crescendo 2/2013, Premium Ausgabe März / April / Mai 2013

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März / April / Mai 2013 www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE

CD

inkl.

Wolfgang Sawallisch Ein persönlicher Nachruf auf einen großen Dirigenten Jan Vogler „Es gibt nichts Schöneres als das Cello!“ Gesellschaft Wie moderne Musikerfamilien funktionieren

Max ­Emanuel Cencic

Der Countertenor bringt die Musik des alten Venedig zurück in die Gegenwart

B47837 Jahrgang 16 / 02_2013

Mit Beihefter Class Ak tuell

BallettFestwoche

21. bis 29. April 2013 Das Bayerische Staatsballett präsentiert u. a. die Uraufführung „Helden“, das Michailowsky Ballett St. Petersburg sowie „Illusionen – wie Schwanensee“


f e s t w o c h e n d e r a u t o s ta d t i n w o l f s b u r g 02. april 2013 0 5. m a i 2 0 1 3 t o l e r a n z

t a n z

Stand: 8. Januar 2013; Änderungen vorbehalten Foto: Thomas Ammerpohl / Alonzo King LINES Ballet, San Francisco

Kibbutz Contemporary Dance Company, Compagnie Jant-Bi Jigeen, São Paulo Companhia de Dança, José Montalvo / Théâtre National de Chaillot, Fabulous Beast Dance Theatre

szen isch e les u ngen Iris Berben, Matthias Brandt, Burghart Klaußner, Thomas Thieme, Sophie Rois, Sylvester Groth, Martin Wuttke, Alexander Fehling, Manfred Zapatka, Boris Aljinovic, Andreas Nickl, Ursula Reiter, Angela Schmid, Margarita

&

s c h au s piel

Broich, Maria Schrader, Samuel Finzi, Wolfram Koch, Angela Winkler, Robert Gallinowski, Joachim Król, Hans-Werner Meyer, Stefan Kurt, Ulrich Noethen, Klaus Maria Brandauer

k o n z e r t e Marius Neset, Concha Buika, Butterscotch, Alexander Stewart, Abdullah Ibrahim, Take 6, Avishai Cohen, Sophie Hunger, Stabil Elite, David Lemaitre, Dave Sünti, Daniel Beilschmidt, Ensemble Amarcord, Cecilia Weitere Informationen unter

0800 288 678 238

Kulturpartner

de Maizière, Teresa Zimmermann, Simone Jandl, Pirmin Grehl, Sebastian Knauer, Yorck Kronenberg, Annika Treutler, Nikolaus Rexroth, Zürcher Kammerorchester, Rammstein Folgen Sie uns auch auf

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p r o l o g

FROHE OSTERN!

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, am 22. Februar starb der große Dirigent Wolfgang Sawallisch, der über 22 Jahre vom Pult des Bayerischen Staatsorchesters den Klang der Bayerischen Staatsoper prägte – bis heute! Unser Autor Pascal Morché, der viele Werke zum ersten Mal unter Sawallisch hörte, schreibt in seinem Nachruf auf Seite 30: „Der deutsche Kapellmeister als charismatischer Weltstar – er ist mit Wolfgang Sawallisch nicht nur gestorben – er ist mit ihm auch ausgestorben.“ Ein Satz, dessen Inhalt ich mich gerne anschließe. Da tröstet die Botschaft des bevorstehenden Osterfestes: In jedem Ende steckt immer auch ein Neubeginn. So auch bei den Salzburger Osterfestspielen. Dort tritt ein jüngerer, deutscher Kapellmeister mit internationalem Potential die Nachfolge von Sir Simon Rattle an: Christian Thielemann. Er wird mit seinem Orchester, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, die Marke Salzburg würdig vertreten. Überhaupt haben Osterfestspiele, sozusagen die Schneeglöckchen der Festivalsaison, ihren ganz besonderen Charme. Wir haben die wichtigsten Termine für Sie ausgewählt. Sie finden Sie auf Seite 70 dieser Ausgabe.

Das ganze Jahr über „Festspiele“ gönnt sich Dietmar Müller-Elmau in seinem Hotel Schloss Elmau, das er zu Recht einen „Ort der Kultur“ nennt: Über 200 Konzerte finden dort jedes Jahr im hauseigenen Saal mit Blick auf das Wettersteingebirge statt. Fast alle internationalen Klassikstars finden jedes Jahr den Weg in die Hügellandschaft bei Garmisch. Für die Gäste nur das Beste. Darum wurde der „Hotelier wider Willen“ 2012 auch zum „Hotelier des Jahres“ gewählt. Wir trafen den sympathischen Unternehmer auf einen Espresso im verschneiten Garten seines Anwesens. Unser Tipp: Konzertkarten gibt es zu sehr moderaten Preisen auch ohne dort ein Zimmer zu beziehen. Apropos Urlaub: Jetzt, wo das Wetter uns wieder aus dem Haus zieht, wollen wir Sie mit dem Themenspecial „Reise & Kultur“ (ab Seite 58) inspirieren. Auf 16 Seiten finden Sie eine gute Mischung an interessanten Alternativen zu den ewigen Klassikern wie Salzburg oder Wien. Und noch ein kleines Geheimnis möchte ich Ihnen verraten: Hören Sie sich Julia Lezhneva an. Am besten live. Wir haben sie ebenfalls getroffen, das Interview finden Sie auf Seite 26. Herzlichst, Ihr Winfried Hanuschik

wh@crescendo.de

Fotos Titel: Julian Laidig, Parnassus Arts Productions

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P r o g r a m m

Helmuth Rilling 80 limited Edition

30 Wolfgang Sawallisch Autor Pascal Morché über seine enge Verbindung mit dem jetzt verstorbenen Dirigenten.

20 Lucia Aliberti Die Sopranistin erzählt, weshalb sie ausgerechnet Stücke des jungen Verdi auswählte.

38 René Jacobs Der Dirigent führt ein verlorenes Werk des Komponisten Giovanni Battista Pergolesi wieder auf.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. 08.... Blickfang Schwanensee Reloaded. 10..... Ouvertüre Ein Anruf bei Stofferl Well, Anna Prohaskas Lieblings-Songs und der Vermarktungswahn der KomponistenStädte. 14..... eSpresso mit... Schloss Elmau Chef Dietmar Müller-Elmau. 30.... Nachrufe In Gedenken an Wolfgang Sawallisch und Van Cliburn. 33.... Impressum 48.... R ätsel des Alltags 82.... Die Letzte Seite Daniel Hope geigt zu Klaus-Maria Brandauer.

16..... m ax emanuel cencic Der Countertenor reiste für sein Album zurück ins alte Venedig. 20.... Lucia Aliberti Die Sizilianerin singt den ganz jungen Verdi. 22.... Jan Vogler Der Cellist verrät, warum er das richtige Instrument gewählt hat. 24..... Christina Pluhar Mit L'Arpeggiata und Alter Musik auf Tour. 26.... J ulia Lezhneva Die Sopranistin verzückt mit ganz natürlicher Stimme. 28.... NEWCOMER Leonard Elschenbroichs Karriere kennt nur einen Weg: den nach oben.

31..... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 32.... Attilas Auswahl Die wichtigsten CDs unseres Kolumnisten. 38.... Pergolesi Ein historischer Fund ermöglicht die Aufnahme eines vergessenen Werks des Komponisten. 44.... Bücher Der kleine Wagnerianer. 10 Lektionen für Anfänger und Fortgeschrittene. 46.... Ak ustik Die neuen High-End Produkte im Audio-Bereich.

CD-No. 098.008 | 10 CDs | erhältlich ab April 2013

CD-No. 098.010

haenssler-classic.de | classic@haenssler.de

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Fotos: Angeline Bauer; Bob Coat; Felix Broede; artiste

Wiederentdeckung

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Fotos: Marco Borggreve; www.tourismus.saarland.de; Matthias Creutziger

16.03.–20.04.13 internationales musikfestival

52 Alles für die Musik Wie hochmusikalische Familien ticken – am Beispiel der Schwestern Skride, Familie Stepp, den Wells und den Järvis.

59 speciaL: Reise und Kultur Wohin fahren, wenn man der Region und der Kultur ganz nah sein will?

gesellschaft

Lebensart

erleben

49.... K lassik in Zahlen 50.... M usikalische Familien Reportage über den ganz normalen MusikWahnsinn in einer großen Musik-Familie. 52..... Die Järvis Wie unterscheiden sich Vater Neeme und die Söhne Kristjan und Paavo? 54.... Die Wells In der bayerischen GroßFamilie ist ein Leben ohne Musik undenkbar. 56.... Der Bogenbauer Der Franzose Benot Rolland möchte das Metier revolutionieren. 59..... Woher kommt Eigentlich...? Diesmal: die Deutsche Nationalhymne. 60.... Kolumne Pascal Morché über die Kollegen: die Kritiker.

59..... Reisespecial 16 Seiten Antworten auf die Fragen: Welche Kulturregion ist die richtige? 62..... Spezial: Wohnen im Alter In den neuen PremiumResidenzen kommt die Kultur ins Haus. 68.... Casa VErdi Das Leben im ehemaligen Wohnhaus Giuseppe Verdis in Mailand ist den Senioren vorbehalten.

70.... Osterfestspiele Wir zeigen Ihnen, welche Festivals Sie zu Ostern nicht verpassen sollten. 72..... BallettFestwoche Glückt der Bogen zwischen Klassik und Moderne? 74..... Soli Deo Gloria Braunschweig Der künstlerische Direktor Graf von der Schulenburg möchte sich nun auch weltlicher Musik „sanft“ öffnen. 76..... Vorschau Die wichtigsten Termine des Frühjahrs.

70 Wohin zu Ostern? Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden sind zu Ostern in Salzburg zu Gast.

NDR Sinfonieorchester Elı¯na Garanca Elına Garancˇ Daniel Hope Igor Levit Jörg Widmann Thomas Hampson Jonathan Nott John Neumeiers Bundesjugendballett Maxim Biller Cameron Carpenter Pera Ensemble Matthias Pintscher Martin Grubinger Joshua Bell Academy of St. Martin in the Fields Fauré Quartett Fazıl Say Thomas Quasthoff Annette Dasch Jan Vogler Grigory Sokolov HipHop Academy Hamburg Ingolf Wunder Kit Armstrong Christian Gerhaher Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Sir Roger Norrington u.v.m.

perspektiven

Exklusiv für Abonnenten Hören Sie die Musik zu ­unseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 43.

Bestellen Sie kostenlos unser Programm unter Tel 06221 – 584 00 12 oder www.heidelberger-fruehling.de 5 Gründungspartner:


E n s e m b l e

Hinter der Bühne

Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern & Mitarbeitern, die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Produktion.

Jürgen Kalwa Unser Korrespondent in New York, der auch für Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine und den Schweizer Tagesanzeiger aus den Vereinigten Staaten berichtet, fuhr für uns nach Waterford nahe Boston, um den berühmten Bogenbauer Benot Rolland in dessen Privathaus zu besuchen. Kalwa wurde die Ehre zuteil, dem Franzosen bei der Kreation der wertvollen Handarbeit zusehen. Spätestens als Rolland seine Kladde mit den handschriftlichen Notizen öffnete, wurde unserem Autor klar, mit wem er es hier zu tun hat: In der Kladde standen nicht nur Lobgesänge wie der von Yehudi Menuhin: „Avec toute l’admiration et la reconnaissance d’un violiniste ...“ (Bogen Nummer 112 aus dem Jahre 1978), sondern auch konkrete Angaben über die Art und Beschaffenheit jedes Bogens und für welchen Verwendungszweck er gedacht war. Die Geschichte finden Sie auf Seite 56.

Kristjan Järvi & Arabella Steinbacher Wie Musikerfamilien arbeiten, entstehen und untereinander zurechtkommen, ist eine der Fragen, die wir in dieser Ausgabe auf Seite 50 beantworten. Mit dabei in dieser Reportage ist auch Familie Järvi: Paavo, Kristjan und Vater Neeme. Schöner Zufall: Violinistin Arabella Steinbacher musizierte zur Produktionszeit des Magazins mit dem ihr inzwischen gut bekannten Kristjan Järvi im südkoreanischen Seoul und schrieb, es sei nach langer Zeit das erste große gemeinsame Konzert gewesen und: „Man musiziert einfach anders, einfach vertrauter, wenn man befreundet ist.“ Das bestätigt auch unsere Recherche bei den Familien. Allerdings hatten Järvi und Steinbacher mit derartigem Jetlag zu kämpfen, dass sie sich „während des Konzerts gegenseitig wach halten“ mussten.

Jan Vogler Den Ausnahme-Cellisten trafen wir zum Interview- und Fototermin auf Schloss Elmau, wo er am Abend ein Konzert gab. Da draußen vor dem Haus schöne bunte Eisstöcke standen, entschieden wir kurzfristig, das Foto mit Vogler im Eiskanal zu schießen (das Ergebnis sehen Sie auf Seite 22). Als der Cellist sein teures Stradivari-Spielgerät vor der Kälte in Sicherheit gebracht hatte, klingelte dann auch noch das Telefon. Am anderen Ende: Pianistin Alice Sara Ott, die mit Vogler, der nebenbei ja auch Intendant des MoritzburgFestivals ist, noch ein paar Details klären wollte. Vogler schaffte die Doppelbelastung und konzertierte am Abend mit heilem Instrument.

Konrad Franke

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Fotos: Bob Coat; privat

Manche Themen klingen auf den ersten Blick dröge, sind dann aber sehr spannend: Wohnen im Alter zum Beispiel. Moderne Residenzen sprießen aus dem Boden und locken Bewohner mit sagenhaften Kulturangeboten. Wir baten den langjährigen Journalisten und Experten Konrad Franke, der auch schon den Ratgeber „Wohnen im Alter“ schrieb, das Thema einmal für uns zu beleuchten. Sie lesen es auf Seite 62.

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w w w.deag.de

The Classical Company Switzerland

LANG LANG

LIVE 2013

Live in Concert!

BEKANNT VON DER ELTON JOHN - WELTTOURNEE!

Aktuelles Album

13.03.2013 MÜNCHEN FREIHEIZ 15.03.2013 HAMBURG KULTURKIRCHE ALTONA

LUDWIG VAN BEETHOVEN | Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll, op. 37 SERGEJ PROKOFJEW | Klavierkonzert Nr. 3 in C-Dur, op. 26

16.03.2013 BERLIN PASSIONSKIRCHE

WÜRTTEMBERGISCHE PHILHARMONIE – MANUEL LÓPEZ-GÓMEZ

17.03.2013 DRESDEN LUKASKIRCHE

07.04.2013 - Zürich - Hallenstadion -

SIMONE KERMES „Sie lebt die Arien,

die sie singt.“

Fono Forum

ERWiN SCHROTT mit Ensemble ROJOTANGO LIVE „ . . . einfach genial mitreißend“ Opernglas

Werke u.a von: Hasse, Pergolesi, Porpora

Aktuelles Album

09.05.2013 HA MBURG | L AEISZHALLE 10.05.2013 DORTMUND | KONZERTHAUS 12.05.2013 MÜNCHEN | HERKULESSA AL

O R C H E S T E R | T E N O R – WERKE VON VERDI, PUCCINI UND MOZART

15.10.2013 FRANKFURT/M. ALTE OPER 23.10.2013 HAMBURG LAEISZHALLE 07.11.2013 MÜNCHEN PHILHARMONIE Tickets unter www.

01 .06.2013 Düsseldorf Tonhalle 04.06.2013 Berlin Admiralspalast 07.06.2013 München Herkulessaal 09.06.2013 Zürich Kongresshaus 10.06.2013 Stuttgart Hegelsaal 12.06.2013 Wien Konzerthaus

Mit Orchester

Höhepunkte aus Operetten und den schönsten Opernarien!

27.10.2013 BERLIN KONZERTHAUS 30.10.2013 MÜNCHEN HERKULESSAAL

.de, 01805 - 969 000 555*, sowie an allen bekannten VVK-Stellen Weitere Informationen unter www.deag.de

*(0,14€/Min.

aus dem dt. Festnetz / max. 0,42€/Min. aus dem dt. Mobilfunknetz)

DAS ROJOTANGO ALBUM


b l i c k f a n g

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Streetdance im Schwanensee

Foto: Mats Becker

Rosa Tütü und sterbender Schwan? Von wegen! Knallige Farben und schnelle, starke Bewegungen charakterisieren diese Neuauflage von Peter Iljitsch Tschaikowskys beliebtem Ballett „Schwanensee“. Die Idee zum Projekt kam dem schwedischen Choreografen Fredrik Rydman, als er im Schaufenster eines Londoner Vintage-Geschäfts Pelze entdeckte, die wie Schwäne aussahen. Zurück in Stockholm machte sich Rydman mit 10 Tänzern und einigen Komponisten an die Arbeit: bearbeitete Tschaikowskys Musik, unterlegte sie mit Beats, reicherte das Ballett mit Streetdance und anderen choreografischen Elementen an und schuf so ein völlig neues Schwanensee-Erlebnis, eine kühne Vision modernen Tanztheaters. Im Februar und März tourte „Swan Lake Reloaded“ auch durch Deutschland.

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o uvert ü re

„So uneitel wie Arthur Rubinstein“ Ein Anruf bei ...Christoph „Stofferl“ Well, der mit seinen Brüdern Hans und Michael als Biermösl-Blasn berühmt wurde und jetzt die eigenen Familiendramen (fast) autobiografisch nachspielt.

Foto: Peter Hösl

drauf ist, singt man laut. Wenn man Herr Well, aktuell spielen Sie gut drauf ist, singt man eine heitere gemeinsam mit Ihren GeschwisMelodie. Man kann über das Singen tern das Programm „Fein sein, alles ausdrücken. beinander bleiben“ in den MünchHaben Sie in der Familie auch ner Kammerspielen. Wie viele zusammen gesungen? Wells stehen da gemeinsam auf Das war immer eine echte Gaudi. der Bühne? Das war ganz wichtig für die EntWir sind zu sechst. Und die Mutti ist wicklung. Gerade wenn man so im Theater auch immer dabei. Beim viele Geschwister hat – ich bin der letzten Mal waren außerdem noch 14. –, da hat man nicht so viel von die Kinder von mir, dem Michael der Mutter, weil sie gleich wieder und der Bärbel da: Es standen dann mit dem Nächsten schwanger ist. drei Generationen auf einer Bühne. Und unser Aufmerksamkeitsdefizit Ab und zu sind es sogar vier Genevon den Eltern, das haben wir uns rationen – wenn die Urenkel noch aufgefüllt auf der Bühne. Ich habe dabei sind. mich gefragt, ob ich „gefall-süchtig“ In Ihrem Bühnenprogramm spiebin (lacht). Ich hab schon acht Thelen Sie kleine Familiendramen rapeuten verschlissen! anekdotisch nach. Wie autobiograAber geht das nicht jedem Künstfisch ist das Programm? ler so? Es ist ziemlich autobiograWenn man sich einem Publifisch, aber auch etwas überhöht. kum nicht mitteilen will, dann Natürlich fühlt man sich, wenn Christoph „Stofferl“ Well (geb. 1959) studierte Trompete, braucht man nicht auf die man zusammen musiziert, viel war Solotrompeter bei den Münchner Philharmonikern Bühne gehen, stimmt. Aber mehr als Einheit. In dem Dorf und später Konzertharfenist. mein Fernziel ist, dass ich Günzelhofen, wo wir aufgewachvollkommen „uneitel“ spielen sen sind, waren wir ein „Dorf im will, wenn ich klassische Musik spiele. Ich will nicht mehr, so wie Dorf “ (lacht). früher, zeigen, wie virtuos ich bin oder wie schnell ich Tonleitern Macht gemeinsames Singen die Familie harmonischer? Das kommt natürlich auf die Familienmitglieder an. Aber Singen spielen kann. Ich will kein Zirkuspferdl mehr sein. Ja, so uneitel ist gesund. Es betätigt die Lunge, man muss seine Atmung kontrol- wie Arthur Rubinstein Klavier spielt – so soll’s sein! Interview: WH lieren und man kann einfach Dampf ablassen. Wenn man schlecht Mehr zu „Stofferl“ Well und den Musikerfamilien lesen Sie ab Seite 50. 1. Sia – Breathe Me

Playlist Welche Werke hört Sopranistin Anna Prohaska auf ihrem iPod? Und warum? Hier sind ihre Top Four:

In einer meiner Lieblingsserien „Six Feet Under“ wurde das Leben der Charaktere zu diesem Lied in der letzten Folge noch bis zum Ende ihres Lebens begleitet. Sehr bewegend. Auch ein toller Song zum Autofahren. 2. „The Hunger Games“ Soundtrack – The Civil Wars – Kingdom Come

Ich fand den Film leider nicht so gut, wie erwartet. Aber der Soundtrack ist zusammengestellt von T-Bone Burnett, immer mit diesem besonderen Bluegrass/Folk-Einfluss in der Auswahl, den ich liebe. 3. „Sonata X“ aus: „Viaggo Musicale“ Il Giardino Armonico, Giovanni Antonini

Allein der explosive Anfang, dann der verrückteste Aufbau, irrsinnige Harmonien, man wird hin- und hergerissen wie auf hoher See, wenn man es anhört. 4. „The Girl with the Dragon Tattoo“ Soundtrack – Is Your Love Strong Enough

Prohaskas neues Album „Enchanted Forest“ ist gerade bei Universal erschienen.

Ursprünglich kommt das Lied am Ende eines Lieblingsfilms „Legend“ von Ridley Scott, in der Version von Tangerine Dream und Brian Ferry. Hier aber von Trent Reznor von den Nine Inch Nails, Musik aus meiner Gothic-Zeit!

+++ Immer diese Huster! Eine Studie mit dem Titel „Die Ökonomie der Konzert-Etikette“ will bewiesen haben, dass Konzertbesucher etwa doppelt so häufig husten, nämlich glatt 0,025 Mal pro Minute. Aber auch gesellschaftliche Aspekte spielten hier eine Rolle, heißt es: Das ständige Gehuste in den Stimmpausen oder zwischen den Sätzen sei auch dazu da, seinem Unmut über das Geschehen auf der Bühne Luft zu machen. Hust. +++ Preis-Regen für klassische Künstler: Im vergangenen Monat wurde Cellist Yo-Yo Ma mit dem Vilcek Prize in Contemporary Music geehrt (100.000 €), Klarinettist Martin Fröst erhielt den Léonie Sonning Music Prize (80.000 €), Komponist David Philip Hefti wird ab sofort von der Ernst von Siemens Musikstiftung gefördert, weiter auf S. 12

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AKTUELLE NEUHEITEN VON SONY MUSIC NIGEL KENNEDY RECITAL

JAN VOGLER

BACH: CELLOSUITEN Auf seiner neuen Doppel-CD präsentiert der ECHO KlassikPreisträger Jan Vogler Bachs vielschichtige Cellosuiten. Er spielt sein „ex Castelbarco-Fau“-Cello von Antonio Stradivari in Begleitung der Bamberger Symphoniker unter Jonathan Nott.

GROSSE CHORMUSIK DIE BESTEN AUFNAHMEN Meisterwerke der Chormusik auf 30 CDs in herausragenden Interpretationen. Mit Nikolaus Harnoncourt, Thomas Hengelbrock, dem Arnold Schoenberg Chor, dem Balthasar-Neumann-Chor, dem Chor des Bayerischen Rundfunks, dem Tölzer Knabenchor, dem Windsbacher Knabenchor u.v.m.

BYRON JANIS THE COMPLETE RCA ALBUM COLLECTION Mit der Byron Janis Collection ehrt RCA einen der bedeutendsten Pianisten Amerikas. Die 11 CDs in Originaloptik der früheren LPs enthalten alle seine Aufnahmen für das Label RCA (aufwändig digital remastert), darunter 7 Erstveröffentlichungen auf CD sowie unveröffentlichte Aufnahmen von Mussorgskys berühmtem „Bilder einer Ausstellung“ und Liszt-Werken.

www.simonedinnerstein.com www.janvogler.com www.nigel-kennedy.net

Auf Recital präsentiert Nigel Kennedy ein spannendes Programm zwischen Jazz, Klassik und Folk – eine sehr persönliche Reise durch jene Musik, mit der der britische Geiger aufgewachsen ist. Mit u.a. Fats Wallers Sweet & Slow, Dave Brubecks Take Five und jazzigen Bach-Bearbeitungen, eingespielt mit Musikern aus dem von ihm gegründeten „Orchestra of Life“. Im April auf Deutschland-Tournee.

SIMONE DINNERSTEIN & TIFT MERRITT NIGHT Das einzigartige Klassik und Folk Projekt der Pianistin Simone Dinnerstein und der amerikanischen Singer-Songwriterin Tift Merritt: Mit neuen Liedern, von Brad Mehldau und Patty Griffin, eigenen Songs von Tift Merritt, einer Auswahl klassischer Stücke und der Welt-Ersteinspielung einer Variation über Leonard Cohens „Suzanne“.

VAN CLIBURN THE COMPLETE ALBUM COLLECTION Die hochwertige 28-CD-Edition vereint erstmals alle Studio- & Liveaufnahmen des berühmten Pianisten für das Label RCA. Neben Klavierkonzerten & Sonaten von Beethoven, Chopin, Rachmaninoff u.a. ist auch die legendäre Aufnahme des 1. Klavierkonzertes von Tschaikowsky enthalten. Mit Hardcover-Begleitbuch über Cliburns Leben & vielen Fotos, CD-Sleeves im Design der Originalcover sowie einer facettenreichen Dokumentation auf Bonus-DVD.

www.sonymusicclassical.de


o uvert ü re

Amadeus-Socken & Lohengrin-Therme Dass im Wagner-Jahr auch die Vermarktung des Künstlers keine Grenzen kennt, ist klar. Doch die Recherche zeigt: Auch die anderen Städte wissen, was es heißt, einen Komponisten beherbergt zu haben. Salzburg

Bonn

Leipzig

Bayreuth

Wolfgang Amadeus Mozart wurde in der Getreidegasse 9 geboren, das Haus ist eines von Salzburgs beliebtesten Fotomotiven.

Ludwig van Beethoven wurde im sogenannten Haus Nr. 515 in der Bonngasse geboren. Das Haus (jetzt Nr. 20) ist heute ein beliebtes Museum.

Johann Sebastian Bach (geboren in Eisenach) kam im Alter von 38 Jahren nach Leipzig und wurde dort Thomaskantor.

Richard Wagner (geboren in Leipzig) zog erst im Alter von 59 Jahren nach Bayreuth, und zog 1874 in die Villa Wahnfried.

kuli­ narische Entdeck­ ungen

Klar: Die Mozartkugel. Das Konfekt wird in der Konditorei Fürst aus Pistazien-Marzipan, Nougat und dunkler Schokolade von Hand gefertigt. Sie soll Anekdoten zufolge sogar als völkerverständigende Geste von österreichischen EU-Strategen genutzt werden und über Brüsseler Tische gerollt sein.

Wie es sich anfühlt, Beethoven live zu Gast zu haben, suggeriert Beethovens Dinner in Bonn. Eine Art Beethoven-Abend mit Speis und Trank. Ob der Pianist gut ist, können wir nicht garantieren. Infos unter www. beethoven-dinner.de. Auch schön: Das „Bönnsch-Beethoven-Glas“, das mit 0,2 l Kölsch gefüllt wird.

Feine Kaffeenougat-Füllung in der Zartbitterschokolade bieten die „Original Bachpfeiffen“, Pralinen in Form von Orgelpfeifen. Es ist angeblich das am meisten gekaufte Naschwerk im Thomas-Shop. „Ey, wie schmeckt der coffee süße“ steht auf der Espressotasse, die Untertasse dazu ziert das Bach-Logo. Zu haben im Thomas-Shop.

Wer Wagners Profil als Plätzchen möchte, für den ist die Wagner-Ausstechform genau das Richtige! Als Lektüre zum Keks gibt’s eine Kurzbiografie und ein Zitat. Darf es dazu die Bayreuther Winterkomposition oder lieber Siegfrieds Drachenblut sein? Bei Thymian-Tee & Ambiente warten vielfache Wagner-Geschmackssorten.

Noch Schlimmer wirds nicht

Als hätte man's geahnt: Die Düfte „Amadeus“ und „Mozart“ sind da! Als Eau de Parfume und Eau de Toilette kann sich im Mozarthaus jetzt jeder Tourist mit einem Hauch Wunderkind eindecken. Noch besser: Zum Verkauf stehen schwarze Socken, mit dem Profil des Komponisten eingewebt. Wer᾿s von Kopf bis Fuß will, kann sich dazu mit einer schwarzen oder roten Mozart-Baseballkappe krönen.

„Ludwig lives“ behauptet das neue Shirt zum Komponisten, für Herren in Schwarz, für Damen in Blau und Rot. Ganz neu im Sortiment des BeethovenHauses. Und: Wiener Klassik und Ü30-Party geben sich die Hand, und zwar in der Beethoven-Halle. Der Neubau des Beethoven-Festspielhauses allerdings hängt noch immer, die Chancen stehen sogar nicht schlecht.

Als man herausbekam, dass Johann Sebastian Bach Raucher war, dauerte es nicht lange, bis im Bach-Archiv-Museumsshop die ersten „Bach-Räuchermännchen“ über die Theke gingen. Keine klassischen Klänge sind allerdings in der „Bachstatt“ zu hören, Leipzigs Szeneclub lädt eher zum Gegenteil: House-Beats und Cocktailgeplänkel.

Wer nach dem Tee noch mehr entspannen will, kann sich zur „Lohengrin“-Therme aufmachen. Neben Sauna – und Badebereich wird hier auch Physiotherapie und ein Gesundheitsprogramm angeboten. Wer einfacher entspannen will, geht in den Richard-Wagner-Park oder: kauft sich den simpel bedruckten Hocker aus Pappe, der 200 Kilogramm aushalten soll und in der Wagner-Saison 2013 schon jetzt der Renner ist.

„Ich bilde mir nicht ein, auf der Höhe dieser Musik zu inszenieren. An Mozarts Musik können Sie nur scheitern.“ Der frisch gebackene Oscar-Preisträger Michael Haneke im Vorfeld im Interview mit „Die Zeit“ über seine (recht brave) Inszenierung von „Così fan tutte“ in Madrid.

G E L E S E N N O T I E R T Die zitate des Monats

„Dagegen ist selbst Lang Lang ein Waisenknabe.“ Manuel Brug in der „Welt“ über den neuen YouTube-Rekord der Pianistin Valentina Lisitsa, die mittlerweile stolze mehr als 54 Millionen Klicks und 73.000 Abonnenten auf dem Videokanal hat.

„Die vormittägliche Sonne fällt leuchtend scharf in den Raum. Und irgendwann, ganz nebenbei, setzt Lorin Maazel eine Sonnenbrille auf, ein schwarzes, dramatisch gebogenes Teil. Maazel verwandelt sich. Er ist nicht mehr Maazel. Er ist Ray Charles.“ Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung.

und Michala Petra und András Schiff dürfen sich über einen Grammy freuen. +++ Sorge um Dirigent Kurt Masur: Der Maestro stürzte in Tel Aviv, wo er mehrere Konzerte des Israel Philharmonic Orchestra dirigieren sollte. Masur brach sich beim Sturz die Hüfte und musste operiert werden. Für März sind alle Konzerte abgesagt. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Masur bei einem Sturz von der Bühne verletzt. +++ Filmreife Geschichte: Der Londoner Musiker Shaun Buswell ist durch die Tube gewandert und hat die Musiker, denen er dort begegnet ist, für ein Orchester rekrutiert. „The Underground Orchestra Challenge“ wird im Shepherds Bush Empire debütieren und Musik spielen, die aus Filmen mit Untergrundbezug entnommen ist. ++

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März / April / Mai 2013

Abbildungen: BarbaraKrafft (1819); Joseph Karl Stieler (1820); Elias Gottlob Haussmann (1746); Franz Hanfstaengl (1871)

Komponist


o uvert ü re

Geehrt Pierre Boulez erhält Frontiers of Knowledge Award Für seine Verdienste um die Zeitgenössische Musik ist Pierre Boulez mit dem Frontiers of Knowledge Award ausgezeichnet worden. Der mit 400.000 Euro dotierte Preis der Stiftung Bilbao Vizcaya Argentaria wird dem Komponisten im Juni in Madrid verliehen. 2008 wurde der Frontiers of Knowledge Award erstmals verliehen, auch in den Kategorien Klimawandel, Ökonomie, Biomedizin und Informations- und Kommunikationstechnologien. Wie seine Kollegen Sir Colin Davis und David Zinman musste auch Pierre Boulez kürzlich mehrere Konzerte absagen. „Auf Anraten seines Arztes“, so heißt es, musste Boulez auf die Konzerte mit dem Chicago Symphony Orchestra und dem Cleveland Orchestra verzichten.

pa s d e D e u x Viele Künstler aus der Welt der Klassischen Musik ähneln anderen Prominenten derart, dass wir sie in eine neue Rubrik packen mussten. Diesmal: der Dirigent René Jacobs und Autor Matthias Mattussek.

Zerbrechlich

Fotos: www.mathias-matussek.de; Artiste.

US-Sicherheitsbeamte zerstören Alban Gerhardts Cellobogen Die Geschichte mit den Celli und Flugzeugen scheint kein Ende zu finden. Cellist Alban Gerhardt gehörte zu den wenigen Künstlern, die keinen zweiten Sitz für ihr Cello kauften (einmal fiel bei einem Flug sein Cello bereits vom Sitz!), sondern das teure Instrument stattdessen, wie von der Fluggesellschaft gewünscht, mit den Koffern regulär eincheckte. Bei einem Flug nach Chicago nahm er nun das Cello vom Gepäckband und bemerkte, dass der Cellobogen durchgebrochen war. Alban Gerhardt verfasste daraufhin im Online-Portal artjournal.com einen umfassenden Beitrag zum Thema. „Einen Bogen zu verlieren, ist, wie seine Stimme zu verlieren“, schreibt er da, „ich war nie eng an ein besonderes Cello gebunden, aber auf die Bögen, mit denen ich in den letzten 12 Jahren spielte, war ich so stolz, wie auf keine andere Sache in meinem Leben.“ Die Sicherheitsbeamten in Chicago hätten bei der Kontrolle der Durchleuchtungsmaschine nicht vertraut und den Cellokoffer eigenmächtig geöffnet, den Bogen nicht ordnungsgemäß wieder in die Halterung gelegt und anschließend den Kofferdeckel achtlos zugedrückt. Dabei sei der Bogen in zwei Hälften zerbrochen. Woher Gerhardt wusste, dass die US-Sicherheitsbeamten den Koffer geöffnet hatten? Dummerweise lag neben dem zerstörten Bogen ein Zettel: „notice of baggage inspection“.

Rein optisch könnten René Jacobs (66) und der Blogger, Autor und ehemalige Kulturchef des Spiegel, Matthias Mattussek (59), eng verwandt sein. Ob es nur an der Brille liegt?


o u v e r t ü r e

Auf einen Espresso mit ...

Dietmar Müller-elmau

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Foto: Bob Coat

Dietmar Müller-Elmau (59) vor s­ einem Schloss: „Sie wollten alle mein Geld, aber nicht meine Ideen.“

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Das Hotel des Dietmar Müller-Elmau liegt abgelegen in den Hügeln zwischen Garmisch und Mittenwald. Ein Hochplateau, das nur durch eine Mautstraße erreichbar ist und auf dessen Hausberg König Ludwig II. sein Schachenhaus errichten ließ. Schloss Elmau ist keine gewöhnliche 5-Sterne-Bleibe, sondern zählt seit der Errichtung im Jahr 1918 zu den kulturellen Einrichtungen des Landes. Wenn man an einem gewöhnlichen Donnerstag durch das Restaurant schlendert, trifft man Leiter anderer Musikfestivals oder Musiker, die sich vor dem Konzert mit einem Wagyu-Burger stärken. Dietmar Müller-Elmau wirkt nicht nur wie der ChefDirigent des Hauses, er sieht auch so aus: dicker Künstler-Pulli und – für einen fast 60-Jährigen – etwas zu lange graue Haare. Verraten Sie uns doch bitte mal, wie Sie diese großen Künstler in ein abgelegenes Hotel ins Wettersteingebirge bekommen? Die Künstler kommen einfach gern! Wir zahlen den Künstlern nichts, sie können aber mit ihren Familien hier mehrere Tage kostenlos wohnen und sich entspannen. Sie kommen wirklich nur, wenn sie wollen. Nur Superstars können wir nicht gebrauchen, die lenken die ganze Energie auf sich; es würde keine für unsere anderen Gäste übrig bleiben. Wir haben übrigens sehr viele Anfragen. Sie machen im Moment über 200 Konzerte im Jahr! Klassik, Jazz, Autoren-Lesungen etc., zwei Festivals pro Jahr und viele Konzertreihen. Sie müssen ein großes Haus haben! Ja, wir haben mehrere Säle, einen großen Konzertsaal mit 250 Plätzen, die Bibliothek, einen weiteren Saal und das Fidelio-Restaurant. Ulrich Matthes hatte kürzlich eine Schiller-Lesung. Über hundert Leute kamen. Wenige wissen, dass die erste Kammermusikwoche hier bereits 1957 von Benjamin Britten mit dem Amadeus Quartett begründet wurde. Das hat Elmaus Ruf als Mekka der Kammermusik etabliert. Mit Britten kamen u.a. Peter Pears und Yehudi Menuhin. Sein Sohn Jeremy war mein Kinderfreund. Wenn das Artemis Quartett in München spielt, dann gehen vielleicht 0,001 Prozent der Stadt hin. In Elmau würden 60 bis 70 Prozent der Gäste hingehen. Bei kleineren Namen vielleicht 30 Prozent, wenn das Wetter gut ist – und 60, wenn es schlecht ist. Und wenn viele Gäste von auswärts kommen, wissen wir: der Künstler ist berühmt. Wie bei dem Meisterpianisten Grigory Sokolov? Ja. Für mich der größte Pianist. Er hatte aber erst einmal Angst, in einem Hotel zu spielen. Er hatte das einmal gemacht und dann waren die Zuhörer nach der Pause weg, weil sie essen wollten. Deshalb beginnen die Konzerte bei uns um 19 Uhr. Als Sokolov bei uns spielte, waren 300 Menschen drin; danach sagte er mir, neun hätten nach der Pause gefehlt. Ach. Woran hat er denn das gemerkt? (lacht) Er sagt, er höre das an der Akustik. Zunächst war es sehr schwierig, endlose E-Mails hin und her, er wollte die Nummer unserer vier Steinway-Flügel wissen, er kennt das ganze Nummernsystem auswendig, vom ersten Steinway bis heute. Ich war gerade in Tel Aviv, als er mich auf dem Handy erreichte: „Wo bist du?“, fragte er mich. Ich sagte: „In der Sokolovstrasse“, die es dort wirklich gibt. Dann sagte er zu. Seine Tochter lebt in Tel Aviv, was ich nicht wusste. Er kam also trotz falscher Nummer des Flügels? Ja. Für ihn gibt es bei den älteren Steinway-Flügeln ein Problem, er nennt es „Katzenjammer“. Wenn man fest auf die Taste drückt und dann loslässt, dann verschwindet der Ton nicht auf einmal, sondern sumpft ab. Sokolov wollte nur ernst genommen werden. Ich kenne keinen, der weniger kompliziert ist. Woran denken Sie, wenn Sie in Ihrem Hotel an Zimmer 54 vorbeikommen, in dem Sie 1954 geboren wurden? Das gibt es nicht mehr. Es wurde nach dem Brand im Jahr 2005 abgerissen. Den Ort, die Position könnte ich per GPS ermitteln, an der Südseite des Schlosses.

Und das Zimmer 219? Das gibt es auch nicht mehr. Alles wurde abgerissen und neu gebaut. An der Stelle hat Loriot gewohnt und viele Sketche für das Fernsehen produziert. Ich kannte ihn gut, schon als Kind. Wie war er? Ein scharfsinniger Beobachter mit Urteilsvermögen und Erinnerungsvermögen. Und einem Bildungsdünkel. Als ich nach dem Brand 2005 Verantwortung hier übernahm, sagte er mir, ich dürfe „alles machen, doch nur nichts ändern“. Sein großartiger Humor aber hatte auch Grenzen. Welche? Als ich ein „Wagner im Dritten Reich“-Symposium hier veranstaltete, hörte die Freundschaft plötzlich auf. Wir blieben aber in Kontakt. Dann brannte das Schloss 2005 ab, vieles musste abgerissen werden. Ein ZDF-Film dokumentiert, wie die Bagger anrollen und Loriots geliebtes Zimmer weggerupft wird. Er war untröstlich und wollte nicht mehr kommen. Dann lud ich ihn zu einem Galaabend im Stuttgarter Renitenztheater ein, der symbolisch um den Wiederaufbau warb. Viele Künstler kamen und auch Loriot hielt eine Rede. Später sagte er mir, er hätte es nicht für möglich gehalten, dass sich so viele Künstler für ein Hotel engagieren könnten.

„Sokolov hatte einmal im Hotel gespielt und dann waren die Zuhörer nach der Pause weg, weil sie essen wollten.“ S­ einen 80. Geburtstag feierte er dann hier. Und hinterließ angeblich ein Andenken ... Ja, eine Zeichnung. Drei Monate hat er dafür gebraucht: ein Knollenmännchen im Livree mit einem Elefanten auf der Schulter und der Bemerkung: „Hier bist Du ein beliebter Gast, auch wenn Du keinen Rüssel hast.“ Niemand hatte den Unterschied zwischen früher und heute so präzise formuliert. Er hatte mich verstanden. Was bedeutet der Brand 2005 in Ihrer Biografie? Wenn etwas Altes verschwindet, dann ist das für mich die Chance, etwas Neues entstehen zu lassen. Mein Großvater hatte 1916 das Hotel gegründet, er war ein vehementer Protestant lutheranischer Prägung. Hier schuf er ein weltentrücktes Refugium deutscher Innerlichkeit: lauter Weltverbesserer mit ungeheurem Bildungsdünkel, zugleich verlogen, scheinheilig und deutschtümelnd. Individualität und Vielfalt wurden nicht akzeptiert. Nach den Konzerten durfte nicht geklatscht werden. Über allem stand die Gemeinschaft. Das habe ich schon als Kind gehasst. Ich liebte es, ein Aussätziger zu sein. Mein Grundcredo war und ist bis heute: Vielfalt akzeptieren; die Individualität des Einzelnen respektieren. Ich hatte vor dem Brand bereits versucht, in dem Alten etwas Neues erstehen zu lassen. Mit dem Geld, das Sie als Entwickler einer sehr erfolgreichen Software für das Hotelmanagement (namens „Fidelio“) gemacht hatten ... Ja. Sie wollten alle mein Geld, aber nicht meine Ideen. Ich wollte es für meinen Vater tun: Neuen Wein in die alten Schläuche gießen. Dann brannte das Schloss ab. Und ich bekam die Chance. Nun darf hier der Mensch Mensch sein. Das ist mir sehr wichtig. Interview: Teresa Pieschaçon Raphael Kultur-Tipp: Vom 23. März bis 6. April findet auf Schloss Elmau das PianissimoFestival statt. Mit dabei unter anderem Ragna Schirmer, Pierre-Laurent Aimard, Francesco Tristano, Joseph Moog, u.v.m.

