fast völlig zurückgezogen. Er genießt lieber die Privatheit seines „Laboratoriums“. crescendo-Redaktionsleiter Richard Eckstein hat er Einblick in sein audiophiles Paradies gewährt.
A
m Anfang steht, wie so oft, ein musikalisches Elternhaus: die Mutter ausgebildete Opernsängerin, der Vater Geiger und Komponist. Wie entwickelt sich nun neben einem
frühen Klassik-Interesse auch noch der Enthusiasmus für eine
Foto: Stefan Steitz
entsprechend hochwertige Klangwiedergabe?
Das erste, was sich mein Vater im Westen gekauft hat, nachdem wir von Budapest weggegangen sind, war eine Stereoanlage und Unmengen von Schallplatten. Neben dem Klavierunterricht, war es Teil seiner musikalischen Erziehung, mir als Kind den ganzen Tag Aufnahmen vorzuspielen. Ich habe gesehen, mit welcher Leidenschaft er sich für gute Interpretationen und deren klangliche Wiedergabe erwärmen konnte. Meine Eltern hatten einfach Spaß daran, zu Hause Opern und Sinfonien zu hören. Die zweite „Infektion“ verdanke ich dem legendären Münchner Musikwissenschaftler Thrasybulos Georgiades. Eine einzige MozartVorlesung genügte, um mir klar zu machen, dass ich von der klassischen Musik wohl nie mehr loskommen werde. Dahinter musste dann auch die Mitgliedschaft in einer Band (typisch für einen Vertreter der 68er Generation) sowie das begonnene Physik-, Chemie- und MathematikStudium zurückstehen. Ein Aufnahmestudio stellt für mich eine magische Welt dar. Ich liebe Studios – fast noch mehr als Konzertsäle. Da bin ich wie Glenn Gould. Mein ganzes Leben habe ich versucht, immer wieder auf den ästhetischen Unterschied zwischen einer Live-Aufnahme und einer Studioproduktion zu verweisen. Eine Live-Aufnahme hat ihre eigene ästhetische Qualität. Sie fängt einen einmaligen, kompletten musikalischen Vollzug ein. Da muss man nicht so sehr auf die Akustik achten. Eine Live-Aufnahme ist eine nicht sichtbare Wiedergabe eines Konzert- oder Opernereignisses. Das kann ganz wunderbar sein und ein Erlebnis, das sonst nur ein paar Hundert Leute hätten, für spätere Generationen konservieren. Im besten Fall ist die künstlerische Kraft des Live-Mitschnitts – wie beim legendären „Don Giovanni“ unter Bruno Walter von 1942 – so stark, dass man alles Rauschen und Knistern vergisst. Daran kann man beispielhaft sehen, dass der Klang im Kopf entsteht – und nirgendwo anders. Art Tatum hat stets auf verstimmten Klavieren gespielt, was bei seiner künstlerischen Größe überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Ich bin glücklich, dass wir den Spiegel so vieler historischer Aufnahmen besitzen, durch den wir ein ganzes Jahrhundert akustisch besuchen können. Man weiß heute gar nicht mehr, welche unglaublichen kulturellen Schätze sich in diesem „klingenden Museum der Leidenschaften“ be�nden. Studioaufnahmen, deren wirklicher Durchbruch erst mit der Stereophonie kam, sind etwas völlig anderes. Dafür sorgten Mitte der 1950er Jahre die Freaks bei Mercury Living Presence. Damals entstanden die ersten hochwertigen Stereo-Einspielungen, die nach wie vor eine ungeheure Aura besitzen. Die damaligen Tontechniker haben gar nicht erst versucht, die Akustik eines wirklichen Raumes abzubilden, weil sie wussten, dass der Verlust des Bildes eines Ausgleichs in der akustischen Disposition bedarf. Wenn man sich die tollen Aufnahmen
von Violinkonzerten anhört, die Jascha Heifetz für Living Stereo gemacht hat, ist man überrascht, wie präsent das Soloinstrument klingt – so als stünde Heifetz direkt neben einem. Dieses Erlebnis hat man nicht einmal live auf dem akustisch besten Platz in einem der besten Konzertsäle. Heifetz ist so nahe an einem dran, als wäre er daheim im Wohnzimmer und spielt einem direkt ins Ohr hinein. Die ästhetische Qualität, die dieser Umstand besitzt, ist überwirklich, geradezu surreal. Aufgrund dieser unwiederbringlichen Aura werden solche Einspielungen noch heute gekauft. Viele der heutigen Tonmeister legen wieder mehr Wert auf die Natürlichkeit der akustischen Abbildung eines Konzertsaalerlebnisses. Sie sagen: Unser Ziel ist es, den Klangeindruck, den der Hörer zum Beispiel in der 10. Reihe eines Saals hat, so authentisch wie möglich wiederzugeben. Vor 50 Jahren hat man dies anders gesehen. Damals war man der Überzeugung, dass die akustische Seite quasi angehoben werden muss, da der Plattenhörer den Musiziervorgang nicht sieht. Den Wegfall des Optischen wollte man akustisch ausgleichen. Dadurch entstand ein neues, eigenständiges, mit dem Live-Erlebnis nicht zu verwechselndes ästhetisches Klangforum: die Studioaufnahme auf Schallplatte als ein eigenes ästhetisches Ereignis – nicht der Versuch, auf Teufel komm’ raus Naturalismus zu erzeugen. Es handelte sich um nichts weniger als den Versuch, eine eigene Hörästhetik zu kreieren, die im Gegensatz zum Konzertsaal oder Opernhaus in aller Privatheit statt�ndet. Ein Phänomen ist mir bis heute rätselhaft geblieben: Es scheint so, als ob Klassikhörer – selbst Platten- beziehungsweise CD-Sammler – generelle Berührungsängste vor der Wiedergabetechnik hätten. Auf einer High-End-Messe trifft man aus dem Kollegenkreis der KlassikJournalisten höchstens eine Handvoll an – und wenn, dann immer dieselben. Andererseits verfügt ein Großteil der so genannten HiFiFreaks eher über einen mäßigen beziehungsweise ziemlich eingeschränkten Musikgeschmack. Die haben ein paar Klassik-Testplatten, die sie rauf und runter spielen. Und das war’s schon. Dadurch, dass ich die letzten Jahrzehnte viele, viele Platten- und CD-Rezensionen verfasst habe, bin ich auch mit Geräteherstellern in Kontakt gekommen. An einer möglichst authentischen Wiedergabe der Klangästhetik, die bei der Einspielung beabsichtigt wurde, war mir schon früh gelegen. Ich habe dies als ganz selbstverständlich empfunden. So hat es sich ergeben, dass ich meine Anlagen immer weiter verbessern wollte. Wie andere Autos auftunen, so versuche ich eben, meine unterschiedlichen „Soundstationen“ zu optimieren. Ewige Baustellen… Beru�ich ist es insofern von Vorteil, weil ich in der Lage bin, bei einer Einspielung wirklich zwischen Aufnahmequalität und interpretatorischer Leistung zu unterscheiden. Mit Hilfe von Spitzentechnik will ich noch weiter an die Magie der Aufnahmen herankommen, um mich dem musikalischen Ereignis so unmittelbar, so intensiv und so authentisch wie möglich auszuliefern. Pures Musikhören ist schließlich nicht nur ein intellektuelles Unterfangen, sondern eine sinnliche Freude und ein ganzheitliches Erlebnis. // Aufgezeichnet von Richard Eckstein.
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„Nimm mich mit!“
Initiator von „GO live!“: Markus Stenz, Kölner Generalmusikdirektor und Gürzenich Kapellmeister
„GO live!“ – ein Projekt, das in Köln erfolgreich praktiziert wird. Die Idee lag in der Luft: eine Sofort-CD des kompletten, zuvor live gehörten Programms
zum Mitnehmen nach dem Konzert. Viele Besucher wollen schließlich ein Andenken an die besondere Atmosphäre, die ein musikalisches Live-Ereignis darstellt, mit nach Hause bei Kirchenkongressen. Das logistische Hauptproblem bestand darin, eine ausreichende Anzahl von CD-Brennern zu organisieren…
Die Reaktionen des Publikums haben unsere Erwartungen weit übertroffen. Im Moment verkaufen wir ca. 120 Doppel-CDs pro Konzert zu je 10 Euro. Am „GO live!“-Stand im Foyer der Kölner Philharmonie kann man sich im Anschluss an das Konzert die CDs signieren lassen, was gerade für Gastdirigenten und -solisten eine besondere Form des Kontakts zum Publikum darstellt. Zur Anekdote geworden, ist der Kommentar einer älteren Dame bei einem Mozart-Abend, den wir vor Weihnachten gespielt haben. Sie ließ sich gleich einen ganzen Packen CDs signieren und sagte zu mir: „Herr Stenz, für meine Enkel. Dann können die mich noch husten hören, wenn ich schon tot bin.“ Studioproduktionen sind natürlich ebenso wichtig – gerade im Hinblick auf eine perfektionistische Herangehensweise. Jeder Künstler will
Foto: Catrin Moritz
Mehr Gürzenich-Orchester auf der crescendo premium-CD.
nehmen. In Amerika gab es so etwas lediglich
der inneren Klangvorstellung, die er von einer Partitur hat, so nahe wie möglich kommen. Daher geht mein Orchester in regelmäßigen Abständen auch ins Studio. Nichtsdestotrotz gibt es Klangkörper, die eine ausgesprochene Stärke in der Performance, in der Live-Situation, in der direkten Kommunikation mit den Zuhörern besitzen. Das ist eine der herausragenden Qualitäten des Gürzenich-Orchesters Köln. // Aufgezeichnet von Richard Eckstein.
Der W eg zur K lassik S TA R T
Z IE L
SERIE: „DER W WEG EG ZUR Z U R KL K L ASSI AS S I K“ K“
Alarm in der Oper
Vor einem Monat haben Sie meine Söhne und mich zum ersten Mal auf unserem „Weg zur Klassik“ kennengelernt. Da haben wir unsere Vorgehensweise beschrieben, die zahlreichen Hörproben zunächst in Kategorien einzuteilen. Jetzt ist es an der Zeit die ersten CDs auszuwählen.
