crescendo 1/2013, Premium Ausgabe Februar / März 2013

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Februar – März 2013 www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE

CD

inkl.

Star-Export Tenor Jonas Kaufmann über die Vorzüge einer internationalen Karriere Gesellschaft Die frischen Ideen der neuen Musikergeneration Reise Die besten Tipps für einen klassischen Besuch in Paris

Die Fricka der Münchner „Walküre“ im Interview:

Elisabeth Kulman B47837 Jahrgang 16 / 01_2013

heidelberger frühling 2013

16. März bis 20. April 2013 „PERSPEKTIVEN“ u.a.mit Igor Levit, Annette Dasch, Fazil Say, Jörg Widmann, dem NRD Sinfonieorchester und John Neumeiers Bundesjugendballett


www.deag.de

ROCK/POP | CLASSICS | SHOWS | EVENTS

Hamburger Symphoniker Norddeutscher Figuralchor Dirigent: Claudio Vandelli Werke u.a. von Mozart, Gounod, Donizetti und Gershwin

EXKLUSIV IN HAMBURG MIT EINEM BESONDEREN KONZERTABEND!

DI., 15.01.2013 | 20.00 UHR | LAEISZHALLE - HAMBURG Mit freundlicher Unterstützung von

KLAUS FLORIAN VOGT

LANG LANG Live in Concert!

LUDWIG VAN BEETHOVEN Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll, op. 37 SERGEJ PROKOFJEW Klavierkonzert Nr. 3 in C-Dur, op. 26 WÜRTTEMBERGISCHE PHILHARMONIE MANUEL LÓPEZ-GÓMEZ

HELDEN

07.04.2013

NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE | DIRIGENT: JULIEN SALEMKOUR WERKE U.A. VON WAGNER UND MOZART

Zürich Hallenstadion

"DIESER SÄNGER IST EIN GESCHENK"

FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG | 15.01.2012

MO. 04.02.2013 | KÖLN | PHILHARMONIE

The Classical Company Switzerland

SIMONE KERMES

FESTIVAL STRINGS LUCERNE

ORCHESTER TOURNEE 2013 15.04.2013 Stuttgart 17.04.2013 Köln

19.04.2013 Magdeburg

La Magnifica Comunità Enrico Casazza

22.04.2013 Berlin

Werke u.a von: Hasse, Pergolesi, Porpora

20.04.2013 Halle (Westf.)

24.04.2013 Nürnberg

26.04.2013 Düsseldorf 27.04.2013 Hannover 29.04.2013 Luzern

PHOTO: CHRISTOPHER DUNLOP

23.04.2013 Chemnitz

09.05.2013 HAMBURG | LAEISZHALLE 10.05.2013 DORTMUND | KONZERTHAUS 12.05.2013 MÜNCHEN | HERKULESSAAL *

Tickets unter www. .de, 01805 - 969 000 555 , sowie an allen bekannten VVK-Stellen Weitere Informationen unter www.deag.de | *(0,14€/Min. aus dem dt. Festnetz / max. 0,42€/Min. aus dem dt. Mobilfunknetz)


p r o l o g

neue Seiten

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, ein neues Jahr bedeutet immer auch neue Ideen, neue Impulse und bei crescendo die Präsenz auf einer neuen Informationsplattform: Unser Magazin ist mit dieser Ausgabe nun auch mit eigener Seite im sozialen Netzwerk facebook präsent. Ganz ehrlich: Wenn Sie mich vor vier Jahren gefragt hätten, ob ich unser Magazin in einem doch eher jugendlicheren Netz wie facebook sehen würde – ich hätte „nein“ gesagt. Doch die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt Erstaunliches: Die Klassik-Stars gehören zu den aktivsten Nutzern dieser Plattformen. Selbst in der Wahrnehmung eher konservative Institutionen wie die Berliner Philharmoniker betreiben den Umgang mit facebook, twitter und Co. unglaublich professionell. Die Berliner haben inzwischen weit mehr als 345.000 facebook-„Freunde“, ihre auf YouTube gestellten Videos sehen sich Millionen von Menschen weltweit an. Wie sich die Publikumsmagneten Anna Netrebko, Lang Lang und David Garrett neben den Berliner Philharmonikern im Internet schlagen, können Sie in unserem Vergleich auf Seite 12 nachlesen. Ich freue mich natürlich auch über jeden gedrückten „gefällt mir“-Button auf www.facebook.de/crescendomagazin. Hier erfahren Sie ganz aktuell und ganz nah, welche Künstler wir gerade getroffen haben, was die Klassikwelt gerade bewegt und die Anekdoten,

aus denen später Heftschwerpunkte entstehen. Was daraus geworden ist, lesen Sie journalistisch, editorisch und graphisch erlebbar in der crescendo Premium-Ausgabe. Diesmal sprachen wir mit Deutschlands Klassik-Export Nummer eins, Jonas Kaufmann, unter anderem über seine Erlebnisse an der New Yorker Metropolitan Opera (Seite 16), an der er seit Anfang Januar bis Mitte März arbeitet. Die österreichische Mezzosopranistin Elisabeth Kulman verriet Details aus ihrer schwierigen Zeit im Sommer 2011, als ihre Karriere nach einem Bühnenunfall auf der Kippe stand. Schon in der von uns produzierten Fotostrecke kann man sehen, dass es ihr nun besser geht und ihr die Zukunft gehört (Seite 20). Von einer glorreichen Musik-Zukunft träumen auch die jungen Künstler, die wir in unserer Gesellschafts-Reportage vorstellen: Das „do.gma chamber orchestra“ zum Beispiel, oder das Duo „2Cellos“, gehen neue, eigene Wege in der klassischen Musik. Ihr Ziel ist im Grunde das gleiche wie das unserer facebook-Seite: Sie wollen näher an ihr Publikum heranrücken. Die fünf spannenden Projekte der „neuen Generation“ lesen Sie auf den Seiten 52 bis 55. Herzlichst, Ihr Winfried Hanuschik

wh@crescendo.de

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Fotos Titel: Bob Coat, Felix Broede

Sie sind Premium-Abonnent, aber die CD fehlt? Dann rufen Sie uns unter 089/85 85 35 48 an. Wir senden Ihnen Ihre Abo-CD gerne noch einmal zu.

ONLINE PREMIUM-SERVICES: TRETEN SIE EIN!

Ihre Abo-CD In der Premium-Ausgabe finden Sie nicht nur doppelt soviel Inhalt: mehr Reportagen, Porträts, Interviews und ­ Hintergründe aus der Welt der Klassik – in einer besonders hochwertigen Ausstattung, sondern auch unsere ­ crescendo Abo-CD. Sie ist eine exklusive Leistung unseres c­ rescendo Premium-Abonnements. Premium-Abonnenten erhalten sechs Mal jährlich eine hochwertige CD mit Werken der in der aktuellen Ausgabe vorgestellten Künstler. Mittlerweile ist bereits die 41. CD in dieser crescendo Premium-Edition erschienen.

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Februar / März 2013

* Als Premium-Abonnent registrieren Sie sich beim ersten Eintritt mit Ihrer E-Mail-Adresse und Ihrer Postleitzahl. Alle anderen crescendo PremiumKäufer oder -Leser brauchen für die erstmalige Registrierung den Registrierungscode. Dieser lautet für die aktuelle Ausgabe: Registrierungscode:

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P r o g r a mm

30 Ein Leben voller Kontraste Pianistin Danae Dörken spielt auf ihrem Debütalbum die Klavierwerke Janáčeks – und sah das Klavier einst als Rivale.

STandards

Künstler

03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. 08.... Blickfang So farbig war unser Blickfang noch nie. 10..... Ouvertüre Ein Anruf bei Komponist Sven Helbig 14..... Kaffee mit... Moderator und ÖkoBauer Dieter Moor 32.... Nachrufe Über das Leben von Lisa della Casa 35.... Impressum 50.... R ätsel des Alltags 82.... Die Letzte Seite Daniel Hope wünscht sich einen Auftritt im All.

16..... Jonas Kaufmann Wir plauderten mit dem Tenor über seine Karriere, Kollegengespräche und weibliche Fans. 20.... Elisabeth Kulman Die Mezzosopranistin singt Kinderlieder – und entdeckt das Kind in sich. 24..... N ils Mönkemeyer Ein Gespräch über Bach, Backen und das Meer. 28.... Gerhard Oppitz Der „stille Pianist“ wird 60 – und hat sich längst selbst gefunden. 30.... Danae Dörken Kontraste bestimmen das Leben der ehemaligen Kämmerling-Schülerin.

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44 Die Abenteuer des kleinen Flügels Als Pianist und Entertainer hat sich Joja Wendt einen Namen gemacht - jetzt hat er ein musikalisches Kinderbuch geschrieben.

hören & Sehen 33.... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 34.... Attilas Auswahl Unser Kolumnist beginnt das Jahr mit einer klingenden Weltreise. 38.... Living Stereo Heifetz, Rubinstein und Co. auf 60 CDs. 44.... Bücher „Der kleine Flügel“: Eine Abenteuerreise durch die Welt der Musik. 46.... Ak ustik Ohrenschmuck: für ihr Design prämierte Audiogeräte.

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Fotos: Olaf Heine, Martin Teschner, Christian Barz

10 Sinfonien für die Hosentasche Sven Helbig verpackt ganze Sinfonien ins Format von dreiminütigen Songs. Wie das geht, verriet er uns am Telefon.

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CC 72578

Raritäten von Hilliard Ensemble & Voces Intimae

ALEXANDER RASKATOV

Prayers and Praise

Fotos: Jonas Radtke, Bob Coat;, Claudia Heysel

The Hilliard Ensemble 52 Gute Ideen Die junge Musikergeneration hat Lust auf Neues! Ein Text über Innovationen, Mut und die Nähe zum Publikum.

62 Die Stadt der Liebe Im Dirigenten Fabien Gabel fand unser Autor die ideale Reisebegleitung. Ein musikalischer Spaziergang durch Paris.

74 Die Stadt, die Niemals Schläft Das Kurt Weill Fest Dessau macht in diesem Jahr einen musikalischen Ausflug auf den Broadway.

gesellschaft

Lebensart

erleben

48.... Kolumne Pascal Morché über das Sportliche in der Musik. 51..... K lassik in Zahlen 52..... Lust auf Neues Wie die neue Musikergeneration die Klassikwelt umkrempeln möchte. 56.... Moderne Libretti Operntexte heute –frei nach dem Motto: Es gibt nichts, was man nicht darf. 58.... Die Farben der Musik Phänomen Synästhesie: Farben hören. 60.... Georgien in Bayern Wie ein ganzes Orchester von Georgien nach Ingolstadt umsiedelt.

62..... Reise: Paris Eine musikalische Entdeckungsreise an die Seine. 65.... Reisenews Die internationalen Klassik-Termine. 66.... John Axelrod schreibt über den idealen Wein für die Winterzeit. 68.... Strauss für den Gaumen Das Örtchen mit der höchsten Michelin-SternDichte Deutschlands. 70.... neue sichtweise Wieder in: Operngläser.

Herausragende zeitgenössische Vokalmusik! Die beiden eingespielten Werke ‘Obikhod’ und ‘Praise’ wurden vom russischen Komponisten Alexander Raskatov (*1953) für das Hilliard Ensemble geschrieben.

CC 72571 (2CD)

72..... m usikalischeperspektiven Der „Heidelberger Frühling“ mit Topstars und Meisterkursen. 74..... New York, New York Das Kurt Weill Fest Dessau schaut über den großen Teich. 76..... Vorschau Wichtige Termine für Februar und März.

THÉODORE GOUVY

Piano Trios nos. 2, 3 & 4 Voces Intimae Die Renaissance des Théodore Gouvy 2013 steht die Wiederentdeckung des deutschfranzösischen Komponisten Théodore Gouvy an, mit Hilfe des “Palazzetto Bru Zane - Centre de musique romantique française”, die diese Aufnahme möglich machten.

Exklusiv für Abonnenten

Diese Musik ist auch bei iTunes verfügbar.

Hören Sie die Musik zu u­ nseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 67.

Downloaden Sie gratis die Challenge Classics app beim App Store.

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Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65 www.challengerecords.com Social media: facebook.com/ChallengeRecordsInt twitter.com/challengerec - youtube.com/ChallengeRecords


E n s e m b l e

Hinter der Bühne

Die Welt von crescendo lebt von den Mitarbeitern, die sie mit Leben füllen und von den Künstlern, über die wir berichten. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen.

Henry C. Brinker Zwei Brandenburger in Kiel: Weil Dieter Moor gerade auf Lesetour an der Kieler Förde gastierte, reiste unser Autor Henry C. Brinker von der Havel an die Ostsee und traf sich mit dem Kult-Moderator („titel, thesen, temperamente“) auf neutralem Boden. Vor dem vereinbarten Interview steckte sich der Schweizer mit deutschen StaatsbürgerschaftsAmbitionen schnell noch eine Marlboro an. Die qualmende Zigarette, der etwas überholte Schnitt seiner üppig-silbrigen Haartolle und das frische Baumwollhemd: Der GallowayFarmer Moor würde auch im Mittelwesten der USA eine gute Figur machen, dabei hatte er seinen Stetson-Cowboy-Hut noch zu Hause gelassen. Das Gespräch lesen Sie auf Seite 15.

Fabien Gabel Durch einen Tipp von Geigerin Alina Pogostkina sind wir auf den französischen Dirigenten aufmerksam geworden. Fabien Gabel, gebürtiger Pariser und Bonvivant, verriet uns bei Café au lait im altehrwürdigen Café Zimmer gegenüber des Théâtre du Châtelet, was man an einem Wochenende in der französischen Hauptstadt alles machen und erleben kann. Denn eines darf man vorweg schon verraten: Paris ist zwar immer eine Reise wert, durch die gefühlt vier Millionen ebenfalls anwesenden Touristen aber ein Ort, an dem man vorbereitet sein sollte. Die Geschichte, die Chefredakteur Robert Kittel zusammengefasst hat, finden Sie auf Seite 62.

Natalia Werdung Da die crescendo-Familie stetig wächst, können wir an dieser Stelle auch ein neues Gesicht aus dem internen Team vorstellen: Natalia Werdung wird unser Magazin vor allem im Bereich Marketing & Vertrieb unterstützen. Die gebürtige Warschauerin, seit sieben Jahren im schönen München zuhause, war zuvor für die zu Bertelsmann gehörende Verlagsgruppe Random House tätig und genießt nun bei crescendo die große Welt der klassischen Musik. Da sie nicht aus dem Musikwissenschafts-Zweig stammt, mag sie eher die bekannten Werke von Frederic Chopin, Schubert und Mozart und interessiert sich – in ihrer freien Zeit – vor allem für gute Literatur. Sollten Sie an einer Kooperation mit crescendo interessiert sein, wenden Sie sich also gerne vertrauensvoll an unsere neue Mitarbeiterin (werdung@crescendo.de).

Das Magazin Playboy lesen Männer bekanntlich aufgrund der hervorragenden Texte. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass wir im Reich der Hasen auch einen guten Autoren samt Geschichte fanden, in der Deutschlands Gourmet-Gemeinde „Baiersbronn“ unter die Lupe genommen wurde. Baiersbronn ist ein Phänomen: Die dort auftischenden Köche Harald Wohlfahrt, Claus-Peter Lumpp und Jörg Sackmann bringen es im Umkreis von 15 Kilometern auf sieben Sterne. Für uns stellte Mergel, Genuss- und Lebensart-Experte des Playboy, die Frage, was es bedeutet, die für crescendo-Leser eigentlich wichtigen Sinnesorgane Auge und Ohr „beiseite zu schieben“ und sich nur auf den Geschmack zu konzentrieren. Seine Reportage aus dem Schwarzwald lesen Sie auf den Seiten 68 und 69.

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Fotos:Torsten Kollmer; Bob Coat

Klaus Mergel


AKTUELLE NEUHEITEN BEI SONY CLASSICAL

KLAUS FLORIAN VOGT WAGNER Klaus Florian Vogt ist einer der besten und gefragtesten Wagner-Tenöre der Welt. Auf seiner neuen CD präsentiert er mit den Bamberger Symphonikern unter Jonathan Nott Arien aus Lohengrin, Parsifal, Die Meistersinger von Nürnberg, Rienzi, Götterdämmerung und Tristan und Isolde. www.klaus-florian-vogt.de

ALEXANDER KRICHEL FRÜHLINGSNACHT Der junge deutsche Pianist gilt als herausragendes Talent. Auf seiner Debüt-CD bei Sony Classical präsentiert er neben Franz Liszts Frühlingsnacht ein stimmungsvolles Programm mit Mendelssohns Liedern ohne Worte und Liedbearbeitungen von Schubert und Schumann. www.alexanderkrichel.de

Mit freundlicher Unterstützung von

RICHARD WAGNER GENIE UND WAHNSINN Das Beste aus Richard Wagners großem Werk in einem 3 CD-Set mit ausführlichem Essay. Mit Klaus Florian Vogt, Plácido Domingo, Christian Gerhaher, Waltraud Meier, Peter Hofmann, Leontyne Price, den Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Metropolitan Opera Orchestra u.v.a.

TAL & GROETHUYSEN GÖTTERDÄMMERUNG Völlig neu erklingen Wagners berühmteste Opern in dieser Einspielung für zwei Klaviere. Eines der weltbesten Klavierduos Tal & Groethuysen interpretiert auf hervorragende Weise bekannte Werke aus Tannhäuser, Tristan und Isolde, Der fliegende Holländer und zwei Weltersteinspielungen aus Götterdämmerung. www.tal-groethuysen.de

WIENER PHILHARMONIKER NEUJAHRSKONZERT 2013 Wiener Neujahrsgrüße an die Welt: Im prächtig geschmückten Wiener Musikverein boten die Wiener Philharmoniker unter ihrem Dirigenten Franz WelserMöst mit Repertoire-Neuheiten und berühmten Walzern aus dem Hause Strauß ein abwechslungsreiches Konzert der besonderen Art. Erhältlich als CD, Download, DVD, Blu-ray-Disc & Vinyl-LP.

RICHARD WAGNER GREAT RECORDINGS Eine 40 CD Jubiläums-Edition zum Super-Preis. Mit großartigen Aufnahmen von Eileen Farrell, Lorin Maazel, Ben Heppner, Peter Hofmann, Herbert von Karajan, George Szell, Zubin Mehta, Leopold Stokowski, New York Philharmonic, Berliner Philharmoniker u.v.a.

WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE


b l i c k f a n g

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Februar / März 2013


WAS: „Tanzsuite“ von Martin Schläpfer. Musik von Helmut Lachenmann. WO: Ballett am Rhein, Düsseldorf / Duisburg

Foto: Bettina Stöß aus „Ballett heute“ / ReclamVerlag

WER: Das Tanzensemble des Balletts am Rhein. WIE: „Ich brauche die Gefahr“, sagte Martin Schläpfer über seine Arbeit als Choreograf. Immer wieder sucht er sich Kompositionen aus, die auf den ersten Blick für eine tänzerische Umsetzung unmöglich erscheinen. Für dieses Stück wählte er Helmut Lachenmanns „Tanzsuite mit Deutschlandlied“. Eine gute Wahl, bestätigte ihm die FAZ hinterher: „Ein großartiges, geheimnisvolles, lustiges und schwieriges Ballett.“ WARUM DIESES BILD? So viel Farbe auf diesem Bild – das ist ein echter Hingucker! Dieses Bild ist (optische) Freude pur – und noch dazu eine für den Ballett-Zuschauer eher ungewohnte Perspektive. Fotografin Bettina Stöß fotografierte für ihr gerade erschienenes Buch „Ballett heute“ (Reclam Verlag) alte Inszenierungen und zeitgenössisches Ballett. Als wir das Buch in der Redaktionskonferenz durchblätterten, blieben wir sofort am hier abgebildeten Bild hängen – ein echtes „WOW“-Bild! PS: Wir rezensieren „Ballett heute“ auf Seite 45.

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o u ve r t ü r e

„Mich inspirieren konkrete Anlässe“ Ein Anruf beim...Komponisten, Regisseur und Musikproduzenten Sven Helbig, der – mal wieder – mit einer neuen Art von Sinfonie für Aufregung sorgt.

Foto: Olaf Heine

Hallo, Herr Helbig, wobei stören wir Sie Die Pocket-Sinfonien tragen den Titel „Spaziergänge durch das Leben“. Was gerade? verbirgt sich dahinter? Beim Komponieren… Wie passend. Wir sind an Ihren neuen Mich inspirierten konkrete Anlässe, die ich „Pocket Symphonies“ interessiert. Was in eine Musikfantasiewelt übersetze. Die wein aller Welt darf man sich denn nun nig über mich erzählen, aber viel über die darunter vorstellen? Welt. Es ist keine Ego-Musik, ich möchte Ganz einfach: Es sind zwölf sinfonische nicht mit meinem kleinlichen Ungemach anMiniaturen, die jeweils nur vier Minuten dere belasten, sondern trachte eher nach der lang sind. emotionalen Verdichtung auf einem univerEs gibt unter den Sinfonien ja eine Unsellen Niveau. vollendete (Schubert), Phantastische Aha. Das erste Stück heißt Eisenhütten(Berlioz) und eine Dollar-Sinfonie stadt. Da sind Sie aufgewachsen, oder? (Atterberg)… Ja. Meine Oma ging mit 38 dorthin, weil es (Lachen) Ach ja? Wie die Dreidort Fernwärme gab und man groschenoper von Weill… nicht mit Kohle heizen musste. Oder so. Da passen Ihre „Pocket Eisenhüttenstadt wurde als PlanSven Helbig ist ein deutscher Konzeptkünstler aus Dresden, Symphonies“ doch gut rein. stadt in den 50ern gebaut und mit der sich als Regisseur und Komponist gerne an außergewöhnliche Musik-Projekte wagt. 2011 komponierte er z.B. eine Nur, wie viel Sinfonie kann in jungen Leuten bevölkert. Dort Inszenierung aus 150.000 Kerzen, 20.000 Schwimmkerzen einer Hosentasche drin sein? gab es keine Vergangenheit, keine und einer Fassadenillumination in der der Dresdner Altstadt. Unter dem Mikroskop erkennt alten Steine, mit denen man sich man die Verwandtschaft, das theauseinandersetzen konnte, keine matische Material, die Verknüpaktiven Orchester, kein Theater. fung der Motive, die Modulation. Auch der Popmusiksong wirkt auf Sie produzierten, komponierten und arrangierten bereits für die Struktur der Sinfonie. Zudem habe ich sehr komplex für ein Sym- Rammstein, Snoop Dog und andere aus diesem Genre. Nun für phonieorchester und ein Klavier-Quartett komponiert. „Symphonie“ das MDR-Orchester und das Fauré Quartett. Ziemlich bunte Mischung, fnden Sie nicht? ist hier mehr als Metapher gedacht. Immerhin sind Sie bekannt für Ihre skurrilen Projekte. In DresIn den USA kennt man den merkwürdigen europäischen Kunstbegriff den inszenierten Sie auch mal eine „Hochhaus-Symphonie“. von E- und U-Musik gar nicht. Auch deshalb habe ich 1996 die DresdJa, zum 800. Geburtstag von Dresden. Wir haben Dresdens Geschich- ner Sinfoniker gegründet, um die Musik zu machen, die uns Spaß te mit Eisensteins Stummfilmklassiker „Panzerkreuzer Potemkin“ macht, fernab der Diktatur der sogenannten Neuen Musik. Dann wünschen wir jetzt weiter viel Spaß beim Komponieren. verknüpft. Das Orchester stand auf den Balkonen eines Plattenbaus. Interview: TPR

Playlist Welche Werke hört Violinistin Catherine Manoukian auf ihrem iPod? Und warum? Hier sind ihre Top Five:

1. Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 (Maurizio Pollini)

Ich muss zugeben: Ich habe Pianisten immer um dieses Konzert beneidet und liebe Pollinis Interpretation ganz besonders. 2. Glenn Gould: The Art of Fuge

Gut, um den Kopf frei zu kriegen oder sich zu konzentrieren – habe ich pausenlos gehört, als ich mich mit Philosophie befasste. 4. W.A. Mozart: Requiem (Sir Colin Davis)

Eines meiner Lieblingsstücke seit meiner Kindheit. Höre ich besonders gerne, wenn ich durch alte Städte laufe. 3. Robert Schumann: Cellokonzert (Jacqueline du Pré)

Ein Stück, das vor Enthusiasmus und Selbstvertrauen sprudelt. Catherine Manoukians neues Album „Elgar“ ist gerade bei Edel erschienen.

5. Amy Winehouse: „You Know I'm No Good“

Die beiden ersten Alben von Amy Winehouse sind die einzigen nicht-klassichen Alben, die ich jemals gekauft habe. Dieser Track ist mein Favorit daraus.

+++ Zwei Kontinente, ein Konzert: Die Dresdner Sinfoniker nutzten den von den Maya für den 21.12.2012 prophezeiten Weltuntergang für eine gewitzte Veranstaltung, den „Codex Dresdensis. Konzert zum Ende der Zeit“. Per Live-Stream vernetzten sie sich mit Mexiko. Solisten und Orchester saßen in Dresden, einige Maya-Musiker wurden aus Südamerika zugeschaltet. +++ Angela Gheorghiu und Roberto Alagna wollen sich scheiden lassen. Sicher? In den vergangenen Jahren hieß es immer wieder: Sie lieben sich, sie streiten sich, sie trennen sich, sie finden wieder zueinander. Nach der ersten großen Trennung des Opernpaares 2011 folgte bald die rührende Versöhnung. +++ Das Mozart-Porträt ist eine Fälschung! Das entdeckten weiter auf S. 12

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Februar / März 2013


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+

1/2013

Die Die Bibe Bibel auf dem Prüfstand

Das Magazin für Geschichte

Rätsel des des Alte Alten Testamen taments Werbung in der DDR: Nur keine Nachf Nachfrage schaffen

Kaiser Joseph Joseph II.

Fernsehprem Fernseh premiere: Als die „Tagesscha agesschau“ Sendung auf ng ging auf Sendu ging

Anti ke Fi Antike Finanzkrise: anzkrise: Athen henische Ba Bauern in der Schu ldenfal alle le Schuldenf

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Attentat auf Gandhi: Der Preis der Unabhängigkeit

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Für Freiheit und Brot! Die Anfänge der Arbeiterbewegung Indianer-Protest: Das letzte Gefecht von Wounded Knee

Grenzland Masuren: Polnische Sprache, preußische Gesinnung

Keine Zuzahlung.

Alter im antiken Rom: Wertschätzung von Jahren und Erfahrung

DAMALS schreibt Geschichte und bietet Ihnen Lesevergnügen und Information pur. Lassen Sie sich faszinieren von sorgfältig recherchierten Artikeln und grandiosen Bildstrecken zu unserer Vergangenheit. Mit aktuellen Infos zu Museen und Aus-stellungen, Sendungen in Hörfunk und TV sowie interessanten Buchneuerscheinungen.

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o u ve r t ü r e

Klassik-Gezwitscher Facebook-Fans

Was posten sie?

Youtube-Klicks

Was twittern sie?

berliner philhar­ moniker

345.000 Menschen gefallen die Philharmoniker, einige Posts werden bis zu 900-mal kommentiert – in Deutsch, Japanisch, Spanisch, Russisch, Türkisch und anderen Sprachen.

Was für ein überraschend professioneller Auftritt! Das Orchester postet Sir Simon Rattles Zukunftspläne, ausgewählte Konzertmitschnitte, Gewinnspiele, Umfragen und eigentlich auch nur ganz wenig Werbung.

Mehr als 440.000-mal wurde die 40. Sinfonie Mozarts schon abgerufen und absurde elf Millionen Mal die Rock-Performance „Wind of Change“. Den YoutubeKanal der Philharmoniker haben 40.000 Menschen abonniert.

Die Twitter-Präsenz wirkt reichlich steif und ideenlos. Viele Tweets sind lediglich Links zum digitalen Archiv, nur vereinzelt wird auf musikalische Jahrestage oder bevorstehende Konzerte hingewiesen. @BerlinPhil

anna ­netrebko

94.500 Fans hat die Netrebko, das Interesse ist groß: Neue Beiträge werden schon mal von 4000 Menschen „geliked“. Das passiert sonst nur bei Popstars.

Fans werden hier bei Laune gehalten: Private Bilder vom Neujahrsfest in Krasnodar, mit Partner Erwin Schrott, dazu ein bisschen Werbung für ihre Alben und jede Menge Infos zu Auftritten, Engagements und Interviews.

Auf einem eigenen Youtube-Kanal beantwortet Netrebko monatlich Fragen ihrer Fans („Treiben Sie Sport?“), 3000 Nutzer haben den Kanal abonniert. Wesentlich mehr wollen sie auf der Bühne sehen: Ihre Arie in Dvořáks „Rusalka“ wurde 1,3 Millionen Mal aufgerufen.

12.600 Fans folgen Netrebko bei Twitter, die meisten ihrer unregelmäßigen Tweets stammen allerdings nicht von ihr selbst. Themen: Anna auf dem roten Teppich, Anna in Manhattan, Anna in Ljubljana, Anna in Berlin. @AnnaNetrebko

Lang lang

55.000 Menschen gefällt Lang Lang, kommentiert wird auf der Seite allerdings nur wenig. Da Facebook in China verboten ist, gehen ihm hier aber zwei Mrd. potentielle Fans verloren.

Lang Lang ist ständig am „posten“. Fotos mit Königin Elisabeth und Barack Obama, mit Robert de Niro und Barbara Streisand: Seinen Facebook-Auftritt nutzt der Weltstar als persönliches Fotoalbum. Immerhin schreibt er seine Einträge alle selbst – sehr unterhaltsam.

Lang Lang und seine Interpretation von Liszts „Ungarischer Rhapsodie“ haben mehr als 570.000 Menschen abgerufen. Übertroffen wird das nur von Bugs Bunny: Der Cartoon des Hasen, der die Rhapsodie am Flügel spielt, wurde schon 1,2 Millionen Mal gesehen.

Mehr als 30.000 Fans lesen, was Lang Lang twittert. Kaum ein Tag vergeht ohne Eintrag, entweder gratuliert der Pianist seinem „Piano hero“ Franz Liszt zum Geburtstag oder er wünscht seinen Fans einfach alles Gute aus China. @lang_lang

david ­gArrett

Garrett ist auch bei Facebook ein Quotengigant, er hat mehr Fans als alle anderen Klassikstars zusammen: 611.000 Menschen gefällt der Geiger, kommentiert wird fast nur von Frauen.

Die reine Welt der klassischen Musik spielt bei Garrett keine so große Rolle, seine (zumeist weiblichen) Fans erfahren dafür von seinen Besuchen auf Kinderkrebsstationen, den vielen Fernsehauftritten und Preisverleihungen. Und sehen ihn ab und zu oben ohne.

Satte 8,3 Millionen Mal wurde Garretts BBC-Auftritt abgerufen, bei dem er mit Rimski-Korsakows Hummelflug einen bis 2010 gültigen Geschwindigkeitsrekord aufstellte. Knapp 19.000 Menschen haben den Youtube-Kanal des Geigers abonniert.

Schade: Garretts Auftritt bei Twitter ist lediglich Zweitverwertung seiner Facebook-Posts. Die Einträge gleichen sich bis aufs Wort. Trotzdem bringt er es auf 38.500 Follower. @david_garrett

„Der Russe ist ein typischer Opernmann: ein charismatischer Schlamper mit rätselhafter Zeichengebung. Er lässt sich bei Proben öfter durch Assistenten vertreten und fliegt manchmal erst im letzten Moment ein.“ Robert Braunmüller, Münchner Abendzeitung

G E L E S E N N O T I E R T Reaktionen zur (geplanten) Ernennung von Valery Gergiev zum neuen Dirigenten der Münchner Philharmoniker

„Die Verhandlungen waren ebenso geheim wie beim FC Bayern um den neuen Trainer geführt worden.“

„Dummerweise sind die Münchner Philharmoniker (aber) ein Konzertorchester und dafür ist Gergiev schlicht der falsche Mann“ Jörn Florian Fuchs, SWR

Helmut Mauro, Süddeutsche Zeitung

Wissenschaftler der Stiftung Mozarteum Salzburg bei den Vorbereitungen zu einer Bild-Ausstellung im Mozart-Wohnhaus. Das bekannte Porträt „Knabe mit dem Vogelnest“ bilde nicht, wie jahrelang behauptet, Mozart ab. Die Plakette mit Mozarts Namen sei dem Bild erst später hinzugefügt worden. So war es dem Mozarteum in den 30er-Jahren verkauft worden. +++ Das Met-Debüt der lettischen Sopranistin Kristine Opolais wurde vom Publikum dermaßen frenetisch gefeiert, dass ein Zuschauer der Sängerin beim Applaus versehentlich einen Blumenstrauß gegen den Kopf warf. +++ Das obligatorische Kosten-Update in Sachen Elbphilharmonie: Noch mal 200 Millionen teurer, Gesamtkosten also über eine halbe Milliarde Euro. Neuer Eröffnungstermin: voraussichtlich 2017.

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Fotos: Wilfried Hoesl; DG; Philip Glaser / DG

Auch crescendo geht mit der Zeit und eröffnet mit dieser Ausgabe eine eigene Facebook-Seite. Wie die Stars der Branche bisher mit dem Thema Social Media umgehen, steht in unserem gewohnten Vergleich.


o u ve r t ü r e

Der Fan

Die Stille

Kulturmanagement Network launcht Gewinner-Magazin

Britische Neuheit: Oper über Kopfhörer

Mit einem ideenreichen und interaktiven Magazinkonzept zum Themenkomplex „Der Fan“ überzeugten drei Studenten der Universität Viadrina/Frankfurt an der Oder die Jury des in München ansässigen KM Kulturmanagement Networks. Sie setzten sich im erstmals ausgeschriebenen Redaktionswettbewerb des Kulturmanagement-Magazins für Studierende gegen Einsendungen aus Deutschland und Österreich durch. Die Nachwuchsjournalisten dürfen nun eigenständig und inhaltlich unabhängig produzieren und lernen darüber hinaus die Abläufe einer professionellen Magazinproduktion kennen. Inhalt: Was bedeutet der heutige Fan für den Kulturbetrieb und wie passt er in das geläufige Schema? Hat ein Kulturfan Fankultur? Und wie gehen kulturelle Einrichtungen mit ihren Fans um? Ob „Der FAN“ Antworten auf all diese Fragen finden kann, werden Leser bald auf ihren Bildschirmen nachlesen können: Als Teil des Konzepts erscheint das Magazin ausschließlich online. Unter www.kulturmanagement.net kann man sich jetzt schon für die kostenlose Zusendung des Magazins registrieren. Das fertige Werk „Der FAN“ erscheint als Sonderausgabe des KM-Magazins am 18. Februar.“

In einigen Clubs gibt es das Konzept des „stillen Konzerts“ bereits: Der DJ legt auf, die Musik wird den Club-Besuchern allerdings nicht durch überdimensionierte Boxen, sondern über Kopfhörer auf die Ohren gespielt. So kann jeder ganz für sich mitgrooven – und die Nachbarn werden nicht mehr über Lärmbelästigung schimpfen. Diese Idee hat eine britische Dirigentin nun auch auf die Oper übertragen. Daisy Evans nennt ihre Idee „Silent Opera“ und möchte damit auch Publikum gewinnen, das vorher mit klassischer Musik wenig am Hut hatte. So wird der Orchesterpart der jeweiligen Oper bereits vor der Vorstellung eingespielt und den Zuschauern dann per Kopfhörer zugeführt, während Sänger und Schauspieler live vor Ort sind. Die Zuschauer können so auch während des Stücks herumlaufen und sich länger mit dem Charakter befassen, mit dem sie wollen. Seit Kurzem ist Evans Stipendiatin der „Sky Arts Ignition“ und realisiert im Februar ihr neues Opernprojekt. Der Clou: Für Monteverdis „L'Orfeo“ sind zwei Enden vorbereitet – ein schlechtes und ein gutes Ende. Und ein ausgewählter Zuschauer darf sich spontan für eins der beiden entscheiden.

Bewegende Biografie

Moritz von Bredow Rebellische Pianistin Das Leben der Grete Sultan zwischen Berlin und New York 368 Seiten, 60 Abbildungen ISBN 978-3-7957-0800-9 ED 21350 · € 29,99 [D]

pa s d e D e u x Fotos: The presidential press & information office, Kreml; www.cincinnatisymphony.org

Viele Künstler aus der Welt der Klassischen Musik ähneln anderen Prominenten derart, dass wir sie in eine neue Rubrik packen mussten. Diesmal: der Dirigent Paavo Järvi und Wladimir Putin.

• Die erste Biografie über Grete Sultan • Mit einem Vorwort von Alfred Brendel „Have fun with Wladimir Putin and classical music!“, sagt Paavo Järvi.

• Muse des Komponisten John Cage


o u v e r t ü r e

Auf einen Espresso mit ...

Fotos: Torsten Kollmer

Dieter Moor

Moderator Dieter Moor tourt gerade durch Deutschland, um seine Bücher vorzustellen: Sie heißen: „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ und „Lieber einmal mehr als mehrmals weniger. Frisches aus der arschlochfreien Zone“.

