crescendo 4/2013, Premium Ausgabe Juni - August 2013

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Ausgabe 04/2013 Juni – August 2013 www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE

CD

inkl.

Mythos Maestro Claudia Abbado Helmuth Rilling Enoch zu Guttenberg Andrés Orozco-Estrada John Axelrod Klassik ohne Grenzen Auf Entdeckungsreise in ­Syrien, Iran, Aserbaidschan, China, ­Venezuela und Südkorea Cellist Johannes Moser und „sein“ New York

Mariss Jansons

Mit dem großen Dirigenten auf Dienstreise in St. Petersburg 15 Jahre Class Aktuell! Die Vereinigung der IndependentLabels auf 32 Extraseiten. B47837 Jahrgang 16 / 04_2013

5 x Brittens „War Requiem“

5., 18. Juli und 21., 22., 23. Nov. 2013 Ralf Otto mit dem Bachchor Mainz und dem Chor der Hochschule für Musik Mainz beim Mosel Musik­ festival, Rheingau Musik Festival und in Metz, St. Ingbert, Mainz


26.06 – 28.07

2013 Alle Informationen Ăźber die Audi Sommerkonzerte 2013 unter: www.sommerkonzerte.de Audi ArtExperience


p r o l o g

Die Stabschefs

winfried hanuschik Herausgeber

Liebe Leser, als ich letzten Herbst Mariss Jansons fragte, ob wir ihn in seine Heimatstadt St. Petersburg begleiten dürfen, um ihm anlässlich seines 70. Geburtstages ein Porträt zu widmen, meinte er nur: Man solle um ihn nicht so viel Brimborium machen, die Musik sei viel wichtiger. Und er hätte doch schon alles gesagt, es gäbe da ein Interview, das vor fünf Jahren in einer großen Tageszeitung erschienen sei. Er möchte die Menschen nicht mit Wiederholungen langweilen. Das wollten wir auch nicht. Deshalb zeigen wir Ihnen den Maestro, wie Sie ihn noch nicht gesehen haben. Chefredakteur Robert Kittel reiste mit nach Russland und dokumentierte vor allem die Minuten vor und nach Jansons' Auftritt hinter der Bühne. Seine Reportage finden Sie auf Seite 18. Dem „Mythos Maestro“ nähern wir uns in dieser Ausgabe, indem wir sechs Dirigenten mit ganz unterschiedlichen Idealen nebeneinander stellen: Zum Beispiel Claudio Abbado (80), für den Musik „für das Leben notwendig ist. Sie kann es verändern, verbessern und in einigen Fällen sogar retten.“ (Seite 16). Oder Helmuth Rilling, ebenfalls 80 Jahre jung, der am liebsten gemeinsam mit Musikern und Publikum über Bachs Musik und

Botschaft nachdenken möchte (Seite 40). Enoch zu Guttenberg trafen wir auf einen Kaffee. Er überraschte uns mit der Aussage, er bekomme nach einem guten Konzert eine Depression (Seite 14). Außerdem den aufsteigenden Pultstar Andrés Orozco-Estrada mit seiner besonderen Mischung aus kolumbianischem Temperament und großer Disziplin. Genießen Sie die Weinexpertise unseres Kolumnisten John Axelrod, im Hauptberuf ebenfalls Dirigent. Er empfiehlt uns in dieser Ausgabe argentinisches Sommerfeeling mit einem Glas Malbec (Seite 68). Beeindruckt hat mich auch Bernd Dinter, in einem früheren Leben Regie-Student, heute erfolgreicher Banker. Er hat sich eine Auszeit genommen und verbringt nun den Sommer in Salzburg, um ein besonderes Komponistenprojekt zu realisieren, von dem er auf Seite 10 erzählt. Reisen auch Sie mit uns, im zweiten Schwerpunkt dieser Ausgabe, durch die Welt der Klassik in fernen Ländern: Unsere Autoren berichten aus dem Nahen Osten, Ost-Europa, Venezuela und China. Die Violinistin Wonhee Bae schreibt aus ihrer Heimat Südkorea. Ihr sehnlichster Wunsch ist es, gemeinsam mit einem Nordkoreaner ein Konzert zu spielen: „In der Musik gibt es keine Grenzen. Durch das gemeinsame Musizieren können wir erkennen, dass wir miteinander verbunden sind.“ Herzlichst,

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Fotos Titel: Marco Borggreve; Ullrich Knapp

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Ihr Winfried Hanuschik

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Ihre Abo-CD In der Premium-Ausgabe finden Sie nicht nur doppelt so viel Inhalt: mehr Reportagen, Porträts, Interviews und ­ Hintergründe aus der Welt der Klassik – in einer besonders hochwertigen Ausstattung, sondern auch unsere ­ crescendo Abo-CD. Sie ist eine exklusive Leistung unseres c­ rescendo Premium-Abonnements. Premium-Abonnenten erhalten sechs Mal jährlich eine hochwertige CD mit Werken der in der aktuellen Ausgabe vorgestellten Künstler. Mittlerweile ist bereits die 43. CD in dieser crescendo Premium-Edition erschienen.

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* Als Premium-Abonnent registrieren Sie sich beim ersten Eintritt mit Ihrer E-Mail-Adresse und Ihrer Postleitzahl. Alle anderen crescendo PremiumKäufer oder -Leser brauchen für die erstmalige Registrierung den Registrierungscode. Dieser lautet für die aktuelle Ausgabe: Registrierungscode:

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Die Pianisten der Welt beflügeln Europas neue Metropole:

P r o g r a mm

Klavier-Festival Ruhr Seit 25 Jahren: Hören, was Freude macht!

4. Mai - 19. Juli 2013 Info | Ticket: 01805-500 80 3* www.klavierfestival.de

Pierre-Laurent Aimard | Martha Argerich | Kit Armstrong & Adrian Brendel | Emanuel Ax & Frank Peter Zimmermann | Elena Bashkirova | Boris Bloch | Alfred Brendel (Vortrag) | Khatia Buniatishvili | Till Brönner & Quintett | Michel Camilo | Chick Corea & „The Vigil” | Leon Fleisher | Hélène Grimaud | Marc-André Hamelin | Evgeny Kissin | Michael Korstick | Katia & Marielle Labèque | Igor Levit | Paul Lewis | Oleg Maisenberg, Gidon Kremer & Giedre Dirvanauskaite | Gabriela Montero | Murray Perahia | Maria João Pires | Olga Scheps | András Schiff | Grigory Sokolov | Andreas Staier | Yaara Tal & Andreas Groethuysen | Nikolai Tokarev | Daniil Trifonov | Yundi | Krystian Zimerman u.v.a.

12 Die lieben Intendanten Die Chefs geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Unser Vergleich sagt, weshalb.

28 Andreas Ottensamer Der Klarinettist über Familie, Fußball und sein neues Album.

37 Byron Janis Als Horowitz-Nachfolger gehandelt, wurde Janis einer der tragischsten Pianisten.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. 08.... Blickfang Mariinsky II und seine prominenten Gäste. 10..... Ouvertüre u.a. mit der Playlist von Jan Lisiecki und einem Vergleich „aneckender“ Intendanten. 30.... Personalia Fazil Say, Gustav Kuhn & ein Nachruf auf Sir Colin Davis. 33.... Impressum 50.... R ätsel des Alltags 48.... Kolumne Pascal Morché über den Niedergang der italienischen Oper. 82.... Die Letzte Seite Daniel Hope über Benjamin Britten.

14..... Ein Kaffee mit ... Enoch zu Guttenberg. 16..... Claudio AbBado Der italienische Maestro mit Gefühl wird 80. 18..... Mariss Jansons Mit dem Dirigenten des Sinfonieorchesters des BR auf Konzertreise. 24..... M assimo Giordano Der Tenor über sein neues Album „Liebe und Schmerz“. 26.... A ndrés OrozcoEstrada Das „Wunder von Wien“ wechselt nach Frankfurt und Houston. 28.... N EWCOMER Klarinettist Andreas Ottensamer veröffentlicht sein erstes Solo-Album.

31..... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 32.... Attilas Auswahl Die wichtigsten CDs unseres Kolumnisten. 37.... Byron Janis CD-Box: Ein tragischer Held des Klavieres 40.... Helmuth Rilling Unser Autor reiste als Sänger mit dem Maestro und BachSpezialisten. Eine Hommage. 43.... Dobrinka Tabakova Komponistenporträt 46.... Ak ustik Die High-EndNeuheiten der Saison.

Das kulturelle Leitprojekt des

Kulturpartner Medienpartner

Kommunikationspartner Medienpartner

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Fotos: Lugi Caputo; Anatol Kotte / Mercury Classics / DG; RCA Sony Music Entertainment

*(0,14 €/Min. aus dem dt. Festnetz; Mobil max. 0,42 €/Min.)


Fotos: Deutschlandradio Kultur; Bob Coat; 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH

52 Klassik INternational Fünf Autoren berichten aus schwierigen Ländern wie Syrien oder Aserbaidschan.

64 Live vom Big Apple Die besten Tipps und Tricks für einen Besuch in New York – von Cellist Johannes Moser.

74 First Position Der Ballett-Dokumentarfilm porträtiert Jugendliche, die für Ballett an Grenzen gehen.

gesellschaft

Lebensart

erleben

51..... K lassik in Zahlen 52..... Weltspiegel Fünf Momentaufnahmen der klassischen Musik aus Nahost, China, Ost-Europa und Korea. 58.... Revolution 2.0 Die Künstler gehen für bessere Arbeitsbedingungen nicht auf die Straße, sondern melden sich über das Internet zu Wort! 61..... Woher kommt Eigentlich ...? ... das Lied von Carlos Santana: „Love of my life“? 62..... Pianopilger Fabio Tedde aus Italien möchte alle „Play me, I’m yours“-Klaviere bespielen – weltweit.

64.... Reise Cellist Johannes Moser über seine Wahlheimat New York City. 67..... Reisenews Die internationalen Termine und ein spannendes Privatkonzert von Martha Argerich 68.... Weinkolumne Dirigent John Axelrod über den leckeren SuperSommerwein Malbec.

70.... Mozarts Reise 250 Jahre Wunderkindreise – ein Fest in 19 Städten. 72..... Bachchor Die Mainzer widmen sich dem 100. Geburtstag von Benjamin Britten und seinem „War Requiem“. 74..... Ballettfilm Was steckt hinter dem preisgekrönten ­Dokumentarfilm „First Position“, der im Juli ins Kino kommt. 76..... Vorschau Die wichtigsten Termine des Sommers.

Exklusiv für Abonnenten Hören Sie die Musik zu u­ nseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 69.

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E n s e m b l e

Hinter der Bühne

Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern & Mitarbeitern, die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Produktion.

Virginia Tutila Unser neue Korrespondentin ist mehrere Wochen durch den Nahen Osten gereist und hat ihre Erlebnisse in einer beeindruckenden Geschichte festgehalten. Auf die Spuren der orientalischen Kulturen sei sie über die Kalligraphie gekommen, sagt die Autorin, die eigentlich in Dresden zu Hause ist. „Seit sieben Jahren bereise ich mit Begeisterung die Länder des Nahen und Mittleren Ostens, stets auf der Suche nach den Unterschieden, die uns verbinden.“ Ihre Erlebnisse lesen Sie auf Seite 52.

Wonhee Bae Es sei ihr großer Traum, mit einem Nordkoreaner Bachs Konzert für zwei Violinen zu spielen – im Idealfall sogar an einem historisch wichtigen Ort wie der Berliner Mauer. Denn Wonhee Bae stammt aus Südkorea, studiert aber in Essen das Streichinstrument. Für uns schrieb sie für unseren Schwerpunkt „Klassik International“, warum es auch für eine Südkoreanerin ein Privileg ist, hierzulande studieren zu dürfen. Ihr sehr lesenwerter Text steht auf Seite 56.

Katharina Weigert Schon zum Vorstellungsgespräch kam unsere Praktikantin mit ihrem Geigenkoffer. Denn neben ihrem Journalistik-Studium an der Universität Eichstätt spielt die Regensburger Frohnatur immer noch regelmäßig Violine. Bei einem spontanen Mini-Konzert in der crescendo-Redaktion konnten wir uns von ihren musikalischen Fähigkeiten überzeugen. Für diese Ausgabe schrieb sie den Text über die „Revolution der Künstler“. Was es damit auf sich hat und wie es überhaupt dazu kam, erfahren Sie auf Seite 58.

OTTavia Maria Maceratini Als wir der Ausnahmepianistin von dem Münchner Projekt „Play me, I’m yours“ erzählten, bei dem in der ganzen Stadt 14 bunt bemalte Klaviere aufgestellt sind, auf denen jeder spielen darf, hatte sie spontan Lust, mitzumachen. Gemeinsam mit ihr zogen wir einige Stunden durch München, und sie spielte für uns Werke von John Foulds und Franz Liszt auf drei verschiedenen Klavieren – gemütlich in Jeans und Turnschuhen, unter freiem Himmel. Als Ottavia gerade das Klavier am Weißenburger Platz spielte, stimmte plötzlich ein Passant Schuberts „Ave Maria“ an – die Pianistin begleitete den Herrn am Straßenklavier. Das Video zum musikalischen Streifzug finden Sie online auf www.crescendo.de. Mehr zu „Play me, I’m yours“ lesen Sie auf Seite 62.

In eigener Sache

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Fotos: privat

crescendo sucht Praktikanten für die Redaktion: Wenn Sie also gerne recherchieren und schreiben, und – wie wir – ein großes Interesse an klassischer Musik haben, dann bewerben Sie sich bei uns. Schreiben Sie eine Mail mit aussagekräftigen Unterlagen und Arbeitsproben an novak@crescendo.de oder per Post an Redaktion crescendo, Senefelderstraße 14, 80336 München.

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Juni – Augus t 2013


S potlight Music alproduktion G mbH & Manfred Her tlein Veranstaltungs G mbH präsentieren

SIE KOMMT NACH MÜNCHEN!


b l i c k f a n g

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Juni – August 2013


Putin, Domingo, Gergiev & das Model!

Foto: Getty Images

Wow! Das Foto entstand bei der feierlichen Eröffnungsgala des neuen St. Petersburger Aushängeschilds „Mariinsky II“. Staatschef Wladimir Putin, Stargast Plácido Domingo und Lokalmatador Valery Gergiev genossen sichtlich die Anwesenheit des berühmtesten russischen Fotomodels Natalia Vodianova, geboren 1982 in Gorki. Was der Betrachter nicht sieht: Neben Vodianova steht Sopranistin Anna Netrebko. Während Domingo und Gergiev ganz klar dem Bond-Girl zugeneigt sind, zwinkert Putin eher dem heimischen Klassikstar zu. Vor dem Champagner gab es übrigens auch Darbietungen unter der Leitung von Gergiev, der an diesem Tag auch noch seinem 60. Geburtstag feierte. Das neue Haus ist übrigens ein Koloss: 80.000 Quadratmeter Raum, 2.000 Sitzplätze, schlichtes Design und Holz von deutscher Buche, vom kanadischen Architekten Jack Diamond der perfekten Klangqualität untergeordnet. Der Clou: das Mariinsky II kostete am Ende „nur“ 500 Millionen Euro.

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ou v er t ü re

„Jedem Komponisten eine Aufgabe“ nicht eine Verbindung zur Musikstadt Salzburg finden kann. Herr Dinter, wobei stören wir Sie gerade? Ich plane gerade eine Reise nach Salzburg – unser KomUnd so haben Sie 12 Komponisten zum Komponieren ponistenprojekt soll nämlich nach New York geholt aufgefordert. Durften die sich jeweils eine Skulptur auswerden, deswegen treffe ich mich in Salzburg suchen? mit dem Manager der New York PhilharmoNein. Wir haben bewusst die Skulpturen zugeteilt. Matnic. thias Pintscher kuratiert, um jedem Komponisten eine echte „Aufgabe“ zu geben, in der sie sich authentisch Ihr Komponistenprojekt – genau darüber und individuell mit der jeweiligen Skulptur auseinanwollen wir mit Ihnen reden. Um was für dersetzen können. ein Projekt handelt es sich? Wir verbinden 12 Skulpturen, die durch In einem Konzert bringen Sie dann Musik und die Salzburg Foundation in den letzten Skulpturen zusammen? Jahren in Salzburg installiert wurden, mit Ja, wir wollten nicht draußen vor den Skulpturen 12 zeitgenössischen Kompositionen, die spielen – das würde den Kunstwerken nicht gerecht die Stiftung eigens für dieses Projekt in werden. Deswegen veranstalten wir im Rahmen der Auftrag gegeben hat. Diese Stiftung hat Salzburger Festspiele ein Konzert im Mozarteum, es sich zum Ziel gesetzt, zeitgenössische bei dem übrigens auch die Kunstwerke visualisiert Kunst in den öffentlichen Raum Salzburgs und für den Zuschauer greifbar gemacht werden. zu bringen. Wie, verrate ich aber noch nicht. Das sind Skulpturen, die das Stadtbild Welche Komponisten konnten Sie für das Projekt von Salzburg sehr verändern und mit degewinnen? nen einige Bewohner auch angeeckt sind … Alexander Pereira sagt: „Es ist die Crème de la Crème der zeitgenössischen Musik.“ Zeitgenössische Kunst sollte immer den Anspruch haben, New York hat für das Projekt zu irritieren. Ob sie aneckt schon angefragt? Bernd Dinter (54) fuhr für seine Regie-Ausbildung beim Beroder beglückt, das ist dem BeJa, es wird im MOMA nochmals liner Ensemble von 1986–89 jeden Tag über die Grenze nach trachter überlassen. Es gibt, aufgeführt. Es soll eine runde, abOst-Berlin. Heute ist er Direktor für Kunst und Kultur beim glaube ich, keine Stadt der geschlossene Sache werden. So Bankhaus Sal. Oppenheim, daneben freier Kulturschaffender. Welt, die eine solche Dichte wird es auch eine App geben, auf von Skulpturen dieser Qualider die Kompositionen eingespielt tät hat. Mit diesem Hintergrund haben der Kurator dieses Skulp- sind. Man kann also zu den Skulpturen wandeln und sich dort die turenparks, Walter Smerling, und ich uns die Frage gestellt, ob man neu geschaffene Musik anhören.

1. Rachmaninov: Piano Concerto No. 3, Op. 30 – Martha Argerich

Playlist Welche Werke hört Pianist Jan Lisiecki auf seinem iPod? Und vor allem, warum?

„Ein unglaublich inspirierendes Stück, in jeder Hinsicht.“ 2. Have A Cigar – Pink Floyd

„Die Texte des Liedes passen gerade sehr zu meiner derzeitigen Lebenssituation.“ 2. It’s a Beautiful Day – Queen

„Bringt mich zum Lachen, auch wenn es gar nicht soo schön draußen ist.“ 3. Non, je ne regrette rien – Edith Piaf

„Ich liebe das Leben und bereue ebenfalls nichts.“ 5. Offramp – Pat Metheny Group 6. In Praise Of Dreams – Jan Garbarek

Beide Stücke sind optimal, wenn man gerade auf Reisen ist. Lisieckis neues Album „Chopin Etudes“ ist soeben bei Universal erschienen.

7. Orawa – Wojciech Kilar

Meine liebste zeitgenössische Komposition! Man kann sich die Schönheit der Berge und Hügel vorstellen.

+++ So geht Musikwissenschaft heute: Schluss mit langer Blätterei in dicken Wälzern in der Bibiothek. Die Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz macht die Gesamtausgabe der Werke Christoph Willibald Glucks online verfügbar – mit bequemer Werk-Suchmaschine und den nötigen Daten zur Entstehung, Uraufführung, Erstausgabe sowie Rezeption. ++ James Levine zurück an der MET: Fast zwei Jahre ist sein letztes Dirigat her, wegen Krankheit musste er alle Produktionen absagen. Im Mai dirigierte der 69-Jährige, der seit 1973 Chefdirigent des Orchesters der Metropolitan Opera ist, erstmals wieder Konzerte mit seinem Klangkörper. Die Opernproduktionen „Falstaff“, „Così fan tutte“ und „Wozzeck“ sind noch geplant. +++ Auszeichweiter auf S. 12

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Juni – Augus t 2013

Foto: privat

Ein Anruf bei ... Bernd Dinter, der in Salzburg gerade ein Projekt mit zwölf Auftragskompositionen verwirklicht – im richtigen Leben aber bei einer Bank arbeitet.


AKTUELLE NEUHEITEN VON SONY MUSIC WIENER PHILHARMONIKER SOMMERNACHTS KONZERT 2013 VOLODOS PLAYS MOMPOU Arcadi Volodos präsentiert auf seiner langerwarteten neuen CD einen Querschnitt durch das Klavierwerk des spanischen Komponisten Frederic Mompou – kleine, farbenreiche Stücke voller magischer Schönheit. „Klar wie kleine Glasperlenspiele. Brillant!“ Interpretation & Klang ★★★★★ Fono Forum www.volodos.com

Das Sommernachtskonzert ist neben dem Neujahrskonzert eines der zwei Konzert-Highlights in Wien. Im stimmungsvollen Ambiente des Schlosses Schönbrunn werden die Wiener Philharmoniker ein unvergessliches Programm mit Werken von den diesjährigen Jubiläumskomponisten Giuseppe Verdi und Richard Wagner, wie der„Triumphmarsch“ aus Aida, Ouvertüren aus Otello und Luisa Miller, die„Gralserzählung“ aus Tristan und Isolde und dem Wiener Blut von Johann Strauss, präsentieren. Ab 07.06. erhältlich

XAVIER DE MAISTRE MOZART BOBBY McFERRIN SPIRITYOUALL Der 10-fache Grammy-Gewinner mit der einzigartigen Stimme kehrt zurück zu der Musik, mit der er aufgewachsen ist: Spirituals & Gospels. McFerrin erfindet sie jedoch völlig neu und verbindet sie gekonnt mit Jazz-, Klassik- und Blueselementen. Es ist Musik, die direkt aus dem Herzen kommt und einfach nur gute Laune macht. www.bobbymcferrin.com

Auf seiner neuen CD widmet sich der französische Harfenist Xavier de Maistre einem der großen klassischen Hauptwerke für Harfe: dem Doppelkonzert für Flöte und Harfe. Zusammen mit dem renommierten Mozarteum Orchester Salzburg unter Ivor Bolton und Flötistin Magali Mosnier hat er außerdem bekannte Mozart-Werke wie das Klavierkonzert in F-Dur und die Sonate in C-Dur eingespielt, die in Adaption für Harfe eine völlig neue Hörerfahrung bieten. Ab 19.07. erhältlich www.xavierdemaistre.com

BRUNO WALTER THE EDITION

LEON FLEISHER THE COMPLETE ALBUM COLLECTION Diese Sammleredition umfasst alle Einspielungen Leon Fleishers in Originaloptik der damaligen LPs auf 23 CDs. Die Gesamtaufnahmen zeichnen die persönlichen und musikalischen Eckpunkte seines Lebens nach und lassen legendäre Konzerte von Beethoven, Brahms, Mozart, Schumann und Grieg mit George Szell und dem Cleveland Orchestra sowie hochgelobte Soloaufnahmen erneut erklingen. Späte Aufnahmen von Klavierabenden für die linke Hand und sein beidhändiges Comeback erzählen von der schicksalsreichen Karriere des virtuosen Pianisten. Ab 07.06. erhältlich

Diese hochwertige und limitierte Sonderedition im LP-Format enthält auf 39 CDs Bruno Walters späte Studioaufnahmen, die in den letzten 20 Jahren seines Lebens mit dem Columbia Symphony Orchestra und dem New York Philharmonic entstanden sind, sowie ein großformatiges Begleitbuch mit ausführlichem Essay und vielen Bildern. Mit den kompletten Sinfonien-Zyklen von Beethoven und Brahms sowie weiteren Sinfonien von Bruckner, Mahler, Mozart u.a.

www.sonymusicclassical.de


ou v er t ü re

Die lieben Intendanten Nach dem „Tannhäuser“-Skandal an der Rheinoper geraten die Leiter der Häuser wieder stärker in den Fokus: Wir haben vier Intendanten unter die Lupe genommen, die am Ende ein Detail eint: Sie ecken an!

Intendant des Theaters an der Rott in Eggenfelden seit 2012

Alexander Pereira

Intendant der Salzburger Festspiele seit 2011

Christoph Meyer Intendant der Deutschen Oper am Rhein seit 2009/2010

Gerard Mortier

Intendant des ­ eatro Real in T ­Madrid seit 2010

Erfolge

Niederlagen

Der Kärntner studierte Gesang und Schauspiel in Wien und Berlin, arbeitete danach als Schauspieler, Regisseur und Sänger. Das Theater in Eggenfelden leitet er gemeinsam mit „Rose“. Die Kunstfigur in Netzstrümpfen wird von Sibelius selbst verkörpert.

Sibelius arbeitet für ein Tanzprojekt mit Laien und organisiert das MissbrauchsStück „Die Beichte“ in einer Kirche – sorgt für Aufsehen und bricht mit der OperettenTradition des kleinen Theaters. Trotzdem wurde er im Mai für fünf weitere Jahre verpflichtet.

Der Österreicher polarisiert in der bayerischen Provinz und dominiert das Theater mit kühnen Ideen und viel Selbstdarstellung: Der schillernde Intendant verstellt zuweilen den Blick auf die Arbeit an der Bühne selbst: Der Intendant ist das Theater.

Der gebürtige Wiener verkaufte einst Rechenmaschinen in Frankfurt. Studierte nebenbei Gesang und organisierte später Bachkonzerte. Von 1991 Berufung zum Intendanten in Zürich, seit 2011 bei den Salzburger Festspielen.

Ist ein genialer Verkäufer: In seiner ersten Saison kamen 279.000 Zuschauer nach Salzburg, mehr als je zuvor. Er erweiterte die Festspiele um ein Wochenende, reduzierte die Gratiskarten und erzielte mehr Einnahmen.

Wegen eines Budget-Streits überwarf sich der 65-Jährige mit dem Kuratorium, drohte mit Rücktritt und Wechsel an die Scala. Ob er nach 2016 in Salzburg bleibt, ist fraglich.