Bei Titeln wie „Alarm in der Oper“ und „Die Teufelsgeige von Genua“, ist klar, dass sich mein Nachwuchs zuerst auf diese CDs stürzt. Sie landen sofort in unserem CDPlayer. Es handelt es sich um zwei Hörspiele aus der -teiligen Reihe „Krimis in DUR und MOLL“ (DG) in der auf je einer CD die Lebensgeschichte eines Komponisten erzählt wird, eingebettet in die Geschichte eines
Kriminalfalls. Jedes Hörspiel dauert etwa eine halbe Stunde, empfohlen für Kinder ab Jahren. Im Anschluss an die Geschichte sind auf der CD noch einmal alle Musikstücke, die bereits während des Krimis in Ausschnitten oder im Hintergrund zu hören waren, in voller Länge vorhanden. Ein ausführlicher Lebenslauf des jeweiligen Komponisten ist im Booklet zu finden. Eine großartige Idee für die erste Berührung mit klassischer Musik. Als dritte CD haben wir uns für die (Einzel)-CD „Mozart for kids“ (Virgin) entschieden. Leider ist diese CD lieblos, teilweise mit merkwürdigen modernen Fassungen zusammengestellt und bietet auch keinerlei Hintergrundinformationen aus Mozarts Leben. Begeben wir uns also wieder auf sicheres Ter-
Von Tom Pfeiffer
rain und hören uns „Peter und der Wolf“ von Loriot (DG) an – ein Klassiker. Gut geeignet um das Spiel mit Instrumenten und Melodien stellvertretend für Charaktere zu erfahren. Zusätzlich zu den CDs haben wir das Internet für die Recherche entdeckt und uns auf YouTube einige Konzertausschnitte von Pavarotti angeschaut. Hier fanden wir die Reihe „Great Classical Music Composers Pt. 1-7“ mit Infos und Tonbeispielen der „wesentlichsten“ Werke aller bedeutenden Komponisten. Schließt man die Augen, kann man sogar ein kleines Ratespiel daraus machen. Die nächste Etappe unserer Tour ist schon in Vorbereitung und wir würden uns über Ihre Erfahrungen, Fragen und Hörtipps freuen. // crescendo@tom-pfeiffer.de
Leif Ove Andsnes
Bryn Terfel & Sissel Kyrkjebø
20 MAY – 3 JUN E 200 9
BERGEN INTERNATIONAL FESTIVAL View of Bergen
A SELECTION OF HIGHLIGHTS
UNIQUE CONCERT VENUES
SOUNDS LIKE YOU BY BENT SØRENSEN
From medieval churches to theatres, Bergen is full of unique and historic venues. Why not experience a late night concert at Edvard Grieg’s villa Troldhaugen or an afternoon recital at Ole Bull’s Lysøen?
A play for choir, orchestra, audiences and two actors. World premiere. Wed 20 May 7.45pm and Fri 22 May 7.30pm In co-production with Den Nye Opera and Danish Radio
PIECES OF ANDSNES Leif Ove Andsnes & The Norwegian Chamber Orchestra. Works by Beethoven, Schönberg and Webern. Sat 23 May, 7.30pm
Welcome to Bergen, Norway’s capital of culture and home to the largest arts festival in the Nordic countries. With more than 150 events in 15 days, the programme includes several premieres and concerts with some of the most highly regarded singers, musicians and orchestras.
Leif Ove Andsnes & Mattias Goerne Songs by Schubert and Eisler. Sat 30 May, 7.30pm
TERFEL & KYRKJEBØ: A DATE IN THE PARK Welsh baritone Bryn Terfel meets Norwegian soprano Sissel Kyrkjebø for an outdoor concert in Nygårdsparken, one of Bergen’s most beautiful parks. An event not to be missed. Tue 2 June 7.30pm
FROM WIGMORE HALL TO BERGEN A series of masterclasses and concerts with the renowned Razumovsky Academy and Ensemble. Tue 26 May – Fri 29 May
FESTIVAL AMBASSADORS:
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CONCERTS WITH Dietrich Henschel, Handel’s Messiah, Anne Sophie von Otter, Truls Mørk, Bergen Philharmonic Orchestra, Concerto Copenhagen, Peter Mattei, Bach’s St John Passion, Norwegian Broadcasting Orchestra and more.
TICKETS & INFO Programme, ticket and visitor info: www.fib.no FOR TICKETS Billettservice (a Ticketmaster company): www.billettservice.no +47 815 33 133 Grieghallen ticket office: +47 55 21 61 50 GROUP RESERVATIONS Revy & Teaterservice: +47 55 21 61 70 post@revyogteater.no If you would like a copy of our brochure in English, call us on +47 55 21 06 34 or e-mail us at info@fib.no
MAIN SPONSORS:
Photos: Leif Ove Andsnes: Felix Broede • Sissel & Bryn: Clive Barda / Deutsche Grammophon. Bryn Terfel’s recordings are available on Deutsche Grammophon • Bergen: Helge Skodvin
ARTISTIC DIRECTOR: PER BOYE HANSEN
klang & raum 34 | www.crescendo.de 02 2009
Klang
Ohr
Foto: olly - Fotolia.com
entsteht im
Akustik und damit der gute Klang ist das Thema bei der Planung neuer Konzert- und Opernhäuser oder im Instrumentenbau. Über die eigenen Ohren denkt dagegen niemand gerne nach...
Um Musik wirklich genießen zu können, müssen zunächst die physiologischen Voraussetzungen stimmen. Normalerweise wird uns optimale Hörfähigkeit mit in die Wiege gelegt und nimmt lediglich im Lauf eines langen Lebens allmählich ab. Unter anderem kann zu lautes Musikhören über einen längeren Zeitraum das Gehör schädigen. Und leider lässt sich dies mit medizinischen Mitteln nicht mehr reparieren. Gerade bei vielen jungen Leuten rächen sich so die unzähligen DiscoNächte... Über die eigene Hörfähigkeit sollte man gewiss nicht erst nachdenken, wenn es schon zu spät ist, sondern sich aktiv mit der Frage auseinandersetzen, wie man sein Gehör schützen, erhalten und unterstützen kann. Der Ex-Softwaremanager und heutige Hörakustiker Heinz Spitzmüller (47) und der Geigendesigner Alexander Lipinski (88) kämpfen bereits seit langem mit zunehmender Schwerhörigkeit und haben daraus ihre Konsequenzen gezogen.
HEINZ SPITZMÜLLER Die meisten Hörgeräte sind auf Sprache optimiert, Musik wird dann als Störgeräusch empfunden. Ich habe mir vorgenommen, das zu ändern. Sprache wird sehr stark bestimmt durch mittlere und hohe Frequenzen, doch das eingestrichene c auf dem Cello hat eine sehr tiefe Frequenz. Wenn man als Träger eines Hörgeräts optimal Musik hören will, sollte man nicht nur zwischen Sprache und Musik, sondern auch zwischen den verschiedenen Musikstilen wählen können. Die meisten Menschen, die in mein Studio „my World of Hearing“ kommen, können die Frequenzen noch wahrnehmen, aber nicht mehr intensiv genug. Den Verlust kann man ausgleichen, indem man das Hörgerät richtig einstellt. Das ist wie bei einem Equalizer. Wichtig ist eine gute Schallübertragung. Lange Zeit hat man den Schall am Gerät produziert und durch einen dünnen Schlauch ins Ohr hineingeführt. Seit wenigen Jahren arbeitet man daran, den Lautsprecher direkt in den
Gehörgang zu platzieren, also sehr nah am Trommelfell. Das ergibt eine bessere Qualität. Ein Kunde brachte uns einmal eine DVD mit einer Aufzeichnung einer „Nabucco“-Produktion, die wir daraufhin zur Optimierung seines Hörgeräts verwendeten. Doch Technik ist nur die halbe Miete. Wir helfen den Menschen auch, sich an die neue Hörwelt zu gewöhnen, ihren Tinnitus besser zu akzeptieren. Denn Schwerhörigkeit wird immer noch mit Alter und Verfall assoziiert. Wenn jemand sein Hörgerät in der Hand hat, ist das, als nähme er sein Gebiss heraus. Wir simulieren im Studio die Szenen, die der Kunde erleben wird, mit Texten, die auf seine Berufs- und Erlebniswelt zugeschnitten sind. Er soll Situationen trainieren, damit er besser zurechtkommt. Man darf sich nicht zurückziehen, man muss offensiv mit dem Problem umgehen. Und man muss beginnen, die Technik zu lieben, das Gerät als einen Freund zu sehen. Wir bewegen uns oft in einer zu lauten Umgebung: Schwerhörigkeit wird langsam zur Volkskrankheit. Gerade deswegen darf das Tragen eines Hörgeräts mit keinem Stigma verbunden sein.
ALEXANDER LIPINSKI Im Krieg wurde durch eine Detonation mein Gehör geschädigt. Mit meinem neuen Hörsystem kann ich meine Geige nun wesentlich besser klanglich wahrnehmen. Es bleibt zwar immer eine künstliche Angelegenheit, aber das Echo ist jetzt nicht mehr halbiert sondern ein ganzes: links und rechts, im Kopf höre ich wie eine Eins.