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werk, Verwaltung, die Beziehungen der Menschen untereinander sind wichtig. Stattdessen bauen wir oft Potemkinsche Dörfer und reden uns ein, was Gutes zu tun. So werden die Menschen verwaltet und permanent indoktriniert. In Ihren Büchern beschwören Sie diese fast idyllische Einfachheit und schaffen überraschende Sehnsuchtsorte. Ist Ihnen Ihr Erfolg manchmal suspekt? Literaten mögen ja angeblich keine Bestseller ... Nein, ich bin ja auch kein Literat, weiß gar nicht, was das ist. Das zweite Buch hat sich von selbst geschrieben, das wollte ich gar nicht, es ist einfach passiert. Die Reparatur des Hürlimann-Treckers als kleines Epos im Buch lag mir am Herzen, ich habe es gegen den Widerstand meiner Lektorin und ihren Warnungen durchgesetzt. Leider (lacht). Schweizer Moor im deutschen Kaffeehaus: „Ich fühle mich hier wohl.“ Und die musikalische Hochkulmarkanten Gesichtszügen besitzt in Deutschland Kultstatus als ori- tur? Würden Sie da auch gern ein alternatives Wirtschaften bevorzugen? gineller Moderator im Oberschichten-TV mit „Titel, Thesen, TemJa. Mehr Netrebko pur, weniger Brimborium. Hochkultur gehört peramente“ und „Bauer sucht Kultur“. neu definiert. Sie manifestiert sich weder in pseudomodernen Inszenierungen, noch am Frack des Dirigenten und schon gar crescendo: Herr Moor, freuen Sie sich als Öko-Bauer mit Kulnicht an den Klunkern der zuhörenden Wirschaftsbosstursinn, dass wir uns ausgerechnet in einem Kunst-Café mit Gattinnen ... Bio-Theke treffen? Wie steht es denn um die Musik in der Brandenburger Provinz? Dieter Moor: Kaum zu glauben. Ich meine vor allem den Preis von Die findet statt, ja. In meinem Buch beschreibe ich auch, wie man 3,95 für das Chili. Da kann nur sehr wenig Öko-Fleisch drin sein. plötzlich beim Holzmichl von De Randfichten aus dem ErzgeDer Kaffee schmeckt übrigens sehr gut. birge mitmacht, weil das irgendwie echt ist und die Stimmung, die Wie verspeisen Sie Ihre glücklichen Rinder und Wasserbüffel Geselligkeit im Vordergrund steht. Mir gefällt dort, wo ich wohne, am liebsten? eine grundsätzliche Offenheit, die musikspartenübergreifend Roh. Als Carpaccio mit Olivenöl und Zitrone. Oder als Tatar mit Gemeinschaft stiftet. Als neulich eine DDR-Jazzlegende im Dorf einem frischen Eigelb. gastierte, war alles auf den Beinen und machte daraus ein Fest. Der Hof von Ihnen und Ihrer Frau wird biodynamisch betrieben. Eine Glaubensfrage? Sicher. Und ich glaube nicht an alles, was da mit Pülverchen und Kalenderzauber betrieben wird. Fest steht aber, dass DemeterBauern mit einer ganz anderen Achtsamkeit der Natur gegenübertreten. Die Böden eines Bauernhofs, der seit fast 100 Jahren nach biodynamischen Grundsätzen betrieben wird, sind über die Jahre eher besser geworden. In der konventionellen Landwirtschaft ist das anders. Als Schweizer mit Rindviechern erfolgreich im Brandenburger Exil – und jetzt wollen Sie auch noch Deutscher werden. Was ist Auch Klassik kommt an, Hauptsache, die Menschen können einen der Grund: Rente, Krankenversicherung? Nein. Ich bekomme hier keine Rente und auch für die Krankenver- persönlichen Bezug zur Musik entwickeln. Gibt es Musik, die Ihr Leben verändert hat? Ein Schlüsselsong, sicherung bringt das keine Vorteile. Ich fühle mich hier wohl, bin ein musikalisches Erweckungserlebnis? hier zu Hause. Und ich schätze ein paar preußische Tugenden, da, Es gibt kein Musikstück, das mein Leben wirklich verändert hat, wo ich lebe. nicht einmal der alte Holzmichl. Dennoch ist Musik Teil meines Auch wenn Sie sich in Ihrer Wahlheimat also wohlfühlen und Lebens, insofern, als dass ich viel Lebenszeit damit verbracht habe, auf Dauer bleiben wollen: Was könnte man dennoch ändern? mich am Saxophon, am Klavier, mit der Geige oder dem Xylophon Wir versuchen zu oft, mit Infrastruktur-Maßnahmen und Förderin andere Welten zu dilettieren. projekten den großen Pinsel anzusetzen. In der Hoffnung, dass Angenommen, Sie dürften ein Ensemble, eine Musikerin oder dann wie von selbst das Heil kommt. Kommt aber nicht. Eher im einen Musiker auf Ihren Hof oder zu einem Dorfkonzert einlaGegenteil. Das Geheimnis liegt in kleinteiligen Entwicklungen vor Ort. Wir müssen das Leben dort lebenswert machen, wo es sich für den, wer wäre das? Campino von den Toten Hosen. die Menschen entscheidet. Wir müssen uns von unten neu organisieren, wieder „klein“ denken. Die Schulen, unser Essen, das Hand- Interview: Henry C. Brinker Das Kunst-Café in Kiel. Frische Blumen auf kleinen Lounge-Tischchen, an den Wänden pastellige Farb-Installationen von NoraBeata Erichsen und Berit Ertakus, der Frau des Café-Inhabers. Es gibt Öko-Müsli und Bio-Chili con carne. Der Kuchen ist selbstgemacht und der Kaffee in Barista-Qualität tröpfelt dick und duftend aus einer imposanten Gaggia. Auf einen Espresso treffen wir Dieter Moor. Der 54-Jährige mit der silbergrauen Haarpracht und den

„Hochkultur manifestiert sich weder in pseudomodernen Inszenierungen, noch am Frack des Dirigenten.“

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k ü n s t l e r

Der

Kaufmann von München

Jonas Kaufmann zählt weltweit zu den derzeit ­bedeutendsten Tenören. Die ganz großen Häuser ­reißen sich um den Bühnenstar – vor allem im Wagner- und Verdi-Jahr. Mit crescendo plauderte der Sänger über s­ eine Engagements, Kantinengespräche unter Kollegen und über seine Erfahrungen mit weiblichen Fans. von Rainer ASchemeier

gen gibt es diese typischen Kantinengespräche unter Künstlern crescendo: Herr Kaufmann, kürzlich hielt ich die DVD von kaum noch. Natürlich trifft man sich, tauscht sich dann aber nicht Monteverdis „Ulisse“ in Händen. In der Aufführung sangen Sie unmittelbar über Technik aus. Wenn mich mal jemand fragt, gebe 2002 den „Telemaco“ – eine Nebenrolle. Heute sind Sie in Maiich gerne preis, wie ich bestimmte Dinge mache. Meistens fragen land, weil Sie an der Scala den Lohengrin singen. Es hat sich aber keine Tenorkollegen, sondern Sänger aus anderen Fächern. schon was verändert in den letzten zehn Jahren, oder? Ich bin übrigens heilfroh über jeden Tenor, der auf dem gleichen Jonas Kaufmann: Naja, ich habe auch vor zehn Jahren schon an der Scala gesungen. 2004 hatte ich mein Debüt in London, 2006 in New Niveau wie ich arbeitet. Das ist wie bei einer Autofirma: Die träumt vielleicht davon, mit ihren Produkten den ganzen Weltmarkt York. In Deutschland singe ich in der Tat aber erst seit etwa vier bedienen zu können. Doch sie würde schnell merken, dass Jahren auch an den großen Häusern, wie München oder sie damit an Kapazitätsgrenzen stößt und die QuaBerlin. lität der Produkte sinkt, die dadurch in kürzester Gab es für Sie so etwas wie den „Ich bin übZeit bei den Kunden nicht mehr gefragt wären. „Durchbruchmoment“? Mein Debüt an der MET hat meine Karriere noch rigens heilfroh über So ist es auch bei mir: Wenn ich alles annehmen würde, was mir angeboten wird, und dann auch einmal sehr angeschoben. Das hat mich faszijeden Tenor, der auf noch versuchte, andere Kollegen auszustechen, niert, aber auch irritiert: Alle Welt schaut nach hätte ich in zwei Jahren stimmliche QualitätsNew York – und wer es da schafft, hat plötzlich dem gleichen Niveau probleme. Mehr noch als die Schädigung der auch in Europa einen anderen Stellenwert. Vor wie ich arbeitet.“ Stimme ist dann der geschädigte Ruf ein Probeinigen Jahren habe ich hier an der Scala in Bizets lem. Um eine schlechte Aufführung zu kompen„Carmen“ gesungen. Das war eine weltweite Livesieren, muss ich bestimmt fünf, sechs gute machen. Übertragung. Dass das hohe Wellen schlagen würde, Wenn dann die Stimme Probleme macht, kommt einem konnte ich mir vorstellen. Die Sache in New York war das wie eine Ewigkeit vor. aber eine ganz normale Repertoirevorstellung, ohne Fernsehen oder sonstige Liveberichterstattung. Und trotzdem hat es inter- Kommt man in Ihrer Position manchmal an einen Punkt, an national so viel bewirkt. Das finde ich nach wie vor besonders beein- dem das normale psychologische Rüstzeug nicht mehr ausreicht? druckend. Ach, das merkt man oft selber gar nicht. Ich bin im BühnenumTauscht man sich auf Ihrem Qualitätslevel im Kollegenkreis feld sehr nervenstark und habe keine Probleme mit Aufregung und untereinander aus, nach dem Motto: „Du, ich muss nächsten Druck. Vor einer Aufführung schließe ich mich nicht drei Stunden Monat den Florestan singen, und da gibt es ja diese schwierige in der Garderobe ein und bete mein Mantra. Lieber gehe ich, kurz Kerkerszene.“ Oder ist so etwas tabu? Dass es ein Tabu ist, würde ich nicht sagen. Aber die internationale bevor es losgeht, mit den Chorkollegen noch einen Kaffee trinken. Es kommt aber vor, dass man einige Tage nach einer großen BelasGarde der Sänger gehört ja keinen festen Ensembles an. Deswe16

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Foto: Decca/Petra Stadler

Tenor Jonas Kaufmann: „Alle Welt schaut nach New York.“

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k ü n s t l e r

Foto: Decca/Ken Howard

Jonas Kaufmann als Siegmund in „Die Walküre“ an der Metropolitan Opera.

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Aufnahme die Sie erwähnen, hören Sie eine besondere Süffigkeit tung etwas reizbarer ist als sonst. Dann sucht sich wohl das unbeder Kontrabässe und Celli bei den melancholischen Stellen. Ich wusst eben doch stärker strapazierte Nervenkostüm ein Ventil. finde, das ist relativ eigenständig für das Mariinsky-Orchester. Es Wie so ein Kantinenbesuch aussehen kann, ist in einem Videogibt also auch noch das Lokalkolorit. clip auf Ihrer Webseite dokumentiert. Dort sitzen Sie im BühEs gibt Leute, die sagen, Wagners Musik sei immer dann am nenoutfit – üppig mit Kunstblut überströmt – zu Tisch und ­besten, wenn gerade keiner singt. essen Schnitzel oder so etwas. Oh, ich weiß, was Sie meinen. Diese Leute stören sich häufig an Das kommt vor. Vielleicht nicht gerade ein Schnitzel, weil das den langen Parlando-Stellen. Oder an Sängern, die mit aller Gewalt lange braucht, bis es verdaut ist und daher schnell ermüdet. Aber Kuchen oder etwas anderes, das einem schnell wieder Energie gibt, versuchen, ein viel zu lautes Orchester zu übertönen. Die Orchesterinstrumente haben sich seit Wagners Zeit deutlich weiterentwiwird gern genommen. Die Begebenheit, die Sie meinen, hat wohl ckelt. Unsere Stimmen aber nicht. Wenn also ein heutiger Musiker bei einer „Tosca“-Aufführung stattgefunden, bei der ich den Cavaradossi singe. Ich habe in dieser Oper immer Pause, nachdem ich auf der Bühne gefoltert und inhaftiert worden bin. Danach gehe ich gern einen Kaffee trinken oder eine Kleinigkeit essen und bin dann eben noch voller Theaterblut – was aber in der Opernkantine keinen stört. Sie sind ja nicht nur ein großartiger Tenor, sondern viele Frauen sehen in Ihnen auch einen attraktiven Mann. Kommt es vor, dass Damen vor der Garderobentür auflauern? Nein! (Räuspert sich) Es gibt natürlich Ausnahmen. Man kann niemals nie sagen. Aber eine Oper ist schon etwas anderes als ein alles aus seinem modernen Instrument herauskitzelt, wo in der Popkonzert, ganz generell gesprochen, auch was die Besucher der Partitur „ff “ steht, gibt es Probleme. Wenn er aber das BewusstVeranstaltung betrifft. Bei den Rockevents gibt es die Backstagesein dafür hat, dass ein Fortissimo für Richard Wagner etwas ganz Pässe, die Fans daran hindern sollen, vor der Höhle des Löwen auf anderes war als für uns heute, dann kann man einen wunderbaren und ab zu gehen. Bei uns ist es noch stringenter. Es gibt BackKlang erzielen, der die Sänger trägt. stagelisten, und wer da nicht drauf steht, kommt mit Sicherheit Plädieren Sie dafür, Wagner mit historischen Instrumenten zu auch nicht rein. Es hat aber schon Konzerte gegeben, nach denen spielen? ich mich in meine Garderobe geflüchtet und zugesperrt habe. Da Ich wäre eher dafür, dass man mit heutigen Instrumenten für waren der Gang und alle anderen Bereiche brechend voll mit Fans. eine vernünftige Balance zwischen Orchester und Sängern sorgt. Dem stelle ich mich gern draußen, wo etwas mehr Platz ist. Im Normalfall gibt es immer vier oder fünf Leute, die sich nach einem Ich gebe zu, dass ich den süffigen, vollen Klang eines modernen Orchesters zu sehr liebe, als dass ich darauf verzichten würde. Aber Auftritt mit mir unterhalten wollen. er darf einen Sänger nicht erschlagen oder zum Forcieren zwingen! 2013 ist Wagner- und Verdi-Jahr. Für Sie bedeutet das sicher Als Experiment wären historische Instrumente bei Wagner sicher Hochbetrieb? interessant. Da könnte man einmal hören, wo die maximalen MögAllerdings! Ich habe meinen Kalender ganz danach ausgerichtet. lichkeiten eines Orchesters von damals lagen. Bis auf eine Ausnahme habe ich bislang ausschließlich Verdi und Ihre neue Wagner-CD, die in diesem Frühjahr erscheint, ist Wagner auf der Agenda. etwas ganz besonderes geworden. Was halten Sie denn von dem Medienrummel, der um die JubiJa, wir haben Lohengrins Gralserzählung in der nur selten aufläen gemacht wird. Ist das nicht etwas inflationär geworden in geführten „Langfassung“ aufgenommen – mit der so genannten den letzten Jahren? zweiten Strophe, in der so viele Ich glaube nicht. Namen wie Verdi wichtige Handlungsbestandteile und Wagner haben zu den jeweiliJonas Kaufmann erklärt werden, dass sie eigentlich gen Jubiläen schon immer großartige Der Tenor wurde 1969 in München geboren, bein jedes Programmheft gehört. Und Sonderveranstaltungen hervorgerugann zunächst ein Studium der Mathematik, schloss wir haben die Wesendonck-Lieder fen. Es gibt andere Komponisten, wie dann aber an der Hochschule für Musik das Examen mit dabei. Die sind wirklich traumetwa Mahler, die erst in den letzten als Opern- und Konzertsänger ab. Seit einigen Jahhaft! Zwar hat Wagner sie „für eine Jahrzehnten so richtig von der breiten ren gehört Kaufmann zu den weltweit gefragtesten Frauenstimme“ bestimmt. Doch gibt Masse wahrgenommen wurden. Und Tenören der Gegenwart. Noch immer lebt er mit es im Text keinen einzigen Hinweis da finde ich es doch sehr legitim, wenn seiner Frau, der Mezzosopranistin Margarete Joswig auf das Geschlecht des „Erzähman in Fällen wie diesen Jubiläen auch und den drei Kindern in München. lers“, ganz im Gegensatz zu Schugroß feiert. manns „Frauenliebe und -leben“ Klingt Wagner in Russland eigentAktuelle Termine und Schuberts „Winterreise“. Und lich anders als hier? Einer Ihrer Kaufmanns Terminkalender liest sich nachdem Männer die „Frauenliebe“ neuen CDs ist ja ein Mitschnitt der wie unsere „Internationalen Termine“: und Frauen die „Winterreise“ aufge„Walküre“ aus dem St. Petersbur15.2. – 8.3. „Parsifal“, New York, MET nommen haben, sollte es doch kein ger Mariinsky-Theater. 24.2. Opernkonzert, Phoenix (Arizona) Sakrileg sein, wenn ein Mann die Im Spitzenbereich agieren die 28./31.3. und 4.4. „Parisfal“, Wien, Staatsoper „Wesendonck-Lieder“ singt, zumal Künstler weltweit. Valery Gergiev zum 6.4. „Winterreise“, Wien, Konzerthaus Wagner diese Texte ja teilweise auf Beispiel leitet nicht nur das Mari21.4. Opernkonzert, London, Royal Festival Hall sich bezogen hat. Zum Beispiel insky-Orchester sondern auch andere 4.5. – 18.5. „Don Carlo“, London, Royal Opera House beschreibt „Im Treibhaus“ Wagners internationale Ensembles. Daher hat 25.5. Wagner-Geburtstagskonzert, Dresden, SemSituation im Schweizer Exil. Wäre sich im Zuge der Globalisierung die peroper es da nicht nahe liegend, dass ein internationale Weltklasse interpretatoMann das singt? risch angenähert. Doch gerade bei der n Jonas Kaufmann: „Wagner“ (Decca), ab 15.2. im Handel

„Als Experiment wären historische Instrumente bei Wagner sicher interessant“

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Fotos: Bob Coat; Haare, Make-up: Isabella Steigenberger

k ü n s t l e r

Kurze Pause: Elisabeth Kulman am Tag nach ihrer Walküre-Aufführung in den Ionischen Sälen der Münchner Staatsoper.

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„Es

macht

Spaß,

trotzig zu sein“

Durch einen Bühnenunfall geriet die Karriere von Mezzosopranistin Elisabeth Kulman im Sommer 2011 in Gefahr. Jetzt überzeugt sie in schwierigen Wagnerpartien und überrascht mit einer schönen Kinderlieder-CD.

V

Von Anna Novák

iele Lebensläufe von klassischen Künstlern ähneln sich: Sie haben seit dem vierten Lebensjahr kaum Lücken. Karrieren werden heutzutage geplant, Eltern entscheiden früh, in welche (Musik-)Richtung es geht. Der Lebenslauf der österreichischen Mezzosopranistin Elisabeth Kulman ist eine Art Gegenentwurf. Sie selbst bezeichnet sich gerne als Rebellin. Als wir die sympathische Wienerin zum Fotoshooting in der Bayerischen Staatsoper treffen, ist sie bestens gelaunt. Sie singt die Fricka in den beiden Münchner Wagner-Aufführungen „Das Rheingold“ und „Die Walküre“. „Alles gut gelaufen“, sagt sie und steigt für uns noch einmal in das Kleid der Fricka aus der „Walküre“ vom Vorabend. Während ihre vollen Haare von der Maske gezähmt werden, bleibt Zeit, ein wenig über ihre Achterbahn-Karriere der vergangenen Jahre zu plaudern. crescendo: Sie haben Ihr Studium als Sopran beendet und sind dann erst Jahre später, 2005, ins Fach der Mezzosopranistin und Altistin gewechselt. Sorgt so etwas in der heutigen Klassik-Welt noch für Aufregung? Kulman: Naja, man wechselt sein Stimmfach ja nicht aus Jux und Dollerei. Mein Körper hat mir damals einfach Signale gesendet: Du musst etwas verändern! Da ich meinen Beruf nicht aufgeben wollte, musste ich einen Weg finden, wie ich ihn weiterführen kann. Mein Fach zu wechseln, war die einzige Möglichkeit. Es war aber sehr schwierig: Ich war ja schon aus dem Studium raus und stand mitten in der Karriere, hatte mich, vor allem in Österreich, schon etabliert. Da stößt man bei den Menschen erstmal auf Unverständnis. Ich musste vieles absagen: die Salzburger Festspiele, einen Jahresvertrag in der Schweiz. Da steht man vor dem Nichts. Und man muss die Leute langsam davon überzeugen, dass man im neuen Fach auch gut ist. Also war es vor allem für Sie selbst eine Aufregung... Ganz ehrlich? Ich bin durch die Hölle gegangen, das war kein

Zuckerschlecken. Die Klassikbranche ist immer noch sehr steif und sehr unflexibel, nicht wirklich offen für etwas Neues. Die jungen Sänger bringen ein bißchen Wind mit rein – und ich bin auch eine Rebellin, die die Dinge gern ein bisschen aufbrechen will. In einem anderen Interview sagten Sie neulich, Sie wollten unbedingt Sopranistin sein! Was hat Sie am Sopranfach so fasziniert? Als Sopran ist man die Primadonna. Man spielt immer die erste Geige. Ich wollte die schönen großen Rollen, die Hauptrolle – schließlich habe ich etwas zu sagen! Ich weiß nicht, warum Komponisten, auch die zeitgenössischen Komponisten, die Hauptrollen immer noch für Sopran und Tenor schreiben. Das ist doch unverhältnismäßig. Für das tiefere Fach gibt’s die Carmen, die sehr dankbar ist. Dann noch eine Handvoll andere und das war's schon. Das muss man erstmal verkraften – deswegen habe ich so am Sopranfach gehangen. Man hat einfach immer die oberste Stimme, man führt immer. Setzt einen Glanzpunkt oben drauf. Sie wirken aber nicht, als würde Mezzosopran Sie langweilen... Das Tolle an den Mezzo-Rollen ist ja: Es sind meist die spannenderen Charaktere. Sie sind oft vielschichtiger, vielleicht auch böser und schauspielerisch viel interessanter. Mit den stimmlichen Mitteln kann man viele Färbungen gestalten, das reizt mich besonders. Die Nuancen und Schattierungen sind besonders wichtige Mittel, um sich auszudrücken. Übrigens schätzen mich die Leute auch dafür, dass ich mal so richtig böse sein kann auf der Bühne (lacht). Sind Sie denn gern böse auf der Bühne? In meinem privaten Leben trachte ich danach, ein guter Mensch zu sein, und wenn ich am Scheideweg stehe und fragen muss: soll ich gut oder böse handeln, dann entscheide ich mich für den guten Weg. Aber auf der Bühne kann man das so herrlich ausleben. Da braucht man sich nicht die Gewissensfrage nach Gut und Böse stellen. Da spiele ich die Böse. Das kann richtig Seele reinigend sein. 21


k ü n s t l e r

„Die Stimme spricht direkt aus dem Herzen.“ Elisabeth Kulman stieg für uns noch mal in ihr Fricka-Kleid.

Wir Opernsänger haben, wie die Schauspieler, den Vorteil, dass wir viele Gefühle ausleben können, die ein normaler Mensch gar nicht zulassen kann. Der geht dann vielleicht in die Disko und tanzt die ganze Nacht und schreit sich die Seele aus dem Leib – das haben wir alles nicht nötig – wir machen das auf der Bühne! Das ist wie ein Ventil, das der Seele gut tut. Wie ging es Ihrer Seele, als Sie im Jahr 2011 einen Bühnenunfall hatten und nicht wussten, ob Sie je wieder singen können? (Anm. d. Red.: Bei der Ruhrtriennale in Bochum erhielt Kulman bei den Proben ungewollt einen Ellenbogen auf den Kehlkopf.) Es hat Monate gedauert, bis ich mich von diesem Schock erholt habe. Am Anfang dachte ich wirklich: war’s das jetzt? Was soll ich machen, wenn die Stimme kaputt ist? Auf der anderen Seite habe ich gemerkt, dass ich mich so schnell nicht unterkriegen lasse. Ich bin Kämpfertyp, ein „Survivor“, wie man in der Psychologie sagt. Dennoch mussten Sie erst einmal wieder klein anfangen... Bei null, wenn man es genau nimmt. Aber ein Neubeginn ist auch immer eine große Chance! Und die habe ich genützt. Ihre neue CD „Kinderstube“ ist ein Charity Projekt für die Kinderkrebsforschung – wie kam es dazu? Nun, die Musik war zuerst da, die Idee mit dem Hilfsprojekt hatten wir erst später. Es ist ja eine kurze CD, Modest Mussorgskys Liederzyklus „Kinderstube“ dauert insgesamt nur 17 Minuten. Ich

„Es gibt viele Sänger, die singen nur Wagner. Oder nur italienisches Fach. Aber ich will alles!“ finde diese Musik aber so genial und in der Musikgeschichte einzigartig dastehend, dass ich sie unbedingt – einzeln und einzigartig – rausbringen wollte. Deswegen haben wir uns mit der Plattenfirma einige Dinge ausgedacht: Die CD ist in limitierter Auflage erschienen. Wir haben sie in Wiener Volksschulen gebracht und die Cover von den Kindern mit ihren Lieblingsspielzeugen bemalen lassen. Deswegen sieht jede CD anders aus und ist ein Unikat. Ist das nicht entzückend? Die Cover sind so schön geworden! Und das wollten wir dann auch gerne einem guten Zweck widmen. Sie haben das Album auch Kindern vorgestellt. Wie haben die Kinder darauf reagiert? Verblüffend! Immerhin sind die Stücke auf Russisch. Ich habe ein bisschen erzählt, worum es in den Liedern geht, und dann gefragt, ob jemand im Saal Russisch kann. Tatsächlich war ein russisches Mädchen dabei. Und die konnte dann den anderen erklären, was ich genau gesungen habe. Die Kinder haben an meinen Lippen gehangen. Vielleicht lag das auch am Alter der Kleinen. Das Konzert war in der Volksschule, die Kinder also bis zehn Jahre alt. Da singt man noch gerne. Später wird das kritischer. Da sind die Kinder dann eher gehemmt, das Singen ist „uncool“ oder es ist schon 22

irgendein Erwachsener dahergekommen und hat gesagt: „Du singst wie eine Kröte“. Das kann die Lust der Kinder zu singen für immer zerstören, das weiß man ja mittlerweile. Aber wir haben eben dort gemeinsam gesungen, frisch von der Leber. Singen ist einfach für jeden Menschen wichtig, weil man dabei seine Seele ausschüttet. Die Stimme spricht direkt aus dem Herzen, das ist ein ganz unmittelbares Musizieren. Wenn Sie die Stücke der „Kinderstube“ beschreiben müssten: Welchen Charakter haben die Lieder? Das sind keine Kinderlieder im gewohnten Sinn. Wenn man Mussorgsky und seine Kompositionen kennt, weiß man: Er war als Komponist Autodidakt und hat sich nicht durch die russische Schule verbilden lassen, sondern hat einfach ganz ursprünglich und sehr spontan komponiert. Das ist für Kinderlieder ideal. Er beschreibt Alltags-Szenen, wo Kinder im Zwiegespräch mit der Amme oder der Mutter Situationen erleben. Da kommen alle möglichen Gefühle und spontane Äußerungen raus: Sie sind aufgeregt oder trotzig, ängstlich oder verschnupft. Mussorgsky ist zwar im Lauf seines Lebens ein griesgrämiger Mensch geworden und hatte mit dem Alkohol Probleme, aber er hat stets das Kind in sich bewahrt. Entdeckt man da nicht wieder das Kind in sich selbst? Doch, klar! Ich habe gemerkt, dass es irrsinnigen Spaß macht, plötzlich trotzig zu sein oder eine Schnute zu ziehen und einfach mal unreif zu reagieren. Und sich mal nicht so wie ein Erwachsener zu benehmen, von dem man erwartet, dass er reflektiert und angemessen auf eine bestimmte Situation reagiert. Da kann man sich wieder herrlich ausleben! Die Lieder verlangen stimmlich nicht das, was ich zum Beispiel gerade an der Münchner Staatsoper singe, das ist wirklich das krasse Gegenteil: Für Wagners „Fricka“ brauche ich die große Opernstimme, die den ganzen Saal füllt und 2000 Leute überzeugt. Die „Kinderstube“ dagegen singe ich mit eher kleiner Stimme, ganz reduziert. Mir macht genau diese Bandbreite einen Riesenspaß. Es gibt viele Sänger, die singen nur Wagner. Oder nur italienisches Fach. Aber ich will alles! (lacht) Vom kleinen Kinderlied bis zu Wagner. Wenn ich viel Oper gemacht habe, freue ich mich aufs Lied und aufs Konzert. Und wenn ich lange keine Oper gesungen habe, dann will ich auf die Bühne – es ist die Abwechslung, die für mich wichtig ist. Das merkt man in Ihrem Konzertkalender und in Ihrer Diskographie – sie scheinen sich vor allem die besonderen und ungewöhnlichen Projekte auszusuchen. Ja! Die ausgetretenen Pfade belatschen eh alle anderen. Ich suche mir selber meine Wege. Welche Wege haben Sie für 2013 geplant? Um das Wagner- und Verdi-Jahr kommt man natürlich als Sängerin nicht drumherum. Und es ist eine Ehre, dass ich nun hier in München Wagner singen darf – gerade wenn man jemand ist wie ich, der sich nicht in Schubladen stecken lässt. An einigen anderen großen Häusern werde ich auch noch singen, in Salzburg beispielsweise, in Verdis „Falstaff “. Das ist schön. Ich bin sehr zufrieden. (Wir rezensieren das Album „Kinderstube“ auf Seite 34!) n www.crescendo.de

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„Der Ausdruck ist das, worum es geht“ Erst als Jungstudent wechselte Nils Mönkemeyer von der Violine auf die Bratsche, mittlerweile zählt er zu den besten Instrumentalisten seines Fachs. Ein Gespräch über sein neues Album, seine Liebe zu Bach und das Meer. von Anna Novák

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Mönkemeyer: „Ich finde nichts langweiliger, als wenn man alles richtig macht.“

Foto: Irène Zandel / Sony Classical

ir treffen Nils Mönkemeyer in einem kleinen Münchner Café. Der erste Eindruck: da sitzt ein gut gelaunter junger Mann. Er lacht viel und laut. 2012 sei ein gutes Jahr für ihn gewesen, erzählt der 34-jährige Bratscher. Mit großem Erfolg debütierte der gebürtige Bremer, der sich mittlerweile aber auch in München heimisch fühlt, bei den Berliner Philharmonikern und nahm im September ein neues Album auf – mit Werken von Bach, die ihm sehr am Herzen liegen. crescendo: Herr Mönkemeyer, Ihr neues Album heißt „Bach und mehr“. Ist Bach für Sie der Ausgangspunkt aller Musik? Nils Mönkemeyer: Er ist eher die Keimzelle. Der Moment, als ich Bach das erste Mal spielte, hat mich inspiriert, Musiker zu werden. Deswegen führt Bach mich zu den Wurzeln zurück. Bachs Musik ist derart komplex, dass sie mich mein ganzes Leben lang begleitet. Und sie wächst immer mit mir weiter. Andere Stücke bleiben gleich oder manche mag man irgendwann nicht mehr so gerne, aber Bachs Musik passt sich jeder Lebensphase an. Hat sich Ihr Bach-Verständnis im Laufe der Jahre verändert? Interpretieren Sie Bach heute anders als vor 15 Jahren? Komischerweise bemerke ich das bei Bach am wenigsten. Vielleicht weil es neben dem Jazz die erste Musik war, die ich gehört und geliebt habe. Ich erinnere mich noch genau an die Brandenburgischen Konzerte mit Harnoncourt. Die habe ich morgens heimlich gehört, obwohl ich den Plattenspieler noch gar nicht benutzen durfte. Das war die Musik, mit der ich aufgewachsen bin – übrigens auch immer mit alten Instrumenten! Ich komme also nicht aus der romantischen Richtung und musste mein Spiel dann für den Barock entschlacken, sondern es war sowieso meine Art zu spielen. Intuitiv fühle ich mich in dieser Musik am wohlsten. Spielen Sie Barockmusik deshalb am liebsten? Diese Musik hat eigentlich sehr viele Regeln. Regeln, die bestimmen, wie der Ausdruck der Musik sein soll. Dadurch, dass ich aber nicht die Regeln zuerst gelernt habe, sondern die Art des Ausdrucks, ist das für mich keine Beengung. Ich fühle mich in der Barockmusik sogar besonders frei. Die Romantik habe ich erst später für mich entdeckt, und das war auch ein härterer Kampf, weil ich emotionaler werden und diese Selbstveräußerung der Romantik erst hinkriegen musste. Bei der Barockmusik hatte ich schon immer mehr Mut, zu experimentieren. In einer Rezension zu Ihrer CD „Folia“ habe ich gelesen: „Hier bürstet der Viola-Virtuose vieles herrlich gegen den Strich.“ Ecken Sie mit Ihren Barockinterpretationen gerne mal an? Na ja, ich versuche nicht in erster Linie, etwas komplett „anders“ zu machen. Aber wenn jemand sagt „Du darfst das nicht machen“, dann kommt in mir schon ein bisschen der Widerspruchsgeist raus und ich denke mir: „Warum eigentlich nicht?“ (lacht) Ich finde ehrlich gesagt nichts langweiliger, als wenn man alles richtig macht ... Sie würden also auch Spielfehler auf einer Aufnahme belassen? Absolut. Der Ausdruck ist das, worum es geht. Wenn mal eine Note nicht ganz perfekt kommt, aber der Ausdruck ansonsten perfekt stimmt und das Ergebnis genau richtig ist, dann lassen wir es so. Bei Aufnahmen besteht immer ein bisschen die Gefahr, sich in den Wunsch, ein makelloses Ergebnis zu haben, zu verrennen. Ist das eine Tendenz unserer Zeit? Ja. Ich glaube, es ist so, weil wir die Möglichkeit haben, alles perfekt klingen zu lassen. Das ist wie mit Fotos: Da wird alles, was stören könnte, einfach wegretuschiert. Ich finde: Schönheit hat auch Schmutz. Die Musik hat doch was mit unserem Leben zu tun. Wir leben in einer Zeit, die nicht nur schön ist – und die Musik soll das widerspiegeln. Bei einer glatten, perfekten Aufnahme kann ich mir hinterher auf die Schulter klopfen – aber das war’s schon. Ich kann alles richtig machen und da ist trotzdem keine Musik. Bach kann auf einem Xylophon genial klingen, auch wenn die Musik für dieses Instrument nicht geschrieben ist. Hatten Sie musikalisch auch eine „wilde Phase“? (lacht) Ja, ich hab mal mit einem Schauspieler vom Bremer Theater in einer Band gespielt, in der Lieder von Rio Reiser gemacht wurden. Übri25


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Aus Filmen, Serien, Büchern. Am meisten durch meine Freunde. gens glaube ich, dass meine wirklich wilde Zeit erst noch kommt! Wenn ich ein wichtiges Konzert habe, spiele ich das Programm erst Denn ich fühle mich in der Musik immer freier. Früher wollte ich meinen Freunden vor – die sind ein ganz ehrlicher Spiegel. es allen recht machen, und gerade bei Wettbewerben musste man Lesen Sie Konzertkritiken? alle Geschmäcker bedienen. Mittlerweile ist es mir nicht mehr so Hab ich früher und mache ich jetzt nur noch manchmal. Keiner wichtig, wenn Leute sagen: „Was macht der Mönkemeyer denn ist so streng mit mir wie ich selbst. Wenn ich das Konzert schlecht jetzt schon wieder?“ Das musste ich erst lernen. Geben Sie diesbezüglich auch Ihren Schülern Ratschläge mit auf fand, hilft mir auch die gute Kritik nichts. Aber leider ist es ja so, dass wir Menschen Negatives oft eher registrieren. Wenn ich bei den Weg? Die kämpfen sicherlich mit den gleichen Problemen? Amazon Kundenrezensionen lese und zwei davon sind gut und eine Das bringt mich zu der Frage, wie man als Lehrer sein muss. Der ist schlecht, dann glaube ich der schlechten. Diese Konditionierung Lehrer sollte in der Lage sein, im ungehauenen Block die Davidfinde ich eigentlich schade. Und bei einer wirklich fiesen Kritik Statue zu sehen, und wenn man es schafft, die spezielle musikalibrauchte ich manchmal schon eine Woche, um sie zu verdauen. sche Schönheit zu sehen, die der Schüler mitbringt, noch bevor er Woran denken Sie, wenn Sie, wie auf dem Albumcover, auf die selbst davon weiß, dann kann man ihm wahrscheinlich am besten Weite des Meers hinausschauen? Sind Sie ein Meer-Mensch? helfen. Der Schlüssel zum guten Spiel ist, dass man weiß, was man am besten kann. Wenn einem klar wird, wie etwas klingen soll und Auf jeden Fall! Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich aus was man damit sagen will, hat man mehr Mut, auch zu dem zu ste- dem Norden komme. Das Meer bedeutet für mich Heimat. Wenn man am Meer steht, ist eigentlich alles andere unwichtig. Wenn hen – auch auf die Gefahr hin, dass es nicht ankommt. man sich in dieser Unendlichkeit des Ozeans verliert, dann löst Auf der CD spielen Sie drei Bachsche Cello-Suiten. Mussten Sie man sich eigentlich auf und denkt gar nicht mehr daran, was man die Stücke für die Bratsche umarbeiten? selbst ist oder will. Wie in der Musik von Bach, da ist es genauso. Den Notentext konnte ich eins zu eins übernehmen. Auf der Seit 2011 haben Sie eine Professur an der Münchner MusikhochBratsche klingt es eben höher, aber es sind die gleichen Noten. Ich schule inne – Ihr ehemaliger Lehrer Hariolf Schlichtig ist nun stelle jetzt mal die waghalsige Theorie auf, dass Bach die Stücke Ihr Kollege. Wie fühlt sich das an? auch auf der Viola ausprobiert hat... Dass ich an die Hochschule zurückkehre, an der ich studiert habe, ...denn er spielte gar kein Cello. war schon ein wenig merkwürdig. Am schwierigsten war die SituaGenau. Und es funktioniert sehr gut. Allerdings nur dann, wenn tion, in der ich mich für die Professur vorgestellt habe. Ich bin dort man nicht an das Original denkt. Ich finde, die Suiten bekommen hingekommen und habe quasi gesagt: „Hallo, ich bin jetzt erwachauf der Bratsche sehr viel Leichtigkeit. Auf dem Cello sprechen die sen und möchte nun euer Kollege sein!“ Aber mein alter Lehrer Saiten etwas schwerer an. ist wirklich charmant, ein echter Gentleman und kein Platzhirsch. Wie würden Sie denn Ihren eigenen Klang beschreiben? Neben ihm zu arbeiten ist sehr schön – und er hält noch immer ein Ich finde es nicht so wichtig, dass der Klang schön ist. Obwohl mir das oft gesagt wird. Das finde ich manchmal etwas irritierend, denn bisschen seine schützende Hand über mich. Ihre Backleidenschaft hat sich ja mittlerweile herumgesprochen. ich möchte, dass der Klang spricht. Dass er zum Stück passt und Auf Ihrer Homepage gibt es sogar einen Back-Blog, die „Bratdass es nicht einfach ein beliebiger Klang ist, der immer gleich ist. Bei den Bach-Suiten wünsche ich mir beispielsweise eine Mischung schenbäckerei“. Was haben Sie zuletzt gebacken? Zum Mittagessen gab es eine Rosenkohl-Quiche mit Gorgonzola. aus gesanglichem und tänzerischem Spiel. Mir fällt von Natur aus Lecker. Und zu Weihnachten? das Gesangliche leichter, bei den tänzerischen Stücken brauche ich Da haben meine beste Freundin und ich einen Keksbacktag viel mehr Zeit, bis es so klingt, wie ich es mir vorstelle. gemacht und haben den ganzen Tag Sekt getrunken und gebacken. Sprechen wir über das „mehr“ auf „Bach und mehr“: Sie haben Eigentlich wollte ich abschließend den Suiten vier zeitgenössische nach Ihrem aktuell liebsten BratKompositionen beigestellt. schenwitz fragen, aber in einem Mein Ansatzpunkt war der: Wenn für Interview sagten Sie kürzlich, mich als Interpret Bach eine derartige Bratschenwitze seien ab sofort out. Konstante ist, muss das für KompoFragen wir also lieber nach dem nisten doch auch so sein. Wir Musischönsten Kompliment, das Sie ker verehren Bach, wir lieben ihn und jemals bekommen haben! fürchten ihn, weil er einfach größer Dafür, dass ich Bratscher bin? Kann ist als wir. Komponisten geht es nicht ich nicht lieber ’nen Bratschenwitz anders, deswegen habe ich mir eine erzählen? (lacht) Okay, das schönste Übertragung des Gefühls, das man Kompliment: „Sie spielen so ein hat, wenn man Bach hört, auf die heubisschen wie dieser David Garrett, tige Zeit gewünscht. den ich neulich in der Talkshow Diese Stücke haben also alle eine gesehen habe. Nach ihm sind Sie direkte Verbindung zu Bach? meine Nummer zwei!“ Ja, meist mit Verarbeitung des „B A C Nils Mönkemeyer live Und die skurrilste Frage, die ein H“-Motivs oder mit Zitaten aus KanIm Februar/März 2013 ist Nils Mönkemeyer in einiJournalist oder Konzertbesucher taten. Drei der Stücke sind Auftragsgen deutschen Städten im Konzert zu erleben: mal gestellt hat? werke, die extra für mich entstanden 10.2. Rathingen, 13.2. Ennetburgen, 22.2. MünImmer wieder gut: „Und welchen sind. Eigentlich mache ich viel zeitchen, 24.2. Münster, 2.3. Bensheim, 12.3. Hameln, Job machen Sie am Vormittag?“ genössische Musik – es hat mich sehr 14.3. Berlin, 15.3. Bad Salzuflen, 17.3. Bad OeynGibt es denn jemanden, mit dem befreit, Neue Musik zu machen, weil hausen, 19.3. Detmold, 20.3. PaderSie unbedingt noch spielen wollen? man eine völlig neue Klangsprache born, 21.3. Minden, 22.3. Herford, Mit Janine Jansen. Das wäre ein entwickeln kann – und das inspiriert 28.3. Dresden Traum! Ich verehre sie still und dann auch das gesamte Musizieren. heimlich. Wobei ... ab jetzt nicht Woraus schöpfen Sie generell „Bach und mehr“ Nils Mönkemeyer (Sony Classical), mehr ganz so heimlich ... (lacht) n Ihre Inspiration? ab 15.2. im Handel 26

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Der stille Pianist Gerhard Oppitz gilt zwar als Brahms-Experte, überrascht aber immer wieder mit exotischen Einspielungen. Ein Besuch bei einem Musiker, der sich selbst längst gefunden hat. v o n C h r i s t o p h Sc h l ü r e n

„Die Basis muss stimmen.“ Pianist Gerhard Oppitz wird im Februar 60 Jahre alt.