(Pereiras Vorstellung am Beginn seiner ersten Festspielzeit in Salzburg)

Stammt aus Lüneburg, studierte in München Musikwissenschaften und arbeitete nebenbei als Regieassistent. Kam erst über Basel, Barcelona und Berlin, zum Posten des Intendanten an der Rheinoper, die von Düsseldorf und Duisburg betrieben wird.

Trotz Sparzwang bewahrte Meyer die Jugendarbeit vor dem Rotstift, deutete sogar an, sich ansonsten zurückzuziehen. Meyers Vertrag wurde verlängert, die Jugendarbeit geht weiter. Etwa bei Facebook, wo die Rheinoper um Nachwuchs wirbt.

Der in die Nazi-Zeit verlegte „Tannhäuser“ von Kosminski entsetzte das Publikum mit drastischen HolocaustDarstellungen. Buhrufe in der Vorführung, öffentliche Kritik danach – Meyer setzte die Inszenierung ab.

„Nach Abwägen aller Argumente sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir eine solch extreme Wirkung unserer künstlerischen Arbeit (des „Tannhäuser“) nicht verantworten können.“

Gebürtiger Flame und promovierter Jurist. Leitete die Oper in Brüssel und Paris sowie die Festspiele in Salzburg. Nachdem die Finanzkrise sein Engagement in New York scheitern ließ, ging er nach Madrid.

Brachte die Moderne nach Madrid: Bellini raus, Brecht rein. Dem erwartbaren Gegenwind widerstand er. Coup: Kurz bevor Michael Haneke den Oscar erhielt, feierte dessen Cosí fan tutteInszenierung in Madrid Premiere – zehn ausverkaufte Vorstellungen folgten.

Die Subventionen für das Teatro Madrid wurden halbiert. Immer häufiger wird Nachwuchs engagiert, statt viel Geld für Stars auszugeben. Mortier kokettiert auch persönlich mit Sparsamkeit: Luxus leiste er sich allenfalls mit einer neuen Krawatte.

„Opernhäuser sind keine Friedhöfe, bei denen man jedes Jahr den Blumentopf auf ein anderes Grab setzt. Ich finde diese Jubiläumsjahre einen absoluten Mumpitz und eine typische Erscheinung der Konsumgesellschaft.“

Das moderne Orchester liebt die Sänger nicht. Zwischen Graben und Bühne wird nicht kommuniziert, sondern gebrüllt. Unten brüllen die Instrumente, oben brüllen die Sänger, und jetzt raten Sie mal, wer am Ende gewinnt. Sängerin Cecilia Bartoli im Interview mit „Die Zeit“

G E L E S E N N O T I E R T Die zitate des Monats

„Budgetär haben meine Schwester und ich alles im Griff“

Bestes Zitat bislang „Jeder, der ein Theater leitet, muss im Grund doch ein Selbstdarsteller sein.“ (über eben jene Aufgaben eines Intendanten und seine Doppelrolle als Sibelius/Rose)

„Ich bin der Vogel, mit dem Sie die nächsten Jahre auskommen müssen.“

(über die Präsenz von Wagner und Verdi)

„Die beharrlich berühmteste Sopranistin der Welt kann ja keinen öffentlichen Piepser mehr unbeobachtet von iPhones samt späterer YouTube-Verwertung unbegleitet tun.“ Manuel Brug in „Die Welt“ über Anna Netrebko und ihr Rollendebüt als Tatjana in Tschaikowskis Oper „Eugen Onegin“

Katharina Wagner im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

nung für Valery Gergiev: Russlands Präsident hat den Dirigenten, mit dem er eng befreundet ist, zum „Helden der Arbeit“ ernannt. Diese Auszeichnung stammt eigentlich aus der Sowjetzeit und geht auf Stalin zurück. +++ Ein Denkmal zu Richards Geburtstag: „Richard ist Leipziger“ hat sich die Stadt Leipzig im Wagnerjahr auf die Fahnen geschrieben und enthüllt am 22. Mai, zum Geburtstag des Komponisten, ein neues Wagner-Denkmal in dessen Geburtsstadt. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollte ein Denkmal für den Komponisten geschaffen werden, der damalige Künstler Max Klinger verstarb allerdings vor der Fertigstellung. Bildhauer Stephan Balkenhol bezieht den Marmorsockel, den Klinger hinterlassen hat, allerdings in das neue Werk mit ein.

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Fotos: Luigi Caputo; Gert Weigelt; Javier del Real; Theater an der Rott

Karl M. Sibelius

CV


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Musikfestspiele Sanssouci mit besonderer Auszeichnung geehrt Das ist mal eine unerwartete Auszeichnung: Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci wurden mit dem Deutschen Fahrradpreis ausgezeichnet. Neben dem Musikfestival werden 2013 auch die Schauspielerin Michaela May und die Stadt Soest geehrt. Die Auszeichnungen sind mit jeweils 5000 Euro dotiert und werden in den Sparten „Fahrradfreundliche Persönlichkeit“, „Alltagsmobilität“ und „Freizeit/Tourismus“ vergeben. Die Musikfestspiele setzten sich mit dem Konzept eines „Fahrradkonzerts“ gegen 41 Mitbewerber durch. Dabei wurden Radfahrer für klassische Musik und Klassikfans für das Zweirad begeistert. Das Konzert findet im Juni statt und bietet eine „Skandinavien-Expedition per Rad an einem Tag mit 22 Konzerten, Lesungen, Performances und Besichtigungen an 16 Orten in und um ganz Potsdam“. Der Deutsche Fahrradpreis wird vom Bundesverkehrsministerium, der AGFS (Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW) und des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) verliehen.

pa s d e D e u x Viele Künstler aus der Welt der klassischen Musik ähneln anderen Prominenten derart, dass wir sie in eine neue Rubrik packen mussten. Diesmal: Klaus Florian Vogt und Hansi Hinterseer.

Fotos: 7 Days Music; Tim Schober / Sony Classical

Fahrradpreis für Klassikfestival

Volksmusikstar Hansi Hinterseer ist Sänger und Moderator und war mal Skiläufer. Heldentenor Klaus Florian Vogt fliegt, fährt Motorrad und reist mit Wohnmobil zum Konzertort. Verbindendes Element: die Frisur!

Die Neunte digital! Deutsche Grammophon bringt Beethovens Sinfonie als App für Smartphones Die Universal Music Tochter Deutsche Grammophon präsentiert eine App zu Beethovens weltberühmter 9. Sinfonie, die man nun auf seinem Smartphone genießen kann. Die App enthält viele multimedial aufbereitete Bonbons: Vier Aufnahmen der Sinfonie dokumentieren unterschiedliche Interpretationen, zwei der Berliner Philharmoniker von 1958 unter Ferenc Fricsay und von 1963 unter Herbert von Karajan sowie von John Eliot Gardiner mit dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique von 1992. Die Wiener Philharmoniker sind unter Leonard Bernstein aus dem Jahr 1979 auch noch per Video zu sehen. Man kann die Aufnahmen also direkt miteinander vergleichen. Dazu gibt es Begleittexte, Interviews mit prominenten Dirigenten, Musikern und anderen Fachleuten.

Jonas Kaufmann

Vesselina Kasarova Entdecken Sie Luxemburg durch die Musik Saison 2013/14

Philharmonie Luxembourg & Orchestre Philharmonique du Luxembourg Ticketing (+352) 26 32 26 32 www.philharmonie.lu

Sir Simon Rattle

Valery Gergiev


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Auf einen Kaffee mit ...

Enoch zu guttenberg

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Foto: Bob Coat

„Klassik rockt“: Enoch zu Guttenberg in Nachmittagsgarderobe beim Kaffee im Franziskaner in der Au.

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Juni – Augus t 2013


Freiherr Enoch zu Guttenberg, 67, gewährt uns vor einer Orchesterprobe Audienz in einem Münchner Wirtshaus und der erste Eindruck ist durchweg positiv: Enoch zu Guttenberg ist ein sehr zugänglicher Mensch, Dirigentenallüren und das Image des großen Schlossherren sind ihm fremd. Er hat nur eine Bitte: Er möchte über Musik sprechen, nicht über Windräder. Der Umweltschützer ist unbedingt für neue Energie, nur Windräder mag er nicht, die zerstören die Landschaft. Auch über seinen Sohn, den ehemaligen Verteidigungsminister, der dem Namen zu Guttenberg und damit auch ihm, dem Freiherrn Enoch, eine ganz neue „Prominenz“ verlieh, plaudert er offenherzig. Zum Kaffee aber bleiben wir bei der Musik. Alles, was Sie tun, sei es bei den Festspielen auf Herrenchiemsee, Ihrem Engagement für den Umweltschutz oder der Leitung eines Chors und Orchesters – Sie machen es sehr engagiert und schwungvoll. Woher nehmen Sie die Kraft? Ich selber spüre diese Kraft gar nicht so. Aber ich werde öfters darauf angesprochen. Es gibt im Neuen Testament ein Wort für den „Irren“: der „Besessene“. Ich bin besessen, mich „besitzt“ die Musik. Und für welches Stück brennen Sie momentan? Die Neunte von Beethoven. Ein ganz unglaublich populäres Werk, das ich früher nur unter „Androhung von schweren Strafen“ dirigiert habe. Erst jetzt habe ich für mich einen Weg zu dieser Symphonie gefunden. Das berühmte Thema, das am Anfang des letzten Satzes vorgestellt wird, diese fünf Töne, aus der die Melodie entsteht, die wie eine zarte Pflanze sind und in diesem atemlosen, hektischen Presto enden – das ist für mich kein Jubel, sondern Verzweiflung. Ich glaube, die Symphonie erzählt von der kaputten Welt. Ich halte es mit dem großen Carlos Kleiber, der hat nur dirigiert, was ihn bewegt hat. Ich möchte mich aber jetzt nicht mit ihm in eine Reihe stellen. Woher nehmen Sie die Sicherheit, einen Komponisten wie Beethoven richtig zu verstehen? Ich habe nicht den Anspruch, dass meine Sicht auf ein Werk stimmen muss. Wir wären als Interpreten ja überflüssig, wenn wir alle das Gleiche in einem Werk sehen würden. Ich hatte einmal die Ehre, die Original-Handschrift des zweiten Satzes, des Trauermarsches, der Eroica anzusehen. Allein am Schriftbild ist zu erkennen, was Schreckliches in Beethoven vorgegangen sein muss. Die Noten sind ein Trümmerhaufen. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich davon erzähle. Mir war plötzlich klar: Die Eroica muss man an der Grenze der Erträglichkeit dirigieren. Das Publikum muss fühlen, was in Beethoven vorging und wo die Interpretation hin will – das ist mir wichtig. Und wie erreichen Sie das? Musik ist eine Sache, die von innen aus einem Menschen, dem Komponisten, herauskommt, und ich muss es schaffen, dass es dann bei einem anderen Menschen, dem Zuhörer, wieder innen hereinkommt. Das Wissen über alte Aufführungspraxis hilft, aber ich muss auch die Emotionalität und die Erfahrungen des heutigen Menschen nutzen. Geben Sie doch mal ein Beispiel. Bei der Matthäuspassion gibt es den Barrabas-Ruf. Dieser Akkord war zu Lebzeiten von Bach ein dissonanter Skandal, jeder hat das damals auch so gehört. Heute aber macht ein Septnonakkord unseren Ohren nichts mehr aus, in der Tonsprache des 20. und 21. Jahrhunderts sind wir etwas ganz anderes gewöhnt. Also muss ich den Barrabas-Ruf so gestalten, dass er beim Hörer wieder als Skandal wahrgenommen wird.

Mag es das Publikum, wenn bei Ihnen die Dinge ab und zu ungewohnt klingen? Man hat mich mal komisch angeschaut, weil ich die 13. Symphonie von Dimitri Schostakowitsch, in der deutschen Fassung hab singen lassen und nicht im russischen Original. Schostakowitsch wollte, dass die Werke in einer sehr guten Übersetzung in der jeweiligen Landessprache aufgeführt werden, damit die Menschen kapieren, worum es sich dreht. Wenn ein Stück von grauenhaften Naziverbrechen handelt und es um den Antisemitismus geht, muss ich das in Deutschland auf Deutsch aufführen. Sie glauben nicht, was für eine Stimmung im Saal war. Ich muss es schaffen, die Menschen zu berühren. Mir reicht es nicht, dass die Leute sich zurücklehnen und sagen: „Jetzt höre ich ein schönes Stück.“ Sie dirigieren viele kirchliche Werke. Interpretiert man die Matthäuspassion anders, wenn man gläubig ist? Ich wünschte, ich könnte noch glauben, aber ich habe den Glauben verloren. Mein Vater hat mal gesagt, wenn man wissen will, was Glaube ist, muss man einen Bach-Choral hören. Deshalb überfällt mich, wenn ich Bach dirigiere, ein tiefes Heimweh nach meinem Glauben. Ich habe schon eine Ahnung, was Glaube sein könnte, ich gehe in die Kirche und ich versuche, wohlgemerkt versuche, auch nach dem Neuen Testament zu leben. Wir hätten weder den Kommunismus noch den Kapitalismus gebraucht, wenn wir alle nach der Bergpredigt leben würden. Sie sprechen vom Heimweh im Zusammenhang mit Ihrem verlorengegangenen Glauben. Was ist Heimat für Sie? Das ist eine schlimme Frage. Eigentlich ist das die schlimmste Frage. Die beantworte ich auch nicht gern. Heimat ist für mich nur noch völlig unberührte Natur. Aber auch die Heimaten gehen alle verloren. Die Wiesen und Wälder in Franken, wo Sie aufgewachsen sind und heute noch leben? Ich meine die unberührte Natur überall auf der Welt, ganz egal wo. Wenn man spürt, dass die Verhältnisse innerhalb der Natur noch stimmen, dann fühle ich mich da zu Hause. Das kann auch in Afrika sein. Alle Menschen, die mal in Afrika waren, wollen da immer wieder hin, vielleicht weil man auch spürt, dass dort die Wiege der Menschheit stand. Kann Musik nicht auch Heimat sein? Ab und zu bekomme ich in der Musik ein kurzes, sogar ein vollkommenes Heimatgefühl. Die Musik hat dann einen Sog, ähnlich der Liebe, die nicht nur rein körperlich und nicht nur rein geistig ist. Schwer zu beschreiben. Klingt erhebend. Ist es auch, aber nach einem wirklich gelungenen Konzert bekomme ich meist eine Depression. Es ist vielleicht so ähnlich, wie das, was Frauen nach Geburten überfällt. Ich habe schon ganz freundliche Sponsoren ganz unfreundlich behandelt nach Konzerten, in solchen Momenten sind gute Freunde wichtig: Sie schützen mich vor den netten Menschen und die netten Menschen vor mir. Ich sitze nach einem Konzert am liebsten mit den Musikern zusammen, die auch nicht über Musik reden wollen und schaue tief ins Bierglas. Und nach zwei, drei Stunden wird es wieder. Freunde können natürlich auch Heimat sein. Meine innere Heimat habe ich nicht verloren: die Liebe. Eine Frau, Kinder, ein Freund – dort ist man zu Hause. Interview: Julia Deckerw

„Die Eroica muss man an der Grenze der Erträglichkeit dirigieren.“

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Foto: Marco Caselli Nirmal

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Maestro mit Gefühl Claudio Abbado feiert 80. Geburtstag. Autorin Corina Kolbe hat ihn getroffen und entdeckte einen erstaunlich zurückhaltenden Italiener. In Bologna wohnt Claudio Abbado am wohl schönsten Platz der Altstadt, wo dicht aneinandergereihte Renaissance-Palazzi im spitzen Winkel aufeinander zulaufen und lange Schatten werfen. Ein fast unwirklicher Ort, der an die metaphysischen Bilder von Giorgio de Chirico erinnert. Aus seiner Wohnung hoch über der Stadt blickt der Dirigent auf ein Meer aus rotbraunen Dächern, hinter denen sich grüne Hügel erheben. In dieser Abgeschiedenheit, nicht weit vom quirligen Leben der Stadt entfernt, findet er Ruhe für das intensive Studium von Partituren. Für Abbado, der am 26. Juni seinen 80. Geburtstag feiert, sind die Musik und die Arbeit mit Orchestern das beste Lebenselixier. Nach Jahrzehnten auf den Podien der bekanntesten Musikzentren konzentriert er sich inzwischen auf wenige Klangkörper, wie etwa sein Orchestra Mozart, das 2004 an der ehrwürdigen Regia Accademia Filarmonica in Bologna gegründet wurde. Dass sich Abbado und seine Musiker intuitiv verstehen, wird bei Proben und Konzerten rasch deutlich. Ihre Kommunikation bedarf keiner großen 16

Worte. Hier eine kleine Geste und ein Lächeln des Dirigenten, dort ein rascher Augenkontakt unter den ersten Geigen. Wenn Abbado mit geschmeidigen Bewegungen der linken Hand den Klang formt und mit der rechten den Takt schlägt, fließt die Musik transparent und schwerelos. Als kürzlich Guy Braunstein, erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, mit dem Bologneser Orchester bravourös das zweite Violinkonzert von Sergej Prokofjew spielte, hielt sich Abbado beim Applaus bescheiden im Hintergrund. Die große Geste des Maestro, der sich in erster Linie selbst gefeiert sehen will, ist dem Mailänder wesensfremd. Die Beziehungen zu den Musikern, mit denen Abbado am liebsten zusammenarbeitet, sind oftmals über viele Jahre gewachsen. Braunstein etwa kennt er ebenso wie die Bratschistin Danusha Waskiewicz und ihren Kollegen Wolfram Christ noch aus seiner Zeit als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, die er vor elf Jahren verließ. Langerfahrene Solisten spielen im Orchestra Mozart mit jungen Musikern aus ganz Europa, von denen viele ihre ersten prowww.crescendo.de

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fessionellen Erfahrungen in Abbados Jugendorchestern sammelten, Strafgefangene, die zum Chorsingen angeregt werden. Im Rahmen und mit dem noch jüngeren Nachwuchs, der ganz am Anfang steht. von Tamino erproben dagegen Kammerformationen des OrchesDas Ideal des kammermusikalischen Zusammenmusizierens, ters bei Besuchen in Hospitälern die musiktherapeutische Wirkung das alle vereint, hat Claudio Abbado seit seiner Kindheit verinner- von Musik. „Musik ist notwendig für das Leben. Sie kann es veränlicht. In seinem Elternhaus in Mailand wuchs er mit den Trios von dern, verbessern und in einigen Fällen sogar retten“, sagt Abbado. Diese Erkenntnis war ihm wohl Schubert, Brahms und Beethonirgendwo so nahe wie bei seiven auf, die sein Vater Michelnen Aufenthalten in Venezuela, angelo, Geiger und Musikpädawo er das staatlich finanzierte goge, mit seinen Freunden einKinder- und Jugendorchesterstudierte. Von der Mutter Maria system von José Antonio Abreu Carmela, einer Pianistin und unterstützt, das bereits vielen Kinderbuchautorin, erhielt er einen Ausweg aus einem Leben den ersten Unterricht am Klaim Elend geboten hat. vier. In dem von ihm selbst für Claudio Abbado liebt es nicht, in der Öffentlichkeit das Wort junge Hörer verfassten Buch ‚Meine Welt der Musik‘ erzählt er, wie er sich damals vorstellte, dass aus dem Grammophon der Familie zu ergreifen. Wenn es um die Zukunft von Musik und Bildung in nachts kleine Männchen mit Instrumenten herausstiegen. Unver- Krisenzeiten geht, überwindet er jedoch seine Zurückhaltung. Kulgesslich bleibt ihm auch sein erster Besuch in der Scala mit sieben tur sei so lebensnotwendig wie Wasser, erklärte er in einer beliebten Jahren, als ihn die ‚Nocturnes‘ von Claude Debussy so sehr beein- italienischen Fernsehsendung, wo er eindringlich vor weiteren Buddruckten, dass er beschloss, den Zauber der Musik selbst erschaffen getkürzungen warnte. „Theater, Bibliotheken, Museen und Kinos sind wie viele kleine Aquädukte.“ zu wollen. Zwischen seinen Auftritten zieht sich Abbado häufig in seiDas Aufeinanderhören als Grundvoraussetzung nicht nur des Musizierens, sondern auch des menschlichen Zusammenlebens nen Küstengarten auf Sardinien zurück, in dem er Pflanzen aus verim Allgemeinen ist für Abbado auch als Dirigent großer Orches- schiedenen Kontinenten großzieht. In gewisser Weise ist dieser über ter zentral geblieben, ob als Chef an der Scala, bei den Wiener und Holzstege begehbare Naturkosmos, hinter dem sein Haus fast völBerliner Philharmonikern, in London und Chicago, bei seinen lig verschwindet, dem Idealbild eines Orchesters vergleichbar. VioJugend­orchestern oder am Pult des Mahler Chamber Orchestra, des lette Bougainvilleen, Bananenstauden, Palmen und PassionsbluLucerne Festival Orchestra und des Orchestra Mozart. Dass Musik men finden sich neben leuchtend rotem Hibiskus und blühenden nicht nur einer kleinen Elite, sondern allen Menschen, unabhän- Agaven. Aufmerksam hegt Abbado seine Pflanzen und versucht sie gig von Alter, Herkunft und Vorbildung, zugänglich sein sollte, dort anzusetzen, wo sie sich unter seiner Beobachtung am besten versuchte er an der Scala dadurch zu erreichen, dass er das tradi- frei entwickeln können. Ähnlich empfinden es auch die meisten seitionelle Opernhaus auch für Arbeiter und Studenten öffnete. Mit ner Musiker. Er fühle sich wie ein Vogel an einer sehr langen Leine, seinen Freunden, dem Pianisten Maurizio Pollini und dem Kom- frei und doch unter Kontrolle, sagte einmal Albrecht Mayer, der als ponisten Luigi Nono, organisierte er Aufführungen in Fabriken und Solo-Oboist bei den Berliner Philharmonikern mit ihm arbeitete. Gesprächskonzerte, um neuen Hörerschichten vor allem auch zeit- Und Abbado erreicht mit seiner sanften, leisen Autorität, dass alle ihr Bestes geben. genössische Musik nahezubringen. Darüber hinaus engagiert sich Nach seiner Zeit an der Scala der überzeugte Umweltschützer seit gründete er als Generalmusikdirektor Die Jubiläums-Alben Längerem auch für die Begrünung in der österreichischen Hauptstadt das von Städten. In Mailand verlangte Festival Wien Modern, das neue „The Decca Years“ er vor einigen Jahren als Bedingung Claudio Abbado (Decca) Kompositionen mit anderen Künsfür eine Rückkehr an die Scala 90.000 ten in Verbindung brachte. Die„Mozart: Fagott-, Klarinetten- und neue Bäume, die gegen den Smog in sen grenzüberschreitenden Ansatz Flötenkonzert Nr. 2“ Orchestra Moder Metropole wirken sollten. Als das führte Abbado als Chefdirigent zart Bologna, Claudio Abbado (DG) von Renzo Piano entworfene Konder Berliner Philharmoniker von „The Symphony Edition“ zept nach langem Hin und Her von 1989 bis 2002 fort. Er führte ZykClaudio Abbado (DG, CD-Box) der Stadtregierung abgeschmettert len ein, die Themen wie ‚Prome„Claudio Abbado. A life dedicated to wurde, sagte Abbado seinen damals theus‘, ‚Hölderlin‘, ‚Shakespeare‘ music“ (EuroArts, 8 DVDs) vorgesehenen Auftritt in dem Opernoder ‚Liebe und Tod‘ in Musik, haus zunächst ab. Als er schließLiteratur, Theater, Kunst und Film Termine lich im vergangenen Herbst nach behandelten. In dem Buch ‚Musik 9.6.2013 Bologna, Teatro Manzoni 26 Jahren wieder an das Pult der von über Berlin‘ erklärt er, die geisOrchestra Mozart spielt Beethoven, ihm gegründeten Filarmonica della tige Offenheit der Stadt nach dem Mozart, Haydn, Prokofiev Scala trat und Musiker des OrchesMauerfall sei die ideale Vorausset11.6.2013 Paris, Salle Pleyel tra Mozart mitbrachte, war von seizung für ein breitgefächertes KulOrchestra Mozart spielt Beethoven, nen Bäumen keine Rede mehr. Auf turangebot gewesen, das alle MenMozart, Haydn, Prokofiev Sardinien gedeiht dagegen ein neun schen ansprechen sollte. 16.-26.8.2013 Lucerna KKL Hektar großes öffentlich zugängliches Wie sehr Musik auch gesellLucerne Festival Orchestra spielt Naturschutzgebiet, das er gemeinsam schaftlichen Randgruppen helfen Brahms, Schönberg, Beethoven, mit Freunden an einem ehemals zur kann, zeigt das Orchestra Mozart Schubert, Bruckner Müllkippe degradierten Küstenstreimit seinen Projekten ‚Tamino‘ für fen geschaffen hat. kranke Kinder und ‚Papageno‘ für n

„Theater, Bibliotheken, Museen und Kinos sind wie viele kleine Aquädukte.“

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Auf dem Weg zur Bühne kann ihn keiner aufhalten: Mariss Jansons backstage und on stage in der Philharmonie seiner Heimatstadt St. Petersburg. www.crescendo.de

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Russland

mit Mariss

Jansons Als der 70-J채hrige Dirigent crescendo einlud, ihn zum Abschluss seiner Konzertreise mit dem BR-Symphonieorchester in seine Heimat St. Petersburg zu begleiten, sagten wir nat체rlich zu.