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Fotos: Julian Laidig

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Max Emanuel Cencic (37)

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Der Gesangs-Unternehmer Der Countertenor Max Emanuel Cencic fand so wenig Gefallen am Klassikzirkus, dass er beschloss, Opernstücke selbst zu produzieren. Anna Novák traf den gebürtigen Kroaten, der schon bei den Wiener Sängerknaben Georg Solti begeisterte. crescendo: Herr Cencic, die Musik für Ihr neues Album kommt nachzumachen, was jemand schon gemacht hat. Denn da muss man die Leute immer erst überzeugen, dass man es besser macht, als es aus dem „alten Venedig“. Wie sah es damals dort aus? Max Emanuel Cencic: Venedig war zu dieser Zeit eine Stadt der vorher war. Das ist nicht immer leicht. Man kann ja nicht immer großen Gegensätze. Ein Melting Pot, ein bisschen wie New York davon ausgehen, dass die Leute, die es vorher eingespielt haben, in unserer Zeit. Eine Stadt, die in punkto Unterhaltung, Kunst und etwas Schlechtes gemacht haben. Das heißt, man muss selber neue Politik richtungsgebend war. Wirtschaftlich im 18. Jahrhundert Maßstäbe setzen, und das macht es so schwierig. schon nicht mehr so sehr. Aber Venedig war noch immer ein wich- Sie haben das Album auch in Venedig aufgenommen? tiger Stützpunkt vieler Banken. Venedig hat in dieser Zeit zuneh- Naja, fast. Es war immerhin in der venezianischen Republik. Bekommt die Musik denn eine besondere Authentizität, weil sie mend einen Charakter von Las Vegas bekommen. in dieser Umgebung, aus der sie ursprünglich auch stammt, aufMerkt man das auch in der Musik aus dieser Zeit? Ja, es kommt die Lebensfreude durch. Venedig war zu dieser Zeit genommen wurde? auch eine Stadt der Frivolität. Es gab einen großen Disput zwischen Nö, ich glaube nicht (lacht). Aber dennoch haben wir den nordKirche und Staat in Bezug auf Prostitution, die dort geduldet, ja fast italienischen Sommer zu spüren bekommen. Es war 40 Grad heiß als legalisiert betrachtet wurde. Sogar einige deutsche Fürsten waren und wir hatten keine Klimaanlage. Das waren Zustände wie in einer dafür bekannt, dass sie sich in Venedig einige Krankheiten geholt Sauna. Das war hart. haben … Wer die katholische Schickeria satt hatte, ist nach Venedig Sie teilten Ihr Hitze-Leid mit dem jungen italienischen Orchester geflüchtet und hat dort die Freiheit gesucht, die andere Länder nicht „Il Pomo d’Oro“. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? boten. Die Frauen genossen viel größere Freiheiten und größeres Die Zusammenarbeit kam im Grunde über Donna Leon zustande, Ansehen als in vielen anderen Städten – kein Wunder, dass Vene- mit der ich seit Jahren befreundet bin. Ich bin ja auch bei einigen dig eine Metropole der Primadonnen war! Gerade das Thema „Frau ihrer Projekte dabei gewesen, und sie hat „Il Pomo d’Oro“ ein bissund Prostitution“ wurde in vielen italienischen Opern ganz erha- chen unter ihre Fittiche genommen. Ich kannte außerdem den ben und oft symbolisch thematisiert. „Calisto“ von Cavalli ist dafür Manager des Orchesters, er hat mir die Arbeit mit seinem Orchesein typisches Beispiel. Auch „Die Krönung der Poppea“. Die Theater ter nahegelegt. Und weil ich weiß, dass er tolle Projekte macht, habe ich ohne Zögern zugesagt – obwohl ich vorher niemanden aus dem waren wahre Vergnügungstempel. Orchester kannte! Hat Ihr Album thematisch einen roten Faden? Die Chemie zwischen Ihnen Ich glaube, das wäre unmöghat aber gleich gestimmt? lich gewesen, weil das SpektJa, das hat wunderbar funktiorum so unfassbar groß ist. Und „Wer die katholische niert. ich konnte vielleicht 0,01 Pro­Schickeria satt hatte, ist Haben Sie denn Venedig zent auf dieser CD ein bisschen während der Aufnahmeseswiedergeben. Mich dabei nur nach Venedig geflüchtet.“ sion wenigstens einen Besuch auf die musikalische Stilistik abgestattet? der Zeit konzentrierend. Gar nicht auf Politik, Gesellschaft, Libretto … das hätte das Fass zum Nein. Aber ich bin in die „Fondazione Bisazza“ gepilgert [Eine ArchiÜberlaufen gebracht. Ich habe versucht, die Stilrichtungen aus der tekturausstellung im italienischen Vicenza. Anmerkung d. Red.]. Das gleichen Zeit zusammenzubringen und eine bunte Mischung zu war auch schön! Und ich war shoppen bei Sorelle Ramonda (lacht). kreieren, aus der man eine Idee bekommt, wie unterschiedlich sich In Vicenza gibt’s ein Fashion Outlet, da sind wir mit allen Kollegen hingegangen! die Musik damals entwickelt hat. Auf dem Album finden sich auch einige Weltersteinspielungen. Persönliche Frage: Hätten Sie sich denn vorstellen können, im alten Venedig zu leben? Wie sind Sie auf diese Stücke gestoßen? Einige Stücke davon wollte ich immer schon aufnehmen, die kannte Ich glaube nicht. Das wäre mir zu viel Schmutz und Krankheit. ich schon seit einigen Jahren. „Sposa ... non mi conosci“ von Giaco- Ich bin doch ein moderner Mensch und schon sehr froh, dass wir melli zum Beispiel oder die Arie aus „Motezuma“ von Vivaldi. Über heute Antibiotika und viele Mittel gegen allerlei Leiden haben. Die andere Arien stolperte ich wirklich durch Zufall. Ich hatte einen damalige Zeit war kein Zuckerschlecken. Es gibt auch keine andere wissenschaftlichen Mitarbeiter, mit dem ich gearbeitet und mit dem Zeit, in die ich zurückreisen wollte. Bloß nicht! Ich bin ein absoluter ich die Werke zusammengetragen habe. Im Endeffekt ist für mich Mensch des Hier und Jetzt. Ich bin sehr froh da, wo ich bin. aber das Wichtigste: ich muss die Stücke singen können – überzeu- Schauen wir doch trotzdem mal zurück: Sie haben wahnsinnig früh angefangen zu singen, waren ein echter Kinderstar. Gab es gend singen können. Und es muss schön sein (lacht). Ist es eigentlich ein Vor- oder Nachteil, Weltersteinspielungen eine Zeit, in der Sie gesagt haben: „Bis hierher und nicht weiter“? Ja, die gab es. Mit 19 wollte ich eigentlich gar nicht mehr singen. Ich aufzunehmen? Es ist immer leichter, eine Ersteinspielung aufzunehmen, als etwas habe stattdessen Internationale Wirtschaftswissenschaften studiert. 17


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Was hat Sie zum Singen zurückgebracht? Ich hatte keine Kohle mehr. Das war der Hauptgrund. Die amerikanischen Unis waren zu teuer. Dann habe ich gesagt: Naja, ich habe ja noch die Stimme. Um mein Studium zu finanzieren, wollte ich nicht nebenbei Burger braten. Und einen Kredit wollte ich auch nicht aufnehmen. Also bin ich zurück zum Singen gekommen. Haben Sie es jemals bereut? Nein, ich habe es später nicht mehr bereut. Der Neuanfang war schwer, weil ich mich erst wieder in die Branche einarbeiten musste. Das war mühsam, weil ich die Branche nicht so gemocht habe. Was haben Sie daran nicht gemocht?

fach singen. Das macht es so aufregend. Sie darf man mit Fug und Recht in der führenden CountertenorRiege einordnen. Bei „Artaserse“ zum Beispiel arbeiteten Sie mit vielen Counter-Kollegen zusammen. Wie ist das Verhältnis untereinander? Sehen Sie sich als Konkurrenz? Man sieht sich als Konkurrenz. Das auf jeden Fall. Die Angst ist groß. Aber das Schöne ist, dass das alles verfliegt, wenn man zusammenkommt, weil man merkt, dass jeder in seinem Bereich seine Sache super macht. Jeder hat seine kleine Aura, in der er wirkt. Dann bekommt die Zusammenarbeit eine völlig neue Qualität. Mir war es wichtig, für das Opernprojekt „Artaserse“ Leute zusammen-

„Um mein Studium

zu finanzieren, wollte ich nicht nebenbei Burger braten. Also bin ich zurück zum Singen.“ Ach, das ganze System mit den Opernhäusern und den Agenturen. zustellen, die normalerweise nie zusammen auf einer Bühne singen Das Getratsche und diese gewisse Starrheit darüber, was jemand würden. Ich wollte nicht sagen: Nur weil ich es produziere, möchte darf und was jemand nicht darf. Wirklich frei gefühlt habe ich mich ich die Hauptrolle singen. Ich wollte auch nicht jemanden nicht einladen, weil er zu gut ist. Sondern mir ging es darum, die Charaktere als Künstler nicht. Ist das mittlerweile anders? Haben Sie Ihre eigenen Taktiken ent- entsprechend zu besetzen. Die bestmöglichen Countertenöre für den jeweiligen Charakter zu finden. wickelt, um in der Branche zu bestehen? Ja, mittlerweile ist das anders. Ich habe meine eigene Firma gegrün- So besetzten Sie mit den Kollegen Philippe Jaroussky, Franco det und produziere alles selber. Meine Opern mache ich selber – Fagioli und Valer Barna-Sabadus. „Artaserse“ war zum Beispiel eine Produktion von mir. Das habe Für mich war völlig klar, dass Fagioli die Rolle des Arbace singen ich alles selber produziert und gecastet. Mittlerweile arbeiten in musste – es gibt keinen anderen momentan, der das so toll singen meinem Büro acht Leute. Ich bin sozusagen ein privater Jahrmarkt. kann. Die Partie des Artaserse dagegen war für Philippe Jaroussky Aber das verleiht mir eben eine gewisse Freiheit, zu sagen, was ich wie geschaffen, weil es der Auftritt eines jugendlichen Prinzen ist, will und was ich nicht will. Das ist schön, das genieße ich sehr. Sonst der plötzlich zum Kaiser gehievt wird, sehr ausgeglichenheitsbeist es wirklich nicht leicht, als Musiker und Opernsänger in der dürftig ist und die Dinge richtig machen möchte. Es hat alles irgendKlassik tätig zu sein – besonders wenn man nicht den Charakter hat, wie zusammengepasst. Valer Barna-Sabadus war auch von seiner der sich überall einfügt. Dann ist man lieber Maler oder Schriftstel- Physiognomie perfekt für eine Frauenrolle, weil er ein so hübsches ler – die haben noch Freiheiten. Die dürfen sich verrückt benehmen Gesicht hat. Da wusste ich: Wenn man den als Frau verkleidet, nehmen das einem die Leute ab. Ich wollte und allerlei Dinge anstellen, und das finkeine lächerliche Drag-Queen-Show, den die Leute sogar noch toll und zahlen bei der man womöglich einen dicken, dafür viel Geld! großen Mann in Frauenkleider steckt. Und Opernsänger dürfen das nicht? Und ich selbst, ich bin ja so klein von Nein, die dürfen das nicht. der Statur her, der Kleinste von allen, da Ändert sich das nicht gerade? kann man mich auch noch einigermaIm Gegenteil: Das wird immer schlimßen als Frau ins Korsett zwängen. Die mer! Rolle der Mandane ist ein bisschen eine Und wie entfliehen Sie dieser Welt, hysterische Borderline-Rolle und ich wenn Sie mal den Kopf freigepustet spiele gerne stärkere Charaktere auf der bekommen möchten? Bühne. Sei es als Schauspieler oder als Dann geh ich in die Disko. MusikaSänger: Man ist an bestimmte Charaklisch hab ich da keine wirklichen Prätere immer verhaftet. Man kann nicht ferenzen, aber die Swedish House Mafia Wie ist sein neues Album? alles spielen. gefällt mir und ich finde sogar David In der Musik des alten Venedigs spielt ein TaAber diese Stärke der Rolle passt ja auch Guetta ganz toll – auch wenn das eine lent eine besondere Rolle: die Virtuosität. Und ausgezeichnet zu Ihrer Stimme, die sehr komplett teenige Kommerzgeschichte eben mit dieser ist Max Emanuel Cencic auskraftvoll ist. ist (lacht). reichend gesegnet. Sein kantiger, kraftvoller Klar, sie hat gewisse Ecken und Kanten. Aber auch die Countertenöre haben Counter klettert spielerisch, sicher und vor Man kann das mögen oder nicht. Das heißt momentan musikalisch eine echte allem energisch durch die schier endlosen Koaber noch lange nicht, dass man im Leben Hoch-Zeit! loraturen. Das ist kein Album begleitend zu auch so ist, wie das, was man da darstellt. Absolut, wir Countertenöre sind ein einem Glas Wein – das ist Musik Aber bestimmte Menschen haben eben Phänomen des 20. und 21. Jahrhunzum konzentrierten Zuhören. einen bestimmten Anschein, und den kann derts. Es ist die Neuigkeit des Fachs, man bei der Besetzung einer Oper gut zu die die Leute fasziniert. Das gab es „Venezia. Opera Arias of the Serenissima“ Max Emanuel Cencic, Il Pomo d'Oro, Ricseinem Vorteil nutzen. Ohne Authentizität schließlich vorher nicht: Dass Mäncardo Minasi (Virgin Classics) geht es nicht. ner – unkastriert! – das Kastratenn 18

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„Talent, schön und

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gut. Aber obendrein noch eine gute Musikerin zu sein? Das kommt nicht vom Himmel!“

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Die Sizilianerin Sopranistin Lucia Aliberti veröffentlicht ein Album mit Liedern des ganz jungen Verdi. Warum sie ausgerechnet eher diese unbekannten Stücke auswählte und weshalb sie sich als Musikerin sieht, verriet sie uns im Interview. v o n T e r e s a P i e s c h a C ó n Ra P h a e l

crescendo: Frau Aliberti, Sie sangen bereits vor Papst Johannes Paul II. oder Prinz Charles von England. Welche Erfahrungen nimmt man mit aus solchen Auftritten? Lucia Aliberti: Es sind alles wunderbare, interessante und wichtige Menschen. Das Wichtigste aber für mich ist etwas anderes: Ich möchte mir selbst treu sein und bleiben, egal, vor wem ich singe. Ich habe meinen eigenen Charakter, meine Persönlichkeit. Bereits bei Ihrem Debut hatte man Sie ja schon mit der Callas verglichen. War das nun gut oder schlecht für Sie? Heutzutage wird jeder mit der Callas verglichen. Und in meinem Falle auch, weil es eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit gab, schauen Sie mich an: unser beider Profil ist sizilianisch-griechisch. Auch musikalisch gibt es Parallelen: wir haben einen ähnlichen Stimmumfang eines Koloratur-Soprans, sind aber unterschiedlich in der Klangfarbe. Die Callas war mehr ein Soprano drammaticospinto, ich bin eher lyrisch und erst dramatisch in der Höhe. Ich weiß genau, wo mein Ort ist. Zunächst war ich natürlich geehrt über den Vergleich. Wenn es dann aber zum Klischee wird, verliert die Aussage für mich die Bedeutung. Ich habe viel gearbeitet in meinem Leben, spiele Gitarre, Akkordeon, Violine, Mandoline und habe für Klavier, Klarinette, Flöte und Gesang komponiert. Und das tue ich seit über vierzig Jahren mit viel Freude und Leidenschaft. Talent, schön und gut. Aber obendrein noch eine gute Musikerin zu sein? Das kommt nicht vom Himmel! In welchen Verhältnissen sind Sie aufgewachsen? Ich wurde in Messina geboren. Meine Kindheit war sehr hart, ich lernte, lernte und sah nur die Schule und das Konservatorium, das Konservatorium und die Schule. Meine Mutter war eine Lehrerin für Griechisch und Latein und sehr kultiviert. Mein Vater war Anwalt und Inspektor und sehr prägend für meine Erziehung. Inspektor in Sizilien. Erzählen Sie bitte mehr darüber … Mein Vater hatte tatsächlich diese typisch sizilianische Art, sehr fürsorglich, aber auch sehr bestimmend und sehr diszipliniert. Er schützte und hütete mich, begleitete mich überall hin, einfach zu viel, wie ich heute merke. Ich mag die Mentalität in Deutschland. Die Kinder emanzipieren sich früher von ihren Eltern. Sie werden so stark, ich bin erst später stark geworden. Aber die Unterstützung der Eltern macht einen doch auch stark, oder? Ja. Dennoch sollte man als Kind eigene Erfahrungen machen dürfen, denn nur so lernt man später, das eigene Leben zu managen. Ich wurde zu sehr protegiert, musste und sollte immer die Beste sein. In meiner Familie gab es viele Musiker. Man spielte Violine, Gitarre, Klavier; mein Großvater war Musikprofessor und Dirigent, ein sehr großes Talent. Meine Großmutter hatte eine gute Stimme, sang aber nicht öffentlich. Auch mein Vater spielte viele Instrumente, war sehr belesen. Ich habe mich ihm immer sehr verbunden gefühlt. Aber Ihr Lehrer war schließlich Luigi Ricci … Ja! Ricci (Anm. der Red.: Jahrgang 1893) hatte noch mit Puccini (1858–1924) und mit Mascagni (1863–1945) gearbeitet, war Freund des großen Benjamino Gigli (1890–1957). Er starb leider 1981. Er brachte mir das bei, was wahres Belcanto heißt.

Und was heißt das? Belcanto heißt: „schöner Gesang“, wie wenn man sanft von einer Blume aus Samt berührt wird. Meine Stimme ist eine BelcantoStimme. Man muss das singen, was der Komponist vorschreibt. Viele Sänger singen heute Dinge, die nicht in der Partitur stehen. Sie schneiden dort, garnieren dort, und viele aus dem Publikum wissen das nicht. Das macht mich traurig, ich leide darunter, ich bin sehr ehrlich gegenüber der Musik. Dann sollen diese Menschen doch andere Sachen singen! Aber wenn sie Belcanto singen, dann haben sie sich an die Regeln zu halten. Aber diese muss man erst einmal kennen. Viele Journalisten wissen das übrigens nicht. In diesem Jahr reden alle über Verdi. Was bedeutet Ihnen seine Musik? Ich war vier oder fünf Jahre alt, als mein Großvater Enrico zuhause auf der Geige immer Verdi spielte. „Va pensiero“ aus „Nabucco“ und „Brindisi“ aus „La Traviata“. Mein Vater spielte Gitarre. Und ich spielte als kleines Kind dann die Melodien auf einem Akkordeon. Ich konnte es zwar nicht halten, weil es viel schwerer war als ich, doch mit Hilfe von beiden Seiten ging es gut. Auf Ihrer CD mit frühen Verdi-Arien personifizieren Sie den Charakter von 12 Verdi-Heldinnen. Mit welcher Partie identifizieren Sie sich am meisten? Die Werke des jungen Verdi sind musikalisch sehr reich, und das Publikum kennt sie kaum. Da ist viel zu entdecken. Ich habe dieses Repertoire aber auch ausgewählt, weil es so schöne Melodien und mitreißende rhythmische Steigerungen enthält. Bei Bellini und Donizetti sind die Frauen einem sehr romantischen Ideal verpflichtet. Verdis Heldinnen sind näher an der Realität und mit mehr Körperlichkeit ausgestattet. Bei Verdi wird Leidenschaft gelebt, und das hört, spürt und genießt man in seiner Musik. Nehmen Sie die Cabaletta „O patrizi, tremati“ aus „Due Foscari“, einfach toll. Verraten Sie uns, wie Sie eine Partie einstudieren? Der erste Schritt: ich gehe zum Klavier und spiele die Melodie der Arie und sehe, ob sie zu mir passt. Dann studiere ich den Text, die Geschichte, die sich dahinter verbergen könnte. Viele sagen, ich würde zu viel Aufwand darum machen. Aber ich muss wissen, wie die Oper in ihrer Zeit geklungen haben könnte. Wichtig ist dabei, dass man nicht die Stimme darüber verliert, sprich, die Ursprünglichkeit, der sängerische Trieb, das Klangtimbre darf einem nicht abhanden kommen. Alfredo Kraus ist eines meiner großen Vorbilder. Ich wünschte, ich könnte so lange singen wie er. Kraus sagte mir immer: „Du musst deine Stimme behalten, bei dir bleiben. Wenn du jung bist, hast du wenige Erfahrungen, wenn du dann Erfahrungen sammelst, helfen sie dir in der Stimme, auf der Bühne usw., um sicherer vor dem Publikum zu stehen. Doch lasse es nicht zu, dass deine Stimme deformiert wird!“ Wenn ich also merke, dass mir etwas nicht gut tut, dann hört das meine Stimme, und ich lasse es. n Lucia Aliberti live: 14.5. Düsseldorf, 15.5. Heilbronn, 16.6. Kassel, 10.10. Köln, 5./6.12. Hannover. CD: „Early Verdi Arias“ Lucia Aliberti (Challenge Classics) Track 6 auf der Abo-CD: „Non san quant’io nel petto“ von Verdi 21


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„Man möchte dem Geheimnis näher kommen“ Cellist Jan Vogler über sein neues Bach-Album und weshalb er noch immer auf der Suche nach dem einzig richtigen Ton ist.

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Foto: Bob Coat

Ein Cellist inmitten von Eisstöcken? Alles ist möglich in der heutigen Zeit, denn Jan Vogler war gerade bei der Probe im Wellness- und Kulturhotel Schloss Elmau, als wir ihn zum Interview- und Fototermin trafen. Tagsüber baden die Gäste dort im Pool oder spielen mit den bunten Eisstöcken, abends lauschen sie den Klängen berühmter Musiker. —

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crescendo: Der große Cellist Heinrich Schiff unterteilt seine Kollegen in zwei Typen: den Melodie-säuselnden Schönling... Jan Vogler: ... mit den langen Fingern (Lachen). ... und den Metzgerstyp mit Wurstfingern ... Welcher Typ sind Sie? „Du bist der Poet“, hat er zu mir gesagt. Er war ja mein Lehrer. Ich bin mir nicht sicher. Ich liebe dieses kraftvolle Spiel, wie Heinrich Schiff es hat. Ich glaube allerdings, dass es ein bisschen verloren gegangen ist, alle spielen jetzt irrsinnig perfekt und schön. Aber in der Musik steckt diese Großartigkeit, und auch die muss zum Ausdruck gebracht werden! Es geht doch um Konflikte, und die kann man nicht mit leicht flockigem Ton zum Ausdruck bringen. Das Leben soll in die Musik einfließen… … und in das „Stück Holz“, von dem Sie oft sprechen, wenn es um Ihr Instrument geht. Ja, „ein Stück Holz, was oben kreischt und unten brummt“, wie Dvořák es beschrieb. Bisher hatte ich auf dem Montagnana „Ex Hekking“ von 1721 gespielt und war sehr glücklich. Doch dann kam die Stradivari; zunächst war ich gar nicht bereit, zu wechseln. Warum? Ein Montagnana ist für jeden Cellisten ein Trauminstrument. Doch mein Vater, der selbst Cellist (an der Komischen Oper) war, hat mich regelrecht gepusht. Eine Bank hat dann das StradivariCello gekauft und stellt es mir jetzt zur Verfügung. Ich hätte die Aufnahme mit den Bach-Suiten gar nicht gemacht, wenn ich nicht dieses Instrument hätte. Diese Verbindung müssen Sie erklären ... Es ist diese Reife! Mein Stradivari-Cello‚ Ex Castelbarco/Fau (um 1710) ist eines der achtzehn Celli aus Stradivaris Goldener Periode. Seine Form ist relativ flach und revolutionär für jene Zeit. Stradivari wusste genau, was Solisten für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts brauchten. Es hat auch die richtige Größe. Es ist klein, aber nicht zu klein. Es hat einen wahnsinnigen Bass und auch im Sopran noch sehr viel Klang. Es hat eine sehr männliche Stimme und vieles mehr. Ich werde jeden Tag neu überrascht. Jede Farbe steht mir nun zur Verfügung und deshalb kann ich auch die BachSuiten darauf spielen. Sie nahmen die Abschrift von Anna Magdalena Bach, der zweiten Frau von Johann Sebastian Bach. Ich habe zunächst versucht, meinen Bach zu finden. Das ist gar nicht so leicht für einen Cellisten, weil ich die Suiten in verschiedenen Lebensphasen gespielt habe. Zunächst wollte ich diese Suiten gar nicht aufnehmen, weil ich irgendwie dachte, ich hätte meinen Bach noch nicht gefunden. Und das mit 48 Jahren? Ja, aber diese Werke erfordern eine besondere Durchdringung. Bei der Einstudierung habe ich mir drei Spielregeln auferlegt: Alle Bogenstriche habe ich zunächst ganz von Anna Magdalena Bach entnommen, der Quelle, die wir am ernstesten nehmen. Zweitens spielte ich alle Tanzsätze in einem Tempo, ohne Temporückungen, andernfalls würde das Publikum gar nicht wissen, wie das Stück tanzt. Drittens: kein Vibrato. Bach hat ja 1720 in Leipzig gelebt und nicht in Italien oder Frankreich. Diese drei Regeln haben alle Erfahrungen, die ich aus dem Studium oder anderswoher hatte, weggewaschen. Ich war frei, konnte von Neuem anfangen. Bei der Einspielung änderte ich einige Striche von Anna Magdalena, die mir nicht logisch erschienen, fügte hie und da etwas Vibrato als

Verzierung hinzu und hielt in manchem Tanzsatz das Tempo an, als speziellen Effekt. Jetzt bin ich zufrieden. Es funktioniert. Was heißt das, „es funktioniert“? Dass die Interpretation für mich rund ist und das Publikum sie akzeptiert. Zwei Abende absolut mit Bach-Suiten allein, das ist gar nicht so einfach. Man muss das Publikum alleine unterhalten. Schwierig gerade in heutigen Zeiten, in denen Musik, Literatur kaum mehr allein für sich stehen, sondern durch Effekte verdichtet oder visualisiert werden, in der Annahme, sie würden mehr beeindrucken. Was aber nicht stimmt. Sie sind in einer Musikerfamilie in Ost-Berlin aufgewachsen. Gab es eigentlich mal eine Alternative zur Musik? Das ist eine gute Frage. Als ich so dreißig wurde, fragte mich mein Schwager: „Sag mal, willst du dein ganzes Leben mit dem Cello verbringen?’ Drei Jahre dachte ich darüber nach und kam zur Erkenntnis, dass es nichts Schöneres gibt. Es ist ein bisschen wie ein Wissenschaftler, der sein Leben lang nach einem Molekül, einer Formel sucht. Man ist ja zufrieden, aber manchmal glaubt man dann doch, dass man dem Geheimnis großer Meisterwerke nähergekommen ist. Dann denkt man sich: das ist jetzt mal ein Fortschritt. Doch dies erreicht man nur nach Jahren der kontinuierlichen Durchdringung und Arbeit. Wohlgemerkt: im Kopf und weniger mit den Fingern. Warum Cello? Ich fühlte mich sofort in der Stimmlage wohl. Mein Bruder, meine Frau, meine Mutter, sie sind alle Geiger und auch meine Töchter spielen Geige. Ich liebe das Cello, wie damals, als ich mit sechs Jahren anfing, die gleiche frische Liebe. Ich kann mir gar nicht vorstellen, einen Tag ohne mein Instrument zu verbringen. Wenn ich nicht Cello spiele, kommen keine Ideen, habe ich auch keine Energien mehr. Heute leben Sie in New York und sind neben Musiker aber auch Manager. Wie schaffen Sie dieses Pensum? In meiner Kindheit lernte ich bereits die Chancen zu ergreifen, die sich boten. Alles war zwar eintönig, doch ich konnte mich dort auch zum Musiker entwickeln, weil ich die Ruhe hatte. Wahre Freiheit aber habe ich erst in New York kennengelernt. Da ich immer sehr aktiv war und ein – heute würde man sagen – ADHSSyndrom hatte (lacht), brauchte ich immer einen sehr großen Spielplatz. Den Sie neben Ihrer Solisten-Laufbahn ja haben; Sie leiten zwei Festivals. Was erwartet uns? Für die Dresdner Musikfestspiele haben wir in diesem Jahr das Thema Empire (11.5.– 2.6.) gewählt: nicht nur wegen der Klangwelten Englands, seiner großartigen Chorgesangskultur und fulminanten Spätromantik, sondern auch wegen seines kulturellen Einflusses. Die New Yorker Philharmoniker, die in Dresden auftreten werden, sind ja aufgrund des englischen Einflusses gegründet worden. Außerdem würdigen wir den Jubilar Richard Wagner, die Serie U30 ermöglicht Menschen unter dreißig günstige Tickets. Im Moritzburg-Festival im August feiern wir diesmal unser zwanzigjähriges Bestehen mit Wolfgang Rihm als „composer in residence“. Ich freue mich schon drauf! Interview: Teresa Pieschacón Raphael

„In der Musik steckt diese Großartigkeit. Auch die muss zum Ausdruck gebracht werden.“

Johann Sebastian Bach: „The Cello Suites“ Jan Vogler (Sony Classical) 23


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Ordnung im Chaos: das Ensemble L'Arpeggiata bei den Proben in der „Salle Byzantine“ in Paris.

Von Spanien bis zum Balkan Die Lautenistin und Barockharfenistin Christina Pluhar und ihr Ensemble „L’Arpeggiata“ beglücken mit ihrem neuen Album die Fans Alter Musik. von Rainer Aschemeier

Die sanfte Stimme Christina Pluhars erreicht man am besten per Telefon in Paris. Die österreichische Fachfrau für Alte Musik residiert schon seit Anfang der 1990er-Jahre in der französischen Hauptstadt. Mit ihrem Ensemble „L’Arpeggiata“ hat sie eine der schönsten CDs des noch jungen Jahres herausgebracht: „Mediterraneo“ heißt das neue Album und verquickt die Volksmusik des Mittelmeerraums – von Spanien bis zum Balkan – mit Alte-MusikKlängen. Die Mischung überzeugt, ist aber auch ungewohnt. Der erste Gedanke: „Crossover“! Doch die musikalischen Hintergründe sind authentisch, wie Christina Pluhar gleich erläutert: „Im 17. Jahrhundert gab es eine signifikante Vermischung von Volksmusik und Kunstmusik. Nehmen Sie etwa die Kompositionsweise über den ostinaten Bass: Das war zu der Zeit eine richtige Modewelle, die von der Volksmusik ausging. Bekannte Satzmodelle wie folia, ciaccona, passacaglia, tarantella – sie alle entstammen ursprünglich traditionellen Gesängen oder Tänzen, die Komponisten zu Beginn des 17. Jahrhunderts gesammelt und verwendet haben.“ Trotzdem stellt sich die Gretchenfrage nach dem bewusst gewählten „Crossover“-Ansatz. Immerhin wirken auf der neuen 24

CD Gaststars wie die Fado-Queen „Mísia“, die Sopranistin Raquel Andueza und die Sängerin Katerina Papadopoulou mit: Namen, die man im CD-Laden selten im Klassik-Regal antrifft, dafür umso häufiger in der Weltmusik- oder auch Jazz-Abteilung. „Man muss sich fragen, wie man Crossover definiert,“ reflektiert Christina Pluhar meinen Einwand. „Das ist ja ein Modewort, mit dem man vorsichtig umgehen sollte. Ein Beispiel: Bis heute gibt es Landstriche in Süditalien, in denen die Tarantella – ein typischer Volkstanz – auf Griechisch gesungen wird. Die Menschen dort leben einerseits ihre jahrhundertealten griechischen Wurzeln und Traditionen aus. Die Musik hat sich andererseits aber zu 100 Prozent mit der italienischen verbunden. Was für eine Vermischung der Kulturen! Wenn das ‚Crossover‘ ist – bitteschön, dann machen wir das!“ Als das Stichwort Tarantella fällt, muss man nachhaken, denn ihr Ursprung ist kurios: Die süditalienische Landbevölkerung ängstigte sich vor dem Biss der Lycosa Tarantula, einer Webspinnenart, die nach der Stadt Tarent benannt worden war und deren Biss man eine hochgradige Giftigkeit nachsagte. Heute weiß man, dass diese Spinne völlig ungefährlich ist. Als Mittel gegen die befürchtete Verwww.crescendo.de

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war einmal eine reiche Comtesse und Kunstmäzegiftung entwickelte sich aber unter der ängstlinin, die reiste mit ihrer Privatyacht über alle Meere. chen Bevölkerung ein ungewöhnliches HeilDoch wenn sie sich mal in ihr Pariser Palais verirrte, ritual: die Tarantella. Dieser Tanz wurde stand ihr der Sinn nach Musik, Architektur, den von dem Gebissenen bis zum Zusammenschönen Künsten. Also ließ sie sich ein Privattheater bruch durch Erschöpfung exerziert. Hiererbauen – ein architektonisches Kleinod der Jahrhundurch – so nahm man an – fuhr das Spindertwende, in das sie die Exotik und das Flair des antinengift aus dem Körper des Spinnenopken Byzanz einfließen ließ. fers und der Gebissene war geheilt. Das Palais der kinderlosen Gräfin geriet über Musik als Heilmittel: ein gegenwärtig Umwege an den Staat Rumänien und ist heute wieder sehr moderner Ansatz! Angesichts solcher Geschichten fragt man Christina Pluhar dann nach der Bedeutung von Musik gestern und heute. Hatten wir zwischenzeitlich vergessen, was im 17. Jahrhundert noch Alltagswissen war? Die Antwort kommt ohne langes Nachdenken: „Der musiktherapeutische Aspekt der Tarantella ist unglaublich spannend. Das geht weit über das sonstige sozial verbindende Element der Musik als solches hindessen Botschaft in Paris. Und der „Salle Byzantine“ aus: Über den Geist und die Seele sollte auch lag 70 Jahre lang – zwischen 1939 und 2009 – in einem der Körper geheilt werden. Der moderne Dornröschenschlaf. Christina Pluhar gerät ins SchwärMensch hat so etwas in den letzten Jahrzehnmen: „Das Theater blieb so lange den Augen und ten vielleicht verlernt. Aber vergessen kann den Ohren dieser Welt verborgen. Das heißt, dass er es nicht – weil doch jeder spürt, wie unentes im Originalzustand der damaligen Zeit erhalbehrlich Musik für das Menschsein ist.“ ten geblieben ist – buchstäblich bis hin zur GlühDa ist es wieder: Wenn Christina Pluhar birne! Es ist faszinierend: Man ist mitten in Paris über die Musik ihres Ensembles „L’Arpeggiata“ und trotzdem total abgeschnitten von der Welt. spricht, schwingt da immer noch etwas mit. Zudem hat der Saal eine unglaublich gute AkusEtwas, das man schwer erklären kann, wenn man tik. Es ist ein magischer Ort!“ Die Künstlerin ist ihre Musik nicht kennt. Sollte es etwa dieses davon überzeugt, dass die Aura dieses Saals viel gewisse „Etwas“ sein, das Solisten wie Philippe dazu beigetragen hat, dass die CD-Aufnahme ein Jaroussky bei „L’Arpeggiata“-Konzerten dazu Erfolg geworden ist. verleitet, spontan auf der Bühne zu tanzen, und Bei den Aufnahmen gab es erstmals auch Musidas Publikum zu Beifallsstürmen hinreißt? ker in den Reihen „L’Arpeggiatas“, mit denen man So ganz kann sich das die Musikerin wohl sich durch Sprache nicht verständigen konnte: „Die auch nicht erklären, aber sie hat einen Vertürkischen Musiker Aytaç Doğan und İsmail Tunçdacht: „Jeder Mensch, der ins Konzert geht, bilek sind die virtuosesten von uns allen. Unglaubwill starke Emotionen spüren“, meint sie. Und lich gute Instrumentalisten! Es gab nur die kleine mit einem Lachen fügt sie hinzu: „Sonst könnte Momentaufnahmen: Das Komplikation, dass sie kein Wort Englisch oder er sich zuhause vor dem Fernseher sicher besser Ensemble L'Arpeggiata und Französisch sprachen. Doch von der ersten Note an langweilen. Wir möchten mit dem Publikum so Christina Pluhar (unten) konnte eine nonverbale Kommunikation stattfinden, viel wie möglich in Kommunikation stehen. Es die ganz außergewöhnlich war. Wir verständigten uns ausschließfreut mich jedes Mal, wenn diese Message rüberkommt.“ Wer eine solche Musikauffassung verfolgt, für den gestaltet lich über die Musik, unser Spiel, unsere Improvisationen. Und wir sich auch die Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit für die CD- haben uns blendend verstanden.“ Das Projekt „Mediterraneo“ Aufnahme schwierig. Etwas Besondesieht die Österreicherin deswegen res sollte es sein, nicht irgendein TonWie ist ihr Neues Album? noch aus einem anderen Blickstudio. Der Zufall führte Christina „Mediterraneo“ ist ein musikalischer Spiegel der Mittelwinkel: „Die eingeladenen MusiPluhar schließlich an einen besondemeerkulturen. Mit Gastmusikern aus fünf Ländern, darunker stammen aus Portugal, Sparen Ort, der schon vom Namen her ter die portugiesische Königin des Fado, „Mísia“, haben nien, Süditalien, Griechenland bestens zum dort aufgezeichneten L’Arpeggiata auf ihrem neuen Album einen erprobten Anund der Türkei – also aus jenen Musikprogramm passt: „Salle Byzansatz weiterentwickelt. Christina Pluhar lotet mit ihrem Ländern Europas, die im Moment tine“. Die „L’Arpeggiata“-Leiterin Ensemble überzeugend den Mischbereich zwischen Volkssehr benachteiligt sind, die aber erklärt mir, dass es sich dabei um und Kunstmusik aus. Dabei entstand faszinieeine so reiche Kultur haben. So, einen echten Glücksfund gehandelt rend eingängige Musik, die selbst in den Popwie wir die musikalische Kommuhat. Was hat es damit auf sich? Charts eine gute Figur machen würde. nikation erleben durften, ist unser Die Künstlerin erzählt mir Projekt auch eine Friedensboteine Geschichte, die sich wie ein „Mediterraneo“. Mísia, N. Rial, R. Andueza, V. Capezzuto, schaft.“ modernes Märchen anhört: Es K. Papadopoulou, L’Arpeggiata, C. Pluhar (Virgin Classics) n 25

Fotos: Eric Larrayadieu

„Es gab nur die kleine Komplikation, dass sie kein Wort Englisch oder Französisch sprachen.“


k ü n s t l e r

„Wow, du kennst micH!“ Mit 23 Jahren hat sich die Sopranistin Julia Lezhneva schon ihren Weg in die führende Solisten-Riege gebahnt und ist dabei angenehm natürlich geblieben.

Foto: Decca/Uli Weber

von Anna Novák

Julia Lezhneva wuchs in Russland auf. Entdeckt wurde sie von Maestro Marc Minkowski.