Dieser Ort strahlt eine angenehme Stille aus, eine Stille zwischen den Klängen. Auf halber Strecke zwischen Münchner Flughafen und Innenstadt wohnt Professor Gerhard Oppitz in einem traumhaften Domizil an der Isar. Wir sitzen am Kaminfeuer in einem fast kathedralenartigen Raum mit Spitzdach, mit Blick auf den großen Steinway und die verschneiten Bäume. Das erste Highlight dieser Begegnung: seine japanische Gattin – selbst Pianistin – serviert mit angeborener Würde feinen Tee, Wasabi-Snacks und erlesene Süßigkeiten. Gerhard Oppitz hört eigentlich viel lieber zu, als dass er über sich selbst redet. Seine Studenten an der Musikhochschule liebten ihn ob seiner Großzügigkeit, und mit asiatischer Höflichkeit tau28

schen wir Geschenke aus. Über Notenausgaben, die er noch nicht hat – und er nennt wahrlich viel Entlegenes sein Eigen –, freut er sich wie ein Kind, wenngleich er in seiner Zurückhaltung dem keinen lauten Ausdruck verleiht. Doch wer verbirgt sich hinter dieser ruhigen Fassade? 1953 in Frauenau geboren, begann Oppitz als Fünfjähriger mit dem Klavierspiel und trat mit elf Jahren erstmals öffentlich auf – mit Mozarts dramatischem d-Moll-Konzert in Heilbronn. Nach Studien bei Paul Buck in Stuttgart und bei Hugo Steurer in München war es die Begegnung mit Wilhelm Kempff, diesem Urgestein der deutschen Klavierschule, die sich als glückliche Fügung erweisen sollte. www.crescendo.de

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Oppitz sagt dazu: „Kempff mochte mein Spiel und befand, dass ich mir einen ziemlich weiten Horizont aneignen. Es war mein ich auf einem guten Weg sei. Er förderte in mir das Poetische und lebenslanges Bestreben, mir einen umfassenden Überblick zu verden Mut zur freien Gestaltung. Natürlich muss, um frei gestalten schaffen. Zugleich, je älter ich werde, desto mehr hängt mein Herz zu können und damit nicht in die Irre zu gehen, die Basis stimmen: an Beethoven, Schubert und Brahms, natürlich auch Schumann und Der Respekt vor dem Komponisten, die Ernsthaftigkeit der Ausei- Mozart. Auf den Schubert-Zyklus wird als nächstes Aufnahmepronandersetzung mit der Form und den Details, die Umsetzung der jekt der Großteil der Solowerke Robert Schumanns folgen.“ Kein Zweifel, die deutsche Tradition steht im Zentrum von Vortragsbezeichnungen. Das sagt vielleicht nicht viel, denn darauf berufen sich die Vertreter vieler Traditionen. Aber vielleicht hilft Gerhard Oppitz’ Wirken, wie dies schon bei Wilhelm Kempff der es, wenn ich Ihnen einige meiner Fixsterne am Pianistenhimmel Fall war, „dessen universelle Bildung“ er so sehr bewundere, und so liegt die Frage nahe, welnenne: außer Kempff beispielsche Werte der Meister, der vom weise Arrau, Rudolf Serkin, kosmopolitischen Zappen von Rubinstein, und ganz besonMeisterkurs zu Meisterkurs ders Clifford Curzon – von ihm wenig hält, denn seinen Stuhabe ich die schönsten Mozartdenten vermittelt? Oppitz: „Wir Konzerte gehört, an die ich mich müssen den jungen Musikern erinnern kann.“ nahebringen, von den Sängern Oppitz hatte das Glück, mit phrasieren zu lernen. Ich durfte Lehrern aufzuwachsen, denen während des Studiums Musies nicht primär um technische Brillanz ging. Er behauptet, das Sportive, Zirzensische stehe heute ker in der Gesangsklasse von Hertha Töpper begleiten, was mir viel zu sehr im Vordergrund – wobei das in der Geschichte immer viel gebracht hat. Und wir müssen den Menschen der Konsumwieder so gewesen sei. „Aber die deutsche Musiziertradition hatte gesellschaft wieder nahebringen, sich selbst zuzuhören, um auch andere Prioritäten, es ging um die substanzielle Aussage, um die der Musik wirklich zuhören zu können und sie nicht nur als stimHingabe an den Geist der Musik und nicht um den schnellen äuße- mungsvolle Begleiterscheinung zu ihren Emotionen und Gedanken ren Effekt. In diesem Sinne pflegten natürlich keineswegs nur Deut- zu benutzen. Denn in seinem Wesen ist der musikalische Prozess sche eine solche Musizierkultur. Carlo Maria Giulini etwa, mit dem einmalig und nicht beliebig reproduzierbar, wie er scheinbar durch ich besonders gerne aufgetreten bin, er gab der Musik den Raum das abgelenkte Hören geworden ist.“ Da will man natürlich nun doch noch fragen nach einer früund die Zeit zur Entfaltung. Ich durfte beide Brahms-Konzerte mit ihm spielen, und immer, wenn ich diese Werke heute spiele, keh- heren Studentin aus Treviso, Serena Stella, die mit ihrer natürlichen ren die Erfahrungen zurück, die ich in seinen Proben machte. Radu Musikalität, Auffassungsgabe und dem kantablen Spiel bezaubert. Lupu schätze ich ganz besonders in seinem reflektierten Ernst, Wie viel konnte er ihr beibringen? „80 bis 90 Prozent werden vom Schüler mitgebracht, wenn die der Poesie und Tiefe. Und András Schiff, mein alter Freund, überrascht, überzeugt und bezaubert mich immer wieder. Oder Arturo Studenten mit vielleicht zwanzig Jahren zu mir kommen. Als Lehrer Benedetti Michelangeli: sein „Gaspard de la nuit“ bleibt für mich bin ich ein väterlicher Begleiter und kein strenger Erzieher. Die früdas erfüllteste, poetischste, suggestivste Klavierspiel, das ich je hen Jahre im Leben eines Menschen geben die entscheidende Prägehört habe, und das selbst in der staubtrockenen Akustik des eins- gung, und wir verfeinern das dann. Die Studenten sollten auch die Literatur der Zeit studieren, um sich in den Zeitgeist des Kompotigen Kongresssaals im Deutschen Museum.“ Michelangeli, Lupu, auch die von Oppitz so verehrten Rumä- nisten zu versetzen und die kulturelle Realität vergangener Epochen nen Dinu Lipatti und Clara Haskil haben in der Öffentlichkeit ein zu erspüren. Es wäre viel vielseitigeres und intensiveres Studium generale als Basis erforderlich, als das viel schmaleres Repertoire präsentiert, heute irgendwo praktiziert wird.“ als sie beherrschten. Oppitz hingegen Wie ist seine neue CD? Und was ist Gerhard Oppitz’ tritt, wie auch András Schiff, in bunt Gerhard Oppitz’ Schubert-KlavierEthos als Aufführender? schillernder Vielseitigkeit auf, spielt Solozyklus bei dem Stuttgarter SWR„Zuerst spricht die Musik auch kaum Bekanntes wie die frühe Label Hänssler Classic ist mittlerweile zu mir, und das authentisch dem „Fantasie für Klavier und Orchesbei Vol. 9 angekommen, und wie stets Hörer weiterzugeben ist meine ter“ von Debussy, von der er sehr besticht Oppitz mit strahlkräftigem, Aufgabe. Ich beabsichtige, meine schwärmt, Vincent d’Indys „Tripeldunkel timbriertem Klang, klarer ProKonzentration unmittelbar auf die konzert“, Giuseppe Martuccis „2. portionierung und erwärmendem Ausdruck. SchuZuhörer zu übertragen. Bei entKlavierkonzert“ oder die monumenbert in der Tradition eines Wilhelm Kempff oder sprechendem Willen und Bestäntal fesselnde „2. Sonate“ vom japaClaudio Arrau aufgefasst, fern exaltierter Überdigkeit hat die Kraft der Vorstelnischen Altmeister Saburo Moroi, treibungen, nüchtern und mit großem Ernst lung eine unerklärliche Macht, die die er auf einer Hänssler-CD mit nur dargeboten. den Hörer an der Hand nimmt und japanischen Stücken eingespielt hat. „Franz Schubert, Piano Works Vol. 5“ Gerhard Oppitz (Hänssler Classic) suggestiv führt. Die Vorbereitung „Ich war immer schon sehr neugierig, braucht Reflexion, die Aufführung wollte immer alles kennen. Als ausgeTrack 7 auf der crescendo Abo-CD: Losgelöstheit.“ zeichneter Vom-Blatt-Spieler konnte „Adagio“ aus: „Klavierstücke D 459A“ n 29

Foto: Hänssler Classic

„In seinem Wesen ist der musikalische Prozess einmalig und nicht beliebig reproduzierbar, wie er scheinbar durch das abgelenkte Hören geworden ist“


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Newcomer

Das Piano als

Rivale

Danae Dörken wird von vielen Kritikern bereits in den Himmel gelobt. Unser Autor wollte sich ein eigenes Bild machen und wurde ebenfalls zum Fan – obwohl das Konzert in einem Autohaus stattfand. von rainer aschemeier

Koblenz, Dreikönigstag. Man mogelt sich an einer Luxuslimousine und einem Mittelklassewagen vorbei. Etwa 300 Plastikgartenstühle sind schon zu drei Vierteln besetzt, denn hier soll gleich Danae Dörken eine Matinee geben – jene Pianistin, die soeben eine ausgedehnte China-Tournee absolviert hat, als 10-Jährige Yehudi Menuhin begeisterte, von der Deutschen Stiftung Musikleben ausgewählt wurde, um für Bundespräsident Gauck zu konzertieren, und die im Juni 2013 beim äußerst renommierten Heimbacher Kammermusikfestival „Spannungen“ auftreten wird. Heute, hier in den Ausstellungsräumen einer Nobel-Automobilmarke, wird sie für den Katholischen Leseverein Koblenz spielen. Es ist eine Zeit der Kontraste für Danae Dörken. Bewundernswert, wie souverän sie damit umgeht. Das Konzert gerät zum großen Erfolg: Einige der 400 Gäste müssen stehen, weil die Gartenstühle nicht ausreichen. Und alle erleben ein großartiges Kammermusikprogramm, das Dörken zusammen mit dem Cellisten Benedict Klöckner und dessen Schwester, der Sopranistin Melanie Klöckner, auf die Bühne bringt. Nach dem Auftritt vergehen kaum 10 Minuten, und schon bittet Frau Dörken zum Gespräch. Der erste Eindruck: Überraschend klein und zierlich ist sie. Auf der Bühne wirkt das anders. Sie sagt, dass sie den riesigen Konzertflügel zunächst auch einschüchternd fand. Heute aber könne sie ihn „bändigen“. Das klingt nicht, als ob man über einen Freund redet. Betrachtet sie das Klavier etwa als 30

Rivalen? „Es ist beides“, sagt die junge Dame. „Ohne die Spannung zwischen Instrument und Künstler entsteht keine Emotion.“ Damit ist der auffälligste Aspekt von Dörkens Vortragskunst angesprochen: Kritiker überschlagen sich und ringen nach Worten, wenn die Sprache auf ihre Fähigkeit zum lyrischen Ausdruck kommt. Schon in diesen jungen Jahren ist sie eine Pianistin mit starker eigener Persönlichkeit. Sie ragt heraus aus der Masse – und das weniger durch technische Kabinettstückchen als vielmehr durch Tiefgang. Ihr Weg: Zehn Jahre lang war sie Schülerin des renommierten Klavierprofessors Karl-Heinz Kämmerling – bis zu dessen Tod. Heute wird sie von Starpianist Lars Vogt gecoacht. Da stellt sich die nächste Frage wie von selbst: Wie darf man sich eine Stunde bei Vogt vorstellen? „Meistens sind zwei Konzertflügel im Zimmer. Ich sitze an meinem und Lars Vogt ist... (sie überlegt) ...überall! Er dirigiert und läuft durchs Zimmer, sitzt mal an seinem Flügel, mal an meinem. Er ist ständig in Bewegung.“ Gut gefällt ihr das, sagt sie. Vielen erscheint die gebürtige Wuppertalerin nicht nur wegen ihrer pianistischen Qualitäten interessant. Es findet sich kaum ein Bericht, kaum ein Interview ohne einen mehr oder weniger geschmackvoll eingestreuten Hinweis auf das bestechende Aussehen der hübschen Frau. Als die Sprache darauf kommt, rollt Dörken mit den Augen. Also: ehrliche Antwort bitte, wie sehr nervt es? „Wenn überall sozusagen ‚lobend‘ erwähnt wird, wie gut ich auswww.crescendo.de

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Fotos: Martin Teschner

Junge Dame mit deutsch-griechischen Wurzeln: Danae Dörken (21).

sehe, finde ich das komisch. Es hat ja nichts mit der Musik zu tun Dörken überlegt: „Oft ist es wohl leider so. Ich kenne viele Pianisten, – also mit dem, wofür ich eigentlich auf der Bühne bin. Ich finde es die sind einfach total perfekt. Aber ihr Spiel berührt mich nicht. Ich irrelevant, bin mir aber darüber im Klaren, dass es in der heutigen kann damit nichts anfangen.“ Szene von Vorteil sein kann.“ Mit dieser selbstbewussten Einstellung geht die Künstlerin in Wer die Debüt-CD Dörkens mit Klaviermusik von Leoš das neue Jahr – mit einem besonderen Eintrag in ihrem TerminJanáček anhört, wird bestätigen, dass sie ihr „Optik-Ass“ nicht aus- kalender: „Ein Höhepunkt für mich wird 2013 das fünfte Beethozuspielen braucht. Ihr reif und eigenständig klingender Vortrag ven-Klavierkonzert sein, das ich bei den Bad Zwestener Meisterkonspricht für sich. zerten zum allerersten Mal live Aber: Ausgerechnet die hinmit der Philharmonie der Natitergründige Musik Janáčeks! Wie onen spielen werde. Eine große Wer ihre Debut-CD von Leoš Janáček kommt eine 21-Jährige dazu, sich Sache!“ Einen „Riesenspaß“ diese bodenlos melancholischen macht ihr nach eigener Aussage anhört, wird bestätigen, dass sie ihr Werke auszusuchen? Dörken: „Es auch die Kammermusik. Mit „Optik-Ass“ nicht auszuspielen braucht. ist merkwürdig, aber diese Musik dem Cellisten Benedict Klöckhat mich sofort in ihren Bann ner, der unter anderem schon gezogen. Es gab einige, die mir mit Gidon Kremer und Anneabgeraten und mir empfohlen haben, eher etwas Extrovertierteres, Sophie Mutter aufgetreten ist, und mit ihrer Schwester, der Pianistin Virtuoses aufzunehmen. Einfach, damit man gleich beim Debüt Kiveli Dörken, möchte sie in diesem Jahr gern öfter zusammenarzeigt, was man so alles kann. Ich aber war davon überzeugt, dass beiten. Janáček genau die richtige Wahl für mich ist.“ Kleiner Szenenwechsel: Das Interview ist beendet. Wir treten In einer Zeit, in der Technik alles zu sein scheint, behauptet aus dem Büroraum, in dem am Tag zuvor noch Auto-Kaufverträge sich hier eine Künstlerin, die auf Persönlichkeit setzt: „Heute geht unterzeichnet worden sind. „Jetzt geht’s zum Essen!“, freut sich die es in hohem Maß um Perfektion. Ich glaube, früher war das weniger Musikerin. In einem Punkt unterscheiden sich Pianistinnen scheinstark ausgeprägt. Höre ich ältere Aufnahmen, habe ich häufig das bar nicht von Hochleistungssportlern: „Am Abend vor einem KonGefühl, dass es den Interpreten da noch ernsthaft um etwas ging, zert und direkt danach gibt es für mich nur einen Gedanken: Kohetwa um die Frage: ‚Was mache ich aus diesem Stück?‘. Zugunsten lenhydrate!“ Sie mischt sich unters Publikum und stellt sich brav der Interpretation wurde dann auch mal ein Spielfehler auf der Auf- beim Büffet an. Ein paar Tage später wird sie in der prunkvollen nahme behalten. Heute ist das fast undenkbar. Das finde ich sehr Hamburger Laeiszhalle hofiert werden. schade.“ Kontraste – sie sind im Leben Danae Dörkens Eine beachtliche Aussage aus dem Mund einer Künstlerin, zurzeit allgegenwärtig. n deren Paradestück auf der Bühne die technisch anspruchsvolle RigoLeos Janáček: „Pianoworks“ Danae Dörken (Ars Produktion) letto-Paraphrase von Franz Liszt ist, die sie in atemberaubender PerTrack 3 auf der crescendo Abo-CD: „Unsere Abende“ aus: fektion darzubieten versteht. Geht Technik heute vor Persönlichkeit? „Auf verwachsenem Pfade I“

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p e r s o n a l i e n

Sir Simon Rattle

Foto: Stephan Rabold

Rundfunks. In der Begründung der Auszeichnung heißt es, Jansons sei eine „der herausragenden Dirigentenpersönlichkeiten unserer Zeit“, die „bei allem Pultmagiertum und Genie fernab jeder Starallüre“ seine Ehrlichkeit nie preisgegeben habe und stets am Wesentlichen, dem „TiefMenschlichen der Kunst“ festgehalten habe.

Im Jahr 2018 wird Sir Simon Rattle 16 Jahre lang Chefdirigent der Berliner Philharmoniker gewesen sein. Für ihn Grund genug, seinen Vertrag nicht zu verlängern, das gab er nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ bekannt. Rattle feiert 2018 seinen 64. Geburtstag, und nach eigenen Angaben könne er als „Liverpudlian“ diesen Ehrentag nicht begehen, ohne sich – frei nach den Beatles – zu fragen: „Will you still need me, when I’m 64?“ – „Aber natürlich“, werden seine Anhänger womöglich laut ausrufen mögen, doch der Maestro hat seine Entscheidung fest getroffen: „Ich liebe das Orchester. [...] Ich bin mir sicher, dass es dann an der Zeit ist, dass jemand anderes die große und großartige Herausforderung übernehmen sollte, die Berliner Philharmoniker heißt“, so Rattle weiter. Fünf Jahre werden Philharmoniker-Intendant Martin

Hoffmann und sein Team nun Zeit haben, die großen Fußspuren Rattles neu zu besetzen – bis zu seinem Abschied sind freilich noch einige eindrucksvolle Konzerte geplant.

Ma riss Janso ns Kann es ein schöneres Geburtstagsgeschenk geben? Pünktlich zu seinem 70. erhält Dirigent Mariss Jansons den Ernst von Siemens Musikpreis. Jansons ist nach Herbert von Karajan, Leonard Bernstein, Claudio Abbado, Nikolaus Harnoncourt, Daniel Barenboim und Michael Gielen bereits der siebte Dirigent, der mit der Auszeichnung, die als der „Nobelpreis der Musik“ gilt und mit 250.000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet wird. Derzeit leitet Mariss Jansons als Chefdirigent zwei Orchester von Weltrang: das Concertgebouw Orchester und seit 2003 das Symphonieorchester des Bayerischen

Foto: HfMTM Hannover

Simon Rattle

L ars Vog t Der Pianist Lars Vogt hat den Ruf auf eine Professur für Klavier an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover angenommen. Der 32-Jährige tritt damit in die Fußstapfen von Karl-Heinz Kämmerling, seines im Juni 2012 verstorbenen Lehrers. „Nach vielen Jahren der engen Verbindung mit der HfMTM, speziell über meine

Zusammenarbeit und später auch tiefe Freundschaft mit meinem so hochgeschätzten und geliebten Lehrer Karl-Heinz Kämmerling, ist es für mich eine große Ehre und Freude, nun an dieser renommierten Institution zu lehren“, sagte Vogt.

G e s t o r b e n

Ga li na Wischnews kaja

14. Sinfonie für sie. Die Oper „Galina“ des Franzosen Marcel Landowski ist ebenfalls für die Russin entstanden. Galina Wischnewskaja starb im Dezember im Alter von 86 Jahren in Moskau. Erst 1990, nach der politischen Wende, hatte sie in Russland wieder auftreten dürfen.

Sie war die erste russische Operndiva, die es zu Weltruhm brachte. Ihre glanzvolle Sopranstimme brachte ihr zeitlebens den Beinamen „Maria Callas der Sowjetunion“ ein – und das, obwohl sie und ihr dritter Mann, der bekannte Cellist Mstislaw Rostropowitsch, bewusst gegen den Kommunismus kämpften. „Die Kleine wird eines Tages meine Arabella Ihren Durchbruch feierte Wischnewskaja sein“, schwärmte Komponist Richard Strauss, in den Fünfzigerjahren am berühmten als er Lisa della Casa singen hörte. Er behielt Bolschoi-Theater. Ihre Karriere führte sie recht: Nach ihrem Strauss-Debüt bei den schließlich aber auch an die MetropoliSalzburger Festspielen 1947 machte sie sich tan Opera New York und an die Mailänder besonders als Strauss- und MozartsängeScala. Einige Komponisten des 20. Jahrhunrin einen Namen. Fans bezeichneten sie gar derts waren von der Diva dermaßen angetan, als ihre „Arabellissima“. Della Casa starb dass sie ihr ganze Werke widmeten: Benjaim Dezember mit 93 Jahren in Münsterlinmin Britten bedachte sie mit dem Soprangen am Bodensee. Die Schweizerin hatte in Part des „War Requiem“, Dmitrij Schostaden vergangenen Jahren zurückgezogen in kowitsch schrieb die Sopranstimme seiner einem Schloss in Gottlieben gelebt.

Foto: Capitol Records Inc.

Lisa della Casa

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hören & sehen •

Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Plus: Attila Csampai über seine neuen Favoriten (Seite 34) Living Stereo: Rubinstein und Co zum Schnäppchenpreis.

Jazz

Lisa Bassenge

Auf Wolke 8 Hinter Wolke 7 liegt noch eine! Es ist eine noch schönere, lustigere, erwachsenere und gleichzeitig kindertauglichere, jazzverliebte und trotzdem poppige Gesangswolke mit dem schlichten Namen Wolke 8. Lisa Bassenge hat sie entdeckt, und gemeinsam mit ihren beiden begnadeten Co-Produzenten, ihrer bestens ausgerüsteten Band und ihrem Co-Autoren Thomas Melle zeigt sie uns auf ihrem neuen Album, was für Schätze man auf dieser Wolke heben kann. Man möchte das Album seinen besten Freundinnen vorsingen, mindestens jede zweite Textzeile zitieren – von „Lass die Schweinehunde heulen“ über „Dummes Herz“ bis zu poetischen Balladen wie „Staub im Regal“. Immer schon neugierig wie umtriebig, stimmlich einzigartig wie musikalisch originell, hat Lisa Bassenge mit diesem Album ihr Meisterstück aufgelegt. Große Klasse! gb

Foto: Jürgen Schabes

„Wolke 8“ Lisa Bassenge (Minor Music)

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Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai

Eine klingende Weltreise Das Jahr 2013 beginnt mit andalusischen Nächten, einer russischen Kinderstube, Dvořák in Kuala Lumpur und Wagner auf der Schiffsorgel.

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eine Sprache versteht man durch die ganze Welt“, soll der alte Haydn zu Mozart gesagt haben, als der befürchtete, Haydn könne sich im fernen London nicht verständigen. Und tatsächlich ist Musik, und vor allem große, die Weltsprache schlechthin, deren Botschaft jeder versteht, der dafür empfänglich ist – selbst da, wo sie ein fremdes Idiom emotional ausleuchtet. Modest Mussorgsky: „Kinderstube“ Elisabeth Kulman, Kirill Gerstein (Preiser Records)

Man muss also nicht unbedingt des Russischen mächtig sein, um sich anstecken zu lassen von der Intimität, dem psychologischen Raffinement, der ganz eigenständigen Fantasiewelt und dem Zauber, den Modest Mussorgsky, selbst ewig das „enfant terrible“ der russischen Musikszene, in seinem Liedzyklus „Kinderstube“ auf engstem Raum eingefangen hat. Diese sieben Miniaturen bergen die Essenz seiner revolutionären musikalischen Ästhetik, und sie sind zugleich die schönste, liebevollste Manifestation einer von der Erwachsenenwelt losgelösten eigenen Lebenswirklichkeit. Österreichs Mezzo-Star Elisabeth Kulman hat diese entzückenden Mini-Szenen jetzt mit dem russischen Pianisten Kirill Gerstein neu interpretiert und wie schon auf ihrer ersten Mussorgsky-CD mit unwiderstehlicher Intensität und fesselnder gestalterischer Souveränität eine neue Referenzmarke gesetzt. Doch damit nicht genug. Auf der freien Rückseite dieser Charity-Edition (für die St. Anna Kinderkrebsforschung) haben sich tausend Wiener Schulkinder künstlerisch verewigt. Das heißt, jeder Käufer dieser CD erhält ein Unikat und spendet für einen guten Zweck: Eine überzeugendere Aktualisierung der humanen Botschaft dieser Musik lässt sich kaum vorstellen. Ludwig van Beethoven: „Klavierkonzerte Nr. 2 B-dur & Nr. 4 G-dur“ Ingrid Jacoby, Sinfonia Varsovia, Jacek Kaspszyk (ICA Classics)

Hohe gestalterische Kompetenz verrät auch die neue CD der in London lebenden amerikanischen Pianistin Ingrid Jacoby. Mit der hellwa34

chen Sinfonia Varsovia unter Jacek Kaspszyk hat sie Beethovens Klavierkonzerte Nr. 2 und Nr. 4 so fulminant, so intelligent und energisch wiederbelebt, dass da alle prominenten Konkurrenten im Nu verblassen. Ihre Beethoven-Kompetenz hat historische Wurzeln, stammt sie doch in direkter Linie von dem Preußenprinzen Louis Ferdinand ab, dem Beethoven sein drittes Konzert widmete. Jacobys Ansatz ist aufklärerisch und empfindsam zugleich: Es gelingt ihr, den strukturellen Kontext von innen heraus zu beleben, und so auch den emotionalen Subtext beider Werke zum Leuchten zu bringen, so dass der in Klang gehüllte Menschheitsappell Beethovens spürbar wird. Diese Pianistin verfügt über geheimes Wissen. Jenny Lin: „Get happy - Virtuoso show tunes for piano“ Jenny Lin (Steinway & Sons)

Der künstlerische Weg der Pianistin Jenny Lin führte von Taiwan über Wien ins weltoffene New York, wo sie durch ihre extravaganten Programme schnell Karriere machte. Jetzt hat sie ein ganzes Album mit berühmten Broadway-Songs bestückt: Alle großen Songwriter von Gershwin, über Porter, Berlin, Rodgers bis Sondheim sind vertreten und bieten den thematischen Grundstoff für hochvirtuose Klavierarrangements aus der Feder von zwölf renommierten Virtuosen, die Jenny Lin teilweise neu beauftragt hat, so auch Marc-André Hamelin (mit Raskins „Laura“) oder Greg Anderson (mit Porters „So in love“). Zu den Höhepunkten zählen Earls Wilds unspielbare „Virtuoso Etudes after Gershwin“ oder die unglaublich komplexe Bearbeitung eines Rodgers-Songs durch den Incognito-Jazzer Alexis Weissenberg (der als „Mr. Nobody“ in Paris einige Jazztitel aufnahm). Jenny Lin meistert diese „Tour de force“ mit leichter, klarer Hand und tänzerischer Anmut und verliert nie den Blick für das Wesentliche – die wärmende melodische Linie. Antonin Dvořák: „Sinfonie Nr. 9 e-moll“, „Tschechische Suite“, „Mein Heim“ Malaysian Philharmonic Orchestra, Claus Peter Flor (BIS) Track 1 auf der crescendo Abo-CD: „Allegro con fuoco“ aus der „Sinfonie Nr. 9“

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Impressum Und wie klingt Dvořák in Kuala Lumpur? Leidenschaftlich, glühend, überwältigend. Die besondere Affinität des 1998 gegründeten Malaysian Philharmonic Orchestra (MPO) für tschechische Musik verdankt sich auch dem derzeitigen Chefdirigenten Claus Peter Flor, einem in der DDR ausgebildeten Masur-Schüler. Nach zwei großartigen, ausdrucksstarken Einspielungen der Sinfonien Nr. 7 und Nr. 8 hat der gebürtige Leipziger jetzt im neuen Petronas-Konzertsaal auch die populäre Neunte aufgenommen, und wieder glänzt der bunt zusammengewürfelte malaysische Klangkörper durch seine verblüffend hohe Spielkultur und durch seine „authentischen“ böhmisch-kernigen Tonfälle, die mit Leidenschaft und Schärfe den ins Welthafte gesteigerten Charakter dieses späten Meisterwerks beschwören: Auf der sinfonischen Weltkarte gibt es also eine neue leuchtende Metropole. Manuel de Falla: „Nächte in Spanischen Gärten“, „Der Dreispitz“ u.a. Concerts Lamoureux, Igor Markevitch, Teresa Berganza, Orchestre de la Suisse Romande, Ernest Ansermet (Praga Digitals)

Meine historische Empfehlung gilt dem Vater der spanischen Moderne, Manuel de Falla und zwei legendären Aufnahmen bedeutender Werke, die jetzt auf einer hervorragend restaurierten Stereo-SACD wieder aufgelegt worden sind: 1961 dirigierte Ernest Ansermet in London eine Modell-Einspielung des „Dreispitz“-Balletts in audiophiler Klangqualität. Diese farbenfrohe, rhythmisch prägnante Interpretation des damals 77-Jährigen mit dem Orchestre de la Suisse Romande und der jungen Teresa Berganza ist bis heute der Maßstab geblieben: Hatte er doch selber 42 Jahre zuvor, 1919, die Londoner Premiere des Balletts für Diaghilevs Truppe geleitet, mit Léonide Massine in der Titelrolle und in Picassos Bühnenbildern. Die heitere Dreiecksgeschichte um den verliebten Corregidor und die schöne Müllerin inspirierte de Falla zu einer einzigartigen Revue altspanischer Tänze, fernab aller Postkarten-Folklore. Und als Zugabe gibt es die im Oktober 1960 produzierte Kultaufnahme der „Nächte in spanischen Gärten“ mit Clara Haskil als Klaviersolistin und Igor Markevitch am Pult des Lamoureux-Orchesters. Nur wenige Wochen später starb die große rumänische Pianistin an den Folgen eines tragischen Unfalls. „The BritaNnic Organ Vol. 5 – Wagner on Welte“ Diverse Organisten (Oehms Classics)

Und zur festlichen Einstimmung aufs WagnerJahr empfehle ich noch eine extravagante Kompilation von Wagner-Hits auf der Orgel: In der aktuellen Folge 5 der CD-Edition „The Britannic Organ“, die die reichen Bestände historischer Musikrollen des Schweizerischen „Museums für Musikautomaten“ akustisch wieder zum Leben erweckt, hat Museumsdirektor Christoph Hänggi ein 150-minütiges Wagner-Programm mit Rollen-Aufnahmen aus den Jahren 1913–1925 zusammengestellt, das von großen Organisten der Zeit für die berühmten Welte-Philharmonie-Orgeln eingespielt wurde. Sein Museum in Seewen beherbergt heute die prächtigste jener riesigen Automatenorgeln, die vor hundert Jahren sogar in das Schwesterschiff der „Titanic“, die „Britannic“ eingebaut werden sollte, um das feine Publikum des Luxusliners gepflegt zu unterhalten. Und so gewährt uns die elegische Auswahl nicht nur authentische Einblicke in die spätromantische Wagner-Rezeption, sondern vermittelt auch die religiös angehauchte Andachtshaltung, die man Wagner schon damals entgegenbrachte: Der metaphysische Zauber von Orgelklängen verwandelt Wagners Musik dann vollends in eine Art kultischer Handlung. Das dürfte selbst Wagner-Skeptiker beeindrucken. n

Verlag Port Media GmbH, Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Chefredakteur Robert Kittel (RK, verantwortlich)

Art director Stefan Steitz

REdaktion Anna Novák (AN)

schlussREdaktion Edigna Hackelsberger

Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón ­Raphael (TPR), Christoph Schlüren (CS)

Kolumnisten Pascal Morché, Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod

Mitarbeiter dieser Ausgabe Martin Morgenstern (MM), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Klaus Härtel (HÄ), Malve Gradinger (GRA), Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Clemens Matuschek (CM), Rainer Aschemeier, Julia Hartel, Johanna Härtel (JH), Maximilian Stössel (STÖ), Klaus Mergel, Henry C. Brinker, Torsten Kollmer & Bob Coat.

Projektleitung plus regional Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Marke: Dirk Struwe | d.struwe@crescendo.de Verlage: Hans-Peter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Anna Hermann | hermann@crescendo.de

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Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 49,90 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2012) Versand ins Europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,- Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 70.127 (laut IVW-Meldung 4/2012) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält (Teil-)Beilagen von Theatersommer Goethe-Theater Bad Lauchstädt, RSD Reiseservice, Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG)

Das nächste crescendo erscheint Am 15.03.2013

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Foto: Mila Pavan

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Orlando di ­Lasso: „Hymnus“ Die Singphoniker (cpo)

Die Singphoniker

Wie warmbuntes Licht „Audi!“ – voll weicher Fulminanz leuchtet schon das erste gesungene Wort im Klangfarbenspiel der Sänger, spannt sich wohlklingend auf in weiten kontrapunktischen Bögen. „Höre!“ – das fromme Flehen um Gebetserhörung klingt dabei wie warmbuntes Licht, das durch prächtige Kirchenfenster strömt. Die Singphoniker aus München präsentieren auf ihrem neuen Album „Hymnus“ geistliche Musik von Orlando di Lasso (1532 – 1594), der lange Jahre als Hofkapellmeister in der Heimatstadt des Vokalensembles wirkte. Die vier- bis sechsstimmigen

Savall, Koopman, Maurette

Motetten und Hymnen sind musikalisch und textlich wohl durchdacht zusammengestellt. Orlando di Lasso deutet in seinen kontrapunktischen Geflechten immer wieder kunstvoll und hochdifferenziert die geistlichen Textvorlagen, unterstreicht durch rhythmische und harmonische Akzente zentrale Begriffe. Feinsinng herausgearbeitet, lupenrein intoniert und klangschön machen die Singphoniker diese Musik zu einem Hörerlebnis. Jedem Orlando-di-Lasso-Fan – und auch allen anderen – möchte man da nur empfehlen: „Audi!“ STÖ

Alte Musik

Dominique Visse

In Brokat und Seide

Leise Verzweiflung

Nach und nach erscheinen bei Jordi Savalls Edel-Label AliaVox sämtliche seiner klassischen Aufnahmen für Astrée (heute Naïve), und die vorliegenden Suiten Nr. 1 und 3 aus Jean-Philippe Rameaus Pièces de violes von 1728 waren tatsächlich das Debüt der legendären Astrée. Das luxuriöse Booklet beinhaltet denn auch eine ausführliche Schilderung des damaligen Produzenten Michel Bernstein. Savall spielt 1975 im Trio mit Ton Koopman (Clavecin) und Ariane Maurette (Bassgambe), und diese Pioniertat verzaubert mit äußerst getragenen Tempi, wie sie heute kaum noch irgendwo anzutreffen sind, und einer prachtvollen Tonentfaltung, die zugleich das Fragile nicht vermissen lässt. Die Musik erstrahlt vielfarbig dunkel getönt in Brokat- und Seidengewändern, und die geringe kadenzierende Stringenz wird durch improvisatorische Elastizität kompensiert. Höhepunkte: die langsamen Sätze, allen voran Pompe funèbre. CS

Zugegeben: Die englische Sprache ist nicht gerade Dominique Visses Stärke. Seine Diktion ist dermaßen französisch gefärbt, dass man sich beim Hören laufend fragen muss: Ist das charmant oder störend? Letztlich muss das jeder Hörer selbst entscheiden. Sieht man über die Aussprache-Eigenheiten dieses Albums hinweg, ist die Aufnahme siebzehn dramaturgisch passend ausgewählter Dowland-Lieder, gut gelungen. Visses zarter und leicht ansprechender Countertenor eignet sich gut für John Dowlands Musik, die oft kokett, mal tragisch, leise verzweifelnd, trauernd, nicht selten fein und intim, dann wieder überschwänglich und fordernd ist. Die kleinen Geschichten des Lebens und der Liebe, die der Renaissance-Komponist so ansprechend zu vertonen wusste, sind ein Lied-Repertoire, was man – generell und in ansprechenden Interpretationen wie dieser sowieso – rauf und runter hören kann. AN

Francois Couperin: „Pieces de violes - 1728“ Jordi Savall, Ton Koopman, Ariane Maurette (AliaVox) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Prelude“ aus der„Première Suite“ 36

„John Dowland: Tunes of sad despaire“ Dominique Visse (Satirino)

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Solo Tobias Koch

Olga Pasichnyk

Die Entdeckung des verlorenen Klangs

Klingendes Liebesgeheimnis?

Tobias Koch ist ein Virtuose auf historischen Tasteninstrumenten. Nun widmet er sich Frédéric Chopin, Ferdinand Hiller und Franz Liszt, die in Paris Freunde wurden. Der heutzutage fast unbekannte Deutsche Ferdinand Hiller stand dort gemeinsam mit Liszt und Chopin als gleichrangiger Künstler und musikalischer Partner im Rampenlicht. So verwundert es nicht, dass seine Werke im Zentrum dieser Aufnahme stehen, darunter auch das Impromptu „Zur Guitarre“, das Clara Schumann bevorzugt als Zugabe spielte. Mit den „Ghazeles op. 54“ übertrug Hiller eine arabische Gedichtform auf das Klavier, und die brillanten „Mésurees variées“ erinnern an die „Variations sérieuses“ von Mendelssohn. Umrahmt werden die Werke von drei Chopin-Nocturnes und von Liszts „Apparitions“ und „Harmonies poétiques et religieuses“. Koch spielt auf einem Pariser Erard-Flügel von 1842 – Symbol für Chopin, Hiller und Liszt, die vielfach auf ErardFlügeln konzertierten. MNN

„Trois amis à Paris: Chopin, Hiller, Liszt“ Tobias Koch (Geniun) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Andante espressivo“ aus: „Rhythmische Studien op. 52“ von Hiller

Wolfgang Amadeus Mozart: „Bella mia fiamma. Konzertarien“ Olga Pasichnyk, NFM Wrocław Baroque Orchestra, Jarosław Thiel (CD accord) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Chi sà, chi sà qual sia“ Andy Miles & Dirk Schultheis

Daniel Müller-Schott

Missverständnis mit Klarinetten

In Slawas Fußstapfen Er ist fraglos einer der bedeutendsten Cellisten aller Zeiten: Mstislaw Rostropowitsch. Zu den weit über 100 Werken, die ihm die größten Komponisten auf die schier unfehlbaren Finger schrieben, zählen auch zwei ungewöhnliche und daher selten zu hörende Konzertstücke: Prokofjews „Symphonisches Konzert“ und Brittens „Cello-Symphonie“. Diese Titel mögen eine gewisse Ausgeglichenheit zwischen Solo und Tutti suggerieren; doch gehen beide in ihrem technischen Anspruch und Show-Effekt locker als Cellokonzerte der Kategorie „extradicker Brocken“ durch. Nun hat Daniel Müller-Schott, einer der Begnadetsten der an Überfliegern wahrlich nicht armen jüngeren Cello-Fraktion, die beiden Exoten auf einer CD vereint. Und wie! Kraftvoll strömt sein Ton; seine Phrasen sind intelligent modelliert. Der Vergleich mit dem Original verrät, was Müller-Schott einst im Unterricht von „Slawa“ gelernt hat – und dass er sich endgültig anschickt, dessen musikalische Fußstapfen auszufüllen. CM

„Britten, Prokofiev: Cello Symphonies“ Daniel-MüllerSchott, WDR Sinfonieorchester, JukkaPekka Saraste (Orfeo)

Diese feine CD bietet acht Konzertarien von Wolfgang Amadeus Mozart auf. Solche „Kofferarien“ genannten Einschübsel zogen reisende Gesangssternchen sozusagen aus ihrem Gepäck, sie wurden – um Probenzeit zu sparen, aber eben auch, weil sie vom Komponisten auf die sängerischen Talente der Widmungsträgerin hin optimiert waren – geschickt in das jeweils vor Ort aufgeführte Opernrepertoire eingestrickt. Ein ganz besonderer Diamant ist darunter: „Ch‘io mi scordi di te?“, also: „Dass ich dich vergessen sollte?“ Mozart schrieb die Arie für das Abschiedskonzert seiner ersten „Susanna“, Nancy Storace. Der Clou: die Komposition ist ein kaum verhülltes Liebesspiel zwischen der Sängerin (zauberhaft: Olga Pasichnyk) und einem Soloklavier; am Instrument saß natürlich: der Komponist. Das Wrocławer Barockorchester begleitet ganz anmutig; schade nur, dass das verwendete Soloinstrument übel verstimmt ist. MM

Schöne Musik, zweifellos. Aber muss denn alles nahezu gleich klingen? Mozart, Mendelssohn, Rossini, Ponchielli? Andy Miles und Dirk Schultheis, beide Klarinettisten des WDR Rundfunkorchesters, sind mit ihren Kölner Orchesterkollegen mit Werken für zwei Klarinetten bzw. Bassetthorn in Aufnahmen der Jahre 1999 bis 2009 zu hören. Beide sicherlich exzellente Musiker, technisch souverän auf ihren Instrumenten, und doch ist ihr vollmundiger, anschmiegsamer Ton im Klangbett des stilistischen Gleichmaßes des von Helmuth Froschauer geleiteten Klangkörpers ohne Brillanz. Die kammermusikalische Klarheit und der kecke Witz in Mendelssohns beiden Konzertstücken fehlt ebenso wie das überschäumende Sprudeln der Stimmen im bieder dirigierten Rossini. Man höre nur den mit „ Allegro grazioso” überschriebenen Satz Mendelssohns, der zu dick, zu undifferenziert und ohne jegliche Leichtigkeit daherkommt. Das titelgebende Arrangement von Ponchiellis „ Divertimento” mag da mit seinem romantischen Klangbild noch am gelungensten sein. US

Daniel Müller-Schott (Foto: Christine Schneider)

„il convegno. Mendelssohn, Mozart, Rossini, Ponchielli“ Andy Miles, Dirk Schultheis (telos music) Track 2 auf der crescendo AboCD: „Allegro“ aus „Il convegno“ von Ponchielli 37


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Sergiu Celibidache

Ekstase und Clarté

der Gesamtgestaltung, der Abstimmung und im Wechselspiel der Gruppen – aber das war überall so, wo Celibidache hinkam. Der gestaltende Grundzug ist derselbe wie in seinen späteren Stuttgarter und Münchner Konzerten, freilich jugendlicher, dramaturgisch gestraffter, und dabei von erfüllender Kantabilität, sozusagen als glückliche Kreuzung deutscher Ekstase und romanischer Clarté. Ein Dokument zeitloser Größe. CS

Track 11 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio. Allegro non troppo ma con brio“

Foto: Andreas Balon

Johannes Brahms: „Symphony No. 1“ Wiener Symphoniker, Sergiu Celibidache (Wiener Symphoniker)

Insgesamt vier Konzertprogramme leitete Sergiu Celibidache zwischen 1949 und 1955 bei den Wiener Symphonikern, und glücklicherweise wurde das Konzert vom 30. Oktober 1952 aufgezeichnet, woraus nun Johannes Brahms 1. Sinfonie als erster historischer Beitrag auf dem orchestereigenen Label erschienen ist (hoffentlich folgen noch die Stücke vor der Pause: Liszts Les Préludes und Ravels Konzert für die linke Hand mit Casadesus). Offen gestanden habe ich die Wiener Sinfoniker noch nie so hochklassig gehört: in

Orchester

Irnberger & Moser

Jan Willem de Vriend

Tomasz Stanko

Errettung nötig?