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Fotos: Bob Coat

von Robert Kittel


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ankt Petersburg, Philharmonie, 18.50 Uhr, zehn Minuten vor dem Konzert. Jemand hat vergessen, die Tür des Dirigentenzimmers zu schließen. Ein Blick von hoher Exklusivität, denn man darf sie selten sehen, die Konzentrationsphase eines großen Dirigenten vor seinem Auftritt. Mariss Jansons, 70 Jahre, geboren in Riga, aufgewachsen in St. Petersburg, wandert in diesen letzten Minuten vor dem Konzert sein Zimmer ab, als müsste er es vermessen. Drei Meter nach links, drei Meter nach rechts. Dann wieder nach links, dann wieder zurück. 15 Minuten immer der gleiche Weg, der gleiche Gang, der gleiche Blick. Seine Augen fixieren den Boden, die rechte Hand hält den Dirigierstab, als wolle er jemanden damit lynchen. Und die Unterlippe liegt vor lauter Anspannung über der Oberlippe, ein oft zu sehendes Merkmal bei Jansons. Draußen, nur sechs Meter entfernt, füllen sich die Plätze der St. Petersburger Philharmonie, einem Konzerthaus der alten Schule: Säulen wie im griechischen Tempel, der knarzende Boden mit dickem Teppich verlegt, einzelne Stühle im Parkett und ein Balkon, von dem die Hälfte der Gäste nicht viel sehen wird. In wenigen Augenblicken beginnt das Konzert, die letzte Station der Konzertreise des BR-Symphonieorchesters, das Jansons seit dem Jahr 2003 leitet. Luzern, Amsterdam, Brüssel, Moskau, St. Petersburg. Alle zwei Tage eine andere Stadt. Anders als sein Orchester war der Dirigent zusammen mit Ehefrau Irina mit dem Nachtzug von Moskau angereist. Er werde zwar nicht schlafen, hatte er bereits zuvor wissen lassen, aber das Fliegen und Warten in grauen Abfertigungshallen bereite ihm mehr Stress als die gemütliche Eisenbahn, die er schon seit seiner Jugend kennt. Jansons ist zwar Lette, war im Alter von 13 Jahren aber von Riga nach St. Petersburg gezogen, als sein Vater, der Dirigent Arvĩds Jansons, Assistent des großen Jewgeni Mrawinski geworden war. Im offenen Dirigentenzimmer noch immer das gleiche Bild: Mariss Jansons bleibt in seiner Wanderpose. Selbst Fotos, die man nun von ihm schießt, und ein umstürzender Fernseher vor dem Zimmer können ihn nicht aus seiner Konzentration lösen. Ob er in St. Petersburg, wo er noch immer seinen Hauptwohnsitz hat, besonders aufgeregt sei, wollte man tagsüber wissen, und Jansons hatte nur kurz gelächelt und gerne zugegeben, dass das wohl so sein wird und er sich dagegen auch nicht wehren könne. Sein Ziel war und ist, das perfekte Konzert zu geben, vor allem unter den 20

Augen und Ohren vieler ihm bekannter Gesichter. „Wenn ich in St. Petersburg bin, muss ich den Leuten doch zeigen, dass es stimmt, was sie immer über mich lesen.“ Vor allem im Jahr seines Jubiläums: Jansons wurde im Januar 70 Jahre alt. Eine große Feier gab es nicht, aber Glückwunscharien, so wie für einen großen Politiker. Die gesamte Klassikszene gratulierte, aber auch gesellschaftliche Riesen wie die niederländische Königin Beatrix – zu dieser Zeit noch in Amt und Würden. Jansons leitet schließlich neben dem BR-Symphonieorchester auch das Königliche Concertgebouw-Orchester in Amsterdam. Als ein Assistent den Maestro um 19.05 Uhr aus seiner Kammer holt und auf die Bühne geleitet, entspringt er seinem Konzentrationskokon und schreitet schnellen Fußes in die Arena. Sein Credo ist der perfekte Ablauf. Man könnte ihm in dieser Situation ein Bein stellen, er würde es nicht merken. Wenn Jansons auf die Bühne will, hält ihn nichts und niemand mehr davon ab. Jansons ist keiner, der halbe Sachen macht. Schon in seiner Kindheit in Lettland geht er diszipliniert an das Lernen von Instrumenten. Mit sechs Jahren gehört er unter den Geigern zu den besten seines Alters. Mit neun entpuppt sich der Junior als guter Fußballer, der Trainer in Riga hält ihn für so talentiert, dass er die Eltern zuhause aufsucht und sie bittet, den kleinen Mariss auf ein Sportinternat zu schicken. Jansons sagt dazu, seine musikalischen Eltern – Mutter Iraida ist Opernsängerin – seien von dieser Idee eher „entsetzt“ gewesen. Sie gehörten zur intellektuellen Bildungsschicht, zum Dinner kamen Poeten und Schriftsteller – Fußballer spielten in einer anderen Liga. Er verbringt die Nachmittage und Wochenenden fortan im Opernhaus und nimmt die klassische Musik als Hintergrundgeräusch wahr. Auf dem Nachhauseweg summt er Schostakowitsch, in seiner Freizeit baut er sich eine Phantasiephilharmonie aus Nadeln und Knöpfen. Als Mariss Jansons im Jahr 1956 zusammen mit seiner Mutter nach St. Petersburg zieht, bekommt er von den Eltern als wichtigstes „Geschenk“ eine Privatlehrerin, die ihm nicht nur die russische Sprache beibringt, sondern ihn auch in dieser Sprache unterrichtet. Er lernt Violine, Klavier und Dirigieren am bekannten Leningrader Konservatorium und findet trotz Reiseverbot im Jahr 1969 einen Weg, seine Ausblildung bei Hans Swarowsky und Herbert von Karajan im fernen Wien fortzusetzen (die Russen boten den Österreichern einen Tausch an – Ballerinen gegen Dirigenten). 1979 macht ihn das Oslo Philharmonic Orchestra im Alter von nur 36 Jahren zum Chefdirigenten. Jansons war auf dem internationalen Parkett angekommen. www.crescendo.de

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Foto:

Als w端rde er den Raum vermessen: Mariss Jansons in Konzentration versunken, ein paar Minuten vor dem Konzert.

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Kleine Geste, großer Moment: Jansons bekommt von seiner Tochter nach dem Konzert einen Blumenstrauß überreicht.

Zurück in den Konzertsaal, St. Petersburg: Jansons dirigiert als vor der Schule absetzen, damit ihn niemand sieht. Er ist keiner, der sich in den Vordergrund drängt. erstes Stück Beethovens berühmte 5. Sinfonie. Sie gleitet gefühlvoll Etwas anders sieht es mit dem Eigengebrauch eines Autos aus. wie ein ruhiger Fluss in die hintersten Winkel des Saales. Mitglieder des BR-Symphonieorchesters sagen, Jansons Dirigat habe etwas Magi- „Ich liebe schnelle Autos“, erzählt Jansons gerne. „Vor allem aus sches, aber sie könnten auch jetzt – nach zehn Jahren – nicht genau Deutschland!“ Ob dies ein Grund sei, warum er ein Engagement in sagen, warum. Nach der Pause: Berlioz’ „Symphonie fantastique – Epi- Deutschland hat, möchte man natürlich wissen. Bei solchen Fragen sode de la vie d’un artiste op. 14“ und als Zugaben Haydns Serenade taut Jansons aber richtig auf und kontert, dass man in Russland schon und Schostakowitsch: Entr’acte aus „Lady Macbeth von Mzensk“. auch schnell fahren könne – man müsse halt bezahlen, wenn man Einige weibliche Konzertgäste bekommen bei Berlioz feuchte Augen erwischt wird. Danach grinst er wie ein Lausbub. Sein Verhältnis zu Russland aber ist nicht frei von Kratzern: – vor allem die Damen auf den günstigen Plätzen. Es sind die Stühle, von denen man keinen Blick auf das Orchester und den Dirigenten Als sein Vater Arvĩd 1984 auf Auslandstournee in Manchester nach hat. Sie sind stolz und wehmütig zugleich: Warum kann Jansons, ein einem Herzinfarkt stirbt, transportiert Jansons Junior die Asche auf dem Landweg zurück nach Mann, der hier aufgewachsen Russland. Bei der Einreise ist, nicht öfters in St. PetersBei der Einreise durchsuchen die Grenzer die durchsuchen die Grenzer die burg dirigieren? Urne auf verbotene Substanzen Urne auf verbotene SubstanAls das Konzert vorbei zen und wühlen in der Asche ist, klatschen die Menschen und wühlen in der Asche seines Vaters herum. seines Vaters herum. Menminutenlang, die große „stanschen, die ihn lange begleiding ovations“-Arie aber bleibt aus. Das Publikum in St. Petersburg ist verhaltener, es wirkt wie ein ten, erzählen, eine solche Aktion hinterlasse tiefe Spuren bei Jansons, Nachbar, der in den vergangenen 20 Jahren eine harte Zeit durchlebte und sie sei nicht unbedingt vorteilhaft gewesen für die Beziehung mit Russland. Auch die Ein- und Ausreisebedingungen, die der damals und erst wieder neues Selbstvertrauen tanken muss. Jansons zieht sich schnell in sein Privatzimmer zurück und junge Dirigent bis zum Fall der Sowjetunion berücksichtigen musste, gewährt ein paar Bekannten die übliche After-Show-Audienz. Viele hatten seine Arbeit und vor allem seine Ausbildung speziell in Wien wollen Erinnerungsfotos, prominente Lokalpolitiker suchen seine bei Swarowsky und Karajan lange behindert. Wenn er darüber spricht, Nähe und drängen sich in den Vordergrund. Es wird jetzt erstmals tut er dies jedoch immer mit positivem Unterton: Ja, es sei schwierig hektisch, und ein paar Assistenten sind bemüht, den Dirigenten vor gewesen, aber man sei eben auch kreativ geworden, in Sachen Ausdem Trubel zu schützen. Klar, auch Mariss Jansons mag das Lob und reisegenehmigung. Er ist keiner, der sich beklagt. die Anerkennung nach dem Konzert, die große Show aber liebt er Nach dem Konzert lädt Jansons das Orchester in eine Residenz, nicht. Er lässt sich nicht in einem Maybach zum Konzertsaal fahren, sondern in einer unauffälligen E-Klasse. Als sein Vater – privi- die wohl nur wenige Bürger der Stadt für ein Fest mieten dürfen. Im legiert durch seine Prominenz als Dirigent – als einer der ersten in schlossähnlichen Anwesen möchte er sich für die Tournee bedanken. St. Petersburg ein Auto fährt, lässt er sich ein paar hundert Meter Es gibt russisches Buffett, ein Jugendfreund von Jansons ist mit seiner 22

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Historische Kuranlagen &

Goethe-Theater Bad Lauchstädt Mariss Jansons LIVE Sonntag, 2. Juni 2013, 19 Uhr / München Sonderkonzert: Mariss Jansons dirigiert Orchesternachwuchs Bayerisches Landesjugendorchester / Akademie des Symphonieorchesters Donnerstag, 6. Juni & Freitag, 7. Juni 2013, 20 Uhr / München Als Gast: Yo-Yo Ma Werke von Robert Schumann und Peter Tschaikowsky Freitag, 2. August 2013, 20 Uhr / Saarbrücken Gastkonzert: Mariss Jansons & der Chor des BR Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 2

Thomas Quasthoff

Don Giovanni

Foto: Harald Hoffmann

Foto: Nilz Böhme

Ehefrau Irina ist bei jedem Konzert „Ansprechpartnerin“.

Jazz-Combo angereist und spielt auf einer Elektro-Geige. Jansons nimmt sich das Mikrofon, er ist jetzt das erste Mal frei von Anspannung, die Gesichtszüge haben sich gelockert. Er sagt die üblichen Dankesfloskeln und animiert zum Trinken des Wodkas, der großzügig auf den Tischen verteilt steht. Für die Musiker ist dieser Moment ein sehr seltener. Obwohl Jansons seit zehn Jahren das BR-Orchester leitet, haben sie ihn selten persönlich kennenlernen dürfen. Wenn der Maestro zur Probe erscheint und die Musiker im Gang trifft, grüßt er weder den Geiger noch den Trompeter. Hier das Orchester, da der Dirigent. Er gehört da zur Alten Schule. Die meisten haben kein Problem damit, sind aber positiv überrascht, wenn sie einen Jungstar wie Daniel Harding oder Andriss Nelsons zu Gast haben, der im Anschluss die Frage stellt, wo man denn noch gemeinsam ein Bierchen trinken könne. Jansons ist nicht der Typ „Gemeinsames Bierchen“. Spätestens seit seinem zweiten Herzinfarkt muss er ohnehin auf seine Gesundheit achten. Umso erstaunlicher, dass er an diesem Abend bis zwei Uhr morgens auf der Feier bleibt. Ein Musiker sagt: „Immerhin haben wir keine Angst: Seine Frau Irina ist ja Ärztin.“ Halt: Was er denn noch für Träume in naher Zukunft habe, möchte man natürlich noch wissen, und Jansons sagt, er habe in seinem Leben wohl zu wenig Oper gemacht, was ihm nun etwas fehle und was er sehr gerne nachholen würde. Ein Opernorchester dirigieren, ja, das wolle er. Und: mehr mit dem Nachwuchs arbeiten, ein Orchester mit jungen Musikern leiten, sie aufbauen und an ihnen feilen. Wenn man bedenkt, dass er der Hälfte seines eigenen Orchesters noch nicht mal die Hand geschüttelt hat, ist das zwar ein provokativer Wunsch, aber wer Jansons kennt, weiß: Er wird es machen. Jetzt bekommt er erst einmal den Ernst von Siemens Musikpreis – die wahrscheinlich höchste Auszeichnung für einen Dirigenten. Er sagt: „Ich freue mich darüber“, und man erkennt: Ein neuer Konzertsaal in München wäre diesem Dirigenten am Ende wichtiger. n 23

Martha oder Der Markt zu Richmond Foto: Peter Wölk

GOETHES SÄCHSISCHES ARKADIEN

Theatersommer 2013

31. März - 27. Oktober | Goethe-Theater Bad Lauchstädt OPER 2. Juni | 6./14. Juli | Weber DER FREISCHÜTZ | Oper Halle 29. Juni | Rossini DER BARBIER VON SEVILLA | Bühnen der Stadt Gera 7./13. Juli | Mozart DIE HOCHZEIT DES FIGARO | Oper Halle 14. September | Händel XERXES | Lautten Compagney Berlin 15./29. September | 5. Oktober | Flotow MARTHA oder DER MARKT ZU RICHMOND | Oper Halle 22. September | 20. Oktober | Mozart DON GIOVANNI | Theater Magdeburg 13. Oktober | Wagner DER RING DES NIBELUNGEN | Theater Waidspeicher und Theater Erfurt

KONZERTE 23. Juni | DIE SCHÖNE MAGELONE Bariton: Sebastian Noack | Sprecher: Thomas Quasthoff | Klavier: Manuel Lange 28. Juli | JAN VOGLER & MARTIN STADTFELD 23. August | RAGNA SCHIRMER | Programm: Goldberg-Variationen

Eintrittskarten: Das ganze Programm: www.goethe-theater.com Besucherzentrum: Tel. 034635 905472 | besucher@goethe-theater.com

Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH Parkstraße 18 | 06246 Goethestadt Bad Lauchstädt


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„Totale Freiheit“ Auf seinem neuen Album singt der italienische Tenor Massimo Giordano über „Liebe und Schmerz“. Hat er sich damit einen Traum erfüllt? v o n A n to i n e tt e S c h m e lt e r d e Es c oba r

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in Gespräch unter vier Augen trotz 650 Kilometern Ent- Fach erarbeiten ließ, das er jetzt zum ersten Mal auch auf einer CD fernung? Dank Skype wäre das kein Problem – wenn unter Beweis stellt. „Amore e Tormento“ heißt sein Anfang Mai bei BMG erschieMassimo Giordano seine Pläne nicht geändert hätte. Denn statt mit Laptop in Florenz zu weilen, wo der nenes und von Naxos vertriebenes Debutalbum mit Arien der italieitalienische Tenor am Vorabend des Interviews beim nischen Komponisten Francesco Cilea, Giacomo Puccini, Giuseppe Maggio Musicale Verdis „Don Carlo“ unter dem Dirigat von Zubin Verdi, Umberto Giordano und Amilcare Ponchielli. „Die 14 ausgeMehta gesungen hat, ist er nach der Vorstellung kurzentschlossen zu wählten Stücke aus Werken von ‚Manon Lescaut’ über ‚Tosca’ und seiner Familie nach Triest gefahren. Zum ausgemachten Gesprächs- ‚Simon Boccanegra’ bis ‚Turandot’ sollen in einer Art dramatischen termin steht er einen Dreivierteltag später schon wieder mit gepack- Entwicklung zeigen, welche Gefühle die Liebe von Eifersucht über ten Koffern auf der Straße, um zum nächsten Auftritt im Florenti- Rache bis Verrücktheit begleiten“, erklärt Giordano sein künstleriner Teatro Comunale zurückzufahren. „Häufige Ortswechsel sind sches Konzept, das er in „totaler Freiheit“ habe entwickeln können notwendiger Teil meiner Arbeit“, kommentiert deshalb via Mobilte- und das sich bewusst auf „Italianità“ konzentriere, weil er sich nicht lefon der zweifache Vater, der unter diesem Spagat zwischen Beruf von der ihm so wichtigen Tradition und seinen Wurzeln entfernen und Privatleben zugegebenermaßen leidet. Und sich freut, wenn wollte. Sowohl inhaltlich als auch stimmlich ist dabei eine Banddie Distanz wie gerade „nur ein paar Stunden innerhalb Italiens“ breite herausgekommen, in der sich Giordano sichtlich wohl fühlt. beträgt, „weil man sich ansonsten leicht wie ein Seefahrer fühlt, der Und mit der er auch ein anderes als sein gewohntes Publikum erreidauernd weit von zu Hause weg ist, während die Kinder ohne seine chen will, das ihm rund um den Globus an den Lippen hängt. „Dolce Anwesenheit immer größer werden“. Verzichten möchte er auf seine notte misteriosa“ heißt der Bonus-Track über die schöne Marrund 40 bis 60 Auftritte pro Jahr, zu denen ihn seine Frau Alexand- cella aus der gleichnamigen Oper seines Namensvetters Giordano, rina und seine beiden Sprösslinge nur in Ausnahmefällen begleiten, die Regisseurin Marisa Crawford an der Amalfi-Küste nahe Neaaber auf keinen Fall. Dafür ist seine Begeisterung viel zu groß, end- pel verfilmt hat. „Mit diesem Video geht es mir um einen frischen lich an jenem Ort brillieren zu können, der ihm früher „unerreich- Zugang zur Oper, der mich anders zeigen soll als in der Rolle eines klassischen Tenors“, erklärt Giordano, der mit gepflegtem Dreitabar“ schien: auf der Opernbühne. gebart und zurückgegelten, halblan„Mein Vater hat leidenschaftgen Haaren in Schwarz-Weiß-Bildern lich gerne neapolitanische VolkslieMassimo Giordano Live: und 50er-Jahre-Ambiente sowohl von der gesungen. Das war alles, was ich einer verführerischen Bellezza träumt in meiner Familie aus bescheidenen 19. und 21.6.2013 Berlin, Deutsche Oper Berlin Attila in „Foresto“ als auch mit ihr aufs Meer hinaus Verhältnissen als musikalische Basis Tickets unter www.ticket-deutscheoperberlin.de und am Schluss zusammen auf einer mitbekommen habe“, erinnert sich 3./6./9.9.2013 Wien, Wiener Staatsoper Vespa davonfährt. Giordano, 1971 in Pompeji bei NeaAlfredo in „La Traviata“ Abgesehen von diesem Exkurs, pel geboren. Eine „neue Welt“ habe Tickets unter www.culturall.com (zu sehen auf seiner Webseite www. sich ihm erst eröffnet, als Giordano massimogiordano.com), fühlt er sich Senior seine Stelle als Steinmetz in „Amore e Tormento“ Massimo Giordano (BMG) aber ganz und gar seiner angestammeiner süditalienischen MarmorTrack 3 auf der crescendo Abo-CD: „O inferno! ... ten Branche verbunden: Am 19. und Fabrik aufgab und Hausmeister am Sento avvampar“ aus: „Simon Boccanegra“ von Verdi 21. Juni singt er an der Deutschen Conservatorio di Musica Giuseppe Oper Berlin den Attila in „Foresto“ Tartini in Triest wurde. Weil dort im Fach Flöte Plätze frei waren, lernte Massimo zunächst das Blas- und vom 3. bis 12. September den Alfredo in „La Traviata“ an der instrument. Und zufällig entdeckte er dann mit 18 sein wahres Wiener Staatsoper, auf den im Dezember 2013 und Januar 2014 eine Talent: „Ein befreundeter tschechischer Pianist ermunterte mich, Auftritts-Serie als Cavaradossi in „Tosca“ sowohl an der Bayerischen meine Stimme mit seiner Klavierbegleitung auszuprobieren. Dessen als auch Wiener Staatsoper folgt. Respekt hat er nur vor seinem wichtigsten Kapital, seiner einziger Kommentar war: ‚Das musst, musst, musst du weitermachen!’“ Was darauf folgte, war einerseits eine Verkettung „glückli- Stimme: „Wir sind unser eigenes Instrument und somit sehr fragil“, cher Fügungen“, andererseits das Ergebnis von viel „Schweiß und weiß er aus langjähriger Erfahrung. Festes Vorhaben ist insofern, Opfern“: Nach der Aufnahme in die Gesangsklasse, bei der er sich gut für sich und sein Ausnahme-Organ zu sorgen. Und gleichzeitig ohne Vorbereitung gegen annähernd 100 Konkurrenten durch- weiterhin an der Erfüllung noch offener Wünsche zu arbeiten: „Mit setzte, absolvierte Giordano sein Studium genauso ambitioniert wie ‚Amore e Tormento’ konnte ich einen lang gehegten Traum realisieGesangswettbewerbe, die mit ersten Engagements belohnt wurden ren“, freut sich Massimo Giordano. Jetzt fehle nur noch die passende und ihn Schritt für Schritt ein Repertoire vor allem im Belcanto- Konzert-Tour. n 24

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Foto: Marisa Crawford

Buongiorno Giordano: der Tenor in seiner Heimat Italien.

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Romantik aus Medellín

Fotos: Werner Kmetitsch

Tänzer am Pult, Pragmatiker bei der Wahl des Wohnortes und privat träumerischer Denker. Als Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich mischte Andrés OrozcoEstrada Österreich auf, jetzt wechselt er nach Frankfurt und Houston. v o n A n n a N o v á k

Man liest ihm jede Emotion vom Gesicht ab: Andrés Orozco-Estrada im Konzert.

Wiener Musikverein. Andrés Orozco-Estrada betritt die Bühne mit schnellen, zielgerichteten Schritten. Ein begrüßender Blick zum applaudierenden Publikum, eine kleine, fast unmerkliche Geste mit der linken Hand. Und noch während er sich zum Orchester umdreht – wenige Sekunden ist er erst auf der Bühne – gibt er den Orchestereinsatz zu Mozarts g-Moll-Sinfonie. Ein Überraschungsmoment für Publikum und das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, das spontan und aufmerksam reagiert – die Musiker kennen ihren südamerikanischen Chefdirigenten gut, das merkt man. Orozco-Estrada hat diese besondere Energie am Dirigentenpult. Sein Dirigat und seine Mimik erzählen die Geschichte der Musik mit. Er tanzt dort oben. Und sein Orchester tanzt mit. crescendo: Gerade spielten Sie im Wiener Musikverein ein Mozart-Programm. Einen sehr modernen, völlig entstaubten, entschlackten Mozart konnten wir dort erleben. Was war die Idee hinter der Dramaturgie des Abends? Andrés Orozco-Estrada: Der wichtigste Ansatz war: wieder Mozart zu spielen. Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile in vielen Orchestern, besonders in den groß besetzten Sinfonieorchestern, immer weniger klassisches Repertoire gespielt wird. Das ist auch bei uns so, und das ist schade. Denn wir wissen: Diese Musik ist die Basis des Orchesterspiels und die wirklich detaillierte Arbeit. Diese 26

Musik auf höchstem Niveau zu spielen, ist fast das Schwierigste, das es gibt. Weil ich nicht in einer riesengroßen Sinfonieorchesterbesetzung spielen wollte, kam mir die Idee, das Orchester in zwei Hälften zu teilen – und mit jeder Hälfte einen anderen Teil des Mozartprogramms zu erarbeiten. Eine schöne Idee! Das schon, das war eine sehr lustige Idee – nun hoffe ich aber inständig, dass die Politiker nicht glauben, dass ein halbes Orchester ja auch reicht. Das ist mir erst hinterher eingefallen, dass da jemand auch die falschen Signale rauslesen könnte. Sie sagten kürzlich, Ihr Ziel wäre es, für das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich einen unverwechselbaren Klang zu prägen. Wie klingt er denn, ihr Optimalklang? Ich wünsche mir eine deutliche Aussprache. Dass man durch klare Artikulation, Phrasierungen und Dynamik die Musik versteht. Dass Motive und Thematiken ihren Platz haben und die Struktur deutlich wird. Auf der anderen Seite ist mir wichtig, bei aller Lebendigkeit, Energie und schnellen Tempi doch einen runden Klang zu bewahren. Man kann vital und artikuliert spielen, ohne dass es zu hart oder brutal klingt. Lassen Sie sich in Ihrer Ästhetik von den Kollegen beeinflussen? Haben Sie eine dirigentische Prägung? www.crescendo.de