Eigentlich wollten wir Julia Lezhneva in unserer Newcomer-Kategorie vorstellen. Schließlich ist sie gerade einmal 23 Jahre alt. Als wir das neue Album der Sopranistin in den CD-Spieler legten, war uns allerdings sofort klar: Dieses Album mit geistlichen Motetten von Mozart, Porpora, Händel und Vivaldi ist so reif, so vielfältig, so selbstbewusst – diese Frau hat sich längst einen Platz zwischen den großen Kollegen ersungen. Als Dame Kiri Te Kanawa sie in einem Meisterkurs singen hörte, engagierte sie sie vom Fleck weg für ein Konzert bei den Classical Brit Awards. Marc Minkowski sah ein Video von ihr auf YouTube, in dem sie mit 17 Jahren eine Rossini-Arie sang, und wollte sie für ein Konzertprojekt. Schnell wurde er zu ihrem größten Förderer. Von da an nahm die Erfolgsgeschichte ihren Lauf: Letztes Jahr brillierte Lezhneva bei den Salzburger Festspielen an der Seite von Plácido Domingo in Händels „Tamerlano“, sie unterschrieb einen Plattenvertrag beim Major Label Decca, im neuen Jahr wird sie ihr Debüt als Zerlina an der Royal Opera Covent Garden in London geben. Ein weiteres Highlight 2012: „Philippe Jaroussky lud mich für eine Aufnahme von Pergolesis ‚Stabat mater‘ ein. Das Lustigste war unsere erste Begegnung: Er lief im Moskauer Konservatorium an mir vorbei und fragte: ‚Julia?‘ Und ich reagierte nur völlig perplex: ‚Wow, du kennst mich?‘“ Und ob! Julia Lezhneva ist eines der ganz großen Talente. Ihre volle, kräftige und warme Sopranstimme schlängelt sich federleicht 26

durch Koloraturen, stürzt effektvoll in die Tiefe, um sich kurz darauf glockenklar wieder in die Höhen zu schrauben. Und dabei ist Lezhneva alles andere als eine Operndiva. „Ist sie ein bisschen schüchtern?“, fragt der erste Eindruck, nur um kurz darauf von ihrem fröhlichen und offenen Lachen eines Besseren belehrt zu werden. Sie hat ein auffallend rundes Gesicht, strahlend blaue Augen, einen wachen, kullernden Blick. Ihre Mimik beim Singen ist präsent, aber niemals übertrieben. Wenn sie viele schnelle Noten singt, sieht man das oft kaum, weil sich ihr Mund nur unmerklich bewegt. „Es war für mich wie vorbestimmt, dass ich singen müsste. Als ich meine Stimme entdeckte, konnte ich nicht mehr daran vorbei. Ich habe gemerkt: Dass ich singe, ist einfach das Natürlichste auf der Welt für mich,“ bestätigt Lezhneva. „Wenn mich früher in der Schule jemand gefragt hat, was ich werden will, wenn ich groß bin, dann habe ich ganz automatisch gesagt: Ich will Opernsängerin werden.“ Als wir Julia Lezhneva zum Gespräch trafen, kam sie gerade vom Ägyptenurlaub – braungebrannt, eingekuschelt in ein weißes Vlies, weil es in Deutschland gerade schneite. Dabei dürfte die junge Russin schlechtes Wetter von ihrem Studienort gewöhnt sein: Im walisischen Cardiff studierte sie an der Academy of Voice – auf Empfehlung einer „lovely lady“, die sie finanziell förderte und ihr Studium zahlte. „Es war genau der richtige Ort für mich“, sagt die Sopranistin, „die Schule ist wie eine Privatschule. Sehr klein, nur etwa 15 Studenten und sehr gute Lehrer. Da gab es alles in genau der richtigen Menge. Nach zwei www.crescendo.de

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Studienjahren bin ich nach London gewechselt. Wenn Sie mich fragen, war das die richtige Wahl: Wenn ich direkt dorthin gezogen wäre, wäre ich in dieser großen Stadt komplett verloren gewesen!“ Mittlerweile lebt sie wieder in Moskau – auch mit dem Ziel, sich im russischen Konzertleben weiter zu etablieren. „Bis zum letzten Jahr hatte ich erst ganz wenige Konzerte in Russland gegeben, und es ist schön, jetzt hier zu singen. Das russische Publikum ist sehr leidenschaftlich. Wenn sie dich mögen, verfolgen sie deinen ganzen Werdegang!“ Dass auf dem neuen Album ausschließlich Motetten aufgenommen sind, ist kein Zufall: „Die Motetten faszinieren mich, denn sie sind Konzerte für die Stimme.“ Es sind allesamt italienische Solowerke aus dem 18. Jahrhundert, die schon damals für junge, begabte Sängerinnen geschrieben wurden. Neben Mozarts bekanntem „Exultate, jubilate“ findet sich als besonderes Juwel auch die Ersteinspielung der Porpora-Motette „In Caelo Stelle Clare“. Gemeinsam mit dem Orchester Il Giardino Armonico und Maestro Giovanni Antonini hat die Sopranistin dieses für sie sehr besondere Album in Barcelona aufgenommen. Dass Orchester und Solistin ein barockes Dreamteam sind, merkt man schnell. Die große Opernbühne hat Lezhneva bisher weitgehend gemieden. „Ich bevorzuge die konzertanten Opern, denn da konzentriert man sich vollkommen auf die Musik. Im Opernhaus ist es dann halb Regie, halb Musik – manchmal überlagert die Regie die Musik sogar.“ Aber natürlich sei die szenische Oper sehr wichtig, wenn man zu den Großen gehören möchte. Aber sie sei doch schon eine der Großen, wirft man ein, das sagt zumindest die Presse, die sich mit Lob für die junge Sopranistin überschlägt. Julia Lezhneva grinst. „Ja, ich muss sagen, das übt schon einen gewissen Druck auf mich aus. Aber es freut mich natür-

lich sehr. Das gibt mir Selbstbewusstsein und zeigt mir, dass ich den richtigen Weg gehe. Man darf nur eben das, was man macht, nicht aus den Augen verlieren. Der Job der Kritiker ist, zu schreiben. Mein Job ist, mich auf die Musik zu konzentrieren.“ Ein stimmliches Vorbild hat sie nicht: „Ich möchte meine eigene Stimme entdecken und sie nicht in irgendein Muster pressen lassen.“ Man möchte der Sopranistin wünschen, dass sie ihren Weg weiter so ruhig – und so „natürlich“, wie sie es selbst ausdrückt – weitergeht. Und dass sie sich nicht vom Klassik-Trubel überschütten lässt. In ihrer Freizeit beugt sie dem vor: macht lange Spaziergänge, im Winter geht sie Eislaufen, mit ihrem Freund redet sie viel über Musik. „Wir haben noch lange nicht genug, wir sind noch so interessiert. Es gibt so viel Musik, die wir noch für uns entdecken können!“ Ihre Augen funkeln begeistert. „Denken Sie doch nur an die Musik aus dem Barock! Überhaupt: Ich mag es, wie die Frauen im Barock dachten und wie viel Fantasie sie in ihre Kleider steckten. Das war eine sehr feminine Zeit.“

Wie ist ihr neues Album? Zu diesem Album möchte man nur schreiben: anhören, anhören, anhören! So viel Musikalität, so viel Freude steckt auf dieser Platte. Die geistlichen Werke von Mozart, Porpora, Vivaldi und Händel singt Julia Lezhneva voll blühender Ausdrucksstärke, reifer Hingabe und doch mit jugendlicher Leichtigkeit. Die Musiker von Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini haben diese Musik ebenfalls ganz aufgesogen und präsentieren ein konturiertes und lebendiges Klangbett.

„Alleluia“ Julia Lezhneva, Il Giardino Armonico, Giovanni Antonini (Decca)


Foto: Felix Broede

k ü n s t l e r

Leonard Elschenbroich (27)

Bis jetzt makellos Leonard Elschenbroich gilt als eines der größten Talente unter den Cellisten. Wie er mit dem Erfolg umgeht und warum er soeben deprimierende Stücke einspielte, verriet er unserem Autor Klaus Härtel. zert unter der Leitung von Christoph Eschenbach spielte Er kennt Frankfurt, hat in Köln studiert und in Wien gelebt. und mit dem Leonard Bernstein Award ausgezeichnet Aber sein Weg führte ihn schließlich in die englische Hauptstadt London, die er seit nunmehr vier Jahren seinen Newcomer wurde, zählt er zu den besten Cellisten seiner Generation. Elschenbroich kennt die Top-Sinfonieorchester und Lebensmittelpunkt nennt. „Als Musiker kann man sich das renommierten Säle bereits. Wenn er jedoch ein Highlight ja aussuchen“, sagt er und lächelt. Dass man dort bisweiseiner jungen Karriere nennen soll, muss er nicht lange überlen Schwierigkeiten hat, seinen Namen auszusprechen, findet legen. „Das ist das Konzert mit der Staatskapelle Dresden unter er nicht dramatisch. Die Probleme habe man in Deutschland und Österreich doch auch, lacht Leonard Elschenbroich, Jahrgang 1985, Christoph Eschenbach im Musikverein in Wien. Das dürfte schwer zu überbieten sein.“ Warum? Wegen der historischen Verbindung einer der musikalischen Newcomer dieses Jahrzehnts. Newcomer ist bei einem wie Leonard Elschenbroich eigentlich der Staatskapelle Dresden mit Schumann, wegen des Dirigenten, ein zu schwaches Wort. Senkrechtstarter würde es wohl besser treffen. denn Eschenbach sei für ihn „der größte Schumann-Interpret“ und Gleich mehrere namhafte Dirigenten haben den heute 27-jährigen außerdem habe er in dieser Zeit in Wien gelebt. Ansonsten wirkt der 27-Jährige eher nachdenklich, wohlCellisten „für sich“ entdeckt. Kitajenko, Gergiev oder Eschenbach, um nur einige zu nennen. Konzerte mit dem London Philharmonic, überlegt wählt er seine Worte. Er wirkt in sich gekehrt – nicht ohne dem Swedish Radio Symphony, dem St. Petersburg Philharmonic und trotzdem etwas zu erzählen. Sichtlich stolz ist er auf seine jüngste dem Chicago Symphony Orchestra standen und stehen auf seiner Auszeichnung: die Ernennung zum BBC New Generation Artist. Agenda. Und Anne-Sophie Mutter schwärmt: „Leonard verfügt über Das bedeutet in den nächsten zwei Jahren neben der „großen Ehre“, eine ganz außergewöhnliche Begabung: Seine musikalische Sensibili- die Elschenbroich als ein in London lebender deutscher Musiker tät verbunden mit couragierter Virtuosität sind sehr beeindruckend. empfindet, vor allem einen Haufen Arbeit. „Ich muss – darf – mit Darüber hinaus ist seine stilistische Bandbreite weit entwickelt und er allen fünf Orchestern der BBC spielen und aufnehmen. Das sind in zwei Jahren 20 Aufnahmen.“ Das sei vor allem deshalb eine große überzeugt durch seine ausstrahlungsstarke Persönlichkeit.“ Anne-Sophie Mutter muss es wissen, denn spätestens seit sei- Herausforderung, weil er immer etwas anderes spielen müsse, was nem Erfolg beim Eröffnungskonzert des Schleswig-Holstein Festi- außerdem auch noch nicht eingespielt sein dürfe (was bei fünf CDs val 2009, als er mit Anne-Sophie Mutter das Brahms-Doppelkon- in diesem und dem nächsten Jahr immerhin sieben Stunden weni28

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Historische Kuranlagen &

Goethe-Theater Bad Lauchstädt

ger Repertoire bedeutet). Selber aussuchen könne er das obendrein auch nicht. „Ich muss viel neu lernen und viel wieder ‚draufschaffen‘. Das ist viel, viel Musik.“ Elschenbroich ist ein „Augenmensch“, wie er selbst anmerkt. Augenmensch, weil für ihn das mentale Arbeiten mit den Noten überaus wichtig ist, das Verinnerlichen der Musik ohne Instrument. „Selbst wenn ich ein Stück auswendig spiele, lese ich es vor dem inneren Auge.“ Er müsse das aber auch deshalb tun, „weil ich am Klavier nicht gut genug bin, eine Partitur zu erarbeiten.“ Selbst wenn Elschenbroich seinen Cello-Part einstudiert, übt er immer mit der Partitur, um sich die anderen Stimmen einzuprägen. „Technisch makellos“, schlagzeilte die FAZ über den Newcomer. Und Elschenbroich weiß, dass das so alleine stehend natür-

5. Mai 2013 Dagmar Manzel & Salonorchester „Unter‘n Linden“ der Staatskapelle Berlin

„Es geht darum, den älteren Menschen etwas zurückzugeben.“

Der Freischütz

Foto: Janine Guldner

Foto: Gert Kiermeyer

lich kein Kompliment ist. Rein rechnerisch würde zwar die Technik überwiegen, denkt der 27-Jährige. Doch das sei eben der Teil, der das Handwerk darstelle. „Und eine gute Technik ist eigentlich nur Mittel zum Zweck. Neulich habe ich eine Brahms-Sonate gespielt. Ich war eins mit dem Werk. Ich war Brahms. Ich konnte so sein, wie Brahms ist. Ich hatte dieses Werk seit mehreren Jahren nicht mehr gespielt und bin deshalb sehr intuitiv herangegangen.“ Elschenbroich lässt die Worte wirken und meint nach einer kurzen Pause: „Vielleicht war’s auch gar nicht so gut …“ Dann lacht er. Im Frühjahr wird beim Label Onyx eine CD erscheinen, die Elschenbroich gemeinsam mit dem Pianisten Alexei Grynyuk eingespielt hat. Dabei mit von der Partie: die Bratschen-Sonate von Schostakowitsch in der Bearbeitung für Cello von Daniil Shafran. Es ist das letzte Werk des großen Komponisten, was sehr ungewöhnlich ist. Ungewöhnlich auch deshalb, weil letzte Werke oft heroische, monumentale Werke sind. Diese Sonate hingegen „ist so gebrochen, so unzugänglich. Sie drückt den Zustand des Komponisten aus, eines kranken, sehr große Schmerzen leidenden Mannes. Und ich wollte es nicht verschönern, sondern in seiner deprimierenden Hässlichkeit zeigen. Diese Sonate ist das deprimierendste Stück, das ich kenne.“ Die Frage muss erlaubt sein: Warum spielt man es dann? „Weil ich es nachvollziehen kann. Es ist ein Anti-Erfolgs-Stück. Aber es ist einmalig, ungewöhnlich, mutig und ehrlich. Außerdem liebe ich Schostakowitsch über alles. Und es ist mir eine große Ehre, dass wir Cellisten sein letztes Stück spielen dürfen.“ Den Gegenpart auf dieser CD bilden Werke Rachmaninows, die zwar auch melancholisch, aber emotional, menschlich gesund und warm rüberkommen. In Bremen wird Elschenbroich bald Artist in Residence der Philharmonischen Gesellschaft. Nicht nur als solcher will er auf eine „Mode“ aufmerksam machen, die ihm so gar nicht zusagt. „Dass man junge Menschen an klassische Musik heranführt, ist lobenswert und auch richtig. Doch man darf die älteren Menschen nicht vergessen!“ Elschenbroich wird energisch. „Es herrscht ein merkwürdiger Zeitgeist. Jung sein ist alles und alt sein wird abwertend gesehen. Das ist eine schlimme Haltung.“ Der Cellist will niemandem etwas missgönnen, doch er verurteilt die „Idolatrie der Jugend“. Es gehe nicht darum, sich zwischen denen zu entscheiden, die die Gegenwart gebaut haben und denen, die die Zukunft bauen. Aber er findet schon, dass man dem älteren Publikum mehr Respekt zollen müsse. „Es geht darum, etwas zurückzugeben!“

Sieg der Schönheit

crescendo-Tipp: Am 24./25. März 2013 spielt Leonard Elschenbroich in der Alten Oper Frankfurt mit dem Museumsorchester Frankfurt das Schumann-Cellokonzert unter der Leitung von Dmitrij Kitajenko.

Eintrittskarten: Das ganze Programm: www.goethe-theater.com Besucherzentrum: Tel. 034635 905472 | besucher@goethe-theater.com

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Foto: Jörg Landsberg

GOETHES SÄCHSISCHES ARKADIEN

Theatersommer 2013

31. März - 27. Oktober | Goethe-Theater Bad Lauchstädt OPER 13. April | Telemann SIEG DER SCHÖNHEIT | Theater Osnabrück 11. Mai | Straus DIE LUSTIGEN NIBELUNGEN | Kammeroper München 18. Mai | 29. Juni | Rossini DER BARBIER VON SEVILLA | Bühnen der Stadt Gera 19. Mai | 2. Juni | 6./14. Juli | Weber DER FREISCHÜTZ | Oper Halle 25. Mai | 7./13. Juli | Mozart DIE HOCHZEIT DES FIGARO | Oper Halle 14. September | Händel XERXES | Lautten Compagney Berlin 15./29. September | 5. Oktober | Flotow MARTHA oder DER MARKT ZU RICHMOND | Oper Halle 22. September | 20. Oktober | Mozart DON GIOVANNI | Theater Magdeburg

KONZERTE 31. März | VOGLER QUARTETT & DAVID ORLOWSKY 23. Juni | DIE SCHÖNE MAGELONE Bariton: Sebastian Noack | Sprecher: Thomas Quasthoff | Klavier: Manuel Lange 28. Juli | JAN VOGLER & MARTIN STADTFELD 23. August | RAGNA SCHIRMER | Programm: Goldberg-Variationen

Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH Parkstraße 18 | 06246 Goethestadt Bad Lauchstädt


p e r s o n a l i e n

G e s t o r b e n

wie dem krakeelenden Zuhörer in seinem Nacken. Wolfgang Sawallisch war Musiker und als dieser ein Künstler, dessen Größe auf einer Tugend beruhte, die in Zeiten von Marketing und PR verloren zu gehen droht: Handwerk! Das große, souverän und uneitel vermittelte Können dieses Dirigenten, seine geradezu unglaubliche Repertoirekenntnis und Bescheidenheit erlaubten es ihm, sich der Partitur unterzuordnen; ja, „der Musik zu dienen“. Das klingt antiquiert und ist es wohl auch. Der deutsche Kapellmeister als charismatischer Weltstar – er ist mit Wolfgang Sawallisch nicht nur gestorben – er ist mit ihm auch ausgestorben. Pascal Morché

Van Cliburn Der amerikanische Pianist ist im Alter von 78 Jahren an Knochenmarkkrebs gestorben. Die Krankheit war im vergangenen Jahr bei Cliburn im fortgeschrittenen Stadium schnitte von „Holländer“, „Tannhäuser“ und festgestellt worden. Seitdem hatte er sich „Lohengrin“ gelten heute noch als Referenz- weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückaufnahmen) war – über jeden Zweifel erha- gezogen. Der 1934 in Louisiana als Harben – „der“ Wagner- und Strauss-Dirigent vey Lavan Cliburn Jr. geborene Pianist galt seiner Zeit. Über die Provinz, über Augs- früh als Wunderkind, wurde erst von seiner burg, Aachen, Wiesbaden, Hamburg kehrte Mutter unterrichtet und besuchte dann die der gebürtige Münchner nach München Juilliard School in New York. Mit 23 Jahzurück; diese Stadt, ihr Opernhaus, das ren gewann Cliburn 1958 als erster AmeNationaltheater, blieben sein Zentrum, als rikaner den Internationalen Tschaikowskyer längst in Salzburg, Wien, Mailand und Wettbewerb in Moskau und wurde damit in New York mit den Wiener oder Berliner Philharmonikern Triumphe feierte. „Sein Name ist wie kein anderer mit der Münchner Oper verbunden, bis heute ist sein Wirken spürbar – und so wird es auch bleiben. Dies gilt nicht nur für das Publikum, sondern vor allem auch für die Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters und alle Mitarbeiter des Hauses“, so Staatsintendant Nikolaus Bachler zu Wolfgang Sawallischs Tod. Als der Dirigent, der auch ein singulärer Pianist und Liedbegleiter war, 1992 für zehn Jahre als Chef an das wundervolle Philadelphia Symphony Orchestra wechselte, um sich nur noch der „absoluten“ Musik, dem Konzert, zu widmen, da war dies auch ein Zeichen seiner Resignation vor neuen Richtungen der Oper als Musiktheater. „Auf geht’s zum Komö- den USA zum Volkshelden. Die Zuschauer dienstadl“, rief ein Zuschauer in der Münch- spendeten Cliburn acht Minuten lang stener Oper, als Sawallisch zur Premiere vom hend Applaus. Das „Time“-Magazin hatte „Fliegenden Holländer“ im Januar 1981 ans den Pianisten daraufhin zum „Texaner, der Dirigentenpult trat. Über die Bühne ging Russland eroberte“ gekürt. Cliburns Eindamals eine geniale Produktion des Regis- spielung des ersten Klavierkonzerts von seurs Herbert Wernicke, die dem Dirigen- Tschaikowsky verkaufte sich kurz darauf ten im Orchestergraben ebenso fremd blieb mehr als eine Million Mal.

Ich hatte Glück: den ersten „Tristan“ von Sawallisch dirigiert zu hören; die erste „Zauberflöte“, „Elektra“, den ersten „Figaro“, „Ring“ ... sowie Brahms-, Beethoven-, Bruckner-Symphonien und die Missa Solemnis zum ersten Mal ... Das musikalische Repertoire ist groß und die Ohrendefloration geschah immer auf höchstem und schönstem musikalischem Niveau: durch Wolfgang Sawallisch. Das prägte! Bis heute! Es ist erlaubt, dafür ganz persönlich dankbar zu sein. Es ist jedem erlaubt, der „mit“ und „durch“ Wolfgang Sawallisch die Musik kennen und lieben lernte. Auch wenn Sawallisch in der ganzen Welt dirigierte, ihm in Japan eine geradezu fanatische Verehrung entgegenschlug und die Mailänder Scala nach seinen Dirigaten vor Jubel tobte (zum Beispiel nach „Frau ohne Schatten“ oder 1990 nach den „Meistersingern“), am meisten Gelegenheit mit diesem uneitlen, präzisen, diesem leidenschaftlichen und doch unpathetischen großen Künstler Musik zu (er)leben, hatte man in der Münchner Oper: Hier, am Pult des Bayerischen Staatsorchesters in München stand Wolfgang Sawallisch seit 1971 für zwei Jahrzehnte – zunächst als Generalmusikdirektor mit den Intendanten Günther Rennert und August Everding, später als Staatsoperndirektor. In diesen Jahren dirigierte er oftmals an vier Abenden in der Woche (an zwei weiteren standen Carlos Kleiber und Karl Böhm am Pult). Wolfgang Sawallisch, der schon 1957 in Bayreuth debütierte (Mit30

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Fotos: Wilfried Hösl; Nijs, Jac de Anefo

Wolfgang ­Sawallisch


hören & sehen •

Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Plus: Attila Csampai über seine neuen Favoriten (Seite 32) Die neuen Audio-Heiligtümer (Seite 46)

Amaryllis Quartett

Rot nach Weiß

Für „White“, eine CD, die ein Werk der Wiener Klassik mit einem der Zweiten Wiener Schule konfrontierte, errang das Amaryllis Quartett 2012 den ECHO für die beste Kammermusikeinspielung des Jahres. Nun melden sich die vier Musiker – Gustav Frielinghaus, Yves Sandoz, Lena Wirt und Lena Eckels – mit dem Album „Red“ und einer neuen Kombination nach dem bewährten Rezept zurück. Der Alte Sendesaal in Bremen ist der Ort des Geschehens; Beethovens rätselhaftes cis-Moll-Quartett (1826) wird dort rein tonlich fast schmerzlich schön ausgereizt. Ein 83 Jahre später von Alban Berg komponiertes zweisätziges Streichquartett wirkt als eine Art Beetho-

ven-Katalysator. Geniale Idee, den Meister so aufzuschließen! Ob das Quartett eine Trilogie à la Krzysztof Kieślowski anstrebt – dann fehlte noch „Blue“ – oder alle möglichen Färbungen der Amaryllis durchexerziert? Egal, „Red“ ist in dieser Saison ein Must-have. MM

„Red. String Quartets by Ludwig van ­Beethoven and Alban Berg“ Amaryllis Quartett (Genuin) Track 1 auf der crescendo Abo-CD: „I. langsam“ aus dem „Streichquartett op. 3“ von Alban Berg

Foto: Tobias Wirth

Kammermusik

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h ö r e n & s e h e n

Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai

Leidenschaft und Intensität – ohne Kompromisse Der Chefrezensent empfiehlt diesmal Engel, Bösewichter, Ikonen und Besessene.

A

m schönsten, am ergreifendsten singen die tragischen Helden und Heldinnen. Sie sind die Opfer, ihre Seele ist rein. Interessanter, spannender sind aber die zerrissenen Seelen der Machtinhaber, der Opernschurken und Bösewichter. Das Dunkle und Abgründige beflügelte schon immer die Phantasie der Opernkomponisten. Georg Friedrich Händel: „Bad Guys“ Xavier Sabata, Il Pomo d’Oro, Riccardo Minasi (Aparté) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Serenatevi, o luci belle“ aus „Teseo“

Der junge katalanische Countertenor Xavier Sabata, der vokale Senkrechtstarter in der Barockszene, widmete sein erstes Solo-Recital den „Bad Guys“ in Händels Opernschaffen: Eifersucht, Hass, Rachegelüste und blanke Wut sind die Antriebskräfte seiner explosiven Auswahl von 12 Arien, die hier die negativen Charaktere von sechs Händel-Opern zu einem virtuosen Kompendium des Bösen bündeln, so dass Sabatas drohendes Konterfei auf dem Cover Adäquates ankündigt. Trotzdem staunt man über den Einfallsreichtum, die psychologische Raffinesse und auch die melodischen Schönheiten, die der vor Kreativität berstende Händel der ausgereizten Ästhetik der Barockoper noch abzutrotzen verstand, und insofern dokumentiert dieses wüste Affekt-Panorama auch die Bandbreite von Sabatas beträchtlichem Ausdruckspotenzial. Er besitzt einen dunkel-timbrierten, modulationsfähigen, kernigen Falsett-Alt, der klar absticht von vielen, flach piepsenden Kopftönern, und sein vokales Charisma erhält durch das frische, nervige, drängende Musizieren des exzellenten „Il Pomo d’Oro“-Ensembles unter der Leitung des Barockgeigers Riccardo Minasi eine elektrisierende Grundierung. Wolfgang Amadeus Mozart: „Klavierkonzerte B-dur KV 456 und F-dur KV 459“ Cristofori, Arthur Schoonderwoerd (Accent) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Allegretto“ aus dem „Klavierkonzert F-Dur Nr. 19 KV 459“

Schon bei seiner Einspielung der Klavierkonzerte Beethovens sorgte der Utrechter Radikalhistorist 32

Arthur Schoonderwoerd für Diskussionen: Er hatte seinem schmächtigen Hammerflügel von 18oo nur sechs Streicher, aber den vollen Bläsersatz gegenübergestellt, was zu einer ungewohnt „bläserlastigen“ Klangbalance geführt hatte, und zu polternden Tuttieinsätzen, die aber gut zu Beethoven zu passen schienen. Auch auf seiner neuen CD mit zwei mittleren Mozart-Konzerten (KV 456 und 459) hat er wieder alle Orchesterstimmen streng solistisch besetzt und inmitten seines 16-köpfigen „Cristofori“-Ensembles ein noch dünner klingendes Walter-Fortepiano von 1782 postiert. Diese zu oft in Watte gepackten Konzerte klangen selten so frisch und polyphon wie hier, und im Fall des F-Dur-Konzerts (KV 459) sogar richtig martialisch und „schneidig“, weil Schoonderwoerd sich traute, Mozarts Orchestersatz um 2 Trompeten und Pauken zu erweitern: Ein Mann mit Visionen und ein echter musikalischer „Querdenker“. Igor Strawinsky: „Le Sacre du Printemps“ Feuervogel-Suite (1919) Orchestre National du Capitole de Toulouse, Tugan Sokhiev (NaÏve)

Zu den größten musikalischen Visionären der Moderne zählte Igor Strawinsky. Dass sein drittes Ballett „Le Sacre du Printemps“ im Jahr 1913 in Paris einen Riesenskandal auslöste, war bestimmt kein Zufall, hatte er doch dem noch tief in der Romantik verhafteten Publikum eine schier unvorstellbare Orgie barbarischer Rhythmen und wüster Klangeruptionen zugemutet. Der junge, aus Ossetien stammende Dirigent Tugan Sokhiev hat jetzt zum 100. Geburtstag des Balletts mit seinem mittlerweile auf Topniveau spielenden Orchestre Nationale du Capitole de Toulouse eine atemberaubend präzise, farbenprächtige, dabei federnd leichtfüßige Interpretation der hochkomplexen Partitur vorgelegt, die noch nach so langer Zeit den revolutionären Geist, aber auch den tänzerischen Gestus und die Eleganz dieses heidnischen Opferritus in audiophiler Transparenz beschwört, ohne die große Orchesterkeule auszupacken: Diese französisch anmutende Verfeinerung barbarischer Energien, diese Ästhetisierung des wilden Raubtieres rückt indes seine innere und äußere Schönheit in ein ganz neues, magisches Licht: Der Zauber übertönt alle Provokation.

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I m p r e ss u m Eugen D’Albert: „Sinfonie F-dur“ Sinfonischer Prolog zu „Tiefland“ MDR Sinfonieorchester Leipzig, Jun Märkl (Naxos) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Mäßig langsam – belebt“ aus der „Sinfonie in F-Dur“

Wer aber nicht nur immer den etablierten Kanon hören will und die 200ste Aufnahme einer Brahms-Sinfonie, dem empfehle ich die völlig unbekannte F-Dur-Symphonie des spätromantischen Opernkomponisten und Klaviervirtuosen Eugen d’Albert, die der aus München stammende Dirigent Jun Märkl mit seinem MDR Sinfonieorchester für das Entdeckerlabel Naxos ausgegraben hat. Seine einzige Sinfonie komponierte der durch seine Oper „Tiefland“ berühmt gewordene d’Albert bereits mit 22 Jahren in Weimar, und sie klingt über weite Strecken wie eine Hommage an Brahms, obwohl er als Liszt-Schüler eher zu den „Neudeutschen“ zählte. Als Pianist machte er Weltkarriere, die meisten seiner 21 Opern sind dagegen kaum bekannt. Die F-Dur-Sinfonie ist ein großer Wurf, und eine echte Entdeckung und sie zeigt den jungen d’Albert auf der Höhe der Zeit. Johanna Martzy: „Violinwerke von Mendelssohn, Mozart und Beethoven“ Johanna Martzy, Philharmonia Orchestra, Wolfgang Sawallisch, Paul Kletzki (Testament) Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Andante“ aus dem „Violinkonzert in e-Moll op. 64“

Auch in den Archiven schlummern so manche unentdeckte Juwelen. Die 1924 geborene ungarische Geigerin Johanna Martzy ist heute kaum noch bekannt, obwohl sie in der 1950er-Jahren eine kurze steile Weltkarriere durchlief. Ihre 1954 produzierte Einspielung des Mendelssohn-Konzerts lag fast 60 Jahre lang unter Verschluss, da sie selbst es aus unerfindlichen Gründen ihr Leben lang nicht freigab. Jetzt hat es Testament zum ersten Mal auf CD veröffentlicht, und man staunt über ihre versengende Intensität – Ingredienzien, die ihrem temperamentvollen, drängenden Spiel eine berückende musikalische Aura verleihen, so dass der junge Wolfgang Sawallisch hier nur behutsam begleiten musste. Im zweiten Teil des akustisch vorzüglichen Mono-Programms spielt sie Mozarts G-Dur-Konzert und die beiden Beethoven-Romanzen mit ähnlicher Hingabe Giuseppe Verdi: „Requiem“, „Te Deum“ Milanov, Castagna, Björling, Moscona, Westminster Choir, NBC Symphony Orchestra, Arturo Toscanini (Music & Arts)

Eine andere historische Kult-Aufnahme hat das US-Label Music & Arts jetzt schon zum drittenmal restauriert und akustisch derart optimiert, dass man kaum glauben möchte, dass diese perfekte Aufnahme mehr als 70 Jahre alt ist: Im November 1940 dirigierte Arturo Toscanini in der New Yorker Carnegie Hall seine schönste Aufführung des Verdi-Requiems, mit Weltstars wie Zinka Milanov und Jussi Björling, doch gab man für die Schallplatte der späteren, ungleich harscheren Version von 1951, die im strohtrockenen Studio 8H produziert wurde, den Vorzug. Da dirigierte der greise Maestro schon deutlich starrer und unwirscher. In der weniger bekannten früheren Version glänzt der 74-Jährige durch seine ungewohnte Flexibilität, die mit eher breiten Tempi die lyrischen Schönheiten und die geistige Tiefe dieses hochdramatischen Meisterwerks ausleuchtet. Chor und Solisten sind hier nicht zu toppen. Es sei die „überwältigendste Aufnahme des Requiems überhaupt“, schwärmt Toscanini-Biograf Harvey Sachs im Booklet.

Verlag Port Media GmbH, Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Chefredakteur Robert Kittel (RK, verantwortlich)

Art director Stefan Steitz

REdaktion Anna Novák (AN)

schlussREdaktion Edigna Hackelsberger

Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón ­Raphael (TPR), Christoph Schlüren (CS)

Kolumnisten Pascal Morché, Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod

Mitarbeiter dieser Ausgabe Martin Morgenstern (MM), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Klaus Härtel (HÄ), Malve Gradinger (GRA), Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Clemens Matuschek (CM), Rainer Aschemeier, Julia Hartel, Klaus Härtel (HÄ), Maximilian Stössel (STÖ), Maria Nguyen-Nhu, Carla Neumann, Stefan Sell, Jürgen Kalwa & Bob Coat.

Projektleitung plus regional Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Marke: Dirk Struwe | d.struwe@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

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Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält (Teil-)Beilagen von Weltkunst und CLASS.

Das nächste crescendo erscheint Am 12.04.2013

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h ö r e n & s e h e n

Foto: Uwe Arens/Sony Classical

Solo

Alexander Krichel

Innere Schönheit Schon die ersten Töne seiner neuen CD lassen aufhorchen und bestätigen, was seit seiner hochgelobten Erstveröffentlichung behauptet wird: Der 1989 in Hamburg geborene Pianist Alexander Krichel ist einer der spannendsten und vielversprechendsten Nachwuchskünstler. Nun hat er romantische Klavierwerke zusammengestellt, die klanglich perfekt aufeinander abgestimmt sind: Neben berühmten Liszt-Transkriptionen („Frühlingsnacht“ und „Liebeslied“ von Schumann oder „Die

Jubiläum

Witold Lutosławski

„Frühlingsnacht“ Alexander Krichel (Sony Classical)

Forelle“, „Ständchen“ und „Erlkönig“ von Schubert) finden sich einige „Lieder ohne Worte“ und die „Variations sérieuses“ von Mendelssohn sowie Wiederentdeckungen von Clara Schumann, Fanny MendelssohnHensel und Carl Maria von Weber. Krichel versteht es, das Klavier so zum Singen zu bringen, wie man es nur selten hört. Tiefe, Sensibilität und Eleganz verschmelzen bei ihm zu vollkommener Schönheit, so dass man sich nicht satt hören kann: Absolut hörenswert. MNN

David Theodor Schmidt

Zum Hundertsten

Der Dichter spricht

Verdi, Wagner, Britten ... ein Jubiläum droht da unterzugehen: der 100. Geburtstag von Witold Lutosławski. Viele halten ihn nach Strawinsky für den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Es gibt mehrere Gesamteinspielungen seiner Sinfonien, bislang jedoch nicht kompakt auf einer Doppel-CD – so wie Sony es nun offeriert. Die Aufnahmen des Los Angeles Philharmonic unter Esa-Pekka Salonen gelten weithin als Referenz für dieses Repertoire. Für einzelne Symphonien gibt es aber durchaus bessere (für die Vierte rate ich z. B. zur phänomenalen Einspielung unter Antoni Wit). Bei diesem Doppelpack ist aber das Preis-Leistungs-Verhältnis so attraktiv, dass man von einer Gelegenheit sprechen muss. Auch die Booklet-Texte vom Komponisten und PulitzerPreisträger Stephen Stucky sind lesenswert und bieten für Einsteiger in den Lutosławski-Kosmos gute Werkeinführungen. Die erste Symphonie erklingt zudem in einer brandneuen, bislang nicht erhältlichen Aufnahme. RA

Wenn es draußen vor dem Fenster schneit und schneit und schneit, dann braucht es Musik, die den Raum mit so viel Sonnenlicht erhellt, dass der nicht enden wollende Winter keine Chance hat, auf das Gemüt zu schlagen. Genau solche Musik – warme, schillernde, in bunten Frühlingsfarben erblühende Musik – hat David Theodor Schmidt auf seinem Album eingespielt: Klavierwerke von Franz Liszt, Johannes Brahms und Robert Schumann, die allesamt von Dichtung inspiriert sind. Ein vielfältiges Programm, denn jedes dieser Stücke setzt sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Thema Poesie auseinander. Liszt ließ sich für die drei Petrarca-Sonaten aus den „Années de pèlerinage“ von italienischer Dichtung inspirieren, Brahms’ Balladen op. 10 durchzieht ein erzählerischer Duktus, und Robert Schumann nahm sich für seine Sonate Nr. 2 in g-Moll das Gedicht „Im Herbst“ von Justinus Kerner als lyrisches Zentrum. Schmidt selbst legt in seiner Interpretation den Schwerpunkt auf die verschiedenen Farbigkeiten und Stimmungen, spielt reif und überlegt. So lässt sich vom Frühling träumen. AN

Witold Lutosławski: „The Symphonies“ Los Angeles Philharmonic, Esa-Pekka Salonen (Sony Classical)

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„Der Dichter spricht“ David Theodor Schmidt (Profil)

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h ö r e n & s e h e n

Christopher Hinterhuber

Hochgebirge der Variationen Christopher Hinterhuber ist nicht einfach nur einer der fulminantesten Klaviervirtuosen unserer Tage. Analytisches Gespür, musikantische Unmittelbarkeit und dramaturgische Intuition halten sich die Waage in einem Variationsprogramm, das es mit alpinem Extremsport aufnimmt. Frederic Rzewskis gigantischer Variationszyklus über das chilenische Widerstandslied „The People United Will Never Be Defeated“ zählt wie Ligetis Etüden und Crumbs Makrokosmos zu den Klaviergipfeln der Generation Avantgarde und mutet an wie ein wild zerklüftetes, fast uneinnehmbares Hochgebirge. Über die Form kann man streiten, die Darstellung ist in ihrer suggestiven Radikalität umwerfend. Danach Bachs Variationen über eine Aria „alla maniera italiana“, wie eine Huldigung an ältere Meister anmutend, und mit immensem Feinsinn und hinreißendem Momentum ausgeführt. Eine Kultscheibe für eine neue Generation Post-Gould. CS

„Variations: Rzewski / Bach“ Christopher Hinterhuber (Paladino)

Julia Fischer

Solo

Matthias Schorn

Fantastisches Patchworkorchester

Die Musiker des Innviertler Symphonie Orchesters bekleiden entweder führende Positionen bei den Wienern oder zahlreichen anderen KlasseOrchestern – oder sie studieren an einem der umliegenden Konservatorien. Das klingende Ergebnis der Herbstarbeitsphase 2012 – mitgeschnitten zum fünfzehnten Orchestergeburtstag – kann sich hören lassen und gereichte jedem der „Heimatorchester“ der erfahreneren Kollegen zur Ehre. Dichter Wald dräut auf dem Cover der Doppel-CD, Sonnenstrahlen blinzeln dazwischen auf junges Buchenlaub ... Das duftige Mozartsche Klarinettenkonzert (Matthias Schorn als Solist – brillant!) ist Auftakt für eine gewaltige Brucknersche „Achte“ (2. Fassung), die alle Beteiligten mit berechtigtem Stolz als Referenz aus dem Regal ziehen können. Nicht zuletzt Nicholas Milton. Sechs Jahre lang war er Chef der Jenaer Philharmonie, hier das Ausrufezeichen: auch von ihm werden wir wieder hören. MM

„Mozart: Clarinet Concerto in A K. 622, Bruckner: Symphony No. 8 in C minor“ Matthias Schorn, Innviertler Symphonie Orchester, Nicholas Milton (ISO) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio“ aus dem „Konzert für Klarinette und Orchester“ von Mozart

Anastasia Injushina

Bach & Söhne

Starke Stücke Mit zwei Violinkonzerten von Dvořák und Bruch wendet sich Julia Fischer auf ihrer neuen CD den Moll-Welten der Romantik zu. Kraftvoll und beherrscht ist ihr Ansatz, diszipliniert und wohl abgewogen in der Balance die Ausbrüche, die doch stets akkurat und aufgeladen daherkommen. Dvořáks oft im Schatten der Solokonzerte von Brahms und Tschaikowsky stehendes Opus kommt klar strukturiert und mit den dunklen Streicherfarben des Züricher Tonhalle Orchesters unter David Zinman klanglich ausgewogen daher. Perfektion und Kontrolle scheinen vor dem Wagnis und dem musikantischen Moment zu stehen. Der große Bogen und die Schönheit des Tons, den Julia Fischer stets zu bewahren versteht, ist mit dem Erblühen seiner melancholischen Kraft im Adagio des Bruch-Konzertes von großer emotionaler Empfindsamkeit und rückt das redselige Konzert weit aus der Ecke des Schmalz-Verdachts. Julia Fischer hat erneut eine CD mit starken, in der Tradition verhafteten Interpretationen vorgelegt. Was will man mehr? US

„Bruch und Dvořák, Violin Concertos“ Julia Fischer, Tonhalle Orchester Zürich, David Zinman (Decca)

Ein sehr differenziert zusammengestelltes Programm haben Anastasia Injushina und die Hamburger Camerata unter Ralf Gothóni eingespielt: Klavierkonzerte der großen Bach-Söhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christian sowie von Meister Johann Sebastian selbst (in dieser Reihenfolge). Das D-Dur-Konzert (Wq 43/2) von C.P.E Bach ist ein auch formal hochoriginelles, anspruchsvoll vorausweisendes Werk, die beiden etwas schlichter gebauten Konzerte von J.C. Bach sind offensichtliche, sehr hörenswerte MozartVorboten. Sehr erfreulich in der Musizierhaltung des Orchesters wie der Solistin ist die seltene Fähigkeit, nicht der primitiven Betonung der Taktschwerpunkte auf den Leim zu gehen. Feurig-kraftvolles und zugleich wendiges Spiel ist die Folge, und zumal in den langsamen Sätzen bezaubert Anastasia Injushina mit fein ziselierter Phrasierung. Substanzieller Höhepunkt ist letztlich J.S. Bachs E-Dur-Konzert. Prächtiges Klangbild! CS

„Bach. Keyboard Concertos“ Anastasia Injushina, Hamburger Camerata, Ralf Gothóni (Ondine)

Foto: Decca / Uwe Arens

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h ö r e n & s e h e n

Jubiläum

Alban Gerhardt

Foto:

Wie auf den Leib geschrieben Benjamin Britten wäre dieses Jahr 100 geworden – aus diesem Anlass legt der Berliner Cellist Alban Gerhardt eine Gesamtaufnahme aller Werke des Komponisten für Violoncello vor. Britten schrieb die drei Suiten, die Sonate für Cello und Klavier und die Symphonie für Cello und Orchester im Auftrag seines engen Freundes Mstislaw Rostropowitsch. Das Faszinierende an Gerhardts Aufnahme ist: Er spielt die Stücke (begleitet vom BBC Scottish Symphony Orchestra unter Andrew Manze bzw. von dem Pianisten Steven Osborne), als wären sie nicht Rostropowitsch, sondern ihm selbst auf den Leib geschrieben worden – heißblütig, mit vollem Einsatz. Und so, als wären sie in technischer Hinsicht kaum eine Herausforderung (was natürlich nicht der Fall ist!). Glanzpunkte auf der Doppel-CD gibt es viele; einer davon ist gleich das „Allegro maestoso“ aus der Cello-Symphonie, das den Hörer mit seiner Intensität sofort gefangen nimmt. JH

Benjamin Britten: „Cello Symphony. Cello Sonata & Cello Suites“ Alban Gerhardt, Steven Osborne, BBC Scottisch Symphony Orchestra, Andrew Manze (Hyperion)

Lied

Ruth Ziesak

Benjamin Britten

Diese Lieder sind gut!