Auf Augenhöhe

Wisława

„Uns ist es ein echtes Anliegen zu untermauern, dass es sehr wohl Werke von Komponistinnen gibt, die mit dem Schaffen ihrer männlichen Kollegen problemlos mithalten können.“ So beginnt der Booklettext einer CD, die Kompositionen von Ethel Smyth, Louise Farrenc, Pauline Viardot-Garcia und Lili Boulanger enthält. Deren heldenhafte Erretter sind Thomas Albertus Irnberger (Violine) und Barbara Moser (Klavier). Man darf sich wundern, gehören die vier genannten Komponistinnen doch discographisch und musikwissenschaftlich längst zu den etablierten Vertreter(inne)n der Zunft. Die vorgestellten Sonaten und Piecen spielen Moser und Irnberger dann auch leider etwas zu wenig romantisch beseelt, mehr als Salonmusik denn als große Entdeckungen. Letzteres sind sie freilich auch nicht, denn jede der genannten Komponistinnen hat Bedeutenderes geschaffen als die netten Kammermusikstücke der Auswahl. Vielleicht ist das Geschlecht des Künstlers ja doch kein Kriterium? Wenigstens im 21. Jahrhundert. US

Wer wie Mendelssohn um 1830/40 seine Sinfonien schrieb, hatte es schwer: Folgenreich wirkte Beethovens Vermächtnis nach. Das Publikum des 19. Jh. hielt es für fast unmöglich, dass es je wieder einen anderen universalgültigen Sinfoniker geben könnte. Jan Willem de Vriend – jener Dirigent, der ausgerechnet mit Beethoven-Sinfonien für Furore gesorgt hat – zeigt uns mit der ersten Folge seines neuen Mendelssohn-Zyklus, dass wir das heute differenzierter sehen müssen. De Vriend tauchte wieder tief in die Originalquellen des 19. Jh. ab, studierte gar die historischen Fingersätze der Gewandhausmusiker! Das Ergebnis ist erneut sensationell – auch dank des vorzüglichen Netherlands Symphony Orchestra und bester Gesangssolisten. Die „Lobgesang“-Sinfonie erklingt hier in atemberaubender Pracht. Sie zeigt Mendelssohn auf Augenhöhe – mit Beethoven? Vielleicht. Mit den Sinfonikern seiner Zeit? Unbedingt! RA

Vier Jahre nach dem der polnische Jazztrompeter und Komponist Tomasz Stanko nach New York zog, ist er dort anscheinend richtig angekommen. Mit seinem jungen „New York Quartet“ mit dem kubanischen Pianisten David Virelles, dem Bassisten Thomas Morgan und Drummer Gerald Cleaver spielt er eine derart kraftvolle und sensible Jazzmusik, dass man ständig an die Binsenweisheit „In der Ruhe liegt die Kraft“ denken muss. „Nach einer Aufnahme fühle ich mich immer so leicht, so leicht wie ... eine Blume“, sagt Stanko in einem kurzen Film zu dieser Produktion und verrät, dass der Albumtitel auch die Inspiration birgt: Es waren die Gedichte der Nobelpreisträgerin Wisława Szymborska, mit der Stanko schon vor geraumer Zeit zusammengearbeitet hatte, die ihn „inspiriert und ihm die Kraft gegeben haben, dieses neue New York Album aufzunehmen“. Die Ballade „Wislawa“ beginnt und beschließt diese gut einhundert Minuten nagelneuer Musik auf zwei CDs – ein Tribut an die Stadt, in der der Jazz von Charlie Parker und Miles Davis geboren wurde, wie Stanko sagt. Aber weit mehr als nur eine Nachlassverwaltung. So kann Jazz leben! GB

„Den Männern ebenbürtig. Smyth, Farrenc, Viardot-Garcia, Boulanger“ Thomas Albertus Irnberger, Barbara Moser (Gramola) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Tarantelle“ aus „Six morceaux“ von Viardot-Garcia 38

Felix Mendelssohn Bartholdy: „Sinfonie Nr. 2 ‘Lobgesang’“ The Netherlands Symphony Orchestra, Consensus Vocalis, Jan Willem de Vriend Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Sinfonia. Allegretto un poco agitato“

Jazz

„Wislawa“ Tomasz Stanko, New York Quartet (ECM) www.crescendo.de

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Rodion Shchedrin

h ö r e n & s e h e n

Die Dokumentation von WOLF SEESEMANN über den preisgekrönten russischen Komponisten RODION SHCHEDRIN.

Jazz

Archivmaterial, Live-Mitschnitte und zahlreiche Interviews mit Musikern wie Martha Agerich, Valery Gergiev, oder Lorin Maazel bieten einen faszinierenden Einblick in das Leben und die Arbeit des Mitglieds der Berliner Akademie der Künste und international gefeierten Musikers Shchedrin.

Foto: Taavetti Alin

101663 RODION SHCHEDRIN

„Finding the Way“ Maratone Quintet (Prophone)

Maratone Quintet

Finde den Weg! Der „nordische Sound“ ist ein Mythos. Dass er sich ausgerechnet durch viele der Veröffentlichungen von ECM am Leben hält, dessen Produzent Manfred Eicher sich beharrlich dagegen sträubt, dass sein Label überhaupt einen Sound hätte, spricht Bände. Dennoch: Sobald eine Band aus skandinavischen Regionen kommt, meinen Viele, den Klang der Fjorde zu vernehmen. So auch beim Maratone Quintet, das 2004 in Helsinki gegründet wurde und seitdem ab und zu in Finnland unterwegs ist und 2010 sogar auf Festivals in Spanien und Norwegen spielte. Auf ihrem zweiten Album „Finding The Way“ zeigen die fünf Finnen, wie gut sie komponieren und spielen: Handfeste Improvisationen des Trompeters Martti Vesala und des Gitarristen Markus Tiiro, die auch die meisten der Eigenkompositionen beisteuern, dominieren den hard-boppenden Modern Jazz des Ensembles. Besonders schön zu hören in dem Titelstück, dem Kenny-Wheeler-Tribut „Wheels For Ken“ oder in „Undercurrent“, vielleicht dem spannendsten Stück dieses Albums. Dessen titelgebende Unterströmung könnte wohl auch in einem Fjord vorkommen. Aber auch in jedem anderen Gewässer vom Hudson bis zum Rhein. Selten klang Internationalität so beliebig. GB Schindl, Gröbner, Trisko, Philipp

Perkussiver Gershwin Jazz und Klassik zu kombinieren, vielleicht sogar zu vereinen, ist nach wie vor ein gern gewagtes Experiment. Schade eigentlich, wo es doch so selten gelingt. Auf Anhieb fallen diesem Rezensenten neben den wenigen Ausnahmen, die die Regel bestätigen (etwa Ellington und Strayhorns „Peer Gynt Suite“), nur Negativbeispiele ein. „George Gershwins Tragödie war nicht, dass er es nicht geschafft hat, die Genregrenzen zu überwinden“, meinte Leonard Bernstein einmal über den Autoren der Werke auf dieser CD, die sich bewusst aus dem Jazz als „amerikanischer Folk-Music“ bedienten. „Sondern eher, dass er es tat und dass er, sobald er in seiner neuen Umgebung angekommen war, nicht die Chance bekam, in dieser neuen Muttererde Wurzeln zu schlagen.“ An anderer Stelle meinte Bernstein, Gershwin sei „der vielleicht inspirierteste Melodienschreiber seit Tschaikowski“, aber wenn es ums Komponieren gehe, sei das ein ganz anderes Thema. Dieses Dilemma können auch die beiden Pianistinnen Johanna Gröbner und Veronika Trisko, Preisträgerinnen des ARD-Klavierduowettbewerbs 2010, gemeinsam mit Friedrich Philipp-Pesendorfer (alias Flip Philipp) und Thomas Schindl, den beiden Schlagwerkern der Wiener Symphoniker, nicht überwinden. So virtuos die Vier auch musizieren, das Ergebnis klingt bestenfalls nach Frühstücksfernsehklassik und im schlimmsten Fall nach gehobener Zirkusmusik. GB

Ebenfalls erhältlich: 101477: RODION SHCHEDRIN DIE MÖWE - BALLETT IN ZWEI AKTEN

„Piano meets percussion. Gershwin“ Schindl, Gröbner, Trisko, Philipp (Preiser Records)

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Die historische Kult-Serie „RCA Living Stereo“ gibt’s in einer 60-teiligen CD-Edition

Heifetz, Rubinstein und Co. zum Schnäppchenpreis

„RCA Living Stereo – 60 CD Collection“ Diverse Solisten, Dirigenten und Orchester (Sony)

as würden Jascha Heifetz oder Artur Rubinstein wohl dazu sagen, wenn sie erführen, dass nur wenige Jahre nach ihrem Tod ihre schönsten Aufnahmen zum Preis einer Dose Limonade oder einer Semmel verhökert werden? Was vor Jahren mit speziellen „Großverwertern“ wie Brillant Classics begann, hat seit geraumer Zeit auch auf die seriösen „major companies“ übergegriffen: Deren historische Archive werden jetzt im großen Stil ausgeschlachtet. Nachdem Sony zuletzt solche Ikonen wie Toscanini, Rubinstein oder Glenn Gould in Komplett-Ausgaben zu unverschämt moderaten Flatrates verschleudert hat, fällt jetzt auch eine solche audiophile Kult-Serie wie „RCA Living Stereo“, vormals Jahrzehnte lang das Aushängeschild für höchste künstlerische und akustische Standards, dem grassierenden Ausverkaufswahn zum Opfer: Eine 60-teilige CD-Edition der wohl berühmtesten Klassik-LP-Serie aus den goldenen Anfangsjahren der Stereophonie gibt es jetzt zum unschlagbaren Schnäppchenpreis von 71 Euro. Für das Musikprogramm von zwei Original-LPs, die hier jeweils auf einer CD zusammengefasst sind, zahlt der Käufer im Durchschnitt also weniger als 1,20 Euro! Dafür bekommt er etwa die beiden Violinkonzerte von Brahms und Tschaikowsky mit Jahrhundertgeiger Jascha Heifetz in audiophiler Klangqualität. Wie will man da eine aktuelle Hochpreisproduktion eines jungen Künstlers überhaupt noch rechtfertigen? Eine andere Frage ist, ob man mit solchen Aktionen wirklich ein neues Publikum gewinnen kann für diese wunderbaren historischen Hifi-Schätze, die für viele Musikkenner und HiFiFreaks noch immer Kultstatus genießen und noch nach fast sechs 40

Jahrzehnten nichts eingebüßt haben von ihrer Aura, ihrer Magie, ihren hohen künstlerischen Standards. Stattdessen heftet man ihnen jetzt fahrlässig den Hautgout von Billigware an. Man kann in diesem 70-Stunden-Programm nämlich an beliebiger Stelle hineinhören und wird augenblicklich verzaubert von jener echten Studioästhetik der frühen Stereophonie, bei der unmittelbare Präsenz, die Illusion, ganz nah dran zu sein an den Interpreten, noch wichtiger waren als die naturalistische Abbildung von Konzertsälen. Und natürlich ist auch musikalisch alles versammelt, was den damaligen Welt-

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maggie smith

tom courtenay

pauline collins ruhm und die bis heute gültige „Legende“ von Living Stereo begründete, also praktisch alle RCA-Ikonen der 1950er- und 1960er-Jahre, die der legendäre Produzent Jack Pfeiffer damals zu musikalischen Höchstleistungen antrieb: Den Schwerpunkt des symphonischen Programms bestreitet der gefürchtete ungarische Präzisionsfanatiker Fritz Reiner, der damals mit dem Chicago Symphony Orchestra weltweit neue Standards setzte. Neben seinem Favoritkomponisten Richard Strauss kann man ihn auch in wichtigen Werken Dvořáks, Mahlers, Bartóks und anderer erleben. Die zweite symphonische Säule im „Living Stereo“-Programm bildete der Elsässer Charles Münch, der in Boston vornehmlich das französische Programm betreute. Neben seinen legendären Berlioz-Produktionen hinterließ er auch exzellente Einspielungen der Symphonien Beethovens, Schuberts und Mendelssohns, die frisch und prägnant klingen wie am ersten Tag. Dirigentenlegende Pierre Monteux, Jahrgang 1875(!), dirigiert Strawinsky und Tschaikowsky, und Leopold Stokowski seine beliebten Encores. Im Konzertrepertoire dominiert Jascha Heifetz mit allen wichtigen Stereoproduktionen seiner späteren Jahre, während sich das Klavierprogramm Altmeister Artur Rubinstein und der damalige Shootingstar Van Cliburn (mit den großen russischen Konzerten) teilen. Weitere Highlights setzen solche Starsolisten wie der Megavirtuose Earl Wild, Cellist Gregor Piatigorsky oder Gitarrist Julian Bream. Dazu gibt es Vokal-Recitals mit Anna Moffo, Leontyne Price und dem Hollywood-Tenor Mario Lanza und vier Operngesamtaufnahmen – Puccinis „Turandot“, „La Bohème“ und „Madame Butterfly“ unter Erich Leinsdorf plus Verdis „La Traviata“ unter Fernando Previtali, die zwischen 1959 und 1961 in Rom produziert wurden: Auch hier kann man die gefeierten Stars der amerikanischen Opernszene erleben, wie Anna Moffo, Leontyne Price, Richard Tucker oder Jussi Bjoerling. Eine solch enge finanzielle Kalkulation zwingt zu karger Ausstattung: Man hat dieser „60 CD Collection“ lediglich die alten LPCovertexte im englischen Original beigefügt, ohne weiteren Kommentar. Ärgerlich dagegen ist die konfuse Abfolge des Riesenprogramms, das weder chronologisch noch systematisch, sondern nach dem Zufallsprinzip geordnet scheint und selbst manchen Kenner verwirren dürfte. Dagegen bewegt sich die Klangqualität dieser reinen Stereo-Edition auf demselben hohen Niveau wie die CD-Spur der 2006 neu gemasterten SACD-Edition. Damals musste man für eine jener Dreikanal-SACDs noch 24 Euro hinlegen, also in Relation etwa das 20-Fache des heutigen Preises. Die neue restaurierte CD-Version klingt auf alle Fälle besser, detailgenauer und transparenter als die ersten CD-Transfers aus den späten 1990er-Jahren. Wer also noch nicht allzu viele „Living Stereo“-Alben aus früheren Jahren besitzt, und nicht unbedingt auf SACD-Qualität Wert legt, sollte nicht zu lange zögern: Denn für so wenig Geld gab es noch nie so viel phantastische Musik Attila Csampai

billy connolly und

michael gambon

AB

24.1. IM KINO!

Das Regiedebüt von

Dustin Hoffman

Zugpferde in der Box: Die Künstler Artur Rubinstein, Fritz Reiner und Leontyne Price.

Fotos: sony music

www.quartett-derfilm.de


h ö r e n & s e h e n

Les Sacqueboutiers

Film

Foto: DCM

„Quartett“ Dustin Hoffman (Regie), Maggie Smith, Tom Courtenay, Dame Gwyneth Jones (deutschlandweit im Kino)

Dustin Hoffman

Verdi im Altersheim Mit „Quartett“ gelingt es Hollywood-Regisseur Dustin Hoffman in seinem Regie-Debüt eine unterhaltsame Komödie mit klassischer Musik zu beseelen. Mit viel Humor bringt er die Eigenheiten des Lebens im Alter auf die Kinoleinwand. Das macht diesen Film so besonders. Senioren spielen die Hauptrollen, und eine Seniorenresidenz für reiche pensionierte Musiker ist der Schauplatz. Tragik und Witz treffen aufeinander, denn die Lebensläufe mancher Senioren kreuzen sich in der Seniorenresidenz „Beecham House“ – übrigens tatsächlich von Verdi gegründet! – nicht zum ersten Mal. So trifft die Opernsängerin Jean Horton (Maggie Smith) auf ihren Exmann Reginald (Tom Courtenay). Alte Gefühle und Konflikte leben wieder auf und die turbulente Wiederbegegnung der beiden bringt das ganze Wohnheim durcheinander. Das Schlimmste: Das alljährliche Konzert der Bewohner zu Ehren des Geburtstags von Giuseppe Verdi droht ins Wasser zu fallen. Dieser Film lohnt einen Besuch: Er ist großartig besetzt, musikalisch, lustig und anrührend – und eine gute Einstimmung auf das Verdi-Jahr! JH

Mittelalter-Crossover Das Ziel sei nicht etwa gewesen, schreibt ZinkSpieler des Ensembles „Les Sacqueboutiers“, Jean-Pierre Canihac im Booklet, „irgendein unangemessenes Crossover“ von Jazz-Standards mit Alter Musik zu fabrizieren. Zugegeben, das war der erste Gedanke des Rezensenten beim Anblick dieser CD. Schon wieder? Was haben denn diese beiden zeitlich weit entfernten Genres miteinander zu schaffen? Und genau das ist das entscheidende Wörtchen: zeitlich. Denn die beiden haben vermutlich mehr gemein, als man meint. Improvisation etwa ist ein zentrales Thema beider musikalischer Traditionen. Spannend ist die Instrumentenauswahl. Renaissance-Posaune und Zink auf der einen, Trompete und Posaune auf der anderen Seite, rhythmisch unterstützt von Orgel und Percussion respektive Piano, Bass und Schlagzeug. Spannend, wie Jazz-Instrumente die Grundlagen des Mittelalters und der Renaissance hervorheben – und umgekehrt. HÄ

„Le Jazz et la Pavane“ Les Sacqueboutiers. Ortiz, Vasquez, Rossi, Merula, Falconiero, Schütz, Flecha (Flora)

Tanz Ursula Kaufmann

Klaus Florian Vogt

Die Puppen tanzen lassen

Verrätselte Ästhetik

Heldenhaft Vol. 2

Pina Bauschs Tanztheater, ein liebevoll-ironischer Spiegel zwischenmenschlicher Tragik und Komik – Ursula Kaufmann hat es eingefangen mit ihrem Tiefenblick für die immer wunderbar verrätselte Bildtheatralik der Bausch: ein süffisant verlockendes Sirenenlächeln über einer kokett gehobenen Schulter. Ein Herr, der seiner Tanzpartnerin mit seinen Zeigefingern hinterrücks Hörner aufsetzt. Eine Dame, die ihren Freund, zornentbrannt, mit einem Stuhl bedroht. In diesen Fotografien vibriert aber auch Bauschs aus dem Alltag heraus entwickelte gestische Sprache: die skurrilen kleinen, eng um den Körper herumstreichenden Arme und Hände; die noch im flatternden Kleid und fliegendem Haar weit ausschwingende freie tänzerische Bewegung. Wie Alice im Wunderland taumelt man staunend hinein in diese poetischen, geradezu gemäldehaften Momentaufnahmen – welche die Kunst der 2009 verstorbenen Tanztheaterlegende unmittelbar sinnlich wieder wachrufen. GRA

Seit einigen Jahren schon in den Feuilletons als zurzeit bester Heldentenor der Welt gefeiert, hat Klaus Florian Vogt für seine zweite CD ausschließlich Wagner-Arien ausgewählt, von „Am stillen Herd in Winterszeit“ aus den „Meistersingern“ über „Mein lieber Schwan“ („Lohengrin“) bis hin zu „Brünnhilde! Heil'ge Braut“ („Götterdämmerung“). Zugegeben: Überdurchschnittliches Volumen im Brustregister ist nicht Vogts Markenzeichen. Umso überzeugender die Wehmut, mit der er Lohengrin von Elsa Abschied nehmen lässt, oder auch die Empfindsamkeit im Liebesgeflüster Tristans mit Isolde („O sink hernieder, Nacht der Liebe“). Vogts Stimme – stets unangestrengt, hell, schlank – trägt problemlos über die ausgezeichnete Begleitung durch die Bamberger Symphoniker (Leitung: Jonathan Nott) und harmoniert auch gut mit Camilla Nylunds knackfrischem Sopran. Weiteres Plus: die hervorragende Textverständlichkeit. Har

Allerliebst ist dieses „Nussknacker“-Ballett nach E.T. A. Hoffmanns „Nussknacker und der Mäusekönig“. Obgleich Tschaikowskys Musik und die Handlung gerafft sind, bleibt das Märchen bei Regisseur Klaus Gmeiner dicht am Original. Die feiernde Weihnachtsgesellschaft, Fritz und Schwester Klara, in deren Traum sich Onkel Drosselmeiers Nussknacker-Geschenk in einen Prinzen verwandelt – alles da. Und alle Marionetten, wunderhübsch von Kopf bis Kostüm, auf Spitze und Schlittschuh – dazu Mäuse, Vögel, Rohrflöten, Schneemänner – tanzen und trippeln, samt Arabesken, Pirouetten und weit-hohen Sprüngen (Choreographie: Leonard Salaz). Phänomenal die Leistung der elf nicht sichtbaren Puppenspieler. Eine DVD zum Schwärmen und Lernen: Im Booklet findet der kleine Leser in der linken Spalte die Handlungsbeschreibung, in der rechten, wie die Musik die Handlung spiegelt. Plus Notenbeispiele zum Selberspielen oder Mitsingen. GRA

„Der Nussknacker“ Salzburger Marionettentheater (BelAir)

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Solo

Salzburger Marionettentheater

„Wagner“ Klaus Florian Vogt, Bamberger Symphoniker, Jonathan Nott (Sony Classical)

„Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal“ Ursula Kaufmann (Edition Panorama)

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Wolfgang-Andreas Schultz

Amsterdam Sinfonietta

Japanische Landschaften

Foto: privat

Neue Welten

WolfgangAndreas Schultz

Der 1948 geborene Hamburger Komponist Wolfgang-Andreas Schultz ist einer jener Individualisten, die nie einem einseitigen Trend anheimfielen: weder überfrachtende Komplexität noch tumbe Simplizität, weder materialistischer Strukturalismus noch Happeningkult, weder Avantgarde noch Tradition – alle "...ismen" greifen nicht. Ähnlich seinem Generationsgenossen und Kollegen Peter Michael Hamel, ist Schultz’ Schaffensimpuls getragen von der Vision einer integralen Musikkultur, einer kreativen Verbindung der unterschiedlichsten Musikstile verschiedener Zeiten, Räume und Genres, und diese Multikulturalität spricht eine fein ausdifferenzierte Sprache auf der Suche nach Transzendenz. Schultz hat bei György Ligeti studiert und assistiert, zugleich frönte er stets seiner Liebe nicht nur zu den Impressionisten, sondern eben auch zu den Expressionisten. Im Kern ihres Wesens setzt seine Musik dort an: in der dissonanten freien Tonalität, gepaart mit einem Gespür für Schönheit und Luzidität, das sich allzu ordnender Gewalt widersetzt. Nun ist bei Es-Dur unter dem Titel "Japanische Landschaften" eine Porträt-CD mit Kammermusik erschienen, die sein 3. Streichquartett und vom japanischen Flötenspiel beeinflusste Werke für Querflöte mit und ohne Streicherbegleitung umfasst. Das 3. Streichquartett "Landschaft der Horchenden – vier Menschen", entstanden 2004–05, ist eine Art psychologische Programmmusik, die in sechs Sätzen vier isolierte Individuen in Beziehung miteinander treten, Licht und Schatten offenbaren, in Konflikt geraten und einander versöhnen lässt. Die Ordnung spendenden Elemente (klare Thematik und Tonalität) und das Irrationale (Vierteltöne, enharmonische Melismatik) halten sich im Gleichgewicht, wundervoll gespielt vom Amaryllis Quartett. "Bilder auf dem Grund des Sees" für Flöte und Streichtrio ist das jüngste Werk (2009-10), und hier gelingt es Schultz in knapp 20 Minuten, ein wahrhaft japanisch anmutendes Panorama auszubreiten, in welchem der rituelle und der expressive Aspekt in spannungsvollem Ausgleich stehen, ein kalligraphisches Tonpoem voller Anmut und Geschmeidigkeit. Als abschließende Japonerie führt die ‚Japanische Nebellandschaft’ für Soloflöte von 2003 den Hörer ins Offene, hinterlässt ihn lauschend, fragend, alleingelassen mit den leisen Tönen. Mit solch feinstofflicher Kammermusik gehört Wolfgang-Andreas Schultz zu den subtilsten Meistern unserer Zeit. CS Wolfgang-Andreas Schultz: „Japanische Landschaften“ Amaryllis Quartett, Ensemble Obligat, Imme-Jeanne Klett

Britten-Highlight Diese CD ist das reinste Vergnügen. Der herrlich transparente, lebendige und zwischen zahlreichen Schattierungen changierende Ton der Amsterdam Sinfonietta erweckt Klassiker des Jubilars Benjamin Britten mit solcher klanglichen Feinheit zum Leben, dass man davon kaum genug bekommen kann. In der Serenade op. 31 entführt James Gilchrist mit seinem lyrisch-leuchtenden Tenor in die Stimmungen des Nachtstücks, das von Jasper de Waals sehnsüchtig versonnenen Hornklängen veredelt wird. Barbara Hannigan offeriert mit ihrem ungemein differenzierten und verblüffend schönen Sopran den enigmatischen Impressionismus der „Illuminations“ technisch ebenso brillant wie atmosphärisch beherrscht. Die Bridge-Variationen werden zum singenden, tänzelnden und marschierenden Showpiece. Candida Thompson versteht es, mit ihrem Kammerorchester die raffiniert abgemischten Klangfarben Brittens zu erwecken, Struktur und Ausdruck ins rechte Maß zu setzen und Britten als unverzichtbaren Klassiker der Moderne zu feiern. US

„Britten“ Barbara Hannigan, James Gilchrist, Jasper de Waal, Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson (Channel Classics) Eleni Karaindrou

Herbstnebelklänge, abends Es dämmert bereits. Eine einsame Bordunquinte steht am Horizont, zwei Saxofonlichter tasten sich auf einer gewundenen Straße durch die abgeernteten Tonfelder. Streichernebel, langsam wird es dunkler. Und dann steigt, verschwommen und blass, ein orangeroter Bratschenmond aus den schwarzen Wäldern auf. Das zehnte ECM-Album der griechischen Komponistin Eleni Karaindrou, aufgenommen mit den alten musikalischen Bekannten aus den letzten Filmen von Theo Angelopoulos (Kim Kashkashian, Viola; Jan Garbarek, Saxofon; Vangelis Christopoulos, Oboe), ist ein Live-Mitschnitt eines knapp einstündigen Konzerts in Athen. Achtung: auf keinen Fall allein an düsteren Winterabenden hören, es besteht akute Lebensgefahr! Wer dagegen auf Angelopoulos‘ Charaktere – „Rückkehrer aus dem Exil, Regisseure ohne Inspiration, sterbende Schriftsteller“ (SZ) abfährt und in Erinnerungen schwelgen will – zugreifen. MM

Eleni Karaindrou „Concert in Athens“ Jan Garbarek, Kim Kashkashian, Vangelis Christopoulos (ECM)

Lavinia Meijer

Willkommene Alternative Wellnessbehandlungen sind etwas Herrliches – wenn nur diese einfallslos-austauschbare Meditationsmusik nicht immer und überall zum Einsatz käme. Ohne Philip Glass herabwürdigen zu wollen, wäre die Transkription und Aufnahme seiner Werke „Opening Piece from ‚Glassworks’“, „Metamorphosis 1-5“ und Filmusik zu „The Hours“ durch die Harfenistin Lavinia Meijer eine willkommene Alternative. Denn mit ihren minimalistischen Melodien und repetitiven Strukturen wirken sie einerseits entspannend, verleihen andererseits den Gedanken des Zuhörers Flügel. Glass selbst kommentierte das Saiten-Spiel der gebürtigen Koreanerin mit „Das klingt wunderbar!“. Und lobte, dass Meijers Harfe andere Dinge seiner Musik in einer Farbe hervorhebe, die es zuvor noch nicht gegeben habe (Channel Classics). SDE

Philip Glass: „Metamorphosis / The Hours“ Lavinia Meijer (Channel Classics) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „I‘m going to make a cake“ 43


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Bücher

Joja Wendt & Kester Schlenz

Ein Flügel auf Abenteuerreise

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Nelly, die die Lust am Klavierspiel verloren hat, weil ihre Klavierlehrerin Frau Billerbeck arg streng und antiquiert ist. Die Klavierlehrerin im Buch ist sehr verknöchert und unzufrieden mit ihrem Leben. Sie versucht, all ihr Scheitern am Kind zu kompensieren. Erst als Nelly die Geschichte des kleinen Flügels gehört hat, hat sie den Mut, aufzustehen und zu sagen „So möchte ich das nicht“. Das zeigt doch, wie wichtig und sensibel diese Schüler-Lehrer-Beziehung ist. Zerstört denn liebloser Klavierunterricht die Lust eines Kindes, das Instrument zu lernen? Es gibt diesen Spruch: Wenn du willst, dass dein Sohn ein Schiff baut, steck ihn nicht in eine Werft, sondern entPianist Joja Wendt fache in ihm die Sehnsucht, zur See zu fahren. Richtig gute Pädagogen können das. Musiklernen ist nur das Mittel zum Zweck – um die eigentliche Sehnsucht zur Musik zu entfachen. Ich hatte Glück: Meine Lehrer konnten das. Zurück zur Handlung: Wieso ist die Orgel die Böse? Es musste natürlich einen Antagonisten geben. Natürlich ist die Orgel ein wunderbares Instrument, mit mannigfaltigen Möglichkeiten. Ich habe sie ausgesucht, weil Mozart mal gesagt hat: „Die Orgel ist die Königin der Instrumente“. Sie kann länger Töne aushalten als alle anderen, sie kann so viele Töne gleichzeitig spielen. Sie hat in der Musik eine echte Machtposition. Ich habe sie für unsere Geschichte bewusst als böse Gegenspielerin des Klaviers ausgesucht. Und es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass all die „coolen“ Jazz-Instrumente auf der guten Seite stehen? Sampler, Moog... Die kennt gar nicht jeder. Das sind die Instrumente aus den 70ern – das war meine Welt, als ich noch in Bands gespielt habe (lacht). Sie sind die Gegenpole zu klassischen Instrumenten, von denen es aber ja auch ein paar „gute“ im Buch gibt: die Tuba, die Flöte... Das Cembalo dagegen ist ein Bösewicht und die Geige auch. Was war denn Ihr erstes Kinderbuch? Das erste, das mich begeistert hat, war „Die grüne Wolke“. Es ist ein antiautoritäres Buch über einen englischen Lehrer, der den Schülern im Unterricht Geschichten erzählt – auch Abenteuer- und Krimigeschichten. Ist deswegen auch Ihr eigenes Buch eine Abenteuergeschichte geworden? Im Grunde kommt es auf die Kraft einer Geschichte an. Es geht darum, dass man etwas zu erzählen hat. Und wenn es nur die eigene Lebensgeschichte ist! Das unterscheidet uns Menschen von Robotern: Wir haben Fantasie, wir haben Träume, Sehnsüchte. All das spiegelt sich in der Welt der Musik wider. AN Foto: Christian Barz

Er reiste schon „mit 88 Tasten um die Welt“ und ist auch in seinen Konzertprogrammen ein Fan der Abenteuergeschichten. Nun hat der Hamburger Pianist Joja Wendt ein Buch geschrieben, gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen, dem Schriftsteller Kester Schlenz. Zum Über-sich-selbstschreiben sei es doch noch viel zu früh, sagt der Musiker, deswegen ist es ein Kinderbuch geworden – eins, das sich auch für Erwachsene eignet. crescendo: In Ihrem Buch geht es hauptsächlich um die Abenteuer, die ein kleiner Flügel im magischen Land der Musik erlebt. Wie kamen Sie denn auf diese Idee? Joja Wendt: Die Idee hatte ich schon lange im Kopf. In der Musik liegen so viele Geschichten, so viele Abenteuer verborgen und hinter den Instrumenten verstecken sich so verschiedene Charaktere – da bot es sich doch an, darüber ein Buch zu schreiben! Ich habe mich schon immer gewundert, wieso Pixar oder Walt Disney noch nie einen Film mit Musikinstrumenten gemacht haben. Aber Ihren Co-Autor Kester Schlenz hatten Sie schnell von der Idee überzeugt? Ich musste fünf Minuten von der Geschichte erzählen, da sagte er schon: „Das machen wir!“ Wie ist die Geschichte aufgebaut? Es sollte eine klassische Heldengeschichte werden. Mit all den Unterplots und Kniffen, die eine solche Erzählform hat. Da war es ein Glücksfall, dass ich mit Kester zusammenarbeiten konnte – wenn ich das Buch komplett selbst geschrieben hätte, dann würde es eher nach einer Regie-Anweisung klingen und wäre nicht so spannend und pfiffig erzählt, wie es jetzt ist. Ein paar Kapitel habe ich allerdings selbst geschrieben – das waren die Passagen, in denen es viel um Musik ging. Da habe ich versucht, seinen Stil zu treffen. Für wen haben Sie das Buch geschrieben? Für allzu kleine Kinder ist es ja nicht geeignet, oder? Prinzipiell ist es für jeden geeignet. Eine Freundin hat es neulich ihrer sechsjährigen Tochter vorgelesen. Dann erklärt man eben, was „Arpeggien“ oder „Pralltriller“ sind. Das Buch hat ein bisschen pädagogischen Ansatz: So lernt man en passent ziemlich viele musikalische Begriffe. Das ist doch auch für ältere Leser schön! Sie haben selbst Kinder. Wie fanden die das Buch? Die haben es natürlich gelesen und waren ihrem Papa gegenüber höchst kritisch (lacht). Sie fragten: Wieso heißt das Kind Nelly? Und wieso heißt das Kind Nelly? Der Hund meiner Schwester heißt Nelly, der Name bot sich also irgendwie an. Am Anfang des Buchs steht die Geschichte von eben dieser

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High End erschwinglich:

Jörg Handstein

Feuerzauber, Weltenbrand Tief in die Welt Richard Wagners (ver-)führt Jörg Handsteins Hörbiografie „Feuerzauber, Weltenbrand“. Wobei „Hörbiografie“ ein viel zu trockener Begriff ist für dieses pralle, gut vierstündige Kaleidoskop für die Ohren. Pointiert, mit beeindruckendem Wissen sowie mitreißendem Schwung skizziert der Autor Leben und Werk des Komponisten zwischen Erhabenem und Banalem, zwischen Gesamtkunstwerk, Erlösungsgedanken und rosa Höschen. Dass er dieses Porträt vor den politischen und kulturgeschichtlichen Hintergrund stellt, sich dabei einen stets wachen, kritischen Blick auf die Vielschichtigkeit von Person und Charakter Wagners bewahrt, das zeichnet Jörg Handstein ebenso aus wie sein Musikverständnis und seine meisterhafte Erzählkunst. All das wurde bei der Produktion präzise und liebevoll umgesetzt: Wie in einem Hörspiel begegnen uns – durch die auf eine erstklassige Sprecherriege verteilten Zitate – der mehr oder weniger sanft sächselnde Richard Wagner, seine beiden Ehefrauen Minna und Cosima, König Ludwig II. (amüsant, wie er und Wagner sich brieflich gegenseitig anhimmeln!), diverse weibliche Musen und weitere prominente oder unbekannte Zeitgenossen, vorgeführt und kommentiert von einem Erzähler (souverän: Udo Wachtveitl). Dass die Musik, vor allem von Wagner, aber auch von ihn beeinflussenden Komponisten, innerhalb dieses spannenden Hörvergnügens eine eigenständige Rolle spielt, liegt auf der Hand, und dankenswerterweise sind alle Musikbeispiele im Booklet penibel aufgelistet. Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es zum knapp 80 Minuten langen, rückhaltlosen Versinken in Wagner-Klangwelten Opernausschnitte mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons. Fazit: ein rundum geglückter Beitrag zum Wagner-Jubiläum 2013. AR

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Testsieger ›Referenzklasse‹

„Richard Wagner: Feuerzauber - Weltenbrand (Eine Hörbiografie)“ Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (BR Klassik)

3/10

›Absolute Spitzenklasse‹

Haide Tenner

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Emotionaler Briefwechsel

›Masterpiece‹

Er, der Meister der Zwölftonmusik. Sie, die Femme fatale des frühen 20. Jahrhunderts – Arnold Schönberg und Alma Mahler. Der Komponist und die von vielen als herrschsüchtige und sexbesessene Grande Dame hegten 40 Jahre lang eine besondere Freundschaft, die mit dem kürzlich erschienenen Buch „Alma Mahler – Arnold Schönberg. „Ich möchte so lange leben, als ich Ihnen dankbar sein kann“ von Haide Tenner, erstmals intensiv beleuchtet wurde. Ein Buch, das sich nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht lohnt, zu lesen. In diesem, von Haide Tenner erstmals erschlossenen Briefwechsel zeigen sich Alma Mahlers und Arnold Schönberg von einer ganz anderen Seite – eine unbekannte Alma Mahler und eine innige Freundschaft, die im Laufe der Zeit immer mehr an emotionaler Tiefe gewinnt. Die Musikwissenschaftlerin und Kulturmanagerin Haide Tenner fügt dem zum Teil sehr emotionalen Dialog Alma Mahlers und Arnold Schönbergs Kommentare bei, die auflockernd und keineswegs störend wirken. JB

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600/440 W, 52 kg, 142 cm. 1940,- €/Box Made in Germany.

Mocca, Perlweiß, Anthrazit. inkl. 19% MwSt zzgl. Versand

„Alma Mahler – Arnold Schönberg. Ich möchte so lange leben, als ich Ihnen dankbar sein kann“ Haide Tenner (Hrsg.), Residenz Verlag.

Bettina Stöß, Klaus Kieser

Bunt bis zeitgenössisch Als verwöhnter Kultur-Konsument macht man es sich ja gar nicht so bewusst: aber Ballett heute ist enorm vielfältig. Was Bettina Stöß mit ihren von Klaus Kieser jeweils eingeführten neunzehn Fotostrecken sehr schön dokumentiert. Ihr Bildband umfasst mit „Dornröschen“ und „Schwanensee“ die Tradition der Märchenklassiker des 19. Jahrhunderts, mit John Crankos „Onegin“ und John Neumeiers „Kameliendame“ die großartige Renaissance des Handlungsballetts in den 1960er/70er-Jahren. Und bebildert die moderne und schließlich zeitgenössische Entwicklung dieser ursprünglich höfischen Tanzkunst mit Beispielen von dem Neoklassiker George Balanchine, dem postmodernen Neoklassiker William Forsythe, dem neoklassisch-modernen Jiri Kylián und mit Pina Bauschs vor ihrer Tanztheaterzeit kreiertem frei und wild bewegten „Frühlingsopfer“. Dazu eine Reihe aktueller an deutschen Theatern erfolgreich wirkender Tanzschöpfer. GRA

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Ehrliche Lautsprecher

„Ballett heute“ Bettina Stöß, Klaus Kieser (Reclam) 45

Günstig, weil direkt vom Hersteller ■ 4 Wochen Rückgaberecht ■ Direktverkauf und HiFi-/Heimkino-Studios: D-73525 Schwäbisch Gmünd und D-73430 Aalen ■ Bestell-Hotline mit Profi-Beratung kostenlos in Deutschland 0 8 0 0 -6 8 2 3 7 8 0


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Audio-Design: Triumpf der klaren Linie Kreise und Kugeln, Würfel und Quader – das preisgekrönte Design der Hifi-Geräte ist geprägt von eindeutigen Formen. Dabei lässt sich ein gewisser Retro-Trend nicht verleugnen. Er korrespondiert mit der Herausforderung an die Konstrukteure, moderne Technologien in traditionelle Geräte zu integrieren. 10

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Ohrschmuck Form, Funktion, Material und Verarbeitung, aber vor allem kreative Phantasie definieren gutes Design. Und verschiedene Jurys prämieren die besten und schönsten Produktdesigns mit Awards. Hier eine Auswahl preisgekrönter Audio-Geräte für kleine und große Portemonnaies. 1) Welche Farbe darf's denn sein?

6) iPhone wird zum Grammophon

Ein Lautsprechersystem ohne Lautsprecherkabel! Im Inneren des Loewe AirSpeaker erklingen je zwei Hoch-/Mitteltöner und Subwoofer. Musik empfängt er kabellos per WLAN, AirPlay beherrscht er auch. Die Jurys lobten Design, Verarbeitung und insbesondere die individuelle Farbgebung. Schließlich ist der AirSpeaker mit Abdeckungen in vielen Farben erhältlich. Auf Wunsch lackiert ihn Loewe auch gern in jedem RAL-Ton.

Auch einfach kann genial sein, vor allem wenn das Produkt witzig ist. Der Lautsprecher Arkcanary II fürs iPhone 4 ist aus Kunststoff gefertigt und in acht Farben verfügbar. Die iF design-Jury verlieh dem Produkt sogar Gold und begeisterte sich: „Benutzer schieben ihr iPhone 4 einfach in den Arkcanary II. Das war’s schon!“

Loewe AirSpeaker – Preis: ca. 750 Euro Ausgezeichnet mit dem red dot design award 2012 und dem iF productdesign Award 2012. Info: www.loewe.de

2) Schön und schön bequem Der Kopfhörer Luxa2 BT-X3 legt Wert auf Bequemlichkeit: Bügel und Ohrmuscheln sind weich gepolstert, Bluetooth-Funk ersetzt das lästige Kabel und wichtige Bedienknöpfe befinden sich direkt an der Ohrmuschel. Die Design-Jury begrüßte die „frische Gestaltung“ und die „einheitliche Farbgebung“. Luxa2 BT-X3 – Preis: ca. 70 Euro Ausgezeichnet mit dem red dot design award 2012. Info: www.luxa2.de

3) HighEnd in schlichtem Outfit Der HighEnd-Vollverstärker Soulution 530 überzeugte die Jury durch seine „klare Formensprache, die eine Vorstufe mit einer leistungsstarken Endstufe in einem Gehäuse vereint“. Aus der HighEnd-„Serie 5“ des Herstellers sind ein Vor- und Monoverstärker, ein CD-Player und ein so genannter „USB-Konverter“ erhältlich. Soulution 530 – ca. 35.000 Euro Ausgezeichnet mit dem red dot design award 2012. Info: www.soulution-audio.com und www.taurus.net

4) Präzisions- und Wertarbeit Bei diesem Plattenspieler besteht das Laufwerkchassis aus Aluminium, Panzerholz und ca. 100.000 kleinen Metallkugeln, die Resonanzen absorbieren. Der Plattenteller ist aus Aluminium. Dieser hohe Fertigungsaufwand beeindruckte auch die red dot-Jury, die die „Auswahl und Kombination der Materialien“ und die „hohe Wertigkeit“ des Produkts hervorhob. Clearaudio Ovation – Preis: ca. 4.800 Euro Ausgezeichnet mit dem red dot design award 2012 und nominiert für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2012. www.clearaudio.de

5) Der kugelrunde Lautsprecher Hier erklärt schon die Form die Funktion: Der Kugellautsprecher Sony SRS-BTV25 strahlt den Klang rundherum in alle Richtungen ab. Die Verbindung zur Musikquelle erfolgt kabellos per Bluetooth-Funk. Der Design-Jury gefielen insbesondere die sichtbaren Diffusoren und die matte Oberfläche. Sony SRS-BTV25 – Preis: ab ca. 150 Euro Ausgezeichnet mit dem iF product design award 2012. www.sony.de.