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Am Ende sind es eher Kombinationen, die mich inspirieren. Je nach gend sein, zwanzig mal im Jahr hin und her zu fliegen. Da kommt Stilrichtung. In der Wiener Klassik interessiert mich die „neue“ Art, wieder der romantische Teil in mir zum Vorschein: Denn meine Motivation ist so groß, nun auch in Amerika einen neuen Teil meidieses Repertoire zu spielen. Sei es Harnoncourt oder Gardiner. nes musikalischen Ichs zu entdecken, dass ich das in Kauf nehme. Ich habe alle Bücher Harnoncourts gelesen und eigene Recherchen Freuen Sie sich auf die neuen Herausforderungen? gemacht – die Schulen von Leopold Mozart und Quantz gelesen. Auf jeden Fall! Es sind ganz unterschiedliche HerausforderunIch bin kein Spezialist in einem bestimmten Repertoire, aber ich gen, die auf mich zukommen: In Amerika treffe ich auf eine ganz möchte alles wissen, was mir möglich ist zu wissen. Im Grunde andere Kultur. Dort ist man neben seinen musikalischen Aufgaben habe ich aber, unabhängig vom Dirigenten, eine eigene Klang-Vorals „Musical Director“ auch das Gesicht des Orchesters und mit stellung. Wenn ich ein neues Stück erarbeite, höre ich viele Auffür Sponsoring verantwortlich. nahmen von Kollegen an und In Frankfurt übernehme ich versuche daraus für mich die ein Orchester auf sehr hohem Passagen zu ziehen, die am „Ich bin ein Mensch des 21. Jahrhunderts, da Niveau. Hier muss man ein nächsten an meiner eigenen wäre es doch sinnlos, wenn ich die bestehenden bisschen mehr Probenzeit einInterpretation des Stückes lieplanen, um an Details zu feilen gen. Manchmal ist das nur ein Aufnahmen nicht anhören würde.“ – denn oft sind Konzerte mit Takt von einer Aufnahme, die Radio-Aufnahmen verbunden, so gespielt wird, wie ich es mir da ist alles, was man spielt, für vorstelle – mal ein ganzer Satz. So entsteht eine Art Collage. Für mich ist es klar geworden, dass ich immer und ewig festgehalten. Die Orchester sind eigene Universen! nicht meine eigenen Ideale verliere, wenn ich mich von Aufnahmen Kann es dann passieren, dass sich Ihre musikalische Ausrichtung, je nach Orchester, unterschiedlich entwickelt? inspirieren lasse. Ich bin ein Mensch des 21. Jahrhunderts, da wäre Das kann passieren. Das hr-Sinfonieorchester hat einen sehr schöes doch sinnlos, wenn ich die bestehenden Aufnahmen nicht nen Streicherklang, sehr präzise, kompakt, kraftvoll – aber mittleranhören würde. weile auch sehr flexibel in der Spielkultur. Die Holzbläser sind in Sprechen wir über Ihre dirigentischen Anfänge: Schon mit absoluter Bestform – man kann viel herausholen, die Soli richtig 19 Jahren verließen Sie Ihre kolumbianische Heimat und genießen! In Houston ist man dagegen etwas pragmatischer, vielzogen nach Wien. Warum ausgerechnet Wien? leicht etwas konkreter und sogar noch kompakter. Dort entwickelt Wien, bedeutete für mich: Tradition, Schule und eine besonsich, auch durch die straffer organisierte Probenarbeit, bei der man dere Geschichte des Landes. Das hat mich sehr interessiert. In schnell ans Ziel kommen muss, ein anderer Klang. Am Ende auch der Musikschule in Medellín, die ich besuchte, hatten wir Musikeine andere Art, Musik zu empfinden und an das Publikum weitergeschichte und hörten von Wien als Zentrum des musikalischen zugeben. Die Mentalität in Amerika ist trotz allem etwas extroverGeschehens – wir sprechen vom Wien der 60er Jahre. Damals gab es mit Hans Swarowsky noch den einen Lehrer, der viele Dirigenten tierter, besonders von Publikumsseite aus. Hätten Sie rückblickend etwas anders gemacht in Ihrer Karriere? dieser Generation formte: Zubin Mehta, Claudio Abbado, Mariss Nein, gar nichts! Ich weiß: was ich tue, hat eine Basis, ein VerständJansons. Ich dachte mir: Dort muss wirklich etwas Besonderes nis. Das verdanke ich auch dieser Kombination: Ich komme aus unterrichtet werden! Swarowsky habe ich dort nicht mehr erlebt, Kolumbien. Ich bin Südamerikaner, kann spontan sein und lustig aber mein Lehrer hat seine Tradition weitergegeben. Mittlerweile sind Sie seit 15 Jahren in Wien. Haben Sie Heimweh (lacht) – aber ich habe hier schon mit 19 Jahren eine völlig neue nach Kolumbien und werden eines Tages dorthin zurückkehren? Sprache und neue Kultur kennengelernt. In meinen Idealen – sei es musikalisch oder privat – bin ich roman- Was bedeutet für Sie Authentizität? tisch, aber ein Teil von mir ist auch ein sehr pragmatischer Mensch. Es ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Mensch haben kann. Dafür muss man immer auf dem Weg sein, Meine Möglichkeiten hier sind sich neu zu finden. wesentlich größer als in Kolumbien, Wenn Sie nicht Dirigent geworden außerdem habe ich mittlerweile meine Wie ist sein neues Album? wären, dann...? Familie hier. Für mich ist es aufgrund Berlioz vielschichtige „Symphonie fantastique“ er(lacht) Es hätte zwei Alternativen meiner musikalischen Verträge im klingt in strahlender Durchsichtigkeit, wach und legegeben. Zum einen: Fußballer. Ich Moment undenkbar, nach Kolumbien bendig, kontrastreich geschichtenerzählend, mal aufhabe viel Fußball gespielt in Kolumzurückzukehren – aber ich versuche brausend, mal geheimnisvoll. Das Tonkünstler-Orbien – aber ich bezweifle, dass ich so jedes Jahr mindestens einmal dorthin chester Niederösterreich und Chefdirigent Orozcoerfolgreich gewesen wäre, dass ich es zu fliegen. Estrada bilden eine kongeniale Symbiose. Bravo! nach Europa geschafft hätte! Was ich Sie haben kürzlich zwei neue Hector Berlioz: „Symphonie fantastique“ Tonkünstaußerdem immer gern gemacht habe, große Engagements an Land gezoler-Orchester Niederösterreich, Andrés Orozco-Esund das ist auch jetzt noch Teil meigen: Sie werden Chefdirigent des trada (Oehms Classics) nes Jobs, ist das Zuhören. Psychologie hr-Sinfonieorchesters in FrankTrack 2 auf der crescendo Abo-CD: „II. Un Bal.“ aus wäre also auch eine Option gewesen. furt und des Houston Symphony „Symphonie fantastique, op. 14“ von Hector Berlioz Welchen großen Wunsch möchten Orchestra in den USA. Sie sich gerne noch erfüllen – sei es Ja – und zufällig liegen die beiden Termine: musikalisch oder privat? Städte logistisch sogar ganz gut: Von Fr, 14.6.Hamburg, Kampnagel, NDR Sinfonieorchester Ich habe viele große Wünsche – weil Wien komme ich problemlos nach Sa, 15.6.Neubrandenburg, Konzertkirche ich viel träume. Aber in Kolumbien Frankfurt und von Frankfurt fliegt Fr, 21.6.Grafenegg, Sommernachtsgala sagt man: Ein Wunsch geht nicht in zweimal am Tag ein Direktflug nach Mi, 26.6.Stuttgart, Liederhalle Erfüllung, wenn man ihn verrät. Aber Houston – und das sogar mit diesem Fr, 28.6.Stuttgart, Liederhalle ich verspreche Ihnen: Wenn einige ganz großen Flugzeug, dem A380! Sa, 13.7. Grafenegg, Tonkünstler-Orchester Fr, 16.8. / So. 25.8. / So. 8.9. Grafenegg Festival 2013 dieser Wünsche erfüllt werden, dann (lacht) Das ist bestimmt beim ersten Sa, 24.8. Villach, Congress Center erzähle ich Ihnen, welche es waren. n mal lustig, aber bald wird es anstren27


k ü n s t l e r

Meine Familie & ich Vater und Bruder sind Klarinettisten bei den Wiener Philharmonikern, er selbst darf nun sein erstes Soloalbum veröffentlichen. Andreas Ottensamer über Konkurrenz im eigenen Haus und Parallelen zum Sport.

Newcomer

Foto: Anatol Kotte/Mercury Classics/DG

2007 ein Fußballteam. Wo crescendo: Ihre Mutter ist Celstehen Sie? Im Tor? Oder listin, Ihr Vater und Ihr Bruder sind Sie der Libero? sind Klarinettisten bei den Nein, ich bin im zentralen MitWiener Philharmonikern. Das telfeld. Der Spielmacher … klingt nach viel Musikthemen … und im Klarinettentrio „The beim Abendessen ... Clarinotts“, in dem Sie mit Andreas Ottensamer: Im GegenIhrem Vater und Ihrem Bruder teil, wir waren gar nicht so fixiert Daniel spielen? auf dieses eine Thema. Alle sind (Lachen) Da habe ich mir als vielschichtig interessiert, ich war Jüngster den Respekt erspielt! immer perplex, wenn in anderen Glauben Sie mir: Die Proben Familien nur über Musik gesprosind bei uns nicht immer Friede, chen wurde. Musik war für uns Freude, Eierkuchen und auch das Natürlichste auf der Welt. nicht gerade unsere Stärke. TauSie fingen mit dem Klavier an, send Sachen laufen schief, aber spielten dann Cello und griffen wir regen uns gar nicht darüerst später zur Klarinette. ber auf, weil wir wissen, dass es Auf der Klarinette kam ich sehr beim nächsten Mal wieder gut schnell voran. Sich allerdings geht. beruflich dafür zu entscheiden, Haben Sie Parallelen zwischen war eine andere Sache. SchließKlarinettist Ottensamer: „Wenn, dann auf höchstem Niveau.“ der Musik und dem Sport finlich muss man die Chancen den können? bedenken, ob drei aus einer Absolut. Ganz maßgeblich ist es eben, wenn man als Kind schon in Familie mit demselben Instrument erfolgreich sein können. Aber Berührung mit einer gewissen Disziplin kommt. Man gewinnt eine wenn man einmal Feuer gefangen hat, kommt man nicht davon ganz besondere Einstellung. Man lernt, sich einer Sache voll hinlos. Es ist eine einzigartige Konstellation. Alle Logik spricht dagezugeben. Wenn man lernt, die Dinge sprichwörtlich unter einem gen. Die Entscheidung, Musik zu machen, ist aber erst vor etwa sportlichen Aspekt zu betrachten, dann hilft einem das sehr. Auch vier Jahren gefallen. in der Musik. Was gab den Ausschlag? Höher, weiter, schneller – sprich besser, heißt es doch im Sport. Dass ich die Stelle bei den Berliner Philharmonikern bekomIst das auch gut in der Musik? men habe. Eines wusste ich: Wenn ich Musik mache, dann nur Nein, auf die Interpretation ist dies nicht unbedingt zu übertragen. auf höchstem Niveau. Ich wollte keinen Kompromiss eingehen. In Eher auf die mentale Einstellung im Hinblick auf die Kunst und die einer Familie wie der meinigen liegt die Latte hoch. Gibt es einen großen Unterschied zwischen der Klarinettenspiel- Arbeit, die hinter jeder Interpretation steckt. Ich bewundere jeden Hochleistungssportler, wie er seinen kultur der Wiener Philharmoniker Körper mit seinem Geist antreibt. und den Berlinern? Wie ist sein neues album? Dazu gehört Willenskraft und MotiDie Wiener Klarinette mit ihrem vation, um dem Körper diese Leisetwas dunkleren, voluminösen Lasziv quietscht sie in Gershwins Prelude Nr.1, gleitet tungen abzugewinnen. Und damit durch Cimarosas sinnliche „Siciliana“ und schwingt Klang, der dort sehr gepflegt wird, sich durch die Tanzrhythmen im zweiten Satz von meine ich, dass man diese Qualitäten hat schon längst den Einzug bei den Coplands Klarinettenkonzert. Unterschiedlicher und Charaktereigenschaften überBerlinern gehalten, mit Leuten wie könnte das Repertoire, könnten die Spieltechniken all in seinem Leben anwenden kann, Alois Brandhofer und Wenzel Fuchs, nicht sein, mit denen der Klarinettist Andreas Otund somit auch beim Klarinettendem aktuellen Soloklarinettisten, tensamer sich hier vorstellt. Er hat sich spiel. Musik hat natürlich nichts mit der gemeinsam mit meinem Vater dem Wiener Klangstil verschrieben, Leistungssport zu tun. in Wien studiert hat. dunkel warm in den Farben bei sparIm Februar nahm Sie die Deutsche Auf Fußball wollten Sie dennoch samem Einsatz des Vibratos. Grammophon unter Vertrag, als nicht verzichten, Sie gründeten ersten Soloklarinettisten in der über mit Ihrem Bruder und Freunden „Portraits“ Andreas Ottensamer (DG) 28

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hundertjährigen Geschichte des Labels. Warum ist Ihr Instrument so wenig populär? Ich verstehe die Frage. Klarinette ist vielleicht kein so vordergründig populäres In-strument geworden wie die Geige oder das Klavier, für die es natürlich ein unglaublich umfangreiches Repertoire gibt. Aber wenn man die Holzbläsergruppe anschaut, dann ist die Klarinette das einzige In­strument, für das romantische Konzertliteratur geschrieben wurde. Denken Sie an Carl Maria von Weber, Louis Spohr, und in der Klassik besonders an Mozart. Dann die französische Schule um Poulenc und Debussy bis hin zum Jazz. Und nicht zu vergessen: die Kammermusik, Brahms etc. Das sind großartige und unglaubliche Werke. Also wir haben schon zu tun. Auf Ihrer jetzt erscheinenden CD „Portraits“ … … spiele ich ein Konzert von Domenico Cimarosa, der eigentlich ein Komponist komischer Opern war, ein Zeitgenosse Mozarts. Er hat um 1780 Klaviersonaten komponiert, und daraus hat Arthur Benjamin 1942 ein Konzert für Klarinette und Streicher arrangiert. Es klingt wie eine Arie und wie eine Ouvertüre, das war wunderbar für mich, der ich aus Wien komme. Und dann ist noch das Klarinettenkonzert Nr. 1. von Louis Spohr von 1808. Spohr musste sein. Er war ja eigentlich Geigenvirtuose, und es ist sehr interessant zu sehen, welchen Einfluss das auf sein Klarinettenkonzert hat. Ich wollte den lyrischen Charakter herausheben in diesem technisch sehr anspruchsvollen Konzert, das auch seine dramatischen Effekte hat. Das ist ja schön und gut, aber irgendwie muss die Klangqualität auch da sein. Das ist mir sehr wichtig. Dieses Konzert steht leider oft im Schatten des Klarinettenkonzerts von Carl Maria von Weber. Und last but not least: das Klarinettenkonzert von Aaron Copland. Das machte am meisten Spaß! Das geht so richtig ab! Mit den Jazzrhythmen. Es harmoniert aber wunderbar mit dem restlichen Repertoire. Bevor wir hier enden, noch eine persönliche Frage: Im Internet kursieren Bilder von Ihnen als Unterwäschemodel … Naja, betrachten wir es unter diesem Aspekt: Ich war jung und brauchte das Geld! (lacht).

Interview: Teresa Pieschacon-Rafael

Termine: So., 21.07.2013 Schloss Johannisberg Händel, Mozart, Strauss, Takáks u.a., The Clarinotts, Rheingau Musik Festival So., 21.7.2013 Würzburg, Mainfranken Theater, The Clarinotts Do., 5.9.2013 Traunstein, Klosterkirche

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Virtuose Vielfalt. Klassische Musik an historischen Spielstätten oder mitreißende Jam-Sessions in den Weinbergen. Mit fast 150 Konzerten ist das Rheingau Musik Festival eine der facettenreichsten Konzertreihen in Europa. Renommierte nationale und internationale Künstler finden hier ebenso ihr Publikum wie Nachwuchstalente. Große musikalische Leistung zieht Besucher aus nah und fern in eine einzigartige Landschaft. Diese kulturelle Vielfalt unserer Region gilt es zu erhalten – dafür setzen wir uns ein.

Aktiv für die Region. Fraport. The Airport Manager. www.aktivfuerdieregion.fraport.de


p e r s o n a l i e n

Foto: Atilla Eren Gokturk

Fazil Say

Wohl nie wurde um ein Gerichtsurteil in der klassischen Musikszene so viel diskutiert wie über die Verurteilung des türkischen Pianisten Fazil Say. Der 43-Jährige war im April wegen Beleidigung des Islam zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde – allerdings unter der Bedingung, dass Say ab sofort fünf Jahre lang keinerlei ähnlich blasphemische Bemerkungen äußern dürfe. Say hatte im Internetdienst Twitter eine Mitteilung gepostet, die laut türkischem Gericht die „religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung“ herabsetze. Im Internet war bereits bei Says Anklage eine Welle der Solidaritätsbekundung für den Künstler losgebrochen. Nun ruderte das Gericht jedoch zurück und hob nachträglich das Urteil auf. Ein von Says Anwalt zusammengerufenes Tribunal begründete die Entscheidung

mit „Verfahrensfehlern“ in einer niedrigen Instanz, berichtete die Nachrichtenagentur. Ein Termin für die Wiederaufnahme des Prozesses ist noch nicht bekannt. Fazil Say hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach angekündigt, er wolle aus der Türkei auswandern.

Gustav Kuhn

Euro päis c h e r K ult urp re is Ende Mai wird in Leipzig feierlich der Europäische Kulturpreis verliehen. In diesem Jahr ist der Preis eng mit Richard Wagner verknüpft, der Fokus liegt passend zum Wagner-Jahr auf der Bewahrung und Weiterführung des Komponisten. Damit ist diese Veranstaltung einer der Höhepunkte der Wagner-Festwoche und steht als Zeichen für eine Verbindung zwischen den Menschen und Kulturen, die durch Musik

Foto: Tom Benz

Fa z il S ay

möglich ist. In einer großen Gala werden die diesjährigen Preisträger geehrt. Über den Europäischen Kulturpreis für Musik dürfen sich Heldentenor Klaus Florian Vogt und die Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager freuen. Mit dem Europäischen Dirigentenpreis wird Gustav Kuhn geehrt, der in der vergangenen Saison mit der Einweihung seines neuen Festspielhauses im Tiroler Ort Erl für Furore sorgte. Multitalent Armin Müller-Stahl erhält den Europäischen Kulturpreis Pro Arte. Der Europäische Orchester- und Chorpreis geht an das MDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Kristjan Järvi. Alle Preisträger, unter anderem Iris Berben und Karl Lagerfeld, werden für herausragende Dienste in und für Europa ausge-

zeichnet. Traditionell stehen die Europäischen Kulturpreisverleihungen unter dem Patronat der Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission. Der Preis ist undotiert.

G e s t o r b e n

S ir Coli n Davi s

Foto: Alberto Venzago

seine uneitle Art auf. Seinen Klemperer in „Don Giovanni“ machten ihn Schwerpunkt legte er auf die weit über England hinaus bekannt. 1967 sorgfältige Probenarbeit. Sein wurde er Chefdirigent des BBC Symphony Repertoire reichte von Mozart, Orchestra. Kaum vier Jahre später berief ihn dessen Musik er liebte, über das Londoner Royal Opera House als Nachdie britischen Komponisten folger von Georg Solti. Er blieb dem Haus bis hin zu einer Vorliebe für jahrelang als Musikdirektor erhalten. Sibelius und eine Gesamtein- Sir Colin Davis dirigierte als erster Englänspielung des Werks von Hec- der 1977 in Bayreuth die furiose Tannhäutor Berlioz. ser-Inszenierung von Götz Friedrich, bevor Davis galt als dirigentischer er 1987 zum Chefdirigenten des SymphoAutodidakt. Nachdem er nieorchesters des Bayerischen Rundfunks zunächst ein Klarinettenstu- berufen wurde. Neun Jahre lang prägte er dium begonnen hatte und ihm aufgrund das bayerische Spitzenorchester maßgebfehlender Klavierkenntnisse der Eintritt lich. Seine vielleicht wichtigste Station war in die Dirigier-Klasse des Royal College of das London Symphony Orchestra, das er Music verwehrt wurde, debütierte er den- bis 2007 leitete. noch mit 22 Jahren am Pult. Einige glück- Mit 85 Jahren ist Sir Colin Davis nun im liche Einspringer-Dirigate wie das für Otto April verstorben.

Er war ein Mensch des Understatement – und das trotz Erhebung in den Ritterstand, trotz weltweiten Erfolgen in der klassischen Musikszene und trotz aller Ehren, allen Jubels. Am Pult wie im Leben. Sir Colin Davis, 1927 geboren, fiel durch 30

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Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Plus: Attila Csampai über seine neuen Favoriten (Seite 32) Zum 80. Geburtstag von Helmut Rilling (Seite 40)

Piotr Beczala

Er hat eine der momentan mit Abstand schönsten Tenorstimmen und widmet sich auf seinem Album nun überraschenderweise einer Gattung, die in der Klassikszene etwas stiefmütterlich behandelt – ja manchmal gar belächelt wird: der Operette. Piotr Beczala präsentiert auf „Mein ganzes Herz“ Operettenarien, die einst Richard Tauber bekannt machten: Arien von Léhar und Stolz. Als kleines i-Tüpfelchen gibt’s noch ein Stück mit Anna Netrebko dazu. Zugegeben: Diese Stücke liegen – besonders in der orchestralen Begleitung – eng an der Schwelle zum Kitsch. Aber Beczalas Interpretation klingt erstaunlich frisch und macht diese Musik zu einem Hörgenuss. Denn die ernst gemeinte Beschäftigung mit Operette macht Freude. Und macht man sich klar, dass es hier um keine RichardTauber-Kopie geht, sondern um eine Hommage an das Wirken dieses Sängers, dann kann man Beczalas stimmschöne Operetten-Interpretation auch in ihrer Besonderheit und eigenen Ausprägung genießen. CN

„Mein ganzes Herz“ Piotr Beczala, Royal ­Philharmonic Orchestra, ­Lukasz Borowicz (Deutsche Grammophon)

Foto: Ania Frers/DG

Frisch und ernst gemeint

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h ö r e n & s e h e n

Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai

Frischzellenkuren Heiligtümer der Wiener Klassik und vergessene Pretiosen der Romantik stehen im Mittelpunkt der Mai-Empfehlungen unseres Chefrezensenten. Viele Avantgardisten des 20. Jahrhunderts klingen heute älter und abgestandener als die ewig junge, niemals alternde Musik der drei großen Wiener Klassiker. Sie erschafft sich, sie erfindet sich mit jeder Generation auf wundersame Weise neu. Joseph Haydn: „Klaviersonaten Vol. 5“ Jean-Efflam Bavouzet (Chandos)

Für Haydn braucht man einen klaren Kopf und Humor, aber nicht unbedingt ein historisches Instrument: Für seine Gesamteinspielung des Haydnschen Sonatenwerks verwendete Jean-Efflam Bavouzet von Beginn an einen großen Yamaha-Flügel, den er fast ohne Pedal und sehr punktgenau-trocken spielte. Auch in der aktuellen Folge 5, in der er zwei unbekannte frühe Sonaten mit den drei nur scheinbar harmlosen zweisätzigen Arbeiten aus dem Jahr 1784 kombiniert, verpasst der 51-jährige Klavier-Intellektuelle dem Wiener Klassiker einen speziellen „French touch“, also ein radikal aufklärerisches Profil der Klarheit und Prägnanz, das alle deutsche Innerlichkeit, aber auch alles burgenländisch-bodenständige kühl beiseite schiebt, um sich ganz auf das kühne Form­experiment des stillen Revolutionärs aus Esterháza zu konzentrieren. Gleichwohl gelingt es Bavouzet, Haydns musikalische Logik ungemein frisch, lebendig, ja unwiderstehlich klingen zu lassen, immer auch den Schalk und den Erfinder hervorzukehren: Sein freimütiges Bekenntnis, einige seiner besten Fingersätze bei Chico Marx abgeguckt zu haben, ist ein weiteres Indiz seiner charmanten Souveränität. Wolfgang Amadeus Mozart: „Klavierkonzerte F-dur KV 459 und A-dur KV 488“ Ronald Brautigam; Kölner Akademie, Michael A. Willens (BIS)

Eine Synthese aus historischer Klangvorstellung und aktuellem Interpretationsansatz verfolgt auch der holländische Fortepiano-Virtuose Ronald Brautigam bei den Klavierkonzerten Mozarts – dies allerdings auf einer exzellenten Kopie eines historischen Ham32

merflügels aus der Werkstatt von Paul McNulty. Zudem hat der 5­ 5-jährige Amsterdamer in der 25-köpfigen Kölner Akademie und ihrem Chef Michael A. Willens hochmotivierte Partner gefunden, die mit ihm den dramatischen Lebenspuls von Mozarts Musik neu entfachen wollen, so auch in der aktuellen Folge vier in den Konzerten KV 459 und KV 488. Es geht hier nicht nur um die opernähnliche, menschliche Interaktion von gleichwertigen Individuen, sondern alle Beteiligten tragen eine tickende Uhr am Handgelenk, die ihnen ein neues Bewusstsein des Zeitlichen vermittelt: Die Welt, die Musik, das menschliche Leben wird hier neu vermessen, und wir werden Zeugen dieser neuen Bewegungsfreiheit, dieser Revolution der Gefühle. Auf dieser quicklebendigen Mozart-Bühne gibt es keine Fräcke, keine glattpolierten Flächen, keinen Mief und keinen Dünkel, alle rennen in Jeans herum, und die Fenster sind weit geöffnet: So muss Mozart heute klingen. Ludwig van Beethoven: „Sinfonien Nr. 4 und Nr. 7“ Academy of St Martin-in-the-Fields, Joshua Bell (Sony)

Frische musikalische Impulse verspricht sich auch die Londoner Academy of St Martin-in-theFields durch die Verpflichtung des amerikanischen Stargeigers Joshua Bell als neuem künstlerischem Leiter. Der 45-jährige New Yorker versteht sich als echter „primus inter pares“ und leitet die stark verjüngte Truppe vom Pult des Konzertmeisters aus – wie seine Vorgänger Neville Marriner und Fiona Brown. Wie gut das auf Anhieb klappt, kann man auf ihrer ersten CD an Beethovens rhythmisch bewegten Sinfonien Nr. 4 und Nr. 7 studieren: Mit sehr drängenden Tempi versteht es Bell glänzend, die virtuose Spielfreude des heute deutlich „historisch orientierter“ klingenden Kollektivs wieder neu zu entfachen und ihre alten Tugenden, wie druckvolles Spiel, Temperament und schlanke Präzision, wiederzubeleben, nunmehr aber „geschärft“ mit dem Erfahrungsschatz der historischen Aufführungspraxis. Bells jugendlicher Elan aber verleiht Beethovens rhythmischer Penetranz auch einen Hauch „swingender“ Nonchalance, sodass die lebensbejahenden Aspekte dieser Musik deutlich Oberhand gewinnen gegenüber aller „deutschen“ Schroffheit. www.crescendo.de

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I m p r ess u m Felix Mendelssohn: „Sinfonie Nr. 2 ‚Lobgesang‘“ Wanroij, Baumans, Henckens, Consensus Vocalis, Netherlands Symphony Orchestra, Jan Willem de Vriend (Challenge)

Im Vergleich zu Beethoven ist Felix Mendelssohn bis heute ein vernachlässigtes Genie. Ich kann mich nicht entsinnen, etwa seine mächtige zweite Sinfonie jemals öffentlich gehört zu haben. Dabei ist es die grandioseste Sinfonie-Kantate in der Nachfolge von Beethovens Neunter und ein christliches Manifest der Aufklärung, überquellend vor musikalischen Schönheiten, formal wunderbar gerahmt durch das mehrfach wiederkehrende Choral-Motto „Alles was Odem hat, lobe den Herrn“. Nach seinem eindrucksvollen Beethoven-Zyklus hat Jan Willem de Vriend seinen Ansatz jetzt auf Mendelssohns „Lobgesang“-Sinfonie ausgeweitet und sein Netherlands Symphony Orchestra zu einer einerseits drängenden, andererseits romantischbewegten Aufführung des 12-teiligen Opus motiviert, unterstützt durch drei junge holländische Vokal-Solisten, die mit kontrolliertem Gestus auch den zarten dramatischen Subtext, den Seelenmotor von Mendelssohns christlichem Appell spüren lassen. Franz Ignaz Danzi: „Der Berggeist“ Balzer, Ochoa, Harmsen, Wegener u.a., Kammerchor Stuttgart, Hofkapelle Stuttgart, Frieder Bernius (Carus) - Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Schlaf nicht so lang“

Wer Erholung sucht vom diesjährigen Wagner-Hype, dem empfehle ich die vergessene „Rübezahl“-Oper des Mannheimer Hofcellisten Franz Danzi (1763– 1826), die Frieder Bernius jetzt mit seiner Stuttgarter Hofkapelle und exzellenten jungen Vokalsolisten überzeugend wiederbelebt hat: „Der Berggeist“ von 1813 ist das Bindeglied zwischen Mozarts Singspielen und Webers „Freischütz“, wobei Danzi die Feen- und Geisterwelt des Märchens geschickt mit der vermeintlich „heilen“ Biedermeieridylle deutscher Kleinbürger verwob und in den Hauptpartien großartige Charaktere entwarf: Sie sind hier mit dem kanadischen Tenor Colin Balzer und der britisch-deutschen Sopranistin Sarah Wegener perfekt besetzt. Man spürt in jedem Takt dieser spannenden Live-Aufführung die hohe Motivation und den Herzenseinsatz aller Beteiligten, sodass Bernius hier weit über seine archäologische Pflicht hinaus eine „Weltersteinspielung“ von bestechendem interpretatorischem Niveau abgeliefert hat. Gustav Mahler: „Sinfonien Nr. 2, 4, 7, 9, Das Lied von der Erde“ Schwarzkopf, Ludwig, Wunderlich, Philharmonia Chorus, (New) Philharmonia Orchestra, Otto Klemperer (EMI)

Otto Klemperers Mahler-Kompetenz bedarf keiner langen Begründung: Er spielte ihm schon 1907 in Wien einen eigenhändigen Klavierauszug seiner zweiten Sinfonie vor. Neben Bruno Walter war er der bedeutendste Mahler-Dirigent der ersten Generation, blieb aber sein Leben lang ein kritischer und selektiver Mahlerianer. So hatte er nur fünf Sinfonien Mahlers im Repertoire, die er gegen Ende seiner langen Karriere in London komplett für die Stereo-Schallplatte dirigierte, unter der Aufsicht des EMI-Produzenten Walter Legge. Diese späten, ungemein strengen und nachhaltigen Modellaufführungen der Sinfonien II, IV, VII, IX und des Lieds von der Erde aus den Jahren 1961–1968 sind jetzt in einer 6-CD-Box vereint, und sie bündeln in besonderer Dichte die Wirkungsmacht und unerbittliche, eherne Archaik seines gemeißelten Musizierstils. Zudem hatte der erklärte „Immoralist“ Klemperer im Lied von der Erde mit Fritz Wunderlich und Christa Ludwig die denkbar besten Protagonisten.