Oper als Pazifismus

„Diese Lieder sind gut! O Gott, was habe ich getan!“ – nachdem Gustav Mahler ein paar Stunden bei Sigmund Freud auf der Couch verbracht hatte, nahm seine Ehe zu Alma Mahler eine überraschende Wendung. Nach jahrelangem Kompositionsverbot und zwanzigseitigen Briefen über ihre „eheweiblichen Pflichten“ („mich glücklich zu machen!“) konnte er ihr musikalisches Talent anerkennen und ihre Lieder schätzen. Alma ist schon in jungen Jahren musikalisch hochbegabt, scharfzüngig und wunderschön. Als Mittelpunkt und Femme fatale zahlreicher Gesellschaften im Wien der Jahrhundertwende verdreht sie einem Mann nach dem anderen den Kopf. Auf der langen Liste ihrer Verehrer stehen herausragende Persönlichkeiten des geistigen Lebens ihrer Zeit. Alexander Zemlins­k y widmet ihr hingerissen seine „Fünf Gesänge op. 7“. Alma ist begeistert, wird seine Kompositionsschülerin und Geliebte. Zwei Jahre später trifft sie Gustav Mahler, verliebt sich in seine Wunderhorn-Lieder und in ihn. Auf einer bemerkenswerten CD-Neuerscheinung erklingen nun neben ausgewählten Liedern von Gustav Mahler und Alexander Zemlinsky auch Lieder von Alma Mahler-Werfel, deren Tonsprache an frühe Lieder Alban Bergs erinnert. Die Sopranistin Ruth Ziesak singt mit innig-entrücktem Schmelz, Gerold Huber spielt mit weich-empfindsamem Klang. Diese zwei Musiker von Weltformat machen die Lieder als klingende Beziehungs- und Musikgeschichte zu einem Hörerlebnis! STÖ

Es gibt immer noch etwas zu entdecken bei Britten. Etwa seine pazifistische Fernsehoper „Owen Wingrave“. Ende der 60er-Jahre nach einer Gespenstergeschichte von Henry James geschrieben, ist auch sie eine typische Britten-Oper über einen Außenseiter. Der Titelheld verweigert sich der militärischen Tradition seiner Familie, wird verstoßen und endet schließlich unter mysteriösen Umständen im Tod. Die Neuverfilmung von 2001 in der einfallslosen Fernsehspielregie von Margaret Williams zeigt, warum sich die Fernsehoper als eigene Gattung nicht durchsetzen konnte. Nahezu alles ist hier wie ein britischer, graukühler Fernsehfilm, in dem die Schauspieler singen anstatt zu sprechen. Künstlerische Möglichkeiten, die sich aus dieser speziellen Konstellation ergeben könnten, werden nicht aufgegriffen. Doch das tat schon Britten kaum. Musikalisch ist das, mit dem geschliffenen Klang des DSO Berlin unter Kent Nagano, erstklassig umgesetzt. Aus dem hervorragenden Sängerensemble ragt Gerald Finley mit seinem eindringlichen Porträt des Owen heraus. US

„Lieder von Alma Mahler, Gustav Mahler und Alexander Zemlinsky“ Ruth Ziesak, Gerold Huber (Capriccio) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Hans und Grete“ von Gustav Mahler 36

Benjamin Britten: „Owen Wingrave“ Gerald Finley, Hilton Marlton, Josephine Barstow, Charlotte Hellekant, DSO Berlin, Kent Nagano (Arthaus)

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Dorothee Mields

Friede, Freude, Wonne

„Lasse uns hören Friede, Freude und Wonne“ – wünscht sich Johann Philipp Krieger (1649–1725) im Vorwort seiner Sammlung „Musicalischer Seelen-Friede“. Sie ist der einzige Druck von geistlicher Musik Kriegers überhaupt. Die meisten Handschriften des seinerzeit hochgeehrten Komponisten sind verschollen. Umso wertvoller ist die preisgekrönte Arbeit der Hamburger Ratsmusik unter der Leitung von Simone Eckert: das Neuentdecken und Wiederbeleben unbekannter Schätze der Alten Musik. Auf ihrer neuesten CD lassen sie zusammen mit der Sopranistin Dorothee Mields vier Solo-Kantaten, allesamt Weltersteinspielungen, und drei Triosonaten für Violine, Viola und Basso continuo von Krieger erklingen. Lyrische Legato-Passagen werden dabei genauso bezaubernd gemeistert wie die Koloratur-Feuerwerke in den virtuosen Schlüssen der Psalmvertonungen. Kriegers Wunsch wird mit diesem Hörerlebnis definitiv erfüllt! STÖ

Johann Philipp Krieger: „Musicalischer Seelen-Frieden“ Dorothee Mields, Hamburger Ratsmusik, Simone Eckert (Carus)

Kammermusik

Amici Chamber Ensemble

NUITS D’ÉTÉ Berlioz • Chausson • Ravel

STELLA DOUFEXIS DEUTSCHE STAATSPHILHARMONIE RHEINLAND-PFALZ KARL-HEINZ STEFFENS Stella Doufexis führt uns in die milde Dunkelheit ahnungsvoller Sommernächte, in denen man feiner hört als sieht. Über die abgetönten Orchesterfarben ergießt die Sängerin ihren warmen Mezzo und läßt so poetische Traumbilder erstehen.

Zauber der Levante

Dieses Levante-Konzeptalbum rund um die Trio-Besetzung für Klarinette, Cello und Klavier zählt zum idiomatisch Gelungensten und in seiner Vielfalt und Einheitlichkeit Mitreißendsten, was das „West-MeetsEast“-Genre hervorgebracht hat: Glasunows lyrisch schwebende Rêverie orientale, Prokofieffs Ouvertüre über hebräische Themen, Klavierminiaturen von Gurdjieff/de Hartmann, musikantisch fesselnde Klaviertrios der Armenierin Gayané Chebotaryan und des legendären Maestro der syrischen Musik Solhi Al-Wadi, die zündenden Balkan-Tänze des Serben Marko Tajcevic, Rabih Abou-Khalils kapriziös groovender Arabian Waltz und – als lateinamerikanische Zugabe mit Klezmer-Elementen – Osvaldo Golijovs Levante: eine fulminante Reise quer durch die Ursprünge unserer Musik. Alles mit Schwung und eminenter Verfeinerung ausmusiziert, und Pianist Serouj Kradjian setzt dem Ganzen die Krone auf mit drei Gurdjieff-Stücken, die unerhörten Zauber verströmen. CS

„Levant“ Amici Chamber Ensemble (Atma)

1 CD · 0300524BC

Alte Musik

NEUHEITEN BEI BERLIN CLASSICS 1 CD · 0300523BC

h ö r e n & s e h e n

POÈMES Claude Debussy

STELLA DOUFEXIS DANIEL HEIDE, KLAVIER Hier ist ein Debussy zu entdecken, der dem Lied eine ganz eigene Seite abgewinnen konnte. Er verstand es, dem Klavier Farben zu entlocken, die einem ganzen Orchester kaum nachstehen. Stella Doufexis lässt auch hier ihren klaren Gesang aus dem Klang der Sprache wachsen.

delian::quartett

Es sind weniger die einzelnen auf der CD enthaltenen Werke – Beethovens Quartett op. 18/1 oder das Quintett C-Dur op. 29 (mit dem GastBratscher Gérard Caussé) – eher die geschickte Dramaturgie. Dreh- und Angelpunkt der neuen CD des delian::quartetts nämlich ist die kleine „Fuge D-Dur op. 137“, die von dem frühen Quartett zum Quintett überleitet. Die wäre eigentlich eine wunderbare, überraschende und pointierte Zugabe für einen ambitionierten Beethoven-Kammerabend; diese zwei Minuten der CD sind ein echter Hinhörer. Auch der Rest ist lebendig interpretiert, gewitzt, klug in der Tempowahl. Wenn auch nicht immer ganz schlackenrein, der Adagio-Satz des Quartetts etwa enthüllt ganz feine Intonationsprobleme der Mittelstimmen. Die mögen der Grund sein, warum die Aufnahmebänder seit 2010 auf dem Tisch des Schneideraums lagen – heutige CD-Käufer sind eben doch recht perfektionsheischend, und dürfen es wohl auch sein, bei sage und schreibe über fünfhundert erhältlichen Aufnahmen der frühen Quartette des Meisters. MM

„Beethoven“ delian::quartett, Gérard Caussé (Oehms Classics) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio affettuoso ed appassionato“ aus dem „Streichquartett in F-Dur op. 18 Nr. 1“ von Ludwig van Beethoven 37

2 CD · 0300531BC

Blitzende Zugabenperle

BIBER: ROSENKRANZ-SONATEN Bell’arte Salzburg

ANNEGERET SIEDEL Nach akribischer Vorbereitung legt Annegret Siedel mit ihrem Ensemble Bell’arte Salzburg eine berührende Interpretation der Rosenkranz-Sonaten vor. Virtuos und mit großem Verständnis für die emotionale und geistliche Tiefe von Bibers Werk präsentiert die Barockexpertin die Sonaten auf neun verschiedenen Geigen aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Jetzt im Handel sowie als Download erhältlich. Weitere Informationen und den Katalog erhalten Sie bei: Edel Germany GmbH, Hamburg · Telefon (040) 89 08 53 13 www.edelclassics.de


h ö r e n & s e h e n

Vergessenes Pergolesi-Werk wiederaufgeführt

Hörenswerte Wiederentdeckung von angelika rahm

komischen Intermezzo zu r wurde nur 26 Jahre alt und verfassen, schrieb er „Il priüber sein kurzes Leben ist gionier superbo“ und „La erstaunlich wenig bekannt. Doch serva padrona“. Der Rest ist Giovanni Battista Pergolesi hinterMusikgeschichte. Denn das ließ zwei tiefe Spuren in der MusikPremierenpublikum bejugeschichte: Ihm verdanken wir das belte nur das Intermezzo so berühmteste „Stabat Mater“ aller entschieden, dass es an den Zeiten und das heiter-freche Interfolgenden Abenden als selbmezzo „La serva padrona“ (Die Magd ständiges Stück wiederholt als Herrin), das den Boden für die werden musste und sich rasch italienische opera buffa, die franzöüber ganz Italien und darüber sische opéra comique und ein klein hinaus verbreitete. Bereits 1739 wenig auch für das deutsche SingGiovanni Battista Pergolesi (1710 – 1736) wurde „La serva padrona“ in Graz, spiel bereitete. 1740 in München sowie Dresden aufAm 4. Januar 1710 wurde Pergolesi in dem Landstädtchen Jesi nahe Ancona in den italienischen geführt und entfachte 1752 in Paris den „Buffonistenstreit“, Marken geboren. Die Tatsache, dass er bereits mit 17 Monaten eine heftige Auseinandersetzung unter den Experten über die gefirmt wurde, lässt auf seine kränkliche Konstitution schließen, künftige Ausrichtung der französischen Oper. Zu diesem Zeitpunkt war Pergolesi schon lange tot. Im wahrscheinlich litt er bereits an Knochentuberkulose, die ihn zeit seines Lebens hinken ließ. Erkennbar musikalisch begabt, erhielt letzten Stadium der Tuberkulose hatte er sich in die heilsame der Knabe Gesangs- und Geigenunterricht, einige Jahre später Luft des Badeorts Puzzuoli bei Neapel begeben und im dortigen ermöglichte ein adeliger Mäzen seine Aufnahme in eines der vier Franziskanerkloster Aufnahme gefunden. Hier komponierte er Konservatorien von Neapel. Mit 21 Jahren trat er als Komponist an 1736 das „Stabat mater“, sein letztes Auftragswerk, mit religiösem die Öffentlichkeit, als im Sommer 1731 sein Oratorium „La conver- Inhalt und doch so weltlich klingend, so voller Empfindung, dass sione di San Guglielmo d’Aquitania“ erstmals aufgeführt wurde. Es sein musikalischer Zauber, vor allem der des Anfangsduetts, bis muss ein Erfolg gewesen sein, denn sofort kam der erste Opernauf- heute wirkt. Der Ruhm Pergolesis setzte mit seinem frühen Tod am trag – für das Teatro San Bartolomeo, Neapels bedeutendste Bühne. Geistliche Musik und Oper – Pergolesi widmete sich wäh- 16. März 1736 ein. Der gab Anlass zu sentimentaler Verklärung, rend der ihm noch verbleibenden, nur fünfjährigen Schaffensphase zum Geraune über Giftmord und zu einer Nachfrage seiner Werke, hauptsächlich diesen beiden Gattungen und genoss künstlerisches die das Angebot, also das relativ schmale Œuvre, weit überstieg. So Ansehen. Wobei er im Opernfach das große ernste Genre, die Opera wurde die Liste der Pergolesi vorsätzlich untergeschobenen oder seria, genauso beherrschte wie die musikalische Komödie. Und er irrtümlich zugeschriebenen Stücke länger als die seiner authentiunterschied sich von seinen Komponistenkollegen der neapolita- schen Kompositionen. Mit diesem Wissen begab sich der Musikwissenschaftler nischen Schule, weil er es besonders verstand, Gefühlsregungen in Töne umzuformen, musikalisch zu charakterisieren. Der herrschen- Reinhard Fehling auf die Spuren eines Werks, dessen Titel („Sepden Gleichförmigkeit setzte er unterschiedliche Tempi entgegen, tem verba a Christo in cruce moriente prolata“) und die Angabe wechselnde Temperamente, farbige Kontraste in Harmonik und der Urheberschaft Pergolesis seit mehr als hundert Jahren durch Melodik. Aufgefordert, 1733 für die Geburtstagsfeierlichkeiten der die Musikforschung geistern. Die von Giuseppe Radiciotti verfasste Königin eine Opera seria samt dem dazu gehörenden, zweiaktigen und von Antoine-E. Cherbuliez 1954 auf Deutsch herausgegebene 38

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René Jacobs spielte das wiederentdeckte Werk von Pergolesi ein.

Foto: Artiste

in der Zürcher Zentralbibliothek. Trotzdem unterblieb für lange Zeit eine Gegenüberstellung und Auswertung dieser drei Quellen. Erst 2009 trat eine neue Wendung ein, als Reinhard Fehling im niederösterreichischen Stift Kremsmünster ein unbekanntes, anonymes Stimmenkonvolut entdeckte. Ein wirklich sensationeller Fund, auf dessen Basis Fehling – vereinfacht gesagt – die jetzt vier Quellen zusammenführen und nach der Erkenntnis, dass alle Handschriften auf die im Prinzip gleiche Werkgestalt verweisen, auch eine Partitur erstellen und ihr letztlich die Urheberschaft Pergolesis zuordnen konnte. Der Schritt von der Theorie in die Praxis begann, als Reinhard Fehling die Partitur an René Jacobs sandte. Dieser entschied spontan: „Das muss ich machen!“ Beeindruckt von der Qualität und Originalität des Werkes dirigierte er im Juli 2012 beim Festival für Alte Musik im französischen Baune eine viel beachtete Aufführung der Wiederentdeckung. Danach traf sich dieselbe Besetzung im Studio zur Weltersteinspielung, die jetzt veröffentlicht wurde. Und so darf man staunend entdecken: Pergolesis „Septem verba“ bilden einen Zyklus von sieben Kantaten. Jede enthält eines der sogenannten „Sieben letzten Worte“ Christi am Kreuz aus den vier Evangelien des Neuen Testaments, in der Art eines Oratoriums- oder Opernlibrettos textlich umgeschrieben und auf zwei Da-capo-Arien mit Rezitativen verteilt. Die jeweils erste Arie wird von Christus gesungen, mit der zweiten antwortet die ihm andächtig zuhörende „Anima“ (gläubige Seele). In dieser Form, nicht als Drama sondern als lehrhaftes Oratorium, war das Werk wohl für eine außerliturgische Andacht am Karfreitag bestimmt, mit Predigten bzw. meditativen Betrachtungen zwischen den sieben Teilen. Die ungewöhnliche Instrumentierung, eine reizvolle Harmonik sowie die geradezu opernhafte Behandlung der Arien verleihen dem Werk einen enormen Ausdruck, eine suggestive Kraft. René Jacobs gelingt es virtuos, zusammen mit dem hochkarätigen Sängerquartett und der sensibel agierenden Akademie für Alte Musik Berlin, dem außerordentlichen dramatischen Instinkt des Komponisten gerecht zu werden, dem komponierten Schmerz über die Passion Christi einen leidenschaftlich bewegten Ausdruck zu verleihen und das Werk wirklich überzeugend vorzustellen. n

Das Kremsmünstermanuskript (Faksimile-Ausschnitt der Christus-Partie im Verbum VII)

Pergolesi-Monographie erwähnt diese Spuren: Eine 1882 in der Bayerischen Staatsbibliothek katalogisierte und für echt befundene, unvollständige Abschrift von Teilen der Partitur, ferner die 1936 veröffentlichte Stilanalyse einer im Benediktinerkloster Metten aufgetauchten vollständigen Stimmenabschrift und zuletzt 12 Stimmhefte nebst einem – für eine Aufführung in Zürich im März 1770 entstandenem – Textbuch in lateinischer und deutscher Sprache

G. B. Pergolesi: "Septem verba a Christo" S. Karthäuser, C. Dumaux, J. Behr, K. Wolff, Akademie für Alte Musik Berlin, René Jacobs Track 2 auf der crescendo Abo-CD: „Quid ultra peto vivere“ von Pergolesi 39


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Jazz Madeleine Peyroux

Foto: Rocky Schenck.com

Viel Vertrautes

„The Blue Room” Madeleine Peyroux (Emarcy)

Der Trend zum gepflegten Western-Swing im amerikanischen Vocal-Jazz mag im alten Europa befremdlich und reaktionär wirken. Nach Norah Jones und Kurt Elling, um nur zwei der populärsten Country-Jazzer der Neuzeit zu nennen, wildert jetzt auch Madeleine Peyroux im Songbook der Grand Ole Opry. Vorbild war der ehemaligen Straßenmusikerin mit dem unheimlichen Billie-Holiday-Timbre dabei kein Geringerer als Ray Charles. Der hatte 1962 mit dem Album „Modern Sounds in Country And Western Music“ ungeahnte Erfolge gefeiert: Es gilt als eines der erfolgreichsten Alben eines schwarzen Musikers seiner Zeit und taucht noch heute regelmäßig in Bestenlisten auf. Neben neuen Versionen aus der Vorlage, etwa „Bye Bye Love“ oder „Born To Lose“, finden sich hier allerdings auch modernere Kompositionen. Besonders Leonard Cohens „Bird On A Wire“, knapp vor kitschig mit einem herrlichen Streicherarrangement von Vince Mendoza, rettet „The Blue Room“ vor dem Plagiatsvorwurf. Nicht Neues, aber viel Vertrautes. GB

China Moses

Markus Stockhausen

Aufgeraute Klassiker

Angenehme Überwältigung

„Der Blues ist nichts außer einer guten Frau auf Abwegen“, könnte man die Weisheit eines alten Standards des Genres übersetzen. China Moses, in Frankreich aufgewachsene Tochter amerikanischer Eltern, macht sich das zum Motto. Auf „Crazy Blues“ zelebriert die Anfang-Dreißig-Jährige, die mindestens so viel Hip Hop und Soul wie Jazz im Blut hat, vokale Vorbilder von Ma Rainey über Nina Simone bis Dinah Washington. Mit dem Pianisten Raphael Lemonnier an ihrer Seite und einer swingenden Horn-Section im Rücken reibt, raut und ruft sie Klassiker auf – von „Why Don’t You Do Right“ bis zum „Work Song“. In Duetten mit Sly Johnson oder Hugh Coltman entfaltet sie ihre schauspielerische Ader, in ruhigen Momenten, etwa „You’re Crying“, kompensiert sie ihre Nervosität mit „Over-acting“. Aber ausgerechnet ihre eher straighte Swing-Version von „Hot Stuff“, in ihrem Geburtsjahr 1980 ein internationaler Diskothekenhit, beweist, dass China Moses mehr ist als ein stimmgewaltiges Energiebündel – die launige Version liefert das Idealmaß aus Ungezügeltheit und Stimmkontrolle. Und wenn man es weiß und genau hinhört, klingt immer auch die Mutter durch: China Moses ist die Tochter von Jazz-Diva Dee Dee Bridgewater. GB

Man könnte hier tief in die Vergleichskiste greifen und einen Rundumschlag von klassischer Romantik über Claus Ogerman, Dave Grusin oder Gil Evans bis zu den Großen der Filmmusik starten. Das würde niemandem gerecht werden. Aber warum auch? Die Macht dieser Musik, eingespielt mit einem der besten modernen Orchester der Welt bei einem Konzert im Muziekgebouw im Sommer 2011, nimmt einen auch in Beschlag, wenn man nie zuvor etwas Ähnliches oder immer nur völlig anderes gehört hätte. Es gibt Schwachstellen, etwa ein altbackenes E-Gitarren-Solo oder die Momente in „Tanzendes Licht“, an denen sich die Streicher und der Solist wohl nicht auf eine Tonart einigen können. Aber vor allem malt Markus Stockhausen als Trompeter und mit diesen vier Kompositionen große Klangbilder, die eher überraschen und angenehm überwältigen, als dass sie überfordern. Und manchmal, nicht zuletzt in der Zugabe „Felice“ groovt das Ganze auf wunderbar entspannte Art und Weise – dass dabei Bilder vor dem geistigen Auge entstehen, macht diese gute Stunde noch längst nicht zu einem Soundtrack. Das ist ein Kompliment. GB

“Crazy Blues”. China Moses, Raphael Lemonnier (Emarcy)

“Markus Stockhausen And The Metropole Orkest”. Markus Stockhausen, The Metropole Orkest, Jules Buckley (Intuition)


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Neue Welten

Neuheiten,

Der englische Komponist John Pickard

die begeistern

Hinreißend lebensbejahend

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John Pickard

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John Pickard, 1963 in East Lancashire geboren, ist einer der interessantesten, mitreißendsten und substanziellsten Komponisten unserer Zeit. Und er ist Herausgeber der Elgar-Gesamtausgabe, Kompositionsprofessor in Bristol, herausragender Schöpfer zeitgenössischer Brassband-Musik und einer der überragenden Fortsetzer der großen symphonischen Tradition. Neben vier Sinfonien und fünf Streichquartetten zählen zu seinen Hauptwerken das Oratorium „Agamemnons Grab“ sowie eine Vielzahl fesselnder Orchester- und Kammermusikwerke. Pickard ist nicht nur ein phänomenaler Handwerker, dessen Orchester so vollendet klingt wie etwa dasjenige eines Gustav Mahler oder Alban Berg. Er ist ein Meister der erweiterten Tonalität, und er hat erkannt, dass erlebbare tonale Bezüge das beste Mittel sind, um große zusammenhängende musikalische Bögen zu errichten. Seine klare motivisch-thematische Arbeit gibt dem Hörer suggestive Orientierung im dramatischen Kontext, und der klangliche Effekt, den er in vielseitigst frappierender Weise zu handhaben versteht, dient dem unmittelbar erfahrbaren musikalischen Zusammenhang. Nun sind zwei neue CDs mit Pickards Musik erschienen. Das britische RaritätenLabel Toccata Classics stellt eine Zusammenschau seiner Kammermusik (von Trio bis Solo) aus den Jahren 1990 – 2010 vor. Und das schwedi-

sche Label BIS präsentiert im Rahmen einer groß angelegten Edition seiner Orchestermusik als Folge 2 „Sea-Change“ (1989) das prachtvolle, großräumig sich entfaltende, kontrastreiche und für Solist und Orchester äußerst dankbare Klavierkonzert (2000) sowie die vor allem die dunklen Register des Orchesters fulminant auslotende und den Hörer durch heftig aufbrodelnde Abgründe führende Tondichtung „Tenebrae“ (2008– 09). Kammermusikalisches Pendant zu „Tenebrae“ ist das dunkel glühende Trio für Bassklarinette, Cello und Klavier von 2010. Frenetisch aufgipfelnde, treibende Rhythmen und komplexe Entladungen kraftvoll sich entfaltender kontrapunktischer Strukturen stehen in Pickards Schaffen neben tief berührenden Gebilden großer Einfachheit, wie wir sie beispielsweise in der Sonate für Violine und Klavier von 2004 finden. Das Ausdrucksspektrum dieser Musik ist unerschöpflich weit, doch der untrügliche Formsinn Pickards bürgt stets für dramatische Kohärenz. Das ist niemals eine modisch statische, sondern immer eine lebensvolle, dynamische, unvorhersehbare und dabei organisch folgerichtige Zugangsweise. Es ist Musik auf der Höhe der Zeit, authentisch und persönlich, und es ist vor allem – ohne je in Gemeinplätze zu versinken – hinreißend lebensbejahende Musik für alle. n

Christoph Schlüren

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Ballett der Mailänder Scala

Foto: Lelli & Masotti, Archivio Fotografico Teatro Alla Scala

Apotheose des romantischen Balletts „Giselle“ (1841) von Jean Coralli und Jules Perrot hat kaum noch zählbare Nachschöpfungen erfahren. Aber selten wurde dem romantischen Geist dieses Balletts so exquisit nachgespürt wie in Patrice Barts Version 1996 für die Mailänder Scala: Solovariationen und Ensemble-Choreographie sind von interessant-komplexer Schritteleganz. Und das tödlich endende Drama des von dem jungen Adligen Albrecht in der Liebe getäuschten Winzermädchens (Libretto: Jules-Henri Vernoy de Saint Georges/Théophile Gauthier) ist in jeder Geste subtilst inszeniert. Ein kleines Ballettwunder: Dirigent Paul Conelly lässt mit viel Feingefühl Adolphe Adams Partitur in allen ihren Stimmungen aufblühen. Da kann das Wilis-Corps im weißen Akt gar nicht anders, als jenseitig in der Musik zu schweben. Und im Atem der Musik vereint sind Star-Ballerina Alessandra Ferri, eine aus verletztem, aber liebend verzeihendem Herzen tief berührende Giselle, und der wunderbare „danseur noble“ Massimo Murro als Albrecht. Hier gilt wieder: „Giselle“ – die Apotheose des romantischen Balletts. GRA

Adolphe Adam: „Giselle“ (Arthaus Musik)

Tanz Igor Moiseyev

Heinz Spoerli

Mit Lineal und Zirkel

Spirituell? Lebensfroh!

Gigantisch – dieses 2011 in Paris aufgenommene Gastspiel des Igor Moisejev Ballett. Das 1937 von Moiseyev (1906–2007) mit 30 Laienkünstlern gegründete Volkstanzensemble – das erste der UdSSR – entwickelte sich bald zu einer hochprofessionellen Truppe von heute 70 Tänzern. Und Moiseyevs Erbe: seine auf ethnischen Tänzen basierenden Choreographien wie auch sein hoher tanztechnischer Anspruch – er war selbst noch bis 1939 Mitglied des Moskauer Bolschoi-Balletts – werden weiterhin sorgsam gepflegt. Seine Ernte-, Kriegs- und Gesellschafts­tänze aus Russland, der Ukraine, Moldawien, Spanien und Argentinien rauschen in trachtig bunten Kostümen über die Bühne: anmutig in der Allüre, virtuos in den knietiefen und fußschnellen Charakterschritten. Die oft von oben gefilmten getrippelten Reihen und Kreise scheinen geradezu mit Lineal und Zirkel gezogen. Eine Show, die, Lichtdesign und Live-Musik inklusive, für das Genre Volkstanz vielleicht schon eine Spur zu perfekt ist. GRA

Bach und Ballett – in diese reiche Tradition reihte sich auch 2009 Heinz Spoerli mit seinem „Magnificat“ für das Züricher Ballett ein, das er zwischen 1996 und 2012 zum helvetischen Aushängeschild machte. Wie bei Bach-Werken fast zwingend, folgt er assoziativ den Stimmungen der Musiken, von der zarten Allemande aus der a-Moll-Flötenpartita bis zum abschließenden „Magnificat“. Ob man sich bei seinen Pas de deux und Pas de trois spirituell angesprochen fühlt, sei es bei Marias Lobpreisung Gottes, bei der Violin-Sonate Nr. 1, den zwei Arien aus den Kantaten „Wo soll ich fliehen hin“ und „Ich habe genug“, das hängt wohl von der individuellen Einstellung des Betrachters ab. Sicher ist, dass man den „Tanzmacher“ Spoerli, wie er sich selbst bescheiden nennt, im Brandenburgischen Konzert Nr. 3 ganz in seinem Element erlebt. Und atemberaubend, wie seine Tänzer in dieser räumlich komplexen, dabei rasenden Choreographie über die Bühne fliegen: technisch geschliffen, uhrwerkspräzise – die pure Lebensfreude. GRA

“Igor Moiseyev Ballet live in Paris“ (BelAir classiques)

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Johann Sebastian Bach / Heinz Spoerli „Magnificat“ (BelAir classiques)

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März / April / Mai 2013


»Ich lese crescendo« Elisabeth Kulman, Mezzosopranistin

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Bücher Enrik Lauer, Regine Müller

Foto: Franz Hanfstaengl; fotolia.com

Wie man zum Wagnerianer wird

Peter Wapnewski

Dieses Buch eignet sich perfekt für alle, die im Wagnerjahr in den langen „Ring“-Pausen im Pausengespräch glänzen wollen. In zehn Lektionen führen die Autoren Anfänger und Fortgeschrittene mit kleinen Anekdoten, unterhaltsamen und informativen Geschichten rund um Richard Wagner in dessen Imperium und Werk ein. Und es räumt so nebenbei mit einigen Mythen auf. Denn hier wird enthüllt: Ludwig II. hatte gar kein Schwanenboot! Ätsch. Seine Liebe für Schwäne hatte er lange vor der Oper „Lohengrin“ entdeckt, und rüber nach Herrenchiemsee fuhr er – ganz unspektakulär – mit einem modernen Dampfschiff. Ansonsten geht᾿s um Wagner und das liebe Geld, Wagner und die Psychoanalyse, Wagner und die Frauen und um die Wagnersche Nachlassverwaltung durch Ehefrau Cosima. Das Beste: Das Buch eignet sich auch hervorragend für diejenigen, die mit Wagner so gar nichts anfangen können, denn hier wird endlich einmal erklärt, warum „da capo“ bei Wagner einfach so gar keinen Sinn macht. Deswegen: Kaufen Sie dieses Buch. Und dann: lesen, lachen, lieben! AN

„Der kleine Wagnerianer. Zehn Lektionen für Anfänger und Fortgeschrittene“, Enrik Lauer, Regina Müller (C.H.Beck) Sabine Henze-Döhring

Wissen- und Leidenschaft

Verdis Opern im Taschenformat

Diese CD-Box ist kein Opernführer, vielmehr ein inspirierender Opernbesuch in Begleitung eines bedeutenden „Wagnerianers“: Szene für Szene führt Peter Wapnewsi durch die legendäre, von Wilhelm Furtwängler 1952 eingespielte, klangrestaurierte Gesamtaufnahme von „Tristan und Isolde“. Dass dabei Musik und Kommentar so eng verzahnt sind – da unterbricht der Autor schon mal die Szene, etwa für die Erläuterung von Liebestrank oder Tristanakkord –, verleiht der Produktion ihre besondere Qualität, ihre Lebendigkeit. Unaufgeregt, mit großer Klarheit, anspruchsvoll aber nie langweilig analysierte der kürzlich verstorbene, renommierte Germanistikprofessor Entstehungsgeschichte, Handlung und Form, Sprache und Musik der „intimsten, introvertiertesten, privatesten aller Wagner-Tragödien“ und bewies zudem, dass sich bei der Betrachtung eines Werkes Wissenschaft und Leidenschaft nicht ausschließen müssen. AR

Eigentlich kann man sich in diesem opulenten Jubiäumsjahr vor Wagner- und Verdi-Biografiebänden ja sowieso kaum retten und deswegen fällt bei den ganzen Neuerscheinungen die Auswahl der wirklich gut und verständlich geschriebenen Werke gar nicht so leicht. Wer vor den 300-seitigen Schmökern zurückschreckt, die eher ein Schmankerl fürs gut ausgestattete Bücherregal sind, der greift in diesem Jahr mehr denn je zur Wissensreihe des Münchner Verlags C.H.Beck. Im handlichen DIN-A5-Format kommen diese Büchlein daher und passen somit auch perfekt in jede kleine Handtasche (falls man kurz vor Opernbeginn einen Handlungsstrang nochmals nachlesen möchte). Das neueste Buch dieser Reihe ist „Verdis Opern“, ein musikalischer Werkführer, in dem sich nicht nur inhaltliche Aspekte finden, sondern in dem Autorin und Musikwissenschafts-Professorin Sabine Henze-Döhring die Opern des Italieners in einen großen Kontext stellt und in sein Gesamtwerk einordnet. Das Buch sei angeregt durch Besuche von Verdi-Opern überall dort, wo man gute VerdiInszenierungen sehen kann, heißt es im Vorwort, und so will die Autorin ihren Lesern Lust machen, sich Verdi im Verdi-Jahr auf der großen Bühne anzuschauen. Zugegeben: Besonders den Mund wässrig macht dieses Büchlein nicht, aber es hilft, anschaulich und verständlich geschrieben, Verdis Werke im großen Kontext zu verstehen. CN

Richard Wagner: „Tristan und Isolde. Kommentiert von Peter Wapnewski“ (Der Hörverlag)

„Verdis Opern. Ein musikalischer Werkführer“ Sabine Henze-Döhring (C.H.Beck) 44

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Film Dokumentation

Historie, nicht Oper Was zunächst wie der Film über die legendäre Kroll Oper in Berlin daherkommt, entpuppt sich schnell als Geschichtsstunde. Kulturgeschichtlich geleitet blättert Jörg Moser-Metius nüchtern und sachlich in seiner 1990 entstandenen Filmdokumentation die Historie eines Ortes auf. Im Mittelpunkt steht die 1844 erbaute Kroll Oper und ihre Geschichte als Vergnügungsetablissement, Opernhaus und Ersatzort für den 1933 gegenüber abgebrannten Reichstag. Johann Strauß und Sousa, Mahler und Zemlinsky, Klemperer und Strawinsky erstehen mal mehr, mal weniger gelungen aus alten Dokumenten. Die Musik bleibt jedoch Beiwerk, man erfährt nicht mal die Titel oder Interpreten. Was man hingegen erfährt, ist die Historie eines Platzes, an dem viele architektonische Pläne als Ausdruck deutschen Selbstverständnisses gemacht und nur wenige davon umgesetzt wurden. Der Film, 23 Jahre alt, ist inzwischen selbst Dokument einer vergangenen Zeit. Er ist Ausdruck eines reflexiven und retrospektiven Geschichtsblicks der Berliner Monate nach der Wende. US

„Die Berliner Kroll Oper. Die deutsche Mitte“ Jörg Moser-Metius (Euroarts)

Terence Stamp, Vanessa Redgrave, Gemma Arterton

Glaubwürdig grimmig gespielt kranke Marion (Vanessa Redgrave). Bei den Proben für einen Chorwettbewerb bricht Marion zusammen. Nach ihrem Tod soll ihr Mann Arthur (das Highlight des Films: der glaubwürdig grimmig spielende Terence Stamp) für sie im Chor einspringen und zu Ehren seiner Frau das Solo im Wettbewerb übernehmen. Ein Film über die heilende Kraft der Musik, über Familie und das Älterwerden. Kein Meisterwerk, aber ein netter, kurzweiliger Musikfilm für einen Kino­abend im Frühling. CN.

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„Song for Marion“ Terence Stamp, Vanessa Redgrave, Gemma Arterton, Paul Andrew Williams (Regie), deutschlandweit im Kino

Foto: Ascot Elite Filmverl

Passend zu unserem Lebensart-Special „Wohnen im Alter“ in dieser Ausgabe empfehlen wir neben Dustin Hoffmanns „Quartett“ erneut einen Film, der sich mit dem Thema Älterwerden und Musik auseinandersetzt. Typisch britisch geht diese Tragik-Komödie allerdings mit einer großen Portion (ab und an auch dunklem) Humor mit diesem Thema um. Die junge Lehrerin Elizabeth (Gemma Arterton) leitet einen Seniorenchor, den sie spontan „Die Rentna“ (mit a am Ende, weil es „cooler klingt“) getauft hat und mit dem sie sich an durchaus untypisches Repertoire wagt (beispielsweise „Let‘s talk about sex“). In diesem Chor singt auch die krebs-

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A k u s t i k

High-End-Träume Viele kleine, aber auch große Hersteller haben sich dem Streben nach maximaler Qualität verschrieben. Ihre High-End-Produkte zeigen, wie schön und hochwertig Audio-Technik sein kann, wenn allein Techniker und Designer das Sagen haben – und die Kosten ausnahmsweise einmal keine Rolle spielen. Träumen muss schließlich erlaubt sein.

Röhren-Vollverstärker

Alte Schule

Octave V110 Preis: 5900 Euro Wahlweise in schwarzem oder silberfarbenem AluminiumGehäuse erhältlich. www.octave.de

Octave Audio aus dem badischen Karlstadt entwickelt und baut seit mehr als 20 Jahren Röhrenverstärker. Der Vollverstärker Octave V 110 verfügt über fünf Cinch-Hochpegeleingänge, einen XLR-Eingang und eine Ausgangsleistung von 2 x 110 Watt. Dank einer einstellbaren Ruhestrom-Regulierung kann jede der vier Endröhren klanglich exakt justiert werden. Schutzvorrichtungen verhindern, dass Fehlbedienungen oder der Ausfall einer Röhre Schaden anrichten können.

Plattenspieler

Kampfklasse Schwergewicht Die britische Hifi-Manufaktur Avidhifi ist in Kimbolton nordwestlich von Cambridge beheimatet und genießt einen guten Ruf als Hersteller von High-End-Plattenspielern. Der Sequel SP basiert auf dem erfolgreichen Vorgängermodell Volvere und reduziert Vibrationen durch einen Doppelriemenantrieb, den feinkalibrierten Motor, spezielle Lager und sein Gewicht: Der Plattenspieler wiegt 12,3 Kilo ohne das externe Netzteil. AVIDHIFI Sequel SP, Preis: 6.890 Euro High-End-Plattenspieler mit externem Netzteil, das folglich auch nicht die Präzision des Laufwerks stört. www.avidaudio.co.uk.de

Standlautsprecher

Bewährte Haudegen Die mehrfach prämierte Lautsprecher der britischen AudioSchmiede KEF sind schon eine Weile auf dem Markt und haben sich in vielen Tests bewährt. Sie sind für eine Verstärkerleistung von 50 bis 300 Watt ausgelegt. Das Gehäuse aus Schicht und Birkensperrholz verhindert Vibrationen, Versteifungen und Dämpfungen neutralisieren alle Auswirkungen des Korpus auf die Akustik. Dank einer speziellen Technologie namens Uni-Q eignen sich die Lautsprecher besonders gut für räumliche Klangbilder. KEF Reference 205/2, Paar-Preis: 10.000 Euro Die Standlautsprecher werden in sieben verschiedenen Echtholzfurnieren angeboten (Bild: Hochglanz Schwarz). www.kef.com/html/de

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Elektrostat-Lautsprecher

Schmuck für die Wand Elektrostatische Lautsprecher benötigen keinen Resonanzraum und können so sehr dünn gebaut werden. Perfekt fürs Auge und das Wohndesign. Dafür müssen gewisse Nachteile in Kauf genommen werden, wie unter anderem eine recht schmale Klang­ abstrahlung. Diese jedoch konnte der Hersteller nach eigenen Angaben durch eine neue Schaltung deutlich erweitern und somit verbessern. Die Lautsprecher decken den gesamten Frequenzbereich ab – ein Subwoofer wird nicht benötigt.

Standlautsprecher

Schwarzer Schwan Virgin Audio Exlusiv P3.1 Paar-Preis: 8.000 Euro Erhältlich in Rot, Blau und Silber, weitere Farben auf Anfrage. www.audioexklusiv.de

Hornlautprecher

Göttlicher Schutz

Als „The Black Swan“ tituliert Dynaudio selbst seine nicht nur akustisch, sondern auch optisch beeindruckenden Lautsprecher-Monumente. Eine Technologie namens „Dynaudio Directivity Control“ soll die Schallreflexionen im Raum reduzieren. Allein vier Tieftöner bemühen sich um eine nuancierte Basswiedergabe. Die Lautsprecher wurden 2012 auf der High End in München vorgestellt, und nach sehr guten Kritiken begann Ende 2012 die Produktion. Dynaudio Evidence Platinum Paar-Preis: 64.500,- Euro Erhältlich in mehreren Hochglanzlacken wie u.a. Schwarz, Bordeaux und Mocca. www.dynaudio.de

Apollo galt in der griechischen Mythologie als Gott und Beschützer der musischen Künste. Und auch die Duisburger Manufaktur Acapella will den Klang vor einer Verfremdung durch die technische Wiedergabe bewahren – zum Beispiel dank dieser neuen, hangefertigten Lautsprecher mit markantem, 78 cm großen Horn. Zusätzlich erhöhen sechs 10-Zoll-Tieftöner den Schalldruck. So etwas hat natürlich seinen Preis.

Arcam Solo Mini Preis: ca. 1000 Euro High-End bedeutet: Das System verfügt über TopTechnologien größerer Geräte. www.arcam.de

Kompaktsystem

All in One Acapella Apollon, Paar-Preis: 102.000 Euro Wahlweise erhältlich in schwarzen oder weißem Acryl-Korpus. www.acapella.de

Kann ein kompaktes Komplettsystem High End sein? Es kann – in den Grenzen, die die Bauart vorgibt. Dies beweist die britische Firma Arcam, die vor bald 40 Jahren von Wissenschafts- und Technikstudenten in Cambridge gegründet wurde. Das Gehäuse des Solo Mini beherbergt einen CD-Receiver mit DAB/UKW-Tuner und einem 2 x 25Watt-Verstärker. Auch eine Uhr mit Weckfunktion, eine integrierte iPod-Steuerung, ein USB-Anschluss und natürlich eine Fernbedienung gehören zum System. Ein Pod-Dock ist als Zubehör erhältlich.