Arkcanary II – Preis: ab ca. 10 Euro Ausgezeichnet mit dem iF product design award 2012 Gold. www.arkwhat.com, erhältlich auch bei de.dawanda.com

7) Ein Teller auf drei Beinen Eine Zielscheibe? Eine Satellitenschüssel? Das Soundsystem BeoPlay A9 bietet Raum für Assoziationen. Doch obwohl seine Beine an die Möbel der 50er-Jahre erinnern, schlummert in ihm moderne Technik: Es spielt per Airplay oder WiFi gestreamte Musik ab. Bang & Olufsen BeoPlay A9 – Preis: ca. 2.000 Euro Erhält 2013 den iF product design award und den CES International Innovations Design and Engineering Award. Info: www.bang-olufsen.com

8) Heimathafen für das iPhone Dockingstationen für das iPhone und den iPod gibt es ja viele. Aber beim VISO 1 von NAD scheint das Abspielgerät vor dem Lautsprecher zu schweben. Es kann drahtlos per Bluetooth mit der Musik anderer Geräte versorgt werden. NAD VISO 1 – Preis: ca. 450 Euro Ausgezeichnet mit dem Good Design Award 2011. Info: www.nad.de

9) Der singende Wolkenkratzer Das Universalradio Revo K2 wirkt, als hätte es der Designer einer Skyline entrissen. Diese „eigenwillige Formgebung“ überzeugte die Jury. Universell ist das (Internet-)Radio, weil es Musik per UKW, DAB, DAB+ und WLAN empfängt und ein iPod-Dock besitzt. Revo K2 – Preis: ca. 360 Euro Ausgezeichnet mit dem red dot design award 2012. www.revo.co.uk.

10) Die Wiederbelebungsmaßnahme „Der BeoLit 12 lässt die Ära der tragbaren Radios“ aufleben, sagte die Jury. Tatsächlich erinnert der Airplay-Lautsprecher an ein Kofferradio und ist auch in etwa so groß. Aber er klingt viel besser. Bang & Olufsen BeoLit 12 – Preis: ca. 700 Euro Erhielt den red dot design award 2012. www.bang-olufsen.com

11) Feinmechanik für Vinyl-Fans „Der Tonarm zeigt eindrucksvoll, wie innovative Technologien die Wiedergabe vermeintlich veralteter Medien revolutionieren“, lobte die Jury. Gefertigt aus Holz, Edelstahl und Aluminium, ist er in verschiedenen Farb- und Holzvarianten erhältlich. Reed 3P – Preis: ab ca. 3.300 Euro red dot design award 2012. www.reed.it und www.ultraaudio.de

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k o l u m n e

Hier schreibt pascal morché

Höher, schneller, weiter Die Kunst verfällt dem olympischen Motto! Oder warum stehen plötzlich 1400 Musiker auf der Bühne, wird der Hummelflug in 60 Sekunden gegeigt oder der komplette „Ring“ gar in 24 Stunden aufgeführt?

wörtlich und versammelte für deren Aufer für Felix Baumgartners Taten nur ein „Hier gilt’s der Kunst“. Zum Wagnerjahr führung auf der Bühne des Teatro Teresa desinteressiertes Schulterzucken übrig hat: 2013 lassen wir diesen zentralen Satz der Carreno neben den Los Angeles Philhar„Meistersinger“ (2. Aufzug/4. Szene) ein- Höher! Schneller! Weiter! Größer! Das monic und dem Simón Bolívar Symphony macht Eindruck. Auch in der Musik. Mit mal ganz beiseite und schreiben: „Hier gilt’s Orchestra noch mehrere Chöre. Summa dem Attribut „größer“ wucherten schon dem Sport“. Denn auf den beiden Seiten dieser Kolumne geht es rein um das Artis- die Fischer-Chöre und der Beiname „Sin- Summarum: 1.400 Musiker. Mordsspektafonie der Tausend“ für Gustav Mahlers 8. kel! Und, sind wir ehrlich: die Faszination tische, Circensische – um das Sportliche in Sinfonie könnte von einer Marketingab- für Richard Wagner’ „Ring des Nibelunder Musik. Es geht also um Rekorde und gen“ besteht auch zu einem Gutteil aus der Sensationen. Deshalb: Nicht Bühne, son- teilung gar nicht besser erfunden sein. So raunt es denn stets ehrfürchtig durchs Pub- Monumentalität dieses Mammutwerks: 16 dern „Manege frei!“. Natürlich wollen wir Stunden zusammenhängende Musik! Zwar uns hier nicht (nur) darüber mokieren, likum über „tausend Mitwirkende“ und portioniert auf vier Abende – aber auch diemeint den symphonischen Rekordversuch dass zur Zeit die beliebteste Requisite in der ses Werk lässt sich noch sportlicher Opernregie der Karabinerhaken ist; (und eben spektakulärer) gestalten: ja, dass selbst von den schlechtesten Bei den Festspielen im Tiroler Erl Epigonen der „La Fura dels Baus“Würde das dreigestrichene F fehlen, hat Gustav Kuhn den „Ring“ schon Regietruppe noch Artistik und Mozarts Werk wäre weder besser mal in 24 Stunden durchgepeitscht. Trapezkunst am Schnürboden der noch schlechter – das Publikum aber Pausen wurden da eher zum BoxenTheater geboten werden, dass man stopp wie bei einem 24-Stundenglauben möchte, eher einer Zirkusfühlte sich betrogen. Rennen. Gala denn einer Opernaufführung Nun, Superlative, Rekorde beizuwohnen. Auch Opernregie mehr als die monströse Partitur der Ach- gehören zur Musik, was diese aber weder unterliegt den Moden und deshalb wird zur besser, noch inhaltlich gar größer – meint: ten, die übrigens in der Regel mit einem Zeit viel geturnt und am Seil gehangelt – auf „nur“ 350-köpfigen Chor auskommt. Den- künstlerisch wertvoller – macht. Den Musiund vor allem über der Bühne. noch: Spektakel! Spektakel! Monumental- ker aber lassen Superlative und Rekorde Aber wir wollen das Thema hier ja weiter spektakel! In Caracas nahm der junge Diri- zum Virtuosen werden und als dieser ist er fassen. Wo es um Sport geht, da geht es eben stets auch um Rekorde, um Superla- gent Gustavo Dudamel unlängst den Beina- dann eben dem Sportler doch verdammt nahe. Das dreigestrichene F der Könimen der Achten von Gustav Mahler, jener tive. Und der Superlativ beeindruckt den gin der Nacht in der „Zauberflöte“ ist der Menschen immer und selbst dann, wenn „symbolischen Riesenschwarte“ (Adorno) 48

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höchste Ton für Frauenstimme in der Oper – würde er fehlen, wäre Mozarts Werk zwar weder besser noch schlechter – das Publikum fühlte sich aber doch um einen Virtuosenmoment, um einen sportlichen Akzent betrogen. Das Publikum will eben nicht nur den Sänger, es will auch (!) den Stimmakrobaten – Countertenöre und Koloratursängerinnen mit ihren geläufigen Gurgeln bedienen diesen Wunsch zweifellos am besten. Dennoch bewerben sich für das Guinessbuch der Opern-Rekorde analog auch die tiefsten Männerstimmen: Osmin in der „Entführung aus dem Serail“ (D) oder das tiefe C vom Ochs auf Lerchenau am Ende des 2. Akts „Rosenkavalier“. Der längste Sologesang wäre Brünnhildes Schlussszene in der „Götterdämmerung“ (gut 20 Minuten); die am schnellsten komponierte Oper: Rossinis „Barbier“ (13 Tage); die männerloseste Oper: Puccinis „Suor Angelica“ (14 Solopartien für Frauen); die frauenloseste Oper: Benjamin Brittens Seestück „Billy Budd“ (17 Männer plus Männerchöre)... Man kann den Blödsinn weitertreiben. Wollen wir aber nicht. Deshalb: weg von der Oper und „zurück vom Ring“. Ohnehin können Instrumentalisten noch viel mehr als Virtuosen vor staunendem Publikum glänzen, indem sie mittels Technik „atemberaubend“ zu nennende Geschwindigkeitsrekorde aufstellen und multimedial zu vermarktende Zirkusnummern abziehen. Besonders die Geiger unter den Speedjunkies haben da dem Komponisten Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow und dessen Werk „Hummelflug“ zu danken, einem Musikstück, das bei normalem prestissimo schon klingt wie eine Nähmaschine auf Ecstasy. Erinnert sich übrigens noch jemand an Vanessa Mae? Richtig: Das war jenes geigende Girlie, das in den frühen 90er-Jahren von ihrer Plattenfirma mit Violine in die Meeresbrandung gestellt wurde, als müsse sie sich für einen Wet-T-Shirt-Contest bewerben. Im nassen Hemdchen spielte auch sie höllisch schnell den „Hummelflug“. Irgendwann dann ging Vanessa unter in der medialen PR-Brandung, der Jagd nach Rekorden blieb sie aber treu: Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi will sie nun im Slalom und Riesenslalom für Thailand starten. So bleibt

nachdem er siebenmal (!) nacheinander man im Gespräch, denn andere lassen jetzt den Preis für den schnellsten Klassikpiaauf der Geige PR-trächtig die Rampensau nisten gewonnen hatte. 6000 Noten konnte raus, drücken aufs Tempo und geben dem Liberace in nur zwei Minuten korrekt in die Affen mächtig Zucker. Lange galt David Garrett als der Tasten hauen; zur Zeit ist ein ungarischer Pianist namens Balázs Havasi amtierender schnellste Geiger der Welt. Mit einer Klavier-Weltmeister und steht somit stolz Geschwindigkeit von 13 Noten pro Sekunde im Guinness-Buch der Rekorde. Das Pubfiedelte er den Hummelflug („fehlerfrei und wiedererkennbar“) – in nur 66,56 Sekun- likum will eben den Elefantenmenschen, es möchte staunen; es sucht die Zirkusden. Das brachte den Mann von 2008 bis nummer und Jahrmarktattraktion auch auf 2010 für zwei Jahre als „schnellster Geiger der Welt“ ins Guinness-Buch der Rekorde, Bühne und Podium. Das Zurschaustellen von Wunderkinwobei David Garrett sogar seinen eigenen dern trug dem schon immer Rechnung und Rekord um 1,3 Sekunden unterbot und dass schöne Schwestern, am besten Zwilam 20. Dezember auf eine sagenhafte Zeit von 65,26 Sekunden kam. Diese persön- linge als Pianistenduos brillieren, gehört zwangsläufig ebenfalls dazu. Jetzt aber bitte liche Bestleistung wurde aber am 7. April Ihren Kolumnisten an dieser Stelle nicht 2010 von dem jungen Violinisten Ben Lee falsch verstehen: Die Labèque-Sisters, die geschlagen: Lee brauchte 64,21 Sekunden schönen Twins Güher und Süher Pekinel für dasselbe Stück. Jetzt ist er der schnellste oder Ferhan und Ferzan Önder sind alleGeiger. samt ganz außerordentliche, absolut ernstNun, mit Kunst hat das alles ziemlich hafte und über jeden Krawall erhabene wenig zu tun, mit Zirkusnummern oder Künstlerinnen – und doch ist ihre enge einSportwettkämpfen hingegen viel. Nur, dass eiige verwandtschaftliche Bindung der Versich niemand in Fangzäunen, im Kiesbett marktung von CDs und Konzertauftritten oder an Leitplanken wiederfindet, so er sich im Geschwindigkeitsrausch auf sei- durchaus nicht abträglich. Genau wie eben jene fragwürdige Faszination dem Abverner Geige verhaspelt. Und bevor wir kurz die Speedfinger auf den Klaviertasten wür- kauf von Tonträgern und Tickets nicht schadet, die von reinen Hochgeschwindigdigen, sei der Leser beruhigt. Es geht auch keitskünstlern wie Garrett, Liberace oder anders und zwar völlig entschleunigt: Das Havasi ausgeht. langsamste Musikstück der Welt stammt Nur: Mit Kunst hat die schnelle von John Cage. ASLSP (As Slow As Possible) heisst das Werk. Bei seiner Urauf- „Bedienung“ eines Musikinstruments nichts zu tun. „Es ist unstreitig ein Vorurtführung 1989 brauchte der Organist dafür heil, als wenn die Stärcke eines Clavieristen schlappe 29 Minuten. Aber das ist natürlich in der blossen Geschwindigkeit bestände nicht so slow wie’s möglich wäre. Deshalb wird ASLSP seit 2001 auf der Orgel in der [sic]“, schreibt Carl Philipp Emanuel Bach Burchardikirche in Halberstadt aufgeführt. in seinem „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“ und Bach ergänzt: „Die Das Werk wird 639 Jahre dauern – einmal in eineinhalb Jahren ändert sich ein Ton. Erfahrung lehret es mehr als zu oft, wie die Treffer und geschwinden Spieler von ProDas ist in etwa so meditativ, suggestiv und faszinierend wie der „Rheingold“-Anfang, feßion die nichts weniger als diese EigenLigetis „Atmosphères“ oder eine Perfor- schaften besitzen, wie sie zwar durch die mance von Marina Abramovic – nur dau- Finger das Gesicht in Verwunderung setzen, der empfindlichen Seele eines Zuhöern diese Darbietungen nicht alle bis zum Jahr 2640. Das ist in jedem Fall für Musik- rers aber gar nichts zu thun geben. Sie fans von Vorteil, sofern sie den Schlussap- überraschen das Ohr, ohne es zu vergnügen, und betäuben den Verstand, ohne plaus noch erleben wollen. ihm genug zu tun. [sic]“ Kann man’s schöNein, man kann nicht sagen, dass der Organist von Cages ASLSP ein Mr. Speed- ner sagen? Nein! Und deshalb nun: schnell finger ist. Als dieser galt übrigens der US- Schluss! n Pianist Liberace in den 1950er Jahren, 49


r e s o n a n z

Rätsel des klassischen alltags Was verbirgt sich hinter diesem Text? Mal ehrlich? Müssen wir ernsthaft darüber reden? Besteht da wirklich noch Diskussionsbedarf? Aber gut: wie Sie wollen. Ich sage nur eines und das ein einziges Mal: Zu laut! Einfach zu laut! Einfach. Viel. Zu. Laut! Und da gibt es auch nichts mehr zu rütteln oder zu diskutieren. Es ist eine unumstößliche Wahrheit. Es ist ein Gesetz. Es gibt eben nur diese eine Lautstärke, und die ist: laut. Piano, mezzoforte, crescendo, decrescendo – ach, das kann man doch alles vergessen. Verschenkte Druckerschwärze ist das. Schade ums Papier. Lautstärkenangaben werden grundsätzlich ignoriert. Laut muss es bei uns sein. Brachial. Laut. Ein gewaltiges Gedröhn. Erst dann fühlen wir uns richtig wohl. Tröööööt. Tröt. Tröööt. Das klingt wie das absaufende Nebelhorn der Titanic. Und klingt das etwa schön? Nein, es klingt nicht schön. Aber wir sind unbelehrbar. Dabei geht es doch auch um die Gemeinschaft. Man muss sich doch auch mal in den Dienst für andere stellen können. Sich selbst sozusagen unterordnen. Aber das ist ja gar nicht so einfach. Wir thronen sozusagen über allen anderen. Das kommt ja noch hinzu. Gerade deshalb sollten wir uns mäßigen. Tinnitus ahoi! Aber vielleicht sollte man auch ein bisschen Verständnis zeigen. Schließlich werden wir ja nicht besonders gefordert. Sitzen

die meiste Zeit nur da und warten. Manchmal gehen wir auch zwischendrin einfach raus. Wer kann sich das schon erlauben, wenn er in der ersten Reihe sitzt!? Vielleicht ist da also auch ein bisschen Neid im Spiel. Auf jeden Fall, wenn wir dann mal etwas zu tun haben und nicht mehr nur wie belämmert herumsitzen, dann wird losgelegt. Aber so richtig. Mit Schmackes. Und dann ist es eben da, dieses Gedröhn. Ja, vielleicht wollen wir unsere Sache auch einfach nur richtig gut machen. Und schießen dabei über das Ziel hinaus. Wer weiß es schon. Grundsätzlich scheinen wir ohnehin mehr Spaß zu haben. Trinkfestigkeit sagt man uns nach, HA! Das hat wohl etwas mit unserer Vergangenheit zu tun. Humba humba-täterä! Und in dieser Vergangenheit liegt auch schon der Hund begraben. Klar, dass sich das mit anderen Kulturkreisen nicht so gut verträgt. Und mal ehrlich: Leute, die sich mit Bratschen verstehen, sind doch ohnehin verdächtig. Falls Sie einmal ein so sonderbares Exemplar in Freiheit sehen wollen, dann müssen Sie im Frühjahr und Sommer einfach an einem beliebigen Samstag in eine Kirche gehen. Wahlweise trifft man uns auch auf einem Friedhof an. In diesem Sinne: Ruhe in Frieden, tröööt.

rätsel lösen – und Die Erasmus-Edition gewinnen Wenn ­Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­ Redaktion, Senefelderstraße 14, 80336 München oder per E-Mail an redaktion@crescendo.de. Unter allen richtigen ­Einsendungen verlosen­wir das Buch „Erasmus van Rotterdam: Éloge de la Folie“ inkl. 6 CDs mit La Capella Reial de Catalunya und Hespèrion XXI unter Jordi Savall (Alia Vox). Einsendeschluss: 1 ­ 5. Februar 2013. Viel Glück! Die Gewinnerin unseres letzten Alltagsrätsels ist Marianne Geiß aus Frankfurt. Herzlichen Glückwunsch! Die richtige Lösung hieß „Der Dreiklang“.

leserbriefe Die wichtigsten Anmerkungen und Anregungen zur vergangenen Ausgabe Betreff: Wagner- und Verdikarte I Mit Verwunderung mussten wir feststellen, dass das Anhaltische Theater in Dessau, auch als Bayreuth des Nordens bezeichnet, auf Ihrer Landkarte gar nicht auftaucht. Das ist sehr schade. Unser Theater – eines der größten Bühnenhäuser Europas und kultureller Leuchtturm in Sachsen-Anhalt, kann auf eine über 150-jährige Wagner-Tradition zurückblicken, die 2015 mit der ersten zyklischen Aufführung Wagners „Der Ring des Nibelungen“ seit einem halbem Jahrhundert seine Fortsetzung findet. Nach einer international beachteten „Götterdämmerung“ 2012 gestaltet unser Wagner-erfahrenes Sängerensemble mit renommierten Gästen 2013 „Siegfried“ (Regie: André Bücker), Premiere am 30. März 2013. Franziska Blech, per E-Mail.

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Betreff: Wagner- und Verdikarte II Lieben Dank für diese wunderbare, doppelseitige Karte der Wagner- und VerdiAufführungen! Als Wagnerianer habe ich in diesem Jahr eine gesunde Aufstellung der Aufführungen vermisst. Auch wenn sich mein Heimatort Reutlingen nicht auf dem Opus befindet, weiß ich zumindest nun, in welche Stadt ich mich begeben muss, um den passenden „Ring“ zu finden. Auch den Vergleich der beiden Komponisten fand ich erfrischend, auch wenn ich als Wagnerianer da denke wie Ihr Kolumnist Pascal Morché: die beiden Herren sollte man eigentlich getrennt voneinander ruhen lassen. Karl-Heinz Brasch, per E-Mail.

Betreff: Schokolade Ich vermisse in Ihrem Bericht der vergangenen Ausgabe Hinweise darüber, ob der Kakao fair gehandelt wird und/oder ob Kinderarbeit eine Rolle spielt? Leider kann man sich nicht darauf verlassen, dass höhere Preise „saubere“ Ware garantieren. Ich empfehle dazu die Reportage „Schmutzige Schokolade“ (ARD Mediathek von Montag, 17.12.2012). Ihr appetitanregender Bericht braucht auch die gesellschaftspolitische Recherche, damit wir die Schokolade wirklich genießen können. Alke Buddensiek auf www.crescendo.de.

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gesellschaft

Gute Idee: Die junge Musikergeneration setzt auf Innovation und Nähe zum Publikum (Seite 52) Phänomen Synästhesie: Die Farben der Musik (Seite 58) Reise: Paris aus der Sicht eines Musikers (Seite 62)

Studierende in musischen Studiengängen 10 / 11 (künstlerische Studiengänge, Kirchenmusik, Lehramt, Musikwissenschaft)

24.670 Klassik in Zahlen

Erwerbstätige in Musikerberufen (2011): Musiker……………………………………………………………………………………………………………………………………………… 62.000 Darstellende Künstler / Sänger…………………………………………………………………………………………… 50.000 Lehrer für musische Fächer*……………………………………………………………………………………………… 58.000 davon selbständig: Musiker……………………………………………………………………………………………………………………………………………… 35.000 Darstellende Künstler / Sänger…………………………………………………………………………………………… 32.000 Lehrer für musische Fächer*……………………………………………………………………………………………… 32.000

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Musikerberufen (2011): Musiker……………………………………………………………………………………………………………………………………………… 18.366 davon arbeitslos: ………………………………………………………………………………………………………………………… 668 Darstellende Künstler / Sänger……………………………………………………………………………………………… 21.756 davon arbeitlos: ………………………………………………………………………………………………………………………… 2.452 Lehrer für musische Fächer*…………………………………………………………………………………………………18.275 davon arbeitlos: …………………………………………………………………………………………………………………………1.246 * außerhalb allgemein bildender Schulen (darunter hauptsächlich Musiklehrer, aber auch Kunst- und Zeichenlehrer)

Foto: ebraxas/Fotolia.com

Altersstruktur in Musikerberufen (2011): unter 30 Jahre alt……………………………………………………………………………………………………………………… 23.000 30 bis 55 Jahre alt…………………………………………………………………………………………………………………… 112.000 55 Jahre und älter……………………………………………………………………………………………………………………… 35.000

Quelle: miz - Deutsches Musikinformationszentrum

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g e s e l l s c h a f t

Gute Ideen Frischer Wind, statt Neujahrsdepression: Immer mehr junge Musiker nehmen ihre Karriere selbst in die Hand und überraschen mit neuen Wegen der klassischen Musik und Kunst. Unsere Autoren haben mit der „neuen Generation“ gesprochen und stellen fünf vielversprechende Projekte vor. vo n C l e m e n s M at u s c h e k , M a rt i n M o r g e n S t e r n , A n n a N o v á k u n d A n t o i n e t t e Sc h m e l t e r d e E s c o b a r

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do.gma chamber orchestra: Da ist zum Beispiel der Geiger Mikhail Gurewitsch, das bekannte Gesicht des do.gma chamber orchestra und Gewinner eines ECHO Klassik 2012: Gurewitsch ist fest davon überzeugt, dass der klassischen Musik eine positive Zukunft bevorsteht. Der aus St. Petersburg stammende Violinist und seine Kollegen schauen nach vorne und suchen sich selbstbestimmt und selbstbewusst ihre Nische, in der sie arbeiten möchten. Gurewitsch sagt: „Wir machen Konzerte, in denen man sich zuhause fühlen darf.“ Das do.gma chamber orchestra beschreitet schon seit acht Jahren seinen eigenen musikalischen Weg. Die Musiker wollen das Gefälle zwischen Publikum und Orchester aufbrechen. Gurewitsch, der Gründer des Kammermusik-Kollektivs, erzählt, man solle sich fühlen, als säße man mit dem Musiker 52

an einem Tisch und unterhalte sich mit ihm auf eine spannende, anregende und irgendwie sprachlose Weise. Der Russe moderiert die Konzerte seines Orchesters, stellt den Stücken kleine Anekdoten und die nötige Information bei. Mit einem Augenzwinkern sagt er: „Und wenn man dann hinterher irgendetwas immer noch nicht verstanden hat, dann darf man auch einfach nochmal nachfragen.“ Denn nach dem Konzert bieten die Musiker die Möglichkeit zum Gespräch. Die 16 Orchestermusiker – das Durchschnittsalter liegt knapp über 30 Jahren – wollen sich der Musik völlig undogmatisch nähern, das suggeriert schon der Name „do.gma“, der von Lars von Triers FilmManifest „Dogma 95“ inspiriert ist. In den Proben kommt es daher schon mal zur Diskussion, wenn jeder der Musiker seine eigenen Ideen miteinbringen will. „Kammermusik zu machen, ist eine Art Lebensentwurf. Deswegen machen wir es so gerne. Bei uns läuft alles sehr demokratisch. Allerdings kommen wir aus völlig unterschiedliwww.crescendo.de

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(unten) Mikhail Gurewitsch und das do.gma chamber orchestra wollen, dass sich das Publikum zuhause fühlt.

(von links nach rechts) Das Tanzorchester Suse Tietjen setzt auf interdisziplinäre Kunst, das „quartet-lab“ testet ein gemeinsames Klangideal, die Europäische Kammerphilharmonie Dresden lädt ihre Zuschauer über ­Facebook in den Club ein, und die „2Cellos“ wollen rocken.

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Europäische Kammerphilharmonie Dresden: Eine kleine, verschworene Mannschaft stemmt sich gegen das allgegenwärtige Orchestersterben: In Dresden gründete sich letztes Jahr die „Europäische Kammerphilharmonie Dresden“. Ein Konzert. Silberrücken allerorten; distinguierte Herrschaften, juwelenklimpernde Gäste. Kaum ein Student verirrt sich hierher. Orchester weltweit haben dieses Problem, und nicht erst seit gestern. Aber es tut sich wenig – man will das Publikum, das freiwillig kommt, nicht durch allzu forsche Umwälzungen verschrecken. Begütigend heißt es stattdessen: Die Hörer müssen erst mal ein bestimmtes Alter erreichen, dann wird das schon. Was, zu teuer sind die Karten für junge Leute? Nein, am Preis kann es nicht liegen: Eine Kinokarte ist doch teurer als die Karten im Rang! Nein, am Preis liegt es nicht, da würde der Geiger und Dirigent Pedro Morais Andrade, der momentan an der Dresdner Musikhochschule studiert, zustimmen. Aber vielleicht an dem Unbehagen, sich in einem Saal voller fremder Leute zwei Stunden lang einem unverständlichen Gottesdienst auszusetzen? Als Konzertmeister hat Andrade bereits in einer Vielzahl internationaler Orchester gespielt, seit 2010 studiert er Orchesterdirigieren. Der Musiker fragt sich: Warum studiere ich zehn Jahre – und wie gestalte ich danach meinen Beruf? Warum denken wir alle nicht genereller über die Situation des klassischen Musikbetriebs nach? Letztes Jahr kam er zu dem Schluss: Die alte Tradition des Konzertbetriebs braucht frisches Blut, neue Ideen, aber auch ein neues Publikum! Er hatte eine Idee: Wir machen etwas ganz Neues. Wir gründen ein Orchester. Unser Geheimnis ist: wir sind anders. Das macht uns reich. Die

Foto:s Jonas Radkte; EKDD; Chris Dodd; Smallz & Raskind; Gulicka, BERTHOLD Records

chen musikalischen Hintergründen. Unser eigentlich klassischeausgebildeter Bassist beispielsweise hat früher auch in einer Heavy Metal Band gespielt“, sagt Gurewitsch. Er lernte an einer russischen Spezialmusikschule für hochbegabte Kinder in St. Petersburg (gründete aber neben seinen klassischen Studien ebenfalls eine Rockband). Das Besondere an seinem Orchester sei aber nicht nur die Außenwirkung – das Spielen im Stehen, der Kontakt zu den Menschen über die Musik, der kommentierte Charakter der Konzerte – sondern in erster Linie die Musik. „Die Musik wird für uns immer an erster Stelle stehen. Das Besondere ist: Wir interpetieren die Werke aus der Sicht einer jungen Musikergeneration, die beeinflusst ist von der Klangwelt um uns herum.“ Das do.gma chamber orchestra pflegt eine solistische Attitüde des Musizierens: „Jede Stimme ist sehr markant, das arbeiten wir manchmal bis zum Extrem aus.“ Glattpoliert klingt da gar nichts. Aber voller Lebensfreude, musikalisch durchdacht, mit gemeinsamem Ensemblegeist und sehr lebendig! Mit dieser Art zu konzertieren könne man ganz verschiedene Arten von Menschen mitnehmen, freut sich Gurewitsch. „Wir kommunizieren eine emotional sehr vielschichtige Musik, mit der man selbst einen musikalisch bisher nur von Konserven zugedröhnten Zuhörer mitnehmen kann.“ Wo es hingeht? Gurewitsch zeigt sich visionär: „Vielleicht ist unsere Art zu spielen wirklich die Zukunft des Konzertlebens. Die Zuschauer wollen doch nur wissen, was diese Menschen dort oben auf der Bühne bewegt, dann nehmen sie die Musik ganz anders auf. Wenn wir sie an der Hand nehmen und erklären, wer diese komischen Menschen mit ihren Instrumenten sind, dann gibt es kein Gefälle mehr zwischen ihnen und uns. Wir sind ja keine Aliens!“


g e s e l l s c h a f t

Energie, die die Musiker mitbringen, bringt erstmals an die Öffentlichkeit trat (nach einem Werkstattkonzert einen anderen Klang mit sich. Andrade beim Aldeburgh-Festival): Beethovens „Quartett serioso“, zwei sammelte Musiker, Studenten der DresdWerke von Bartók und Esa-Pekka Salonens „Homunculus“. Rupner Musikhochschule; aber auch erfahrepige, widerborstige Musik also, die nicht von Schönklang und Liebnere Kollegen. Ein paar fanden sich, vom reiz lebt, sondern von Energie und Temperament. Freistaat Sachsen frisch entlassen: die Ein Klangideal und programmatisches Konzept, auf das „Landesbühnen Radebeul“ waren mit sich die vier gut einigen können. Die drei höheren Streieinem D-Orchester fusioniert und cher pflegen auch solistisch ein breites Repertoire mit tariflich herabgestuft worden. ausgedehnten Ausflügen in die Moderne. Besonders Bloß raus hier, dachten einige Kopatchinskaja und Kuusisto, die beiden Geigen, die da. Andrade musste nicht lange sich in der Führungsrolle abwechseln, teilen viele erklären. Das Miteinander am Interessen: die Freude an unkonventionellen CrossPult funktionierte sofort. over-Projekten, die Liebe zur heimatlichen moldaEin erstes Promo-Konwischen bzw. finnischen Volksmusik und die darauf zert spielte die neu gegründete aufbauende, meisterhafte Improvisation, die auch „Europäische Kammerphilschon ins Debütkonzert einfloss. Pieter Wispelwey harmonie Dresden“ in einem am Cello dagegen hebt sich nicht nur aufgrund Club. Kürzlich hatte sie einen seines Alters etwas ab, sondern auch durch seine WurDirigent Pedro Morais Andrade Auftritt in einem Stadtteilhaus. zeln in der historischen Aufführungspraxis. Lilli MaiÜber ihre Facebook-Community kündigen die Organisatoren die jala ist sicherlich die am wenigsten Arrivierte der vier; die ehemaTermine an, binnen Stunden sind die meisten Karten weg. Die lige Bratschenstimmführerin des Helsinki Philharmonic Orchestra Konzerte des Orchesters sollen ein Treffpunkt für alle Menschen machte aber bereits beim ARD-Wettbewerb auf sich aufmerksam. werden, Musikliebhaber wie Konzertfrischlinge. Und wenn die sich Wie diese vier vielseitigen Musiker neben ihren zahlreichen da vorn warmspielen, und man guckt etwas fragend, sagt der NachSoloprojekten noch Zeit zum gemeinsamen Proben finden wollen, bar: Hey, die müssen doch die Saiten erst mal stimmen. Und dann bleibt ihr Geheimnis. Nach den positiven Reaktionen zum Grünkommt was von Vivaldi, dreihundert Jahre alt! Prost! dungskonzert sind jedenfalls bereits weitere Auftritte in der Saison 13/14 geplant, unter anderem im Konzerthaus Berlin, der Londoner Wigmore Hall und am 20.9. beim Beethovenfest Bonn.

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quartet-lab: Die moderne Supergroup Als „Supergroup“ wird in der Popmusik ein Zusammenschluss von Musikern bezeichnet, die zuvor in anderen Bands zu Ruhm und Ehren gekommen sind. Auch in der Klassik ist das Phänomen immer wieder zu beobachten: Starsolisten, so lautet die Erkenntnis, möchten hin und wieder auf hohem Niveau Kammermusik machen. Man denke nur an jene legendäre 1969er Aufnahme von Schuberts „Forellenquintett“ mit Daniel Barenboim, Itzhak Perlman, Pinchas Zukerman, Jacqueline du Pré und Zubin Mehta. Nun hat sich erneut ein Kollektiv von Spitzenmusikern zusammengefunden, in diesem Fall zum Streichquartett. „quartet-lab“ nennt sich die neue Formation, bestehend aus den Geigern Patricia Kopatchinskaja und Pekka Kuusisto, der Bratschistin Lilli Maijala und dem Cellisten Pieter Wispelwey. Gemeinsam möchten die Vier das so überaus reichhaltige Quartettrepertoire erkunden, allerdings unter einem speziellen Blickwinkel: „quartet-lab ist eine Art Laboratorium“, lassen die Das „quartet-lab“ will Musiker verlauten, „ein Forum, in musikalisch experimentieren. dem wir lieber neue Fragen stellen als alte Antworten hören.“ Was sich zunächst recht allgemein liest, gewinnt Bedeutung, wenn man sich beispielsweise das Programm anschaut, mit dem das Quartett letzten September in Dortmund 54

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Tanzorchester Suse Tietjen: Die Hamburger Choreografin Suse Tietjen macht Musik, die man sehen kann. Am Anfang stand der Wunsch einiger gehörloser Freunde: „Kannst du nicht einen Tanz choreografieren, der die Musik so transportiert, dass auch gehörlose Menschen sie wahrnehmen können?“ Tietjen, die nach ihrer Tanzausbildung selbst Gebärdensprachdolmetschen studiert hat, sagte spontan ja. Der erste Tanz kam so gut an, dass aus der Idee bald ein konkretes Projekt wurde – ein „Tanzorchester“. „Der Name ist Programm“, sagt Suse Tietjen, „bei uns fungieren die Tänzer als Instrumente“. Konkret bedeutet das: Die Körper winden sich rhythmisch zu den Schlägen der Musik. Mit ausholenden, weiten Bewegungen gestalten sie Legato-Bögen. Und bei Staccati? Da zucken die Tänzerinnen mit den Körpern, bäumen sich kurz auf. Sind es homophone Sätze, wiegt sich das Tanzorchester wie eine einzige Masse. Bei polyphonen Konstrukten wird jeder zum Solisten, Motive ziehen sich nach und nach durch die Gruppe. In diesem Jahr hat die 26-jährige Choreografin bereits das dritte abendfüllende Programm auf die Beine gestellt. Unter dem Titel „Stimmen der Wasser“ vertanzte das 18-köpfige Tanzorchester erstmals auch eigens für die Kompanie angefertigte Musik des jungen Komponisten Hannes Wittmer. „Bei ‚Stimmen der Wasser‘ suchte ich nach fließenden Klängen, die die Fähigkeit haben anzuschwellen und abzuebben.“ Thematisch lässt sich Tietjen gern von der Mythologie inspirieren, so ist die Wahl der Musik bisher mehrfach auf isländische Komponisten gefallen. „Bei ‚Kopfgeburt‘ haben wir mehr denn je den Wunsch gehabt, mit unserem Tanz den Klang eines Orchesters darzustellen. Ich habe mich also für vielschichtige neoklassische Cello-Sinfonien entschieden, die mir einen großen Klangkörper und viel Klangraum anboten, den meine Tänzerinnen mit Bewegungen füllen konnten.“ www.crescendo.de

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Die Tänzerinnen des Tanzorchesters bringen unterschiedliche Erfahrungen und Talente mit, erzählt die Choreografin. „Manche sind noch in der Ausbildung, manche fertige Tanzpädagogen oder Bühnentänzer. Wir sind ein großer Mischmasch, deswegen ist mir auch der interdisziplinäre Ansatz so wichtig“, lacht sie. In den vergangenen Jahren arbeitete das Tanzorchester mit Architekten, bildenden Künstlern, einem Autoren und klassischen Musikern. Diese Richtung will Suse Tietjen weiterverfolgen. Dafür hat sie sich im letzten Jahr die Tänzerin und Choreografin Melanie Holt als Unterstützung hinzugeholt: „Ich möchte das Tanzorchester verstärkt im sogenannten Screendance etablieren, also im Tanz für die Kamera.“ Ein Tanzfilm ist für das Frühjahr geplant, die Aufführung „Stimmen der Wasser“ wird im Sommer durch Deutschlands Norden touren. Derzeit lebt Suse Tietjen für zwei Jahre in London. Sie setzt ihre Tanzstudien fort und sammelt in der großen Metropole Inspiration für neue Projekte: „Dem Tanz und der Musik möchte ich weitere Komponenten hinzugefügen: Projektion, Film, Live-Aufnahmen. Hierbei werde

Die Hamburger Choreografin Suse Tietjen.

Rock’n’Cello Das Klassik-Duo „2Cellos“ mischt Rock und Pop ins Repertoire

Sie kommen gerade aus der Schweiz, ist, wenn man Aufmerksamkeit auf seine machen nach München kurz Stopp in Ideen ziehen will. Dass das in unserem Zagreb und fliegen dann weiter nach Fall auf Anhieb funktionierte, war aber New York. Kein Wunder, dass Stjepan trotzdem ein Wunder. Wir wissen nicht, Hauser und Luka Šulić, kurz 2Cellos, wie sich das Video weiterverbreitet hat. etwas erschöpft im Sofa des Motel One Aber plötzlich wurde es auf wichtigen Seisitzen. Im Interview laufen die beiden ten wie MSN oder Yahoo gepostet. Dann 1986 bzw. '87 geborenen Kroaten aber riefen TV-Shows, Plattenlabels und Elton zu gewohnt wilder Form auf, während John an... sie über ihre Lust auf Klangexperimente Wie waren die Reaktionen auf Ihre und Adrenalin-Kicks beim Cellospielen Musik? sprechen. Auch das ist Teil einer neuen Šulić: Im Klassikbereich gibt es konMusikergeneration: Crossover. servative Menschen, die damit nichts crescendo: Pop, Rock, Klassik – was anfangen konnten. Aber ansonsten kam genau spielen Sie? sie super an. Was wir tun, bewegt sich Stjepan Hauser: Ganz einfach Musik, die aber auch auf einem hohen Level und ist Stjepan Hauser und Luka Šulić wir nicht in Genres einteilen wollen. technisch anspruchsvoller als manches Luka Šulić: Wir nehmen Pop und Rock und geben ih durch unsere klassische Stück. Spielweise mit dem Cello eine klassische Dimension. Das Cello ist Haben Sie da überhaupt noch Lust auf „normale“ Klassik? ein sehr berührendes, intimes Instrument, das aber auch wie eine Hauser: Interessanterweise mehr als zuvor, weil wir sie nicht mehr so E-Gitarre rocken kann und insofern sehr vielfältig ist. Wir wollen oft spielen. Das ab und zu zu tun, fühlt sich frischer an als früher und zeigen, was es alles leisten kann. hilft uns, in Form zu bleiben. Wir planen sogar ein klassisches Album. Woher kam die Idee zu diesem Mix? Außer Ihnen ist auch David Garrett mit einer Kombination aus Hauser: Während unserer Ausbildung haben wir beide das konvenCrossover und Klassik sehr erfolgreich. Finden Sie es wichtig, auf tionelle Cello-Repertoire gelernt. Aber dann wurde uns klar, dass wir diese Weise ein breiteres Publikum anzusprechen? uns selbst beschränken würden, wenn wir den Rest unseres Lebens so Šulić: Unbedingt. Viele klassische Musiker konzentrieren sich auf weitermachen. Deshalb haben wir beschlossen, kreativer zu sein und Details, die nicht jeder Zuhörer nachverfolgen kann. Zum Beispiel aufregendere Möglichkeiten auszuloten. sind sie so von der Partitur besessen, dass ihnen die Kraft eines Was verbindet Sie außerdem noch? Stücks entgeht. Hauser: Chemie! Hauser: Schließlich geht es ja nicht nur um die Noten. Sondern auch Šulić: Und ein bisschen Wettbewerb. Wir pushen uns gegenseitig. darum, zu unterhalten und in Kontakt mit den Zuhörern zu kommen Eins und eins sind nicht zwei, sondern drei – kurzum „In2ition“, wie – so, wie es der Dirigent Gustavo Dudamel tut. Der kann mit seinem unser neues Album heißt. Charisma für Klassik begeistern, selbst wenn man sich kaum aus2011 wurden Sie schlagartig bekannt, als Sie Ihre Version von kennt. Leider gibt es nicht viele Persönlichkeiten, die die Kraft haben, Michael Jacksons Song „Smooth Criminal“ als selbstgedrehtes Menschen so zu beeindrucken und eine Art Revolution anzuzetteln. Video auf YouTube stellten. Warum haben Sie diesen Weg an die Das Album „In2ition“ ist Ende Januar bei Sony Music erschienen. Am 12., 13., 15. und 16. März Öffentlichkeit gewählt? Hauser: Weil wir wussten, dass das Internet heute das Power-Werkzeug kommen 2Cellos zu Konzerten nach Frankfurt, München, Hamburg und Berlin. 55

Foto: EEKD, Chris Dodd, Maria Gilbert, Smallz & Raskind

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ich mich wieder auf ein komplettes Werk zweier isländischer Komponisten konzentrieren. Gemeinsam mit den Medien sollen dann neue Räume und Möglichkeiten entdeckt werden, Musik tänzerisch und technisch darzustellen. Es gibt noch vieles zu entdecken!“, freut sich die Künstlerin. Dabei hält sie es wie der russische Choreograf George Balanchine: „I must show them the music. Music must be seen.” Und genau das hat sie mit ihren Choreografien schon geschafft: Man sieht die Musik – und man kann gar nicht wegschauen.