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Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Chefredakteur Robert Kittel (RK, verantwortlich)

Art director Stefan Steitz

REdaktion Anna Novák (AN)

schlussREdaktion Edigna Hackelsberger

Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón ­Raphael (TPR), Christoph Schlüren (CS)

Kolumnisten Pascal Morché, Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod

Mitarbeiter dieser Ausgabe Martin Morgenstern (MM), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Klaus Härtel (HÄ), Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Rainer Aschemeier, Julia Decker, Virginia Tutila, Wonhee Bae, Lucy Cheung, Maximilian Stössel (STÖ), Carla Neumann, Julia Hartel (JH), Katharina Weigert (KW), Michael Sellger, Stefan Sell & Bob Coat.

Projektleitung plus regional Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Anna Hermann | hermann@crescendo.de

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 15.09.2012

Druck Westermann Druck, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

Vertrieb Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstr. 77, 20097 Hamburg www.as-vertriebsservice.de

Erscheinungsweise crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert­häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei­träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.

Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 49,90 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2012). Versand ins europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen. Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 70.127 (laut IVW-Meldung 4/2012) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält (Teil-)Beilagen/Beihefter von Hapag-Lloyd, Theatersommer Bad Lauchstädt, Brucknerfest Linz und CLASS.

Das nächste crescendo erscheint Am 06.09.2013

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Foto: Marc Egido / Sony Classical

Solo

Arcadi Volodos

Spanischer Satie? Federico Mompou y Dencausse – besser bekannt als Frédéric Mompou – wird oft und gern als „spanischer Satie“ tituliert. Das ist verständlich, aber dumm: Erstens hat Mompou sein musikalisch-kreatives Leben überwiegend in Frankreich verbracht, sodass er sich dem damals grassierenden Stil Saties und der Groupe des Six gar nicht entziehen konnte. Als Komponist ist er also mehr „Wahlfranzose“ als Spanier. Zweitens ist seine Musik nicht so mysteriös-verklärt, wie uns das viele Musiklexika und auch das Booklet dieser neuen Sony-CD wieder weismachen wollen. Es gibt vielmehr andere Komponisten, deren Stil dem Mompous näher liegt, als ausgerechnet Satie. Man denke etwa an das rätselhafte, karg klingende Klavierwerk von Mompous Zeitgenossen Joaquín Rodrigo oder an die häufig eigenbrötlerische Klaviermusik von Charles Koechlin. Mompou schrieb fast ausschließlich Klavierminiaturen, an denen er nicht selten über Jahrzehnte arbeitete.

Elisaveta Blumina

Kitschmusik ohne Ironie

„Volodos plays Mompou“ Arcadi Volodos (Sony)

Einige dieser Stücke sind nun in einer neuen Einspielung von Arcadi Volodos herausgekommen. Der russische Pianist hat sich in den letzten Jahren viel mit der Musik Skrjabins und Ravels beschäftigt. Da wirkt seine Mompou-CD wie ein logischer nächster Schritt. Das ist auch interpretatorisch so gemeint: Unter Volodos’ Händen bleibt Mompou zwar ein enigmatischer Einzelgänger, aber einer, der sich vorher ausführlich bei Ravel umgehört hat. Auch Parallelen zu Debussys Etüden sind bei ihm unüberhörbar. Fazit: Wenn man das Mystiker-Getue mal beiseite lässt, bleibt hier eine Volodos-typisch blitzsauber eingespiel­te CD mit reizvoller Klaviermusik des 20. Jahrhunderts, die Fans von z. B. Rodrigo, Ravel oder Koechlin gut gefallen wird. Dank der Aufnahme in den Berliner Teldex-Studios ist der CD-Klang schön räumlich und natürlich ausgefallen und enttäuscht auch anspruchsvolle Hifi-Liebhaber sicher nicht. RA

Die vorzügliche russische Pianistin Elisaveta Blumina, Meisterin eines höchst fragil verfeinerten, farbenreich differenzierten Klangs, spielt Miniaturen des Ukrainers Valentin Silvestrov (geb. 1937), der zu den eigentümlichsten und unbestechlichsten Komponisten unserer Zeit gehört. Höchste handwerkliche Meisterschaft wird hier in den Dienst retrospektiv staunender Einfachheit gestellt, und dies, ohne in Klischees abzugleiten. Silvestrov kann es sich sogar leisten, einen Zyklus „Kitschmusik“ zu nennen, ohne damit eine billige ironische Brechung zu meinen. Alles fließt ganz offen – Schumann, Chopin oder Brahms –, wird feinster agogischer Verästelung unterzogen und nimmt zeitlos fluktuierende Gestalt an. Diese Musik ist nichts weiter als festgeschriebene Improvisation, die stets auch so klingen soll wie Improvisation, und dies hier in hinreißender Weise tut. Musik jenseits der etablierten ästhetischen Kriterien. CS

Valentin Silvestrov: „Piano Works“ Elisaveta Blumina (Grand Piano) 34

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Rámon Vargas

Christine Hoock

Tenor mit Strahlkraft

Phönix aus der Asche Der Kontrabass führt als Soloinstrument heutzutage ein Schattendasein. Früher war das anders: Im Barock war die Bassgambe – ein Vorläufer des Kontrabasses – als Soloinstrument sehr gefragt. Christine Hoock, Professorin für Kontrabass am Salzburger Mozarteum, lässt auf dieser CD des Münchner NEOS-Labels ihr Instrument facettenreich erklingen, von „minimalistisch“ bis „hoch virtuos“. Dabei überschreitet sie munter Stilgrenzen, lässt Antonio Vivaldi auf Philip Glass treffen und Johann Sebastian Bach auf Arvo Pärt. Ihre Mitstreiter sind u.a. drei weitere Kontrabassisten, die beim barocken Konzert „Le Phénix“ von Michel Corette ein atemberaubend vollmundig tönendes Ensemble bilden. Da das Album auch klanglich hochwertig produziert ist, bietet es Hifi-Fans ein Festival der tiefen Töne mit herrlich satten Passagen, bei denen sich Gänsehautfeeling einstellt. Es enthält Transkriptionen und Originalwerke. RA

Fast könnte man ja schon vergessen haben, wie volle, kräftige Tenorstimmen im italienischen Fach klingen. Die Mischung aus hochgezüchteten Baritonstimmen und ins Dramatische drängenden lyrischen, die derzeit en vogue sind, haben eine ganze Traditionslinie in den Hintergrund gestellt. Da kommt Rámon Vargas’ Recital mit Arienklassikern des italienischen und französischen Fachs gerade recht. Er demonstriert, wie Verdi und Verismo, aber auch Gounod und Massenet klingen, wenn der Stimmkern mit tenoraler Kraft gespeist ist, wenn die Attacke überwältigen kann und wenn die exponierten Töne tatsächlich strahlen. Auch wenn ihm die ganz große Karriere versagt blieb, so ist Vargas doch seit seinem legendären Einspringen für Pavarotti an der Met Anfang der 90erJahre, auf den großen Opernbühnen unterwegs. 2001 wurde er als „bester Sänger” mit dem „Echo Klassik” ausgezeichnet. Dieses souveräne Arien-Album, von Riccardo Frizza und dem Budapester Symphony Orchestra ebenso stilsicher wie diskret begleitet, zeigt einen Tenor der alten Schule, im besten Sinne des Wortes. US

„Le Phénix – Solokontrabass in Barock und Moderne“ Christine Hoock, Thomas Martin, Thomas Jauch, Stephan Bauer, Barbara Nussbaum, Florian Birsak (NEOS) Arabella Steinbacher

Fast zu elegant Im Inlay ihres neuen Albums sieht man Arabella Steinbacher im violetten Kleid am Tisch eines Salons – ein Schauplatz für Arabella Steinbachers Stradivari. Eleganz, das kann man ganz sicherlich von Arabella Steinbacher erwarten. Nicht umsonst wird der Klassikstar für den silbrigen Ton und eigenständigen Stil geschätzt. Auf dem Album interpretiert Arabella Steinbacher neben Ernest Chaussons Poème für Violine und Orchester zwei „dicke Schinken“ der Violinlitertaur: das Violinkonzert in D-Dur von Erich Wolfgang Korngold sowie Max Bruchs Violinkonzert in g-Moll. Ihre Noblesse aber kommt ihr in dieser Aufnahme nicht immer zugute. Ein bisschen zu fein, vielleicht auch vornehm zurückgehalten, erklingt vor allem Bruchs Violinkonzert, ein Werk, geschrieben, um an großen Emotionen zu zerbersten. Ebenso könnte Korngolds Violinkonzert, das durchweg Themen seiner Filmpartituren aufgreift, mehr Hollywood-Sound vertragen. Bei Ernest Chaussons Poème für Violine kann Steinbacher allerdings mit allen Facetten ihres Feingefühls brillieren. Mit magischem Ton zaubert die Künstlerin Musik, beseelt von ihrer natürlichen Persönlichkeit. KW

„Opera Arias“ Ramón Vergas, Budapest Symphony Orchestra, Riccardo Frizza ­(Capriccio) Track 1 auf der crescendo AboCD: „Pourquoi me réveiller“ aus „Werther“

„Arabella Steinbacher: Bruch, Korngold, Chausson“ (Pentatone Classics)

Leonard Elschenbroich

Hör mir zu! Man will eigentlich ausschalten und kann nicht – das gibt es nicht oft bei einer CD. Leonard Elschenbroich spielt die Bratschensonate op. 147 von Dimitri Schostakowitsch (in der Bearbeitung für Cello von Daniil Shafran) so eindringlich, als wollte er sagen: „Hör mir zu!“ Der Komponist schrieb das Werk quasi auf dem Totenbett, und doch hat es nichts von einem würdevollen Abschied – eher von Ernüchterung und Kälte. Die persönliche Faszination Elschenbroichs für Schostakowitsch spricht aus der Tiefe des Ausdrucks, mit der er jede einzelne Note dieses, wie er selbst sagt, „deprimierenden“ Stücks spielt. Was die technische Seite betrifft, sei nur auf die Liste von Auszeichnungen verwiesen, über die der 1983 geborene Weltstar bereits verfügt. Eingerahmt wird die Schostakowitsch-Sonate von zwei „versöhnlicher“ wirkenden Werken Sergej Rachmaninovs: der Cellosonate in g-Moll op. 19 sowie der Vocalise op. 34 Nr. 14 (am Klavier, ebenfalls hervorragend: Alexei Grynyuk). JH

„Schostakowitsch & Rachmaninov“ ­Leonard Elschenbroich, Alexei Grynyuk (Onyx) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Vocalise op. 34, Nr. 34“ 35 Foto: Kaupo Kikkas


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Alte Musik

Marc-André Hamelin

Entwaffnend schön

Haydns Klavierkonzerte sind weit weniger populär als etwa die von Wolfgang Amadeus Mozart. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Unsicherheiten in Bezug auf diese Werke groß sind: Der Name Haydn war schon immer auch eine Art „Qualitätsmarke“. Daher gab es einst ganze Rudel skrupelloser Komponisten, die ihre Werke als Haydn-Stücke ausgaben und meistbietend an ebenso skrupellose Verlage verkauften. Der kanadische Ausnahmepianist Marc-André Hamelin hat sich auf seiner neuen CD darauf konzentriert, ausschließlich die Konzerte aufzunehmen, deren Herkunft aus der Hand Haydns als gesichert gilt. Das Kammerorchester Les Violons du Roy spielt unter Leitung seines Gründers Bernard Labadie auf modernen Instrumenten – ebenso, wie Hamelin auf einem modernen Flügel spielt und zu durchaus zeitgenössischen Kadenzen greift. Der Gesamteindruck: entwaffnend schöne Musik, aber nicht gerade ein Album für Puristen der historischen Aufführungspraxis. RA

Ann Hallenberg

Versteckt und neu entdeckt

So besonders wie das Cover dieses Albums, auf dem kurzerhand im Christo-Stil einige Giraffen verhüllt wurden, ist das Repertoire auf diesem Album. Neun von zwölf der hier zu findenden Händel-Arien sind gar erstmals als Aufnahme festgehalten. Meist sind es sogenannte „arie aggiunte“, also Arien, die wegen der Möglichkeiten einer neuen Sängerbesetzung nachträglich noch in die Opern integriert wurden. Die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg ist etablierte Spezialistin auf diesem musikalischen Gebiet: Da sitzt jede Koloratur, da stimmt das Zusammenspiel mit Il Complesso Barocco und Alan Curtis, da möchte man vom ersten bis zum letzten Ton andächtig lauschen, denn Händel steht ihrer reifen, weich-dunkel timbrierten Stimme ausgezeichnet. Und das Besondere: Ab und an geschehen musikalische Momente, die man nicht erwartet hatte, die besonders jugendlich frisch herausscheinen. Hidden Hallenberg in Hidden Händel. Ein sehr gelungenes Album! AN

Joseph Haydn: „Klavierkonzerte Nr. 3, 4 & 11“ Marc-André ­Hamelin, Les Violons du Roy, Bernard Labadie (Hyperion) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: II. „Largo cantabile“ aus: „Klavierkonzert in F-Dur Hob XVIII:3“

„Hidden Handel“ Ann Hallenberg, Il Complesso Barocco, Alan Curtis (Naïve) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Farò così più bella“ aus: „Admeto“

Linus Roth, José Gallardo

Foto: www.linusroth.com

Der tragische Weinberg Mieczysław Weinberg (1919–1996) wird wiederentdeckt: Labels wie Chandos, Naxos, NEOS und Grand Piano widmen seiner Musik derzeit ganze Editionsprojekte, veröffentlichen z. B. sämtliche Sinfonien oder die komplette Klaviermusik. Nun liegt bei Challenge Classics eine Gesamteinspielung der Weinberg-Sonaten für Violine und Klavier vor. Auch sie macht deutlich, was für einen großartigen Komponisten wir hier jahrzehntelang ignoriert haben. Der polnischstämmige Russe, der einen tragischen Lebensweg hatte, entwickelte sich vom Spätromantiker über die Station als Expressionist im Bartókund Schostakowitsch-Fahrwasser hin zu einem verbitterten, sperrigen Komponistengreis, der zum Schluss aus Tragik und Trotz in seiner ureigenen musikalischen Welt lebte und einen faszinierend unnachahmlichen Personalstil kreierte. Linus Roth und José Gallardo spielen seine Musik mit viel Verve, Leidenschaft und Begeisterung. RA

Mieczysław Weinberg: “Complete sonatas and works” Linus Roth, José Gallardo (Challenge)

Kammermusik

Irnberger, Demus, Ornetsmüller

Nachts im Salon

Thomas Albertus Irnberger wurde in Salzburg geboren, legte eine ähnliche Hochbegabtenfrühkarriere hin wie ein berühmter Salzburger vor ihm, spielte Klavier, studierte Geige am Mozarteum, lernte in Paris bei Ivry Gitlis, seit einigen Jahren singt er auch noch –ë und hat eine entsprechend achtunggebietende Menge an CDs vorgelegt. Die neue Sammlung an Kabinett- und Virtuosenstückchen, von Massenet über Chopin bis hin zu Saint-Saëns und Lalo, die der begnadete Geiger nun aufgenommen hat, entführt die Hörer ins Paris des Fin de Siècle. In seinen „Salon de Paris“ holt sich Irnberger

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den Pianisten Jörg Demus und bei einigen Stücken auch die Sopranis­ tin Christine Ornetsmüller hinzu. Ein Live-Mitschnitt dieses intimen Repertoires wäre vielleicht noch überzeugender gewesen – die Stimmung im halligen Aufnahmeraum evoziert eher einen Salon nach Mitternacht, in dem die Gäste schon gegangen sind. Schade, denn: Bleiben hätte sich (musikalisch) gelohnt! CN

„Salon de Paris“ Thomas Albertus Irnberger, Jörg Demus, Christine Ornetsmüller (Gramola) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Méditation“ aus: „Thaïs“ von Jules Massenet

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EntdEckEn

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Byron Janis – zum 85. Geburtstag

250 Jahre

Ein tragischer Held

Foto: RCA / Sony Music Entertainment

Byron Janis, der 1928 als Sohn polnischrussischer Emigranten in Pennsylvania geboren wurde, entpuppte sich schon früh als herausragendes pianistisches Talent: Mit zehn spielte er bereits Rachmaninows c-Moll-Konzert öffentlich, und als ihn sechs Jahre später Vladimir Horowitz mit demselben Konzert hörte (unter der Leitung des 14-jährigen Lorin Maazel), beschloss er, ihn persönlich zu unterrichten – als seinen ersten Schüler überhaupt. Bereits 1947 nahm ihn die RCA unter Vertrag und machte Janis bald weltbekannt. Als der sechs Jahre jüngere Van Cliburn ihn bei RCA zu verdrängen begann, wechselte Janis zu Mercury und produzierte für „Living Presence“ einige legendäre Konzertaufnahmen, darunter auch die berühmten Moskauer Mitschnitte des 3. Prokofjew- und des 1. Rachmaninow-Konzerts unter Kondraschin im Jahr 1962. Mit seiner makellosen Technik, seiner aberwitzigen Virtuosität, seiner glasklaren Prägnanz hätte Janis gewiss der berufene „Nachfolger“ von Horowitz werden können, hätte nicht eine chronische Arthritis-Erkrankung, die sich bereits zu Beginn der 1970er-Jahre bemerkbar machte, das Virtuosendasein mehr und mehr zu einer unendlichen Qual gemacht. Gleichwohl gab er das Klavierspielen nie ganz auf und unterrichtete an der Manhattan School of Music. Zu seinem 85. Geburtstag an 24. März veröffentlichte Sony jetzt zum ersten Mal alle von Janis für die RCA eingespielten Aufnahmen aus den Jahren 1947–1959. Auf zehn den Original-LPs exakt nachempfundenen CDs kann man jetzt die ersten Jahre seiner Karriere bestaunen. Was Janis am meisten mit Horowitz verband, war der innere Überdruck, der den wahren Virtuosen vom reinen Techniker unterscheidet. Man spürt dies vor allem in seinen Paradestücken, den Rachmaninow-Konzerten Nr. 1 und Nr. 3 oder dem „Totentanz“ von Liszt, die fluchtartige Tempi mit einer Klarheit und energischen Prägnanz kombinieren, dass einem schwindlig wird. Und dennoch bleibt alle Bravour bei ihm nur Mittel, um Zusammenhang zu stiften, das Ganze als Sprache, als Drama, als große Steigerung, kenntlich zu machen. Nicht weniger faszinierend ist der kaum bekannte Solo-Interpret Janis, der schon auf seinem ersten Album mit Beethovens Sturm-Sonate und Schuberts Es-Dur Impromptu seine hohe gestalterische Intelligenz dokumentiert: Er hätte ein ganz großer Beethoven-Interpret werden können, wie ein weiteres Beethoven-Album mit der sinistren „Waldstein“-Sonate und der abgeklärten op. 109 belegt. Seine besondere Affinität zu Chopin zeigt sich in der überaus strengen, gemeißelten b-Moll-Sonate von 1956 und einer hochexpressiven g-Moll-Ballade von 1952. Den stärksten Eindruck aber hinterlässt die 1958 in New York entstandene Brachial-Version des „Bilder“-Zyklus von Mussorgsky, die zuvor nie veröffentlicht wurde und die mit archaischer Energie und höchster gestalterischer Raffinesse den ur-russischen Charakter jenes Meisterwerks freilegt. Die vorbildliche Edition wird ergänzt durch ein einfühlsames Filmporträt des Künstlers von Peter Rosen. Attila Csampai

Wunderkind reise Mit den Mozarts durch 18 deutsche Städte

www.mozartgesellschaft.de

Konzerte, Ausstellungen, Führungen und Vorträge an authentischen Orten der Wunderkindreise von 1763 Salzburg 7. Juni WaSSerburg 10. Juni – 11. Juni München 12. Juni – 21. Juni augSburg22. Juni – 7. Juli ulM 6. Juli – 7. Juli ludWigSburg 11. Juli bruchSal 12. Juli – 14. Juli SchWetzingen 14. Juli – 29. Juli MannheiM 20. Juli – 31. Juli heidelberg 25. Juli WorMS 2. August FrankFurt a. M. 13. August – 31. August Mainz 14. September WieSbaden 15. September koblenz 18. September bonn 27. September brühl 28. September köln 29. September aachen 2. Oktober

„Byron Janis – The Complete RCA Album Collection (Aufnahmen: 1947-1959)“ diverse Dirigenten und Orchester (Sony)

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u.a. mit Ensemble 1765, bayerische kammerphilharmonie, Reinhard Goebel, Weimarer Bläserquintett, concerto köln, Martin Sandhoff, L‘arpa festante, Michael Quast, Michael Günther, Herbert Schuch, Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Enrico delamboye, Schuppanzigh-Quartett, L‘arte del mondo, Werner Erhardt, Valer Barna-Sabdus


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Jazz Arne Jansen

Stromgitarristische Energiebrocken Wenn die Vernunft schläft, erwacht die Vorstellungskraft – so oder ähnlich ist der Titel dieses Album zu verstehen, der auf ein Zitat des spanischen Malers Francisco de Goya zurückgeht. „Mich fasziniert an Goya, dass er im Laufe seines Lebens immer mehr bei der Essenz dessen ankommt, was für ihn Menschsein bedeutet“, erklärt der Gitarrist Arne Jansen. Der gebürtige Flensburger, der schon seit 1996 in Berlin lebt und arbeitet und neben seinen Soloprojekten vor allem in den Bands von Nils Wülker oder Jazzanova positiv aufgefallen ist, hat sich etwa von Goyas „Schrecken des Krieges“ im Prado in Madrid zu den Kompositionen dieses Albums inspirieren lassen. Dazu kommen nicht minder inspirierte Coverversionen, etwa von „Brothers In Arms“, dem Dire Straits-Hit von Mark Knopfler. Produziert, aufgenommen und gemischt mit Axel Reinemer von Jazzanova, erschafft Arne Jansen hier einen frischen, sehr eindringlichen und breitleinwandigen Sound mit oft atemberaubend hymnischen Qualitäten. Einige wenige akustische Interludien wirken dabei wie Verschnaufpausen zwischen stromgitarristischen Energiebrocken wie „Pilgrimage“ oder „Tauromaquia“. Großes Kopfkino. GB

Foto: ww w.arnejansen

.com

„The Sleep Of Reason – Ode to Goya“ Arne Jansen (ACT)

John Scofield

Julia Hülsmann Quartet

Unverkrampft und unverkopft

Klingt nach echtem Leben

Elf Jahre und zwölf Alben nach seinem ersten „Überjam“ legt John Scofield einen würdigen Nachfolger auf. Mit einer jungen Band um Bassist Andy Heiss, Rhythmusgitarrist Avi Bortnick und Schlagzeuger Louis Cato, als Gast immerhin John Medeski an der Orgel und dem Drummer/ Produzenten Andy Deitch spielte der 61-jährige Gitarrist dieses unverkrampfte, unverkopfte und unbedingt zeitgemäße Album ein. Dabei geht es vornehmlich um große Melodien, guten Groove und alles, was Spaß macht: von Soul über Reggae bis Afrobeat und Old-School-R&B. Die Songtitel sind Programm: „Al Green Song“ könnte mit seinem subtilen Soul-Groove direkt aus dem Repertoire des Predigers aus Memphis stammen, „Dub Dub“ blubbert jamaikanisch vor sich hin. Dazu kommen Afrobeat-Jams wie „Camelus“ und „Snake Dance“, ein Soul-Cover oder das jazzrockende „Boogie Stupid“. Liest man, wie dieser Rezensent, den Albumtitel „Deux“ zuerst fälschlich als „Deluxe“, liegt man thematisch trotzdem richtig. GB

„Dunkel“ heißt eine der Eigenkompositionen von Julia Hülsmann auf ihrem neuen Album; es könnte auch als Albumtitel passen. Allerdings sind es hauptsächlich begehrenswerte Dunkelheiten, die hier „In Full View“ vertont werden. Ihr langjähriges Trio durch den Trompeter Tom Arthurs zum Quartett erweitert, präsentiert die Berliner Pianistin dreizehn Tonpoeme voll meditativer und melancholischer Kraft. Nie klagend oder verzweifelt, von abstrakt bis sanft swingend, immer im Vollbesitz ihrer musikalischen Mittel erspielen uns diese vier Musiker eine Nachtwelt der großen Melodien und Emotionen. Das klingt gerne trügerisch einfach im besten Sinne, sprich: geordnet, schnörkellos, essentiell. Ob als Soundtrack zur Nachtfahrt durch Wälder oder Städte, als Ouvertüre zur Einkehr in die eigenen Schattenseiten, „In Full View“ klingt nach echtem Leben – und ist nicht nur wegen der gelungenen Coverversion eines Hits von Feist ebenso zeitloser wie moderner Jazz. GB

„Überjam Deux“ John Scofield (Emarcy) 38

„In Full View“ Julia Hülsmann Quartet (ECM)

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Doku

Hartmut Haenchen

Die verstanden noch zu feiern!