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r e s o n a n z

Rätsel des klassischen alltags Was verbirgt sich hinter diesem Text? Da steht er nun also – und wartet. Mal wieder, der Arme. Gut okay, manchmal sitzt er auch einfach so da. So wie alle anderen, fast ganz normal könnte man meinen, auf einem Stuhl – und wartet. Immer noch. Denn egal, ob stehend oder sitzend: Er wartet. Mal wartet er nur einige Takte und mal mehrere Minuten lang. Manchmal muss er aber auch ganze Sätze ausharren. Geduld, Geduld – das ist seine Tugend und sein Schicksal. Er könnte sich auch hinlegen und ein Schläfchen halten, genug Zeit hätte er zumindest dafür. Doch er wartet ab, hellwach und konzentriert. Wie ein Raubtier auf der Lauer. Denn irgendwann kommt er, der richtige Zeitpunkt. Und dann schlägt er zu. Kraftvoll, schnell, präzise und vor allem mitten rein. Der Ton sitzt – wie der Prankenhieb eines Tigers. Und pünktlich kommt er auch noch. Manche sagen, er sei nicht musikalisch, habe keinen Sinn für schöne Melodien. Könne ja nicht einmal die Noten richtig lesen. Ach, alles Neider! Mit seinen Schlägen wird es erst so richtig feierlich und erhaben. Ja, man könnte sagen: glamourös. Und dafür muss er nicht einmal in der ersten Reihe sitzen. Zugegeben, sein großer Auftritt kommt oft erst dann, wenn sich ohnehin schon alles dem Ende zuneigt. Aber dann schlägt seine Stunde. Dann legt er ein Finale hin! Aber so was

von einem Finale. Grandissimo! Furioso! Die Floskel „Hau rein“ bekommt hier eine ganz neue, bildliche Bedeutung. Doch Vorsicht. Auch dieser elegante Lauerjäger hat einen Feind: die Generalpause! Dieses fiese, hinterhältige Stück absoluter Ruhe. Mit einem Schlag kann hier alles versaut sein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wer zu spät kommt, den bestraft schon das Leben. Aber es geht ja noch tragischer! Denn manchmal straft es denjenigen noch viel mehr, der zu früh kommt. Er muss also an sich halten können, den richtigen Zeitpunkt abwarten. Dafür braucht es schon ziemlich abgebrühte und nervenstarke Typen. Ja, und Typinnen. So viel Zeit zum Gendern muss schon sein. Wobei es nach wie vor doch eher eine Männerdomäne ist. Und es ist nichts für Herdentiere. Ein Exemplar sagte einmal: Wer oft allein ist, wird automatisch zur Minderheit. Und eine größere Minderheit, als allein zu sein, gibt es wohl kaum. Doch wenn dieser eine fehlt oder gar einen Fehler macht, fällt es umso mehr auf, ist es umso entscheidender. Bei einigen Gelegenheiten bildet der Lauerjäger dennoch eine kleine Herde. Dann darf gemeinschaftlich zuschlagen werden. Zum Beispiel bei Berlioz oder Wagner. In diesem Sinne: Hau rein!

rätsel lösen – und „The Ballet Classics“ gewinnen Wenn ­Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­ Redaktion, Senefelderstraße 14, 80336 München oder per E-Mail an redaktion@crescendo.de. Unter allen richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die Arthaus-DVD-Box „Opéra National de Paris – The Ballet Classics“. Einsendeschluss: 2 ­ 0. April 2013. Viel Glück! Der Gewinner unseres letzten Alltagsrätsels ist Dr. Andreas Ertle aus Zell. Die richtige Lösung waren die „Blechbläser“.

facebook-REAKTIONEN Nach dem Launch unserer facebook-Seite kommentieren Leser auch über diesen Kanal Betreff: „Quartett“-Film von Dustin Hoffman Hab ihn heute gesehen, ist ein hübsch gemachter Film. Allerdings mehr eine nette Vision statt einem realistischen „Wohnen im Alter“-Konzept. Wäre ja zu schön, wenn es nur eines Stocks und Treppenlifts bedürfte, um so viele betagte Menschen würdig zu versorgen. Außerdem ist das erzwungene Zusammenleben für viele (und bereits in jüngeren Jahren) schwer zu ertragen, erst recht wohl für Künstler, die häufig einen äußerst individuellen Lebensstil pflegten, solange sie beruflich aktiv waren. Der Film macht daraus amüsantes Geplänkel und harmlos wirkende Kabbeleien. Ich krieg schon beim Anblick der Frühstückstischanordnung Dichtestress ... Gudrun Melsbach-Kiefer auf facebook

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Betreff: Interview mit Nils Mönkemeyer

Betreff: Elisabeth Kulman

... auch weiß nicht jeder, dass Nils Mönkemeyer ein sensibler Orchestermusiker und hervorragender Vom-Blatt-Spieler ist. Seine Angst, sich zu verzählen war vollkommen unbegründet. Vielleicht war diese letztlich aber auch Motivation für seine Solistenkarriere. Der Wiener Elisabeth-Kulman-Fanclub (auch bekannt unter dem Kürzel KFK) ­genoss die Ausgabe mit einem Glas Rotwein. Via Elisabeth Kulmans facebook-Seite

Götz Engelhardt (selbst Orchester-Bratscher) an der crescendo-Pinnwand Diskutieren Sie auf Facebook mit: www.facebook.com/crescendomagazin

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gesellschaft •

Alles für die Musik: Wie hochmusikalische Familien ticken (Seite 50) Hausbesuch bei Bogenbauer Benoît Rolland (Seite 56) Neue Serie: Woher kommt eigentlich ...? (Seite 59)

Anzahl der Profi-Musiker, die aus der Bach-Dynastie hervorgegangen sind

77 Klassik in Zahlen

Überlieferte Kompositionen der Bach-Familie (Johann Sebastian und die drei bekanntesten Söhne)*

2.245 * nach gängigen Werkverzeichnissen. Aufgrund der schwierigen Quellenlage besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Foto: ebraxas/Fotolia.com

davon Johann Sebastian…………………………… 1.128 davon Wilhelm Friedemann…………………………106 davon Carl Philipp Emanuel…………………………875 davon Johann Christian………………………………136

Quelle: Bach-Archiv Leipzig

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Foto: Marco Borggreve

g e s e l l s c h a f t

Musiker-Schwestern Baiba und Lauma Skride

Alles für die Musik Wenn alle Kinder musizieren sollen, ist das eine Herausforderung für die gesamte Familie. v o n D a g ma r

A

ndere Eltern würden zum Lärmschutz-Kopfhörer greifen, Gabriele Stepp hingegen schneidet Brot und lächelt, während sich die lauten Klangwolken um sie ballen. Aus den Räumen rund um die Wohnküche strömt Musik von Bach, Schubert und Schumann. Gleichzeitig. Vier ihrer Kinder üben. Klavier, Geige, Cello. Sie sind bereits Jungstudenten oder studieren an namhaften Musikhochschulen, sie haben Preise gesammelt wie andere Kinder PaniniBilder. Wer das erreichen möchte, braucht Eltern, die mitfiebern, die helfen. So wie Gabriele Stepp. Seit bald zwei Jahrzehnten unterstützt die Stuttgarterin ihre insgesamt sechs musikalisch hochbegabten Kinder dabei, ihr Talent zu entfalten: Früher ist sie mit in den Unterricht gekommen, hat alle Hinweise der Lehrer notiert und akribisch mit ihren Kindern zu Hause durchgearbeitet. Jeden Tag. Jahr um Jahr. Heute reist die zierliche Frau gern mit zu Konzerten und Wettbewerben. „Es ist ein Geschenk“, sagt Gabriele Stepp und streicht sich durch die langen, glatten Haare, die ihr schmales Gesicht umfließen. Musikalische Hochbegabung ist schön, macht aber viel Arbeit. Nicht nur die Kinder brauchen einen langen Atem, auch die Eltern. 50

Penzlin

Ihr Engagement und Rückhalt entscheiden mit, ob der Nachwuchs sein Potenzial in Spitzenleistungen verwandeln wird. Die Begabungsforschung belegt das. „Musik hat in diesen Familien einen hohen Wert“, erzählt die Musikpsychologin Franziska Olbertz, die für ihre Doktorarbeit musikalisch Hochbegabte und ihre Familien analysiert hat. „Da ist es selbstverständlich, dass man stundenlang im Auto sitzt, um zu einem bestimmten Konzert zu fahren. Oder alle Familienmitglieder fiebern mit, wenn ein Kind auftritt.“ Eltern erfolgreicher Hochbegabungen begleiten und würdigen nicht nur intensiv jeden Schritt ihrer Sprösslinge, sie rücken die Musik oft ins Zentrum des gemeinsamen Lebens. Zugleich lieben es diese jungen Spezialisten, sich mit Erwachsenen auszutauschen. Also etwa auch mit ihren Lehrern. „Einfach, weil die Älteren ihnen kompetent Fragen beantworten können. Anders als Gleichaltrige“, erklärt Olbertz. Gabriele Stepp hat es zugleich genossen, mit jedem Kind einzeln zu üben. Inmitten der stetig wachsenden Kinderschar sorgten die täglichen Exerzitien für Vier-Augen-Dialoge: nicht nur auf musikalischer Ebene. „Schöne Gespräche sind da entstanden, die im normalen Alltag nie aufgekommen wären“, sagt die Endvierzigerin und blickt nachdenklich durch die Gläser der schwarz umrandeten www.crescendo.de

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Fotos: Erich Malter

Brille. „Vielleicht hat es mir deshalb so viel Spaß gemacht, weil ich so der Musiker mit dem eigenwilligen Bürstenschnitt immer, dass das immer wieder Ruhe für ein Kind hatte. Die Ruhe zu finden war aber Cello-Spielen als Profi sein Ziel ist. Trotzdem stand er manchmal schon ein Kampf, die anderen waren dann – so hart es klingen mag mit sehnsüchtigem Blick am Fenster und beneidete seine Kumpels, – Störfaktoren.“ Oder sie bekamen im Bauch der Mutter oder auf die unten auf der Straße mit den Mädchen rumalberten. „So zwiihrem Schoß während der Übezeiten das Klassik-Virus gleich ein- schen 14 und 16 war das hart.“ Jakob klingt abgeklärt – so, als sei das geimpft. Das passiert automatisch, wenn Musik zum Alltag gehört, Jahrzehnte her und nicht nur wenige Jahre. Dass aus der Familie Stepp eine hochmusikalische werden weiß Franziska Olbertz von der Universität Osnabrück. „Eben weil Musik ganz oben auf der familiären Werteskala steht.” Und so ist würde, war nicht vorherzusehen. Zwar sind Vater und Mutter Stepp es nicht selten, dass gleich mehrere Geschwister sich musikalisch Hobbymusiker an Klavier und Geige, doch das musikalische Frühbetätigen – man denke etwa an die Sopranistin Annette Dasch und programm startet ohne große Ambitionen: ab und zu ein Konzert ihre drei Geschwister, die alle professionell Musik machen, oder an besucht, das Instrumentenkarussell in der Musikschule genutzt, die Geschwister Tetzlaff und die Geschwister Widmann. Ähnliche etwas Hausmusik gemacht. Und Gabriele Stepp übt für den OrchesMechanismen griffen in historischen Musikerfamilien, wie etwa bei terverein. Dafür bleibt kaum Zeit, als Robert und Lukas, die beiden ältesten Kinder, mit Cello und Geige loslegen und sich geschickt den Bachs, den Mozarts und den Mendelssohns. Im Hause Skride gab es auch keinen Plan B: weder für die heu- anstellen. Gabriele Stepp macht die musikalische Entwicklung der tige Stargeigerin Baiba Skride noch für ihre Schwestern Lauma, Pia- beiden zu ihrem persönlichen Projekt. „Einfach mit einer Freundin ins Café zu gehen, wenn nistin, und Linda, Bratmeine Kinder mich brauschistin. Musik bestimmte „Das war keine Frage für meine Eltern: Natürlich chen – das hätte ich als einfach von Anbeginn das Verrat empfunden“, sagt Leben. Ihre Eltern arbeibin ich da hingeflogen – allein, 30 Stunden lang.“ sie. „So waren sie schnell ten als Pianistin und als fortgeschritten, bevor sie Chorleiter. Außerdem lebt die Großmutter mit im Haushalt. Die erfahrene Musikpädagogin in die Pubertät kamen. Da war klar, dass keiner mehr aufhört.“ nimmt die drei talentierten Skride-Schwestern sehr früh – noch als Robert, der Älteste, wird jetzt allerdings nach seinem Cello-StuKleinkinder – unter ihre Fittiche. So kann die Familie schnell regel- dium Instrumentenbauer; Felicia, die älteste Tochter, möchte Medimäßig gemeinsam auftreten. „Es war von Anfang an ein Beruf “, zin studieren. Ihre Mutter sieht das entspannt. „Nichts ist umsonst. erinnert sich Baiba Skride. Die Wohnung der lettischen Familie in Das intensive Musizieren hat ihre Persönlichkeiten geformt.“ Immer wieder hörten und hören die Stepp-Kinder ebenso Riga vibriert gerade in den ersten Jahren regelmäßig vor Musik, weil alle parallel üben. „Wenigstens waren wir so gleichzeitig fertig“, lacht wie die Skride-Schwestern: „Ihr habt ja Musik im Blut!“ Ein Satz, den Begabungsforscherin Franziska Olbertz so nicht bestätigen die Geigerin. Im Haus der Stepps stieg hingegen von Jahr zu Jahr die Phon- kann. Es sei eher ein Mix aus Veranlagung und Einfluss des soziaZahl. Zunächst hält sich der Dezibel-Alarm in Grenzen, weil die len Umfelds. „Aber wie dieses Zusammenspiel genau aussieht, wie Mutter mit jedem Kind einzeln übt. Doch als alle gleichzeitig spielen, groß die Anteile sind, weiß man nicht. Es wird wohl jeweils auch variieren.“ So Olbertz. Und dröhnt es schon mal. „Das nicht zu vergessen: ohne die war zeitweise nervig“, gibt entsprechende PersönlichGabriele Stepp zu. Doch die keit ist musikalische Hochgelernte Krankengymnastin begabung für die Katz. Statt weiß, wie man die Nerven „Musik im Blut“ müsste es bewahrt und wie man straff heißen: „Disziplin im Blut“. strukturierte Tage durchEltern von musikazieht. Die Routinen einer lisch hochbegabten KinMa r at h o n - Mu s i k m a m a dern brauchen das richtige eben: üben, zum Unterricht Gespür, wann sie führen, düsen, die Kinder versorgen, also auch zum Üben dränOma und Babysitter anleigen, und wann sie loslassen ten und nochmal knifflige müssen. So wie eigentlich Passagen in Komposition alle Eltern – nur dass sich X oder Etüde Y mit einem bei Extrem-Talenten noch Kind allein durchgehen. ganz andere Fragen stellen. „Wir haben auch die VerBaiba Skride weiß beispielswandtenbesuche zurückgeweise noch gut, wie es war, fahren, um Zeit zum Üben Familienausflug: Die Stepps auf dem Weg zum Konzert. als sie die Chance hatte, mit zu haben“, verrät Mutter Stepp. In Hochphasen sei sie pausenlos unterwegs gewesen – auch 13 Jahren bei einem Festival in Amerika aufzutreten. „Das war keine wegen der vielen Auftritte ihrer Kinder. „Und immer mussten die Frage für meine Eltern: Natürlich bin ich da hingeflogen – allein, 30 Stunden lang.“ Für die Geigerin und ihre Familie war immer klar, Notenständer gerichtet sein, die Hemden gebügelt.“ Jakob Stepp übt schon lange nicht mehr mit seiner Mutter. Der dass alles wahrzunehmen ist, was hilft auf dem Weg zur Profi-Kar21-Jährige studiert mittlerweile in Wien – Cello bei Heinrich Schiff. riere. Und sei es als Teenager mit der Mutter von Riga nach RosIn der Klasse dieser Koryphäe gelandet zu sein: eine Verheißung. An tock zu ziehen, um dort zu studieren. „Unsere Eltern haben alles das tägliche Cello-Üben mit seiner Mutter erinnert sich Jakob noch gemacht, was gut für uns ist“, betont Skride. Mehreren Kindern eine fundierte musikalische Ausbildung gut. „Auch wenn es nicht immer leicht war“ – wie er unumwunden zugibt. „Ich hätte aber mit meinen verträumten zehn, zwölf Jahren zu finanzieren, kann selbst wohlhabende Eltern ins Rechnen brinnicht viel mitbekommen und nur die Hälfte gemacht.“ Dabei wusste gen. Insbesondere wenn sich die Sprösslinge den Streichinstrumen51


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ten verschrieben haben und ab einem gewissen Niveau einfach hochwertige Instrumente brauchen, um sich weiterentwickeln zu können. Doch es gibt Hilfe. Baiba Skride hat etwa früh aus dem Instrumentenfonds der Deutschen Stiftung Musikleben eine Storioni-Geige als Leihgabe gespielt. Auch die Stepps erhalten für ihre Schar von hochbegabten Kindern schon länger einen Schwung Instrumente. Außerdem halfen schon oft gezielte Finanzspritzen, um etwa die Frühförderung an der Musikhochschule Hannover wahrnehmen zu können. „Zeitweise hatten wir drei BahnCards 100, weil die Kinder jedes Wochenende nach Hannover mussten“, erzählt Gabriele Stepp. „Diese knapp 12.000 Euro zu bezahlen – das wäre ohne die Stiftung nicht möglich gewesen.“ Für Irene Schulte-Hillen, die Präsidentin der Deutschen Stiftung Musikleben, ist es klar, dass solche Familien Unterstützung brauchen: „Sechs hochbegabte Musiker in einer Familie – das ist eine ganz extreme Situation!“ Als Mutter von vier Kindern freut sie sich immer, wenn es mehrere Sprösslinge einer Familie schaffen, den strengen Förderkriterien der Deutschen Stiftung Musikleben zu entsprechen. „Man hat einfach so eine Grundsympathie, auch wenn wir natürlich nach Leistung entscheiden. In der Regel sind die Kinder dieser Familien aber Hochleister“, erzählt sie. Unter den zurzeit rund 300 Stipendiaten der Deutschen Stiftung Musikleben finden sich zahlreiche Geschwister, die oft als Duo überzeugen. Irene Schulte-Hillen fasziniert bei diesen Konstellationen die besondere Harmonie, die beim Musizieren entsteht. Die „Nahtlosigkeit“, wie sie sagt. Die Skride-Schwestern genießen es geradezu, zusammen Musik zu machen. „Das ist ein ganz automatisches Geschehen“, sagt Lauma Skride, die Pianistin. „Wir nehmen die Noten und merken, was geht und was nicht geht. Ohne viele Worte.“ Auch die Stepp-Geschwister verfolgen zusammen musikalische Projekte – etwa als Streichquartett. „Wir haben als Familie unsere Sache gefunden, unsere gemeinsame Leidenschaft“, betont Jakob Stepp. „Wir haben so Gesprächsthemen und können zusammen etwas unternehmen, was uns auch weiterbringt. Das ist in anderen Familien meistens nicht so.“

Die Järvis Neeme – Der Patriarch

Biografie: Neeme Järvi ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Die Karriereanfänge verbrachte er hinter dem „Eisernen Vorhang“. Erst als er 1980 mit 43 Jahren von Estland in die USA übersiedelte, kam er in den Fokus der westlichen Öffentlichkeit. Neeme, ein Schüler des legendären Jewgeni Mrawinski, erwies sich als Fachmann für „nordisches“ Repertoire – vor allem für Sibelius. Er realisierte ab 1982 die erste Gesamteinspielung der Orchesterwerke des Finnen. Sie zählt noch heute zu den Besten. Gleichzeitig wurde er Chefdirigent der Göteborger Symphoniker und verhalf diesem Orchester zu Weltruhm. Es folgten Chefposten unter anderem beim Detroit Symphony Orchestra, beim Royal Scottish National Orchestra und beim Residentie Orkest Den Haag. Mit insgesamt über 400 Einspielungen ist Neeme Järvi einer der am meisten auf Tonträger verewigten Dirigenten.

Stil: Der kräftige und süffige Klang, den er jedem Orchester verordnet, ist prädestiniert für romantisches bis modernes Repertoire. Familie Stepp: „Wir können so zusammen etwas unternehmen.“

Am Abend bricht die Familie Stepp fast vollzählig zu einem Konzert auf: Jakob spielt das Cello-Konzert von Robert Schumann im Audimax der Uni Stuttgart. Nach seinem gelungenen Auftritt kommt er fast schüchtern aus seiner Garderobe. Die Fliege ist ein bisschen verrutscht, das Gesicht glänzt. Jakob lächelt verlegen, als seine Familie auf ihn zustürmt und ihn feiert wie einen Helden. Seine Mutter hält sich zurück. Ihr Blick verrät aber, wie stolz sie ist. Jakob wird seinen Weg wohl machen. Überhaupt sind fast alle aus dem Gröbsten raus. Und Gabriele Stepp startet jetzt nach rund 25 Jahren Job-Pause wieder durch als Krankengymnastin. In ihrer Praxis unten im Haus wartet sie auf Menschen, um die sie sich kümmern kann. n 52

Auf dem Podium: Ein Mann wie ein Baum! Neeme Järvi wirkt durch knappe, zackige Gesten. Beobachter haben den Eindruck, die Orchester fräßen ihm aus der Hand. Unter Einsatz geringster Mittel versteht er es, zielgenau den unwiderstehlichen „Neeme-JärviSound“ zu verwirklichen.

CD-Highlights: Gesamteinspielung der Sibelius-Orchestermusik, seine Schostakowitsch-, Martinů- und Grieg-Zyklen, die „Sinfonischen Tänze“ von Rachmaninoff ... Es gibt zahllose Highlights im riesigen Neeme-Järvi-Katalog.

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Dirigentendynastien sind gar nicht so selten. Man denke nur an die Namen Sanderling, Jurowski oder Kleiber. Doch keine Dirigentenfamilie hat die Musikwelt so im Sturm erobert, wie die drei Pultstars aus Estland: Neeme, Paavo & Kristjan Järvi. v o n Ra i n e r A s c h e m e i e r Kristjan – Der Grenzgänger

Biografie:

Biografie:

Als Paavo 1962 zur Welt kam, war sein Vater erst 26. Im Alter von sechs Jahren begann der mit dem Schlagzeugspielen und gründete zusammen mit dem späteren Neue-Musik-Komponisten Erkki-Sven Tüür eine Rockband. Als die Familie 1980 in die USA emigrierte, verlegte sich der älteste Järvi-Sohn auf das Dirigierstudium, das er bereits in Estland begonnen hatte. Prägend war für ihn vor allem der Kontakt mit Leonard Bernstein. Seit Debütkonzert als Dirigent gab Paavo Järvi 1985, 1994 erhielt er beim Symphonieorchester Malmö seinen ersten Chefdirigentenposten. Ganz in der Tradition des Vaters begann er mit skandinavischem Repertoire. Seit 2004 hat Paavo Järvi seine künstlerische Heimat in Deutschland gefunden – zunächst bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und seit 2006 parallel dazu auch beim hr-Sinfonieorchester in Frankfurt am Main.

Zehn Jahre jünger als Bruder Paavo verbrachte Kristjan Järvi seine Jugendjahre überwiegend in den USA. An der Manhattan School of Music begann er ein Klavierstudium, das er am Salzburger Mozarteum fortführte. Seine Lehrerin war Tatjana Nikolajewa. Weitere Studien führten ihn nach Israel, an der University of Michigan wandte er sich schließlich dem Dirigieren zu. Früh outete sich Järvi als Enfant terrible der Musik. Versuchte schon sein Vater Neeme Repertoiregrenzen abzubauen und bislang unbekannten Werken Gehör zu verschaffen, ging Sohn Kristjan noch einen Schritt weiter: Er schaffte Grenzdenken in der Musik für sich persönlich einfach ab. Mit seinem 1993 gegründeten „Absolute Ensemble“ führt er seither Barockmusik ebenso auf wie Jazz, Electro- oder Worldmusic. In dem Komponisten David Schnyder hat er einen kongenialen Partner gefunden. 2012 wurde bekannt, dass der jüngste Järvi-Spross zum Musikdirektor des MDR Sinfonieorchesters in Leipzig berufen wurde.

Stil: Der Einzige unter den Järvis, der sich im klassischen Repertoire am wohlsten zu fühlen scheint. Aber auch für estnische Komponisten der Moderne macht er sich stark.

Stil: Von Barock bis Rock: Kristjan Järvi macht vor nichts Halt.

Auf dem Podium:

Auf dem Podium:

Auch in punkto Schlagtechnik ist Paavo der „klassischste“ Järvi. Schlank und agil wiegt er sich im Takt der Musik, formt Klänge des Orchesters gern mit dem Mund nach: „Pom, pom, pom, tatatatataaaa ...“.

Järvi ist immer in Bewegung, pflegt einen gelegentlich exaltiert wirkenden Dirigierstil, und er ist erst zufrieden, wenn er mindestens schweißgebadet das Podium verlässt.

CD-Highlights: Seine Beethoven-Symphonien wurden von der Kritik umjubelt – objektiv betrachtet etwas zu enthusiastisch. Seine Peer-GyntAufnahme hingegen übertrifft selbst die des Vaters.

Fotos: Simon van Boxtel; Julia Baier; Peter Rigaud

Paavo – Der Klassiker

CD-Highlights: Das Album „Arabian Nights“ von Järvis „Absolute Ensemble“ ist ein Muss! Ebenso die CD „Zeitstimmung“ mit Werken von HK Gruber.

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Berühmte Musikerfamilien

Die Wells

Berühmt geworden sind sie durch die Biermöslblosn, aber die bayerische Familie ist seit Generationen ein Vorbild in Sachen Familienmusik.

gelernt“. Kaum ein Tag verEs war einmal ein Dorfging, an dem nicht gesunschullehrer aus Altomünsgen, gespielt und Stubenter, einem Ort zwischen musik gemacht wurde, oft Aichach und Dachau. Der bis in den Abend hinein. hieß Hermann. Und ein Und mitten drin: „Mutti“ fesches Mädel. Das hieß Traudl mit ihrer Zither. Traudl. Der Hermann und Als die Kinder herdie Traudl verliebten sich anwuchsen kamen noch ineinander. Und beschlosweitere Instrumente dazu. sen zu heiraten. Das erste Hansi (Jahrgang 1953) Kind, die Traudi, kam 1941 lernte auf Akkordeon, auf die Welt; das letzte, die Saxophon und Trompete Moni, 1961. Fünfzehn Kinzu spielen. Michael (Jahrder wurden es insgesamt in gang 1958) wurde ein zwanzig Jahren. Und alle Die bayerische Musikerdynastie im Gruppenbild. Meister auf Tuba, Banjo, mit Musik im Blut. Musik Drehleier und auf dem „hat die Familie immer zusammengehalten“, erinnert sich „Mutti“ Traudl, wie sie von Cello. Und Stofferl lernte Harfe, Geige, Maultrommel, Hackbrett, Zither, Dudelsack, Ballastsaite und die Tuba zu beherrschen, und allen liebevoll genannt wird, heute mit über neunzig Jahren. Schließlich war das Leben alles andere als märchenhaft. Ein wie all seine Brüder das Alphorn. „Mutti, du gehörst dazu!“, meint bis heute der Stofferl, auch Dorfschullehrer verdiente damals nicht viel. Und so musste die Familie in den 40er-Jahren im Erdgeschoss des Schulhauses leben, wenn diese sich manchmal zu alt fühlt. Überhaupt der Stofferl. ohne fließendes Wasser. Täglich hat sie das Wasser für die Fami- Mit wenigen Stunden Unterricht habe er seinerzeit die Aufnahmeprüfung an die Musikhochlie aus dem Dorfbrunnen zieschule gepackt. Celibidache hen müssen. Doch zum Jamhielt große Stücke auf ihn und mern gab’s keine Zeit – und holte ihn zu den Münchner trotz finanzieller Nöte – für Philharmonikern. Doch das sie auch keinen Grund, „weil kranke Herz machte nicht mit, ja koans dabei ist bei den 15, trotz Operation am Münchdes danebengeraten ist“. ner Herzzentrum. Nach drei Natürlich hätte sie gern Jahren musste er seine Stelle Medizin studiert. Früh musste als Solotrompeter bei den sie allerdings die Schule verlasMünchner Philharmonikern sen, weil ihre Eltern die Ausaufgeben. 1976 beschlossen bildung nicht zahlen konnten. sie mit dem älteren Bruder Und dann war da noch die Hans ihren Hang zur Satire Krankheit des Stofferl (Chrisauszuleben, in dem sie die toph), ihres Zweitjüngsten, Band „Biermösl Blosn“ gründer 1959 mit einem Herzfehler deten. 35 Jahre lang schriegeboren wurde. Ausgerechnet ben die multi­begabten Querder Stofferl, der Begabteste, der köpfe bayerische Musik- und mit dem fast absoluten Gehör, Die Wellküren im Kornfeld auf den Spuren ihrer Brüder. Politikgeschichte; oft mit dem wollte Trompete spielen, für die kongenialen Gerhard Polt an man so viel Kraft braucht. Heute weiß Traudl: „Der wäre nicht mehr da, wenn er nicht hätte Trompete ihrer Seite und politisch saufrechen Texten wie: „Gott mit dir, Du spielen dürfen.“ Auch die anderen kamen nicht zu kurz. Flötenspielen Land der BayWa, deutscher Dünger aus Phosphat. Über Deinen hat sie ihnen beigebracht, und ihr Mann das Singen. Ziehharmonika weiten Fluren liegt Chemie von fruah bis spaat. Und so wachsen und Gitarre kamen dazu und „oans hat dann von dem anderen wieder Deine Rüben, so ernährest Du die Sau. Herrgott bleib dahoam im 54

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Fotos: Jorinde Gersina; Christian Kaufmann; Monika Lawrenz; privat

Brechend voll war auch Weilandsmühle, Himmi, mir ham Nitrophoska blau“. So die Traudls ältester Sohn Berti (Jahrgang sangen sie auf die Melodie der Bayeri1944) als Wirtshaus betrieb. Früher hat sie schen Nationalhymne. „Solange es die stundenlang am Herd gestanden und hunBiermösl Blosn gibt“, ließ die Frankfurderte von Küchle (Schmalznudeln) gebater Rundschau verlauten, „ist Bayern cken für all die Gäste, sei es von der CSU noch nicht verloren.“ Tourneen führten oder von der SPD. Mit dem Maget-Franz, sie nach Skandinavien, Südafrika, Japan, dem Vizepräsidenten des Bayerischen Südkorea und in die Vereinigten Staaten. Landtags (SPD), spielt sie heute noch regelIn Bayern wurden sie als Nationalheilige mäßig Schafkopf. Mit dem CSU-Landtagsgefeiert und sind neben Ludwig II. und abgeordneten Thomas Goppel, dem Sohn Franz Beckenbauer einfach Kult. des früheren bayerischen MinisterpräsiDoch die politischen Spottverse denten Alfons Goppel, verbindet sie eine waren nicht jedermanns Geschmack. langjährige Bekanntschaft. „Der Thomas Auch nicht von „Mutti“ Traudl: erzählt heute noch, wie er zum ersten Mal „Anfangs war uns des gar net recht, aber mit in den Landtag durfte, wo wir bei seisolang s‘ die alten Sachen net ganz vernem Vater gespielt haben. Damals war der gessen, brauch ich nix sagen. Die Kinder Bub ja gerade mal sieben Jahre alt, bald lassen sich eh nicht allzu viel dreinreden, wird er 66.“ da muss man geduldig sein.“ Geduldig Die Well-Buben alias Biermösl-Blosn. Auf 35 Enkel und 15 Urenkel hat musste sie auch sein, als 1986 drei ihrer Mädels, die Vroni, Burgi und Moni, Bühnenluft witterten und ihr sie es bis jetzt gebracht. Dass ihre Söhne im Januar zum letzten Mal Musikkabarett „Die Wellküren“ gründeten. Sie stehen ihren Brü- gemeinsam als „Biermösl Blosn“ auftraten, weil sie – so der offizidern in nichts nach – auch wenn sie bis zur Auflösung der Biermösl elle Text – „nicht als Papageien enden wollen, die immer nur wieBlosn immer in deren Windschatten blieben. Für Traudl aber war der ihre eigenen Texte aufsagen“, sieht sie gelassen. „So ein Wechdie Welt erst wieder in Ordnung, als der Pfarrer von Günzlhofen sel, der ist ganz normal. Hauptsache, kein Streit, Hauptsache, die sie bat, bei ihm in der Kirche zu singen und zu spielen. Mittlerweile Familie hält zusammen.“ „Aus is, und gor is, und schod is, dass spielt sie manchmal bei den Wellküren-Auftritten am Schluss noch wohr is“, formulierten es lapidar die Söhne auf ihrer Homepage. Der Mutti aber haben sie versprochen, in einer anderen Art weiterein Stückl mit, auf der Zither. Nach wie vor trifft sich die Familie zur so genannten Stubnmusi, zumachen, schließlich hat sie ihnen gesagt: „Solang i leb‘, müassts an Geburtstagen und am Heiligen Abend und zum Adventsspiel in ihr des scho no machen!“ n der Wallfahrtskirche Herrgottsruh. Stets ist die Kirche brechend voll. Teresa Pieschaçon Rafael

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Benoît Rolland gilt als einer der besten Bogenbauer der Welt. Bei einem Hausbesuch in seiner Werkstatt an der amerikanischen Ostküste verriet er uns, warum er plant, die Welt der S ­ treichinstrumente zu verändern. vo n J ü rg e n K a lwa

Die Katherine Road in Watertown, 20 Autominuten von der Stadt Boston entfernt, liegt in einem beschaulichen Wohnviertel. Vor dem zweigeschossigen Anwesen parken Pick-ups, Bäume säumen den Weg. Watertown ist ein Stück amerikanische Ostküstenidylle. Benoît Rolland bittet zur Audienz in seine Schatzkammer, eine Werkstatt mit dem Charme einer hellen Schreinerei. Männer wie Rolland, in Paris geboren und an der namhaften École Nationale de Lutherie im lothringischen Mirecourt ausgebildet, gibt es nicht viele auf der Welt. Weshalb ihre Namen in den einschlägigen Kreisen natürlich ein Begriff sind. Rollands Bögen, die neu mehrere tausend Dollar kosten, sind längst Sammlerstücke und werden auf Auktionen bei Christie’s in London und Sotheby’s in Paris gehandelt. Vor ein paar Wochen nahm nun auch eine größere Öffentlichkeit Notiz von seiner Arbeit: Rolland wurde von der MacArthurStiftung als einer der Preisträger des Jahres 2012 mit ihrem sogenannten Genie-Preis bedacht. Das Besondere an der Auszeichnung: Jeder Empfänger erhält 500.000 Dollar zur freien Verfügung. Für Rolland, der von der Nachricht völlig überrascht wurde, bedeutet dies, dass er von nun an sehr viel gelassener seiner Arbeit nachgehen und das angefangene Buch über seine beruflichen Erfahrungen zu Ende schreiben kann. Und dass er mehr Zeit haben wird, um sich seinen eigenen Erfindungen zu widmen. Der Franzose hat schon immer gerne herumgetüftelt und gehört – seit es ihm gelang, den Einsatz von Kohlefaser als Herstellungsmaterial zu perfektionieren – zu den erstrangigen Pionieren seines Fachs. Anerkannte Violinisten wie sein Landsmann Jean-Luc Ponty etwa spielen den „Spiccato“ mit Begeisterung, benannt nach einer Spieltechnik, bei der der Bogen quasi auf den Saiten tanzt. 56

Foto: MacArthur Foundation

Französische Revolution

Die Produktion dieser Bögen hatte ihn übrigens einst in die USA gebracht, wo er sich in Salt Lake City niederließ. Aber wenig später hatte er entdeckt, dass ihn der Finanzier abgezockt hatte. Seitdem meldet er auf alle Entwicklungen Patente und Markenzeichen an. Rolland erzählt ein wenig von seinen Kunden. Einer von ihnen ist der Newcomer dieser Ausgabe, Leonard Elschenbroich: Er spielt auf einer Hinterlassenschaft des berühmten venezianischen Geigenbauers Matteo Goffriller aus dem späten 17. Jahrhundert – leihweise natürlich. Doch einer derart wertvollen Antiquität – ein GofrillerCello wechselte neulich für 1,5 Millionen Dollar den Besitzer – rückt man nicht mit irgendeinem Bogen zu Leibe. Deshalb vermittelte Elschenbroichs Mentorin, Anne-Sophie Mutter, dem 27-Jährigen den Kontakt zum Franzosen nach Watertown. Das Resultat: eine Sonderanfertigung, deren Genese sich heute unter der Nummer 1127 in der große Kladde nachlesen lässt, die in Benoît Rollands Atelier auf einem kleinen Schrank liegt. Darin stehen fein säuberlich die Namen von überragenden Solisten wie Yehudi Menuhin und Mstislaw Rostropowitsch. Und natürlich auch der von AnneSophie Mutter, deren Ansprüche der Meister einst mit folgendem Bild beschrieben hat: „Ich baue ihr einen Maserati mit dem Komfort eines Cadillac.“ Der junge Cellist Elschenbroich entdeckte übrigens auf diesem Weg, was an der Arbeitsweise von Rolland so besonders ist. Seine aus dem Holz seltener brasilianischer Fernambuk-Bäume gehobelten, gefeilten und geschliffenen Werkstücke, die der 58-Jährige in seinem Atelier in tagelanger Arbeit von Hand fertigt und millime­ tergenau auf Maß macht, entstehen jedes Mal in enger Zusammenarbeit mit dem Musiker. Rolland analysiert jedes Detail: den Spielwww.crescendo.de

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Benoît Rolland in seinem Haus nahe Boston: „An den schwierigen Stellen ein Maximum an Klang erzielen.“

stil, den Klang des Streichinstruments und auch die akustischen Verhältnisse, in denen der Streicher auftritt. Wenn man Rolland in seinem Atelier beobachtet, scheint diese Intensität und die von einem Verlangen nach absoluter Präzision getriebene Energie wie verflogen. Er ist ein Mann mit einer sanften Stimme, der manchmal auffällig lange zwischen halben Sätzen schweigt, um dem Gesagten mehr Raum zu geben. Ruhe ist das auffälligste atmosphärische Accessoire in dem kleinen Haus. „Als Musiker möchte ich die Reinheit des Tones hören können“, sagt er. Und dieser Ton hat – was landläufig gerne überhört wird – bei Violinen, Violas, Celli und Kontrabässen äußerst viel mit der Beschaffenheit des Bogens und den feinen Schwingungen zu tun, in die er gerät, wenn er über die Saiten gleitet. „Da gibt es enorme Unterschiede”, sagt Rolland, der einst zu Analysezwecken begann, Oszilloskop und Akustik-Sensoren einzusetzen, um den subtilen Feinheiten auf die Schliche zu kommen. „Ich war noch nie zufrieden, wenn die Antwort auf meine Frage nach dem Warum lautete: weil es schon immer so war. Die Verbesserung des Klangs, das war und ist noch immer eine Obsession“, sagt er und lacht. Sein neuester Coup ähnelt fast schon einer Revolution: Bei seinem neuen Bogen verlaufen die Haare nicht klassisch in einer geraden Linie von der Spitze bis zum Frosch, sondern drehen sich leicht in einer Achse von 15 Grad. „Der Zweck meiner Erfindung ist, dem Violinisten dabei zu helfen, an den schwierigen Stellen ein Maximum an Klang zu erzielen“, sagt Rolland. Das neue Modell ist körper- und physiologiefreundlicher. Es sorgt dafür, dass der Violinist nicht mehr ständig das Handgelenk an- und abwinkeln muss, während er den Bogen über die Saiten streicht.

Die Novität könnte nicht nur den allerbesten Solisten entgegenkommen, sondern auch Anfängern, zu denen einst auch der junge Benoît gehörte, der nach Jahren des Klavierunterrichts bei seiner strengen Großmutter, Germaine Thyssens-Valentin, einer Konzertpianistin von Rang, auf die Geige umsattelte. Nach dem Konservatorium verspürte er keine Lust, sich in die soldatische Zucht großer Orchester einzuordnen und landete im Instrumentenbau. Schnell konzentrierte er sich auf sein Spezialgebiet, das nur in wenigen Ländern gepflegt wird. Der Auslöser: der Besuch in einem Atelier, in dem er ein ungewöhnlich attraktives Musterexemplar sah, mit Gold belegt und mit einem Spannelement – dem sogenannten Frosch – aus Schildpatt. „In diesem Augenblick wusste ich genau, was ich machen will.“ Seine neue Erfindung wird ihn übrigens bereits im Februar mal wieder nach Deutschland bringen, wo ein Spezialhersteller im mittelfränkischen Röttenbach die Produktion des Frosches übernehmen wird. Treffen wird er auch Anne-Sophie Mutter, die den Prototyp bereits ausprobiert hat und danach begeistert sagte: „Sie werden damit sehr großen Erfolg haben. Aber ich will die Erste sein, die ihn bekommt und spielt.“ Zum Schluss weist er noch auf einen alten Traum hin: er wolle bald einen Abstecher nach Brasilien machen, wo in einem kleinen Küstenstrich als einzigem Flecken auf der Welt das mittlerweile unter Artenschutz gestellte und vom Aussterben bedrohte Tropenholz wächst, dessen Faserstruktur und Maserung für die Verwendung von Geigenbögen unübertroffen sind. Andere Holzarten, wie etwa Guatambu, lassen sich auch einsetzen, sagt Rolland. Aber die Qualität reicht allenfalls als Massenware. Künstlerisch wertvoll ist sie nicht. n 57


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s e r i e

Woher kommt eigentlich ... die Melodie der deutschen Nationalhymne?