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03.03.2009
10:22
Heinz Spitzmüller
Alexander Lipinski
Fotos: privat
www.crescendo.de 02 2009 | 35 klang & raum
Vielleicht, weil ich früher schlecht hörte, war ich immer auf der Suche nach einem Geigenton, der sich durchsetzen kann und nicht so dünn klingt. Das tat ja richtig weh, wenn man Menuhin auf seiner Guarneri im Trio spielen hörte. So empfand ich das. Und suchte eine Lösung. Das Holz bekommt man ja nicht mehr. Vor 300 Jahren waren die Temperaturen ein Grad niedriger, die Bäume wuchsen langsamer, die Ringe waren länger: Das ist das Geheimnis des Stradivari-Klangs. Da ich das Material nicht mehr bekam, musste ich der Geige eine andere Form geben. Ich habe sie etwas breiter gemacht. Der Klang muss im Rumpf drin sein, man singt ja auch aus dem Bauch heraus und nicht aus dem Kopf. Schon vier meiner Geigen erklingen heute bei den Bamberger Symphonikern. Ich glaube es gibt auch ein inneres Hören, sonst hätte Beethoven all seine Werke nicht komponieren können. Er muss Musik im gesamten Körper gespürt und ein fabelhaftes Gedächtnis gehabt haben. Ich selbst spiele nicht aus dem Ohr heraus, sondern aus dem ganzen Herzen. // Aufgezeichnet von Teresa Pieschacón Raphael.
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Puccini Tosca Maria Callas Giuseppe di Stefano Tito Gobbi Coro e Orchestra del Teatro alla Scala di Milano Victor de Sabata
Rameau Anacréon Véronique Gens Annick Massis Thierry Félix Rodrigo del Pozo Les Musiciens du Louvre Marc Minkowski
Berlioz Béatrice et Bénédict Yvonne Minton Plácido Domingo Ileana Cotrubas Dietrich Fischer-Dieskau Orchestre de Paris Daniel Barenboim
Verdi Rigoletto Maria Callas Tito Gobbi Giuseppe di Stefano Nicola Zaccaria Coro e Orchestra del Teatro alla Scala di Milano Tullio Serafin
Mozart Così fan tutte Soile Isokoski Monica Groop Nancy Argenta Markus Schäfer Per Vollestad Huub Claessens La Petite Bande Sigiswald Kuijken
Beethoven Fidelio Gabriele Schnaut Josef Protschka Ruth Ziesak · Kurt Rydl Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor Wiener Philharmoniker Christoph von Dohnányi
Mussorgsky Boris Godunov Boris Christoff Eugenia Zareska Kim Borg Nicolai Gedda Choeurs Russes de Paris Orchestre National de Radio France Issay Dobrowen
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Wie ein Marktplatz Luxemburgs multifunktionale Philharmonie. VON CHRISTOPH SCHLÜREN
Luxemburg ist ein kleines, wohlhabendes Land, in das unter der Woche allmorgendlich 145.000 Pendler aus Frankreich, Belgien und Deutschland strömen. Wann immer man hinkommt, darf man staunen über die ökonomische Potenz, die sich in einer kolossalen bauträgerischen Produktivität niederschlägt. Eines der unbestrittenen Aushängeschilder des modernen Luxemburg ist die Philharmonie, deren Gestaltung bei aller multifunktionalen Großdimensioniertheit geradezu filigran ausgefallen ist – insbesondere, was die schmucke Außenseite des Bauwerks betrifft.
Als die Eröffnung der Philharmonie im Sommer bevorstand, berief man Matthias Naske, der als ideenreicher Generalsekretär der Camerata Academica Salzburg (in der Ära Sándor Végh) und der Jeunesses Musicales Österreich einen reichen Erfahrungsschatz einbrachte, zum Generaldirektor des „Établissement publique“ – ein Begriff, in dem die grundsätzliche Ausrichtung inbegriffen ist: ein Ort, an den jedermann eingeladen ist. Denn Kunst ist für Naske kein Luxusgut (auch wenn er aus dem Land der „Luxussteuer“ kommt), sondern ein Kommunikationsmittel, das über alle Grenzen hinweggeht. „Ich habe immer davon geträumt, ein Konzerthaus zu leiten, das jeden Menschen der Gesellschaft erreicht. Das ist natürlich eine Il-
lusion, und doch ist es ein Leitbild: Menschen Zugang zur Kultur zu verschaffen! Entsprechend sind auch unsere Angebote: zum Beispiel Konzerte in den Stoßzeiten, statt im Stau zu stehen. Generell sind Konzerthäuser Orte der Stille – als Ausgangspunkt. Die sich daraus ergebende Möglichkeit zu fokussierter Wahrnehmung in der hörenden Gemeinschaft ist ein Privileg. Das Angebot unseres Hauses richtet sich an alle, und das nicht auf Kosten der Qualität.“ Die Philharmonie Luxemburg ist nicht nur äußerlich ein Schmuckstück. Sie ist der in dieser Form erste große multifunktionale Konzertbau Europas, der in der pragmatischen und vielseitigen Anlage eine Vorbildfunktion einnimmt. Jetzt entstehen vergleichbare Einrichtungen in Riga, in Nikosia auf Zypern (wo Naske berät), in Bonn und Kopenhagen. Das Grand Auditorium (der große Saal) ist eine raf�nierte Form des bewährten „Schuhschachtel“-Prinzips, nach welchem die berühmten Traditionssäle in Wien (Musikverein), Amsterdam (Concertgebouw) oder Göteborg (Konserthus) angelegt sind: das Orchester frontal zum Publikum auf der Bühne. Naske weiß: „Die Architekten lieben die optisch dankbarere Amphitheater-Form, die nicht nur eine spektakulärere Raumgestaltung ermöglicht, sondern eine größere räumliche Nähe und damit Intimität schafft. Die Schuhschachtel ist optisch weniger reizvoll, doch akustisch viel weniger anfällig. Hier
www.crescendo.de 02 2009 | 37 klang & raum
Die Philharmonie Luxemburg ist mehr als ein architektonisch aufregender Ort der klassischen Musik. Sie ist ein Ort der Begegnung.
57. Festspiele Europäische Wochen Passau
Foto: Jörg Hejkal
bei uns spielte der Architekt, Christian de Portzamparc aus Paris, in enger Zusammenarbeit mit dem Akustiker, Albert Yaying Xu, überaus kreativ mit alten Formen. Die beiden sind ein international führendes, bewährtes Team. Wenn aufgrund so vieler missglückter Beispiele immer wieder davon gesprochen wird, Akustik sei eben auch „Glückssache“, sollte man vor allem eines wissen: Beherrschung der Akustik ist in erster Linie eine aus Erfahrung gespeiste Intuitionssache, die wissenschaftlich begleitet wird – und nicht umgekehrt.“ Als Dramaturgen band Naske von Anfang an Bernhard Günther, der sich bis dahin vor allem als einer der beschlagensten Kenner Neuer Musik und umsichtiger Organisator einen Namen gemacht hatte, an sein Haus. Denn Vielfalt der akustischen Möglichkeiten ruft nach programmatischer Vielfalt, und da brauchte es einen inhaltlichen Berater ohne Scheuklappen, der seine Freiräume hat, wie das jeden November statt�ndende „rainy days“-Festival zeitgenössischer Sounds. Günther erklärt: „Zwei unserer drei Säle betrachten die Akustik ‚modular‘, im Gegensatz zur unveränderlichen Akustik herkömmlicher Säle. Im großen Saal beispielsweise, der bis zu 1500 Plätze hat, hängt die verstellbare Saaldecke beim großen Orchester �ach ganz oben, bei einem Klavierrezital dagegen schräg und weiter unten. Bei verstärkten Konzerten setzen wir zusätzlich schallschluckende Textilvorhänge ein, so dass jedesmal eine völlig andere Akustik entsteht. Die Vielfalt ist eine der Säulen unseres Programms, und der Saal ist so �exibel, dass alles geht, immer klar, voll und transparent klingt. Von der Grundkonzeption ist der Saal ein Campo: großes ansteigendes Parkett, dahinter ein Balkon, rechts und links vier Logentürme – das Bild, das dem Architekten vorschwebte, war ein von Häusern umstandener Marktplatz mit belebten Wänden. Gerade die Logen bieten hoch gelegene Plätze mit fantastischer räumlicher Trennschärfe. Die Holzwände sind nicht glatt, sondern gekantet, und für die Decke wurde ein extrem dichtes, hochre�ektierendes Gips-Glasfaser-Material verwendet, das mit feinen Wellenpro�len für komplexe Schallre�ektion sorgt – so wird heute das erreicht, was früher die akustische Funktion von Stuck und anderem Zierrat war. All das verhindert unter anderem stehende Wellen und „tote Punkte“. – Denn in vielen Häusern sind mangels genügender Re�ektion beispielsweise die teuersten Plätze in der Parkettmitte akustisch besonders schwach. In der Philharmonie Luxemburg hatten wir das große Glück, dass die akustische Planung im Wesentlichen voll aufgegangen ist.“ //
12. Juni bis 19. Juli 2009
Ehre, wem Ehre gebührt Fest- und Gedenktage 75 Veranstaltungen aus den Bereichen Musik, Theater, Lesung, Film, Vortrag, Ausstellung, Podiumsdiskussion und Naturkundliche Wanderung in den schönsten Kirchen, Klöstern, Schlössern, sowie unter freiem Himmel im Dreiländereck Ostbayern, Böhmen und Oberösterreich Lisa Batiashvili, Albrecht Mayer, Nikolai Tokarew, Oscar Ghiglia, András Adorjan, Gerhard Oppitz, Lise de la Salle, Enoch zu Guttenberg, Martin Haselböck, Rupprecht Geiger, Sophie von Kessel, Tecchler Trio, Atos Trio, Russische Kammerphilharmonie, Münchener Kammerorchester, Georgisches Kammerorchester Ingolstadt, Lautten Compagney, Chor und Orchester der Kölner Akademie, Brünner Philharmoniker, Stuttgarter Philharmoniker u. a.