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Neue Dichter Auch ein modernes Opernlibretto muss nicht konservativ sein: Autorin Julia Hartel über ein Genre, das bei den neuen Wegen nur ein Motto kennt: „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“ Eine gute Oper verlangt ein gutes Libretto. Davon wusste schon ten sie nach Meinung von Detlev Glanert eine „allgemeinverständWolfgang Amadeus Mozart, der 1783 in Wien eine neue Opera liche Sprache“ aufweisen, die trotzdem „ein großes poetisches buffa machen will, ein Lied zu singen: „Ich habe leicht 100 – Ja wohl Potential“ birgt. Dabei ist metrisch Gebundenes aber definitiv „für mehr Bücheln durchgesehen – allein – ich habe fast kein einziges mich nicht mehr vertonbar“. Dass andere Komponisten das völlig anders empfinden köngefunden mit welchem ich zufrieden seyn könnte (…)“, grummelte nen, zeigt etwa die Oper „Mikropolis“, deren von Michael Frowin er einst in einem Brief an Vater Leopold. Zeitgenössische Tonkünstler scheinen es da nicht leichter zu stammendes Libretto neben dialogartigen auch gereimte Passagen haben. „Die Librettistenwahl ist eine heikle Angelegenheit“, weiß enthält. Christian Jost vertonte es für die Komische Oper Berlin, Komponist Detlev Glanert, der mit „Der Spiegel des großen Kai- und die Uraufführung 2011 war ein Erfolg. Auch hinsichtlich der Länge scheint sich das zeitgenössisers“ (Mannheim 1995), „Joseph Süß“ (Bremen 1999), „Das Holzschiff “ (Nürnberg 2010), „Solaris“ (Bregenz 2012) und anderen sche Libretto nicht festlegen zu wollen. Als Beispiel für extreme Werken über ein repräsentatives Maß an Opernerfahrung verfügt. Kürze sei Helmut Lachenmanns Libretto zu „Das Mädchen mit „Ein Librettist muss dichterisch begabt sein, er muss sich aber auch den Schwefelhölzern“ genannt (Hamburg 1997), das aus wenigen mit Theater und Musik auskennen.“ Wenn Glanert unter diesem verzweifelt dahergestammelten Äußerungen besteht und desAspekt die Entwürfe durchsieht, die ihm Hobbylibrettisten sta- halb mit nur zwei Druckseiten auskommt. In Fragen der Stoffe bzw. Textvorlagen scheint die Vielfalt pelweise zuschicken, geht es ihm meist nicht anders als Mozart damals. Anders-herum funktioniert es bei ihm deutlich besser: Er ähnlich groß zu sein – was sie aber ebenfalls nicht von Anfang stößt auf Stoffe oder Textvorlagen, die ihn „packen“, diskutiert sie an war. In den italienischen und französischen Libretti des 18. mit einem Theater, diskutiert mit dem Theater auch in Frage kom- Jahrhunderts dominieren antik-mythologische Stoffe, später mende Librettisten, und erarbeitet dann „in engster Fühlung“ mit auch religiöse Themen, die dann durch sentimentale, später diesen seine Werke. Denn, so Glanert, „Musik und Text müssen auch märchenhafte und schließlich düster-ernste Stoffe ergänzt werden. Nach 1800 wird das Bühnengeschehen handlungsreisich vereinigen.“ cher, es finden sich viele tragische Stoffe, oft mit geschichtDas war nicht immer so: Wenn im 18. Jahrhunlichem Hintergrund. In Deutschland entsteht im dert ein Komponist Gefallen an einem Libretto 18. Jahrhundert das Singspiel mit Anteilen des – sagen wir – eines Pietro Metastasio fand, Rührstücks und der Zauberposse, im konnte er vertonen, was da stand – oder frühen 19. Jahrhundert sind natures bleibenlassen. Der Text war fix und ferhafte, übernatürliche oder biedermeitig, eine Zusammenarbeit zwischen Liberliche Stoffe besonders beliebt. Im rettisten und Komponisten gab es weiteren 19. Jahrhundert beginnt nicht. Auf dem Weg in Richtung die Sache mit Berlioz, Wagner und MusModerne änderte sich das, und sorgskij noch „unübersichtlicher“ zu um die vorletzte Jahrhundertwerden – literarische Stoffe, germanische wende geben zum Beispiel die intenGötter, russische Geschichte ... siven Briefwechsel zwischen Johann Und heute? „Mein Eindruck Strauß und Hugo von Hofmannsthal ist, dass heutzutage sogar häufiger auf ein Zeugnis von dem nunmehr – und bekannte, also klassische oder antike Vorbis heute – überaus engen Zusammenlagen zurückgegriffen wird, als dass sich wirken von Text- und Tondichtern bei der Librettisten komplett neue Stoffe ausdenken“, Opernkonzeption. meint Michael Frowin. Ein Blick in die OpernDoch wie unterscheiden sich zeitgenösUraufführungen der letzten 10 bis 20 Jahre scheint sische Libretti sonst noch von den „Klassikern“ Immer noch modern: dies zu bestätigen: Mythologische Stoffe („Babyvon früher? Die vielleicht plakativ erscheinende, Historische Libretti. lon“, Peter Sloterdijk/Jörg Widmann, München jedoch nicht minder treffende Antwort lautet: Es gibt heute offenbar nichts, was es nicht gibt – zumindest im Rah- 2012) haben es zeitgenössischen Librettisten anscheinend noch genauso angetan wie die Biografien historischer Figuren („Kepmen der technischen Umsetzbarkeit auf der Opernbühne. Da wären zum einen Form und Sprache. Bis zur Moderne ler“, Martina Winkler/Philip Glass, Linz 2009). Doch egal ob alter waren Libretti selbstverständlich in Reimform verfasst. Heute soll- oder neuer Stoff: Es wird immer noch sichtlich Wert darauf gelegt, 56

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aktuelle, evtl. zeitkritische Schwerpunktsetzungen vorzunehmen. Opern sollen offenbar relevant sein für ihre jeweilige Realität. Das ist auch Frowin wichtig. „Ich versuche immer, ganz nah dran zu sein am Heute“, erklärt er. Sein erstes bekanntes Operntextbuch war dasjenige zu „Angela“, angelehnt an die Merkel-Biografie „Das Mädchen und die Macht“ von Evelyn Roll. Die Oper wurde 2002 in der Neuköllner Oper Berlin uraufgeführt (Musik: Frank Schwemmer). In der Insekten-Oper „Mikropolis“, die das Leben in der Großstadt aus Sicht von Käfern, Spinnen und Fliegen beschreibt, geht es um das Miteinander der unterschiedlichsten Stadtbewohner. In „Robin Hood“ (Komische Oper Berlin 2008, Vertonung wiederum durch Schwemmer) trifft ein computerspielender Junge des 21. Jahrhunderts auf den mittelalterlichen König der Diebe. Wie schon gesagt: Es scheint beinahe keinen Stoff zu geben, aus dem sich keine Oper machen ließe. Für Kinderopern ist der

Fundus wohl unerschöpflich. So würden sich etliche Sagen aus dem Volksgut sicherlich für die Opernbühne eignen, zum Beispiel diejenige von der „Silberfee“, die im Silberberg im Bayerischen Wald lebt und in Not geratenen Armen hilft. (Übrigens: Kinder­ opern finden sich unter den Opernklassikern von früher nicht; als Operngenre gibt es sie erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.) Ansonsten stellt auch der aktuelle Buchmarkt eine reichhaltige Quelle an Material bereit. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Oper auf Grundlage des Romans „Der Geschmack von Apfelkernen“ von Katharina Hagena? 2008 veröffentlicht, 1,1 Millionen Mal verkauft. Sehr poetisch, sehr tiefsinnig; auch Liebe, Tod und ein Hauch Übersinnliches fehlen nicht. Die Geschichte wird derzeit verfilmt, wäre aber auch als Oper vorstellbar. Ein professioneller Librettist möge die Ideen prüfen. 57

Fotos: Verlag Jacoby & Stuart, 2010; PR

Michael Frowin und sein Comic-Libretto: „Ganz nah dran sein am Heute.“


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Die

Farben der Musik Einige Musiker behaupten, sie würden individuelle Instrumente als Farben wahrnehmen. Sind sie verrückt oder leiden sie an Synästhesie? vo n m a rt i n m o rg e n s t e r n

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s tickt, und wenn es runterfällt, ist es gelb.“ Was für die einen klingt wie eine witzige Denkaufgabe, ist für einige unter uns auf rätselhafte Weise Teil ihrer alltäglichen Wahrnehmung. Unbewusst, ungewollt haben sie beim Hören von Geräuschen, von Tönen und ganzen Musikstücken lebhafte Farbvorstellungen, die sich wie eine Art innerer Filter über ihre Höreindrücke legen. Diesen Effekt, „Synästhesie“ genannt (vom griechischen σύν (syn), das „zusammen, zugleich“, und von αἴσθησις (aisthēsis), was „Eindruck“ bedeutet), genau zu beschreiben, tun sich die „Betroffenen“ mitunter schwer. Es kann ja auch verwirrend bis verstörend sein, wenn niemand anders die eigenen Wahrnehmungen teilen kann oder sogar verheerend andere Eindrücke empfindet. So zitiert etwa der Neurologe Oliver Sacks einen Synästhetiker, der beim Lesen einer Passage seines kurzweiligen Buches „Der einarmige Pianist“, in der D-Dur als „blau“ bezeichnet wird, einen Übelkeitsanfall bekam. Für den farbhörenden Leser war bis dahin sonnenklar gewesen, dass D-Dur ausschließlich und für alle Menschen dieser Welt zinnoberrot sein müsse! „Farbenfrohe, formlose optische Wahrnehmungen“ – so umschrieb der Wissenschaftsjournalist und Komponist Robert Jourdain diese Sinnesempfindungen in seinem 1998 erstmals ­ erschienenen Bestseller „Das wohltemperierte Gehirn“. Photismus lautet der Fachausdruck für das Phänomen, wenn Farbvorstellungen durch Töne und Musik hervorgerufen werden. Psychologen und 58

Musikforscher widmeten sich diesem Gebiet allerdings nur zögerlich. Wie sollte man auch Effekte, bei denen man ausschließlich auf subjektive Erlebnisberichte einzelner Synästhetiker angewiesen ist, wissenschaftlich untersuchen? Nachprüfbar oder verallgemeinbar schien hier lange Zeit so gar nichts zu sein. Immerhin, in den letzten Jahren interessiert sich die Hirnforschung für das Phänomen des Farbenhörens – beziehungsweise des Tönesehens. Wie das „Neue Handbuch Musikpsychologie“ übersichtlich für uns zusammenfasst, ist es legitim, von Synästhesie zu sprechen, wenn die betreffenden Erlebnisse unwillkürlich auftreten, räumlich, einprägsam und emotional sind - und vor allem: beständig! Über Jahre stabil nämlich sind die Wahrnehmungskopplungen meistens, auch wenn die Zusammenhänge für einen Nicht-Synästhetiker auf den ersten Blick völlig unlogisch oder geradezu widersprüchlich erscheinen. Etwa, wenn Evelin Moga, eine Synästhetikerin aus meinem „Musikpsychologie“-Seminar, erzählt, dass für sie Blechbläser hellblau klingen oder die Feuerwehr, mit der wohl die meisten Erdenbewohner ein knalliges Rot verbinden würden, in ihr stets hellgrüne Empfindungen auslöst. Wenn Evelin Moga versucht zu beschreiben, was sie sieht, wenn sie bestimmte Musik hört, fallen Formulierungen wie „Hundebellen klingt dunkelblau“ oder „eine 64 sieht rot aus, und etwas gelb“. Alle Tonarten haben für die Studentin festgelegte Farben, wie auch Wochentage, Studienfächer, menschliche Stimmen oder die Songs, die sie im Radio hört. Und auch sie kennt das maue Gefühl, wenn Farben und Töne in der Realität anders gekoppelt sind als in ihrem www.crescendo.de

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Die Orchesterstimmgruppen, wie Evelin Moga sie hört:

eigenen synästhetischen Kosmos: Wenn der Lichttechniker während des Livekonzerts ein bestimmtes Schmuselied rot ausleuchtet, während sie „blau, blau, blau!“ hört. Ähnlich unangenehm sei das wie die Reizüberflutungen, die wir alle aus großen Kaufhäusern kennen. Klaus-Ernst Behne, der Autor des Synästhesie-Artikels im erwähnten Handbuch, hat dem Phänomen des Farbenhörens schon viele Forscherjahre gewidmet. Unklar bleibt für ihn bis heute, ob und gegebenenfalls welche Ereignisse der Kindheit bei der Genese individueller Synästhesien eine Rolle gespielt haben. So könnte man beispielsweise vermuten, dass sich bei Farbenhörern bestimmte Wahrnehmungskopplungen beim Lesen von illustrierten Kinderbüchern oder beim frühen Instrumentalunterricht mit farbigen Notenabbildungen o.ä. verfestigt haben – und sie sich im späteren Leben an die Ursache der Kopplung einfach nicht mehr erinnern. 2005 beschrieben drei Forscher in der Zeitschrift „Nature“ unter dem Titel „Synästhesie: wenn farbige Klänge süß schmecken“ erstmals den außergewöhnlichen Fall einer Musikerin, die beim Hören unterschiedlicher Intervalle verschiedene Geschmacksrichtungen auf ihrer Zunge spürte. Wie verbreitet sind synästhetische Fähigkeiten nun eigentlich allgemein? Darüber – und auch, ob mehr Frauen als Männer synästhetisch veranlagt sind, besteht bis heute Unklarheit. Sicher ist nur, dass die Fähigkeit jedoch familiär gehäuft auftritt. Eine aktuelle Schätzung lautet auf vier Prozent der Bevölkerung; diese Zahl könnte jedoch durch Auswahl der befragten Personen, ihr Alter, ihren Beruf etc. beeinflusst sein. Unter den fünfzig Studenten mei-

nes Seminars waren immerhin zwei, die sich als starke Synästhetiker bezeichneten, und einige mehr, die zum Beispiel Wochentage oder Ziffern sofort mit Farbeindrücken in Zusammenhang brachten. Bei einer Untersuchung im Jahr 1989 wollte gar ein knappes Viertel (!) der mehreren hundert Befragten einer Kunstschule bei sich selbst synästhetische Fähigkeiten ausgemacht haben. 2010 versuchten zwei Schweizer Psychologen, über einen Farb-Zuordnungstest den Anteil von Synästheten unter Kunststudenten genauer zu bestimmen. Ihr Ergebnis: sieben der neunundneunzig Teilnehmer wurden entsprechend eingeordnet, im Vergleich zu nur 2 Prozent einer Kontrollgruppe. Die Gründe für den Unterschied bleiben jedoch nach wie vor im Dunkeln. Also bitte, liebe „crescendo“-Leser, starten wir doch mal unseren eigenen Feldversuch. Ist Ihre Hausnummer eine gerade Zahl? Dann backen Sie bitte ab sofort für Ihre Kinder Geburtstagskuchen mit folgenden Marzipan-Farbkodierungen: eine dicke rote „Eins“ zum ersten, eine süße hellblaue „Zwei“ zum zweiten und eine festlich kanariengelbe „Drei“ zum dritten Geburtstag – und singen „Happy Birthday to you“ am ersten Geburtstag ihres Sprößlings in F-, am zweiten in A- und am dritten in C-Dur. Wohnen Sie in einem Haus mit ungerader Nummer, backen sie bitte eine satt-dunkelblaue Eins, eine knallorange Zwei und eine quietschgrüne Drei, und singen in B-, G- und Es-Dur. Ich verspreche Ihnen: in zehn Jahren kippt Klaus-Ernst Behne beim Auswerten seiner jüngsten Forschungsdaten die Kinnlade herunter – und ihm entfährt ein wohlklingender Ausruf des Erstaunens in veilchenlila. n 59

Fotos: alephcomo1/Fotolia.com; Juli Sonne/Fotolia.com; Henry Schmitt/Fotolia.com; Klaus Eppele/Fotolia.com

Violinen: orange-rot-gelb Blechbläser: hellblau Schlagzeug: braun bis dunkelblau Kontrabässe: lila Harfe: hellblau und pink Querflöten: dunkelgrün Fagott: grün Klavier: türkis Orgel: orange bis braun


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Foto: Andi Frank

Das Ensemble des Georgischen Kammerorchesters im bayerischen Ingolstadt.

Ein Stück Georgien ­mitten in Bayern Lange Zeit hatte Ingolstadt kein eigenes Orchester. Es hätte bis heute keines, wenn nicht 1990 ein komplettes Ensemble aus dem fernen Georgien nach Bayern immigriert wäre. Dies ist die Geschichte, wie aus einer sozialen Hilfeleistung eine nicht mehr wegzudenkende kulturelle Einrichtung wurde. von Christine Engel

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o viele Lichter auf einmal hatte er noch nie gesehen. Die Autos, die auf den Straßen fuhren, hatten nichts mit diesen uralten Mercedes-Schlitten gemein, wie er sie aus den historischen Schwarzweißfilmen kannte, die das Fernsehen seines Heimatlandes ausstrahlte. Deutschland war vollkommen anders, als er es sich vorgestellt hatte. Nikoloz Kobulashvili war geschockt, positiv geschockt, als er an einem Tag im Jahr 1993, nach zehnstündiger Verspätung am Frankfurter Flughafen landete. Der damals elfjährige Junge war gerade aus seiner Heimat Georgien von seinem Vater hergebracht worden. In Georgien herrschte Bürgerkrieg. „Die Jugendkriminalität war sehr hoch. Sogar Gleichaltrige liefen mit Waffen umher“, erzählt der Bratscher des Georgischen Kammerorchesters Ingolstadt heute. Nikoloz‘ Vater, ein georgischer Oboist, wollte seinen Sohn aus dem brodelnden Krisenkessel herausholen. Der heute einzige feste Bläser des Orchesters suchte Hilfe bei der Geigerin und Orchesterleiterin Liana Issakadze. Sie und die Mitglieder des 1964 in Tbilisi (Tiflis) gegründeten Georgischen Kammerorchesters lebten seit 1990 in Ingolstadt. Zu dieser Zeit brach gerade das kommunistische System der Sowjetunion zusammen. „In Georgien herrschten chaotische Zustände. Wir hatten keinen Raum mehr zum Proben und konnten keine Konzerte geben. Denn keiner fühlte sich für uns zuständig. Kultur und Musik brauchte in der Umbruchzeit keiner“, erinnert sich der Konzertmeister Samson Gonashvili, der seit 1969 Geige im Orchester spielt. Allen war klar: Haben wir keine Konzerte mehr, stirbt das Orchester. Also suchte Liana Issakadze auf den Tourneen nach einer neuen Heimat. „Wir sind schon immer viel gereist. Während meiner Anfangszeit in der ganzen Sowjetunion, später auch in die DDR. Die erste deutsche Stadt, die ich sah, war Finsterwalde“, sagt der Geiger. Die übermächtige staatliche Künstleragentur Goskonzert organisierte die Auftritte damals. Als Liana Issakadze 1981 den Dirigentenstab übernahm, öffneten sich die Grenzen für die Musiker. „Da ging es dann nach Österreich, Nordamerika und Australien.“ Samson Gonashvili strahlt, wenn er von der Zeit erzählt, als seine Landsleute den Westen nur erahnen konnten und er ihn entdeckte. 1990 konzertierten die Musiker auf dem Schleswig-Holstein Musik Festival. Vertreter der Firma Audi waren dort und luden das Orchester nach Ingolstadt ein. Dort erwähnte Liana Issakadze ihren Plan. Der damalige Oberbürgermeister griff die Idee auf und wollte helfen, denn die Stadt hatte kein eigenes Orchester. Ein halbes Jahr später war es so weit – die Musiker fuhren nach Deutschland. Es sollte ein Abschied für immer werden. Und Ingolstadt sollte eine feste kulturelle Einrichtung bekommen. Jedoch war das zur der Zeit noch keinem bewusst. „Natürlich waren wir auf der einen Seite traurig. Denn wir Georgier sind sehr auf die Familie fixiert. Andererseits waren die Angehörigen in dieser schweren Zeit froh, denn wir haben sie von Deutschland aus finanziell unterstützt“, erinnert sich der 63-jährige Gonashvili. In Ingolstadt wurde das Orchester herzlich aufgenommen. Schnell bildete sich der Freundeskreis des Georgischen Kammer­ orchesters, der mittlerweile 500 Mitglieder hat und die Musiker ­ideell

und finanziell unterstützt. Die Musiker sind bekannt und beliebt in der Stadt. „Mit Fremdenfeindlichkeit hatte ich nie zu kämpfen“, sagt der fast 30-jährige Nikoloz. Die Mitschüler und Lehrer in der Schule hätten großen Respekt vor seiner Musikalität gehabt. Er bekam nach seiner Ankunft in Deutschland Geigen­ unterricht beim Vater der berühmten Violinistin Lisa Batiashvili, die ebenso in Ingolstadt aufwuchs. „Das Orchester ist eine Familie. Das hat uns schon immer geholfen“, sind sich der erfahrene Geiger und der junge Bratscher einig. Das Familiäre ist in der ganzen Stadt spürbar. Hat in Ingolstadt etwas mit Musik zu tun, sind oft Namen im Spiel, die mit -shvili enden. Shvili ist georgisch und bedeutet so viel wie „Kind von“. Aller Harmonie zum Trotz – es gab auch die dunklen Seiten. 1994 stritten sich einige Orchestermitglieder mit Liana Issakadze, der auch die Belastung als Managerin zu viel wurde. Die Geigerin ging 1995 fort. Fünf Jahre war das Ensemble ohne Chef und baute musikalisch ab. Der Freundeskreis brachte den Stein ins Rollen, die Stadt und die Audi AG teilten sich die Finanzierung, so dass ab 2000 ein fester Chefdirigent von der zuvor gegründeten „Georgisches Kammerorchester Ingolstadt Konzertgesellschaft mbh“ eingestellt werden konnte. Seit der Saison 2011/2012 hat diesen Posten der brasilianisch-österreichische Geiger Lavard Skou Larsen inne. Georgische Musik ist mit ihm weiterhin fester Bestandteil des Repertoires. „Sulchan Zinzadse und Sulchan Nassidse sind zwei große georgische Komponisten, die wir oft spielen. Allerdings ist für mich Johann Sebastian Bach das musikalische Maß aller Dinge“, erzählt der tiefgläubige Gonashvili. „Gott hat gesungen und Bach hat es aufgeschrieben.“ Für Nikoloz Kobulashvili gibt es neben der klassischen Musik Jazz, Funk und Elektro. Zur Bratsche wechselte der Musiker, der nach seiner Schulzeit in München, Linz, Köln und Salzburg Viola studierte, wegen eines Kinderquartettes der Georgier. „Die Bratsche liegt mir mehr. Sie ist menschlicher.“ Nikoloz ist seit 2010 festes Mitglied im Ensemble. Wird eine der 18 Stellen im Orchester frei, wird sie nach den üblichen Kriterien ausgeschrieben und die Musiker wählen den besten Bewerber aus. Ziel des Orchesters sind jedoch möglichst viele georgische Orchestermitglieder. „Wir lieben die Geradlinigkeit und die Exaktheit der deutschen Mentalität, aber Georgier sind flexibler und emotionaler“, sagen die beiden Streicher und finden, dass dadurch der besondere Klang und das Temperament des Orchesters zum Ausdruck kommen. Der Klang der Heimat. Dem Land zwischen Kaukasus und dem Schwarzen Meer. Wo man vom Strand auf die schneebedeckten Gipfel blickt. Nikoloz Kobulashvili hat es seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Zu viel zu tun, um es zu besuchen. Aber auf das heutige Georgien ist er stolz: „Es ist das erste sowjetische Land, das nicht in der EU ist und trotzdem die Kurve bekommen hat und langsam Richtung Westen steuert.“ Für Samson Gonashvili dauert es nicht mehr lange, bis er seine Heimat endgültig wiedersehen kann. In zwei Jahren geht er in Rente. Allerdings: was dann passiert, weiß er noch nicht. Bleibt er in Deutschland oder kehrt er zurück nach Georgien? „Ich lebe seit fast 23 Jahren hier. Das ist ein Großteil meines Lebens.“ Er ist innerlich zerrissen. In Deutschland vermisst er Georgien. In Georgien – ­vermisst er Deutschland. n 61


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Pariser Lektion eins: Wenn tausende Touristen den Eifelturm besichtigen, fehlen sie zumindest an einer anderen Attraktion.

Paris ... aus der Sicht eines Musikers Der perfekte Guide: Dirigent Fabien Gabel, geboren, aufgewachsen und wohnhaft in Paris, verriet uns die wichtigsten Tipps für einen klassischen Aufenthalt an der Seine. Von Robert Kittel

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Fotos: Bob Coat; Serge Ramelli - Fotolia.com

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pel? 12.000 Quadratmeter „Wohnraum“ misst in Morgen im 8. Arrondissement, es insgesamt, das Haus, also praktisch eine Art leichter Nebel, dunkle Wolken musikalischer Vatikan. Gabel sagt, wer keine über dem Eiffelturm: Der Dirigent Karten für eine Aufführung bekomme, könne Fabien Gabel, geboren 1978, Sohn auch „nur“ eine der Ausstellungen in der Bibvon Françoise D. Gabel, Harfeliothek im Obergeschoss bestaunen. Angebnistin und Bernard C. Gabel, pensionierter lich vermissen die Pariser auch immer noch Trompeter des Orchesters der Pariser Oper, den Deutsch-Schweizer Rolf Liebermann, der wartet bereits im Café Zimmer. Und drinnen, dem honorigen Haus von 1973 bis 1980 als im großen Saal des Café Zimmer, bekommt Intendant vorstand. Die Oper hat sich seither man gleich den richtigen Eindruck, wohin eher zu einem Aufführungsort großer Ballettdiese Reise gehen soll: Das Paris des Fabien Darbietungen entwickelt. Das ist gut für den Gabel ist ein Mekka der prunkvollen Klassik. Tourismus, für das Pariser PubliGabel ist ein wohlerzogener kum aber zu wenig bedeutend. Franzose, sein Haar sitzt akkurat, das Gabel selbst dirigiert oft am Hemd ist gebügelt. Wäre er nicht Dirikleineren, aber nicht weniger hübgent, man würde ihm auch den Beruf schen Théâtre du Châtelet. Châtedes Schauspielers für Rosamundelet bedeutet übersetzt zwar SchlössPilcher-Stoffe abnehmen. Trotz seichen, aber das Haus ist eher ein nes für Dirigenten jungen Alters aber Schloss, ein sehr imposantes natürist er ein gefragter Mann: Seit ein lich, nur eben kein weiterer Barockpaar Wochen leitet er das Quebec tempel, sondern eher im Art-NouSymphony Orchestra in Kanada und veau-Stil. Der kulinarische Vorteil in Paris zählt er seit mehreren Jahren des Chatelet: Man kann sich vor zu den prominentesten Nachwuchsund nach dem Konzert hier im Café stars am Pult. Er tritt an den großen Zimmer stärken, zusammen mit Konzerthäusern auf, was nach dem den Musikern plaudern und Fabien Eintreffen des ersten Café au lait Gabel treffen, wenn er nicht schon auch gleich die erste Frage aufwirft: ins ebenfalls benachbarte L’Affriolé Welches ist denn nun das schönste in der Rue Malar übersiedelt ist. Das Restaurant Musikhaus an der Seine? ist ein unscheinbares Feinschmeckerparadies, das Gabel muss da nicht lange überlegen. Und vor allem bei Künstlern und Musikern beliebt es ist wahrscheinlich nicht falsch, wenn man jetzt ist. Man speist das Menü für 35 Euro und denkt verrät, dass er schon bei der Nennung ins Schwärim Anschluss: Feines Essen zu einem für Paris men gerät: das Palais Garnier, das bedeutende anständigen Preis ist eine sehr gute Kombination, Opernhaus am Place de l’Opéra, sei nach wie vor die man gerne weiterempfehlen kann. die musikalische und architektonische AttrakUm die Liste der Bauten zu vervollständigen, tion von Paris. Das Opernhaus wurde von 1861 erzählt der Franzose, der seit einem Jahr mit einer bis 1875 vom damals noch sehr jungen ArchiNew Yorkerin verheiratet ist, noch vom Théâtre tekt Charles Garnier im Auftrag von Napoléon III. des Champs-Elysées, ein ebenfalls musikalisch erbaut. Gabel erzählt, dass der Anlass für den NeuUND architektonisch sehr empfehlenswertes bau ein eher tragischer gewesen sei: Ein gescheiterHaus, das in den nächsten Monaten so tes Attentat auf Napoléon am 14. Januar schöne Dirigentennamen wie Mariss 1858, als er zusammen mit der KaiseJansons oder Georges Prêtre begrüßt. rin die damalige Oper Salle de la rue Le Tenor Joseph Calleja singt, und wenn Peletier besucht hatte. man ihn treffen will, könnte man im Le Beim späteren Besuch im tradiDevez gute Chancen haben, denn das tionsreichen Haus wird einem dann Restaurant, das nicht weit vom Musikauch bewusst, von was der Dirigent da haus entfernt liegt, genießt bei Parisern erzählt: Allein die 30 verschiedenen den Ruf, ein sehr gutes zu sein. Marmorsorten im Foyer beeindrucken. Und tagsüber? Spaziert man mit Und das Treppenhaus gehört wohl zum den täglich gefühlt eine Million Touschönsten, was man an weltweiten Trepristen durch das Künstlerviertel Montpenhäusern so kennt. Marc Chagall verzierte im Jahr 1963 noch die Decke mit Dirigent Fabien Gabel, das Café Zimmer, in dem sich Mu- martre, auf der Suche nach dem Wohnseiner Malkunst. Wer hat schon 100 siker ihren Café au lait gönnen, das Opernhaus Palais Gar- haus Erik Saties, der von diesem täglich nier und dessen Architekt Garnier. in sein etwas ruhigeres Arbeitsdomizil Quadratmeter Chagall in seiner Kup-


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bleibt denn auch das große Geheimnis dieser Stadt, die sehr viele in Arcueil, einem Vorort im Süden von Paris, wanderte? Oder soll Menschen zu ihren liebsten zählen. Der große Ernest Hemingway man in die berühmte Rue du Rome, einer Straße, die als Mekka des Bogenbaus gilt? Gabel nippt am Kaffee, und sagt: „Der Montmar- schrieb ja schon: „Wenn Du das Glück hattest, als junger Mensch in tre ist ein Disneyland, da kann man keinen wirklich guten Gewis- Paris zu leben, dann trägst Du die Stadt für den Rest Deines Lebens in Dir, wohin Du auch gehen sens hinsenden.“ Aber wer magst, denn Paris ist ein Fest sich für Musikinstrumente fürs Leben.“ interessiere, der sei in der Wenn man dann, nach Rue du Rome gut aufgehoherzlicher Verabschiedung ben, schließlich könne man seines Guides, zurückkehrt noch immer die traditioin sein flauschiges Zimmer nelle Arbeit der Handwerker in einem der wahrscheinlich vor Ort bestaunen. schönsten Hotels weltweit, Nein, sagt Gabel und weiß man diesen Satz umso bestellt die „L’Addition“. Auf mehr zu schätzen. Alleine den Spuren der großen Perdie Fassade des Hotel Lansönlichkeiten spaziere man caster in der kleinen Rue de an solch einem romantisch Berri 7 wird kein Designbewölkten Nachmittag liehotel jemals toppen könber über den Friedhof Père nen. Drinnen verbrachte Lachaise. Ein Taxi bringt Marlene Dietrich drei ganze uns in den Osten der Stadt Jahre in ihrer eigenen Suite, und hält an der Métro-Staweil sie – so die Erinnerung tion, die nach dem Friedhof ihrer Tochter Maria Riva – benannt ist. Warum auch Häuser mit Geschichte: Im Hotel Lancaster bewohnte die „überdimensionierten immer: Paris scheint die Marlene Dietrich drei Jahre lang ihre eigene Suite. Baccarat-Lüster, die brokateinzige Stadt zu sein, in der bezogenen Sessel, die üppigen Deckenornamente an den hohen man freiwillig einen Park mit Gräbern besucht. Aber die Namen sind natürlich schon beeindruckend: Georges Bizet, Maria Callas, Stuckdecken und die schweren Taftvorhänge liebte. Noch heute Frédéric Chopin, Honoré de Balzac, Claude Chabrol und Char- kann man die Suite (Nummer 45) als ganz normaler Gast buchen, der lie Chaplin sind hier begraben. Warum es in Paris ein Vergnü- originale Konzertflügel der Dietrich steht noch immer bespielbar gen ist, bei einsetzendem Regen über tote Menschen zu plaudern, an seinem Platz. n

Paris für Klassik-Liebhaber Die wichtigsten Tipps rund um die französische Hauptstadt

Restaurants

Sehen & Machen: Unter den ca. eine Million Sehenswürdigkeiten kann man guten Gewissens einen Besuch in der Rue du Rome empfehlen. Dort sind seit Generationen die Musikinstrumente zuhause. Es gibt auch alte Plattenläden (zum Beispiel das „La Dame blanche“). Im Sommer empfiehlt es sich – neben einem Besuch in den drei im Text genannten Konzert- und Opernhäusern – im Parc de Bagatelle am Bois de Boulogne das jährlich stattfindende Kammermusik-Festival zu bestaunen. Infos über www.de.parisinfo.com. Wer Fabien Gabel hören mag: am 3. Februar spielt er in der Salle Pleyel.

Fabien Gabel empfiehlt die Restaurants L'Affriolé, Café Zimmer und Le Dévez. Die Adressen dazu: L'Affriolé, 17 Rue Malar, eine kleinenSeitenstraße südlich des Pont de l'Alma. Le Devez, Place Alma, www.restaurantdevez.com. Café Zimmer, 1 Place du Châtelet, www.lezimmer.com, direkt gegenüber vom Théâtre du Châtelet.

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Wer es stilvoll mag, sollte im Hotel Lancaster einchecken. Es gehört zu den wenigen Häusern in Paris, die 5-Sterne-Niveau mit sehr zurückhaltendem Ambiente anbieten. Kein Prunk und Sehen und Gesehenwerden in der Halle, dafür eines der am besten sortierten Frühstücksbuffets (im gemütlichen Speisesaal eines Sternerestaurants) und wunderschöne, stuckverzierte Zimmer, ruhig in einer Seitenstraße gelegen. Adresse: Hotel Lancaster, Rue de Berri 7, buchbar über Leading Hotels of the World (www.lhw.com).

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Fotos: Fotolia, Bob Coat.

Wo übernachten?


für globetrotter

wiedereröffnung

Die internationalen Höhepunkte im Februar und März 2013

Termine

Istanbul

Wien

7. März Der Münchner

20.-21. Februar Es könne gar nicht

Cellist Daniel MüllerSchott und der englische Dirigent James Judd sind beim Borusan Philharmonic Orchestra zu Gast, wenn in der türkischen Metropole ein rein englisches Programm aufgeführt wird: Werke von Ralph Vaughan Williams, Edward Elgar und Frederick Delius. Karten unter www.borusansanat.com

Paris 26.-27. Februar Die Berliner Phil-

harmoniker reisen wie immer mit einem ansprechenden Programm im Gepäck ins Ausland: Unter der Leitung von Sir Simon Rattle spielen sie in der Pariser Salle Pleyel Werke von Henri Dutilleux, Robert Schumann und Ludwig van Beethoven (Di.) bzw. Witold Lutosławski (Mi.). Tickets unter www.sallepleyel.fr

genug Mozart geben, antwortete die Geigerin Baiba Skride auf die Frage, ob man klassische Musik noch auf CD einspielen solle. Sie plädiere dafür, den vielfältigen Mozart-Interpretationen frische, neue Zugangsweisen hinzuzufügen und dem Publikum zu schenken. Im Februar gibt sie ihr Debüt im Wiener Konzerthaus mit einem Geigenkonzert Mozarts. Karten gibt es über konzerthaus.at

Oslo 14.2. Nochmal Baiba Skride. Die let-

tische Geigerin, die „natürlich durch ihre Violine spricht” (BBC), wird gemeinsam mit der Oslo Filharmonien (Dirigat: Vasily Petrenko) zwei Violin-Konzerte von Szymanowski spielen. Außerdem auf dem Programm: Beethoven und Ness. Tickets unter: www.oslokonserthus.no

Das legendäre Hotel Café Royal in London kann nun wieder besucht werden

Markenzeichen: der Grill Room aus dem Jahr 1865

Es gibt viele Häuser mit Geschichte (s.u.), aber nur ganz wenige mit einer solchen Tradition an hochrangigen Gästen wie das Londoner Café Royal. Oscar Wilde, Noël Coward, Virginia Woolf und auch Brigitte Bardot kamen in die Regent Street unweit des Picadilly Circus zum Speisen, Sehen und Gesehen werden. Jetzt blüht das Haus wieder in neuem Glanz – die Architekten des Büros David Chipperfield haben den alten Gemäuern wieder Leben eingehaucht. Wer es also prunkvoll mag, und auf den Spuren Lady Windermeres seinen Tee trinken möchte, checkt hier ein. www.hotelcaféroyal.com n

crescendo-Hoteltipp

Fotos: Schloss Thannegg

Schlossgeister im Salzburger Land

Mit viel Liebe zum Detail renoviert: Schloss Thannegg im österreichischen Schladming

Fast 1.000 Jahre lässt sich die bewegte Geschichte des Schloss Thannegg in der Nähe von Schladming zurückverfolgen. Ritter, Grafen und Mönche bewohnten das idyllische Anwesen. Die letzten 300 Jahre haben ihm allerdings stark zugesetzt – wäre da nicht Ernst Schrempf gewesen, ein Bergbauernbub aus einfachen Verhältnissen aus der Nachbarschaft, der sich in die Ruine verliebte. Er erwarb 1984 den ersten Teil des Gemäuers und machte sich mit seiner Frau Gerlinde und großer Hingabe und detailgetreuer Kleinarbeit an die Renovierung des denkmalgeschützten Schlosses. Diese Liebe spürt man hier in jedem Detail des Ensembles, in den Stuben, Sälen, Gemächern, Kemenaten und Klausen. Acht Jahre später öffnete Familie Schrempf die Tore für Hotelgäste. Mit gerade mal 18 Zimmern und 45 Betten geht es hier sehr familiär zu, man fühlt

sich wie ein „Schlossherr auf Zeit“ und die Eigentümer kümmern sich gefühlte 24 Stunden pro Tag persönlich um ihre Gäste. Schlossherr Ernst, mit echtem Ritter im Stammbaum, erzählt Geschichten aus der Vergangenheit und weiß von Fabeln, Märchen und wahren Begebenheiten rund um Schloss Thannegg zu berichten. Schlossherrin Gerlinde begleitet die Gäste auf ihren Touren in die malerische Schladming-Dachstein-Region auf dem Mountainbike oder den Skiern. Berühmt ist die Region natürlich für ihre Skipisten (Anfang Februar wird hier die Ski-WM ausgetragen), aber gerade im Sommer und Herbst zeigen sich die Berge von ihrer schönsten Seite. Veranstaltungstipp: Von 10. bis 15. Juli findet im Nachbarort das Blasmusikfestival „Mid Europe“ statt. Infos zum Schloss unter www.schloss-thannegg.at n 65


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John AXELRODS Weinkolumne

Ein wintertraum Unser Kolumnist empfiehlt einen edlen Tropfen für kalte Wintertage und erklärt, warum man dazu unbedingt Tschaikowskys 1. Sinfonie hören sollte. Tschaikowskys 1. Sinfonie hat zwar den entzückenden Beinamen „Wintertraum“, doch ihre Entstehungsgeschichte liest sich nicht sehr friedvoll. Tschaikowskys Gewohnheit, Tag und Nacht zu komponieren, erzeugte in ihm eine starke mentale und physische Erschöpfung, führte ihn gar bis zu dem Punkt, an dem die Ärzte ihm erklärten: „Sie sind nur einen Schritt vom Wahnsinn entfernt!“ – ähnlich wie bei Anna Karenina in Tolstois bekanntem Roman. Glücklicherweise hat Tschaikowsky nicht das gleiche Schicksal erlitten wie sie. Als ich neulich eine Konzertreihe, die – frei nach dem berühmten russischen Schriftsteller – mit „Puschkin“ überschrieben war, in den französischen Pays de la Loire spielte, nutzte ich die Chance, den Film „Anna Karenina“ anzusehen, um ein bisschen russischen Geist aufzusaugen. Tolstoi entstammte demselben romantischen Nest wie Tschaikowsky und fing in seinen Büchern sehr gut die Mentalität des imperialen Russlands des 19. Jahrhunderts mit seinen Kältesteppen in schier endlosen Landschaften ein. Tschaikowskys 1. Sinfonie, der „Wintertraum“, ist eine akustische Landschaft ähnlichen Ausmaßes. Der zweite Satz, überschrieben mit „Land der Öde, Land der Nebel“, ruft die Atmosphäre und emotionale Stimmung seines Heimatlandes unter einer

dicken Schneedecke in Erinnerung. Doch was aus dieser Sinfonie am meisten heraussticht, ist Tschaikowskys besonderer Sinn für Melodien. Diese süße Melodik, die sich über Strukturen und Regeln hinwegsetzt. Damals wurde der Komponist dafür kritisiert. Heute ist es einer der Gründe, warum seine Musik noch so beliebt ist – besonders seine Opern, Ballette und späten Sinfonien.