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Unrecht lange Zeit vergessen. Mozart führte zwei Jahre „Volcks Lied“ nannte Haydn (1732–1809) seine unsterbspäter in Mailand seine eben fertig gestellte Motette liche Melodie und fügte in der Orchesterfassung extra „Exsultate, jubilate“ (KV 165) auf. Das „Allelujah“ des einen Ton hinzu, „um dem Volck den Ton zu geben“. Allegros erinnert an Hasses Arie. Im Auftrag des Grafen Saurau hatte er sie für den öster1777 präsentierte Haydn das erste Mal den magieigentlich ... reichischen Kaiser Franz II. geschrieben. Das Ganze schen Melodielauf in der Arie „Qualche volta non fa war als PR-Aktion gedacht. Ein Loblied sollte das Bild male“ seiner komischen Oper „Il mondo della luna“. 1778 des Kaisers beim Volke beliebter machen, drohte doch der wiederholt Mozart, der hochgelobte Schüler und Logenbrurasante Aufstieg Napoleons. Zum 29. Geburtstag des Kaisers, am 12. Februar 1797, fand der Haydns, das Thema in seiner Violinsonate (KV 296), Haydn die feierliche Uraufführung im Wiener Burgtheater statt. Für diese selbst vier Jahre später im „Benedictus“ seiner Mariazeller Messe. Imageverbesserung bekam Haydn eine goldene Schmuckdose mit Nun, 1788, trat in Wien der eben ernannte Hofkapellmeister Salieri dem Konterfei des Kaisers, wofür er sich artig bedankte: „Eine sol- (1725–1850) mit der „Hofkapellmeister Messe“ auf den Plan. Dieses che Überraschung ... ich dancke Euer Excellenz von Herzen ...“. Was Amt hätte Mozart gerne gehabt und wiederholt versuchte er, es zu man an diesem Tage in Wien zum ersten Mal zu hören bekam, erin- bekommen: “der sehr geschickte kapellm [sic!] Salieri hat sich nie nerte an das kroatische Volkslied „Jutro rano se ja stanem“ („Früh dem kirchen Styl gewidmet, ich aber von Jugend auf mir diesen Styl am Morgen steh' ich auf “). Der Komponist war im Burgenland ganz eigen gemacht habe“. Salieris Motiv im „Dona nobis“ klingt an geboren, in multikultureller Nachbarschaft mit Kroaten, Ungarn das „Benedictus“ von Haydn an. Salieris Verhältnis Haydn gegenüber war freundschaftund Slowenen. Vielleicht hatte er hier die Melodie gehört. Ebenso aber könnte das Motiv einem liturgischen Gesang entlehnt sein. lich. Schließlich dirigierte er 1808 in dessen Anwesenheit Haydns „Schöpfung“. Diese berühmt gewordene Aufführung vor unglaubSpuren gibt es viele. Fest steht, dass der getreue Musikmeister Georg Philipp lichen 2000 Leuten in Wien wurde der letzte öffentlichen Auftritt Telemann (1681–1767) knapp 70 Jahre zuvor in seiner Partia für des „Vaters der Sinfonie und des Streichquartetts“. Wieder und wieCembalo ein „Rondeau“ so klingen lässt, als hätte er Haydns Kai- der wurde das Konzert durch frenetischen Beifall unterbrochen. Haydn war überwältigt und ließ serhymne gekannt und darüber, sich nach einer Zeit zu Tränen wie seinerzeit üblich, frei improgerührt hinaustragen. Seine körvisiert. Veröffentlicht fand Zum Nachhören: perlichen Kräfte waren dem nicht man das Werk in seiner mehr gewachsen. 1728 gegründeten SammJutro rano se ja stanem auf der CD: „Joschi“ Unbenommen blieb ihm sein lung „Der getreue Musicvon Heigeign (Eigenverlag, 2008) Lied: „Ich kann nicht anders, ich Meister“, der ersten deutPartia „Rondeau“ G-Dur auf der CD: muss es alle Tage spielen. Mir ist schen Musikzeitschrift, Georg Philip Telemann Edition – „Der getreue herzlich wohl, wenn ich es spiele in der neben seiner Musik Music-Meister“ (dhm) und auch noch eine Weile nachauch die einiger Kollegen Viva fonte sia la fronte auf der CD: Johann her. Es ist mein Gebet.“ Seine abgedruckt wurde. Johann Adolph Hasse „I Pellegrini al Sepolcro di NoKaiserhymne wurde mit neuem Adolph Hasse (1699– stro Signore“ – Il Seminario Musicale, Gérard LesText und einer bewegten eigenen 1783,) ein von Haydn sehr ne (Veritas / Virgin Classics, 1998) Geschichte zur deutschen Natiogeschätzter Zeitgenosse, Allelujah auf der CD: Wolfgang Amadeus Monalhymne. Nach der Uraufführung schrieb sein Pilger-Oratozart „Coronation Mass/ Exsultate Jubilate“ – The im Februar 1797 komponierte rium „I Pellegrini al Sepolcro English Concert & Choir, Trevor Pinnock (Archiv Haydn noch im gleichen Jahr um di Nostro Signore“ im Jahre Produktion / DG, 2012) die weit gereiste Melodie sein Kai1742, also 55 Jahre vor serquartett, ein Meisterwerk. Uraufführung der Hymne. Qualche volta non fa male auf der CD: Joseph Das kroatische Volkslied Haydn: „Il mondo della luna“ – Antal Dorati (Philips, In der Arie „Viva fonte sia 1993) könnte aber auch aus der schon la fronte“ lässt sich die damals populären Hymne hervorMelodie der heute gesunViolinsonate (KV 296) – 2. Satz Andante sogetreten sein. Der Kanon „Ich bin genen Zeile „Blüh' im stenuto aus der CD: Wolfgang Amadeus Mozart: fröhlich“ des Musiklehrers Carl Glanze dieses Glückes“ „The Violin Sonatas“ Itzhak Perlman, Daniel BaFriedrich Schulz (1784–1850), vernehmen. Der damals renboim (DG, 2000) bekannt geworden als „O wie wohl so beliebte OpernkomBenedictus aus der CD: Joseph Haydn: „Mariaist mir am Abend“, klingt doch ponist soll 1771 über den zeller Messe“, Rebel Baroque Orchestra, schon wieder ähnlich, oder? Wie 15-jährigen Mozart (1756– J.O. Burdick (Naxos, 2010) soll Haydn gesagt haben: „Erfin1791) in Mailand gestaunt Agnus Dei aus der CD: Wolfgang Amadeus det eine schöne Melodie, und eure haben: „Dieser Knabe Mozart, Antonio Salieri: „Messe in D-Dur/HofkaMusik, welcher Art sie auch sei, wird uns alle vergessen pellmeister Messe“ (ORF, 1999) wird schön sein und gefallen.“ machen.“ Hasse wurde zu

Woher

kommt

Stefan Sell

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k o l u m n e

Hier schreibt pascal morché

„Da ist mein Koch ja musikalischer“ Oje: Unser Kolumnist findet kein gutes Haar mehr an seinen Kollegen, den Musikkritikern. Dabei ist alles historisch begründet: schon die Komponisten zogen heillos übereinander her. Leben. Was sie schreiben, wird von ihren und Chefredakteure von Tages- oder auch Oh weh, diese Kolumne wird wieder Chefs schulterzuckend durchgewunken von Wochenzeitungen für klassische Musik einige ärgern! Denn schließlich geht’s um im Allgemeinen und für Opern im Beson- und hingenommen. Und wenn der Kritidie Musikkritik. Der Kolumnist kündigte ker X mit der PR-Frau des Künstlers Y ein deretwegen einst das Abo seiner ihm hei- deren nicht sehr interessieren und es ihnen sehr gutes Verhältnis pflegt, so wird Kritimatlich ans Herz gewachsenen Süddeut- deshalb auch vollkommen wurscht ist, ob ker X auch kaum je schlecht über Künstler da nun die Tuba muffig nachmault oder schen Zeitung. Ein so schwerwiegender nicht. Die Art-Basel in Miami repräsentativ Y schreiben, sondern diesen stets willfährig Vorgang hatte natürlich auch einen äußerst im Blatt zu haben, das ist ohnehin zehntau- loben und preisen. Die Sitten sind eben wie schwerwiegenden Grund: Immer wieder ärgerte er sich über die Musikberichterstat- sendmal schicker. Aber bestimmte Opern- sie immer waren: verlottert. Da also klassische Musik auf den KulPremieren müssen nun einmal zwangsläutung des Blattes. Zur Premiere der neuen turseiten der Presse längst zu einer lustlos fig besprochen werden! Warum? Weil das „Götterdämmerung“ in Paris schoss dann zu absolvierenden Randsportart geworden ein Musikkritiker der Zeitung den Vogel ab. die anderen Blätter eben auch tun; das ist ist, wird an diesen Zuständen in Er schrieb über den Opernabend den Chefredaktionen und Verlags„die nachmaulende muffige Tuba spitzen auch nichts geändert. Von gab eigene Rätsel auf “. Na, dachte „Befreit von jedweder höheren wem denn auch? Mathias Döpfner, sich da der Leser, dieser Schreibkompetenten Kontrollinstanz fristen Vorstandsvorsitzender des Sprinstil entspringt nicht dem Geiste die Musikkritiker in Redaktionen ein ger Verlags, dürfte weit und breit eines Joachim Kaisers, wie wirkt der einzige Manager in der Medienwohl so ein muffig nachmaulenweitestgehend autonomes Leben.“ welt sein, dessen kultureller Horider Tubaklang beim Pariser Pubzont weit über den Tristanakkord likum? Der SZ-Kritiker (Wagners (und Courbets „L’Origine du monde“) hinhalt so eine gewisse innere, pflichtschuldige Ring-„Tetralogie“ nennt er auch schon mal „Trilogie“) beantwortete diese Frage in sei- Zwangsläufigkeit des Feuilletonbetriebs – ausreicht und der, da er Musik studiert hat, ein wirklich anderer Grund eine Musikkri- auch fähig ist, den Tristanakkord auseinanner Besprechung prompt mit „es packte den der zu nehmen. Das Fußvolk der Musikkritik zu drucken, besteht für den Leiter des Zuhörer und drückte ihn auch mal gegen tiker in den Tageszeitungen, das lustlos nach die Wand“. Ja, so gegen die Wand gedrückt, Resssorts Kultur zumeist (leider!) nicht. So Opern- und Konzertaufführungen mit seibefreit von jedweder höheren kompetenten klingt mitunter der Feuilleton-Ton. Meine nen Laptoppistolen in den Betten schlechter Kontrollinstanz fristen die Musikkritiker in Abo-Kündigung zeigte selbstverständlich Hotels liegt, um von hier auf OpernpremieRedaktionen ein weitestgehend autonomes keinerlei Wirkung, da sich Ressortleiter 60

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bezeichnet Puccinis „Tosca“ als „notoriren, Konzertabende und Künstler zu schie- ressieren“, schreibt Igor Strawinsky über scher Kitsch schlechter Sorte“ und Verdis ßen und nun inquisitorisch eine Musikkri- Richard Strauss, der wiederum über Arnold Schönberg lästert: „Dem armen Schönberg „Aida“ nennt er schlichtweg „scheußlich. tik zu verfassen, es ist meist kaum in der Indianermusik.“ Lage das eingestrichene C auf den Klavier- kann heute nur der Irrenarzt helfen. Ich Ja, auch Präpotenz hat einen Namen, tasten zu finden. Noch tragischer hinge- glaube, er täte besser, Schnee zu schaufeln und dieser heißt Richard Strauss. Dem Komals Notenpapier zu bekritzeln“; der „arme gen aber sind jene Musikkritiker, die das C ponisten von „Salome“ und „Rosenkavalier“ Schönberg“, welcher über Strawinsky sagt: zwar finden, aber dann doch lebenslänglich darunter leiden, es trotz dieser musikhand- „Es gibt keine sackere Gasse als ‚Sacre’“. muss es wohl sogar selbst später peinlich gewesen sein, dass er als Fünfzehnjähriger Komponisten als Kritiker, da wird einem werklich leichten Übung nicht „dort oben in einem Brief über Wagners „Siegfried“ in hin“, auf die Bühne oder auf das Podium, noch schneller schlecht als bei dem armen münchnerischer Derbheit schreibt: „Die geschafft zu haben. Ein lebenslänglicher, SZ-Mann in der Pariser Bastille-Oper. „Als ganze Scheiße kannst du in hundert Takmitunter therapiebedürftiger Minderwer- ich „La Bohème“ hörte, wurde mir ganz ten ausdrücken, denn es ist immer gleich übel von der Billigkeit und Leere dieser tigkeitskomplex, der sich in permanenter langweilig, scheußlich, hundemäßig ...“ und (leider) leidenschaftsloser BesserIn der Jugend der Komponisten scheiwisserei Kompensation verschafft. ExisAnzeige nen die Fehlurteile besonders „hundetenzen, denen eine „nachmaulende mäßig“ deutlich durchzuschlagen: „Wie muffige Tuba“ tatsächlich ganz eigene kann Mahler bei der Vierten SymphoRätsel aufgibt. Wer diese Rätsel übrinie etwas können, wo er doch schon bei gens gelöst haben will, der gebe am besder Ersten nichts gekonnt hat?“, fragt ten sofort auf Youtube „Georg Kreisler der junge Arnold Schönberg – bevor er Musikkritiker“ ein. Nach wundervollen sich zum Gustav-Mahler-Fan wandelte. sieben Minuten und sieben Sekunden Aber diese Frage hat im Gegensatz zu weiß er dann mehr über jene Spezies. Straussens Verbalinjurien ja geradezu Weiß mehr über jene Musikrichter und sprachliches Niveau; ähnlich jener Mei-henker, die nicht selten einseitig, unfair, nung von Claude Debussy zum Violineventuell PR-geschmiert und ziemlich konzert von Johannes Brahms, nämoft vollkommen unprophetisch (Chélich dass es „das Monopol der Langereau-„Ring“ im Premierenjahr) ihre weile“ halte. Bevor nun diese Zitate – es Urteile fällen. gibt sie von Händel bis Henze, also von Nun, was kümmert es bekannt„Mein Koch ist musikalischer als Gluck“ lich die Eiche, wenn sich ein Borstenbis hin zu „Ein für mich schwer erträgvieh dran wetzt? Es kümmert sie nicht, liches Parfüm lastet über dem Orchesdas ist bekannt! Was aber, wenn sich 404 S. · 34 Abb. · € 22,95 terklang der Musik Richard Wagners“ statt Borstenvieh ein Musikgenie wetzt? ISBN 978-3-15-010914-4 – langweilen, machen wir lieber damit Das müsste doch geradezu EichenborWagners Leben mit all seinen Schluss und fragen bei selbigem vielkenpolitur sein? Schließlich: „Nur der künstlerischen und politischen mehr: Warum? Genius versteht den Genius ganz“, das Implikationen, verbunden mit einer Warum ist das Genie, gerade auch schrieb so schön und hehr der Komungemein aufschluss- und kenntnisdas musikalische, selbst so mies, so fies, ponist Robert Schumann und leitete reichen Analyse des musikalischen so bös? Warum lässt es keine Götter als ein wahrer Musikschriftsteller zehn und literarischen Werks. Die Summe neben sich gelten – sogar wenn diese Jahre lang (1834 – 1844) mit profunder der jahrzehntelangen Forschung des auch schon längst tot sind und somit Sachkenntnis die „Neue Zeitschrift für Wagner-Experten Dieter Borchmeyer. wirklich nicht mehr als KonkurrenMusik“. Dort setzte er sich für Kompoten (als Mitbewerber beim Publikum) nistenkollegen wie Franz Schubert ein, in Betracht kommen? Ja, woher rührt brachte Chopin der deutschen Musikdiese schamlose Arroganz und bösarwelt nah und lancierte auch einen unbewww.reclam.de tige Überheblichkeit? Wahrscheinlich kannten jungen Mann namens Johanist die Antwort darauf ganz einfach. nes Brahms. Ein Genie erkennt eben Wahrscheinlich müssen wir für sie das Genie, es hilft und fördert und alle nicht mal einen Psychologen bemühen. Der Musik“, bekannte Benjamin Britten – auch sind sie glücklich. vollständige Mangel an Selbstkritik ist bei nicht nett. Zwar denkt man, dass Richard Ja, wenn’s denn mal nur so wäre! Von Kritikern entweder eine „déformation proder Taktlosigkeit (!) zur Unverschämtheit, Wagner mit seinem bekannterweise miesen fessionelle“ oder aber ein Ventil fürs eigene Charakter in Sachen Musikkritik den Vogel das ist für die meisten Menschen in der Zwergen-Ich. Aus Angst und Unzufriedenabschießen müsste, denn beispielsweise Regel immer noch ein großer Schritt – es heit entstehen grundsätzlich Fehl- und Vorist aber ein kleiner für einen Komponisten. fällt seine Meinung zu Franz Schuberts urteile. Dabei scheint die Angst vor dem Denn Neid, Missgunst, Niedertracht, Eifer- Klaviermusik auch nicht gerade freundlich Können des anderen – sogar bei Genies – aus: „Ein drittrangiges Talent – philiströse sucht sind wohl (ebenfalls) Triebfedern der immer noch ein klein wenig größer zu sein Sonaten“ (Wagner klaut dennoch die ersten Musikkritik, gerade auch, wenn diese von als die Unzufriedenheit mit sich selbst und Takte des Scherzos aus Schuberts „Tod und Musikgenies ausgeht. Der Beispiele gibt es das Mädchen“, um sie als Mimes Schmie- dem eigenen Unvermögen. Nun, irgendwo viele: „Ich würde gerne alle Strauss-Opern schlummern diese Gefühle bekanntlich in einem Fegefeuer übergeben, das triumphie- demotiv im „Ring“ zu nutzen). Kollege jedem von uns – nur: um sie zu ertragen, Richard Strauss ist im Vergleich zu Richard rende Banalität bestraft. Ihre musikalische Substanz ist billig und armselig. Sie kön- Wagner in seinen Urteilen und Beurtei- muss man nicht unbedingt Musikkritiker werden. nen einen Musiker heute nicht mehr inte- lungen noch gnaden- und bodenloser. Er n

Die neue große Wagner-Biographie

Reclam

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s p e c i a l : w o h n e n i m a lt e r

K u lt u r I m H au s Altersresidenzen haben sich zu Wohlfühloasen gewandelt, die Häuser bieten neben Gesellschaft und Pflege auch klassische Konzerte im eigenen Domizil.

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s o n d e rv e rö f f e n t l i c h u n g

Foto: DCM

Szene aus Dustin Hoffmans Film „Quartett“. Wohnen und Leben auf 5-Sterne-Niveau.

ichtig wohnen im Alter – wo ist das Problem? Ich wohne doch schon und ich wohne gern hier! Aber dann mehren sich die Synkopen. Was, Synkopen? Ja, Synkopen kennt nicht nur der Musiker, sondern auch jeder Mensch, der seinen Körper beobachtet: Der Mediziner nennt die blitzartigen Zuckungen, die unangemeldet durch den Körper fahren und uns sekundenlang völlig handlungsunfähig werden lassen, „Synkopen“. Synkopen im Menschen werden definiert als „kurzzeitige Bewusstseinsstörung infolge Mangeldurchblutung des Gehirns“. Synkopen erlebt der ältere Mensch häufiger und eines Tages wird daraus der erste Sturz, dem weitere Stürze folgen. In jedem Jahr brechen sich 104.000 Deutsche den Oberschenkelhals. Sie kommen ins Krankenhaus, der Bruch heilt, der Arzt sagt: „Nochmal dürfen sie sich diesen Hals aber nicht brechen! Ich rate Ihnen, entweder Ihre Wohnung umzubauen oder in eine Wohnung vom „Betreuten Wohnen“ zu gehen oder in ein Heim einzuziehen – was ist Ihnen am liebsten?“ Spätestens dann wird es Zeit, über das richtige, angemessene Wohnen im Alter nachzudenken. Und es gibt viele Möglichkeiten zwischen dem Bleiben in der eigenen, womöglich seniorengerecht umgestalteten Wohnung und dem Einzug in ein Seniorenzentrum, aber die meisten älteren Deutschen denken über diese Möglichkeiten erst nach, wenn sie hingefallen sind, wenn sie sich wehgetan haben. Die Deutschen sind Weltmeister im Verdrängen von Alter, Krankheit und Tod. Sie verhalten sich noch immer wie ihre Vorfahren im Jahre 1800 – da lebte der DurchschnittsDeutsche vier Jahrzehnte. Die Frage nach dem Wohnen im Alter war keine Frage, weil man in, mit und für die Familie lebte – und dann starb. Heute haben deutsche Frauen eine Lebenserwartung von 82 Jahren, deutsche Männer dürfen auf 77 Jahre hoffen und sie verbringen ihre längere Lebenszeit nicht mehr nur in der Familie. „Urahne, Großmutter, Mutter und Kind / in dumpfer Stube beisammen sind“ dichtete Gustav Schwab 1828 – das gilt nicht mehr. Loki Schmidt, die verstorbene Frau von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, wuchs zusammen mit den Eltern und ihren beiden Geschwistern noch in einer Wohnung mit 59 Quadratmetern auf – heute bewohnt der Durchschnittsdeutsche eine Wohnung mit 92 Quadratmetern. Dafür haben die Deutschen heute weniger Kinder oder gar keine, und wenn sie Kinder haben, wohnen diese oft nicht mehr am Eltern-Ort, sondern am Arbeits-Ort. Wohnen im Alter in Deutschland ist zu einer Herausforderung geworden, die von den meisten Menschen nicht erkannt werden will – sie glauben, sie könnten wie die „Golden Girls“ bis an ihr Lebensende in ihrer vertrauten Wohnung wohnen. Die Wahrheit ist: die meisten Deutschen sterben in einem Krankenhaus oder in einem Pflegeheim, nur etwa fünf Prozent schlafen, wie erträumt, in ihrem eigenen Bett ein und wachen nicht mehr auf. 63


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orenresidenz Mirabell in Salzburg hat Wohnen im Alter in Deutschland: wer das nach dem Tomaselli zweitschönste von den jetzt älter werdenden DeutKaffeehaus der Stadt im Erdgeschoss. schen überhaupt darüber nachdenkt Wer aber mehr die Natur sucht, und nicht glaubt, dass nur die anderen mit ihr die Stille, die schönen Blicke: das alt und älter werden – der will in den DANA Ostsee-Seniorenzentrum Neuhöheren Jahren am liebsten in seiner stadt in Holstein hat Strandzugang, und Wohnung bleiben. Im Augenblick wohman sollte eigentlich mit dem Boot, von nen etwa 70 Prozent der rund 2,4 Milder Seeseite her auf die Residenz langlionen älteren, pflegebedürftigen Deutsam zurudern. Am Wasser liegt aber schen in der Wohnung, in der sie schon auch das Cronstetten-Haus in Franklange wohnen, und werden dort betreut furt am Main, die Agaplesion Residenz und gepflegt. Von wem? Noch immer Wer behauptet, die Senioren HavelGarten in Berlin, das Johannitervor allem von den Verwandten (46%), hätten ein langweiliges Leben, war Quartier in Potsdam, die Elbschloss meistens von den erwachsenen Töchnoch nie in einer Premium-Residenz. Residenz in Hamburg. tern, seltener von den Ehemännern, Von viel Grün, von Wäldern und noch seltener von den Söhnen, immer Parks, von Naturschutzgebieten und Golfplätzen umgeben öfter von den Mitarbeitern ambulanter Pflegedienste (24%). So wie es ist, bleibt es aber nicht. Immer mehr Töchter sind die beiden Düsseldorfer Residenzen (Haus Schlosssind heute berufstätig, immer mehr Ehemänner und Söhne park, Grafenberger Wald), die SchlossResidence Mühlberg rufen für ihre älteren Eltern die Pflegedienste zu Hilfe. Die in Frankfurt am Main, die Bodenseeresidenz in Lindau, Pflegedienste kommen zu festgelegten Zeiten in die Woh- die Seniorenresidenz Parkwohnstift in Bad Kissingen, die nung und tun dort, wofür sie bezahlt werden – dann gehen Residenz Sonnmatt Luzern, die Tertianum Parkresidenz Meilen am Züricher See. sie wieder. Dabei gibt es Alternativen: die Welt des Altenheims hat sich dramatisch verändert! Neben Senioren-WG und Mehrgenerationenhaus existieren moderne „Seniorenresidenzen“, die mit dem verstaubten Image des Altenheims tatsächlich nichts mehr zu tun haben. Tertianum Residenz München Die Seniorenresidenz, die oft auch höheren Ansprüchen genügen will, bevorzugt eher vermögende, rüstige Bewohner und pflegt nicht selten lediglich ambulant. Die besten und schönsten Seniorenresidenzen in Deutschon außen wirkt das Gebäude wie ein ganz normales land, Österreich und der Schweiz haben sich im Verbund Wohnhaus im beliebten, pulsierenden Münchner Glo„Premium-Wohnen im Alter“ zusammengetan, sie werckenbachviertel. Hinter den Türen der Tertianum Residen in „Residenzen. Premium-Wohnen im Alter“ (Edidenz München verbirgt sich jedoch eine edle Seniorenresidenz. Ein Umfeld, das einen etablierten Lebensstil ermöglicht tion Neureuter, siehe Interview auf Seite 66) alljährlich und Komfort bietet wie vorgestellt, in sieben deutschen Großstädten finden im in einem Luxushotel. ersten Hotel am Platz im Frühjahr und im Herbst InforDie großen, komfortabmationstage statt. Premium-Residenzen sind Seniorenlen Wohnungen werden Wohnorte mit Hotelcharakter, wobei an Vier- und Fünfden spezifischen AnforSterne-Hotels gedacht ist. Ihre Vorzüge sind die außergederungen der Bewohwöhnlich schöne Lage, die hohen Ansprüchen genügende ner gerecht. Dabei ist Außen- und Innen-Architektur, die gediegene Verarderen Zahl mit 110 Wohbeitung bester Materialien, nicht zuletzt: der Service, nungen und 20 Pflegedas Klima – und der Ton, in dem in Premium-Häusern appartements angegesprochen wird. nehm überschaubar. Dabei sind Premium-Residenzen oft weniger teuer, Rezeption, Restaurant, als viele glauben – eine Zweizimmer-Wohnung (58,8 m²) Bibliothek, Pool und im Tertianum München kostet derzeit monatlich 3.686,40 vieles mehr sind selbstEuro, inbegriffen sind ein Drei-Gänge-Menü, wöchentverständlich in der Terliche Wohnungsreinigung und die üblichen Standardtianum Residenz. Auch Dienstleistungen. kulturell hat das Tertianum viel zu bieten: An mindestens fünf Premium-Residenzen – die schönste Art zu wohTagen in der Woche finden Konzerte, Lesungen und Vorträge nen, wenn man älter wird – liegen häufig stadtnah: Die statt. Ein Themenspektrum vom Vortrag über Stadtgeschichte Dresdner Heinrich Schütz Residenz hat die Frauenkirbis zum Chanson-Abend, von der Kammermusik bis zum Porche als Gegenüber, die Tertianum Residenz Berlin hat trät berühmter Maler, Architekten und Dichter. Hier will das das KaDeWe zum Nachbarn, die Kölner Residenz am Tertianum auch den Nachwuchs unterstützen: Das Haus ist bemüht, jungen Künstlern eine Bühne zu geben, die auf dem Dom zeigt ihre Lage im Namen an, die Villa Sibilla in Weg nach ganz oben sind. Bad Neuenahr/Ahrweiler öffnet sich zum Kurpark (und jeder Residenz-Bewohner hat dafür seinen persönlichen Tertianum Residenz München, Klenzestraße 70, 80469 München, Schlüssel), die Tertianum Residenz München liegt mitten Tel: 089-2300200, info@muenchen.tertianum.de, www.tertianum.de im angesagten Münchner Glockenbach-Viertel, die Seni-

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M ittendrin

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demenziell Erkrankte und PfleMan sieht, die Entschei„Man soll aufrecht in seine gebereiche unter einem Dach dung für die eine oder andere vereint. Die Seniorenzentren Premium-Residenz fällt nicht Alterswohnung gehen, haben längst aufgehört, ghettoleicht. Ein Probe- oder Urlaubsnicht sich hineintragen lassen.“ artige Abschiebe-Orte zu sein – Wohnen, „Residenz-Hopping“ sie werden mehr und mehr zum genannt (Katalog: Edition NeuMittelpunkt ihres Ortes, ihres reuter), macht sie leichter. Man testet die Restaurantküche, schwimmt ein paar Züge im Bad Stadtteils: Hier probt der Gesangsverein, hier treffen sich die oder im See, schaut sich im Wellness-Bereich um, geht ein paar „Weight Watchers“, hier hält die Volkshochschule ihre Kurse Schritte am Wasser oder im Park, hört von fern, wie Instru- ab, hier bekommen die Kinder der benachbarten Schule ihr mente gestimmt werden, hört Sängerinnen und Pianisten, aber Mittagessen, hier gibt es das einzige verbliebene Kino – wer auch Schriftstellern, Kabarettisten oder Naturwissenschaftlern das im Modell sehen will, der fahre in den 10.000-Einwohzu – alle Premium-Residenzen haben den Ehrgeiz, Künstler ner-Ort Höhenkirchen-Siegertsbrunn, 30 km südöstlich von und Vortragende für sich zu entdecken, die berühmt zu wer- München, und sehe sich das Seniorenzentrum „Wohnen am den versprechen und nicht selten haben die für Kultur zustän- Schlossanger“ an. Bevor sich also die Synkopen häufen und die Stürze mehdigen Residenz-Mitarbeiter Glück. Premium-Häuser sind eben ren, sollte man einmal in Ruhe darüber nachdenken, wie man Seniorenresidenzen besonderer Art. Wem aber die Edel-Ausgabe nicht gefällt, wer sich für im Alter leben und wohnen möchte – mindestens so lange, wie eine Premium-Residenz nicht fit genug fühlt, wer weniger man früher überlegt hat, ob man das nächste Auto kaufen soll Geld ausgeben mag: Auch das ganz normale „Seniorenzen- – und sich dann entscheiden. Der frühere Münchner Oberbürtrum“ gleicht längst nicht mehr dem früheren Pflegeheim germeister Hans-Jochen Vogel, Jahrgang 1926, sagte einmal, – das Heim entwickelte sich zur mehrstufigen Einrichtung, man solle „aufrecht in seine Alterswohnung gehen“, nicht: sich die Betreutes Wohnen, Senioren-Wohngruppen, Bereiche für hineintragen lassen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Augustinum Stuttgart

Augustinum Meersburg

urbanes J uwel

P anoramablick

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Augustinum Stuttgart-Killesberg, Oskar-Schlemmer-Straße 5, 70191 Stuttgart Tel. 0711-58531-922, www.augustinum.de

Augustinum Meersburg, Kurallee 18, 88709 Meersburg Tel. 07532-4426-1812 www.augustinum.de

ie Bewohner des Augustinum leben in einem echten urbanen Juwel: Klassisch modern präsentiert sich die Architektur der Seniorenresidenz Stuttgart-Killesberg in klaren Formen, in Toplage auf dem Killesberg und in direkter Nachbarschaft zur Kunstakademie, zur historischen Weißenhof-Siedlung und zum Gelände der Landesgartenschau. Schöne Spazierwege führen von dort direkt in die Innenstadt. Beste Betreuung und Pflege in allen Lebenslagen – dieses Credo verwirklicht das Augustinum vor allem aber mit seinem Versprechen der Pflege in der eigenen Wohnung: Im Augustinum gibt es selbst im Härtefall keinen Umzug auf eine Pflegestation. Das Augustinum beinhaltet nicht nur ausgezeichnete Gastronomie, einen großen Wellness- und Sportbereich mit Schwimmbad, eine Bibliothek, Clubräume und ein eigenes Theater. Darüber hinaus können die Bewohner ein ambitioniertes Kultur- und Unterhaltungsprogramm nutzen: 2013 gastieren im Stuttgarter Augustinum unter anderem die Kabarettgruppe „BosArtTrio“, das Bundesjugendballett sowie die Freiburger Puppenbühne.

om Balkon der Appartements aus hat man einen wunderschönen Blick über den Bodensee. Weit können die Bewohner des Augustinum Meersburg, das sich auf einem Hochplateau oberhalb der Meersburger Weinberge befindet, ihren Blick in die Ferne schweifen lassen. Das unverbaute Panorama breitet sich weit über den funkelnden Bodensee bis hin zu den schneebedeckten Gipfeln des Säntis aus. Hochwertige Materialien, innovatives Design und durchdachte Raumaufteilung prägen die zeitgemäße Wohnkultur und spiegeln sich in den edlen Appartements wider. Den Bewohnern soll maximale Sicherheit, dabei aber auch größtmögliche persönliche Freiheit gegeben werden. Ein umfangreiches Kulturprogramm, u.a. im Kino im hauseigenen Theatersaal, eine moderne Erlebnisküche, bei der die Bewohner ihr Essen nicht nur schmecken, sondern auch schon bei der Zubereitung sehen können, Konzerte und Kabarett sowie ein großer Sport- und Wellness-Bereich bieten die Möglichkeit, den Tag vielfältig zu gestalten und sich rundum wohlzufühlen.


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Das Casa Verdi in Mailand.

Leben mit Gi useppe In Mailand leben ältere Menschen im Haus des Komponisten Giuseppe Verdi

estkonzerte, Opern-Premieren und -Wiederauf- und liebe Gefährten meines Lebens“, die „nicht vom Glück führungen, Special Editions auf CD, DVD oder Blue- gesegnet waren oder die nicht von Jugend an die Tugend des ray, neue Sachbücher: Rund um den 200. Geburtstag Sparens besessen haben.“ Weil er persönlich keinen Dank für von Giuseppe Verdi im Oktober 2013 herrscht kein Mangel an sein Engagement wollte, konnten die ersten Bewohner erst nach Möglichkeiten, dem italienischen Komponisten auf die unter- seinem Tod Anfang 1901 einziehen. Seither wird das elegante schiedlichsten Arten zu begegnen. Exklusive KonditioAnwesen mit seiner von Spitzbögen und Säulen struknen gelten allerdings für jenes Werk, das der Maesturierten Fassade ununterbrochen gemäß seiner tro nach eigener Aussage von all seinen Hinterlasursprünglichen Bestimmung genutzt. „GeänIn mehreren senschaften am meisten schätzte: die Casa Verdi. dert hat sich nur, dass wir die Räume zwischenÜbungszimmern oder zeitlich mehrfach renoviert und die Zimmer Denn das neogotische Gebäude an der Piazza Buonarroti in Mailand ist seit 1901 als Alterssowohl umstrukturiert als auch mit eigenen im Konzertsaal kann ruhesitz Senioren vorbehalten, die ihr Leben Bädern sowie Fernseh- und Internetanschluss der Musik-Kunst gewidmet haben, italieni- Klavier gespielt werden, ausgestattet haben, wodurch sich die Anzahl sche Staatsbürger sind und besonderer Betreuwann immer einer der an Unterbringungsmöglichkeiten verringert ung bedürfen. Novum der letzten Jahre ist, dass hat“, erzählt Präsident Antonio Magnocavallo, Flügel frei ist. sie ihr Heim seit 1998 mit rund 20 Studenten teider selbst 75 Jahre alt ist. Neu sei auch der Auslen, die das Mailänder Konservatorium oder andere bau einer Abteilung für 25 Pflegebedürftige sowie musikalische Ausbildungsstätten besuchen. Alle andedie seiner Meinung nach „sehr wichtige Veränderung“ ren Besucher müssen sich auf Stippvisiten beschränken, wenn durch die Aufnahme junger Menschen. „Dass diese einmal am sie die hauseigene Krypta mit den Gräbern von Giuseppe Verdi Tag gemeinsam mit den älteren Bewohnern essen und zum Teil sowie seiner Frau besuchen, die öffentlich zugänglichen Räume auch von ihnen unterrichtet werden, sorgt für eine besondere besichtigen, die mit historischen Gemälden, altehrwürdigem Verbindung und Vitalität.“ Mobiliar und persönlichen Erinnerungsstücken vom Zylinder Abgesehen davon garantieren aber auch Aktivitäten, dass bis zum Spinett ausgestattet sind, oder im nostalgischen Kon- sich all jene Casa Verdi-Bewohner nicht langweilen, die noch zertsaal einer Darbietung lauschen. fit und aufnahmefähig genug sind. In fünf „Laboratorien“ wird Dass Gäste in diesen Genuss kommen, ist Verdis Inves- regelmäßig gebastelt, gehandarbeitet, werden Schmuck und Blutition zu verdanken, der 1889 ein 3.000 Quadratmeter großes mengestecke genauso gestaltet wie die Hauszeitung „La Voce di Grundstück außerhalb der Porta Garibaldi kaufte; zunächst Casa Verdi“. Zusätzlich stehen Ausflüge, Konzert- und Opernohne konkrete Idee, was er daraus machte sollte, dann aber mit besuche in der Scala auf dem Programm, zu der eine besonders dem Plan, dort vom Bruder seines Librettisten Camillo Boito enge Beziehung besteht, waren dort doch Bewohner wie der eine „casa di riposo“ für ebenso betagte wie finanziell schlecht Flötist Paolo Varetti früher zu hören. Außerdem kann in mehgestellte Klang-Künstler zu errichten; genauer gesagt für „arme reren Übungszimmern oder im Konzertsaal Klavier gespielt 66

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Fotos: Diego Rinaldi, by courtesy of Casa di Riposo per Musicisti Fondazione Giuseppe Verdi, Milano


werden, wann immer einer der Flügel sein „Schmuckstück“ ist. Hausbewohfrei ist. Äußerst beliebt sind auch die ner in spe stehen ohnehin ständig auf täglich zelebrierten Zusammenkünfte der Warteliste, weil außer dem einzigfür Kartenspieler. Gruppenzwang gibt artigen Jahrhundertwende-Ambiente es für die knapp fünf Dutzend 65- bis der Casa Verdi und dem Gleichgesinnüber Hundertjährigen aber nicht, die ten-Kreis ihrer Klientel auch das breit hier bis zu ihrem Tod wohnen köngefächerte Angebot und die verhältnen. Wer sich lieber in sein Zimmer nismäßig günstigen Preise Argumente zurückzieht, das mit eigenen Möbeln für sie als Alterssitz sind. Im Gegensatz und Erinnerungsstücken wie Fotos zu den Anfangsjahren, als der Etat laut oder Veranstaltungs-Plakaten eingeTestament mit Tantiemen für mittrichtet werden kann, darf das bis auf lerweile erloschene Rechte an Verdidrei gemeinsame Mahlzeiten in der Werke bestritten wurde, wird heute Sala da Pranzo ungestört tun. Über zwar eine Monatspauschale für Untereinen Kamm scheren lassen sich jene kunft, Verpflegung und Rundum-SerIndividuen nämlich nicht, die zuvor vice vom Arzt bis zur Friseurin verals Sänger, Tänzer, Dirigenten, Komlangt. Da diese allerdings maximal ponisten oder Instrumental-Virtuo80 Prozent der zur Verfügung stehensen im Rampenlicht standen. „Eine den Rente beträgt, liegen die Kosten tonangebende Primadonna wie die deutlich unter dem in Mailand üblikapriziöse Jean in Dustin Hoffmanns chen Altersheim-Niveau, freigiebigen Film ‚Quartett’ haben wir hier zum Spendern sowie geschickten FinanzGlück nicht“, verrät Antonio MagnoVerwaltern sei Dank, die ausreichend cavallo. „Aber ein gewisses KonkurGelder aus weiteren Liegenschaften Kultur gestalten und genießen im Casa Verdi renz-Denken bleibt natürlich nicht erwirtschaften. Kein Wunder, dass aus, wenn lauter Ausnahme-Persönlichkeiten unter einem von den „Gästen niemand freiwillig geht“, so Magnocavallo, der Dach leben.“ sich nur an zwei Ausnahmen erinnert: einen Mann mit Anfang Dustin Hoffmann war übrigens mit seinem Anfang 2013 60, der sich unter den wesentlich älteren Mitbewohnern nicht angelaufenen Kinofilm nicht der einzige, der sich von der Casa wohl gefühlt habe. Und einen weiteren, der in sehr schlechtem Verdi thematisch hat inspirieren lassen. Grundlage seiner ers- Zustand in der Pflegestation aufgenommen worden sei, sich aber ten Regiearbeit war das gleichnamige Theaterstück von Ronald dort in wenigen Wochen so gut erholt habe, dass er nach Hause Harwood, das seinerseits wohl auch durch den 1984 gedreh- zurückkehren konnte. „Wir haben hier eine Zukunft“, charakten Dokumentarfilm „Il Bacio di Tosca“ des Schweizers Daniel terisiert die 85-jährige Sängerin Stefania Sina auf der InternetSchmid angeregt wurde. Überdies habe sich, so Magnocavallo, seite der Casa Verdi die Besonderheit ihrer Wahl-Heimat. „Frükürzlich Damiano Michieletto die Casa Verdi angeschaut, um her habe ich immer alles alleine gemacht und ständig gekämpft. sich atmosphärisch auf seine im Sommer anstehende „Falstaff “- Hier reicht es, zu fragen, und andere tun etwas für mich. Wenn Inszenierung bei den Salzburger Festspielen einzustimmen. ich morgens die Jalousien meines schönen Zimmers mit Blick Und eine Szene des sozialkritischen Dokumentarfilms „Girl- auf die Piazza Buonarroti hochziehe, sehe ich Giuseppe Verdi, friend in a Coma“ sei ebenfalls bei ihnen gedreht worden, um widme ihm ein kurzes Gebet und beginne dann einen weiteren, die Fähigkeit des krisengeschüttelten Italien zu einer „Wieder- wunderbaren Tag.“ Den bestimme ein Angebot vom gemeingeburt“ an diesem laut Bill Emmott „exzellenten Ort“ zu veran- samen Singen über Gymnastik, Konzerte und Exkursionen bis schaulichen. Ein abflauendes Publikumsinteresse muss Avvo- hin zu Unterricht für auswärtige Schüler – kurzum enorm viele cato Magnocavallo also nicht fürchten, der sichtlich stolz auf Dinge, die sie „lebendig“ hielten, „sehr lebendig“.

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s p e c i a l : w o h n e n i m a lt e r

„u r ba n gebu n den“ Thomas Neureuter ist Herausgeber des Buchs „Residenzen“ und wurde selbst vom Skeptiker zum Fan moderner Seniorenheime.

nach einem sorglosen Leben doch plötzlich Herr Neureuter, Sie prägten den Begriff der nicht mehr in der eigenen Wohnung bleiben „Premium Residenzen“. An welche Zielkann. Das hat auch Vorteile für Ehepaare, die gruppe richten sich Ihre Residenzen? gemeinsam in einer Residenz wohnen: Wenn Thomas Neureuter: Wir haben es hier mit einer von beiden pflegebedürftig wird, kann einem Kreis von Menschen zu tun, die niemals er tagsüber trotzdem vom Ehepartner in der bereit waren, an eine Seniorenresidenz überWohnung versorgt werden. haupt zu denken. Es sind Senioren, die monatFassen wir also zusammen: Was macht eine lich erinen höheren Betrag für eine Residenz Seniorenresidenz zur „Premium-Residenz“? ausgeben können. Auch ich stelle mir öfter vor: Wie möchte ich älter werden? Da ist es besonders wichtig, dass Gut geschultes Personal, das die Bewohner höflich, mit Disim Alter auch eine Pflegeversorgung gesichert ist. Wo gehe ich tanz und Nähe behandelt. Und ihn als Gast respektiert. Der also hin? Da gibt es diejenigen, die sagen: Ich lebe so lange ich Hotelcharakter einer Residenz ist eine wichtige Voraussetzung. Das heißt: Ich habe kann in meiner Wohnung, eine Rezeption, ein sehr bis ich pflegebedürftig gutes Restaurant und ein werde, dann entscheiden hervorragendes Veranmeine Kinder über einen staltungsprogramm. Die Aufenthalt in einem PfleResidenz am Dom Häuser müssen außerdem geheim. Aber 90 Prozent stadtnah sein, urban angeder 16 Millionen Menbunden. schen über 65 denken Apropos Veranstaltungen. noch so. Von den verbleiWie wichtig ist die kultubenden 150.000 sind es relle Anbindung im Alter? wiederum nur 20.000 bis er weltberühmte Kölner Dom zum greifen nah und gleich Das ist ein sehr sehr 30.000, die sich mit einer um die Ecke – die besondere Lage macht die Residenz wichtiger Punkt. Denn, Residenz anfreunden könam Dom zu einem ganz besonderen Domizil mit attraktivem Wohn- und warum gehe ich in eine solnen. Betreuungskonzept. che Residenz? Ich möchte Wieso haben wir solche Wer hohe Ansprüauch, dass ich dort unterAngst vor den „Altersche an Lebensquahalten werde. Das sind heimen“? lität im Alter stellt, doch kulturell interessierte Meistens kann man dort ist hier bestens Menschen, die in ihrem nicht selbstbestimmt aufgehoben. Das Leben einiges erlebt und leben. Da muss sich etwas Credo des Hauses gesehen haben. Später ist ändern. Die Premiumist: Die Menschen es nicht immer möglich, Residenzen bemühen sich, sollen sich wohlfühsich Opern- und Konzertdem Anspruch bei dieses len, egal wo sie sich abende anzusehen. DesKlientels gerecht zu wergerade aufhalten. wegen haben unsere Häuden. Ein umfangreiches ser alle Konzerträume, in Welchen Anspruch stelRahmen- und Kuldenen Veranstaltungen len die Senioren, die Sie turprogramm mit stattfinden. Wir übernehgerade beschreiben? Konzerten, Kunstmen aber auch für diejeniDer Traum von vielen ausstellungen und Sprachkursen verstärken den Wohlfühlefgen, die Konzerte besuchen ist in einer Art Hotel zu fekt. Außerdem gibt es einen Wellness- und Fitness-Bereich, möchten, die Organisation. leben. Darüber hinaus ein langes Schwimmbecken, eine große Bibliothek mit offenem Stärkt der gemeinsame geht es darum darum, Kamin. Auch auf wohltuendes Grün müssen die Bewohner Kulturgenuss dann am den nötigen Pflegekomder Residenz, trotz der zentralen Lage, nicht verzichten: Ein Ende die Gemeinschaft? fort abgedeckt zu wissen. geschmackvoll angelegter Atriumgarten mit Biotop und üppig Natürlich. Das belebt die Deswegen haben die Prebepflanzte Inseln vor dem Eingang bieten Ruhe und vielfältige Sinneseindrücke. Interessen wieder neu. Man mium-Residenzen auch nimmt wieder am Leben teil eigene stationäre AbteiResidenz am Dom, An den Dominikanern 6 – 8, 50668 Köln, und es finden sich Gleichgelungen, in die man wechTel. 0221-1664-0, www.residenz-am-dom.de sinnte. seln kann, wenn man

leben im H erzen von K öln

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Ich liebe diese festlichen Momente. Besondere Tage besonders zu feiern, war mir immer wichtig. Die festlichen Einladungen hier im Augustinum sind fĂźr mich jedesmal ein HĂśhepunkt.