Info und Tickets: Kartenzentrale der Festspiele Europäische Wochen Passau Dr.-Hans-Kapfinger-Str. 30, 94032 Passau Tel.: 0851 – 75 20 20 und 5 16 89, Fax: 0851 – 490 34 24 E-mail: kartenzentrale@ew-passau.de www.ew-passau.de
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www.crescendo.de 02 2009 | 39 klang & raum
„Konzerte sind für die Zuhörer und nicht für uns Musiker“ Zur Bedeutung der Orchester-Aufstellung fürs Publikum. VON BENJAMIN-GUNNAR COHRS Pauken Große Trommel
Basstuba
Kleine Trommel
Wie ein Orchester auf dem
Kontrabässe
Triangel
Podium angeordnet wird, hängt ab vom Konzertsaal
Trompeten Posaunen
und vom Dirigenten, noch mehr aber von den Gewohnheiten der Musiker, die sich wenig um das Publikum scheren und sich
Hörner
Klarinetten
Harfe Flöten
primär gut hören wollen. Deshalb forderte der Diri-
Oboen
gent Leopold Stokowski schon 1967: „Wir sollten die
Bratschen
Spieler und Instrumente so auf dem Podium aufstel-
Fagotte
Zweite Geigen
len, dass der Klang zu den Hörern im Raum geworfen für die Zuhörer und nicht für uns Musiker.“
Erste Geigen
Violoncelli
Die heute übliche „amerikanische“ Sitzordnung mit Ersten und Zweiten Geigen links vom Dirigentenpult.
Von besonderer Wichtigkeit sind dabei die Streicher – etwa die Hälfte des Orchesters. Streichinstrumente strahlen den Klang nach vorn und schräg oben ab; es gibt kaum Seitenreflektion. So hört man von einer Cellogruppe, die rechts außen am Podium sitzt, im Publikum wenig, denn sie spielen direkt in die Geigen hinein. Sitzen alle Geigen links, kann man Violen und Celli nur rechts daneben platzieren, eine Gruppe davon vorne am Podiumsrand. Die Aufstellung der Geigen links und rechts bietet dagegen vier Möglichkeiten: Violen und Celli links und rechts (bzw. umgekehrt) dahinter, oder aber Violen und Celli in voller Breite die Brücke zwischen den Geigengruppen schlagend, wahlweise Violen oder Celli vorn. Die Kontrabässe werden meist hinter die Celli gestellt, links oder rechts hinten. Manchmal, wie traditionell bei den Wiener Philharmonikern, stehen sie in einer Reihe ganz hinten. Daniel J. Koury, der für seine Dissertation zur Orchester-Aufführungspraxis weit über 100 Sitzpläne sichtete, konnte für das 19. Jahrhundert keinen einzigen Beleg für ein Konzert-Orchester �nden, bei dem die Geigengruppen (1. und 2. Violinen) nicht gegenüber aufgestellt waren. Das Zusammenziehen beider zur Linken ist erstmals 1910 nachweisbar – für Henry Woods Londoner Proms. Zunächst wurde diese Form freilich in Amerika heimisch; daher nennt man sie die „amerikanische Aufstellung“. Später gingen aus Bequemlichkeit auch in Europa immer mehr Orchester dazu über, zumal sich zeigte, dass so der Klang bei den bis in die 1950er Jahre üblichen Mono-Aufnahmen runder wirkte. Allerdings hört man primär Höhen und Tiefen; interessante Mittelstimmen bleiben weitgehend auf der Strecke.
Bekannte Dirigenten wie Furtwängler und Karajan waren von der amerikanischen Aufstellung überzeugt. Bernstein zuliebe gaben sogar die Wiener Philharmoniker ihre traditionelle Sitzordnung auf – paradoxerweise zu einer Zeit, als das neue Stereo-Verfahren eigentlich die Räumlichkeit der deutschen Aufstellung viel besser einfangen konnte. Dirigenten, die an ihr festhielten, gab es nur wenige. Erst die historische Aufführungspraxis brachte nach der Karajan-Ära eine Rückbesinnung auf die Vielfalt älterer Orchester-Aufstellungen, nicht zuletzt aus Respekt vor der Partitur: Während Komponisten in Europa wenigstens bis in die 1920er Jahre hinein für Dialoge der Geigengruppen die räumliche Trennung voraussetzten, schrieben Komponisten dort, wo sich die amerikanische Aufstellung durchgesetzt hatte, solche Dialoge für erste Geigen und Bratschen – beispielsweise Copland oder Bernstein. Dank Pionieren wie Nikolaus Harnoncourt und Roger Norrington lassen sich erfreulicherweise immer mehr Dirigenten der jüngeren Generation darauf ein, den Orchestern entsprechende Flexibilität abzuverlangen, je nach den Erfordernissen der Partitur. Zwar haben Dirigenten wie Daniel Harding oder Thomas Hengelbrock bei vielen Orchestern diesbezüglich noch Überzeugungs-Arbeit zu leisten – und das Wirken unbelehrbarer, konservativer Maestri macht ihnen dies nicht gerade leichter. Doch pro�tieren die Orchester wie auch das Publikum von solchen Bemühungen, die einer weiteren Ver�achung der Hörgewohnheiten entgegenwirken wollen. //
Illustration: Stefan Steitz
wird, denn Konzerte sind
essay 40 | www.crescendo.de 02 2009
EIN ESSAY DES GESCHÄ F T S F Ü H R E R S D E S D E U T S C H E N K U LT U R R AT E S
Wenn nicht jetzt, wann dann?! Über die Verankerung von Kultur als Staatsziels im Grundgesetz.
Allerorten wird über die Wirtschafts- und Finanzkrise gesprochen. Bundestags „Kultur in Deutschland“ hat sich dieses Themas erneut Leiter von Kultureinrichtungen befürchten, dass in den kommenangenommen und eine Ergänzung des Grundgesetzes um einen den Jahren ihre Etats deutlich zusammenschrumpfen, weil die Art. 20 b mit der Formulierung „Der Staat schützt und fördert die öffentliche Hand, private Stiftungen und Unternehmen Einspa- Kultur“ vorgeschlagen. Bemerkenswerter Weise wurde dieser Vorrungen in der Kulturförderung vornehmen werden. Kulturwirtschlag von allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien schaftliche Unternehmen befürchten den Verlust ihrer Kunden sowie den Sachverständigen Mitgliedern der Enquete-Kommission beziehungsweise deutliche Absatzrückgänge, und dann wird über einstimmig gefasst. ein Staatsziel Kultur im GrundgeNun gilt es, diesen Vorschlag der setz gesprochen? Enquete-Kommission, der nicht aus Ein scheinbarer Widerspruch dem hohlen Bauch heraus, sondern mag der eine oder andere denken. nach vorheriger Anhörung von Verfassungsjuristen und unter BerückHaben die Kulturpolitiker keine sichtigung der Verfassungen anderer wichtigeren Aufgaben, könnte dem einen oder anderen durch den Kopf europäischer Staaten sowie der Länschießen. Alles doch nur „weiße Salderverfassungen gemacht wurde, in die Tat umzusetzen. Ein Vorstoß des be“ meinen andere. Ich bin anderer Meinung. NatürLandes Berlin, das Staatsziel Kultur lich das Staatsziel Kultur lässt nicht im Grundgesetz über den Bundesrat automatisch die Geldquellen wieder auf den Weg zu bringen, scheiterte sprudeln. Das Staatsziel Kultur verleider im Herbst letzten Jahres. Doch p� ichtet auch nicht dazu, Künstler sollte sich davon niemand entmuindividuell zu fördern. Das Staatstigen lassen, jetzt einen erneuten Anlauf im Deutschen Bundestag zu ziel Kultur ist aber eine moralische Verp�ichtung, dass sich der Staat nenehmen. Das Staatsziel Kultur hat eine ben dem Schutz und der Förderung der natürlichen Lebensgrundlagen grundlegende Bedeutung, wenn es auch den geistigen Lebensgrundlaum Grundsatzentscheidungen in der Kulturförderung geht. Gerade gen verp�ichtet fühlt. Das Staatsziel Kultur im Grundgesetz ist eine einder Bundesrechnungshof vertritt die deutige Aussage, dass Kultur, Kunst, Meinung, dass der Bund eigentlich kulturelles Leben zu den Grundkeine Kulturförderkompetenz besitzt. lagen unseres Gemeinwesens zähEin Staatsziel Kultur wäre ein scharlen und daher der Staat verp�ichtet fes Argument, um solchen Positionen Der Mensch ist, die Kultur zu schützen und zu entgegnen zu treten. Gleiches gilt bei lebt nicht vom Brot allein. den zu erwartenden Kürzungen in fördern. den Kulturetats der nächsten Jahre, Gerade jetzt angesichts der wirtschaftlichen Krise, in der das bislang geltende Primat der Ökono- wenn die Milliarden, die gerade im Zuge der Finanzkrise ausgegeben werden, wieder eingespart werden müssen. Das Staatsziel mie ins Wanken gerät, ist das Bekenntnis des Staates zur Kultur wichtiger denn je. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, diese Kultur im Grundgesetz wäre eine Referenz, die vor Einschnitten, Aussage hat an Aktualität gewonnen. die an die Substanz des kulturellen Lebens in Deutschland gehen, bewahren könnte. Die Forderung nach dem Staatsziel Kultur ist nicht neu. Bereits zwei Mal befassten sich Kommissionen des Deutschen Bundestags Wann, wenn nicht jetzt, angesichts der Wirtschafts- und Fiund der Bundesregierung damit. Einmal in den Jahren 1981 bis nanzkrise, muss das Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankert werden. // 1983 und ein zweites Mal im Jahr 1992. Bedauerliche Weise wurde Der Verfasser ist Geschäft sführer des Deutschen Kulturrates. die erforderliche Zweidrittelmehrheit zur Änderung des GrundEr gehörte der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ in der 15. und 16. Legislaturperiode an. gesetzes jeweils verfehlt. Die Enquete-Kommission des Deutschen
Illustration: Stefan Steitz
VON OLAF ZIMMERMANN
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R. VILLAZON Händel Arien aus Rodelina, Ariodante, Xerxes und der Auferstehung
A. GEORGHIU / J. KAUFMANN Puccini, Madame Butterfly Beide Solisten geben ihr Debüt in dieser Oper: Atemberaubend!
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5 8 . DEUTSCHES MOZARTFEST 13. – 24. MAI 2 0 0 9 I N D E R M O Z A RT STA D T AU G S B U R G
Mozart im Spiegel von Zeit
Beim 58. Deutschen Mozartfest wird das Publikum zum imaginären Reisegefährten des Musikgenies, dessen Spuren einst stehen im Mittelpunkt des zwölftägigen Klassikfestivals in Augsburg. Parallel findet hier auch der 7. Internationale Violin
Mozart war die längste Zeit unterwegs. Er reiste gern und viel. Der Wert dieser Reisen für sein musikalisches Werk ist unbestritten. Beim diesjährigen Deutschen Mozartfest in Augsburg werden die verschiedenen Schaffensphasen Mozarts, die sich mit Salzburg, Wien und Prag verbinden lassen, in einem dramaturgisch dichten Programm präsentiert. Hochkarätige Klangkörper aus diesen drei Mozartstädten – je eine große Orchesterformation und ein Kammermusikensemble – spielen Werke, die das Musikgenie bei seinen Aufenthalten komponiert hat und geben zugleich Zeugnis ihrer eigenen Verwurzelung im europäischen Musikgeschehen der Gegenwart.