„Doch was aus dieser Sinfonie am meisten heraussticht, ist Tschaikowskys besonderer Sinn für Melodien.“ Der Wein, den man am besten zu Tschaikowskys erstem richtig reifen – und doch eher unbekannten – Werk genießen kann, ist der (ebenfalls unbekannte und sehr reife) Coteaux du Layon, ein erschwinglicher und süßer Wein aus den Pays de la Loire, die sonst weitgehend von teuren, süßen Bordeaux-Weinen der Sauternes, wie dem Château d‘Yquem, dominiert sind. Aus der Edelrebe „Chenin Blanc“ hergestellt, behält sich der Coteaux du Layon den Zuckergehalt seines „edelfaulen“ Charakters. Wenn der Morgendunst eine feuchte, dichte Luft

bildet und ein Schleier des „Botrytis cinerea“Pilzes die Traube umschließt, bestehen die besten klimatischen Bedingungen für diesen besonderen Wein. So wie die schwierige Evolution der 1. Sinfonie, die Tschaikowsky keinen Schmerz und keinen Mangel ersparte, ist auch der Coteaux du Layon ein Wein, der viel Aufmerksamkeit und Liebe braucht. Weil sich die Edelfäule schnell vom Helden zum Bösewicht entwickeln kann, müssen die Trauben per Hand gepflückt werden – und das genau zum richtigen Zeitpunkt, weil der Pilz die Traube sonst zerstören kann. Und doch: Magische Dinge können im Morgendunst geschehen! So wie der Marsch der Feen aus Mendelssohns „Sommernachtstraum“ jede kindliche Vorstellungskraft beflügeln kann – und auch Tschaikowsky inspirierte – kann der „Wintertraum“ der 1. Sinfonie jeden Musikliebhaber befrieden. Der Coteaux du Layon kann den Wunsch jedes Gourmets nach einem seelenwärmenden, süßen Geschmack stillen, während die Welt draußen friert. Auch wenn Tschaikowskys „Nussknacker“ im Winter zunächst am passendsten erscheinen mag – seine erste Sinfonie dürfte, in Verbindung mit dem Coteaux du Layon, die perfekte Untermalung für ein musikalisches Essen sein. n

John Axelrod ist musikalischer Leiter des Orchestre­National des Pays de la Loire in Frankreich und Dirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher („Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“) und philosophiert über sein Lieblingshobby: guten Wein.

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»Ich lese crescendo« Elisabeth Kulman, Mezzosopranistin

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Strauss – für den Gaumen Baiersbronn im Schwarzwald ist der Gegenentwurf einer Festspielstadt: Hier spielen Auge und Ohr keine Rolle. Dafür der Geschmack. Denn das kleine Nest ist Deutschlands Gemeinde mit den meisten Michelin-Sternen. von Klaus Mergel

Dirigenten des guten Geschmacks: Die Sterneköche Harald Wohlfahrt, Claus-Peter Lumpp und Jörg Sackmann servieren nur wenige ­Kilometer voneinander edelste Speisen.

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m 70 Euro in fünf Sekunden zu vernichten, muss man nicht ins Spielcasino. Man kann auch mariniertes Krebsfleisch in Krustentier-Gelee verspeisen. Ein wenig Meeresduft, hauchzarte Textur, feine Säure ... irgendetwas Fruchtiges ist auch noch dran. Litschi, Feige? Oder ist es der Koriander-Avocado-Dip, der diesen Eindruck vorgaukelt? Das kostspielige Konfekt, das ohne Probleme Platz in einer Espresso-Tasse findet, ist Teil eines Degustationsmenüs in der Schwarzwaldstube der „Traube“. Ja, die legendäre Traube in Ton-

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bach, das kein eigener Ort ist, sondern ein Ortsteil von Baiersbronn, tief im Schwarzwald, 45 Autominuten südwestlich von Stuttgart. Die „Traube“ ist die Wirkungsstätte von Harald Wohlfahrt, dem besten Koch der Republik – darin sind sich die Kritiker einig. Wer zum Essen in die Traube spaziert, kommt nicht, um seinen Hunger zu stillen. Wäre auch ziemlicher Quatsch, denn einen Abendtisch in der Traube muss man ein halbes Jahr im Voraus reservieren. Die Gäste, die zum Teil über 500 Kilometer weit anreisen, wollen nur eines: einzigartig essen. www.crescendo.de

Februar / März 2013


Das kleine Örtchen Baiersbronn im Schwarzwald: 15.000 Einwohner, sieben Michelin-Sterne. Rechts: Das Gourmet-Heiligtum Hotel Traube Tonbach.

Reich der Sterne „BAREISS“, MITTELTAL: drei Michelin-Sterne, 19 Gault-Millau-Punkte. Hier kocht Claus-Peter Lumpp. www.bareiss.com „SCHWARZWALDSTUBE“, TONBACH: drei Sterne, 19,5 Gault-MillauPunkte. Küchenchef: Harald Wohlfahrt. www.traube-tonbach.de

Doch nicht nur in der Traube sind das ganze Jahr GaumenFestspiele, sondern auch in den benachbarten Häusern Bareiss und Schlossberg findet das Feinschmecker-Publikum seine Bühne. Keine andere Gemeinde in Deutschland hat diese Dichte an Michelin-Sternen. Einziger Haken: „Uns rufen immer wieder Gäste an, die uns nicht finden“, erzählt Tourismusdirektor Patrick Schreib. Die Gemeinde verteilt sich auf neun Teilorte mit Namen wie Tonbach, Mitteltal oder Oberdorf. Wenn man zu Besuch ist, schallt aus dem Wald der Schrei der Kettensäge. Man vermutet hier eher Leberkäs mit Senf als Krebstatar mit Algenjus zur Vesper. 15.000 Leute leben direkt oder indirekt vom Tourismus, fast 850.000 Übernachtungen pro Jahr verzeichnet die Statistik. SterneKoch Claus-Peter Lumpp vom Restaurant „Bareiss“, keine zehn Minuten von der „Traube“ entfernt, verbraucht pro Saison 500 Kilo Jakobsmuscheln und fast 40 Kilo Trüffeln. Und etwas weiter nördlich kocht Jörg Sackmann. Sein Hotel-Restaurant, es trägt „nur“ einen Stern, wird von Kennern als derzeit innovativste Küche geschätzt. Sackmann eröffnet meinen Schlemmer-Besuch mit Froschschenkeln. Der Tierschützer-Schreck entpuppt sich als krosse Bällchen: zart und furchtbar lecker – zugegeben: man kann sich daran gewöhnen! Dann der Wolfsbarsch – eine Wucht. Oberkellner Joel, mit Spitzbart und Turbo-Augenbrauen eine Mischung aus Groucho Marx und Lenin, serviert dazu einen Pinot Noir aus Castello della Sala. Ein Spätburgunder aus Umbrien, der den Gaumen mit seinem Italo-Stil erstaunt. Nach dem getrüffelten Schweinefuß schaut Patron Sackmann vorbei. Und erzählt, dass er gerade 3,6 Millionen Euro in seinen Wellnessbereich investiert hat. Er sagt: „Die Küche allein bringt es nicht.“ Würde man Sackmann mit seiner 70er-Jahre-Frisur auf der Straße begegnen, würde man nicht glauben, dass Wladimir Putin diesen Mann schon für eine Privatparty nach Moskau einfliegen ließ. Auch die beiden anderen Stars fallen mehr durch erfrischende Normalität auf: Claus-Peter Lumpp personifiziert mit seinem Bauch barocke Männlichkeit. Sein Erscheinungsbild sagt: Uns schmeckt’s,

und das ist gut so! Auch Wohlfahrts Sachbearbeiter-Scheitel, der ja regelmäßig auch im Fernsehen auftaucht, ist ein Statement: Mir geht’s nicht um die Show, sondern ums gute Essen. Natürlich sind aufgrund der Nähe zu Straßburg auch viele Franzosen in Baiersbronn zu Gast. Gaumenverwöhnt, wie sie nun mal sind. Gibt’s einen Dresscode im Feinschmeckerparadies? No. Krawatte tragen nur die Kellner, die in allen Läden in Garnison stärke herumeilen. Bei den Gästen ist das höchste der Gefühle ein Sakko, unter dem an manchem Handgelenk eine dicke Uhr herausblitzt. Die Oper des Gaumens ist kleidungstechnisch ein ähnliches Desaster wie zahllose Open-Air-Festspiele. Auch bei den Preisen: Gemeinsamkeiten. Wie die klassische Musik ist auch die Sterneküche ein teurer Spaß: Wenn Harald Wohlfahrt einen Wolfsbarsch für 130 Euro auf den Tisch stellt, ist das Gehalt seiner Mannschaft noch lange nicht bezahlt. Dann ist das Tier noch nicht vom Markt geholt, geputzt oder zubereitet. Und die Endkontrolle macht stets der Chef. Auch wenn in Baiersbronn viele Köche vor allem für die Ehre arbeiten: Das alles kostet viel Geld. Die Haute Cuisine scheint in Baiersbronn allgegenwärtig: Selbst in Wanderhütten wie der Satteleihütte werden Leckereien aus der „Bareiss“-Küche gereicht. Oder feinste Steaks vom Grill – keine Curry­ wurst.Das hohe Niveau hebt anscheinend auch die unteren Segmente. Kein Gasthaus, in dem nicht ein ambitioniertes 3-Gänge-Menü angeboten wird. Und überall Wohlfahrt. Der Meister fertigt Astronautennahrung, gibt Kochkurse, er ist das Flaggschiff der Gemeinde. Eigentlich hatte der Ort den Ruf als Gaumen-Dorado schon 1954, als die Deutsche Fußball-Nationalelf unter Sepp Herberger in der „Blume“ (Obertal) zum Training logierte. Befragt man einen Einheimischen dazu, kommt die logische Antwort: „Das Wunder von Bern wurde in den Kochtöpfen von Baiersbronn geschaffen.“ Spätestens nach drei Tagen in Deutschlands Gourmet-Tal aber sehnt sich der Körper auch nach anderem: Nach einem Schnitzel vielleicht oder etwas für Auge und Ohr. Immerhin: Das Festspielhaus Baden-Baden ist nicht weit. n 69

Fotos: Baiersbronn Touristik

„SCHLOSSBERG“, SCHWARZENBERG: ein Stern, 17 Gault-Millau-Punkte. Am Herd: Inhaber Jörg Sackmann. www.hotel-sackmann.de


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Neue Sichtweise

Fotos: Terry Fincher/Hulton Archive/Getty Images

Die Zeiten, in denen die Damen den Lohengrin durchs Fernglas suchten, schienen vorbei. Doch die wachsende Zahl der Mega-Bühnen sorgt für eine kleine Revolution. Wir behaupten sogar: Das Opernglas ist zurück!

Früher war nicht alles besser. Aber näher. Die Damen in den 50ern blickten gern durchs Opernglas.

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Eschenbach Collezione la Scala

Die Traditionellen Das Traditionsunternehmen Eschenbach in Nürnberg, Weltmarktführer im Bereich der Fernoptischen Produkte, wurde 1915 von Josef Eschenbach gegründet. Obwohl sich das Haus inzwischen mehr auf Brillen spezialisiert hat, existiert noch immer eine sehr anspruchsvolle Theaterglas-Linie. Die Ferngläser aus der Collezione la Scala vergrößern dreifach mit einem 18-mm-Objektiv. Sie sind zum einen perlweiß und perlgold lackiert und ­machen in jeder Loge einen perfekten Eindruck. Im eleganten ­Pariser Stil ist das neue „glamour“ nachtblau lackiert. Es ver­größert ebenfalls dreifach mit einem 23-mm-Objektiv. Damit wird jede Frau zur „Königin der Nacht“ – behauptet zumindest das Unternehmen aus Franken.

www.eschenbach.de, Preis: ca. 60 Euro

Leica Silverline 8 x 20

Das Bentley-Glas Elegant kamen die Produkte von Leica schon immer daher. Gelten doch die Kameras der M-Serie seit Generationen als Klassiker bei Fotografen. Die Edelferngläser des Optik-Experten aus Solms sind ähnlich wie die Kameras dezent, aber brillant. Vor allem die Qualität und Schärfe des Bildes ist bei Leica eine Liga für sich. Der Vorteil des Silverline 8 x 20: man kann nicht nur optisch ferne Dinge brillant beobachten, sondern auch Details in kurzer Entfernung. Das Glas wird somit zur Lupe. Auch die Schärfe in der Dunkelheit bleibt konstant, vor allem bei Abendveranstaltungen ein großer Vorteil. Die Silverline-Linie gibt es mit 8- und 10-facher Vergrößerung bei ausgewählten Fachhändlern oder in den neuen Leica-Stores.

www.leica.de, Preis: 420 Euro

Meade Scala LBG 3 x 25

Das kleine Schwarze Neben den goldfarbenen Objektiv- und Okularfassungen ­bietet das speziell fürs Theater konzipierte Fernglas eine ausgereifte Optik: Es verfügt über eine dreifache Vergrößerung und enthält eine achromatische Optik, die vor allem in der Dunkelheit für gute Sicht sorgt. Der Clou dieses Opernglases aber ist seine eingebaute LED-Beleuchtung, mit der sie unauffällig im Libretto schmökern können, ohne einen anderen Gast zu stören.

www.meade.de, Preis: 42 Euro 71


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Malerisch am Neckar gelegen: Heidelberg.

Neue Perspektiven Beim Heidelberger Frühling treffen musikalische Sternstunden auf echte Herzensprojekte, Konzerte auf Workshops und Neugier auf innovative Ideen. Von Kl aus Härtel

„Der Neckar rauscht aus grünen Hallen, Und giebt am Fels ein freu- nehmen. Der Wandel der Rezeption von Komponisten wie Schudig Schallen, Die Stadt streckt sich den Fluß hinunter, Mit viel bert und Schostakowitsch in den Zeitläuften wird uns dabei ebenso Geräusch und lärmt ganz munter ...“ Schon Anfang des 19. Jahr- beschäftigen wie die heutigen Möglichkeiten, den Rahmen und die hunderts wusste der Schriftsteller Clemens Brentano die akusti- Formate von Konzerten kreativ zu inszenieren und so dem Publischen Highlights der Stadt Heidelberg zu würdigen. Zwar hat der kum neue Perspektiven auf bekannte Werke zu eröffnen und die Hauptvertreter der sogenannten Heidelberger Romantik sicher Schwelle für interessierte Neulinge zu senken.“ Doch vor allem soll noch nicht an das internationale Musikfestival „Heidelberger Früh- nicht nur „ein anregender intellektueller Austausch“ stattfinden, ling“ gedacht – zumal „Geräusch“ und „Lärm“ keine Attribute dieses wie Schmidt betont, „sondern auch musikalische Sternstunden, die Ereignisses sind –, doch die Atmosphäre in der ehemaligen kurpfäl- lange nachwirken werden“. Für diese musikalischen Sternstunden sind (auch) die Topzischen Residenzstadt war offenbar schon damals bemerkenswert. Im Jahr 2013 geht der „Heidelberger Frühling“ in seine 17. Saison. stars der Szene zuständig. Dass Heidelberg ein beliebtes Ziel für Das Programm bietet 138 Veranstaltungen. Clemens Brentano hätte große Interpreten ist, hat schon die Vergangenheit gezeigt. Und auch in diesem Jahr liest sich das Line-up wie das „Who is Who“ der seine helle Freude daran gehabt. Klassikszene. Mit von der Partie sind der GeiDie diesjährige Ausgabe des „Heidelberger Daniel Hope mit dem Pianisten Sebastian ger Frühling“ firmiert unter dem Motto „PerHeidelberger Frühling 16. März bis 20. April 2013 Knauer, die Mezzosopranistin Elina Garanča, spektiven“. Was es damit auf sich hat, erklärt das Enfant terrible an der Orgel Cameron der Intendant Thorsten Schmidt: „Neue StandInformationen und Kartenservice: Carpenter, der Geiger Joshua Bell, der Pianist punkte wagen, alte Einschätzungen infrage Tel.: +49-(0)6221-584 00 44 Grigory Sokolov, das NDR Sinfonieorchester, stellen, Kontexte bewusst machen – beim HeiFax: +49-(0)6221-584 64 00 49 der Pianist Fazil Say, die Sopranistin Annette delberger Frühling laden wir Sie herzlich ein, www.heidelberger-fruehling.de karten-fruehling@heidelberg.de Dasch – um nur einige zu nennen. Musik aus verschiedenen Perspektiven wahrzu72

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Fotos: SSG, A. Mende; Harald Hoffmann / DG (2); D. Pasche / Sony BMG; M. Hart

Igor Levit; Daniel Hope; Annette Dasch; Elina Garanča; Cameron Carpenter

Ein fast schon alter Bekannter und weiterer großer Name ist der Pianist Igor Levit. „Dieser junge Mann hat nicht nur das Zeug, einer der großen Pianisten dieses Jahrhunderts zu werden. Er ist es schon“, schrieb vor kurzem die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Und obwohl Schauplätze wie die Wigmore Hall in London, die Philharmonie in Berlin, die Tonhalle in Zürich, das Concertgebouw in Amsterdam oder der Musikverein in Wien sein Konzertleben bestimmen, hat der 25-jährige russisch-deutsche Künstler in Heidelberg so etwas wie seine musikalische Heimat gefunden. Nicht nur, dass er zum wiederholten Male als Künstler in die Tasten greift (das natürlich auch). Nein, der Eigensinn in seinen Interpretationen und seine intelligenten Programme eröffnen den Zuhörern ganz neue Perspektiven. Kann es da einen besseren „Artist in Residence“ zum diesjährigen Motto geben? Eben. Und darüber hinaus hat man ihn zum Künstlerischen Leiter der Kammermusik Akademie ernannt. „Kammermusik ist für mich im wahrsten und direktesten Sinne des Wortes notwendig. Darum ist es auch eine ganz besondere Freude für mich, gefragt worden zu sein, ob ich Künstlerischer Leiter der Kammermusik Akademie des Heidelberger Frühling sein möchte. Natürlich! Gerade die Workshops und öffentlichen Kurse werden ganz wunderbar zeigen, was Kammermusik im Innersten zusammenhält.“ Igor Levit schwärmt. Gemeinsam mit dem renommierten Klarinettisten und Komponisten Jörg Widmann hat Levit Ideen geschmiedet, die einige Neuerungen mit sich bringen. Die Programme der Lunch- und Abendkonzerte werden um öffentliche Kurse und Workshops des Musikwissenschaftlers Markus Fein ergänzt. Und beim Akademie-Frühstück mit wechselnden Referenten wird ein Treffpunkt geschaffen, der für Teilnehmer und Publikum den Tag mit Konversationen über Musik einläutet.

Die Festival Akademie wird komplettiert durch die Akademie Junger Komponisten und die Lied Akademie. Matthias Pintscher bringt als Künstlerischer Leiter der Akademie Junger Komponisten Mitglieder des „Ensemble Intercontemporain“, des vielleicht renommiertesten Klangkörpers für Neue Musik mit nach Heidelberg. Ein Höhepunkt wird die Uraufführung der „2. Hymne an die Nacht“ von Ulrich Alexander Kreppein. Auch dieses Jahr werden ein Publikums- und ein Jurypreis unter den vier jungen Tonsetzern aus vier verschiedenen Ländern ausgelobt, die als Stipendiaten zur Akademie anreisen. Die Lied Akademie steht unter der Leitung von Thomas Hampson. Die Neugier, Unverkrampftheit und Freude, mit denen sich die international ausgewählten Stipendiaten der Gattung Lied in Heidelberg zuwenden, übertragen sich unmittelbar auf alle, die den Kursen mit den Großen der Zunft beiwohnen. „Balladen“ ist 2013 das Thema der Lied Akademie, bei der Thomas Hampson diesmal als weitere Dozenten unter anderem sein Klavierpartner Wolfram Rieger und der Bariton Thomas Quasthoff zur Seite stehen. Natürlich kann man beim „Heidelberger Frühling“ die Weltelite der Klassik-Szene bei großen Konzertabenden in festlichem Ambiente erleben. Das Herz des Festivals aber schlägt in Projekten wie der Festival Akademie. Bei diesen Veranstaltungen wird die Distanz zwischen Akteuren und Publikum abgebaut, man kommt miteinander ins Gespräch, tauscht Erfahrungen aus. Festivalleiter Thorsten Schmidt legt großen Wert darauf, dass sich der „Heidelberger Frühling“ sowohl an den Kenner als auch an den interessierten Neuling richtet: „Mit einer Vielzahl von Vermittlungsangeboten möchten wir Brücken bauen für alle, die wenige Vorkenntnisse, aber viel Neugier mitbringen.“ Igor Levit bringt es auf den Punkt: „Am Ende gibt es nichts Wunderbareres als das Erleben.“ n 73


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In diesem Jahr geht's thematisch an den Broadway, die Wiederaufnahme „Hotel Montparnasse“ führt die Zuschauer aber nochmal nach Paris.

Das war seine Stadt Beim 21. Kurt Weill Fest in Dessau dreht sich alles um New York, „die Stadt, die niemals schläft“. Verschlafen sollte man auch nicht das große Angebot an Konzerten, Filmen und Ausstellungen. Von Anders Winter

„Egal zu welcher Jahreszeit – für ihn war das immer noch eine Dark“ oder „One Touch of Venus“ entstanden für die New Yorker Stadt, die in Schwarzweiß-Optik existierte und zu den großarti- Musikmeile und prägten unter anderem die Blütezeit der amerigen Stücken von George Gershwin pulsierte ... Ähhh. Nochmal ... kanischen Bühnen. Mehr als 50 Veranstaltungen, von klassischen Konzerten New York war seine Stadt, und würde es immer sein!“ Mit diesen Worten aus dem Off – und zu den Klängen der „Rhapsody in Blue“ über Jazz bis zu Filmen, szenischen Produktionen und einer Aus– beginnt einer der schönsten Filme von Woody Allen. 1979 kam stellung bieten in diesem Jahrgang an 17 Spielstätten in Dessau, „Manhattan“ in die Kinos und beschrieb das chaotische Leben von Bitterfeld und Wittenberg ein facettenreiches Programm. Der Intendant des Kurt Weill Festes, Professor Michael KaufAllens Alter Ego Isaac Davis. Eigentlich aber drehte sich alles um New York, die Stadt der Träume, die Heimat des Broadway, „Mel- mann, will mit seiner Programmauswahl dem Wunsch von Weill gerecht werden, die Trennung von „U“- und „E“-Musik zu überting Pot“ und Zufluchtsort, Heimat und Moloch. Einen klingenden Städte-Dreisprung beschließt das 21. Kurt winden. „Dass unser Podium junger Künstler das Fest zudem zu Weill Fest in guten zwei Wochen mit dem Thema „New York“. einem internationalen Hot Spot der Nachwuchsförderung macht, Nach „Berlin im Licht“ und „Hommage à Paris“ widmet sich das verstärkt unseren Wunsch, dem Werk Kurt Weills in Zukunft zu mehr Beachtung zu verhelfen“, so Kaufmann. Festival im kommenden Frühling der ameriDer diesjährige „Artist in Residence“, kanischen Metropole. Auch für den in Dessau 21. Kurt Weill Fest Dessau James Holmes, kann bereits auf eine breite geborenen Komponisten Weill war die Über22. Februar bis 10. März und sehr vielseitige Karriere als Dirigent, Piafahrt von Frankreich in die USA 1935 ein AufInformationen und Kartenservice: Tel.: +49-(0)341-14 990 900 nist und Arrangeur zurückblicken. Im Musikbruch in das Land der unbegrenzten MöglichFax: +49-(0)341-21 24 682 theater machte er sich speziell mit der Musik keiten. Schon bald war er ein echter Broadwaywww.kurt-weill.de Kurt Weills einen Namen. Zusammen mit der Star und feierte bis zu seinem Tod im Jahre karten@kurt-weill-fest.de Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland1950 Riesenerfolge. Werke wie „Lady in the 74

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Fotos: Claudia Heysel; Manu Theobald; Hardy Müller; Ben Zweig; Fluhrer

Das Ensemble Modern konzertiert, der Weill-Evergreen „Die Dreigroschenoper“ wird in Weills Heimatstadt als Kinder- und Jugendproduktion aufgeführt, die Sopranistin Ute Gfrerer gibt einen amerikanischen Liederabend und Artist in Residence ist in diesem Jahr Pianist James Holmes.

Pfalz eröffnet er das 21. Kurt Weill Fest mit einem Broadway-Galakonzert, das die Zuhörer von Anfang an in die glitzernde Metropole New York entführt. Ergänzt werden die Aufführungen des InResidence-Künstlers mit einer Broadway-Show, einem Gespräch mit MDR Figaro im „Festivalcafé“ und einem Song-Abend „A Little Night Music“, der zusammen mit der In-Residence-Sopranistin des vergangenen Kurt Weill Festes, Ute Gfrerer, die Evergreens der New Yorker Musikmeile zu Gehör bringen wird. Mit „Down in the Valley“ leitet Holmes außerdem die Wiederaufführung einer der erfolgreichsten Weillschen Volksopern. Am selben Abend erklingen als Uraufführung „Five Songs from Huckleberry Finn“, einem unvollendet gebliebenen Musical Weills. Singen, spielen, tanzen – sich ganz in einen Titel oder ein Werk hineinzubegeben, das müssen die Teilnehmer der „Lotte Lenya Competition“ unter Beweis stellen, wenn sie einen der begehrten Preise erringen wollen. Jährlich wählt eine hochkarätige Jury die Preisträger aus – die Kurt Weill Foundation for Music hat für das diesjährige Kurt Weill Fest aus den Gewinnern mehrerer Wettbewerbe wiederum die Besten zu einem Ensemble für die Dessauer Festspiele zusammengestellt. Nicht nur im Eröffnungskonzert sind die jungen Künstler zu erleben; drei Sängerinnen und Sänger werden außerdem die Show „Wouldn’t You Like to Be on Broadway?“ gestalten. Da wäre zuerst Analisa Leaming: Ursprünglich aus Nashville, lebt die Amerikanerin nun in New York City und debütierte im Herbst am Broadway, im Musical „Rebecca“. Der zweite Preisträger James Benjamin Rodgers pflegt neben seiner Liebe für Oper und Musical auch eine Leidenschaft für Neue

Musik und das Kunstlied. Sein besonderes Faible für Kurt Weill zeigt seine neueste CD: „Exiled – The Extrication of Kurt Weill“. Und auch Bariton Jacob Lewis Smith, der neben seiner Gesangskarriere Songs mit Kanye West und Jay-Z aufgenommen und mitkomponiert hat, ist als Kurt Weill-Interpret kein Unbekannter. Einen weiteren Höhepunkt des Festivals stellt die europäische Erstaufführung „Die Verheißung“ nach dem Oratorium „Der Weg der Verheißung“ von Kurt Weill dar. Max Reinhardt, Regisseur und Mitbegründer der Salzburger Festspiele, hatte dafür den Dichter Franz Werfel und den Komponisten Kurt Weill zusammengebracht, um ein religiöses Massenspiel zu schaffen, das die Geschichte des jüdischen Volkes darstellt. Entstanden ist ein gigantisches Opus mit einer Spieldauer von drei bis sechs Stunden und über 200 Akteuren. Dass das fast unspielbare Werk nun doch seinen Weg auf die Bühne findet, ist der Kurt Weill Foundation zu verdanken, die den amerikanischen Komponisten Ed Harsh beauftragte, eine gekürzte oratorische Fassung des Werkes zu schaffen – eine Fassung, die beim kommenden Kurt Weill Fest ihre erste Aufführung erlebt. In Kooperation mit dem Dessauer Kiez e.V. stehen beim Kurt Weill Fest neben dem vielfältigen Musikprogramm auch Filmklassiker aus Amerika auf dem Programm. „Citizen Kane“ etwa oder „Casablanca“. Nur leider nicht das anfangs erwähnte Meisterwerk Woody Allens. Statt des neurotischen Intellektuellen Isaac Davis erobert im Dessauer „Kiez“ ein sympathischer Frosch die Stadt, gemeinsam mit einer Schweinedame, einem schwedischen Chefkoch, einem Krümelmonster – und jeder Menge Kollegen. n 75


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Februar / März Diese Termine sollten Sie nicht versäumen

23. Februar, 9. März, 27. April, Oper Halle, Theater im Pfalzbau Ludwigshafen

Foto: Gert Kiermeyer

Abschluss einer Operntetralogie

„Götterdämmerung“

Mit der „Götterdämmerung“ findet nun das Projekt „Ring Halle Ludwigshafen“, eine Koproduktion des Theaters im Pfalzbau Ludwigshafen und der Oper Halle in Kooperation mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, seinen krönenden Abschluss. Die Idee zum Kooperations-Projekt hatte Karl-Heinz Steffens, der sowohl Chefdirigent der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz als auch Generalmusikdirektor der Oper Halle und der Staatskapelle Halle ist. Und was liegt also näher, als Wagners Operntetralogie „Der Ring des Nibelungen“ auf die Bühnen

Premieren 1.2.

Wuppertal/Opernhaus

Rough Cut/P. Bausch (Ballett) 2.2. Chemnitz/Theater Vasco de Gama (Die Afrikanerin, EA der revidierten Fassung)/G. Meyerbeer 2.2. Dortmund/Theater Il Trovatore - Der Troubadour/G. Verdi 2.2. Erfurt/Theater Die Frauen der Toten/A. Bröder (UA) 2.2.

Gießen/Stadttheater

2.2.

Krefeld/Theater Die Hoch-

2.2.

Mannheim/Nationalthea-

Fosca/A. C. Gomes (DE)

zeit des Figaro/W. A. Mozart ter Don Carlo/G. Verdi Passau/Stadttheater

2.2.

Cinderella/S. Prokofjew (Ballett) St. Gallen/Theater (CH)

2.2.

La finta giardiniera/W. A. Mozart 3.2.

Aachen/Theater

Ariodante/G. F. Händel 3.2.

Braunschweig/Staatsthea-

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ter Traumnovelle/A. Nowitz (UA) 3.2. Zürich/Opernhaus (CH)

Rigoletto/G. Verdi 5.2.

Bonn/Opernhaus

Le Jardin des délices/Blanca Li (Ballett) 5.2.

Berlin/Neuköllner Oper

7.2.

Erfurt/Theater

Opera Aliens Lab III/D. Rebgetz(UA)

vom Ludwigshafener Theater im Pfalzbau und der Oper Halle zu bringen? Im März und April 2013 wird im Richard-Wagner-Jahr der gesamte Zyklus jeweils innerhalb einer Woche in Halle und in Ludwigshafen aufgeführt. Es spielt die Staatskapelle Halle, die Inszenierung liegt bei Hansgünther Heyme. Oper Halle: „Götterdämmerung“ 23.2. (Premiere), 9.3. und „Der Ring des Nibelungen“ vom 3. bis 9.3., Theater im Pfalzbau Ludwigshafen: „Der Ring des Nibelungen“ vom 21. bis 27.4. www.ring2013.de

Nordhausen/Theater

8.2.

Kameliendame/J. Ebnother (Ballett) Strasbourg/Opéra National du Rhin Das schlaue Füchs8.2.

lein/Leos Janáček

Wolfsburg/Theater

8.2.

Macbeth/G. Verdi

9.2. Essen/Aalto Theater Othello/ D. Untila, M. Yamamoto (Ballett, UA)

Der Ring des Nibelungen (an einem Abend)/R. Wagner (Puppenspiel)

9.2.

Freiburg/Theater

Klagenfurt/Stadttheater

9.2.

Heilbronn/Theater

7.2.

(A) Idomeneo/W. A. Mozart 7.2. Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Dreigroschenoper/K. Weill 7.2. Ulm/Theater

Dialogues des Carmélites/F. Poulenc 8.2. Gera/Theater Lady Macbeth von Mzensk/D. Schostakowitsch 8.2.

Hannover/Opernhaus

Orest/M. Trojahn (Deutsche EA) 8.2.

Heidelberg/Theater

Dionysos/W. Rihm

King Arthur/H. Purcell Saul/G. F. Händel 13.2.

München/Nationaltheater

14.2.

Berlin/Tischlerei

16.2.

Karlsruhe/Staatstheater

Boris Godunow/M. Mussorgsky Irgendwie anders/J. Klein

Der Sieg von Zeit und Wahrheit/ Oratorium G.F. Händel

Romeo und Julia/Prokofjew (Ballett) 16.2.

Mannheim/Nationalthea-

ter Othello/K. O’Day (Ballett, UA) 16.2. Osnabrück/Theater am Domhof Corpo d’anima/M. de

Candia (Ballett, UA) 16.2.

Pforzheim/Theater

La Cenerentola/G. Rossini

Weimar/Deutsches Nationaltheater

16.2.

Bèatrice et Bènèdict/ H. Berlioz 16.2.

Wien/Kammeroper (A)

16.2.

Wiesbaden/Staatstheater

Le Comte Ory/G. Rossini

Ein Winternachtstraum/S. Thoss & J. Inger (Ballett) 17.2.

Hamburg/Staatsoper

17.2.

Köln/Palladium

La Traviata/G. Verdi

Anna Bolena/G. Donizetti

16.2.

Leipzig/Oper

17.2.

Wien/Volksoper (A)

16.2.

Magdeburg/Opernhau

22.2.

Biel/Theater (CH)

Die Feen/ R. Wagner

Die verkaufte Braut/B. Smetana

Rigoletto/G. Verdi 22.2.

Lübeck/Theater

23.2.

Dortmund/Theater

23.2.

Halle/Opernhaus

23.2.

Hildesheim/Theater

23.2.

Kassel/Staatstheater

23.2.

Koblenz/Theater

23.2.

St.Gallen/Theater

24.2.

Berlin/Komische Oper

24.2.

Stuttgart/Staatstheater

24.2.

Wuppertal/Opernhaus

Idomeneo/W. A. Mozart

Le Nozze di Figaro/W. A. Mozart Götterdämmerung/R. Wagner Zum Sterben schön/M. Schubring & W. Adenberg (Musical, UA) Golddigger/J. Wieland (Ballett, UA) Hänsel und Gretel/E. Humperdinck Moses - Die 10 Gebotel/Michael Kunze (Musical, Weltpremiere) Mazeppa/P. I. Tschaikowsky Nabucco/G. Verdi

Ein Maskenball/G. Verdi

www.crescendo.de

Februar / März 2013


Dessau/Anhaltisches The-

ater Die Verheißung/Kurt Weill (europäische EA)

Der Rosenkavalier/R. Strauss 9.3.

Kassel/Staatstheater

L’Olimpiade/A. Vivaldi

28.2.

Graz/Opernhaus (A)

9.3.

Kiel/Theater

28.2.

München/Deutsches The-

9.3.

Krefeld/Theater

Gasparone/C. Millöcker

ater Anything Goes/Porter (Musical) Meiningen/Südthüringisches Staatstheater Tristan und

1.3.

Isolde/R. Wagner 2.3.

Dresden/Semperoper

2.3.

Hagen/Theater

Manon Lescaut/G. Puccini.

Der Wildschütz/A. Lortzing 2.3. Kaiserslautern/Pfalztheater Wozzeck/A. Berg 2.3. Lüneburg/Theater

Madame Butterfly/G. Puccini

Don Giovanni/W. A. Mozart Rienzi/R. Wagner

9.3. Leipzig/Oper Lend me a tenor!/B. Carroll (Deutsche EA) 9.3. Saarbrücken/Saarländisches Staatstheater The Rocky

Horror Show/R. O‘Brien (Musical)

Salzburg/Landestheater (A) Werther/J. Massenet 9.3. Solothurn/Theater (CH) 9.3.

Rigoletto/G. Verdi

9.3. Stralsund/Theater Kleider machen Leute/Zemlinsky (Musical)

2.3.

Münster/Stadttheater

9.3.

2.3.

Nürnberg/Staatstheater Im

10.3.

2.3.

Oldenburg/Staatstheater

Neues vom Tage/P. Hindemith

Weißen Rössl/Benatzky (Operette)

Der Barbier von Sevilla/G. Rossini 2.3. Plauen/ThV Tristan-Isolde/ Tanzstück von Torsten Händler 2.3. Schwerin/E-Werk Der arme Matrose/Milhaud, Death knocks/Jost Berlin/Staatsoper im Schillertheater Götterdämmerung/R. 3.3.

Wagner

3.3.

Heilbronn/Theater

Minsk/Musik: Ian Wilson, Text: Lavinia Greenlaw (UA) Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Nabucco/G. Verdi 7.3. Wuppertal/Opernhaus Dessau/Musiktheater in der Marienkirche

8.3.

Five Songs from Huckleberry Finn/ Musik: Kurt Weill, Text: Maxwell Anderson (Musical, UA) 8.3.

Düsseldorf/Opernhaus

8.3.

Hof/Theater

9.3.

Augsburg/Theater

9.3.

SehnSuchtMEER/H. Oehring (UA) Die tote Stadt/E. W. Korngold

Berlin/Deutsche Oper

Der Ring: Next Generation/R. Wagner, A. Holtsch 14.3.

Düsseldorf/Opernhaus

Die Prinzessin auf der Erbse/E.Toch 15.3.

Basel/Theater (CH)

Cinderella/S. Prokofjew (Ballett) Saarbrücken/ChristkönigKirche Petite Messe Solennelle/

15.3.

morta in un atto/S. Sciarrino

Konzerte 1.2. Hannover/Großer Sendesaal The Hilliard Ensemble: Love

among the ruins 1.2.

Luxembourg/Philharmonie

(L) Royal Concertgebouw Orchestra,

Ltg. Maris Jansons: Richard Strauss & Anton Bruckner 2.2. Berlin/Konzerthaus Academy of St. Martin in the fields, Ltg. & Violine Janine Jansen: W. A. Mozart & B. Bartók

Bielefeld/Stadttheater

9.3.

Darmstadt/Staatstheater

3.2.

München/Künstlerhaus

9.3.

Freiburg/Theater

4.2.

Berlin/Philharmonie

Pique Dame/P. I. Tschaikowsky

Köln/Philharmonie

Verdandi-Trio: Musik in Farben

Deutsches Symphonie-Orchester Ber-

15. Februar bis 3. März, Karlsruhe, Staatstheater

Vielversprechend!

Klaus Florian Vogt

6.2. Bremen/Glocke Glenn Miller Orchestra, Ltg. Wil Salden (Jazz) 6.2. Jena/Volkshaus Jenaer Philharmonie, Ltg. Marc Tardue; Christian Götz: Berlioz, Bartók & Brahms 6.2. Saarbrücken/Funkhaus Halberg Kraus Frink Percussion 7.2. Berlin/Philharmonie Berliner

Philharmoniker, Ltg. Manfred Honeck; Anne-Sophie Mutter: A. Dvořák

7.2.

Düsseldorf/Tonhalle

7.2.

Hamburg/Laeiszhalle

L‘Orchestre de Contrebasses:Best Of 7.2. Frankfurt/Alte Oper hr-Sinfonieorchester, Ltg. Paavo Järvi; Rudolf Buchbinder: Brahms& Bruckner Fatoumata Diawara (Weltmusik) 7.2. Luxembourg/Philharmonie (L) Isabelle Druet; Anne Le Bozec:

Shakespeare Songs

8.2.

Gerald Berry

Tübingen/Universität

Apollon Quartett Prag; Giampiero Sobrino: X. Richter, W. A. Mozart & L. Janacek

9.2.

Augsburg/Theater

Die Trojaner/H. Berlioz

4.2.

David Fray: J. S. Bach

Berlin/Staatsoper im Schillertheater Vanitas - Natura

15.3.

Augsburger Philharmoniker, Ltg. Dirk Kaftan: Brecht und die Musik (Familienkonzert)

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsky

Hamburg/Laeiszhalle

Baden-Baden/Festspielhaus Giora Feidman & Gershwin

3.2.

Elektra/R. Strauss

4.2.

Gioacchino Rossini

7.3.

Kontakthof/P. Bausch (Ballett)

Wiesbaden/Staatstheater

Ariadne auf Naxos/R. Strauss

lin, Ltg. James Conlon; Joyce Yang: L. Bernstein & D. Schostakowitsch

Foto: Betty Freeman

28.2.

9.3. Halberstadt/Nordharzer Städtebundtheater

9.2.

Quartett: PanAmericana (Jazz)

Eisenach/Landestheater

Landeskapelle Eisenach, Ltg. GMD Carlos Domínguez-Nieto; Rahanas Quartett: Gitarrissimo! 10.2. Berlin/Philharmonie Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Rundfunkchor Berlin, Ltg. Marek Janowski: M. Reger, I. Strawinsky & A. Berg 10.2.

Hamburg/Laeiszhalle

Hamburger Symphoniker & Vocalconsort Berlin, Ltg: Peter Ruzicka; Ryu Goto; Marius Vlad: P. Ruzicka, L. van Beethoven & G. Enescu Heide/Museumsinsel Lüttenheid Mariani Klavierquartett 10.2. Neustrelitz/Landestheater Neubrandenburger Philharmo10.2.

nie, Ltg. Russell Harris; Pawel Kowalski: Paderewski & Schumann 11.2. Aue/Kulturhaus Erzgebirgische Philharmonie, Ltg. GMD Naoshi Takahashi; Prof. Peter Rösel: F. Schubert & L. van Beethoven

Nach mehr als 30 Jahren Händel-Festspiele könnte man meinen – so groß das Oeuvre Händels auch sein mag –, alle Oratorien seien irgendwann einmal ge­ spielt. Dem ist nicht so. Auch die 36. Auflage der Händel-Festspiele an der Badischen Staatsoper wartet noch mit Neuem auf. Im Mittelpunkt nämlich wird ein Stück stehen, das hier bisher noch nicht auf der Bühne zu sehen war: „Der Sieg von Zeit und Wahrheit“ (Premiere am 16.2.). Es ist die dritte Version von Händels Oratorium, das er zum ersten Mal mit 22 Jahren in Rom unter dem Titel „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ komponierte, zum letzten Mal aber mit 72 Jahren in englischer Sprache als „The Triumph of Time and Truth“ aufgeführt hatte. Dieses kirchliche Moralspiel, in dem der Schönheit beigebracht wird, dass sie lieber an das Ende und ein tugendreiches Leben denken soll, ist heute ein wenig anachronistisch geworden. Das hat den irischen Komponisten Gerald Barry veranlasst, eine moderne Fortsetzung zu komponieren, in der die im Barockzeitalter siegreichen Allegorien Zeit und Wahrheit auf die Jugend von heute treffen – und unterliegen. Seine Oper heißt daher „Der Sieg von Schönheit und Täuschung“. Vielversprechend ist nun die Kombination beider Stücke. Händel-Festspiele Karlsruhe, 15.2. - 3.3. www.staatstheater.karlsruhe.de

11.2. Lausanne/Salle Métropole (CH) Orchestre de Chambre de ForumUsh_30.01.2013_Creszendo_90x61_Layout 1 14.01.13 15:23 Seite 1 Anzeigen

KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM

SPIELZEIT 2012/2013

St. Gallen/Theater (CH)

Un ballo in maschera/G. Verdi

Sonntag, 10. März 2012, 19 Uhr

DUO SALISBURGO: STEPHANIE SCHWARZ [Harfe] UND JANINE SCHÖLLHORN [Flöte] Mit Werken von Fauré, Debussy, Glinka, Chopin, Godard, Bach u. a. Donnerstag, 21. März 2013, 20 Uhr

FORUM UNTERSCHLEISSHEIM

27.2.