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e r l e b e n

Wohin zu ­Ostern?

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Konzertkarten im Osternest? Wir zeigen Ihnen, welche Osterfestivals Sie in diesem Jahr nicht verpassen sollten. Von Martin Morgenstern

Die Hiobsbotschaft traf Peter Alward aus heiterem Himmel, und ausgerechnet an einem Freitag, dem 13. „Ich hatte schon vor, hinzuschmeißen,“ gestand der frischgebackene Intendant der Salzburger Osterfestspiele, „aber ich erreichte meinen Anwalt nicht!“ Na, manchmal ist es gut, seine Entscheidungen ein Wochenende lang zu überschlafen. Nämlicher Anwalt brachte jedenfalls zwei Tage später Peter Alward und Christian Thielemann zusammen – der eine: „Wir haben uns ja ewig und drei Jahre nicht gesehen!“, der andere: „Sag mal, was war denn da los?“ Im Endeffekt versprach der Dirigent, sich und sein Orchester, die Sächsische Staatskapelle, ab sofort über Ostern in Salzburg einzuquartieren. „Die Euphorie und Vorfreude ist immens,“ sagt Alward, „Thielemann: das ist ein Dirigent im Geiste Karajans, aber mit modernen Methoden!“ So erleben also die Osterfestspiele, die 1967 von Herbert von Karajan gegründet worden waren, durch seinen ehemaligen Assistenten eine Wiedergeburt. Die Opernaufführungen werden Koproduktionen mit der Semperoper Dresden sein: Die Premieren werden in Salzburg stattfinden, die Produktion wandert dann später – mit anderen Künstlern – nach Dresden (und übrigens auch nach Peking, ein weiteres aufregendes Detail der neuen Salzburger Ära). Den Premieren-Auftakt bildet dieses Jahr Richard Wagners »Parsifal« am 23. März. Eine weitere Neuerfindung Alwards ist das „Konzert für Salzburg“: Günstige Eintrittspreise sollen an diesem Abend einem jungen, in der Stadt ansässigen Publikum den Zugang zu den Festspielen ermöglichen. Und die Berliner Philharmoniker, die Salzburg bisher zu Ostern bespielten? Sie haben sich nach Baden-Baden aufgemacht, um dort – Zufall, Zufall – im exakt selben Zeitraum die Sonne zu putzen und das größte Opernhaus Deutschlands mit Leben zu füllen. Das Festspielhaus Baden-Baden ist den Kinderschuhen entwachsen, verleiht jährlich den Herbert-von-Karajan-Preis an namhafte Musiker und will 70

Das Lucerne Festival rüstet sein Konzerthaus für den Osteransturm.

Ein exotisches Programm gibt es zu Ostern beim „Printemps des Arts“ in Monaco.

dieses Jahr mit einem umfassenden ersten Osterprogramm überzeugen. Mahlers Zweite Sinfonie, Mozarts Zauberflöte, aber auch Kammermusik in Form von Meisterkonzerten und drei Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche werden zu hören sein. Fast schon ein Klassiker sind dagegen die Osterfestspiele Luzern. 1988 wurden sie erstmals veranstaltet, und bezogen sich auf die mittelalterliche Tradition der Oster- und Passionsspiele. Seit 1992 sind die Festspiele Bestandteil der drei jährlichen »Lucerne Festivals«. In ihrem Zentrum steht die sakrale Musik. Die kommenden Festspiele werden auch das Orchestra Mozart aus Bologna, erstmals Gustavo Dudamel mit dem Los Angeles Philharmonic und die Violinistin Isabelle Faust besuchen. www.crescendo.de

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Festivals zu Ostern 23.3. – 1.4. Osterfestspiele Salzburg http://www.osterfestspiele-salzburg.at 23.3. – 1.4. Osterfestspiele Baden-Baden http://www.osterfestspiele.de 16. – 24.3. Lucerne Festival zu Ostern http://www.lucernefestival.ch 15.3. – 14.4. Printemps des Arts Monaco http://www.printempsdesarts.com 29.3. – 7.4. ILJO Bayreuth http://www.osterfestival.de 15. – 31.3. Osterfestival Tirol http://2011.osterfestival.at 24.3. – 1.4. Osterfestival Graz http://styriarte.com/psalm

26.3. – 7.4. Aix en Provence http://www.festivalpaques.com/en

Was, Sie stehen eher auf Exoten, auf Ausnahmekünstler? Auf nach Monaco. Zum 29. Mal findet 2013 das bedeutendste Kunstfestival des Stadtstaates statt: An 25 Abenden sind Khmer- und Volkstanz, Filmvorführung und Meisterkurse zu erleben. An fünf thematisch gegliederten Wochenenden werden verschiedenste internationale Gäste auftreten, beispielsweise das Orchestre Symphonique Kimbanguiste, das einzige Symphonieorchester Zentralafrikas, oder das Philharmonische Orchester Nizza. Außergewöhnlich! Unter seriöser politischer Schirmherrschaft steht unser nächster Kandidat und kann eine soziale Ader vorweisen: Das Bayreuther Osterfestival bietet jungen Leuten die große Bühne. Jedes Jahr wird die Internationale Junge Orchester-Akademie neu besetzt. Die etwa 110 Musiker aus über 30 Nationen musizieren auch auf den Osterfestspielen in Bayreuth und in der nördlichen Oberpfalz. Die Erlöse der Osterfestspiele in Bayreuth kommen schwerstkranken Kindern zugute, die Schirmherrschaft hat seit letzten Jahr die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm, inne. „Auf den Spuren von Individualität und Massenphänomen“ lautet das diesjährige Motto des 25. Tiroler Osterfestivals. Musikalisch

oben: Geiger Sergey Malov gastiert in Tirol; links: Aix-en-Provence; unten: Auf das erste ­Baden-Baden Oster­ festival mit den Berliner Philharmonikern freuen sich Simon Rattle und ­Intendant Andreas ­Mölich-Zebhauser.

wird sich mit dem gesellschaftlichen Thema des Egoismus auseinander gesetzt. Dazu erklingt klassische indische Musik, Traumräume in „For John Cage“ von Morton Feldman, aber auch Bachs Markuspassion. Wie auch in Monaco werden exotische Tänze, Filme und klassische Konzerte aufgeführt. Und, voilà, ein weiterer Klassiker: Seit 2003 gehört das Osterfestival PSALM zum Kulturrepertoire der Stadt Graz. Seitdem wird jährlich zu einer religionsübergreifenden Auseinandersetzung mit den Festen, die um und in der Osterzeit liegen, geladen. Das diesjährige Festival steht unter dem Thema „Sehnsucht Afrika“ und beschäftigt sich mit den wechselseitigen Beziehungen unserer Kontinente. Dazu erklingen sowohl Werke von Bach, Saint-Saëns und Händel als auch traditionelle Musik aus Burkina Faso. Das kleinste Osterfestival unserer kleinen Liste dauert nur einen Tag. „Lieben Sie Brahms?“ ist das diesjährige Motto in Hagnau; zu einem einzigen Konzert des in Kaliningrad geborenen Pianisten Sergey Markin lädt es am Ostermontag ein. Und was wäre neugierigen Osterhasen zu raten, denen die Karten in Salzburg doch ein bisschen zu teuer sind? Hoppelt nach Aixen-Provence! Dort findet dieses Jahr ab dem 26. März die Erstausgabe eines weiteren neuen Osterfestivals statt, das auf sattsam bekannte Namen setzt. „Ehrengast“ ist der Komponist Jörg Widmann; Renaud Capuçon hat – als einer der beiden Festivalleiter – eine „Carte blanche“, und natürlich darf auch die Pianistin Hélène Grimaud, die in der kleinen Stadt geboren wurde und aufwuchs, nicht fehlen. n 71

Fotos: Luzern Tourismus; Sergey Malov; Caroline Doutre; Thomy Keat; Andrea Kremper

1.4. Osterfestival Hagnau http://www.hagnauer-klassik.de


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„Dornröschen“, getanzt vom Mikhailowsky Ballett St. Petersburg.

Die wahren Helden Die BallettFestwoche des Bayerischen Staatsballetts spannt einen Bogen zwischen Klassik und Moderne – und stemmt ein enorm dichtes Festspielprogramm. V o n M a lv e G r a d i n g e r

„Helden“ nennt sich kurz und mit gewissem Spannungspotenzial die meiers neoklassisch-dramatischem Märchenkönig-Ludwig-II.Kreation des Australiers Terence Kohler, die heuer mit der Urauf- Ballett „Illusionen – wie Schwanensee“ (25.4.); in „Steps & Times“ führung die Münchner Ballettwoche (21. – 29.4.) im Nationalthea- (28.4.) mit Stücken der britischen Neoklassik-Meister Frederick ter eröffnet. Was hinter diesem Titel steckt, hat der 29-jährige cho- Ashton und Kenneth MacMillan; in „Forever Young“ (29.4.) reographische Hoffnungsträger im crescendo-Interview vorab ver- mit faszinierend bildnerischer Ballets-Russes-Neoklassik, USraten. Heldenhaft ist auch, dass Staatsballett-Chef Ivan LiŠka ein Modern-Dance-Dramatik und zeitgenössisch skulpturaler Bewerekordreif dichtes Festprogramm stemmt. Und ein gewisses Maß gungskunst made in GB. Mit der Junior-Compagnie – Plattform für Tänzer von morgen! an Heldentum beweisen sowieso alle Tänzer – bei der heutigen – in der Heinz-Bosl-Ballettmatinée (28. 4., 11 Uhr) und der Terpsiimmens anspruchsvoll-vielfältigen Stil-Palette. In der klassischen „Danse d’école“ wird man das St. Petersbur- chore Gala (26. 4.) verspricht diese Ballettwoche ein anregendes Fest ger Michailowsky Ballett (23., 24.4.) mit einem „Dornröschen“ sei- des Tanzes zu werden und zugleich ein Crash-Kurs in Sachen Stil, nes Leiters Nacho Duato erleben. Man ist gespannt, wie der weltweit Technik und Ausdruck. Zumal die Gala-Gäste – Stars vom Staatsals Modern-Dance-Choreograph bekannte Katalane Duato – übri- ballett Berlin, vom Niederländischen Nationalballett, vom Moskauer Bolschoi und St. Petersburger Mariinsky Balgens ab Herbst 2014 Chef des Staatsballetts lett in historischen und modernen Pas de Berlin – das Tschaikowsky-Ballett auf Spitze BallettFestwoche 2013 des deux – eine kompakte Gelegenheit zum Vergestaltet hat. Garantiert ist die Qualität seiBayerischen Staatsballetts gleich bieten. ner Tänzer, angeführt von Olesya Novivom 21. bis 29. April 2013 Gala-gerecht tritt auch das Staatsballett kova (Aurora) und Leonid Sarafanov (Prinz Informationen und Kartenservice: auf in der deutschen Erstaufführung von FreDésiré), zwei vom illustren St. PetersburTel.: +49-(0)89-2185 1920 derick Ashtons „Birthday Offering“ (1956), ger Mariinsky-Ballett zu Duato gewechselte Fax: +49-(0)89-2185 1903 einem virtuosen Grand Divertissement, das superbe Erste Solisten. tickets@staatsoper.de www.staatsballett.de dann im Repertoire verbleibt. Danach das Staatsballett in John Neu72

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Fotos: Mikhailovsky Ballett St. Petersburg; Day Kol (2); Wilfried Hösl; Sakari Viika / Finnisches Nationalballett

„The Moor‘s Pavane“

„Illusionen – wie Schwanensee“

„Broken Fall“

Im Gespräch mit Choreograph Terence Kohler

Entgegengesetzte Helden-Positionen Nach seiner Ausbildung an der Mannheimer Ballettakademie unter Birgit Keil wurde der Australier Terence Kohler 2004 an ihr BallettEnsemble am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert – als Tänzer und Choreograph. Die positive Beachtung durch die überregionale Fachkritik, der „Deutsche Tanzpreis Zukunft 2007“ und wohl auch das Interesse von Staatsballett-Chef Ivan LiŠka ermutigten Kohler, sich als freischaffender Choreograph zu versuchen. Für LiŠkas Ensemble hat er seit 2009 „Once Upon an Ever After“, den Krimi „Série Noire“ und das Ravel-Ballett „Daphnis und Chloé“ kreiert. Und jetzt mit „Helden“ (21., 27.4.) seinen zweiten Münchener Abendfüller. Helden, ein enorm weites Feld ... Um ehrlich zu sein, Heldentum ist nicht mein eigentliches Thema. Ich versuche vor allem zu fragen, wie wir in unserer hochtechnologisierten Welt alle miteinander verbunden sind und dann doch auch total von einander isoliert. In Hongkong war es für mich ein Schock, dass die Menschen in den U-Bahnen jeglichen Augenkontakt verloren haben. Bei uns tippt ja auch fast jeder auf Smart- und iPhones herum. Aber es gibt bei Ihnen doch die griechischen Titanen Prometheus und Epimetheus und die Göttin Athena Parthenos. Sie passen in mein Konzept entgegengesetzter Positionen. Prometheus prescht vor, stiehlt den Göttern das Feuer und bringt es den Menschen, ohne über die Folgen nachzudenken. Bei ihm habe ich den Apple-Gründer Steve Jobs im Hinterkopf. Sein Bruder Epimetheus, „der Nachherbedenkende“, hingegen lässt die Dinge geschehen, reagiert erst dann darauf. Da beide glauben, im Recht zu sein, bekriegen sie sich. Nur Athena Parthenos, die die Helden auf ihren Reisen begleitet, bewahrt ihren kühl logischen Verstand.

Fügt sich dieser Konflikt zwischen Fortschrittsglaube und -skepsis zu einer Geschichte? Nicht auf eine traditionell lineare Weise. Hier erzähle ich aus verschiedenen Perspektiven – so dass aus der einen Sicht jemand ein Held ist, aus der anderen sein Heldentum in Frage gestellt ist. Dahinter steht die Überlegung, dass die Technologie uns zwar weiterbringen kann, wir uns jedoch der ethischen Implikationen bewusst sein müssen. Ihr Stil war bisher eher neoklassisch. Setzen Sie jetzt auch andere Mittel ein? In den vorigen Produktionen musste ich wegen des Zeitlimits mit fertigen Schrittfolgen in den Ballettsaal kommen. Diesmal ist mehr Zeit. Außerdem kenne ich die Tänzer mittlerweile sehr gut, so dass wir wirklich gemeinsam an den Nuancen arbeiten können. Und da geht es nicht um Neoklassik, sondern darum, wie man eine Idee am besten über Bewegung ausdrücken kann. Auf diese Weise kann ich die ganz individuellen körperlich-tänzerischen Fähigkeiten der Tänzer mit einbringen. Zum dritten Mal ist rosalie Ihre Raum-Licht-Kostüme-Partnerin. Sie entwirft hier eine Art Installation, die sich über meine fünf Akte hin entwickelt und wie ein Puzzle zu der Fortschrittsidee beiträgt. Sie haben Musiken von Alfred Schnittke und Lera Auerbach gewählt, die auch schon für John Neumeier komponierte. Es ist ein Glück, mit einem lebenden Komponisten zu arbeiten. Mit Lera ist es jetzt das fünfte Mal. Ihre Musik empfinde ich als weiblich, Schnittkes Musik eher als männlich. Und ich wollte die beiden wie Yin und Yang kombinieren. An Lera schätze ich besonders, dass sie ihre Musik phrasiert, so dass sie sich wunderbar tanzen lässt. Sie selbst sagte mir, dass sie während des Komponierens Tänze vor ihrem inneren Auge sieht. n 73


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Konstantin Lifschitz

Sir John Eliot Gardiner

Weltoffen Das Soli Deo Gloria Braunschweig Festival hatte sich einst rein sakraler Musik verschrieben. Nun möchte sich der künstlerische Direktor Graf von Schulenburg auch weltlicher Musik „sanft öffnen“ – ohne dabei die Wurzeln zu verlieren. Von Julia Hartel

Auch bei den drei im Juni stattfindenden Klavier-Recitals werZum elften Mal findet in diesem Jahr das „Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival“ statt. Sein künstlerischer Direktor Günther Graf den neben alten auch moderne Klänge zu vernehmen sein. Los geht von der Schulenburg hatte es 2006 zusammen mit dem Dirigenten es am 2. Juni mit Bachs „Die Kunst der Fuge“, BWV 1080, vorgetraSir John Eliot Gardiner gegründet – mit einer klaren programmati- gen von dem russischen Pianisten und Bach-Spezialisten Konstantin schen Ausrichtung: Sakralmusik in historischer Aufführungspraxis Lifschitz. Der besondere Clou: „Die Kunst der Fuge“ wird hier nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen sein: Am Veranstaltungsort des an historischen Veranstaltungsorten. Wie die Programme von 2012 und nun auch 2013 erkennen Konzerts, im Bisdorfer Schafstall, gibt es eine thematisch passende lassen, ist das Festival aber dabei, sich „sanft zu öffnen“, wie Graf von Installation des Konzeptkünstlers Andreas Slominski. Durch diesen der Schulenburg es ausdrückt. Dabei soll es seine Wurzeln auf kei- reizvollen Gegensatz von Alter Musik und Moderner Kunst, so hofft nen Fall verlieren – Alte Musik wird immer ein Bestandteil bleiben, Graf von der Schulenburg, dürften auch Kunstinteressierte angezoebenso wie die Auswahl historischer Veranstaltungsorte –, jedoch gen werden, die „wegen Bach allein vielleicht nicht unbedingt ins hat es seit dem letzten Jahr sein Spektrum erweitert: Auch weltliche Konzert gehen würden“. Die Platzierung eines Kunstwerks in einem Konzertraum stellt eine Fortsetzung der im letzten Jahr begonnenen Musik bis ins 20. Jahrhundert spielt jetzt eine gewichtige Rolle. So ist es Richard Wagner, dem anlässlich seines Geburtsjah- Reihe „Musik und bildende Kunst“ im Rahmen des Festivals dar. Einen Beitrag zum Kulturprojekt „1913 – zwischen Monarres das Konzert im Großen Haus des Braunschweiger Staatstheaters am 3. September gewidmet ist. Die Sächsische Staatskapelle Dres- chie und Moderne“ der Stadt Braunschweig, das den 100. Jahrestag den wird hier unter der Leitung von Christian Thielemann Wag- bzw. die reichs- und landespolitische Bedeutung der Hochzeit der ners Ouvertüren zu „Der fliegende Holländer“, „Rienzi“, „Lohengrin“ Kaisertochter Victoria Luise mit Ernst August von Hannover würund „Tannhäuser“ zur Aufführung bringen; Tenor Johan Botha singt digt, leistet „Soli Deo Gloria“ mit einem Konzert im Altstadtrathaus am 5. Juni. Das Klavierduo Evgeni Korou. a. die Arien „Allmächt᾿ger Vater“ („Rienzi“) liov und Ljupka Hadzigeorgieva präsenund „Inbrunst im Herzen“ („Tannhäuser“). Soli deo Gloria Braunschweig vom 31. Mai bis 18. Juni tiert hier unter dem Titel „Musik einer Zudem steht eine Komposition von Hans Werund 3. September 2013 Zeitenwende“ Klavierliteratur aus dem ner Henze auf dem Programm: „Fraternité“, Informationen und Kartenservice: Jahr 1913: „Sarkasmen“ von Sergei Proeine „Arie für Orchester“. Es spielt die SächsiTel.: +49-(0)531-166 06 oder kofjew, die „Préludes“ von Claude Debussy sche Staatskapelle Dresden. Mit Hilfe des SponTel: 01805-54 48 88 (14 Ct./Min. aus dem dt. Festnetz, Mobil max. 42 Ct./Min.) und „Le sacre du printemps“ von Igor Strasors VW ein so renommiertes Ensemble gewonwww.solideogloria.de winsky (1913 uraufgeführt), in einer Fasnen zu haben, macht Graf von der Schulenburg karten@solideogloria.de sung des Komponisten für Klavier vierbesonders stolz. 74

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Grigory Sokolov

bü un rger ter h fö aus hr ing

Klassik in unterföhring Dienstag, 23.04.2013, 20 Uhr TheaTer PoeTenPacK: Was Ihr WollT Komödie von William Shakespeare „Was ihr Wollt“ ist ein rausch der Sinne, ein Liebesrausch, der alle Spielarten der Liebe ironisiert.

foto: Bernd gurlt

händig. „Und abgerundet wird die Klavierwoche vom großen Sokolov“, freut sich Graf von der Schulenburg. Der weltweit erfolgreiche russische Pianist Grigory Sokolov wird am 7. Juni im Staatstheater Braunschweig auftreten und hierbei unter anderem Ludwig van Beethovens „Hammerklavier-Sonate“ darbieten. Ganz im Sinne von Tradition und Titel des Festivals wiederum steht das Konzert am 18. Juni mit Sir John Eliot Gardiner. Er wird im Kaiserdom Königslutter Bachs „Osteroratorium“, BWV 249, und das „Himmelsfahrtsoratorium“, BWV 11, dirigieren. Ausführende sind die beiden ebenfalls von Gardiner gegründeten Ensembles, der Monteverdi Choir und die English Baroque Soloists. Als weiterer Beitrag zur historischen Ausrichtung des Festivals ist der Start einer neuen Reihe mit Konzerten namhafter internationaler Countertenöre zu verstehen. Den Anfang macht dieses Jahr, am 16. Juni, Jochen Kowalski mit einem Konzert unter dem Motto „Wo wohnt die Liebe?“ in der Stiftskirche Steterburg. Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Henry Purcell und anderen Komponisten des Barock werden hier auf dem Programm stehen. Begleitet wird er vom Jungen Barockorchester Berlin unter der Leitung von Daniel Trumbull. Und noch ein Anliegen möchten die Festival-Veranstalter heuer durch den Beginn einer weiteren neuen Reihe verwirklichen: „Wir wollen die Konzertsäle verjüngen, das heißt, gezielt junge Leute, auch Kinder, begeistern“, erklärt Graf von der Schulenburg. Den Auftakt hierzu bildet eine musikalische „Reise durch Europa“ mit den Leipziger Blechbläsersolisten – Solisten des MDR-Sinfonieorchesters und des Leipziger Gewandhausorchesters – auf dem Rittergut Altenrode in der Nähe von Schladen am 9. Juni. Bei diesem moderierten „Konzert für die ganze Familie“ werden auch Kinderbetreuung und ein entsprechendes Catering angeboten. Man sieht: Die Begeisterung, mit der Günther Graf von der Schulenburg, eigentlich Land- und Forstwirt, bei der Sache ist, lässt immer wieder Raum für neue Ideen. Übrigens: Eröffnet wird das Festival mit zwei Aufführungen einer freien Adaption von Mozarts „Zauberflöte“ am 31. Mai und 1. Juni im restaurierten Wolfenbütteler Lessing-Theater. Der aus England stammende Regisseur Peter Brook präsentiert unter dem Titel „Eine Zauberflöte“ eine Inszenierung der Oper in einer Bearbeitung für Klavier, sieben Sänger und zwei Schauspieler – ein Highlight, auf das sich Graf von der Schulenburg persönlich ganz besonders freut. Allerdings sind diese Termine bereits fast ausverkauft. n

Fotos: Chris Christodoulou; Soli Deo Gloria Braunschweig (2); Felix Broede;

„Eine Zauberflöte“

18-23 € (erm. 15-18 €)

samstag, 04.05.2013, 20 Uhr BalleT classIqUe München: Don qUIjoTe Ballett in vier Akten eines der hauptwerke des Choreographen Marius Petipa. 20-25 € (erm. 15-20 €) Mittwoch, 08.05.2013, 20 Uhr TheaTer DorTMUnD: WoyzecK Dramenfragment von Georg Büchner Büchners vielschichtiges Drama in einer inszenierung von Kay Voges. 18-23 € (erm. 15-18 €) Donnerstag 06.06.2013, 20 Uhr TheaTer Bonn: Der KIrschgarTen Komödie in vier Akten Anton tschechows letztes Stück erzählt von tragikomisch scheiternden Verdrängungskünstlern. 18-23 € (erm. 15-18 €)

Infos und Kartenvorverkauf: bürgerhausunterföhring Münchner Str. 65 | 85774 unterföhring tel.: 089-950 81-506 | www.buergerhaus-unterfoehring.de

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März / april / mai Diese Termine sollten Sie nicht versäumen 2. April bis 5. Mai, Wolfsburg, Autostadt

Premieren

Inspirationen

27.3. Hamburg/Kulturhaus III&70 Scanners/A. Schubert (UA) 28.3. Ulm/Theater

Braunschweig/Staatstheater Saul/G. F. Händel 16.3. Erfurt/Theater 16.3.

Messa da Requiem/G. Verdi

I Medici/R. Leoncavallo 16.3.

Celebrating Sacre/M. Ravel, I. Strawinsky, C. Debussy (Ballett, UA) 16.3.

Krefeld/Theater

16.3.

Leipzig/Oper

16.3.

Neustrelitz/Landesthea-

Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny/K. Weill

Essen/Aalto Theater Frankfurt/Oper

Bonn/Forum der Bundeskunsthalle Nocturno/G. F. Haas 22.3. Dresden/SemperoperRo-

Mannheim/Nationaltheater Götterdämmerung/R. Wagner 22.3. Stuttgart/Staatstheater Baden-Baden/Festspielhaus Die Zauberflöte/W. A. Mozart 23.3. Braunschweig/Staatstheater Hype/J. Pusch (Ballett, UA) 23.3. Chemnitz/Theater Die

Salzburg/Großes Festspielhaus (A) Parsifal/R. Wagner 24.3. Berlin/Komische Oper

Hänsel und Gretel/E. Humperdinck 24.3.

Hamburg/Staatsoper

Gloriana/B. Britten 24.3.

München/Nationaltheater

25.3.

Wien/Kammeroper (A)

Hänsel und Gretel/E. Humperdinck Curlew River, The Prodigal Son/B. Britten Straubing/Theater am Hagen L‘Orfeo/C. Monteverdi 26.3.

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Wolfsburg/Theater

7.4.

Aachen/Theater

7.4.

Heidelberg/Theater

7.4.

Zürich/Opernhaus (CH)

9.4.

Fürth/Stadttheater

9.4.

Oldenburg/Staatstheater

Foto: Uri Nevo

Romeo und Julia/Berlioz (Ballett,UA)

Mainz/Staatstheater

23.3.

6.4.

Der starke Wanja/P. Fulda (UA)

Agrippina/G. F. Händel 23.3. Kiel/Theater Ballett II/A. Comestaz (Ballett, UA)

L‘Orfeo/C. Monteverdi

Lübeck/Theater

Lady Macbeth von Mzensk/D. Schostakowitsch

Die Zauberflöte/W. A. Mozart

Passau/Stadttheater

5.4.

Die Fledermaus/J. Strauss

Herzogin von Malfi/T. Rasch (Dt. EA)

23.3.

Bonn/Opernhaus

7.4. Dortmund/Theater Der Liebestrank - L‘Elisir d‘amore/Donizetti

23.3.

Johanna?/A. Stessin (Kinderoper)

3.4.

Simon Boccanegra/G. Verdi

Krabat/N. N. (Ballett, UA)

Nordhausen/Theater unterm Dach Kannst du pfeifen,

Nürnberg/Staatstheater

La Traviata/G. Verdi

22.3.

23.3.

30.3.

Die tote Stadt/E. W. Korngold

meo und Julia/S. Prokofjew (Ballett) 22.3. Greifswald/Theater Kleider machen Leute/A. Zemlinsky (Musical)

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsky

Hildesheim/Theater

Sem Mim/R. Pederneiras (Ballett) 5.4. Halle/Oper Nabucco/G. Verdi

21.3.

23.3.

30.3.

Andrea Chenier/U. Giordano

Idomeneo/W. A. Mozart

Gießen/Stadttheater

Gera/Theater

Der fliegende Holländer/R. Wagner

Parsifal/R. Wagner

23.3.

30.3.

Die Feuersbrunst/J. Haydn

L‘ Orfeo/C. Monteverdi

Eisenach/Landestheater

Cottbus/Staatstheater

Dessau/Anhaltisches Theater Siegfried/R. Wagner 30.3. Flensburg/Stadttheater

ter Die Zauberflöte/W. A. Mozart 16.3. Radebeul/Theater

23.3.

30.3. 30.3.

Pinocchio/P. Valtinoni

17.3.

Köln/Oper am Dom

Götterdämmerung/R. Wagner

Die Medici/R. Leoncavallo

17.3.

29.3.

Parsifal/R. Wagner

Graz/Opernhaus (A)

„If at all“ (Deutschlandpremiere am 5. April) Schwer zu widerstehen. Atemberaubende Kurven. Ungezügeltes Temperament. Das alles sind Attribute, die laut seinem Hersteller auf den aktuellen Scirocco von Volkswagen zutreffen. Und doch könnten sie auch problemlos auf das Programm der Movimentos Festwochen 2013 angewandt werden. So nämlich heißt das Tanz- und Kulturfestival der Autostadt in Wolfsburg. Und Volkswagen kann mehr als „nur“ Autos. Hier werden Engagement für Kunst und Kultur zum Ausdruck gebracht. Tanzbegeisterte und Kulturliebhaber können

12.4.

Basel/Theater (CH)

12.4.

Kassel/Staatstheater

12.4.

Landshut/Stadttheater

12.4.

Linz/Musiktheater (A) Spu-

12.4.

Magdeburg/Opernhaus

Idomeneo/W. A. Mozart

Readymade/C. Haring & J. Wieland (Ballett, UA) L‘Orfeo/C. Monteverdi

sich auf hochkarätigen Tanz, Klassik- und Jazzkonzerte sowie szenische Lesungen und Schauspiel freuen. Die 11. Movimentos Festwochen stehen unter dem Motto „Toleranz“, die von einer globalisierten Welt noch mehr eingefordert wird. Tanzensembles aus aller Welt treten mit zahlreichen Deutschlandpremieren sowie einer Europa- und einer Weltpremiere auf. Den Auftakt des Festivals gestalten die jungen Tänzer der Movimentos Akademie mit ihrer eigenen Produktion. Wolfsburg, Autostadt, 2.April bis 5. Mai www.movimentos.de

ren der Verirrten/P. Glass (UA)

El Rey de Harlem/H. W. Henze

Mönchengladbach/Theater Maskerade/C. Nielsen 12.4. Schwerin/Mecklenburgisches Staatstheater Eugen 12.4.

Onegin/P. I. Tschaikowsky

Bad Lauchstädt/Goethe Theater Sieg der Schönheit/G. P.

13.4.

Telemann

13.4. Hagen/Theater Selma Ježkóva/P. Rouders (Deutsche EA)

Klagenfurt/Stadttheater (A) Les Pêcheurs de Perles/G. Bizet

13.4.

www.crescendo.de

März / April / Mai 2013


13.4.

Koblenz/Theater

Die Dreigroschenoper/K. Weill 13.4.

Magdeburg/Opernhaus

Maria Stuart/G. Donizetti 13.4.

Wuppertal/Opernhaus

14.4.

Hannover/Opernhaus

Don Quichotte/J. Massenet

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsk 15.4.

Linz/Musiktheater (A) Der

Rosenkavalier R. Strauss

Karlsruhe/Badisches Staatstheater Border/L. Vollmer 17.4. Wien/Kammeroper (A) 17.4.

Béatrice et Bénédict/H. Berlioz

Rigoletto/G. Verdi

27.4. Neustrelitz/Landestheater Der Konsul/Gian Carlo Menotti 27.4. Saarbrücken/Saarländ. Staatstheater Rigoletto/G. Verdi 27.4. Wiesbaden/Staatstheater

Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny/K. Weill

Berlin/Staatsoper im Schillertheater Der fliegende

28.4.

Holländer/R. Wagner 28.4.

Bonn/Opernhaus

Braunschweig/Staatsthea-

Tristan und Isolde/R. Wagner

Jetzt wird ­gefeiert!

student/C. Millöcker (Operette) 11.5.

Hannover/Opernhaus

Inferno/J. Mannes (Ballett)

Würzburg/Mainfrankentheater Cyrano de Bergerac/A. Vita 11.5.

(Ballett, UA) 12.5.

Frankfurt/Oper

12.5.

Linz/Musiktheater (A)

12.5.

Nürnberg/Staatstheater

La Fanciulla del West/G. Puccini Opernmaschine/P. Androsch, P. Olbeter, R. Olbeter (UA) Rusalka/A. Dvořák

Mannheim/Nationaltheater Szenen aus Goethes Faust/R.

13.5.

18.4.

Duisburg/Opernhaus

28.4.

Luzern/UG (CH)

ter Così fan tutte/W. A. Mozart Erfurt/Theater

Schumann (konzertant)

18.4.

28.4.

13.5.

Wien/Kammeroper (A) Berlin/Tischlerei

Dresden/Staatsoperette

1.5. Frankfurt/Bockenheimer Depot Landschaft mit einem ent-

14.5.

19.4.

16.5.

Basel/Theater (CH)

16.5.

Ulm/Theater

Arche Noah/B. Britten

Ansichten einer Reise - Musiktheater zum Odyssee-Mythos (UA) Eine Nacht in Venedig/J. Strauß (Operette)

19.4. Würzburg/Mainfrankentheater La Traviata/G. Verdi 20.4. Kaiserslautern/Pfalztheater Così fan tutte/W. A. Mozart 20.4. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Die Regimentstoch-

ter/Donizetti

Simon Boccanegra/G. Verdi

fernten Verwandten/H. Goebbels

Berlin/Staatsoper im Schillertheater Der Jasager | Der 2.5.

Neinsager/K. Weill

Graz/Opernhaus (A)

2.5.

Junge Choreographen Werkstatt (Ballett, UA) Braunschweig/Staatstheater Dating my Memory / un|stet

Orlando/G. F. Händel

Hoffmann/J. Offenbach

War Requiem/B. Britten

Don Pasquale/G. Donizetti Baden-Baden/Festspielhaus Don Giovanni/W. A. Mozart 17.5. Mainz/Staatstheater La Ge17.5.

4.5.

rusalemme Liberata/C. Pallavicino

(Ballett, UA)

18.5.

Kiel/Theater

18.5.

Münster/Stadttheater

20.4.

Stuttgart/Staatstheater

21.4.

Berlin/Deutsche Oper Freiburg/Theater

4.5.

Greifswald/Theater

18.5.

21.4.

Stralsund/Theater

München/Nationaltheater

4.5.

Leipzig/Oper

19.5.

21.4.

Berlin/Komische Oper

4.5.

Passau/Stadttheater

20.5.

Stuttgart/Staatstheater

4.5.

St. Gallen/Theater (CH)

Ballettabend Meisterwerke Rigoletto/G. Verdi

Parsifal/R. Wagner

Helden/L. Auerbach & A. Schnittke (Ballett, UA) Osnabrück/Bergkirche

Der aus der Löwengrube errettete Daniel/G. P. Telemann 24.4.

Bern/Vidmar 1 (CH)

25.4.

Zürich/Opernhaus (CH)

Hexenhatz (Ballett, UA )

Der geduldige Sokrates/Telemann

Salzburg/Landestheater

(A) Ariodante/G. F. Händel 27.4. Berlin/Deutsche Oper Lu-

crezia Borgia/Donizetti (konzertant) 27.4.

Darmstadt/Staatstheater

Salome/R. Strauss 27.4.

Eisenach/Landestheater

Karlheinz: Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht/A. Plucis (Ballett) 27.4.

Kassel/Staatstheater

Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg/R. Wagner

Düsseldorf/Opernhaus

Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg/R. Wagner Rigoletto/G. Verdi

Das Rheingold/R. Wagner Manon/J. Massenet

Ariadne auf Naxos/R. Strauss

Mannheim/Nationaltheater Der Idiot/M. Weinberg 7.5. Straubing/Theater am Hagen Manon/J. Massenet 7.5. Wuppertal/Opernhaus 5.5.

Vollmond/P. Bausch (Ballett)

Halberstadt/Nordharzer Städtebundtheater Operngala:

9.5.

Vivat Verdi

9.5.

Köln/Oper am Dom

Der Mantel, Schwester Angelika & Gianni Schicchi/G. Puccini 9.5. Pforzheim/Theater Der Fall des Hauses Usher/P. Glass Meiningen/Südthüringisches Staatstheater Der Bettel-

10.5.

Schachnovelle/C. Halffter (UA) Salome/R. Strauss Rigoletto/G. Verdi

Solaris/D. Glanert (UA)

Ariadne auf Naxos/R. Strauss

22.5. Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Così fan tutte/W.A.Mozart 23.5. Wien/Volksoper (A)

Wagners RING an einem Abend/R. Wagner, Loriot (konzertant) 24.5.

Zwickau/Gewandhaus

25.5.

Flensburg/Stadttheater

Aufgrund politischer Streitigkeiten über die Durchführung des Baus, zwei Architekturwettbewerben und einer Volksbefragung hat sich der Bau um viele Jahre verzögert. Doch das ist nun Schnee von gestern. Das neue Linzer Musiktheater wird im April eröffnet. „Jetzt wird gespielt und gespielt! Und gefeiert!“ jubeln die Verantwortlichen. Und zwar mit „La Fura del Baus“. Die legendäre Spektakeltruppe bespielt den Volksgarten und den Vorplatz des Musiktheaters und verspricht unter dem Titel „Ein Parzival“ „ein Spektakulum mit Musik von Richard Wagner und Texten von Wolfram von Eschenbach“. Tags darauf folgt die Uraufführung von „Spuren der Verirrten“ von Philip Glass. Die Oper in drei Akten ist Auftragswerks des Landestheaters Linz, das Libretto wurde nach dem gleichnamigen Stück von ­Peter Handke von Rainer Mennicken eingerichtet. Linz, Musiktheater, „Ein Parzival“ 11. April, „Spuren der Verirrten“ 12. April (Uraufführung), www.musiktheater-linz.at

Volksopern­charakter Nicht nur der Chor der Matrosen „Steuermann, lass die Wacht“ ist es, welcher der Oper „Der fliegende Holländer“ ihren Volksoperncharakter verleiht. Richard Wagners 1843 in Dresden uraufgeführte romantische Oper ist als sein erstes auf Leitmotive aufgebautes Bühnenwerk ein Meilenstein auf seinem Weg zum Musikdrama. Am Theater für Niedersachen in Hildesheim wird die Oper um Liebe und Leidenschaft, Fluch und Erlösung als Hauptbeitrag des TfN zum Wagner-Jahr 2013 von Karsten Barthold inszeniert, die musikalische Leitung hat Werner Seitzer. Hildesheim, Theater für Niedersachen, Großes Haus, 30. März, 6., 13., 18., 23. April, 7., 22., 31. Mai und 17. Juni www.tfn-online.de

Ungewöhnliche ­Perspektiven

Tannhäuser/R. Wagner

Don Quichotte/J. Massenet 25.5. Görlitz/Theater Le Nozze di Figaro/W.A. Mozar Dessau/Anhaltisches Theater Esclarmonde/J. Massenet 26.5. Zürich/Opernhaus (CH) 26.5.

Don Giovanni/W. A. Mozart

30.5. Frankfurt/Bockenheimer Depot Teseo/G. F. Händel

„Aufbruch“ lautet das das Spielzeitthema des Oldenburger Staatstheaters in dieser Saison. Dies ist auch Leitmotiv der 11. Internationalen Tanztage und spiegelt sich in Form und Inhalt in den eingeladenen Produktionen. Neue Formen und ungewöhnliche Perspektiven zeugen von der steten Sehnsucht nach Veränderung, nach Experiment und Risiko. Peeping Toms „32 Rue Vandenbranden“ stehen dafür ebenso wie Howool Baeks verblüffendes kleines Solo „NOTHING for body“. Eröffnet werden die

ForumUsh_18.03.2013_Creszendo_90x61_Layout 1 15.01.13 11:27 Seite 1 Anzeigen

62. Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra

62. ion

21. – 30. Juni 2013

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Kulturreferat

KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM

SPIELZEIT 2012/2013

26.4.

4.5.

Sonntag, 14. April 2013, 19 Uhr

RICHARD WAGNER & MATHILDE WESENDONCK TRAUM DER EWIGEN LIEBE Ein Melodram Sonntag, 21. April 2013, 19 Uhr | Podium Junger Künstler

DUO WELL MARIA WELL [Violoncello], MATTHIAS WELL [Violine] FORUM UNTERSCHLEISSHEIM

21.4.

Fotos: Andreu Adrover; Herman Sorgeloos

Koblenz/Theater

27.4.

Sonntag, 5. Mai 2013, 19 Uhr

KATONA TWINS Weltklasse Gitarristen auf Tour Bürgerhaus Unterschleißheim Rathausplatz 1 [direkt an der S 1 Haltestelle Unterschleißheim] Karten: 089/54 81 81 81 oder 089/310 09 200 www.forum-unterschleissheim.de

77


e r l e b e n

16.3. Halle/Oper Staatskapelle Halle: Jubiläumskonzert - 20 Jahre Händelfestspielorchester 16.3. Zittau/TheaterNeue Elbland Philharmonie: Stage School Musical

Torte und Thielemann

Ludwigsburg/Forum am Schlosspark Passion 2013 - Mu-

16.3.

siktheater zu Passionsmusik von Johann Sebastian Bach

Foto: Matthias Creutziger

spiele und hochkarätigen Solisten im Rahmen eines Konzerts den 200. Geburtstag des Komponisten. Einziger Wehrmutstropfen: Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft. Doch nicht nur auf dem Grünen Hügel wird der 200. Geburtstag des Künstlers begangen. In der Stadthalle Bayreuth etwa wird „Das Liebesmahl der Apostel“ serviert sowie Opernchöre von Wagner und dessen Zeitgenossen. Die Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg führt das einzige geistliche Werk Wagners, 1843 in der Frauenkirche Dresden uraufgeführt, auf. Ebenfalls auf dem Programm: Chöre von Meyerbeer und Verdi – noch ein Geburtstagskind. Bayreuth, Stadthalle, „Das Liebesmahl der Apostel“ und Opernchöre von Wagner und Zeitgenossen, 11. Mai Bayreuth, Festspielhaus, Geburtstagskonzert: 22. Mai www.wagnerstadt.de

Tanztage im Großen Haus mit einer Uraufführung des Oldenburgischen Staatstheaters: In einem großen spartenübergreifenden Projekt setzen Guy Weizman und Roni Haver mit der Tanzcompagnie Oldenburg sowie mit Gesangssolisten, Chor und Orchester (unter der musikalischen Leitung von Thomas Dorsch) „Romeo und Julia“ von Hector Berlioz in Szene. Oldenburg, Oldenburgisches Staatstheater, 9. bis 20. April, www.staatstheater.de

Staatstheater ­auSSer Haus Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist Schauplatz von „Rigoletto“, der tragischen Oper von Giuseppe Verdi in einer Aufführung des Staatstheaters Saarbrücken. Dabei soll die weltweit einmalige Industriearchitektur der Völklinger Hütte in die ästhetische Gestaltung der Inszenierung einbezogen werden. Inszeniert wird die Aufführung von Dagmar Schlingmann, die außerordentlich froh ist, „dass wir diese Ko-

78

Musikperformance von Masako Ohta/Stephan Lanius 24.3.