Glückliches Augsburg: Alle drei Jahre präsentiert sich hier das Deutsche Mozartfest zusammen mit dem jährlich stattfindenden Mozartfest Augsburg. Veranstalter ist das Kulturamt der Stadt Augsburg in Kooperation mit der Deutschen MozartGesellschaft (DMG). Die Künstlerische Leitung hat wieder Thomas Weitzel, der Leiter des Kulturamts. Zumeist finden die Konzerte in authentischen Sälen der Mozartzeit statt, in Räumlichkeiten, die optisch und in ihrer Akustik – ideal mit den aufgeführten Werken harmonieren. So spielen das Mozarteum Orchester Salzburg unter Leitung des Pianisten und Dirigenten Stefan Vladar (1. Mai ) und das Prager Kammerorchester (1. Mai) im Kleinen Goldenen Saal in der Jesuitengasse 1. Im prächtigen Goldenen Saal des Rathauses gastiert am . Mai die Wiener Akademie unter Martin Haselböck. Der rotgoldene Prunkraum war jahrhundertelang Versammlungsort des Großen Rats von Augsburg. Prunkvoll ist auch das Ambiente für die Konzerte des Zemlinsky Quartetts (1. Mai), des Altenberg Trios (1. Mai) und des Mozarteum Quartetts Salzburg (1. Mai). Sie spielen im legendären Festsaal des Schaezlerpalais, der über und über mit Stuckaturen, Wandspiegeln und Deckengemälden ausgestattet ist. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bonn erspürt gar „Mozartsche Melodien in der wirbelnden Architektur“, schließlich „schufen die Meister der Stuckatur und der
Schnitzerei den Raum zur gleichen Zeit wie Mozart seine musikalischen Meisterwerke“. Der Urenkel des Erbauers schenkte das Gebäude 1 der Stadt Augsburg mit der Auflage, es nie zu verkaufen und nur für kulturelle Zwecke zu verwenden. Auch die Evangelische Kirche Hl. Kreuz, die ihr -jähriges Jubiläum als Europäische Friedenskirche feierte, ist eine authentische Stätte der Mozartzeit, hier wird am 1. Mai ein Orgelkonzert mit Roland Götz und Tobias Lindner stattfinden. feiert Augsburg anlässlich des . Geburtstages Jakob Fuggers als „Fugger-Jahr“. Um die Jahre alte Fugger-Orgel in der Basilika St. Ulrich und Afra dreht sich die Orgelführung mit Kirchenmusiker Peter Bader am 1. Mai. Wolfgang Amadé Mozart spielte 1 auf dem Weg nach Paris auf dieser Orgel. Der enge Treppenaufgang zur Orgelempore, über den sich Mozart beschwert hatte, trägt deshalb den Namen „Mozartstiege“.
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und Raum
von Salzburg nach Wien und Prag führten. Die dort entstandenen Werke wettbewerb Leopold Mozart statt. VON HANNAH GLASER Rokokosaal, Augsburg
Stefan Vladar
Zemlinsky Quartett
Berühmte Musiker sind heute wie damals ständig unterwegs. Das Symposium über „Musiker auf Reisen“, das am 1. und 1. Mai in Kooperation der Europäischen Mozartwege mit der Stadt Augsburg im Rokokosaal der Regierung von Schwaben veranstaltet wird, beleuchtet verschiedene Aspekte von Musikerreisen vom frühen 1. Jahrhundert bis in die Epoche der Salons. Aus der ganzen Welt reisen die Teilnehmer des . Internationalen Violinwettbewerbs Leopold Mozart, der gemeinsam mit dem Mozartfest am 1. Mai in der Kongresshalle eröffnet wird, nach Augsburg. Nach dem klassischen Eröffnungskonzert wird es mit dem neuen Programm „Klassik.Klub“ ab 1. Uhr in der Mahagoni Bar clubbig weitergehen: Mozart und Popkultur. Erstmals werden klassische Ensembles, Musikstudenten, DJs und Musiker aus der Augsburger
Popszene in einer Clubnacht experimentell und hemmungslos Electronic-Klänge mit klassischen Patterns mixen, um Mozarts Musik tanzkompatibel umzusetzen. Partner sind Bayern Klassik und das Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg. Dabei zeigen die Musiker aus allen Disziplinen nicht nur ihr Können, sondern vor allem: dass Klassik nicht von gestern ist. //
58. Deutsches Mozartfest in Augsburg und 7. Internationaler Violinwettbewerb Leopold Mozart vom 13. – 24. Mai 2009 Tickets: Tel. +49-(0)821-324 49 00 Info: www.mozartstadt.de (auch zu den historischen Sälen)
Fotos: Kulturamt der Stadt Augsburg
Foto: Robert Mylog
Wiener Akademie
plus regional süd | 44 www.crescendo.de 02 2009 Sonderveröffentlichung/Anzeigen
Diese Termine sollten Sie Weitere Termine 22. März Burghausen, Stadtsaal: Am letzten Tag der 40. Int. Jazzwoche ist „next generation day“ www.b-jazz.com
31. März Ulm, CCU: 4. Philharmonisches Konzert: Debussy, Bruch, Ravel, Tschaikowsky www.theater.ulm.de 12. April München, Schloss Nymphenburg: Festliches Osterkonzert mit Solisten des Münchner MozartOrchesters www.kulturgipfel.de 19. April Fürth, Stadttheater: Reinhold Friedrich, Trompete, und das Bundesjugendorchester spielen unter anderem Berg und Brahms www.stadttheater.de 25. April Kempten, Kornhaus: Bill Ramsey & Thilo Wagner Band beim 25. Kemptener Jazzfrühling www.klecks.de 26. April Augsburg, Synagoge: Orchester Jakobsplatz: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 / Beethoven und „Die Mondsüchtige“/ E. Schulhoff www.orchester-jakobsplatz.org 01. Mai (Eröffnungspremiere) Wiesbaden, Hessisches Staatstheater: „Lulu“, Oper von Alban Berg www.maifestspiele.de 2. Mai Augsburg, Hoher Dom: „Cantate Domino“ Chormusik und Gregorianischer Choral www.augsburger-domsingknaben.de 7. Mai München, Prinzregententheater: Das Münchener Kammerorchester mit Alexander Liebreich am Pult: „Concert sauvage“ www.m-k-o.eu 8. Mai Ravensburg, Konzerthaus: Eröffnungskonzert des 21. Intern. Bodenseefestivals mit Jaap ter Linden, Daniel Hope, Concerto Köln www.bodenseefestival.de 20. Mai München, Black Box Gasteig: „Schläft ein Lied in allen Dingen“ – Bariton Christoph von Weitzel singt und kommentiert die schönsten deutschen Volkslieder www.muenchenticket.de
Fotos: Moscow Art Theatre School MXAT; Steirische Kulturveranstaltungen GmbH, Ana Bloom, Franz Hamm, Arend Kölsch, Konzertagentur Grandmontagne, Kultur- und Sozialstiftung Internationale Junge Orchesterakademie, Regensburger Domspatzen, Sonja Werner, Schwetzinger Festspiele GmbH, Johannes Ifkovits, Kasskara/Berlin, Cella Seven, Monika Rittershaus
30. März Mannheim, Rosengarten: Haydn, Sir André Previn, Tschaikowsky mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Solist: Xavier de Maistre/Harfe www.staatsphilharmonie.de
Dirigent Gerd Schaller – mit seiner Leidenschaft für unbekannte Werke – hat die Oper „Merlin“ von Carl Goldmark ausgegraben, die konzer tant aufgeführt wird und als Welt-Ersteinspielung auf CD erscheint.
Puccinis drei Einakter handeln von Eifersucht ( „Il tabarro“) , von der Tragödie einer Nonne („Suor Angelica“) und von der Entlarvung der Besitzgier („Gianni Schicchi“) durch einen gewitzten Aufsteiger.
28. März Salzburg, Mozarteum: „Der Atem der Reinheit“ für Violine, Oud und Elektronik www.salzburgbiennale.at 29. März Würzburg, St. Johanniskirche: Karl Jenkis „Adiemus“ und „Requiem“, Arvo Pärts „Cantus in memoriam Benjamin Britten“ www.bachchor-wuerzburg.de
Bad Kissingen: Vergessene Oper neu entdeckt
Frankfurt: Drei auf einen Streich
19.04., Tel. 0971-8048444, www.badkissingen.de
04.04., Tel. 069-1340400, www.oper-frankfurt.de
Frankfurt: Benefiz mit Nachwuchspreis Nach den Geigen-Meisterkursen der Kronberg Academy folgt als Höhepunkt das Sonderkonzer t „Yehudi Menuhin – Eine Hommage“.