DAS DIKNU SCHNEEBERGER TRIO THE SPIRIT OF DJANGO Bürgerhaus Unterschleißheim Rathausplatz 1 [direkt an der S 1 Haltestelle Unterschleißheim] Karten: 089/54 81 81 81 oder 089/310 09 200 www.forum-unterschleissheim.de

77


e r l e b e n

Bach authentisch

Lausanne, Ltg. Heinz Holliger; Isabelle Faust: R. Schumann, F. Schubert & L. van Beethoven

ger Speck; Reinhold Friedrich: Trompetengala

Bayreuth/Steingraeber Haus Amélie Sandmann und Sieg-

Cameron Carpenter: Theatre of the Organ

15.2.

12.2.

fried Mauser: musikalisch-literarische Mitternachtsveranstaltung am und um den Todestag von Wagner

15.2. Nürnberg/Meistersingerhalle Staatsphilharmonie Nürnberg,

Ltg. Marcus Bosch; Alexander Melnikow: Tschaikowsky &Schostakowitsch

Mannheim/Rosengarten Mozartsaal The Sound of

12./13.2.

Eröffnungskonzert mit dem Pianisten Francesco Tristano

Hollywood Symphony Orchestra & Voices, Ltg. Helmut Imig: Fluch der Karibik, Kinofilm mit Live-Orchester 13.2. Bad Elster/König Albert Theater Chorsächsische Streicher-

solisten: Sonate für Richard Wagner

13.2.

Bayreuth/Stadthalle

13.2.

Dortmund/Konzerthaus

13.2.

Dresden/Semperoper

Trio Parnassus: Kammermusik zum 130. Todestag von Wagner Trio Widmann - Tamestit - Piemontesi: M. Bruch, G. Kurtág, R. Schumann, J. Widmann & W. A. Mozart Staatskapelle Dresden, Sächsischer Staatsopernchor Dresden, Ltg. Christian Thielemann; Genia Kühmeier; Christa Mayer; Daniel Behle; Alastair Miles: W. A. Mozart 13.2.

Gera/Konzertsaal

Reussisches Kammerorchester, Kammerchor der Dresdner Frauenkirche, Ltg: Matthias Grünert; Ute Selbig; Jana Reiner; Eric Stoklossa; Andreas Scheibner: Kyrie Eleison! Die Kreisstadt Arnstadt in der Mitte Thüringens ist übrigens nicht nur „Geburtsort“ der Thüringer Rostbratwurst und einer der ältesten belegten Orte Deutschlands außerhalb der ehemals römischen Siedlungsgebiete (704), sondern auch die erste Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach. Und da in Arnstadt so viele Originalschauplätze der Familie Bach erhalten sind wie sonst nirgendwo in Deutschland, ist hier seit Jahren das Bach Festival etwas Besonderes. Unter dem Slogan „Modern, Vielseitig, Weltklasse“ werden im März neben Konzerten, Gottesdiensten, Führungen und Kinderprogrammen auch Kulinarisches,

Märkte und Ausstellungen sowie musikalisches Kabarett geboten. Die Festivaleröffnung glänzt mit Francesco Tristano und für das Abschlusskonzert konnte New York Polyphony gewonnen werden. Geoffrey Williams (Countertenor), ­Steven Caldicott Wilson (Tenor), Chris­ topher Dylan Herbert (Bariton), Craig Phillips (Bass) und Lizzie Ball (Violine) widmen sich mit ihrem Programm „Von der Renaissance zu Bach“ in der JohannSebastian-Bach-Kirche Werken von J. S. Bach, Guillaume de Machaut, Thomas Crecquillon und Josquin Desprez. Bach Festival Arnstadt, 15. bis 24. März www.bachfestival.arnstadt.de

Hope am Jakobsplatz

13.2. Meiningen/Südthüringisches Staatstheater Meininger

Hofkapelle, Ltg. Kaspar Zehnder: Wagner ohne Worte

14.2.

Erfurt/Theater

Philharmonisches Orchester Erfurt, Ltg: Ira Levin; Isang Enders: B. Britten, E. Elgar & R. Schumann 14./15.2.

Frankfurt am Main/Alte

Oper The Sound of Hollywood

Symphony Orchestra & Voices, Ltg. Helmut Imig: Fluch der Karibik, Kinofilm mit Live-Orchester 15.2.

Dresden/Frauenkirche

Konzert im Gedenken an die Zerstörung Dresdens 1945 15.2.

Karlsruhe/Konzerthaus

Deutsche Händel-Solisten, Ltg. Hol-

Am 15. Februar veröffentlicht die Deutsche Grammophon das neue Album „Spheres“ des Stargeigers Daniel Hope. Hope widmet sich darauf der Idee der klingenden Himmelskörper. Dafür vereint er Kompositionen, die auf ihre individuelle Weise die faszinierende Sphärenmusik vertonen. Mit diesem Tonträger im Gepäck gastiert der 39-Jährige beim Orchester Jakobsplatz in München. Ebenfalls dort auf dem Programm steht „Vivaldi Recomposed“ von Max Richter. München, Hubert-Burda-Saal im Jüdischen Zentrum am Jakobsplatz, 18.3. www.orchester-jakobsplatz.org

Jazz. Aus reinen Rhythmusmaschinen sind heute aber gleichberechtigte Instrumentalisten geworden, und nie zuvor gab es so viele Schlagzeuger, die auch Komponisten und Bandleader sind. In kostenfreien Sonntagsmatineen von 17. Februar bis 17. März präsentiert der BMW Welt Jazz Award im Doppelkegel der BMW Welt in München unter dem Motto „Leading Drums“ ganz unterschiedliche Vertreter ihres Fachs. Die beiden Finalisten stehen sich beim Finale am 20. April im Auditorium gegenüber. München, BMW Welt, 17., 24.2., 10., 17.3. (Auswahlmatineen sonntags), am 20.4. Abschlusskonzert (mit den zwei Finalisten) www.bmw-welt.com/events

Schlagzeug im Fokus

Die Narren tanzen klassisch

In diesem Jahr rücken die Schlagzeuger in den Mittelpunkt: Schon immer waren sie die Motoren des

Mit Walzerklängen à la Wiener Opernball werden am Rosenmontag Tanzbegeisterte den

78

München/Philharmonie

15.2.

Trier/Theater

16.2.

Freiburg/Konzerthaus

Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Ltg. GMD Victor Puhl: Classic meets Cuba - Sinfonic Salsa The Sound of Hollywood Symphony Orchestra & Voices, Ltg. Helmut Imig: Fluch der Karibik, Kinofilm mit Live-Orchester 16.2. Potsdam/Nikolaisaal Kammerakademie Potsdam, Ltg. Antonello Manacorda; Alessio Allegrini: Mozart, Britten, Panfili & Schubert Sondershausen/Haus der Kunst Loh-Orchester Sondershau-

16.2.

sen, Ltg: Markus L. Frank; Silke Avenhaus: Romantische Fantasien

17.2. Baden-Baden/Festspielhaus The Sound of Hollywood Sym-

phony Orchestra & Voices, Ltg. Helmut Imig: Fluch der Karibik, Kinofilm mit Live-Orchester

17.2.

Bamberg/Konzerthalle

Berganza-Quartett: K. Höller, R. Vaughan Williams & C. Debussy 17.2. Bonn/Beethovenhalle Beethoven Orchester Bonn, Ltg. Vladimir Fedoseyev: G. Verdi & R. SWagner 17.2. Wien/Musikverein(A) Wiener Virtuosen & Thomas Hampson: Schönberg, Mahler, Dvořák & Bizet 17.2. Zwickau/Robert Schumann-Haus Mizuka Kano: Schu-

mann Plus II

Erlangen/Heinrich-LadesHalle l’arte del mondo, Ltg. Werner 18.2.

Ehrhardt; Viktoria Mullova: J. S. Bach, J. C. F. Bach & W. F. Bach

Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Sinfonia Varsovia,

18.2.

Ltg. Michael Francis; Anne-Sophie Mutter: W. Lutosławski, B. Britten, A. Pärt & P. I. Tschaikowsky 18./19.2.

Augsburg/Theater

Münchner Fasching kurz vor Schluss genießen können. Der „Bal Classique” bietet seit Jahren in Münchner Tradition den Freunden symphonischer Tanzmusik eine lange, elegante Ballnacht im Deutschen Theater. Eine große symphonische Besetzung der Jungen Münchner Symphoniker unter der Leitung von Bernhard Koch, konzertante Einlagen und hochkarätige Sänger sorgen für eine stimmungsvolle Veranstaltung. München, im großen Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmaning, 11. 2., www.bal-classique.de

Unmenschliche ­Musik Allein der Titel zwingt einen geradezu, sich dies einmal anzuhören: „Unmenschliche Musik“. Das muss entweder besonders gut oder besonders suboptimal sein, denkt man. Es ist aber vor allem: wortwörtlich gemeint. Denn im Berliner Haus der Kulturen der Welt werden tatsächlich www.crescendo.de

Februar / März 2013

Fotos: Aymeric Giraudel; Jo Neander; Jo Titze; VG Bild-Kunst, Bonn 2012; Gert Kiermeyer; Harald Hoffmann/DG; Danny Otto; Paul LaRaia; promo

15. bis 24. März, Bach Festival Arnstadt


Bis 17. Februar, Berlin, Akademie der Künste

Künstlerpositionen Im Wagner-Jahr 2013 kommt selbstverständlich auch die Akademie der Künste in Berlin nicht an Richard Wagner vorbei. Schließlich war der große Komponist einst selbst Mitglied der Institution. Noch bis zum 17. Februar setzt sich die Akademie der Künste nun mit dessen Werk auseinander: „Wagner 2013. Künstlerpositionen“ entfaltet mit Beiträgen von mehr als 50 Künstlern zu einer Ausstellung und zu Veranstaltungen ein Panorama zeitgenössischer Arbeitsweisen und persönlicher Lesarten des Werks Wagners. Denn auch im Jahr seines 200. Geburtstags beschäf-

Augsburger Philharmoniker, Ltg. Dirk Kaftan; am Klavier Kit Armstrong: W. A. Mozart, O. Messiaen 19.2. Berlin/Konzerthaus Staatsballett Berlin, Deutsches Filmorchester Babelsberg, Ltg: Robert Reimer: Rund um die „Ballets Russe“ 19.2. Bremen/Glocke Verdi Quartett; Matthias Kirschnereit: Beethoven, Schostakowitsch & Schumann 19.2.

Schleswig/Theater

Schleswig-Holsteinisches Sinfonieorchester, Flensburger Bach-Chor, Ltg. Matthias Janz: G. F. Händel Annaberg-Buchholz/Eduard-von-Winterstein-Theater

20.2.

Erzgebirgische Philharmonie, Ltg. GMD Naoshi Takahashi; Prof. Peter Rösel: Schubert & Beethoven 20.2.

Duisburg/Mercatorhalle

Duisburger Philharmoniker, Ltg: Leif Segerstam: J. Sibelius, L. Segerstam & A. Skrjabin 20.2.

München/Philharmonie

Münchner Philharmoniker, Philharmonischer Chor München, Ltg. Zubin Mehta; Angel Blue; Mihoko Fujimura: G. Mahler 21.2.

Aachen/Eurocongress

WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg. Andris Nelsons; Christian Gerhaher: A. Webern, G. Mahler & F. Schubert 21.2.

Bochum/Planetarium

Duo Akkordeon & Gitarre: Meditationen und Kontroverse

21.2.

tigt das musikdramatische Werk heutige Künstler noch so, als ginge es jeweils ums Ganze. Wagner polarisiert – wegen der Themen, die die einen für universal halten, die anderen für rein deutsch, aber vor allem wegen der Musik, deren Komplexität und Suggestivkraft viele singulär schön und manche kaum erträglich finden. Komponisten, Regisseure, Bühnenbildner, Filme­macher, Bildende Künstler und Schriftsteller beziehen Position zu ihrem Verhältnis zu Wagner. Akademie der Künste, bis 17.2. www.adk.de/wagner2013/

Leipzig/Gewandhaus

Gewandhausorchester, Ltg: Riccardo Chailly; Lars Vogt: Grieg & Mahler München/Prinzregententheater Münchener Kammeror21.2.

chester, Ltg. Esther Hoppe; Nicolas Altstaedt: F. Martin, C. P. E. Bach & L. Janáček

21.2.

Innsbruck/Congress

Tiroler Symphonieorchchester Innsbruck, Ltg. Christoph Altstaedt: Britten & Mozart 21.2.

Berlin/Neues Museum

Lautten Compagney Berlin, Calmus Ensemble, Ltg. Wolfgang Katschner: Bacharkaden 22.2.

Hamburg/Laeiszhalle

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen & Hilliard Ensemble, Ltg. Paavo Järvi: G. de Machaut, I. Strawinsky, E.-S. Tüür & F. Mendelssohn Bartholdy 22.2.

Kaiserslautern/Fruchthalle

Deutsche Radio Philharmonie, Ltg: Michael Sanderlin; Barnabas Kelemen: W. A. Mozart & A. Bruckner 22.2.

München/Herkulessaal

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg: Emilio Pomarico; Nicolas Hodges: M. Andre, I. Mundry & K. A. Hartmann 23.2.

Bamberg/Konzerthalle

Bamberger Symphoniker, Ltg: Jonathan Nott; Alina Pogostkina: W. A. Mozart & G. Mahler

Essen/Philharmonie MCO Academy: Mahler Chamber Orchestra, Studierende des Orchesterzentrums NRW, Ltg. Pablo Heras-Casado; Andreas Brantelid: Dutilleux, Berlioz

23.2.

München/Prinzregententheater Die 12 Cellisten der Berli23.2.

ner Philharmoniker: Fleur de Paris 23.2. Quedlinburg/Theater Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters Ltg: Michael Korth; Thomas Hecker: Schubert, Strauss & Wagner 23.2.

Dresden/Frauenkirche

MDR Rundfunkchor, Ltg: Sir Roger Norrington; Max Hilpert München/Schloss Nymphenburg Verdi Nacht 23.2. Neubrandenburg/Konzertkirche Neubrandenburger 23.2.

Künstler der AdK Berlin interpretieren Wagner.

sellschaftshaus Sasha Grynjuk:

Gershwin trifft Gulda

24.2. Frankfurt a. Main/Kuhhirtenturm Jörg Ditzel: A. Berg, H.

Eisler, I. Strawinsky & P. Hindemith 25.2.

Bonn/Villa Prieger

25.2.

Dortmund/Konzerthaus

Il Solisti Bonna: J. Françaix, S. Barber, K. Pilss & D. Milhaud Dortmunder Philharmoniker, Ltg. Lancelot Fuhry; Jan Golebiowski: I. J. Holzbauer, W. A. Mozart & J. Haydn Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Deutsche Staatsphilhar-

25.2.

monie Rheinland-Pfalz, Ltg. James Holmes: New York - New York

25.2.

Reutlingen/Stadthalle

Bad Reichenhaller Philharmonie,Ltg. Christoph Adt; Andrea Lieberknecht: Kraus, Reinecke & Beethoven 24.2. Bremen/Glocke Bremer Philharmoniker, Ltg: Markus Poschner; Herbert Feuerstein: G. Mahler

26.2.

München/Herkulessaal

26.2.

Salzburg/Mozarteum (A)

Hamburg/Laeiszhalle

27.2.

Philharmonie: FILMMUSIK live 23.2.

24.2.

Bad Reichenhall/Theater

Philharmoniker Hamburg & NDR Chor, Ltg: Simone Young; Genia Kühmeier; Bettina Ranch; Dovlet Nurgeldiyev; Jongmin Park: W. A. Mozart & A. Bruckner 24.2.

Ludwigshafen/BASF-Ge-

Württembergische Philharmonie Reutlingen, Ltg. Marc Piollet; Daniel Müller-Schott: C. M. von Weber, A. Dvořák & J. Brahms Gabriela Montero: J. Brahms, F. Chopin, E. Lecuona, A. Ginastera, E. Nazareth & M. Moleiro Cuarteto Casals: F. Schubert

Wuppertal/Historische Stadthalle Alexander Krichel mit

Werken von F. Schubert, C. Schumann & R. Schumann

Berlin/Konzerthaus Kleiner Saal Ensemble Modern und 28.2.

Berliner Jugendlichen: Steve Reich - Open your Ears

28.2.

Frankfurt/Alte Oper

hr-Sinfonieorchester, Ltg. Gianandrea Noseda; Fazil Say: L. van Beethoven & A. Casella 28.2. Hameln/Theater Benefizkonzert für den neuen Konzertflügel des Hamelner Theaters 28.2. Hamburg/Museum für Hamburgische Geschichte Jo-

hannes Krebs, Franck-Thomas Link: Heilige Räume. Musik der Stille

28.2.

Köln/Philharmonie

28.2.

Linz/Brucknerhaus (A)

28.2.

München/Philharmonie

28.2.

Stuttgart/Liederhalle

WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg. Howard Griffiths; Compagnie Bodecker & Neander: L. Boccherini, I. Strawinski & G. Bizet Bruckner Orchester Linz, Ltg. Dennis Russell Davies; Ildiko Deak: A. Copland, K. Schwertsik & Beethoven Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg. Zubin Mehta; Yefim Bronfman: Liszt, Bartók,Tschaikowsky Midori, Özgür Aydin: J. S. Bach, L. van Beethoven & J. Brahms 1.3.

Fürth/Kulturforum

Lagrimosa Beltà: Frances Pappas & Laura Young 1.3. Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Murray Perahia 2.3. Karlsruhe/Konzerthaus

SWR Sinfonieorchester, Ltg: Emilio

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FESTLICHE EVENTS IN MARKGRÄFLICHEN BAUWERKEN

19. BAYREUTHER OSTERFESTIVAL

29. März - 7. April 2013

Symphoniekonzert Wagner & Friends Matinéen, Geistliches Konzert, Festkonzert, Jazz www.osterfestival.de

79


e r l e b e n

Pomàrico; Roger Muraro: F. Busoni, W. A. Mozart & A. Bruckner

12. Februar bis 14. April, Mannheim, Frankfurt/M., Freiburg, Baden-Baden, Köln, München

Hamburg/Hauptkirche St. Michaelis Amsterdam Baroque Or-

2.3.

Immenses Tempo

chestra & Choir, Ltg. Ton Koopman; Lenneke Ruiten; Maarten Engeltjes; Tilman Lichdi; Klaus Mertens; Jasper Schweppe: G. P. Telemann

2./3.3. München/Gasteig CarlOrff-Saal Stefan Mickisch inter-

pretiert und erläutert am Flügel Wagners Opernwerk: Das Rheingold - Aufbau und Mythos und Die Walküre - Liebe und Feuer

3.3.

Köln/Philharmonie

3.3.

Osnabrück/Hoher Dom

3.3.

Solingen/Kunstmuseum

Gürzenich-Orchester Köln, Ltg. Lionel Bringuier; Nelson Freire: Messiaen, Chopin, Dutilleux & Ravel Osnabrücker Symphonieorchester, Ltg. Daniel Inbal; Kinan Azmeh; Dima Orsho; Mark Hamman: A.Schönberg, K. Azmeh & G. Verdi Benjamin Moser: C. Debussy, A. Skrjabin & R. Schumann

4.3. Mannheim/Congress Center Rosengarten Musikalische

Akademie des Nationaltheater-Orchesters Mannheim, Ltg. John Fiore; Albrecht Mayer: S. Barber, J. Haydn, W. A. Mozart & R. Strauss 5.3.

Augsburg/Parktheater

5.3.

Berlin/Berliner Ensemble

Rebekka Baken (Jazz)

Lautten Compagney Berlin, Gustav Peter Wöhler, Ltg. Wolfgang Katschner: Peeping at Pepys: Ein musikalisches Tagebuch 7.3. Berlin/Philharmonie Berliner Philharmoniker, Ltg. Andris Nelsons: Mozart, Wagner & Schostakowitsch Berlin/Konzerthaus Kleiner Saal Jean Muller: Chopin Recital 7.3. Dresden/Semperoper 7.3.

Staatskapelle Dresden, Ltg: Sir Colin Davis; Emanuel Ax: L. van Beethoven & E. Elgar 7.3.

Hannover/Kuppelsaal

8.3.

Basel/Stadtcasino (CH)

Tonhalle Orchester Zürich, Ltg: David Zinman; Rafal Blechacz: H. Berlioz, L. van Beethoven & J. Brahms Kammerorchester Basel, Ltg: N.N.; Angelika Kirchschlager: G. F. Händel 8.3. Berlin/Philharmonie Rundfunkchor Berlin & Berliner Schulchöre, Ltg: Nicolas Fink: Liederbörse Luxembourg/Philharmonie (L) Orchestre Philharmonique du

8.3.

Luxembourg, Ltg: Jakub Hrůša; Julian Rachlin: A. Skrjabin, D. Schostakowitsch & A. Borodin

8.3.

Salzburg/Mozarteum (A)

„Fluch der Karibik“ läuft als Film, dazu die Filmmusik live vom Orchester gespielt. Filmmusik-Komponist Hans Zimmer ist begeistert: „Was mich an diesem Orchesterprojekt fesselt“, so der Oscar-Preisträger, „ist der Live-Charakter. Ein derartiges Projekt ist ‚gefährlich‘ in dem Sinne, dass es in jedem Moment die Gefahr des Scheiterns in sich trägt. Das macht es besonders spannend. Das Orchester hat keine ruhige Sekunde und durch das immense Tempo keine Zeit zum Luftholen.“ Der gebürtige Frankfurter und in Hollywood arbeitende Komponist kann das nachvollziehen – denn die Musik zu „Fluch der Karibik“ stammt von ihm. Im vergangenen Jahr eroberte „Fluch der Karibik – Disney live in Concert“ Konzertsäle der Republik. Nun folgt die Fortsetzung. Die Location: ein klassischer Konzertsaal. Kein Popcornknistern, keine

10.3.

11.3.

12.3.

9.3. Neubrandenburg/Konzertkirche Neubrandenburger

13.3.

München/Gasteig

Matze mit der blauen Tatze (Jazz für Kinder) Unterschleißheim/Bürgerhaus Duo Salisburgo: Fauré, Debus10.3.

sy, Glinka, Chopin, Godard, Pierné, J. S. Bach & C. Ph. E. Bach

80

Leverkusen/Forum

Camerata Salzburg, Ltg: Peter Ruzicka; Valentin Radutiu: R. Schumann, P. Ruzicka & F. Schubert 13.3.

10.3.

Wolfsburg/Theater

Staatliche Philharmonie Košice, Ltg. Zbyněk Müller; Cristina Gómez Godoy: Kodály, Mozart & Beethoven

Camerata Salzburg, Ltg & Violine: Alexander Janiczek: J. Haydn, J. S. Bach & L. van Beethoven

Philharmonie & junge norddeutsche philharmonie, Ltg: Stefan Malzew: Happy Birthday: Wagner & Verdi

Weimar/Weimarhalle

Staatskapelle Weimar, Ltg: Stefan Solyom; Olga Scheps: L. van Beethoven & P. I. Tschaikowsky

Bonn/Kanzlerbungalow

Sharon Kam & Itamar Golan: Klarinettenperspektiven München/Philharmonie

Münchner Symphoniker, Ltg: Georg Schmöhe; Mikhail Simonyan: Smetana, Tschaikowsky & Beethoven 14.3.

Dortmund/Konzerthaus

The World Famous Glenn Miller Orchestra: In the Miller Mood (Jazz) 14.3.

Düsseldorf/Tonhalle

Zehetmair Quartett: R. Schumann, P. Hindemith & F. Schubert 14.3.

Salzburg/Mozarteum (A)

Paul Lewis: F. Schubert Würzburg/Hochschule für Musik Hofstallstraße Phil14.3.

harmonisches Orchester Würzburg: H. Wolf, A. Dvořák & A. Bruckner

14.3.

Hamburg/Laeiszhalle

Jewgenij Kissin: J. Haydn, L. van Beethoven, F. Schubert & F. Liszt 15.3.

Altenburg/Landestheater

Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg: N. N.; Philip Mayers: Don Juan-Variationen Arnstadt/Johann-Sebastian-Bach-Kirche Francesco Trista-

15.3.

Werbung, dafür aber ausgeklügelte Technik, eine 65 qm große Leinwand, ein vielfach Filmmusik-erprobtes Orchester und ein Dirigent, der alle Fäden in der Hand hält. Denn die Musik kommt diesmal von vorne, mit vollem Einsatz aller Beteiligten. In sechs deutschen Städten werden „The Sound of Hollywood Symphony Orchestra & Voices“ unter der Leitung von Helmut Imig Jack den Captain Jack Sparrow und Elizabeth Swann imposant zum Leben erwecken. Mannheim, Rosengarten Mozartsaal,12./13.2.; Frankfurt/M., ­Alte Oper; 14./15.2.; Freiburg, Konzerthaus, 16.2.; Baden-­ Baden, Festspielhaus, 17.2.; Köln, Philharmonie, 31.3. und 1.4.; ­München, Philharmonie, 13./14.4. www.fluch-der-karibik-live.de und www.muenchenevent.de

15.2. - 3.3.

pretiert und erläutert am Flügel Wagners Opernwerk: Siegfried Heldenproblematik und Götterdämmerung - Ende und Neubeginn

22.2. - 10.3.

München/Gasteig CarlOrff-Saal Stefan Mickisch inter-

23.2. - 18.4.

Interlaken (CH)

mit den Regensburger Domspatzen, 2. Mitsing-Konzert für die ganze Familie

44. Internationale Jazzwoche 15. - 24.3. Arnstadt 9. Bach-Festival 15. - 24.3. Berlin MaerzMusik 15. - 24.3. Rügen Festspielfrühling d. Festspiele Mecklenburg-Vorpommern

Frankfurt am Main/Alte Oper Jean Muller: Chopin Recital 17.3. Regensburg/Auditorium maximum Mittelbayerisches Duett

12. - 17.3.

Burghausen

16.3. - 20.4.

Frankfurt (Oder)/Konzerthalle Brandenburgisches

1. - 10.2.

Nürnberg/Meistersingerhalle Staatsphilharmonie Nürnberg,

Dessau

21. Kurt Weill Fest Interlaken Classics

Festspiele

Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Howard Griffiths; Anna Fedorova; Giuliano Sommerhalder: J. Strauß/ H.K. Gruber, Schostakowitsch & R.Strauss

36. Händel-Festspiele

17.3.

no spielt D. Buxtehude, J. S. Bach & Tristano (Francesco Tristano)

15.3.

Karlsruhe

16./17.3.

Salzburg (A) Mozartwoche Augsburg Brecht-Festival 1. - 10.2. Oldenburg PLATTart 2.2. - 4.3. Hamburg Lux aeterna 7. - 10.2. Stuttgart Eclat Festival 13.2. - 23.3. Köln Hommage à - 3.2.

15.3.

Horatiu Radulescu

Ltg: Pedro Halffter; Trio Wanderer: Berg, Beethoven & Bruckner

15. - 17.2.

Lüneburg Musik 21

Nachwuchsfestival

Heidelberg

Internationales Musikfest Heidelberger Frühling mit Festival Akademie 17. - 24.3. Stuttgart Bachwoche 20.- 23.3.

Frankfurt am Main

23.3.- 1.4.

Baden-Baden

23.3.- 1.4.

Salzburg (A) Osterfest-

29.3.- 7.4.

Bayreuth

Internationaler Schumann Kammermusikpreis Osterfestspiele spiele

19. Osterfestival www.crescendo.de

Februar / März 2013


Ein Abend als Sonate für Richard Wagner „Das besondere Erlebnis“, erklärt der Intendant des König Albert Theaters in Bad Elster, Florian Merz, „ist die Gesamtheit unseres Wagner-Verdi-Jahres. Ich vergleiche das gern mit einem Menü.“ Ein Serenadenkonzert ist für Merz die Vorspeise. Die Chursächsischen Streichersolisten gedenken in einer besinnlichen „Sonate für Wagner“ des Todestages des großen Komponisten aus Sachsen mit Musik, die ihm nahestand: Neben Vivaldis spiritueller „Sonata santo sepolcro“ und Liszts Hommage „Am Grabe Richard Wagners“ werden die romantische „Serenade für Streichorchester“ von Robert Volkmann, der „Brautchor“ aus Wagners „Lohengrin“ und der „Liebesliederwalzer“ von Johannes Brahms den berühmten Komponisten ehren. Diese Vorspeise macht Appetit auf mehr. König Albert Theater Bad Elster, 13.2., www.koenig-albert-theater.de

Premiere in Gera Dmitri Schostakowitschs Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ ist ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts. Jetzt ist es erstmals in der Originalversion Theater & Philharmonie Thüringen in Gera zu erleben. Die 1934 in Leningrad uraufgeführte, nach einer Milieunovelle des russischen Klassikers Nikolai Leskow geschaffene „Lady Macbeth von Mzensk“ brachte Schostakowitsch den Unwillen der kommunistischen Kunstdiktatoren ein ­(Prawda: „Chaos statt Musik“). In der westlichen Welt (mit Ausnahme HitlerDeutschlands) wurde sie als Meisterwerk angesehen und überaus beifällig aufgenommen. Es spielt das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera, die musikalische Leitung hat Peter Aderhold, inszeniert hat Kay Kuntze. Bühnen der Stadt Gera - Großes Haus, ab 8.2. (Premiere), www.tpthueringen.de

Hochkarätiges aus Wien Gemeinsam mit der Klarinettistin Sabine Meyer und dem jüngst zum Professor berufenen Pianisten Lars Vogt geht das Radiosinfonieorchester des ORF auf Deutschlandtournee. Im Februar ist das österreichische Orchester noch in vier deutschen Städten zu erleben. Auf dem Programm stehen unter anderem Mozarts Klavier- und Klarinettenkonzert sowie Werke für Klarinette und Orchester von Carl Maria von Weber. Düsseldorf, Dortmund, Heilbronn, Frankfurt, 1.2.–5.2. www.rso.orf.at

„Let my people go!“ Wie zeitgemäß ist die Bibel? Das ist eine Frage, die Michael Kunze und Dieter Falk mit ihrem neuen Musical „Moses – Die 10 Gebote“ im Theater St. Gallen beantworten wollen. Das Musical erzählt die biblische Geschichte des Auszugs der Israeliten aus Ägypten auf eine neue und unkonventionelle Art. Im Mittelpunkt steht Moses, ein Mann auf der Suche nach Gerechtigkeit und Freiheit. Zweifel plagen ihn, doch schließlich gelingt es Moses, sein Volk ins Gelobte Land zu führen und so dem Auftrag Gottes gerecht zu werden. In der musikalischen Umsetzung setzt Falk auf eingängige Melodien und auf heutige Sounds, ohne sich alleine an kurzlebigen Trends zu orientieren. Rock und Pop mischen sich mit sinfonischen Elementen und einer starken Einbeziehung der Gospeltradition. Theater St. Gallen, 23.2. (Weltpremiere) bis 8.6. www.theatersg.ch

Komik und Poesie „Das Füchslein mache ich so, wie wenn der Teufel Fliegen fängt – wenn er nichts Besseres vorhat. Ich habe das Füchslein für den Wald und für die Trauer meiner späten Jahre geschrieben“, so schrieb Leos Janáček einmal. Doch seine Oper „Das schlaue Füchslein“ – nun in einer Neuinszenierung

in der Opéra National du Rhin in Strasbourg – ist nicht etwa der melancholische Lebensrückblick eines alten Mannes, dem der Tod näher ist als das Leben. Der Komponist schuf ein Werk voller Komik und Poesie. Die musikalische Leitung der Oper in drei Akten liegt bei Friedemann Layer, die Inszenierung stammt von Robert Carsen. Bereits vor der ersten Aufführung kommt es bei freiem Eintritt zu einer „Begegnung“ mit den beiden Verantwortlichen in der Opéra (7. Februar 18.30 Uhr). Strasbourg, Opéra National du Rhin, 8.2. (Premiere), 10.2., 12.2., 14.2., 16.2. www.operanationaldurhin.eu

Die Musik von morgen Ein Wochenende lang dreht sich beim fünften Musik 21 Nachwuchsfestival in Lüneburg alles rund um Musik von heute zum Thema „Ohr und Auge“. Es bietet eine Plattform für Austausch und Begegnung zwischen Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, etablierten Musikerinnen und Musikern, Komponistinnen und Komponisten und dem Publikum vor Ort. Wie kreativ ist die Musik der Generation von morgen? Wie hört sie sich an? Wie spricht sie Ohr und Auge an? Das ist bei den öffentlichen Konzerten und Workshops zu erleben. Das Nomos-Quartett etwa spielt Werke von Sofia Gubaidulina, Anton Webern, Agnes Dorwarth, das Abschlusskonzert gestalten Nikola Milo (Akkordeon), das Jugendensemble baUsTeLLe Kunstraum Tosterglope und die Kompositionsklasse L’Art pour l‘Art. Musikschule der Hansestadt Lüneburg, 16./17.2. www.musik21niedersachsen.de

Puppen, Menschen, Animation Eine Oper für Puppen, Menschen und Live-Animationen – so wird Schostakowitschs Werk „Das Märchen vom Popen und seinem Knecht Balda“ im Februar gemeinsam mit dem Studiengang für zeitgenössisches Puppenspiel der Schauspielschule „Ernst Busch“ im Konzerthaus Berlin inszeniert werden. Schostakowitschs Werk, basierend auf einer Novelle Puschkins, erzählt die Geschichte vom unsympathischen Popen, der seinen Knecht Balda zwar als Arbeiter bekommt, dafür aber nach Ablauf der drei versprochenen Jahre drei (tödliche) „Nasenstüber“ einstecken muss. Ein humorvolles, politisches Märchen über Herrschaft und Knechtschaft. Berlin, Konzerthaus, Premiere am 16.2. www.konzerthaus.de

LUX Aeterna Auf die Suche nach dem „ewigen Licht“ begeben sich die Elbphilharmonie-Konzerte im Februar und März in einem Festival für geistliche Musik. Musik war zu allen Zeiten und in allen Kulturen der Welt das naheliegendste Ausdrucksmittel spiritueller Empfindungen – und das intuitiv verständlichste. In unserer heutigen Zeit suchen viele Menschen nach Möglichkeiten der Einkehr, Ruhe und Besinnung, nach „Naherholungsgebieten für die gestresste Seele“. Die Konzerte spannen einen Bogen von Monteverdis „Marienvesper“ bis zu Haydns „Die sieben letzten Worte“. Das offizielle Abschlusskonzert am 2. März gestalten die Amsterdam Baroque Orchestra & Choir unter Ton Koopman. Auf dem Programm: Kantaten des ehemaligen Hamburger Musikdirektors Georg Philipp Telemann, unter anderem „Zwei Lamentationes auf einen Hamburger Bürgermeister“. Hamburg, verschiedene Orte, 2.2.–4.3. www.elbphilharmonie.de

Sinfonisches Kraftwerk Das Grand Auditorium der Philharmonie Luxembourg bildet den angemessenen Rahmen für ein Konzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Zubin Mehta. Auf dem Programm steht nur ein Werk, aber das hat es in sich: Bruckners Achte. Beim Hören dieses sinfonischen Kraftwerks der 8. Sinfonie wird noch einmal der gnadenlose Unverstand deutlich, unter dem Bruckner zu leben, zu leiden, zu schaffen hatte. Allerdings – kleinlich war Bruckner mit den Ansprüchen an seine Interpreten nie. Er reizte ihr Können bis zur Erschöpfung aus. Einer, der gerade bei diesem Werk mit unglaublicher Kontrolle dem Orchester vorsteht, ist: Zubin Mehta. Philharmonie Luxembourg, 13.3., www.philharmonie.lu

81

Fotos: Katrin Fegert; ORF/Thomas Ramstorfer; Oded Antman; Betty Freeman

Musik-Kompositionen „von Maschinen, Tieren und Zufällen“ präsentiert. Das Festival ermöglicht den Zugang zu aktuellen Themen wie Kreativität, geistiges Eigentum und künstliche Intelligenz und beinhaltet Performances, Diskussionen, Quizshows, Konzerte sowie die Präsentation von Musikrobotern. Berlin, Haus der Kulturen der Welt, 21. - 24.2. www.hkw.de


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Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE

Ab ins all Unser Kolumnist veröffentlicht im nächsten Monat sein neues Album „Spheres“ und verrät auf diese Weise nun auch seine astrologische Seite.

82

oder zumindest bekannt sind ... Ludovico Einaudi, Max Richter ... Neben Barockmeister wie Bach und Westhoff wollte ich unbedingt neu in Auftrag gegebene Stücke in Beziehung setzen. So traf ich Alex Baranowski und Aleksey Igudes-

CD. Darauf hatte ich natürlich gehofft: neu komponierte Werke, die sich nahtlos in die Dramaturgie dieses Albums einfügen. Haben Sie eher Angst davor, dass das Album nicht gut verkauft wird, oder freuen Sie sich, dass es fertig ist ... Eine CD zu produzieren ist eine Mischung aus „blood, sweat and tears“, wie wir Engländer sagen! Die Zeit im Studio ist so intensiv. Wenn es dann vorbei ist, kann man es noch nicht glauben. Man schickt sozusagen ein „Kind“ in die Welt hinaus und ist sehr gespannt, wie es seinen Weg macht. Gehen Sie mit dem Album nun auf Tournee? Ich werde sehr viele Konzerte zum Thema „Spheres“ in den nächsten zwei Jahren spielen. In Februar gibt es sogar Auftritte in Planetarien, die in England stattfinden. In München werde ich das Programm am 18. März mit dem Orchester Jakobsplatz und in Berlin am 30. April spielen. Bei den Meraner Musikwochen im September 2013 darf ich sogar eine ganze Woche zum Thema „Spheres“ gestalten. Eigentlich sprechen wir hier immer über Ihre Reisen. Wo geht es in diesem Jahr hin? Die ganze Welt! 2013 werde ich mehrmals Amerika und Asien besuchen, aber natürlich bin ich in ganz Europa auch ständig unterwegs. Es sei denn, Sir Richard Branson ruft tatsächlich an ... n Foto: privat

crescendo: Warum in aller Welt der Name „Spheres“ für eine CD? Ist Ihnen die Erde nicht mehr genug? Hope: Seit der Mensch den nächtlichen Sternenhimmel betrachtet und den Lauf der Planeten verfolgt, ist seine Fantasie dadurch angefacht. Im Altertum sprachen die Menschen von Sphärenmusik, von geisterhaften Klängen, die bei der Begegnung einander passierender Planeten entstünden. Die Musik, die die Planeten erzeugten, sei ätherisch und – in ganz wörtlichem Sinn – nicht von dieser Welt. Diese Vorstellung der Sphärenmusik fasziniert mich schon seit Langem, ebenso wie die Philosophen, Mathematiker und Musiker, die diese Idee im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. Wenn Unternehmer Richard Branson Sie fragen würde, ob Sie in naher Zukunft als Solist mit ins All kämen, würden Sie mitfliegen? Hope: Sofort! Vor zwei Jahren habe ich sogar zusammen mit einem amerikanischen Radiosender einen Aprilscherz mitgemacht. Es ging um das erste Konzerte im All, mit mir als Solist. Wir haben echte Experten von der NASA dazu befragt und eine ganze Sendung dazu aufwändig produziert. Die Meldung ging um die Welt, und sogar renommierte Journalisten und führende Zeitungen sind darauf reingefallen. Es gab auch empörte EMails: Warum denn die NASA so viel Geld ausgeben würde, nur um „einen Musiker“ ins All zu schicken. Herrlich! Aus den vergangenen Gesprächen mit Ihnen weiß man, dass Sie mit einigen der Komponisten des Albums befreundet

Daniel Hope mit Gabriel Prokofiev

man, der in Wien zum Beispiel mein Nachbar ist. Es gibt fünf Ersteinspielungen bei „Spheres“, aber auch Werke von lebenden Komponisten, zu denen ich einen besonderen Draht habe, wie Philip Glass, Lera Auerbach, oder Elena Kats-Chernin. Es ist auch ein Stück von Gabriel Prokofiev, dem Enkel Sergej Prokofievs dabei. Spürt man noch die Gene des großen Komponisten? Gabriel ist ein sehr spannender Komponist, der seinen eigenen Weg geht, trotz seinem berühmten Namen. Ich liebe seine Musik, gerade weil sie ganz neue Elemente miteinbezieht. Sein Stück, das sogar „Spheres“ heißt, gab mir eigentlich den Titel der

Daniel Hope: „Spheres“. (Deutsche Grammophon)

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Februar / März 2013


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