Stuttgart/Staatstheater

Sinfonieorchester Aachen, Ltg: Kazem Abdullah; Jingge Yan: R. Wagner, P. Hindemith & L. van Beethoven

Aachen/Eurogress

18.3.

Hamburg/Laeiszhalle

24.3.

Hamburg/Laeiszhalle

18.3.

Reutlingen/Stadthalle

Junge Deutsche Philharmonie, Ltg: Jonathan Nott: G. Mahler

Geht mehr als Wagner und Bayreuth? Ja, Wagner und Bayreuth im Wagnerjahr. Zwei Begriffe, die ohnehin untrennbar miteinander verbunden sind, erfahren im Jahr 2013 eine weitere Steigerung der Symbiose. Ein vielfältiges Rahmenprogramm und verschiedene Sonderprojekte bereichern die Bayreuther Festspiele und mit ihnen die gesamte Stadt. Denn, so der Slogan, „Bayreuth 2013. Da steckt Wagner drin.“ Unter dem Titel „Von Leipzig nach Bayreuth“ wird der Fokus auf Richard Wagners Geburtsstadt Leipzig sowie seiner Wirkungsstadt Bayreuth und den von ihm ins Leben gerufenen Festspielen liegen. Torte wird’s am 22. Mai, dem Geburtstag des Komponisten vielleicht auch geben, auf jeden Fall aber gibt’s Christian Thielemann. Einer der derzeit herausragenden Wagnerinterpreten der Welt feiert zusammen mit dem Orchester der Bayreuther Fest-

Raisting am Ammersee/ Kulturhaus Otto HellmeierStiftung „ZWEI“ – „Raum in uns“

23.3.

17.3.

Christoph Prégardien, Wolfram Rieger: Lieder von Schubert & Wolf

Christian Thielemann

Rundfunks, Ltg: Alan Gilbert; Anna Prohaska: J. Brahms & B. Britten 22.3. Döbeln/Theater Mittelsächsische Philharmonie, Ltg: Jan Michael Horstmann; Duo Gelland

Württembergische Philharmonie Reutlingen, Ltg: Ola Rudner: Debussy, Rachmaninow & Ravel 19.3.

München/Herkulessaal

20.3.

Bonn/Beethovenhaus

20.3.

Duisburg/Mercatorhalle

Kit Armstrong & Adrian Brendel: Schumann, Liszt, Beethoven, Chopin Vilde Frang & Michail Lifits: F. Mendelssohn Bartholdy, W. Lutoslawski, J. Brahms & L. van Beethoven Duisburger Philharmoniker, Ltg: Bruno Weil: Mozart, Britten, Haydn München/Bayerisches Nationalmuseum Münchner Bach-

20.3.

Orchester, Ltg: Hansjörg Albrecht; Peter Kofler: J. S. Bach, W. F. Bach & C. P. E. Bach

Erlangen/Heinrich-LadesHalle Bamberger Symphoniker, Bay-

21.3.

erische Staatsphilharmonie, Ltg: Robin Ticciati; Lars Vogt: I. Strawinsky, E. Grieg & J. Sibelius 21.3.

Hamburg/Laeiszhalle

NDR Sinfonieorchester, Ltg: Sakari Oramo; Alina Pogostkina: H. Berlioz, R. Strauss & J. Sibelius 21.3. Hannover/Kuppelsaal Dallas Symphony Orchestra, Ltg: Jaap van Zweden; Hilary Hahn: Korngold, Wagner, Stucky & R. Strauss 21.3.

München/Herkulessaal

Symphonieorchester des Bayerischen

operation der zwei großen ‚Leuchttürme‘ im Saarland realisieren können.“ Völklinger Hütte, 27., 30. April, 3., 4., 8., 10., 11., 15., 17., 18., 19., 22., 23., 26., 29., 31. Mai, 1. und 2. Juni www.theater-saarbruecken.de

Und nun in Ludwigshafen Der „Ring des Nibelungen“, eine Ko-Produktion des Theaters im Pfalzbau Ludwigshafen mit der Oper Halle (dort am 9.3. mit der Staatskapelle Halle erfolgreich beendet) ist jetzt in Ludwigshafen zu erleben: Wieder innerhalb einer Woche kommt Wagners Operntetralogie auf die Bühne. Diesmal gibt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz den Ton an. Ludwigshafen, Theater im Pfalzbau, 21., 23., 25. und 27. April, www.theater-im-pfalzbau.de

Oscar für Richard? Ein siebenminütiger klassischer 2D-Animationstrickfilm wird im Mai im Rahmen der RichardWagner-Festtage der Stadt Leipzig Premiere feiern. Ja, im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig gibt

Hamburger Symphoniker, Ltg: Jeffrey Tate: R. Wagner & E. Elgar 24.3. Leipzig/Gewandhaus Trio Zéphyr: Haydn, Takemitsu & Ravel 25.3. Lausanne/Salle Métropole (CH) Orchestre de Chambre de

Lausanne, Ltg: Thomas Zehetmair: J. S. Bach, S. Veress & J. Haydn

26.3. Annaberg-Buchholz/Eduard-von-Winterstein-Theater

Erzgebirgische Philharmonie, Ltg: GMD Naoshi Takahashi; Julian Riem: P. I. Tschaikowski, S. Rachmaninoff & T. Schmidt-Kowalski 27.3.

Berlin/Gethsemanekirche

28.3.

Erfurt/Theater

28.3.

Hamburg/Laeiszhalle

29.3.

München/Philharmonie

Lautten Compagney Berlin, Capella Angelica, Kammerchor der Sing-Akademie zu Berlin, Ltg: Wolfgang Katschner: J. S. Bach Philharmonisches Orchester Erfurt, Solisten & Opernchor des Theaters Erfurt, Ltg: Samuel Bächli: Bach Pablo Held Trio (Jazz)

Bach Collegium München, Münchener Bach-Chor, Domsingknaben und Mädchenkantorei am Münchner Dom, Ltg: Hansjörg Albrecht: Mathäuspassion /J. S. Bach 31.3. Bad Lauchstädt/Goethetehater Vogler Quartett & David

Orlowsky: Schulhoff, Mozart

1.4.

Bregenz/Festspielhaus (A)

Symphonieorchester Vorarlberg, Ltg:

es Richard Wagner als Film. Denn, so die Produzenten, „Wagners Leben ist ein lohnendes Feld für einen aufregenden Ritt durch einen Fiebertraum aus Bildern, Bewegung und Licht“. Der ambitionierte vollanimierte Kurzfilm beleuchtet vor allem des Komponisten Nachhall in der Zeit und in der Welt, ist humorvoll erzählt und choreografiert auf den „Walkürenritt“, vom Musikprojekt Speedmöik des Gitarristen Gary Schmalzl mit E-Gitarre, Bass und Schlagzeug neu intoniert. Leipzig, Zeitgeschichtliches Forum , 24. Mai www.richard-wagner-film.com

Lyrische Szenen Ohne „Zaren und Schlachtenlärm“ komme seine Oper „Eugen Onegin“ aus, merkte schon Komponist Peter Illjitsch Tschaikowsky an und blendet sich in einer kammermusikalisch dicht gewobenen Struktur mit lyrischen Szenen wie in ein laufendes, alltägliches Geschehen abseits der Weltgeschichte ein. In russischer Sprache www.crescendo.de

März / April / Mai 2013

Fotos: Antje Zeis-Loi; 2013 Richard Wagner Film

Konzerte

11. und 22. Mai, Bayreuth, Stadthalle / Festspielhaus


4.4.

München/Philharmonie

Nigel Kennedy: Bach + Fats Waller 5.4. Leipzig/Gewandhaus Gewandhausorchester, Damen des GewandhausChores, Ltg: Kent Nagano; Midori: Debussy, Eötvös & Wagner 5.4.

Salzburg/Mozarteum (A)

Camerata Salzburg, Ltg: Douglas Boyd; Measha Brueggergosman: R. Wagner & J. Haydn

Sperger, F. Giamusso & W. A. Mozart Frankfurt (Oder)/Konzerthalle Brandenburgisches

12.4.

Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Mischa Damev; Peter Bruns: G. Rossini, J. Offenbach & L. van Beethoven

12.4.

Leverkusen/Forum

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg: Martyn Brabbins; Alina Pogostkina: W. Steffens & E. Elgarr 13.4.

Heidelberg/Kongresshaus

Renaud Capuçon; Gérard Caussé; Gautier Capuçon; Michel Dalberto: J. Brahms & G. Fauré

6.4.

Dresden/Frauenkirche

Baden-Baden/Festspielhaus London Philharmonic Orchest-

Dresdner Philharmonie, Philharmonischer Kinderchor Dresden, Philharmonischer Chor Dresden, Ltg: Michael Sanderling; Daniel Roth: F. Poulenc, G. Fauré & A. Bruckner 7.4.

Dresden/Semperoper

Staatskapelle Dresden, Ltg: Christian Thielemann; Lisa Batiashvili: Brahms 7.4. Leverkusen/Bayer Kulturhaus Edita Gruberová & l‘arte del

mondo, Ltg: Werner Ehrhardt: Arien aus Il sogno di Scipione, Idomeneo & Le nozze di Figaro

7.4.

Stuttgart/Liederhalle

Staatsorchester Stuttgart, Ltg: Sylvain Cambreling; Claudia Barainsky: F. Liszt, H. Zender & R. Schumann 8.4. Bremen/Glocke Bremer Philharmoniker, Ltg: Charles Olivieri-Munroe; Liza Ferschtman: B. Smetana, J. V. Voříšek, J. Suk & A. Dvořák 8.4.

Dortmund/Konzerthaus

K&K Philharmoniker & K&K Opernchor: Die schönsten Opernchöre 8.4. Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Aarhus Symfonieorkes-

tra, Ltg: Eugen Tzigane; Lisa Maria Cooper: C. Nielsen, B. Britten & L. van Beethoven

9.4.

Bonn/Schumannhaus

9.4.

Hamburg/Laeiszhalle

Andreas Post & Tatjana Dravenau: Schumann und Zeitgenossen Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Ltg: Peter Ruzicka; Albrecht Mayer: Wagner, Ruzicka & Schubert 9.4. Hameln/Theater Staatsorchester Braunschweig, Ltg: Nicholas Kok: Bach, Telemann & Haydn Dresden/Deutsches Hygiene-Museum Musiker der Dres-

10.4.

dner Philharmonie, Ltg: Michael Sanderling: Mozart & R. Strauss 11.4. Aachen/Theater Sinfonieorchester Aachen, Ltg: Andreas Klippert: Konzert ohne Frack: Stummfilm mit Live-Orchester - Panzerkreuzer Potemkin Dessau/Anhaltisches Theater Anhaltische Philharmonie, Ltg:

11.4.

GMD Antony Hermus; Alexander Sitkovetsky: Der Traum von Freiheit 11.4.

Innsbruck/Congress (A)

Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, Ltg. & P.: Alexander Lon quich: Strawinsky & Beethoven Neubrandenburg/Konzertkirche Neubrandenburger

11.4.

Philharmonie, Ltg: Yang Yang; Ning Feng: N. Paganini, C. Gang/H. Zhanhao & P. I. Tschaikowsky 11.4. Trier/Theater Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Ltg: Michelangelo Galeati: G. Verdi, J. M.

Potsdam/Nikolaisaal

Kammerakademie Potsdam, Ltg: Antonello Manacorda; Lisa Larsson: B. Britten & F. Schubert 20.4.

Dresden/Frauenkirche

21.4.

Düsseldorf/Tonhalle

Camerata Salzburg, Daniel Hope: »Perspektivenwechsel«

22.4. München/Prinzregententheater National Slovenian

Philharmonic Orchestra, Ltg: Benyamin Yusupov; Mischa Maisky; Lily Maisky; Sascha Maisky: Tschaikowsky, Bruch & Beethoven

22.4.

Wolfsburg/Theater

Kiev Philharmonic Chamber Orches-

NY on Tour

Hindemith, Busch & Reger

Bonn/Beethovenhaus Jan

Orchestra dell‘Accademia Nazionale die Santa Cecilia, Ltg: Sir Antonio Pappano; Ian Bostridge; Sir John Tomlinson: Henze & Tschaikowsky David Garrett

Vogler & Martin Stadtfeld: Bach, Beethoven & Schostakowitsch 17.4. Bremen/Glocke Yara Tal & Andreas Groethuysen; Sabina von Walther; Stefanie Irányi; Robert Sellier; Michael Kranebitter: J. Brahms & F. Schubert 17.4.

Heidelberg/Stadthalle

Philharmonisches Orchester Heidelberg, EuropaChorAkademie, Ltg: Yordan Kamdzhalov; Eleonore Marguerre; Vesselina Kasarova: G. Mahler 17.4.

Ludwigsburg/Musikhalle

17.4.

München/Philharmonie

18.4.

St. Gallen/Tonhalle (CH)

Monteverdi - a trace of grace

Münchner Symphoniker & MünchenChor, Ltg: Ken-David Masur; Matjaž Stopinšek: Verdi-Gala Sinfonieorchester St. Gallen, Orchester Musikkollegium Winterthur, Ltg: Douglas Boyd; Christian Poltéra: O. Schoeck & G. Mahler Bielefeld/Rudolf-OetkerHalle Bielefelder Philharmoniker, 19.4.

Ltg: Alexander Kalajdzic; Ragna Schirmer: W. Lutosławski, L. van Beethoven & B. Bartók 19.4.

Bad Reichenhall/Theater

Bad Reichenhaller Philharmonie, Ltg: Christoph Adt; Franz Hallasz: E. Schneider, J. Rodrigo & W. A. Mozart 20.4.

Duisburg/Mercatorhalle

WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg: Jukka-Pekka Saraste; Vilde Frang: A. Schönberg, Korngold & Beethoven 20.4. Hannover/Großer Sendesaal Amsterdam Sinfonietta, Ltg:

Candida Thompson; Martin Fröst: G. Mahler, A. Copland, J. Brahms, S. Rachmaninow & L. van Beethoven 20./21.4. München/Gasteig Stefan Mikisch interpretiert und erläutert am Flügel Wagners Opernwerke

26.4.

München/Herkulessaal

27.4.

Berlin/Philharmonie

28.4.

Köln/Philharmonie

RIAS Kammerchor, Ltg: Michael Gläser: J. G. Rheinberger, H. Kaminski, E. Rautavaara, M. Reger & F. Martin

Frankfurt a. Main/Kuhhirtenturm Roland Glassl: Genzmer,

17.4.

Salzburg/Mozarteum (A)

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg: Jonathan Nott; Carolin Widmann; Teodoro Anzellotti; Pierre-Laurent Aimard: S. Sciarrino, R. Saunders & H. Lachenmann

14.4.

Stuttgart/Beethovensaal

25.4.

Sabine Meyer & Fazil Say: G. Gershwin, L. Janácek, F. Say, W. Lutoslawski, W. A. Mozart & D. Milhaud

Essen/Philharmonie

15.4.

25.4. Leverkusen/Bayer Kulturhaus Baiba & Lauma Skride: Schu-

ter, Ltg: Alexander Liebreich; Isabelle Faust: Stravinsky, Haas & Brahms

Evgeny Bozhanov mit Werken von F. Liszt & A. Skrjabin 14.4. Görlitz/Theater Neue Lausitzer Philharmonie: UhRMUSIK

Hamburg/Laeiszhalle

Düsseldorf/Tonhalle

Anna Gourari: J. S. Bach/F. Busoni, F. Chopin & J. S. Bach/A. Siloti

München/Prinzregententheater Münchener Kammerorches-

ra, Ltg: Yannick Nézet-Séguin; AnneSophie Mutter: M. Mussorgsky; P. I. Tschaikowsky & S. Prokofjew

15.4.

25.4.

bert, Bartók, Brahms, Beethoven

Mai 2013, europaweit

14.4.

14.4.

den, Ltg: Wolfgang Hentrich; Ulf Prelle; Benedikt Hübner: Komponistenporträt Peteris Vasks

25.4.

Wien/Musikverein (A)

6.4.

Joshua Bell & Academy of St. Martin in the Fields: Beethoven, Brahms

20.4.

Foto: Lisa Marie Mazzucco

Alexander Drčar; August Zirner

Geiger Joshua Bell Es gehört zu den ältesten Symphonieorchestern der Welt und es ist das älteste der USA: Die New Yorker Philharmoniker. Im Frühjahr 2013 gastieren die New Yorker Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Alan Gilbert mit jeweils mehreren Konzerten beim Istanbul Festival, den Dresdner Musikfestspielen und dem Konzerthaus Wien sowie weiteren deutschen und europäischen Musikmetropolen. Hauptwerke sind Bruckners Symphonie Nr. 3, die „Pathetique“ von Tschaikowski sowie die „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky. Als Verstärkung bringen sich die NY Phil, deren Verantwortliche derzeit über einen Rückzug aus der Avery Fisher Hall in die Carnegie Hall diskutieren, zwei hochkarätige Musiker mit. Der Pianist Emanuel Ax wird dabei Mozarts „Klavierkonzert Nr. 25“ spielen und der Geiger Joshua Bell wird die „Serenade“ nach Platos Symposium für Solovioline, Streicher, Harfe und Percussion von Leonard Bernstein interpretieren. Zürich, Tonhalle, 6.5. / München, Gasteig, 7.5. / Essen, Philharmonie, 8.5. / Dortmund, Konzerthaus, 9.5. / Berlin, Konzerthaus, 11.5. / Dresden, Semperoper, 13.5. / Dresden, Die Gläserne Manufaktur, 14.5. / Wien, Konzerthaus, 15., 16. und 17.5. www.nyphil.org

Gürzenich-Orchester Köln, Ltg: James Gaffigan; Arabella Steinbacher: A. Berg & A. Bruckner 28.4. Neubrandenburg/Schauspielhaus Neubrandenburger Phil-

harmonie: Die Philharmonischen Cellisten & Friends

28.4.

Echternach/Trifolion (L)

Annett Louisan (Jazz) 2.5.

Düsseldorf/Tonhalle

3.5.

Linz/Brucknerhaus (A)

Florian Boesch, Justus Zeyen & Thomas Quasthoff (Sprecher): Brahms Bruckner Orchester Linz, Ltg: Karen Kamensek; Michael Barenboim: F. Mendelssohn Bartholdy & R. Strauss 3.-5.5. München/Herkulessaal und Philharmonie Philharmoni-

sches Orchester Brünn, Ltg. Aleksandar Markovic: dreitägiges WagnerWochenende 4.5.

Bamberg/Konzerthalle

4.5.

Bochum/Jahrhunderthalle

4.5.

Cottbus/Lausitz-Arena

4.5.

Eisenach/Landestheater

Bamberger Symphoniker, Ltg: Herbert Blomstedt; Yefim Bronfman: L. van Beethoven & C. Nielsen WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg: Krzysztof Urbański; Igor Levit: Tschaikowsky, Mussorgski, Ravel Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Ltg: Evan Christ: P. Manoury & G. Mahler Landeskapelle Eisenach, Ltg: GMD Carlos Domínguez-Nieto; Julian Dedu: Russland zu Gast 5.5. Kaiserslautern/SWR Studio Vielsaitiges mit Harfe und Gi-

Düsseldorfer Symphoniker, Ltg: GMD Andrey Boreyko; Gidon Kremer: R. Wagner, V. Kissine & A. Bruckner 21.4.

Hamburg/Laeiszhalle

Philharmoniker Hamburg, Ltg: Simone Young; Michaela Kaune; Bo Skovhus: R. Strauss & A. Zemlinsky 21.4.

Wittenberge/Kulturhaus

Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Kevin McCucheon: R. Wagner & G. Verdi

tra, Ltg: Roman Kofman: Haydn, Mozart & Schubert 23.4.

Dortmund/Konzerthaus

Liederabend Christian Gerhaher

24.4. Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Lera Auerbach, Kim

Kashkashian: D. Schostakowitsch, L. Auerbach & I. Strawinksy

tarre: T. Takemitsu, H. Genzmer, M. Giuliani & A. Politi 5.5.

Unterschleißheim/Forum

Katona Twins: Weltklasse Gitarristen 7.5. Bonn/Schumannhaus Norbert Anger & Nicolai Gerassimez: Schumann, Beethoven & Schostakowitsch 8.5.

Berlin/Philharmonie

24.4.

Berliner Philharmoniker, Ltg: Mariss Jansons: B. Bartók & J. Brahms

Kammerorchester und Chor Dres-

8.5.

München/Philharmonie

Dresden/Deutsches Hygiene-Museum Philharmonisches

79


e r l e b e n

Münchner Philharmoniker, Ltg: Lorin Maazel; Janine Jansen: S. Prokofjew & J. Brahms 9.5.

20. April bis 7. September, verschiedene Orte im Saarland

Bonjour Deutschland

Hamburg/Laeiszhalle

Simone Kermes 10.5.

Echternach/Trifolion (L)

12.5.

Berlin/Philharmonie

13.5.

Reutlingen/Stadthalle

15.5.

Bonn/Beethovenhaus

Barockorchester der Europäischen Union, Ltg: Lars Ulrik Mortensen: Händel & Nature

Foto: Thomas Dashuber

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Rundfunkchor Berlin, Ltg: Sir Roger Norrington; Rebecca Evans; Simon Keenlyside; Carolin Widmann: M. Bruch & R. Vaughan Williams 12.5. Görlitz/Theater Neue Lausitzer Philharmonie: ICH HÖRE WAS, DAS DU NICHT SIEHST 13.5. Bonn/Villa Prieger Viola4You: G. P. Thelemann, A. Corelli, G. T. Holst, P. D. Q. Bach & S. Engano Württembergische Philharmonie Reutlingen, Ltg: Roberto Paternostro: R. Wagner & R. Strauss Tabea Zimmermann & Igor Levit: J. Brahms, P. Hindemith, J. S. Bach, B. Britten & F. Mendelssohn Bartholdy 15.5. Jena/Volkshaus Jenaer Philharmonie, Ltg: Marc Tardue; Mateusz Moleda: Wagner, Liszt & R. Strauss 15.5. Leverkusen/Forum l‘arte del mondo & RIAS Kammerchor, Ltg: W. Ehrhardt: Kraus, Schubert 15.5.

München/Philharmonie

16.5.

Kaiserslautern/Fruchthalle

Orquestra Sinfónica de Valencia, Ltg: Omer Meir Wellber; Vadim Repin: P. I. Tschaikowsky 16.5. Düsseldorf/Tonhalle Arcadi Volodos: Schubert, Brahms, Schumann 16.5. Fürth/Kulturforum Collictif Lebocal: Barbecue mit Frank Zappa - der Mythos lebt (Jazz) 16.5. Trier/Theater Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Ltg: GMD Victor Puhl; Andrew von Oeyen: Ravel, Rachmaninoff & Roussel

Münchener Bach-Chor Menschen, die unter Triskaidekaphobie leiden, werden vermutlich in diesem Jahr nicht zu den Musikfestspielen Saar pilgern. Denn so wird die irrationale Furcht vor der Zahl 13 genannt. Und das Festival in der Großregion Saarland, Luxemburg und Lothringen findet in diesem Jahr zum 13. Mal statt (allerdings dürften diese Personen im Jahr 2013 ohnehin so ihre Probleme haben). Wie dem auch sei: Alle, die nicht in die Saar-Lor-Lux-Region reisen, verpassen etwas. Denn unter dem Motto „Bonjour Deutschland“ wird so allerhand geboten. Rund 2000 Solisten, Orchester, Bands und Chöre von Weltruf bietet die Festivalleitung auf. Länderschwerpunkt ist Deutschland und es wird ein vielfältiges Konzertprogramm und ein repräsentativer Querschnitt durch die facettenreiche Musikszene Deutschlands präsentiert. Zwar ist das Programm überwiegend klassisch ausgerichtet, je-

doch hat der künstlerische Leiter Robert Leonardy zusätzlich Veranstaltungen aus den Bereichen Rock und Pop aufgenommen, um neue Zielgruppen ansprechen und als festes Publikum für das Festival gewinnen zu können. Die Deutsche Radio Philharmonie, Frank Nimsgern und ein Wagner-Jubiläumsprogramm sind Programmpunkte in der ersten Hälfte des Festivals, Teil 2 wartet mit Oratorien, Kabarett und großen Orchestern auf. Eine Weltpremiere erleben die Besucher am 7. Juli in der Industriekathedrale Alte Schmelz in St. Ingbert. Hier kommt es zur Uraufführung „Christus am Ölberg“ als getanztes Oratorium mit der Donlon Dance Company und dem Ballett des Saarländischen Staatstheaters. Diese Aufführung wird begleitet vom Münchener BachChor und Bach-Orchester. Musikfestspiele Saar, 20.4. - 7.9., www.musikfestspielesaar.de

Matthew Barley Ensemble & Vikto-

mit deutschen Übertiteln steigt am Staatstheater Mainz die Premiere der „Lyrischen Szenen“ Tschaikowskys. Mainz, Staatstheater , 23. (Premiere), 27. März, 5., 14., 23. April, 11. und 26. Mai www.staatstheater-mainz.com

Mozart braucht Geld Um eine Finanzierungslücke von etwa 35.000 Euro zu schließen, gehen die Organisatoren des 8. Internationalen Violinwettbewerbs Leopold Mozart rund um Ehrenpräsident Bruno Weil in Augsburg neue Wege. Unter dem Motto „Mozart needs you“ kann gespendet werden. Und der Spender kann angeben, wofür sein Beitrag verwendet werden soll: für Reiseund Übernachtungskosten, die Jugendjury, Blumensträuße oder eben dort, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird. Augsburg, versch. Orte, 17.-28. April, www.leopold-mozart-competition.de

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Aktuelles von Lachnitt

Sieg der Schönheit

Seit 31 Spielzeiten erkundet der Regisseur Wolfgang Lachnitt die Welt des komponierten Wortes, der musikalisierten Handlungen, der in szenische Vorgänge verwandelten Musik. Unter der Regie des ausgewiesenen und hochdekorierten Experten, dem es in seinen Inszenierungen nie um den puren Genuss der Musik allein geht, wird im Landestheater Neustrelitz das musikalische Drama von Gian Carlo Menotti, „Der Konsul“ gegeben. Die Geschichte besticht durch ihre Aktualität: Der Schrecken des Polizeiterrors eines diktatorischen Staates und der inhumane Mechanismus einer aufgeblasenen Bürokratie werden am Beispiel eines Einzelschicksals auf beklemmende Weise dargestellt. Mit ausgeprägtem Sinn für effektvolles Theater ist Menottis „Konsul“ von unwiderstehlicher emotionaler und dramatischer Kraft. Jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn bietet der Regisseur eine Einführung an. Neustrelitz, Landestheater, 27. April, 3., 12., 25. Mai www.theater-und-orchester.de

„Alles in allem eine tolle CD“, konnte man in crescendo über die Platte „Mozart und Golijov“ des Klarinettisten David Orlowsky mit dem Vogler Quartett lesen. Im Goethe-Theater in Bad Lauchstädt gibt es die Möglichkeit, sich von dem „höchstem spieltechnischen Niveau“ der Interpretationen live zu überzeugen. Auf dem Programm stehen hier unter anderem auch die eingespielten Werke von Mozart („Stadlerquintett“), Golijov („The Dreams and Prayers of Isaac the Blind“). Mit Sicherheit: Alles in allem ein tolles Konzert. Ein weiterer Höhepunkt in den kommenden zwei Monaten ist am 13. April das Gastspiel des Chors des Theaters Osnabrück und des Osnabrücker Symphonieorchester. Auf dem Spielplan steht der „Sieg der Schönheit“, ein Singspiel von Georg Philipp Telemann. Telemann schuf mit dem Singspiel sein erstes und sehr erfolgreiches Werk für die Hamburger Oper am Gänsemarkt. Geschickt passte er ein Libretto des Barockdichwww.crescendo.de

März / April / Mai 2013


ria Mullova: Peasant Girl Concert Nürnberg/Meistersingerhalle Staatsphilharmonie Nürnberg,

17.5.

Ltg: Marcus Bosch; Gunther Rost: A. Dvořák & P. Eben 17.5.

München/Herkulessaal

Münchner Symphoniker, Münchener Bach-Chor, Ltg: Hansjörg Albrecht; Ruth Ziesak; Jean Guillou: F. Poulenc, C. Saint-Saëns & J. Guillou 17.5.

Unterföhring/Bürgerhaus

German Brass: klassische Werke, aber auch Evergreens 18.5. Essen/Philharmonie WDR Sinfonieorchester Köln, Herren des WDR Rundfunkchores, Ltg: J. Hrusa; J. Dürmüller: Wagner & Liszt 18.5.

Nürnberg/Kongresshalle

Münchner Rundfunkorchester, Ltg: Christoph Poppen; Antje Weithaas; Tabea Zimmermann; Gustav Rivinius; Igor Levit: Mozart & Beethoven 20.5.

Berlin/Radialsystem V

Rundfunkchor Berlin, Ltg: Simon Halsey; Marlis Petersen; Konrad Jar-

not; Phillip Moll; Philip Mayers: Human Requiem 20.5.

Hamburg/Laeiszhalle

Grigory Sokolov

22.5. Hannover/Großer Sendesaal Diana Damrau & Xavier de

Maistre: F. Schubert, R. Strauss, E. Chausson, F. Tárrega & F. Godefroid 23.5.

Freiberg/Nikolaikirche

Mittelsächsische Philharmonie, Ltg: Jan Michael Horstmann; Sofia Gülbadamova: Brahms pur 23.5. Gotha/Stadthalle Thüringen Philharmonie Gotha, Ltg: Golo Berg; Johannes Gmeinder: R. Schumann, C. M. von Weber & J. Brahms 24.5.

harmonia Orchestra, Ltg: Esa-Pekka Salonen: E. Varèse & I. Strawinsky Saarbrücken/Congresshalle WDR Sinfonieorchester Köln,

26.5.

Ltg: Marek Janowski; Petra Lang: Hommage an Richard Wagner zum 200. Geburtstag 28.5. Ulm/CCU Das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm, Ltg: Francesco Angelico a.G.; Tamás Füzesi: C. Debussy & A. Berg 30.5.

Berlin/Elisabethkirche

Mitglieder des RIAS Kammerchors, Sheridan Ensemble: La Passion de Jeanne d‘Arc

20. - 23.3.

Stuttgart Bachwoche Frankfurt a.M. Intern.

Schumann Kammermusikpreis Neuruppin Aequinox 2.4. - 5.5. Wolfsburg Movimentos Festwochen 9. - 20.4. Oldenburg Int. Tanztage 11.4. - 5.7. Linz (A) Musiktheater Eröffnungsfestwochen 12. - 28.4. Münster Resonanz Festival 13. - 20.4. Hamelner Tanztheatertage 13. - 26.4. Burghausen Literatur-live 20.4. - 7.9. Musikfestspiele Saar 29.3. - 1.4.

21. - 29.4.

München

25. - 28.4.

Bremen jazzahead! Schleswig Gottorfer Hof-

BallettFestwoche

Frankfurt/Alte Oper

hr-Sinfonieorchester, Tschechischer Philharmonischer Chor Brno & Limburger Domsingknaben, Ltg: Paavo Järvi; Erin Wall; Michaela Kaune; Mari Eriksmoen; Karen Cargill; Charlotte Hellekant; Nikolai Schukoff; Michael Nagy; Ain Anger: G. Mahler 25.5. Hamburg/Laeiszhalle Phil-

17. - 24.3.

Festivals - 17.3.

Bad Reichenhall

- 24.3.

Arnstadt Bach Festival Berlin MaerzMusik

Mozartwoche - 24.3.

ab 15.3. Osterfestivals 16.3. - 20.4.

siehe S. 70/71 Heidelberger Frühling

26.4. - 1.5.

musik

Schwetzinger SWR Festspiele Wiesbaden Internationale Maifestspiele

26.4. - 8.6.

27.4. - 31.5.

27.4. - 31.5. Bodenseeregion (D, A, CH) Bodenseefestival

3. - 5.5.

Amerang/Schloss

Operettenfrühling

3. - 12.5. Erlangen Internationales Figurentheater-Festival 3. - 19.5. Musica Bayreuth 4.5. - 19.7. Essen Klavierfestival Ruhr 9. - 11.5. Lübeck Kammermusikfest 9. - 20.5. Göttingen Internationale Händel-Festspiele 11.5. - 2.6. Dresdner Musikfestspiele 17. - 20.5. Salzburg (A) Pfingstfestspiele 17. - 21.5. Baden-Baden Pfingstfestspiele 17. - 22.5. Marktoberdorf Internationaler Kammerchor-Wettbewerb 19. - 20.5. St. Ingbert Jazz-Festival 24. - 26.5. Erfurt Tage Mitteldeutscher Barockmusik 26. 5.- 5.10. Erl/Tirol (A) 400 Jahre Jubiläum der Passionsspiele 31.5. - 8.6. Tiroler Beethoventage (A) 31.5. - 18.6.

Braunschweig

Soli Deo Gloria

26. April bis 1. Mai, Schleswig, Schloss Gottorf

An historischen Orten wird Musikgeschichte erlebbar: Auf Schloss Gottorf findet zum zweiten Mal das Festival Gottorfer Hofmusik statt. Das Festival will die musikgeschichtliche Bedeutung Norddeutschlands neu gewichten: Die Reformation legte einen Grundstein der europäischen Musikkultur; Norddeutschland leistete dabei einen Schlüsselbeitrag. Die großartige, aber bislang noch kaum bekannte Musik der Gottorfer Hofkapellmeister wird wieder in Konzerten an ihrem Ursprungsort auf Schloss Gottorf, in der Gottorfer Schlosskapelle und im Hirschsaal, zu hören sein. Auf dem Programm stehen geistliche Musik

Fotos: Cappella Coloniensis; Özgür Albayrak; Peter Goodbody

ters Christian Heinrich Postel an die Erfordernisse seiner Musik an, in der er mit feinsinnig instrumentierten Arien und Duetten ein ganzes Spektrum an Liebesqualen ausleuchtet. Bad Lauchstädt, Goethe-Theater, 31. März (Orlowsky und Vogler Quartett) / 13. April „Sieg der Schönheit“, www.goethe-theater-bad-lauchstaedt.de

Chöre zu Pfingsten Seit 1989 trifft sich in Marktoberdorf alle zwei Jahre über die Pfingsttage die internationale Chorszene zu einem der weltweit renommiertesten Wettbewerbe für Kammerchöre. In diesem Jahr findet der Internationale Kammerchor-Wettbewerb zum 13. Mal statt. Der Chorwettbewerb ist nicht nur für die teilnehmenden Sänger ein Erlebnis, denn neben dem musikalischen Wettstreit werden zahlreiche hochkarätige Konzerte in und um Marktoberdorf herum das Programm bereichern. Internationalen Charakter

für Chor und Orgel, Musik der Renaissance für Posaunen und Orgel, Vertonungen der „Neuen Himmlischen Lieder“ von Johann Rist. Ein Höhepunkt ist das Konzert der Hamburger Ratsmusik zum 450. Geburtstag von John Dowland. Das Michaelis Consort Berlin bringt u. a. Kompositionen der Gottorfer Hofmusiker William Brade, Johann Theile und Georg Österreich, zu Klingen. Den krönenden Abschluss des Festivals 2013 bildet die Aufführung der „Evangeliendialoge“ von Johann Philipp Förtsch durch das Ensemble Weserrenaissance. Gottorfer Hofmusik, 26. April bis 1. Mai www.schloss-gottorf.de

Foto: Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen

Musikgeschichte erleben!

Der Blick in die Gottdorfer Schlosskapelle.

erhält die Veranstaltung durch Teilnehmer aus der Schweiz, aus Finnland, aus Puerto Rico, den USA, aus Frankreich, den Philippinen und natürlich aus Deutschland. In den letzten 12 Ausgaben des Wettbewerbs nahmen insgesamt 200 Chöre aus über 40 Ländern teil – in Marktoberdorf steht eben nicht der Konkurrenzgedanke im Mittelpunkt, sondern die Begegnung der Sänger, u.a. in gemeinsamen Abendkonzerten. Internationaler Kammerchor-Wettbewerb ­Marktoberdorf, verschiedene Orte, 17. bis 22. Mai www.chorverbaende.de

Barock europaweit Georg Friedrich Händel steht auf dem Programm, wenn das Barock-Orchester der Europäischen Union (kurz: EUBO) in Echternach auftritt. „Handel & Nature“ lautet der schlichte Titel des von Lars Ulrik Mortensen zusammengestellten Programms, das im Rahmen des Festival in Luxemburg dargeboten wird. Wie in jedem Jahr ermöglicht es das EUBO, jungen Musikerinnen und Musikern aus der gesamten EU, Konzerterfahrung zu sammeln. Damit soll

die Lücke zwischen den Studien an den Hochschulen und dem professionellen Musikerdasein überbrückt werden. Echternach, Trifolion , 10. Mai www.eubo.eu

Gitarristen von Welt Sie spielten bereits in den großen Konzertsälen der Welt. Die New Yorker Carnegie Hall stand schon genau so auf dem Tourneeplan der Katona Twins wie die Wigmore Hall und die Royal Festival Hall in London, die Kölner wie die Berliner Philharmonie, die Alte Oper in Frankfurt und die Suntory Hall in Tokio. Ob die Zwillingsbrüder Peter und Zoltan Katona tatsächlich „zweifellos eines der besten klassischen Gitarrenduos der Welt“ sind, davon darf man sich im Forum Unterschleißheim überzeugen. Die Bühnenpräsenz des Duos und dessen Crossover populärer Stilrichtungen begeistern. Unterschleißheim, Forum , 5. Mai www. forum-unterschleissheim.de

81


d i e

l e t z t e

s e i t e

Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE

„Brandauer und Ruhe, Das passt nicht zusammen“

crescendo: Wie kommt man darauf, einen Schauspieler wie Klaus-Maria Brandauer beim Lesen von Don-JuanTexten mit der Violine zu begleiten? Hope: Wir haben uns vor über 13 Jahren kennengelernt, als ich ihn damals einlud, Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ gemeinsam aufzuführen. Seither machen wir jedes Jahr mindestens ein Projekt zusammen. Die Idee, dass wir uns auf der Bühne ergänzen – er textlich und dramaturgisch, ich musikalisch – gibt es also schon länger. crescendo: Wie muss man sich das vorstellen: Brandauer liest einen Text von Goethe zu Don Juan und Sie fiedeln dazwischen? Hope: Nun, ich würde es aber etwas anders beschreiben: Text und Musik können sich wunderbar ergänzen, wenn man sie etwas anders präsentiert. Brandauer besitzt ungeheure Energie sowie Leidenschaft und Charisma. Ihn live zu erleben, einen Meter von ihm entfernt, ist elektrisierend. Vor allem fasziniert es mich, was er alles mit seiner Stimme machen kann, wie er Klangfarben hervorzaubert, als wäre sie ein Instrument. 82

Hope, Brandauer 2008.

Und welche Werke passen jetzt zu Don Juans Persönlichkeit? Musik von Bach, Bartók, Schulhoff, Schnittke war zum Beispiel dabei. Ich habe zum Teil auch zu Brandauers Stimme einfach nur improvisiert. Das Konzert war schnell ausverkauft. Lag das an Ihnen oder an Brandauer? Sicherlich an Brandauer, vielleicht aber auch ein wenig an Don Juan! Aber Klaus Maria Brandauer ist bestimmt ruhiger geworden in letzter Zeit. Er geht auch auf die 70 zu ...

Also Brandauer und Ruhe, das geht nicht wirklich zusammen. Im Gegenteil: er ist dieses Jahr mit einem sehr anspruchsvollen Theaterstück, „Das letzte Band“ von Samuel Beckett, auf Tournee. Es ist ein zweistündiger Monolog eines einzelnen Schauspielers, nicht unbedingt die Rolle für jemanden, der es gerne etwas ruhiger angehen möchte. Können wir Sie in diesem Jahr noch einmal zusammen mit Brandauer erleben? Ja. Wir sind Ende des Sommers auf zwei Festivals zu Gast: am 7. September bei den Meraner Musikwochen, wo ich Artist in Residence bin, und am 14. September bei Sebastian Knauers fantastischem Mozart@Augsburg Festival. Am 7. November sind wir noch einmal im Wiener Konzerthaus und nehmen uns dort des Theologen Dietrich Bonhoeffer an. Das wird sehr spannend. Was wird Ihr persönliches Highlight in diesem Jahr? Ach, es gibt viele, aber ich freue mich besonders, dass ich über ein Dutzend Mal das Violinkonzert von Benjamin Britten spielen darf. Er wäre in diesem Jahr 100 geworden, und ich liebe seine Musik! n www.crescendo.de

März / April / Mai 2013

Foto: Monika Lawrenz

Warum unser Kolumnist immer gerne die Texte des österreichischen Schauspielers „vergeigt“.


Semperoper Dresden Edinburgh International Festival Komische Oper Berlin Bei den anderen ist er zu Gast, bei uns ist er zuhause! Generalmusikdirektor

Mihkel KĂźtson Erleben Sie den estnischen Ausnahmedirigenten und die Niederrheinischen Sinfoniker. Kommen Sie zu einem unserer Sinfoniekonzerte!

Karten unter: 02151/805-125 (Krefeld) oder 02166/6151-100 (MĂśnchengladbach) www.theater-kr-mg.de www.niederrheinische-sinfoniker.de


MYTOS & MYSTERIUM

ANNA PROHASKA Enchanted Forest Arcangelo Jonathan Cohen www.anna-prohaska.de

Die beiden Seiten der Barockmusik

JULIA LEZHNEVA Alleluia Il Giardino Armonico Giovanni Antonini www.julia-lezhneva.net

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