Frankfurt
Mannheim: Spektakuläres Hörerlebnis
05.05., Tel. 06173-783377, www.kronbergacademy.de
„Ein fast mystisches Klavierspiel“, schrieb die Jury, als sie Anna Gourari den 1. Preis des Clara Schumann Wettbewerbs verlieh. Die Russin spielt Bizet, Chopin und Tschaikowsky.
Mannheim Heidelberg Schwetzingen
Heidelberg: Klassik für Süchtige Der 13. Heidelberger Frühling lockt mit über 80 Veranstaltungen an den Neckar. Hits: die L ieder abende von Chris tine Schäfer und Thomas Hampson sowie das Streichquartettfest.
Bad Kissingen
20.04., Tel. 0800-6336626 (kostenfrei), www.rosengarten-mannheim.de
Ansbach
Schwetzingen: Händel im Rokokotheater Im romantischen Ambiente des Schwetzinger Schlosses sind die bes ten Kammerensembles der Welt zu Gast, im Rokokotheater wird zeitgetreu die Händel-Oper „Ezio“ aufgeführt.
BadenBaden
21.03.-25.04., Tel. 06621-1422422, www.heidelberger-fruehling.de
29.04.-13.06., Tel. 07221-300500, www.schwetzinger-festspiele.de
Andechs: Ostern am Hl. Berg Bachs „Johannes-Passion“ im rustikalen Ambiente des Florian Stadls mit seiner hervorragenden Akustik ist ein Erlebnis der Extraklasse. 10.04., Tel. 089-54818181, www.andechs.de
Baden-Baden: Robert Wilson erfindet den „Freischütz“ neu Hier ist Aufregung garantiert, denn dieser „Freischütz“ wird vom texanischen Welt-Künstler Robert Wilson inszeniert. Der ist ein Meister der Bilder und Lichtstimmungen, für das Seelenleben seiner Figuren interessiert er sich jedoch weniger. So wird Oper zum reinen Kunstwerk für Musikfreunde mit Ansprüchen, und auch die Kostüme sind am Puls der Zeit. Die musikalische Leitung hat Thomas Hengelbrock. 30.05., Tel. 07221-3013101, www.festspielhaus.de
Garmisch-Partenkirchen: J. S. Bachs „Matthäus-Passion“ Die Regensburger Domspatzen und das Concerto Köln bilden die über hundert Mitwirkenden bei diesem Konzertereignis unter der Leitung von Domkapellmeister Roland Büchner. 28.03., Tel. 08821-7301995, www.richard-strauss-institut.de
www.crescendo.de 02 2009 45 | plus regional süd Sonderveröffentlichung/Anzeigen
nicht versäumen: Bayreuth: Benefiz auf Top-Niveau Im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth, einem der schönsten barocken Theaterräume in Europa, findet seit 14 Jahren das Osterfestival statt. Das Orchester setzt sich immer neu aus über 100 international ausgewählten Meisterschülern zusammen, viele aus Krisenregionen. Vom 17.-19. April steht Händels Oper „Alcina“ auf dem Programm, gesungen von fabelhaften Nachwuchsstars. Der Erlös wird gespendet. 10. bis 19.04., Tel. 0921-69001, www.osterfestival.de
Bayreuth
Ansbach: Do you like Klazz? Klazz als Verschmelzung von Klassik, Jazz und vielen anderen Musikrichtungen – wer intime Clubatmosphäre und Lust auf Neues hat, wird bei den Klazz Brothers mitswingen. 20.04., Tel. 0981-13756, www.kammerspiele.com
München: Tastenstar von morgen In der Reihe „Winners & Masters“ des Kulturkreises Gasteig konzertiert der hochbegabte Preisträger und Pianist Hinrich Alpers mit Werken von Skriabin, Schumann und Beethoven.
Künstlerische Leitung: Ks. Brigitte Fassbaender www.richard-strauss-festival.de | Veranstalter: Markt Garmisch-Partenkirchen
Linz: Haydn – sichtbar Zum Haydn- Jubiläumsjahr widmet Wim van Zutphen dem Meis ter der W iener Klassik dieses Sonderkonzert, bei dem die Musik mit elek tronisch ver fremdeten Magnetresonanzbildern quasi sichtbar wird. 18.05., Tel. +43-(0)732-775230, www.brucknerhaus.at
Linz
28.04., Tel. 089-54818181, www.kulturkreis-gasteig.de
München
Gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
München: Legendäre Ballettgeschichte(n) Die legendären „Ballets Russes“ gelten als die berühmteste Balletkompanie des 20. Jh. Das Deutsche Theatermuseum zeigt bis 24. Mai 2009 in der Ausstellung „Schwäne und Feuervögel“ Bilder und Kostüme der Truppe des russischen Impresarios Sergej Diaghilew. Parallell dazu widmet das Bayerische Staatsballet t die Auf führung „100 Jahre Ballets Russes“ am 10. Mai jener Truppe, mit der der Aufbruch in die Moderne begann. ab 16.04., Tel. .089-21851920, www.staatsballett.de Feb_Creszendo_92x63:Layout 1 27.02.09 11:23 Seite 1
KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM
SPIELZEIT 2009
München: Meisterinterpreten im Duett Zwei hochmusiklische und virtuose Künstler – Frank Peter Zimmermann (Violine) und Piotr Anderszewski (Klavier) – spielen im Rahmen der Meisterkonzerte Sonaten von Bach und Beethoven. 29.04., Tel. 089-54818181, www.bellarte-muenchen.de
Freitag, 3. April 2009, 20 Uhr
DIE SCHÖNE HELENA Operette von Jacques Offenbach Gastspiel der Neuen Operette Wien Sonntag, 10. Mai 2009, 19 Uhr Podium junger Künstler
HEUER QUARTETT
Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Mozart und Haydn Samstag, 16. Mai 2009, 20 Uhr
Gesungene Gebete der drei großen Weltreligionen sind das Thema des Festivals – von „Mohammeds Traumreise“ bis zu Martin Luther Kings „I Have a Dream“. 04.-13.04., Tel. +43-(0)316-825000, www.psalm.at
Graz
FORUM UNTERSCHLEISSHEIM
Graz: Energien spürbar machen
GISELLE Fantastisches Ballett in zwei Akten Bürgerhaus Unterschleißheim Direkt an der S1 Unterschleißheim Karten: 089/310 09 200 Tickets.forum@ush.bayern.de www.forum-unterschleissheim.de
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Andechs
GarmischPartenkirchen
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plus regional 46 | www.crescendo.de 02 2009
M U SIK IM RIESEN 20 09: 19. – 24. MAI 20 09
Tastenzauber in den Kristallwelten Ein überdimensionaler, Wasser speiender Riese, der sanft in die Landschaft Tirols gebettet ist: Dahinter verbirgt sich mit durchschnittlich 700.000 Besuchern pro Jahr eine der Top-Attraktionen Österreichs. Die Swarovski Kristallwelten am Stammsitz des Unternehmens in Wattens/Tirol sind jedoch keineswegs ein bloßer Freizeitpark rund um glitzernde Kristallkunst, sondern ein geheimnisvoller Kosmos, ein Erlebnisparcours, mit magischer Anziehungskraft.
Im Bauch des Riesen entfaltet sich in 1 Wunderkammern eine Welt der Sinne. So etwas kann nur dem Phantasieakrobaten André Heller eingefallen sein. Gemeinsam mit anderen Künstlern schuf er einen geträumten Traum, an dem Menschen Freude empfinden können über ihr spontanes und unverfälschtes Staunen. Zudem bietet sich dort eine fantastische Bühne für kulturelle Veranstaltungen. Dieses Jahr sind die sechs Konzertabende dem Facettenreichtum des Klaviers gewidmet. Einzige Ausnahme: Mozarts Klarinettenkonzert in A-Dur, das Eröffnungskonzert mit dem baltischen Kammerorchester Kremerata Baltica unter Leitung von Heinrich Schiff, und der Solistin Sharon Kam. Dafür wurde ein ganz besonderer Aufführungsort gewählt: erstmals und einmalig, eine Werkshalle von Swarovski – in unmittelbarer Nachbarschaft des Riesen. Für diesen einen Abend wird die neu errichtete Werkshalle Ost zum einzigartigen Aufführungsort, bevor sie anschließend ihrer geplanten Nutzung übergeben wird.
Im Vordergrund steht die Bandbreite der Klavierkomposition vor allem im Hinblick auf die musikalischen Inhalte: Mit Werken von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Robert Schumann werden Meisterwerke der deutschen und österreichischen Klassik und Romantik akzentuiert. US-amerikanische Klaviermusik von Aaron Copland, Leonard Bernstein und Philip Glass stellt einen aufregenden Kontrast dazu dar. Aber auch hoch virtuose Kompositionen aus West-, Ost- und Südeuropa – Béla Bartók, Sergej Rachmaninow und Witold Lutosławski – sind Teil des künstlerischen Programms. Für musikalische Vielfalt und Offenheit stehen der italienische Pianist Stefano Bollani und sein Partner, der Trompeter Enrico Rava. In ihrem Projekt „The Third Man“ knüpfen sie improvisatorisch an die Musik des „Film Noir“ an (. Mai). Mit nahezu allen beteiligten Künstlern ist der aus dem nahen Innsbruck stammende Festivalleiter Thomas Larcher – selbst Pianist und Komponist – persönlich befreundet. Entsprechend handverlesen sind die internationalen Klavierstars, die einen Querschnitt von von oben: Sharon Kam, Till Fellner, Mihaela Ursuleasa
Fotos: Julia Wesely, Ben Ealovega, Maike Helbig
Bereits zum 6. Mal findet „Musik im Riesen“ statt: das mittlerweile weit über die Grenzen der Alpenrepublik hinaus bekannte Festival in den Kristallwelten von Swarovski. VON RICHARD ECKSTEIN
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Passionsspielhaus Erl Präsident: Hans Peter Haselsteiner Gesamtleitung: Gustav Kuhn
R. WAGNER Meistersinger L. v. BEETHOVEN Fidelio R. STRAUSS Elektra
Musik im Riesen 2009
sowie zahlreiche Konzerte und Specials Information und Karten T +43 (0) 512 / 57 88 88 13 karten@tiroler-festspiele.at, www.tiroler-festspiele.at
19. – 24. Mai 2009 Tickets und Info: Tel. +43-(0)5224-510 80 www.swarovski.com/kristallwelten
Mehr Ursuleasa / Rava / Bollani auf der crescendo premium-CD.