Johann David Heinichen: „La Gara Degli Dei“ Hartmut Haenchen, Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach (Berlin Classics) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „In mezzo al‘acque“

Wagners Erben: Wolfgangs Töchter Eva und Katharina Wagner.

Foto: SoloMusica

August der Starke wollte die Vermählung seines Sohnes Friedrich August II. mit Maria Josepha von Österreich angemessen feiern. Das hieß damals: fast einen Monat lang dauerte die Riesenparty! 330 Salutschüsse für das Paar, danach ein Galadiner, von der Hofkapelle festlich umspielt, am Abend eine Oper. Dann ein Ball (mit 94 Musikern!), Schauspiel, Schauwettkämpfe, wilde Tiere, Pferdeballett und weitere Sensationen. Den Höhepunkt aber bildete eine neu komponierte Oper von Johann David Heinichen: „Der Wettstreit der Götter“ ist ein musikalisches Feuerwerk. Der Live-Mitschnitt aus dem Berliner Konzerthaus ist nicht perfekt – und trotzdem eine Erweckung. Das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach: kristallklar und anmutig. Solistisch ragen Annette Markert und Simone Nold hervor. Um mit den Schlussworten des Chors zu sagen: „Hier möge man für immer das Vergnügen seine Herrschaft übernehmen sehen.“ Diesen Geist atmet die CD. MM

Zum Wagnerjahr

Erinnerungen aus Bayreuth Anlässlich des Wagner-Jahrs erscheint bei Solo Musica der Mitschnitt eines Gala-Abends vom 7. Oktober 1995 im Grand Théâtre Luxembourg. Im Rahmen des von dem Musikjournalisten Raymond Tholl moderierten Podiumsgesprächs erinnerten sich damals Wolfgang Wagner, der Dirigent Jack Martin Händler, die Sänger Birgit Nilsson und Theo Adam, der frühere FestspielAssistent Hans-Peter Lehmann und Erna Pitz, die Witwe des Chormeisters Wilhelm Pitz, an wichtige Momente in der Geschichte des „Grünen Hügels“. Gesprochen wird u.a. über den Aufbau des Festspielchors nach dem Krieg, aber auch über ihre ganz persönlichen Erlebnisse in und mit Bayreuth wissen die Prominenten in oft humorvoller Weise zu berichten. Auszüge aus Wagner-Opern – darunter eine Interpretation von „Isoldes Liebestod“ durch den Pianisten Cyprien Katsaris – runden das Doppelalbum ab. Ein Muss für das CD-Regal eines jeden Wagner-Fans! JH

„Bayreuth Erlebt: Erinnerungen an Wolfgang Wagner (1919-2010)“ (Solo Musica)

ERTS D N U H R H A J S 21. E D A M R O N E DI

BELLINI

A M R NO Bartoli Cecilia

LIMITIERTE HARDCOVER DELUXE EDITION Cecilia Bartoli Sumi Jo Il Giardino Armonico Giovanni Antonini

www.ceciliabartoli.de


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Zum 80. Geburtstag von Helmuth Rilling

Stille Feste Unser Autor Maximilian Stössel durfte als Sänger drei Wochen mit dem Dirigenten die Matthäus-Passion proben und schildert nun seine Erlebnisse mit dem Jubilar.

„Oh Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn“ – mit einem warmen, weichen Klang erheben sich die Stimmen des Chores und der Instrumente. Sie erzählen von Qual, Hass und Folter. Klangvolle Klage erfüllt den Raum, Dissonanzen und Vorhalte bohren sich in die Seele. Doch die Spannungen und Reibungen lösen sich immer wieder in Wohlklang auf. Es ist genug, vollbracht – und gut. Es schwingt mehr mit als Leid: In all die innige Trauer mischt sich berührende Würde, andächtige Ruhe und ein liebevoller Trost. Eine Liebe, die so groß ist, dass sie den ganzen Weltschmerz lindern kann. Wie geht das nur, dass so etwas in wenigen Choralzeilen, vordergründig schlicht und in feiner Transparenz, erklingt? Die Musik ist vertraut. Bach, Matthäus-Passion. Kaum ein Kirchenchor, der diesen Choral noch nie gesungen hat. Ungefähr 100 junge MusikerInnen sitzen dicht an dicht in einem großen, hellen Probensaal im obersten Stockwerk der Stuttgarter Musikhochschule über den Dächern der Innenstadt. Die Rückwand des Raumes bildet eine große Fensterfläche, durch die man auf das gegenüberliegende Opernhaus und den danebenliegenden Baden-Württembergischen Landtag schauen kann. Trüb und kalt ist es an diesem Märztag in der Passionszeit. Sogar etwas Schnee fällt vom grauen Himmel herab. Für manche MusikerInnen im Saal ist es schwer, sich davon nicht ablenken zu lassen: Sie sehen 40

Foto: Holger Schneider

Dirigent Helmuth Rilling, geboren 1933 in Stuttgart.

das erste Mal in ihrem Leben Schnee. Aber jetzt wird geprobt. Vor allem die schwierige Aussprache ist für viele SängerInnen aus Ländern wie Sri Lanka, Uruguay oder Taiwan eine echte Herausforderung. Und die Vokalfarben müssen perfekt sein, wenn „er“ später die Proben übernimmt. „He wants to look into your eyes! Don’t stare into the score!“ – Blickkontakt, nicht in die Noten starren! Die Ansagen sind klar. Alle im Raum wissen, wer mit „he“ gemeint ist. Helmuth Rilling gilt als einer der bedeutendsten Bach-Experten weltweit. Millionen verkaufte Tonträger dokumentieren sein Lebenswerk. Auf 172 CDs entstand unter seiner Leitung die erste Gesamtaufnahme des Werkes von Johann Sebastian Bach überhaupt. Im Laufe seiner Karriere hat er zahlreiche bedeutende Auszeichnungen erhalten – darunter ECHO, Grammy und Unesco Musikpreis – es gibt sogar eine Spezial-Edition des iPod mit Rillings Aufnahmen, den „Bachpod“. Er gründete auch die Internationale Bachakademie Stuttgart, die alljährlich die Bachwoche Stuttgart veranstaltet. Ein Festival, das „typisch Rilling“ ist: das Verbinden von „Nachdenken über Musik“ und Praxis. Die Gesprächskonzerte unter seiner Leitung sind berühmt. Rilling hat sich dieses Konzertformat von seinem Lehrer Leonard Bernstein „abgeschaut“, in Europa eingeführt und meisterhaft gepflegt. „Liebe Bach-Freunde! Ich freue mich, dass wir uns heute wieder im Namen Bachs versammelt haben, um www.crescendo.de

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auch schön, wenn sie mir ihre Gedanken zur gemeinsam über seine Musik und Botschaft Interpretation dann sagen!“ Die MusikerInnachzudenken. Denn es ist doch so: Wenn nen des Ensembles danken ihm diese herzliman jemanden sehr schätzt, dann will man che und uneitle Haltung mit Höchstleistunihn ganz genau kennenlernen.“ Er predigt gen. Die Aussprache saß letzten Endes in eine liebevolle, tiefgehende Auseinanderder Tat perfekt – und sogar der Ehrgeiz, setzung mit Bach und seinen Kompositidie Passion so gut wie auswendig zu sinonen. Schon an der Sprache merkt man gen, war geweckt. Rilling rückblickend: dem leidenschaftlichen Kirchenmusi„Das war toll! Ich bin davon ja auch sehr ker und Musikpädagogen an, dass er aus abhängig! Man muss natürlich alles gut einer Schulmusiker- und Theologenfamiproben und können. Man muss den Text lie stammt. Aber er sagt bewusst „im Namen können, man muss die Noten können, man Bachs“, will kein Missionar sein. Das Werk muss eine gute Balance haben und so weiter. steht für den Dirigenten im Mittelpunkt. „Man Aber das ist nicht alles. Es ist auch sehr wichmuss kein gläubiger Christ sein, wenn man die tig, dass man nachfragt und sich überlegt, Werke Bachs gerne musiziert oder hört. Das warum denn ein Stück so komponiert ist, Recht hat natürlich jeder. Aber man muss den wie es komponiert ist und man es verstehen christlichen Glauben schon zu verstehen will! Dass man Bach dann in einer tieferen versuchen, ihn nachempfindend studieNeuerscheinungen Weise genießen kann, haben wir gemeinsam ren. Das ganz bestimmt.“ So spricht der „Personal Edition“ Helmuth Rilling erfahren. Deswegen sind die Gesprächskoncharismatische Dirigent im schwäbisch Bei Hänssler Classics außerdem erschienen: zerte, gerade auch für die Musiker, so wicheingefärbten Plauderton, im Ausland auch u.a. Mendelssohn „Paulus“, Haydn „Die tig: damit alle im Moment der Aufführung in fließendem Spanisch oder Englisch, Schöpfung“, Bach: „Sämtliche Orgelwerke nicht nur technisch gleich musizieren, sonbei seinen Gesprächskonzerten mit dem (Edition Bachakademie)“ und „Brandenburdern auch gleich denken. Aber darauf aufPublikum über Theologie, musikwissengische Konzerte“, Dvořák: „Stabat Mater“ bauend schätze ich es über die Maßen, wenn schaftliche Analysen und seine Einsichten ein Ensemble einen guten Kontakt zu mir in kompositorische IdeenwelMit dem Musikwissenschaftler in den Aufführungen hat. Wenn man dann ten. „Darum geht es dem KomHanspeter Krellmann hat sich immer im Moment auch noch was gestalponisten hierbei, höre da mal Helmuth Rilling über sein Leben ten und verändern kann, das man so nicht ganz genau hin!“, sagt er, dreht als Musiker unterhalten. Herausgeprobt hat.“ Für eine ganz besondere musisich zu seinem Ensemble, hebt gekommen ist eine Biographie in kalische Überraschung hat der junge Rilling den Taktstock – und das PubliDialogen, der man anmerkt, dass einmal unbekümmert als Student in Rom die beiden Gesprächspartner kum hört die Musik auf einmal sich seit vielen Jahrzehnten vergesorgt. „Ich hatte mal meinen damaligen mit anderen, wissenderen, feinetraut sind. Offen, persönlich und Orgel-Lehrer im Petersdom zu vertreten in ren Ohren. Und lässt sich gerne herzlich spricht Rilling über sein einer Messe und hab dann in der Improvisamitnehmen in diese Musikwelt. Privatleben, aber den allergrößtion des Nachspiels den Luther-Choral „Eine Das Ganze hat etwas von einem ten Anteil des Buches bilden anfeste Burg“ eingestreut. Ich dachte, ich hätte „So-habe-ich-ihn-mir-immerregende Gespräche über die Musik, den Weg das ganz verdeckt getan und niemand hätte gewünscht“-Musikunterricht in familiärer zum Berufsmusiker, die Musikausbildung in es gehört, aber es wurde doch gehört – und Atmosphäre. Der Dirigent von Weltrang Deutschland, Nachwuchsförderung, das Levon meinem damaligen Orgel-Lehrer sehr wird zum nahbaren „Lieblingslehrer“. ben als Dirigent und, natürlich, Bach. Krellkritisiert.“ Wie der bescheidene Protestant So geht es auch den hochbegabten mann verfolgt die Themen fachkundig und wohl damals reagiert hätte, wenn man ihm NachwuchsmusikerInnen aus über 20 insistierend, Helmuth Rilling antwortet kurzgesagt hätte, dass ihn später viele Menschen Nationen, die sich bei Probespielen für die weilig und verständlich. So wird aus den bio„Bach-Papst“ nennen werden? heißbegehrten Plätze im Orchester und graphischen Gesprächen gleichzeitig ein FachAuf jeden Fall kam er später auf EinChor des Jungen Stuttgarter Bach Ensembuch für Konzertpublikum und Musiker. ladung gerne wieder in den Petersdom. Als bles qualifiziert haben. Drei Wochen lang „Ein Leben mit Bach. Helmuth Rilling“ Gespräche mit Dirigent. Konzerte, Konzerte, Konzerte! Matthäus-Passion mit Helmuth Rilling. Hanspeter Krellman (Bärenreiter) Auch während der Matthäus-Passion-KonInklusive Auftritte beim Bachfest Stuttzertreise studiert Rilling schon die Noten gart, Fernsehaufnahmen und Südamerika-Konzertreise. Rilling hat schon Orchester dirigiert wie die für das nächste Projekt, die Uraufführung des Werkes „Stille Feste“, Berliner und die New Yorker Philharmoniker und ist professionel- das der Komponist Wolfgang Rihm ihm zum Geburtstag gewidles Top-Niveau gewohnt. Seine letzte Matthäus-Passion als künst- met hat. Allerdings bleibt dem begehrten Musiker wenig Zeit lerischer Leiter der Bachakademie – 2013 wird Hans-Christoph zum Feiern oder „einfach mal nix tun – und im Garten mit einem Rademann die Nachfolge antreten – hätte er auch mit „seinen“ per- kleinen Zigarillo entspannen“, denn sein Terminkalender ist voll. fekt eingespielten und routinierten Ensembles, der Gächinger Kan- Auch für die Zeit nach der Bachakademie stehen schon unzähtorei und dem Bach-Collegium, aufführen können. Aber hier zeigt lige Gast-Dirigate im Konzertkalender. „Das bin ich so gewohnt. sich ein weiteres zentrales Anliegen des Dirigenten. „Es macht mir Ich mach das gerne. Es liegt immer was vor mir, das als Nächstes große Freude mit jungen Leuten zu arbeiten. Das, was man liebt kommt. Das plane ich selbst und weiß genau, wie viel Zeit zur ,mit anderen, gerade mit jungen Menschen, zu teilen und es nicht Vorbereitung dazwischen liegt. Wenn ich schöne neue Aufgaben für sich zu behalten, ist ja eigentlich das Schönste! Und dabei auch habe, dann will ich sie auch gut erfüllen.“ Dafür und zum Geburtstag wünschen wir Helmuth Rilling andere, neue Sichten zu hören. Ich finde es spannend und interessant, wenn junge Musiker über Musik nachdenken und finde es herzlich alles Gute! n Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „I. Te Deum laudamus“ aus: „Te Deum WAB 45“ von Anton Bruckner

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Oper

Peter von Winter

Der Zauberflöte zweiter Teil 2012 jährte sich der Todestag des großen Theatermannes Emanuel Schikaneder zum 200. Mal. Deshalb zeigten die Salzburger Festspiele neben Mozarts „Zauberflöte“ auch deren unmittelbar anknüpfende, sieben Jahre später uraufgeführte Fortsetzung „Das Labyrinth“. Eine echte Rarität. Für beide Opern schrieb Schikaneder das Libretto, musste sich aber nach Mozarts Tod einen anderen Komponisten für sein „Labyrinth“ suchen und fand ihn im Münchner Hofkapellmeister Peter von Winter. Dass sich dieser hörbar von Mozarts Vorlage inspirieren ließ, kann man dank des Aufführungsmitschnitts ebenso vergnüglich entdecken wie weitere Facetten der aus dem ersten Teil vertrauten Figuren. Wer ahnte da, dass Papageno noch Eltern und Geschwister hat? Schade, dass das Originellste an der Inszenierung die Kostüme sind, dafür entschädigt das musikalische Niveau und vor allem der junge österreichische Papageno Thomas Tatzl. AR

kultur20 marken13 award

„Das Labyrinth“ Peter von Winter (Arthaus)

Der Wettbewerb für Kulturmanagement, -marketing und -investments im deutschsprachigen Raum. Veranstalter:

Förderer:

24./25.Oktober

im Verlagsgebäude des Tagesspiegel in Berlin Anmeldung: www.kulturinvest.de Frühbucherrabatt bis zum 30.6.

kultur20 invest13 kongress Der Branchentreff für Kulturanbieter und Kulturinvestoren im deutschsprachigen Raum.

Veranstalter:

Foto: Hans Jörg Michel

causales

Papageno im zweiten Teil der Zauberflöte

Grundheber & Meier

Expressionistische Wucht Fast 20 Jahre ist diese Produktion nun alt und immer noch packend und frisch wie am ersten Tag. Patrice Chéreaus Inszenierung auf der zwischen Leere und Expressionismus schwebenden Bühne ignoriert die naturalistischen Vorgaben und gewinnt so große Spannungsverhältnisse zwischen den Akteuren, dass Intensität und Ausdruck stärker als jeglicher Naturalismus werden. Mit Franz Grundheber steht ein entwurzelter Außenseiter als Wozzeck auf der Bühne, dessen vokale Wandlungsfähigkeit und Existenzialität ihn für lange Zeit zum führenden Interpreten dieser Partie machten. Waltraud Meiers kühle, doch stets alerte Marie steht ihm an Dominanz in nichts nach. Graham Clark spielt die Gefühlsfremde des Hauptmanns bis in feinste Nuancen aus, Günter von Kannens sadistischer Doktor ist darstellerisch überzeugender als stimmlich. Fundament der Faszination an dieser Produktion ist freilich das dunkel gleißende, expressive Spiel der Staatskapelle Berlin unter ihrem damals noch relativ neuen Chef Daniel Barenboim. Hier gelingt der Spagat zwischen emotionaler Überwältigung und entlarvender Sektion mit musikalischer Wucht. US

Presentingpartner:

Alban Berg: „Wozzek“ Grundheber, Meier, Baker, Clark, Wottrich, von Kannen, Staatsopernchor der Staatsoper Unter den Linden, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (EuroArts)

causales Premiumpartner:

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Neue Welten

Dobrinka Tabakova

DIXIT DOMINUS

Publikumsnah

HÄNDEL | VIVALDI

Foto: Sussie Ahlburg / ECM Records

Die bulgarische Komponistin Dobrinka Tabakova

Dobrinka Tabakova: „String Paths“ Janine Jansen, Kristina Blaumane, Maxim Rysanov, Lithuanian Chamber Orchestra, Maxim Rysanov (ECM) 43

© Graeme Robertson

SACD HMU 807587

© Marco Borggreve

Sie zählt bereits jetzt zu den bei Musikern und Publikum beliebtesten klassischen Komponisten: die 1980 in Plovdiv geborene bulgarische Komponistin Dobrinka Tabakova. Mit elf Jahren zog sie mit ihrer Familie nach London, wo sie mit so exzellenten Meistern wie Simon Bainbridge oder Diana Burrell Komposition studierte. Offensichtlich hat sie erkannt, dass die Zeit der hermetischen Avantgarde, der tendenziell publikumsfernen, ja hörerfeindlichen Einstellung vorbei ist. Und natürlich schreibt sie „Musik für Musiker“, virtuos, wohlklingend und effektiv, und es sind ja nicht irgendwelche Musiker, die ihre Stücke spielen, sondern Ikonen wie Gidon Kremer oder Janine Jansen. Ihr berühmter Kollege John Adams wird zitiert, Tabakovas Musik sei „äußerst originell und rar“. Das lohnt genaueres Hinhören anhand der Veröffentlichung der ersten CD, die ausschließlich ihrer Musik gewidmet ist: String Paths, unter Mitwirkung u.a. der Geiger Roman Mints und Janine Jansen, des Bratschisten und Dirigenten Maxim Rysanov und der Cellistin Kristine Blaumane. Das Spektrum reicht vom Streichtrio ‚Insight’ über das Streichseptett ‚Such Different Paths’ und ‚Frozen River Flows’ für Violine, Akkordeon und Kontrabass bis zum Konzert für Cello und Streicher und der ‚Suite im alten Stil’ für Viola, Cembalo und Streicher. Technisch zeichnet sich Tabakova durch eine Präzision und Makellosigkeit aus, die an Routiniers wie Michael Nyman oder Ludovico Einaudi heranreicht. Stilistisch bewegen wir uns im Spiegelkabinett der Postmoderne mit besonderem Schwerpunkt auf Alter Musik von Mittelalter bis Barock, auf der neo-religiösen Palette der jüngeren slawischen Geschichte (deren unübertroffenes Vorbild Arvo Pärt ist) und den Motivpatterns der Minimal Music. Es ist harmonisch überwiegend statische Musik, deren kontrapunktische Elemente hauptsächlich figurativer Art sind, wogegen die tragende Melodik von schwelgerisch romantischer Empfindung durchdrungen ist. Es ist schwer, in diesen Stilmischungen den Eigenton der Komponistin zu entdecken, gleichwohl ist das Klanggeschehen voller Reize im überlagernden Wechsel der gleitenden Strukturen, in den auch an Pärt erinnernden kristallin strahlenden Dissonanzen. Am stärksten ist wohl der langsame Mittelsatz der ‚Suite im alten Stil’, ‚The rose garden by moonlight’, wo wirkliche Entfaltung der Linienpracht stattfindet. Und wenn dann noch, wie im Septett, Janine Jansen in Aktion tritt, wird der Sinnenrausch verstärkt. Wir werden mutmaßlich noch viel von Dobrinka Tabakova hören. Christoph Schlüren

La Nuova Musica Lucy Crowe, Sopran David Bates, Leitung Unter der Leitung von David Bates spielt La Nuova Musica zwei gegensätzliche Vertonungen des 109. Psalms. Händel schrieb sein meisterhaftes und ambitioniertes HWV 282 1707 als junger Mann während seines Italienaufenthalts. Das lebensvolle und prägnante RV 807 von Vivaldi (sein drittes Dixit Dominus) wurde lange fälschlich Baldassare Galuppi zugeschrieben; es entstand wahrscheinlich in den frühen 1730er Jahren. Das Programm wird abgerundet durch Vivaldis glanzvolle Solomotette In furore iustissimae irae mit der Sopranistin Lucy Crowe.

harmoniamundi.com

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Foto: Senator Film Verleih

Film

Yaron Zilberman

Emotionales Spätwerk Es ist eins der aufwühlendsten und berührendsten Werke Beethovens überhaupt: sein 14. Streichquartett. Ein Spätwerk in cis-Moll, das sich intensiv mit der Vergänglichkeit des Lebens auseinandersetzt. Dieses Werk allein bietet genug dramatisches Futter für einen Kinofilm – umso mehr, wenn man es mit den Schicksalen eines Streichquartetts verknüpft, das dieses Werk anlässlich seiner „25 Jahre Jubiläumstour“ aufführen will. Kurz vor der Tournee bekommt Cellist Peter Mitchell (stark: Christopher Walken) die karrierebeendende Parkinson-Diagnose. Seine Streicherkollegen verarbeiten diese Nachricht auf unterschiedliche Weise. Der erste Geiger wird selbstherrlich, zweiter Geige und Bratsche ver-

spielen ihre Ehe. Ein Film über Freundschaft, Moral und Musik, der gut gemacht und weitgehend glaubwürdig daherkommt. Regisseur Yaron Zilberman ließ sich für sein Drehbuch übrigens von einem Dokumentarfilm über das Guarneri Quartet inspirieren, so hat die Thematik durchaus Realitätsbezug und trifft emotional mit kleinen Gesten tief. Auch dank dieses 14. Streichquartetts Ludwig van Beethovens, hier eingespielt vom Brentano String Quartett. CN

„Saiten des Lebens“ Yaron Zilberman (Regie), Philip Seymour Hoffman, Christopher Walken, Mark Ivanir, Catherine Keener, Imogen Poots, deutschlandweit im Kino (Senator Film)

Deutsche Welle

Normalerweise wird der „Ring des Nibelungen“ mit einer Gesamtlänge von etwa 16 Stunden an vier Abenden aufgeführt. Der kompakte „Colón Ring“, den die argentinische Regisseurin Valentina Carrasco und der österreichische Dirigent Roberto Paternostro im Herbst des vergangenen Jahres auf die Bühne des Teatro Colón brachten, dauerte „nur“ sieben Stunden. Und die TV-Dokumentation der Deutschen Welle bringt es dann auf 93 Minuten. Und diese Dokumentation zeigt eindrucksvoll, mit welchen Schwierigkeiten alle Beteiligten zu kämpfen hatten, doch mit welchem Enthusiasmus sie diese Mammutaufgabe angehen – und wahrhaft meisterlich bewältigen. Diese Produktion kommt bemerkenswerterweise völlig ohne Kommentar aus und zeigt die Protagonisten und deren Erwartungen und Erfolge visuell anspruchsvoll und unterhaltsam. Das Ergebnis ist zwar eigentlich bekannt – aber spannend ist wirklich jede der 93 Minuten. HÄ

„Der Colón Ring“ Dokumentarfilm (Deutsche Welle/CMajor) 44

Das Filmteam der Deutschen Welle am Teatro Colón in Buenos Aires

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Foto: Deutsche Welle

Der Ring in sieben Stunden


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Buch

Sabine Meyer

Foto: Thomas Rabsch

Ich bin kein Star!