der Klassik bis zur heutigen Zeit zu Gehör bringen: allen voran der russische Ausnahmepianist Grigorij Sokolov, der nach zum zweiten Mal als Gast in den Swarovski Kristallwelten weilt (. Mai). Er ist für seine versteinerte Miene beim Spiel ebenso bekannt wie für sein überragendes technisches Können und eine überaus hohe Sensibilität. Das Innenleben eines Flügels kennt er besser als mancher Klavierbauer, da er das jeweilige Instrument am Morgen des Konzerts erst einmal zerlegt, um es ganz von innen heraus zu begreifen: ein Aficionado, für den das abschließende Wiederzusammenbauen der Flügelteile bereits eine kontemplative Vorbereitung auf das Konzertereignis bedeutet. Einen spontanen, energetischen Gegenpol zu Sokolov, aber auch zum österreichischen Beethoven-Spezialisten Till Fellner (. Mai), bildet die junge rumänische Pianistin Mihaela Ursuleasa (. und 1. Mai). Zum einen überzeugt sie durch ihre Leidenschaftlichkeit, zum anderen durch ihre mutige Programmauswahl. Ihr Markenzeichen sind „starke Kontraste“ wie die Gegenüberstellung von „Mozart und Bartók“, „Scarlatti und Liszt“, „Brahms und Prokofjew“. Von der Virtuosität und Vielschichtigkeit des „musikalischen Vulkans“ Mihaela Ursuleasa zeugt nicht zuletzt ihre intensive Beschäftigung mit Neuer Musik. Denn wie der Riese selbst, zieht die musikalische Vielfalt des Programms das Publikum in ihren Bann. //
crescendo92bx129h_orff2009 Foto: Anatol Jasiutyn
Bei ECM erschienen: Enrico Rava und Stefano Bollani, „The Third Man“.
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27.02.2009
14:04 Uhr
19.02.2009 10:27:47 Uhr
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Programm 2009
William Shakespeare / Carl Orff
Ein Sommernachtstraum Premiere: Fr 19.6. / Sa 20.6. / So 21.6. / Fr 26.6. / Sa 27.6. und So 28.6 Fr und Sa 19.00, So 16.00
Carl Orff
Carmina Burana
Do 2.7., 20.00 / Fr 3.7., 20.00 / So 5.7., 11.30 und 20.00
Felix Mendelssohn Bartholdy
Ein Sommernachtstraum Münchner Rundfunkorchester des Bayerischen Rundfunks Sa 4.7., 19.00
Carl_ORFF_Chor_FEST Chortreffen bayerischer Kinder- und Jugendchöre So 5.7., ab 15.00
Carl Orff
Die Bernauerin
Premiere: Fr 31.7. / Sa 1.8. / So 2.8. / Fr 7.8. / Sa 8.8. und So 9.8. Fr und Sa 19.00, So 16.00
Künstlerische Leitung Marcus Everding www.orff-in-andechs.de Eintrittskarten: Klosterpforte Andechs Tel. 0 81 52 / 376-400 München Ticket Tel. 0 89 / 54 81 81 81 · www.muenchenticket.de
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Diese Termine sollten Sie Weitere Termine
Hamburg: Villazón lässt es rocken
22. März Bonn, ehemaliges Parlament: „Der kleine Eisbär“, Jazzical für Kinder. Jazzsaxophonistin Carolyn Breuer mit Band begleiten. www.riverlounge.de
Was er auch anpackt – es klingt sensationell neu und lebendig. Der charismatische Tenor Rolando Villazón hat seine Liebe zur Barockmusik entdeckt, und man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wie es rockt und groovt, wenn er Händel-Arien wie „Dopo notte“ oder „Crude furie“ zum Tanzen bringt. Live zu erleben mit dem Barockspezialist Paul McCreesh und den Gabrieli Players bereits am 30.04. in Berlin.
28. März (Premiere) Krefeld, Theater: „Der Liebestrank“ Komische Oper von Gaetano Donizetti www.theater-krefeld-moenchengladbach.de 28. März (Premiere) Meiningen, Theater: „Parsifal“, Wagners Bühnenweihfestspiel www.das-meininger-theater.de 28. März Cottbus, Staatstheater: „Jugend musiziert“, Abschlussveranstaltung/Landeswettbewerb www.staatstheater-cottbus.de 29. März Wolfsburg, Theater: „Die schöne Helena“ Operette von Jacques Offenbach. Ein Gastspiel der Neuen Operettenbühne Wien. www.theater-wolfsburg.de
08.05., Tel. 01805-969000555 (14 Ct./Min.), www.deag.de
Bremerhaven: Bunte Kinderoper
Wolfsburg: Tanzfestival Neben einem großen Programm mit internationalem Tanz bietet das Festival auch Klassik-, Jazzund Pop-Konzerte und die Präsentationen der Movimentos Akademie.
29. März (Premiere) Aachen, Theater: Mozarts Oper „Lucio Silla“ www.theateraachen.de 7. April Hamburg, Laeiszhalle: Pierre-Laurent Aimard spielt Werke von Bach, Beethoven und Carter www.laeiszhalle.de 11. April (Premiere) Radebeul/Dresden, Theater: Beethovens „Fidelio“. Dichtung Sonnleithner/Treitschke www.dresden-theater.de 17. April Leipzig, Oper: „Moderne Menschen“, eine Schönberg-Trilogie mit dem Gewandhausorchester unter Axel Kober. www.oper-leipzig.de 18. April Leipzig, Altes Rathaus: „Bachische Abend Musick – Musik an der Neukirche“, Neues Bachisches Collegium Musicum und amarcord www.bach-leipzig.de
einer persischen Prinzessin, einem unbekannten Prinzen, einem holländischen Klavierspieler, einem italienischen Kasperle namens Pingpangpong – und vielleicht darf sogar die Sphinx mitmachen. Adaptiert hat die Kinderoper Curt A. Roesler, der seit 22 Jahren das KinderMusikTheater an der Deutschen Oper Berlin leitet. 22.03. (Premiere), Tel. 0471-49001, www.stadttheaterbremerhaven.de
3. Juni Kassel, Documentahalle: Eröffnungskonzert Musikfest Kassel/Louis Spohr 2009, Werke von Louis Spohr (150. Todestag), Franz Schubert www.kammermusikverein.de
Braunschweig: Soli Deo Gloria
Wolfsburg
Die Academy of Ancient Music unter Christopher Hogwood eröffnet mit Händels Oper „Arianna“ die Feste Alter Musik. Angelika Kirchschlager ist als Teseo zu erleben.
Braunschweig
15.-24.05., Tel. 0180-5544888 (14 Ct./Min.), www.soli-deo-gloria.info
Isabelle Faust, die vielgefragte Solistin und gefeierte Violinistin „mit dem scharfen Verstand und dem glühenden Ton“, spielt Brahms, Ligeti und Mendelssohn Bartholdy.
Göttingen
07., 08.05., Tel. 0214-30-41283, www.kultur.bayer.de
29. April Kassel, Brüder Grimm Museum: Brüder Grimm, Louis Spohr, Vuk Karadzic, die (Wieder-)Entdeckung des Volksliedes im 19. Jahrhundert www.grimms.de
30. Mai Bremen, Die Glocke: Geigenvirtuose David Garrett auf Klassiktour begleitet von Milana Chernyavska www.glocke.de
14.04. bis 31.05., Tel. 0800-288678238 (kostenfrei), www.movimentos.de
Leverkusen: Hochkarätige Kammermusik
24. April Neustrelitz, Landestheater: J. S. Bachs „Goldberg-Variationen“ und Strawinskys Ballett „La Sacre du printemps“ www.theater-und-orchester.de
29. Mai Dortmund, Konzerthaus: Dianne Reeves beim Klangvokal Musikfestival Dortmund www.klangvokal.de
Hamburg
Bremerhaven
Im Kleinen Haus entsteht eine zauberhafte Märchenwelt mit dem Kaiser von China,
Leverkusen Aachen
Göttingen: Internationale Händel-Festspiele Vom Cembalo-Konzert über „Sing Along“ bis zur Händel-Lesung mit Wein und Musik wird der Meister der Wiener Klassik gefeiert. 22.05. bis 03.06., Tel. 01805-4470111 (14 Ct./Min.), www.haendel-festspiele.de
Bonn
Aachen: Besuch aus Bern Letzter Tournee-Stop des Berner Symphonieorchesters: Als Solisten brillieren Fazil Say (Klavier) und Linus Roth (Violine). Chefdirigent Andrey Boreyko steht am Pult. 29.03., Tel. 0241-9131100, www.eurogress-aachen.de
Bonn: Exklusives Jazzkonzert „Mare Nostrum“ gehört sicher zum Faszinierendsten, was die Jazzwelt derzeit zu bieten hat – gespielt von drei Topmusikern der internationalen Jazzszene. 16.05., Tel. 0180-5001812 (14 Ct./Min.), www.riverlounge.de
www.crescendo.de 02 2009 49 | plus regional nord Sonderveröffentlichung/Anzeigen
nicht versäumen: 12. bis 28. Ju
Hamburg: Bach-Spezialist live
ni 2009
Klaviermusik vom Feinsten: Deutschlands derzeit erfolgreichster Klassikpianist, der 29jährige Martin Stadtfeld, spielt Werke von Bach, Schumann und Prokofjew. 29.04., Tel. 040-346920, www.laeiszhalle.de
Infos und Karten unter 0331 - 28 888 28 www.musikfestspiele-potsdam.de
Berlin: Konzertante Installation Ein Abend zum Staunen : Der Konzertsaal wird zur surrealen Landschaft, Stelen ragen aus dem Orchester, das Parkett wird zum Auditorium. Über dem Orchester schwebt eine elliptische Leinwand, auf der ein Videofilm eine Bilderwelt entfaltet – ein suggestiver Klang- und Bilderstrom aus Musik, Film und Raum. Die Oper „Die Vögel“ von Walter Braunfels entstand 1920 und war unter den Nazis verfemt.
Berlin: Simplicissimus
Berlin
Der deutsche Komponist Karl Amadeus Har tmann entzog sich dem Kulturbetrieb der Nazis und schrieb seine einzige Oper „Simplicius Simplicissimus“ für die Schublade. 03.04., Tel. 030-203092101, www.konzerthaus.de
Halle: Händel 2009 Halle
Leipzig
Unter dem Motto „Händel – der Europäer“ werden Meisterwerke aller Schaffensperioden und aller Genres aufgeführt. Von der Italienischen Kantate bis zur barocken Oper. 26.04., Tel. 0345-2050222, www.haendelfestspiele.halle.de
Leipzig: Haydn-Ballett Uwe Scholz, der legendäre Direktor und Choreograph des Leipziger Ballet ts hat einen virtuosen, energiegeladenen, technisch anspruchsvollen und unverwechselbaren Stil begründet. „Die Schöpfung” war 1991 sein Einstand als neuer Direktor des Leipziger Balletts. Seither gehört die Choreographie von Haydns Oratorium zu den wichtigsten und am häufigsten gespielten Repertoire-Stücken der Kompanie. 13.04., Tel. 0341-1261261, www.oper-leipzig.de
New York Harlem Theatre presents SM
DAS MEISTERWERK Artistic & Musical Director: William Barkhymer Director/ Choreographer: Baayork Lee
© BB Promotion GmbH 2009
28.03., Tel. 030-203092101, www.konzerthaus.de
Fotos: Mat Hennek/DG, Rillke/Sandelmann, Liu Chen-hsiang, Lukas Beck, Marco Borggreve , Christoph Rüttger, Arne Reimer/ACT, Sonja Werner/Sony BMG, Ralph Richter, Peer Niemann, Gert Kiermeyer, Andreas Birkigt
Michael Brenner für BB Promotion GmbH präsentiert
Set Design: Michael Scott Costume Design: Christina Giannini Light Design: Reinhard Traub
by George Gershwin, DuBose Heyward, Dorothy Heyward and Ira Gershwin
11.- 26.07.09 Semperoper Dresden
28.07.- 09.08.09 Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf
Tickets: 0180-51 52 53 0
(0,14EUR/Min.dt.Festnetz, ggf. andere Mobilfunkpreise)
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lieto fine 50 | www.crescendo.de 02 2009
ENDLICH RUHE!
DANIEL HOPE Gastkommentar
„Ich weiß nun, dass es einen Gott im Himmel gibt“, war Albert Einsteins Kommentar, als er Yehudi Menu hins Konzertdebüt mit sieben Jahren erlebte. Die Legende Menuhin in Worte zu fassen, ist schwierig. Viele wissen, was für ein außergewöhnlicher Musiker und tief humanistischer Mensch er war. Er besaß aber auch eine besondere Fähigkeit, Namen zu verwechseln bzw. zu vergessen! Vor einigen Jahren, am Münchner Flughafen, kam ein eleganter Herr auf uns zu und sagte „Maestro, es ist wunderbar, Sie wieder zu sehen.“ Menuhin umarmte den Mann, und sie redeten wärmstens über ihre Vergangenheit, ihre Familien und einiges andere. Nachdem der Mann ging, drehte sich Menuhin verwirrt zu mir und sagte: „Was für ein reizender Mann ... Wie war doch gleich sein Name? “ „Ah ... Placido Domingo“ erinnerte ich ihn. Über so etwas konnte er sich dann schief lachen! Aber sonst hat er sich nicht so leicht geirrt. Während des arabisch-israelischen Konflikts rief Menuhin einen Freund mitten in der Nacht an: „Wir müssen sofort nach Israel fliegen und uns zwischen den zwei Fronten platzieren – wenn wir Musik spielen, werden sie schon aufhören, sich gegenseitig umzubringen.“ Manchen kommt diese Philosophie naiv vor – andere verstehen, was damit gemeint war – ein echter Schimmer Hoffnung von einem der größten Humanisten. Menuhin glaubte, durch die Musik Krieg und Hass verhindern zu können, Frieden zu stiften und der jüngeren Generation einen Weg zu zeigen, Brücken zu bauen, um einander mit Achtung zu behandeln. Meiner Meinung nach gibt es kaum eine Persönlichkeit, die so einmalig war und die uns so fehlt wie jene von Yehudi Menuhin. Daniel Hope ist ein britischer Weltklasse-Geiger mit irisch-deutsch-jüdischen Wurzeln. www.DanielHope.com
Foto: Zeidler/Pondell 2008
Vor 10 Jahren starb Menuhin in Berlin
Musikalische Umweltverschmutzung: ein noch weitgehend unterschätztes Phänomen mit unabsehbaren Folgen. Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal Stille, absolute Stille erlebt – ungetrübt von irgenwelcher Hintergrunddudelei? In Zeiten von Firmen- und Bankenpleiten scheint es keinen Grund zur Freude zu geben, wenn ein vor 75 Jahren gegründetes Unternehmen pleite ist. Bei Muzak, der amerikanischen Erfinderin der Fahrstuhlmusik, liegt der Fall jedoch anders. Unter dem Vorwand, Leistungsfähigkeit und Arbeitswillen des Durchschnittsbürgers zu steigern, trieben nervige Schmuseklänge in Lifts und Kaufhäusern ihr Unwesen. Nun hat der Spuk hoffentlich eine Ende, und Stille triumphiert über eine der größten akustischen Dreckschleudern. Bleibt nur zu hoffen, dass sich hier nicht noch das Füllhorn eines staatlichen Konjunkturpakets öffnet...
RICHARD ECKSTEIN
Impressum Verlag:
Port Media GmbH Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring Herausgeber: Winfried Hanuschik (verantwortlich) hanuschik@crescendo.de Artdirector: Stefan Steitz (verantwortlich) Redaktionsleitung: Richard Eckstein (verantwortlich) eckstein@crescendo.de Redaktion: Pascal Morché, Teresa Pieschacón Raphael, Christoph Schlüren
Schlussredaktion: Michaela Wurstbauer plus regional:
Projektleitung: Liselotte Richter-Lux richter-lux@crescendo.de Autoren dieser Ausgabe: Peter Alward, Julian Arp, BenjaminGunnar Cohrs, Richard Eckstein, Hannah Glaser, Winfried Hanuschik, Daniel Hope, Anna Maria Kaufmann, Vesna Mlakar, Pascal Morché, Karlheinz Müller, Hille Perl, Tom Pfeiffer, Teresa Pieschacón Raphael, Harald Reiter, Georg Rudiger, Christoph Schlüren, Antoinette Schmelter de Escobar, Uwe Schneider, Arabella Steinbacher, Olaf Zimmermann
Produktionsmanagement: Michaela Wurstbauer Verlagsrepräsentanten: Petra Lettenmeier lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe & Markenartikel: L. Richter-Lux, richter-lux@crescendo.de Claudia Kästner, kaestner@crescendo.de Auftragsmanagement: Petra Lettenmeier (verantwortlich) lettenmeier@crescendo.de Michaela Wurstbauer wurstbauer@crescendo.de Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 12 vom 01.09.2008 Druck: Westermann Druck Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig
Das nächste crescendo, der „festspiel-guide“, erscheint am 09. April 2009.
Erscheinungsweise: crescendo erscheint mit sieben Ausgaben pro Jahr und zusätzlichen crescendo-themenspecials. crescendo ist bei Opern- und Konzerthäusern, im Kartenvorkauf und im Hifiund Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Beiträge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Angabe der Beteiligungsverhältnisse: Gesellschafter der Port Media GmbH: 100 % Winfried Hanuschik, München Abonnement: Abo-Service crescendo Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen
Telefon: +49-89-8585-3452, Fax: -362452 abo@crescendo.de Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, davon ein Sonderheft „crescendo festspiel-guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 34,- EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand. Versand ins Europäische Ausland: zzgl. EUR 10,- Bank-/Portospesen Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,- Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Verbreitete Auflage: 82.820 (laut IVW-Meldung IV/08) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage Beilagen: Diese Ausgabe enthält die Teilbeilage „MusikHochGenuss“ der Allgäu Marketing GmbH.
03.04.09 WÜRZBURG - Frankoniasaal 04.04.09 FRANKFURT - Alte Oper 05.04.09 BERLIN - Tempodrom 06.04.09 STUTTGART - Palladium Theater 16.04.09 HAMBURG - Laeizshalle 18.04.09 AUGSBURG - Kongresshalle 19.04.09 NÜRNBERG - Meistersingerhalle 25.04.09 REGENSBURG - Audimax 01.05.09 MÜNCHEN - Gasteig Tickets und Infos: www.klassikradio.de 01805-848084 (14Ct./Min.)
präsentiert Klassik Radio in concert
Alle Frequenzen unter www.klassikradio.de
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Eine spektakuläre Neueinspielung mit Joyce DiDonato und weiteren jungen Spitzensängern unter der Leitung von Alan Curtis und seinem Orchester Il Complesso Barocco.
Cecilia Bartoli triumphiert in Händels Semele als Schauspielerin und Sängerin in Robert Carsens moderner Inszenierung.
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ROLANDO VILLAZÓN – Händel Gabrieli Players · Paul McCreesh Zum Händel-Jahr geht Rolando Villazón mit einer wunderbaren Auswahl von barocken Opernarien des Komponisten auf Entdeckungsreise. Ab 20. März im Handel !
»Rolando Villazon hat eine fantastische Stimme für Barockmusik.« Paul McCreesh Videos und Hörproben: www.rolando-villazon.net
www.haendel-2009.de