Art21

Vertane Chance Sehr aufsehenerregend beginnt die neue Arthaus-Serie ‚Art 21’ mit einem Triple-Porträt dreier weltweit hochangesehener Künstler aus USA, Ghana und China. Freilich können dies nicht mehr als Streiflichter sein, denn bei einer Gesamtdauer von 55 Minuten springen pro Person nicht mal 20 Minuten raus. Das Gute daran: Wer über diese Künstler nichts oder sehr wenig weiß, wird hier brauchbar informiert, sieht ihre Kunst, kann ihnen ins Gesicht sehen, während sie über sich und ihr Schaffen reflektieren. Der Nachteil: Die Chance, auch nur ein wenig mehr in die Tiefe zu gehen, wurde vertan zugunsten von kurzen Info-Formaten, die zwischendurch im Fernsehen angemessen wären, jedoch hier die Anschaffung eigentlich nur für Snobs, andere Angeber und bedingungslose Alles-Sammler lohnen. Dabei ist der Blick auf die Sache durchaus zwangsläufig authentisch. Was hat die Macher bloß geritten, uns alles Weitere vorzuenthalten? CS

„Art 21: Change“ Ai Weiwei, El Anatsui, Catherine Opie (Arthaus) La Nuova Musica

Brillanz und Emotion Erneut gelingt dem jungen Instrumental- und Vokalensemble La Nuova Musica aus England eine überzeugende CD. Zwei Dixit-Dominus-Vertonungen stehen im Mittelpunkt. Eine in Italien verfasste des jungen Händel und eine erst 2005 wiederentdeckte von Vivaldi. Im kammermusikalischen Rahmen sind das ebenso lebendige wie wohlklingende Interpretationen, die mit ihrem ausgewogenen, runden Klang eine Alternative zu den bewusst robuster und energetischer angegangenen Lesarten italienischer Provenienz der letzten Jahre sind. Soli werden aus dem achtköpfigen Chor heraus gesungen. Der orchestrale Part besticht durch polyphone Präzision und ein weites Spektrum an Klangfarben mit klarer Basslinie, dialogisierenden Bläsern oder pulsierenden Pizzicati. Dazwischen steht eine vom Orchester mit opernhaftem Gestus aufgeladene Solomotette Vivaldis, die Lucy Crowe mit ihrem lichten Sopran koloraturgewandt und dramatisch Sakrale beherzt angeht und mit einem emotional atemMusik losen und technisch brillant gesungenen AllelujaSatz krönt. US

Händel / Vivaldi: „Dixit Dominus“, Lucy Crowe, La Nuova Musica, David Bates (Harmonia Mundi) 45

„Was brauchte Sabine Meyer wirklich zum Glücklichsein? Musiker, mit denen sie auf einer Wellenlänge zusammenspielen konnte, ein gutes Repertoire, angenehme und einladende Orte und Menschen, die sich begeistern ließen.“ Die Erkenntnis reifte in der – damals noch – Studentin Sabine Meyer während eines spontanen Ausbruchs aus dem Alltag in Richtung Italien. „Weltstar mit Herz“ heißt ihre Biographie, in der sich dieses Credo wie eine Art roter Faden erkennen lässt. Das betrifft etwa die ersten Schritte, die Ausbildung bei Hans Deinzer, ihr Engagement mit dem Trio di Clarone und auch ihr hartes Jahr bei den Berliner Philharmonikern. Ein Thema übrigens, zu dem Sabine Meyer keine Stellung bezieht. Die „Akte Karajan“ öffnet die Autorin Margarete Zander mittels anderer Quellen. Insgesamt kommen Meyers Weggefährten angenehm zahlreich zu Wort, wie natürlich sie selbst. Sabine Meyer erscheint menschlich, familiär, nachdenklich aber auch zielstrebig. Ein Kapitel heißt übrigens „Ich bin kein Star!“ Sondern „Ein Weltstar mit Herz“. HÄ

„Sabine Meyer. Ein Weltstar mit Herz“ Margarete Zander (Edel)

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A k u s t i k

Parade der Neuheiten Anfang Mai trafen sich auf der Akustik-Messe HIGH END in München Tüftler, Feingeister und Größenwahnsinnige. Hier eine Auswahl von dem, das prima in unsere Wohnzimmer passt. Anderes gehört eher in einen Flugzeughangar – wie z. B. die Endstufe mit 160.000 Watt.

Kopfhörerverstärker

Nicht lauter, nur schöner! Wozu benötigt der Musikliebhaber einen Kopfhörerverstärker? Nicht der Lautstärke, sondern der Klangqualität wegen, die unter den Kopfhörerausgängen der meisten HiFi-Geräte zu leiden hat. Der neue A20 von Beyerdynamic verspricht, Dynamikschwankungen auszugleichen und die Membranen hochwertiger Kopfhörer perfekt anzusprechen. Dank zweier Ausgänge kann der A20 gleich zwei Kopfhörer versorgen.

Beyerdynamic A20, Preis: 490 Euro Das Netzteil ist im Aluminium-Gehäuse eingebaut. Der große Drehregler dient zur Einstellung der Lautstärke. Info: www.beyerdynamic.de

Standlautsprecher

Upgrade für jede Anlage

Zwei-Wege-Lautsprecher

Auch überarbeitete Modelle der Lautsprecherserie „Excite“ des Herstellers Dynaudio feierten auf der HIGH END Premiere. Sie wurden „verstärkerfreundlich“ entwickelt, um auch mittelmäßigen Stereoanlagen Spitzenklänge zu entlocken. So sollen sie zum Beispiel jene Qualitätseinbrüche bei bestimmten Frequenzen ausbügeln, die bei mittelpreisigen Verstärkern und Receivern üblich sind. Selbst Kompaktanlagen sollen mit diesen Lautsprechern neue Klangwelten erobern können.

Universell verwendbar „Universell“ bedeutet: Die Zwei-Wege-Lautsprecher der neuen Serie nuLine WS-14 eignen sich als Wandund Standlautsprecher und ebenso als Stereo- oder Heimkino-Boxen. Das Gehäuse ist mit Aufhängevorrichtungen für die Wandmontage versehen. In den Boxen wurde ein neu entwickelter Hochtöner verbaut, der eine in dieser Preisklasse ungewöhnliche Qualität liefern soll. Für ein perfektes Klangbild empfiehlt Nubert die Verwendung eines Subwoofers, der problemlos mit den Tieftönern harmonieren soll. Nubert nuLine WS-14, Preis: 275 Euro (je Box) erhältlich in Weiß mit weißem Gitter sowie in Platin und Schwarz mit schwarzen Gittern. Info: www.nubert.de

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Dynaudio Excite, Preise: 990 bis 2.990 Euro (pro Paar) und 690 Euro (Center) Erhältlich in Schwarz, Weiß, Nussbaum und Palisander. Info: www.dynaudio.de

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Marantz NA-11S1 und NA-11S3

Ein eingespieltes Duo Das Traditionsunternehmen Marantz feiert in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag und war entsprechend prominent auf der HIGH END vertreten. Dass die HiFi-Schmiede aber keineswegs von gestern ist, beweist der neue Netzwerk-Player NAS11S1. Er will eine Verbindung herstellen zwischen modernen Musikstreaming- und anderen Digitalangeboten und den Ansprüchen verwöhnter Klangliebhaber von der Lebendigkeit analoger Musikquellen. Airplay und Internetradios sind selbstverständlich mit an Bord. Design und Klang des Players wurden auf den Premium-Vollverstärker NA-11S3 abgestimmt.

Marantz NA-11S1 und NA11S3, Preise: je 4.000 Euro Sowohl Player als auch Verstärker sind in den Farbtönen Gold und Schwarz erhältlich. Info: www.marantz.de

Denon DBT-3313UD und AVR-4520

High-End fürs Heimkino

Blu-raySpieler DBT3313UD und AV-Receiver Denon AVR4520, Preise: 800 und 2700 Euro. Info: www.denon.de

Und noch ein starkes Duo: Als „Flaggschiff und Referenz-Kombination“ bezeichnet Denon sein Traumpaar. Der Blu-ray-Spieler DBT-3313UD ist mit einem aufwändigen Video-Processing bestückt und spielt alle Scheiben ab, selbst SACDs und DVD-Audio. Der AV-Receiver AVR-4520 wiederum verfügt über eine 9-Kanal-Endstufe und beherrscht alle exklusiven High-End-Heimkinoformate wie u.a. Dolby ProLogic IIz, DTS-Neo:X sowie Audyssey DSX.

Bluetooth-Receiver

Die Brücke zur MP3-Welt Manchmal bedeutet High-End auch, eine gute Idee und Lösung für die Herausforderungen einer neuen Ära zu haben. Eine solche stellt der Bluetooth-Receiver von in-akustik dar. Er schlägt eine Brücke zwischen der digitalen Musik, die auf Smartphones, Tablets, PCs und Laptops gespeichert ist, und der traditionellen Stereoanlage. Hieran angeschlossen, empfängt er die per Bluetooth kabellos übertragene Musik dieser Geräte – und leitet sie zur Wiedergabe an die Stereoanlage weiter.

HIGH END-Messe 2013 in München

High-Endstufe Wie viel Aufwand ist nötig, um Hifi-Technik so klingen zu lassen, als spiele das Orchester selbst? Diese Frage beschäftigt die Akustik-Messe HIGH END jedes Jahr aufs Neue – und jedesmal präsentiert sie neue Antworten. Zum Glück sind nicht alle so bombastisch wie die begehbare und aus Flugzeug-Aluminium konstruierte Endstufe, die der italienische Elektronik-Designer Andrea Pivetta zeigte. Leistung: 160.000 Watt. Baukosten: 1,5 Millionen Euro.

in-akustik Receiver, Preis: 90 Euro Der Bluetooth-Audio-Receiver speichert bis zu acht Musikquellen, zwischen denen man per Fernbediung umschalten kann. Info: www.in-akustik.de

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k o l u m n e

Hier schreibt pascal morché

Basta! Auch wenn er das Land liebt und regelmäßig in Venedig über den Kanal spaziert: Das Urteil unseres Kolumnisten zur Lage der italienischen Oper ist desaströs. wer ob dieser Aussage jetzt empört noch Rossini, Puccini, Verdi Neulich war der Kolumnist mal wieder in Italien: Dort will die japst; wer Caruso, Pavarotti und Callas (Griechin!) jauchzt, der schöne Region Emilia-Romagna touristisch nicht länger nur mit sollte bedenken, dass er von Toten spricht und dass der einst regieAceto-Herstellung und Parma-Schinken reüssieren, sondern zum führende Ausstattungsmagier Franco Zeffirelli auch schon seinen 200. Geburtstag Giuseppe Verdis marketingtechnisch auch einen ordentlichen Teil von der Geburtstagstorte des Komponisten abha- 90. Geburtstag feierte. Die Wahrheit ist, dass die große Musiknation Italien schon vor ben. Italien. Noch immer als das „Land der Oper“ verkauft – wurde langer Zeit den Anschluss an die zeitgenössische Opernlandschaft schließlich diese ebenso hochkomplizierte wie hochkomplexe und verloren hat. 56 Opernspielstätten weist Wikipedia auf – aber an ja letztlich doch auch recht seltsame Kunstform hier in Arkadien nur noch 13 Opernhäusern geht noch ab und an der Vorhang hoch. vor immerhin gut 400 Jahren von Komponisten wie Jacopo Peri Und wenn er hochgeht, so ist das Gesehene und Gehörte stets eine und Claudio Monteverdi „erfunden“. Nur: ist Italien wirklich noch maladia principale; ein trauriges Beispiel des völlig maroden italie„das Land der Oper“? Gleich vorweg: nein! Diese Etikettierung mag vielleicht noch bei Menschen verfangen, die mit Oper nicht wirk- nischen Opernbetriebs. Ihr Kolumnist besuchte unlängst im wunderschönen Opernlich viel am Hut haben. Sie reduzieren die Kombination Oper „und“ haus der Stadt Piacenza eine grottenschlechte Aufführung von Italien schnell auf ein paar Rigoletto-Klänge zur Pizza-Werbung im Fernsehen, auf die Arena di Verona im Sommer und den alljährli- „La Traviata“: lustlos gesungen, gelangweilt dirigiert, dilettantisch inszeniert und mit Tanzeinlagen chen Eröffnungsabend der Mailängarniert – ästhetisch irgendwo zwider Scala am 7. Dezember. schen Eurythmie und FernsehbalDoch das Spektakel in Verona ist „Es steht zu befürchten, dass Signora lett angesiedelt. Im Foyer der Bonein geselliges und das der ScalaMuti ihre Tattoos für überaus boniere des Teatro Municipale von Eröffnung in Milano ein gesellprogressiv und nonkonform hält – ihre Piacenza streckte die Regisseurin schaftliches Ereignis. Beides ist lusCristina Mazzavillani ihren Fans tig, beides macht Spaß! Zum einen Regiekunst ist es nicht!“ den rechten, tätowierten Unterarm gehört Pasta in Tupperware und die entgegen und nahm dankbar Worte Flasche Lambrusco mit Schraubverschluss, zum anderen Bulgari-Schmuck und (auch bei milden, der Huldigung wie „tanti saluti al maestro“ entgegen – Signora frühlingshaften Temperaturen!) unbedingt ein Pelzmantel. Grund- Mazzavillani ist schließlich mit Riccardo verheiratet, und der heißt sätzlich ist dagegen nichts zu sagen. Nur hat das mit einer lebendi- mit Nachnamen Muti. Es steht zu befürchten, dass Signora Muti ihre Tattoos (ein Tribal am Fußgelenk gibt’s auch noch) für übergen, sich immer wieder erneuernden und in der Gesellschaft eines aus progressiv und nonkonform hält – ihre Regiekunst ist es nicht! Landes verankerten theatralischen Kunstform namens Oper oder Übrigens: Tatsächlich hat der Tätowierungsboom, jene gestichelte gar „Musiktheater“ rein gar nichts zu tun. Sehnsucht nach Dauerhaftem kaum je die Opernszene erreicht Heute ist die Oper in ihrem Heimatland Italien tot; sie ist so mausetot wie sonst wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt. Und – sieht man einmal ab von der dezenten Blume auf Nadja Micha48

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els Schulterblatt und dem Ganzkörperporträt nebst nordischer Runen beim (deswegen!) in Bayreuth in Ungnade gefallenen Sänger Evgeny Nikitin. Einzig Figaro bei Mozart ist am rechten Arm tätowiert, weshalb ihn seine Mutter Marcellina als Sohn erkennt (Nozze, 3. Akt, 5. Szene): „una spatola impressa al braccio destro ...“ Doch weg von der Tinte und hin zum Dauersiechtum der italienischen Opernhäuser, beziehungsweise hin zu jener Kunst, die in diesen Opernhäusern eben nicht mehr stattfindet, wie in Piacenza beispielhaft zu erleben war. Aber: Liegt es denn wirklich nur am Geld, das dem dauerklammen italienischen Staat nicht zuletzt für Kunst und Kultur fehlt? „Nein“, sagt Nikolaus Bachler, der Intendant der Bayerischen Staatsoper in München, Geldmangel werde oftmals sehr bequem als immer passende Ausrede für die Opernmisere in Italien vorgeschoben. „Die Probleme der Oper in Italien liegen zuallererst in der katastrophalen gesellschaftlichen Situation des Landes“, analysiert Bachler. „Im Mutterland europäischer Kultur hat sich die Kultur aufgelöst in einer Form der Verdummung und Verflachung, die beispielgebend ist“, was sich jedem allein schon am Niveau des Fernsehprogramms in Italien zeige. Als zweiten Grund des maroden italienischen Opernbetriebs erkennt der Münchner Intendant – ganz ähnlich wie in der Wirtschaft – auch in der Kultur „eine Art europäisches Nord/Süd-Gefälle. „Alle theatralischen Entwicklungen, die in den Ländern Nordeuropas gemacht wurden, haben die Italiener buchstäblich verschlafen.“ In einer „reaktionär-konservativen Haltung“ hätten nicht zuletzt die Theatermacher selbst versucht, die vermeintliche Heilewelt der 50er-Jahre als ewigen Ist-Zustand zu konservieren und dabei jede musiktheatralische Erneuerung ignoriert. Resultat, so Bachler: „Das Publikum bleibt bei einer solchen Haltung genauso auf der Strecke wie das ganze Metier. Was auf italienischen Theatern und Opernhäusern heute über die Bühne geht, hat mit unserem Leben nichts mehr zu tun. Sie sind dort nur noch in einem ganz, ganz schlechten Museumskabinett.“ Stimmt! Beweist einem doch schnell ein Blick auf das italienische Opernpublikum, dass dieses den Tod von Onassis, des Schahs von Persien und Karajans nebst Gemahlinnen bis heute irgendwie nicht zur Kenntnis genommen hat. Nun, bei Nikolaus Bachler arbeiten unter anderen so gegensätzliche Regisseure wie Calixto Bieito und Luc Bondy, wie Hans Neuenfels und Richard Jones, wie Krzysztof Warlikowski, Carlus Padrissa, Dmitri Tcherniakov oder Andreas Kriegenburg. Bachler liegt nicht falsch, wenn er sagt, dass auf italienischen Bühnen seit Giorgio Strehler keinerlei Entwicklung mehr stattgefunden habe. Besondere Ironie an der arkadischen Operntragödie aber sei: „Dass man in Italien lange behauptet hat, mit dem Schwerpunkt Regie macht ihr die Oper kaputt. Heute aber sind im Norden Europas die Opernhäuser voll und im Süden darben sie auf unterstem Niveau dahin, eben weil keine Regisseure wie Ruth Berghaus oder Peter Konwitschny, Harry Kupfer oder Hans Neuenfels diese Kunstform lebendig hielten. Sie alle haben unendlich viel für die Entwicklung der Oper getan.“ Nur leider nicht in Italien, einem Land, dessen Kultur heute „im abgebröckelten Gips liegt“. Nein, die Pflege musealer Stukkatur, bis diese bröckelt, ist Nikolaus Bachlers Sache ebenso wenig wie die seiner Intendanten-Kollegen namens Gerard Mortier in Madrid, Jossie Wieler in Stuttgart oder John Berry an der English National Opera in London. Dass aber das Land, wo zwar noch immer die Zitronen blühen, längst nicht mehr auch das Land so intellektueller und fortschrittlicher Geister wie Pasolini, Visconti oder Moravia ist, erlebte Bachler, als die Münchner Opernfestspiele vor zwei Jahren mit Olivier Messiaens exzessivem Exerzitienwerk „Saint FranÇois d’Assise“ in der Regie von Herman Nitsch eröffnet wurden. Was zunächst als

Koproduktion mit der Mailänder Scala geplant war, scheiterte ganz schnell am konservativen italienischen Kunstverständnis, nachdem die Italiener auf der Münchner Bühne Schlachtungen, Schüttungen und Kreuzigungen à la Nitsch erlebt hatten. Die Scala sagte ab – und zahlte den Münchnern die Ausfallkosten. Blutige KreuzigungsSzenen gehören für Italiener eben in die Kirche. Basta! Auf der Bühne hat sich Schönes zu tummeln, und das am besten in hübschen Rokokokostümchen. Man will’s seicht und es ist wirklich so: Ihr Kolumnist erinnert sich noch gut an eine Vorstellung von „L’ oro del Reno“ am Opernhaus zu Genua und an den einzigen Anspruch, den das Genueser Publikum an Wagners Rheingold-Finale, jenen Einzug der Götter nach Walhall über eine Regenbogenbrücke stellte: „Bravo! l’arcobaleno è magnifico!“ Also: Es muss gar nicht die Bayerische Staatsoper sein, die (vielleicht?) die Phalanx einer lebendigen Opernkunst anführt. Am deutschen Stadt- und Staatstheater gleich bei Ihnen um die Ecke wird in der Regel in Sachen Kunst und Oper mehr gedacht und vor allem mehr „gewagt“ als in ganz Italien. Regen Sie sich also ruhig auf, wenn Ihnen hierzulande etwas auf der Bühne gründlich missfällt! Aufregung hält die (Opern)-Kunst am Leben – und den Zuschauer übrigens ebenso. Und immer schön die Reihenfolge beachten: Erst stirbt eine an Kultur interessierte Gesellschaft mit ihrer Neugier für Neues – und dann erst fehlt ihr das Geld. Italien beweist dies auf traurige Weise in seinen 13 Opernhäusern: Das Giuseppe Verdi-Italien ist kein Land der Oper. Dort ist diese Kunstform tot. Aber so was von tot! n

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r e s o n a n z

Rätsel des klassischen alltags Was verbirgt sich hinter diesem Text?

Wollen wir an dieser Stelle einmal den großen Moritz Gottlieb Saphir zitieren, den berühmten österreichischen Feuilletonisten, Satiriker und Kritiker. Denn dann wird nicht nur dem geneigten Leser das ganze Problem ersichtlich. Nun denn: „Du hältst dich für den Ersten, für den Einzigen. Bist du der Einzige, wie kannst du der Erste sein? Bist du der Erste, wie kannst du der Einzige sein?“ Frappierend. Was soll man dazu noch viel sagen? Recht hat er. Erster kann man nur dann sein, wenn es noch genügend viele andere gibt, die hinter oder neben einem stehen, sitzen, laufen oder spielen. Ein Erster ist oftmals doch nicht viel mehr als ein Primus inter pares. Und etwas anderes ist dieses Geschöpf ja auch ohnehin nicht. Darauf weist der Name schon ausdrücklich hin. Nach einer Eins muss logischerweise eine Zwei kommen. Gut, vielleicht gibt es hier und da noch ein kleines Solo. Aber was soll’s. Wir wollen mal nicht so kleinlich sein. Kein Grund für ein derart übersteigertes Selbstbewusstsein. Hier macht doch jeder nur seinen Job. Und ein bisschen Solo macht noch lange keinen Star. Also kein Grund zur Überheblichkeit. Wichtig ist, wenn es keine anderen gibt, kann man so lange Erster sein, wie man will. Es interessiert dann nur eben nieman-

den. Und auf Dauer als Erster allein zu sein, macht doch auch ziemlich einsam. Und man kann noch so lange und beharrlich allein in der ersten Reihe sitzen, dadurch wird es auch nicht besser. Denn wenn es keine Reihen drumherum gibt, dann ist die erste Reihe keinen Pfennig wert. Die Einsicht ist hart: Man wird im Prinzip nur durch die anderen zu dem, was man ist. Und das Image ist, offen gesagt, nicht gerade positiv besetzt. Das wird nicht zuletzt daran deutlich: Dieses Erster-Sein hat im Laufe der Zeit den Weg heraus aus der Musik und hinein in unsere Alltagssprache gefunden. Allerdings als oftmals wenig schmeichelhafte Floskel. Ehrgeiz wird damit verbunden, in gewisser Weise auch Egoismus und ein dringender Hang, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Doch ganz so schlimm ist der oder die Erste nun auch wieder nicht. Schließlich hat dieser Job auch etwas mit Verantwortung zu tun. Nicht nur für sich, sondern für das ganze Orchester. Denn der Erste hält alles zusammen. Er gibt im wahrsten Sinne des Wortes den Ton an. Und sagt, wo es langgeht. Wenn er aufsteht, tun es die anderen ihm nach. Vorteil des Jobs: besondere Armund Beinfreiheit. Und freie Sicht ins Publikum.

rätsel lösen – und „RenéE Fleming-DVD“ gewinnen Wenn ­Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo-­ Redaktion, Senefelderstraße 14, 80336 München oder per E-Mail an redaktion@crescendo.de. Unter allen richtigen ­Einsendungen verlosen­wir die Arthaus-DVD-Box „Renée Fleming - Live at the Opera National de Paris“. Einsendeschluss: 15. Juli 2013. Viel Glück! Die Gewinnerin unseres letzten Alltagsrätsels ist Inge Rottler aus Siegen. Die richtige Lösung war „Paukist“.

Leserbriefe Diesmal: Loriots korrekte Zimmernummer und andere Feinheiten Betreff: Kaffee mit... Dietmar Müller-Elmau

Betreff: „Schmuck für die Wand“ (Akustik)

Sehr geehrte Frau Pieschacon Raphael, in Ihrem Artikel erwähnen Sie auch Loriot, der immer wieder längere Zeit dort ein durch ihn „berühmtes“ Zimmer bewohnt hatte, indem er über seine Sketche u. a. m. sinnierte: Es wundert mich, das Herr Müller-Elmau nun die Nummer „219“ nannte, wobei mir als „Schloss-Fan“ seit vielen Jahren das Zimmer Nr. 118 als LoriotZimmer bekannt war. Vielleicht können Sie ja den Widerspruch für mich aufklären!?

Leider entspricht der Artikel über Elektrostaten nicht den wirklichen Gegebenheiten (...). Elektrostaten brauchen hinter sich viel Platz, mindestens einen Meter, um ihre außerordentliche Räumlichkeit und den losgelösten Klang zu unterstützen. Die recht schmale Klangabstrahlung ist bei den „Audio Exclusiv“-Elektrostaten fast „Tradition“, wenn auch verbessert. Die Aussage stimmt aber grundsätzlich nicht mehr, seitdem es die genial gerundete neue Flächenstrahlergeneration von „Martin Logan“ gibt! Ich bin glücklicher Besitzer der „SUMMIT“. Hier kann die ganze Familie ohne Einbußen Musik hören.

Christine Drandarevski, per E-Mail Anm. d. Red: Liebe Frau Drandarevski: Der Fehler liegt im Feuer: Nach dem Brand im Jahr 2005 haben sich die Zimmernummern geändert – es ist also beides richtig.

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Richtigstellung In unserer vergangenen Ausgabe schrieben wir auf Seite 79, in der Ankündigung der T ­ ournee der New Yorker Philharmoniker, dass die Verantwortlichen über einen Rückzug aus der Avery Fisher Hall in die Carnegie Hall diskutierten. Dies war ein Missverständnis unsererseits und ist so nicht richtig. Wir bitten den Irrtum und die daraus resultierende Falschmeldung zu ­entschuldigen.

Dieter Lang, per E-Mail

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gesellschaft

Klassik international: Fünf musikalische Momentaufnahmen aus fernen Ländern (Seite 50) Die Facebook-Revolution der Künstler (Seite 58) Serie: Woher kommt... Santanas „Love of my Life?“ (Seite 61)

Klassik in Zahlen

Brutto-Einstiegsgehalt von Opernsängern an renommierten Häusern als festes Ensemblemitglied*

1.650 *Warum wir diese Zahl an dieser Stelle nennen, erfahren Sie auf Seite 58.

Foto: ebraxas/Fotolia.com

Euro pro Monat

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g e s e l l s c h a f t

Bach mit Burka: Welche Rolle spielt die klassische Musik in islamischen Ländern?

Weltspiegel Was wissen wir über die klassische Musik in Syrien, Venezuela oder Aserbaidschan? Wenig. Deshalb baten wir fünf Autoren Momentaufnahmen aus den kürzlich von ihnen bereisten Ländern zu verfassen.

NAHER OSTEN Aleppo, Bagdad, Kairo ... der Name dieser Städte war einmal gleichbedeutend mit der Pracht orientalischer Kulturen. Als ich 2009 das erste Mal Damaskus bereiste, folgte ich den Farben und Formen in den Arbeiten der großen modernen Kalligraphen des Orients. Klassische Musik habe ich in Syrien nicht vermutet. Zufällig stieß ich auf die Website von Echo Sada, er betreibt eine private Non-ProfitOrganisation, die sich für die Verbreitung der klassischen Musik in Syrien einsetzt. Meine Neugier war geweckt. Fünf Geschäftsleute – ein Ingenieur, die Vorstände eines Energiekonzerns und eines großen Bauunternehmens – sprachen mit mir voller Begeisterung über ihre Arbeit im Verein. Sie würden keine Mühe scheuen, die Verbrei52

tung klassischer Musik in jeder Form zu fördern. Echo Sada startete bereits Initiativen für die Entwicklung der musikalischen Erziehung in Schulen und engagierte sich bis hin zur Entwicklung des Instrumentenbaus und der Gründung von Sinfonieorchestern. Mit Projekten wie „Music on the Road“ ermöglichte Echo Sada den Syriern, dass sie Klassische Musik und Jazz auf den Straßen und in den Parks der Stadt erleben können. „Wir wollen Bach singen, aber keiner weiß genau, wie es geht“, sagte einer der Vereinsgründer, „deshalb wünschen wir uns die Zusammenarbeit mit Gesangsausbildern und Chorleitern.“ Die turbulenten Ereignisse, die das Land seit 2011 erlebt, haben die Träume über künstlerische Begegnungen und gemeinsames Erschaffen erschüttert. Viele Musiker haben das Land verlassen, diejenigen, die geblieben sind, kämpfen um das nackte Überleben. Obwohl man es kaum glauben kann: In der Oper in Damaskus finden noch Konzerte statt, Ende April war die Aufführung der www.crescendo.de

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Fotos: Michael Dreyer / Morgendland Festival Osnabrück

Opernhaus in Kairo: Katastrophale Sicherheitslage

Egmont-Ouvertüre. Seinen gefallenen Landsleuten widmet Kinan Azmeh die CD „Letters to a homeland“. Der Komponist und Klarinettist zählt zu den profiliertesten syrischen Musikern. Der ausgebildete Ingenieur studierte Musik in Damaskus und an der Juilliard School in New York. Dass im Krieg Träume nicht nur untergehen, sondern erst aufsteigen, zeigt die Geschichte der Musikerin Azadeh Azimi. Ich traf die 33-Jährige in Shiraz, einer Stadt mit etwa anderthalb Millionen Einwohnern im südlichen Zagrosgebirge, in der Mitte Irans. Berühmt ist Shiraz unter anderem für die ehrwürdige große Universität und die unzähligen schönen Gärten. Shiraz ist die Stadt der Poesie. Zwei der berühmtesten klassischen Dichter des Landes – der von Goethe in seinem „West-östlichen Divan“ geehrte Hafis und der mittelalterliche persische Dichter Saadi – fanden hier ihre letzte Ruhe. Die Verehrung der Iraner für Poesie ist in ihrer Intensität seit Jahrhunderten ungebrochen, und in ihrer Lebendigkeit einmalig auf der Welt. Ein junger Mann, mit dem ich im Bazar einen Tee trank, sagte mir augenzwinkernd: „In jedem Haus im Iran wirst du zwei Bücher finden: einen Koran und einen Gedichtband von Hafis. Falls eines davon fehlen sollte, wird es wohl nicht Hafis sein.“ In Azadehs Künstlerleben hat alles in den dunklen, schweren Jahren des Irak-Krieges begonnen. Musik war verboten. Und doch, wie das Leben so will, fand sie eines Tages, einen alten Plattenspieler und die verborgen gehaltene Schallplattensammlung von

Bekannten. „Das erste Stück, das ich gehört habe, war ein Choral von Bach ... Ich war wie verzaubert! Tief in meinem Herzen wusste ich, dass ich nur noch eines will: selber Musik zu machen und den Anderen den Weg zur Musik öffnen.“ Alles, was Azadeh heute über Musik weiß, hat sie sich selbst beigebracht, aus Büchern, die in den verstaubten Regalen der Antiquariate zu finden waren. Mit dem angesparten Taschengeld mehrerer Jahre und der finanziellen Unterstützung ihres Großvaters besorgte sie sich auf abenteuerliche Weise ein Klavier aus Teheran. Ein echtes Orchester und ganze Konzerte sah sie zum ersten Mal im Fernsehen, als es möglich wurde, über Satellit deutsche und französische Sender zu empfangen. Sie war Studentin, an der Kunst-Universität gab es das Fach Musik nicht. „... Dann mach ich das jetzt!“, beschloss sie, schnappte sich ein Plakat, schrieb darauf in großen Lettern „Wir können zusammen singen!“, Tag, Uhrzeit, ein Raum an der Uni. Fertig. Achtzig Studentinnen und Studenten kamen. „Keiner konnte singen; aber ich war glücklich.“ Azadehs Initiativen stießen nicht auf Zustimmung seitens der Universitätsleitung. Als man ihr mit Exmatrikulation drohte, verlegte sie das Singen in einen Lagerraum und ließ allen ausrichten: „Wir treffen uns, um einen Chor zu gründen“. Es war der 8. August, ein Freitag vor zwölf Jahren. An diesem Tag wurde der Samat-Chor geboren. Geprobt wird seither immer freitags, ohne dass auch nur eine einzige Probe jemals ausgefallen wäre. „Samat“ bedeutet Stille. „Viele Menschen glauben, dass Musik nur

„Viele Musiker haben das Land verlassen, diejenigen, die geblieben sind, kämpfen um das nackte Überleben.“

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Im Moment ist ein Besuch nicht zu empfehlen: Die Oper in der syrischen Hauptstadt Damaskus

Klang ist. Aber ich finde Musik ist Klang und Stille.“ Für eine große Überraschung sorgte das Ensemble im letzten Jahr beim 27. Fajr International Music Festival in Teheran, als es mit dem ersten Preis als „Bester Chor im Iran“ ausgezeichnet wurde. Damit ging zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals der Preis an eine Frau und dazu an eine Dirigentin. Die Musiker singen in Waisenhäusern und Heimen. Einmal im Jahr gibt der Samat-Chor ein Konzert in der großen Halle in Shiraz, ein wahres Ereignis, immer ausverkauft. Bereits drei Mal wurden Musiker aus Berlin eingeladen. „Das wollen wir unbedingt wiederholen“, sagt sie, die seit einiger Zeit gerne in die deutsche Hauptstadt kommt, um zu lernen und Kollegen zu begegnen. Die Zeiten haben sich auch im Iran geändert. Es gibt bereits eine Musikhochschule in Teheran, europäische klassische Musik wird an vielen Universitäten im Land unterrichtet. In der Haupt-

Musikerin Azadeh Azimi.

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stadt ist ein so charismatischer Komponist wie Nader Mashayekhi oder das Teheran Symphony Orchestra aktiv. Seit acht Jahren kann man auch in Osnabrück beim Morgenland Festival die immense Vielfalt und den Reichtum der orientalischen Musikszene erleben. Michael Dreyer, der Initiator und Spiritus Rector des Festivals, ist ein ausgezeichneter Kenner der Musikwelten des Nahen und Mittleren Ostens. Er reist in die entlegensten Ecken, um Musikern zu begegnen, und lädt jährlich die interessantesten nach Deutschland ein. Im Mittelpunkt steht das Miteinander. Das Morgenland Festival ist ein Ort des gelebten Friedens. Bereits die erste Ausgabe des Festivals fand mit der Unterstützung der iranischen und israelischen Botschaft statt. Spektakulär und unvergessen ist die Aufführung der Johannes-Passion in Teheran und Osnabrück mit Musiker aus beiden Ländern sowie das berauschende Konzert der Osnabrücker Symphoniker 2007 mit Elgar-Cello-Konzert und Brahms 4. Sinfonie in Teheran. Solist war Julian Steckel, am Pult stand Hermann Bäumer. Keine Werbung, nur Mundpropaganda. Ein ausverkaufter Saal mit fast 2000 Plätzen, ein sehr junges Publikum, nicht mehr enden wollende Ovationen für die Musik und die Gäste aus Deutschland. In diesem Jahr findet das Morgenland Festival vom 27. September bis 6. Oktober zum neunten Mal statt. Im Mittelpunkt steht Bagdad. Die Stadt ist in diesem Jahr als Kulturhauptstadt der arabischen Welt auserkoren. Ob die Feierlichkeiten im Irak ähnlich prachtvoll und fröhlich werden wie sie 2008 in Damaskus waren, darf bezweifelt werden. Zu groß ist die Angst vor Anschlägen, zu katastrophal die Sicherheitslage. Aber in Osnabrück wird intensiv an der Übertragung des Eröffnungskonzertes gearbeitet, so schnell lässt man sich hier nicht einschüchtern. Es gibt Musik in allen Farben, von Heavy Metal über Jazz bis Kammermusik, Filme und Vorträge. Virginia Tutila www.crescendo.de

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Venezuela Ost-Europa

Klassik im Ural: das Opernhaus in Perm

folgt, überhaupt noch Kunst auszuüben. Eigentlich wollen alle hier weg; die besten schaffen es nach Amerika. Wer übrigbleibt, flüchtet sich in private Welten, züchtet Blumen und Tomaten im Gärtchen, fährt angeln und lässt den Staat Staat sein. Um nächste Woche dann doch wieder feierlich eine Tschaikowski-Sinfonie zu spielen, die „Polowetzer Tänze“ oder auch mal mächtige Orchesterbearbeitungen des immer noch hochverehrten Johann Sebastian Bach. Dennoch bieten Tatarstan, Georgien, Aserbaidschan und all die anderen Neustaaten und -republiken Erlebnisse, die man nie vergisst. Wer sich nicht abschrecken lässt und ein paar Wochen, gar Monate bleibt, lernt Parallelwelten kennen: die heimlichen Kulturrunden, die sich abends im Staatlichen Museum treffen und im Kerzenschein Anna Achmatova rezitieren, die Alten Meister ringsum, in der Mitte die Besucherbänke ums Samowar gestellt. Oder Orchesterabende, nach den Vorstellungen, im Foyer des Opernhauses, ein Barde singt da zur Gitarre, die Kinder des Intendanten flitzen im Matrosenkostüm herum. Ost-Europa außerhalb der Zentren Moskau und St. Petersburg bleibt eine melancholischtragische Klassikdestination. Martin Morgenstern

Konzerthaus „Flor de Hannover“ in Barquisimeto / Venezuela

Er habe dort die Zukunft der Klassik gesehen. Zu dieser Bemerkung ließ sich Simon Rattle hinreißen, als er auf Einladung des Musiksozialprojekts El Sistema Venezuela besuchte. Gewiss hat das vor bald vierzig Jahren gegründete Sistema dem Kulturleben einen gewaltigen Schub gegeben, mit seinen vielen Orchestern und Ensembles und den bald eine halbe Million im Projekt geförderten Kindern aus ärmsten Verhältnissen. Dank seines Gustavo Dudamel bekam das größte Bildungsprojekt der Welt ein „Gesicht“. Dudamel packt sie alle: dichter schwarzer Lockenkopf, ein Gesicht so frech wie das des jungen John Travolta, eine Körpersprache so emphatisch wie einst die von Leonard Bernstein. Wo er ist, ist Jugend, ist Rausch, ist Adrenalin, weshalb er in Europa und den USA als „heißester Dirigent des Planeten“ gehandelt und in seiner Heimat wie ein Popstar gefeiert wird. Auch an diesem Abend im Centro de Acción Social por la Música, dem für El Sistema errichteten Musikzentrum in Caracas. Zu Hunderten sind sie aus den Armenvierteln am Berg mit Bussen ins Zentrum der Stadt gebracht worden: Mütter mit Babys, Jugendliche, ältere Menschen. Für alle ist Platz, um Dudamel, das Orchester und einen internationalen Star zu erleben. Kostenlos. An diesem lauen Februarabend ist es Yuja Wang. Im April wird es Lang Lang sein. „Klassik à la Caracas“ heute. Auch außerhalb des Sistemas blickt Venezuela auf ein solides Musikleben. Ein Großonkel von Simón Bolívar, der Venezuela von der spanischen Herrschaft befreite, liebte Musik und sorgte für regen Kulturbetrieb. Unvergessen auch die legendäre Pianistin und Komponistin Teresa Carreno (1853-1917), Ehefrau des Komponisten Eugen d’Albert, die dem größten Theater in Caracas ihren Namen gab; ein Konzertsaal mit 2.500 Plätzen und heute Sitz des Chores und Balletts. Mit dem neoklassischen Teatro Municipal im historischen Zentrum verfügt Caracas ferner über ein veritables Opernhaus, in dem schon Luciano Pavarotti, Plácido Domingo und Montserrat Caballé auftraten. Und auch im „Interior“, wie in Venezuela die Provinz genannt wird, tut sich einiges. Etwa in Barquisimeto. Eine riesige Quatro-Imitation (venezolanische viersaitige Gitarre) vor den Toren der Stadt weist auf die „musikalische Hauptstadt“ Venezuelas hin – nicht nur, weil Dudamel hier geboren wurde. „Flor de Hannover“ (Blüte von Hannover) nennt sich ausgerechnet der wichtigste Konzert- und Veranstaltungsort. Mit seinen hydraulisch bewegten Dachelementen wirkt der einstige venezolanische Pavillon der Expo 2000 in Hannover verheißungsvoll wie eine tropische Frucht, die Tag für Tag zu Konzerten aller Art einlädt. Teresa Piechacón Raphael 55

Fotos: Michael Dreyer / Morgenland Festival Osnabrück; Virginia Tutila; Martin Morgenstern; Roberto Sanchez

Wer die unverfälschte Kunst sucht, Musiker, die von der Hand in den Mund leben oder weltweit gefragte Solisten, die am Wochenende mit der Familie in die Pilze gehen und sich hernach weinselig bei spontan improvisierten Abendessen feiern lassen, der sollte – klar – nach Osten fahren, in all die kleinen Staaten, die nach dem Zerfall der Sowjetunion nun übrig sind. Es ist nicht leicht, Klischees zu vermeiden, aber vielleicht könnte man verallgemeinernd sagen: Wer sich zielstrebig für die Weltkarriere entschieden hat, ist längst nicht mehr hier, in Tiflis, Baku, Nowosibirsk, Kasan oder Irkutsk. Vor Jahrzehnten zählten klassische Musiker hier zu den höchstangesehenen Bürgern; heute schlagen sie sich, wenn sie nicht gerade in einem renommierten, öfter mal nach Europa tourenden Orchester untergekommen sind, nebenbei mit Taxifahren oder Kellnern durch. Bei einem Besuch in Perm (Ural) habe ich das letztes Jahr erlebt: Da steht ein verstaubtes Opernhaus, einst das größte Russlands. Außen blättert die graue Farbe, innen blättern die weißhaarigen Omis des „Akademischen Philharmonischen Orchesters“ in ihren brüchigen Noten. Was da erklingt, würde man im Westen als Musikschulniveau abtun – und verkennt, welcher Enthusiasmus nötig ist, um in einer Lebenswelt, die nur noch den Regeln eines Raubtierkapitalismus’ schlimmster Sorte


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SüdKOREa / Nordkorea Hier schreibt Wonhee Bae aus Südkorea. Ich bin Violinistin und ich habe einen Traum. Ich möchte einmal mit einem Nordkoreaner gemeinsam musizieren. Es sollte ein Junge sein, etwa im gleichen Alter wie ich. Wir könnten an einem historisch wichtigen Ort, wie der Berliner Mauer ein Konzert geben. Dort würden wir Bach spielen, sein Konzert für zwei Violinen. Und die Sonatina für zwei Violinen von Insang Yun. Yun ist der berühmteste Komponist aus Südkorea. Er komponierte innerhalb der Spannung zwischen seiner koreanischen Heimat und seiner Wahlheimat Deutschland und es gibt eine Isang Yun Stiftung und Orchester in Nordkorea. Seit letztem September studiere ich an der Folkwang Universität Essen und habe im Oktober 2012 den Förderpreis der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung gewonnen. Ich bin sehr glücklich, dass ich seit 16 Jahren in Europa viel reisen und studieren darf. Für mich war es beispielsweise überwältigend, die „vier Stimmen Harmonie von der Kongregation“ in der österreichischen Wallfahrtskirche Maria Plain zu hören. Als Musiker ist es sehr wichtig, solche Erlebnisse zu haben. Für die Musiker, die nur in meinem Heimatland, Südkorea studiert haben, ist es leider nicht einfach nach Europa zu kommen, um die Tradition der klassischen Musik vor Ort zu erleben. Aber sie sind trotzdem sehr fleißige Menschen. Sie üben viel, so dass sie mit guter Qualität und Technik spielen können. Es gibt viele Menschen in Südkorea, die klassische Musik studieren. Fast alle Mädchen haben im Rahmen ihrer Ausbildung mindestens ein Instrument gelernt. Im Gegensatz zu Deutschland sind die Konzertsäle in Südkorea oftmals sehr gut gefüllt – auch mit jungen Leuten! Es gibt viele Kulturstiftungen in Südkorea, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Kunst zu unterstützen. Sie laden viele Orchester und Künstler aus Europa ein. Im letzten Monat zum Beispiel haben die Münchner Philharmoniker unter der Leitung von Lorin Maazel in Seoul gespielt und ich habe hinterher viele begeisterte Rezensionen in koreanischen Blogs gelesen. In Nordkorea ist das anders. Von den Flüchtlingen aus Nordkorea erfahren wir immer wieder, dass man in Nordkorea nicht frei musizieren darf. Nur in sehr priviligierten Familien können die Kinder ein Instrument lernen und Musik studieren. Soweit ich

Wonhee Bae

weiß, ist es sogar verboten, in Nordkorea post-romantisches Repertoire aufzuführen. Es gibt ein paar Orchester, die vielleicht einmal im Monat ein Konzert geben – das Programm besteht dann immer aus Kompositionen nordkoreanischer Komponisten. Aber es gibt auch ein paar koreanische Volkslieder, die sowohl die Menschen in Süd- als auch die in Nordkorea singen. Es sind die gleichen Texte, die gleichen Melodien. Diese Volkslieder existieren seit mehr als 100 Jahren und wir verstehen die Mentalität dieser Volkslieder. In der Musik gibt es keine Grenzen. Durch das gemeinsame Musizieren können wir erkennen, dass wir miteinander verbunden sind. Wonhee Bae 56

China Von Juli bis Dezember 2012 feierten die großen Pekinger Konzertveranstalter eine große Party – sie feierten das Gustav-Mahler-Jahr. Zehn Sinfonien des Komponisten wurden von sieben Spitzenorchestern aus Europa und China in Chinas größter Konzerthalle, dem National Centre for the Performing Arts, gespielt. Später sah man dasselbe Programm – zehn Mahler Sinfonien mit zehn unterschiedlichen Interpretationen von zehn europäischen Orchestern – nochmals in der Stadt, diesmal kuratiert vom jährlichen Beijing International Music Festival. Dieser Mahler-Marathon, der über fünf Monate ging, wurde in China als die spektakulärste Feierlichkeit zu einem Komponistenjahr angesehen, die es in den letzten Jahren auf chinesischen Bühnen gegeben hatte. Es war faszinierend zu sehen, wie ein doch eher „schwieriger“ Komponist wie Gustav Mahler auch im Mainstream eine solche Aufmerksamkeit bekommen konnte – in einem Land, wo sonst nur das am Ende des Jahres von Touristen überlaufene, kitschige „Neujahrskonzert“, gespielt von europäischen Orchestern, so viel Aufsehen erregt. Ein bekannter Cellist, ein Professor des Chinesischen Zentralkonservatoriums, sagte über den chinesischen Mahler-Marathon, das sei wie bei einem Kind, das „gezwungen wird zu rennen, bevor es laufen kann“ – mit dieser Aussage bezog er sich deutlich auf die in China lange Zeit vernachlässigte Kammermusikausbildung. Ja, die weltweit bekannte „Piano Mania“ in China gibt es wirklich. Und der weltweit unterentwickelte Klassikmarkt ist ebenfalls Fakt. Aber es ist zu einfach, zu behaupten, die Zukunft der klassischen Musik läge im Osten. Denn obwohl Millionen Eltern www.crescendo.de

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Entdecken und genießen Sie die ALPEN.

Foto: National Centre for the Performing Arts China

Ihre Landschaften, ihre Geschichten, ihre Menschen und ihre Wunder.

National Center of the Performing Arts in Peking

ihre Kinder in die „Klassikstar-Massenproduktions-Maschinerie“ stecken, bilden die reichen Familien die Mehrheit des Publikums in den Konzerthäusern. Von dem angeblich wachsenden Interesse der Chinesen an der klassischen Musik in ihrem eigenen Land haben wir noch nicht so viel mitbekommen. Die Ticketverkäufe geben uns in Peking weiterhin Rätsel auf: Für den vorhin genannten Mahler-Marathon gab es stürmischen Applaus und bei den Konzerten der europäischen Orchester gefüllte Konzertsäle – so zum Beispiel einen ausverkauften Abend mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern. Vergleichen wir dazu aber die letzte Saison der drei großen chinesischen Orchester, dem China Symphony Orchestra, dem China Philharmonic und dem Beijing Symphony Orchestra, dann zeigt sich ein Problem, zu dem keine Lösung in Sicht ist: Sie haben sich große Mühe gegeben, klassische europäische Stücke mit zeitgenössischen chinesischen Werken zu kombinieren – dennoch fehlt ihnen das Publikum. Während das Mahler-Fieber langsam aber sicher nachlässt, hat man sich bereits auf das nächste Klassik-Jubiläum geworfen: Die Realisierung des Wagner-Jahres in China. Die vom National Centre for the Performing Arts selbst inszenierten Opern „Lohengrin“ und „Der fliegende Holländer“ bekommen die Aufmerksamkeit aller großen Medien, schließlich ist es ein Projekt, das von einer Organisation in Staatsbesitz verwirklicht wird. Wandert man aber über die Straße und fragt im Vorbeigehen einen Chinesen, was denn eigentlich der „fliegende Holländer“ sei, dann darf man keine Antwort erwarten. Man muss sich stattdessen fragen, ob die Begrifflichkeit „China als der Hoffnungsträger der Zukunft der klassischen Musik“ nicht ein bisschen zu hoch gegriffen ist. Lucy Cheung

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g e s e l l s c h af t

„Ein Affe verdient mehr pro Tag“

Foto: Stefan A. Schuhbauer von Jena

Die Arbeits- und Verdienst-Bedingungen für Musiker, Tänzer und Schauspieler aus der zweiten und dritten Reihe sind schlecht. Seit Kurzem hat das Revolutionsvolk dank Facebook eine prominente Stimme – die Frage ist, wie lange sich das Thema noch halten wird. v o n K a t h a r i n a W e i g e r t

Es gibt Themen, die treffen einfach immer ins Schwarze: so Künstler, der über Wochen eine Rolle probt und im Anschluss die titelt die BILD-Zeitung konstant in jedem Jahr: „Der große Gehalts- Aufführung wegen Krankheit absagen muss, keinen Cent bekommt. Die Reaktionen auf Kulmans Eintrag sind immens. Sie selbst report – wer verdient wie viel!“ Neben den Krankenpflegern und „kleinen“ Angestellten gehört auch die Gruppe der freischaffenden wird zur Jeanne d'Arc der Bewegung, das Thema landet auf dem Künstler zu den Berufsgruppen, die jährlich über zu wenig Lohn großen Parkett der Leitmedien (siehe Timeline nebenan). Nur wohin führt ein Aufschrei, wie ihn in diesem Jahr bereits und unwürdige Arbeitsbedingungen klagen. Dank des neuen virtuellen Stammtischs „Facebook“ entwickelte das Thema „Künstlerga- eine Stern-Redakteurin mit dem Politiker Rainer Brüderle und dem gen“ nun eine bisher ungekannte Form der Eigendynamik. Neu ist daraus folgenden Thema „Sexismus“ schaffte? Immerhin, angegriffene Persönlichkeiten wie der Intendant der Salzburvor allem, dass sich die klassischen Medien wie ger Festspiele Alexander Pereira haben sich zum Thema die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die Südbereits geäußert und auch das Thema der Generalprodeutsche Zeitung“, die „Salzburger Nachrichten“ ben-Bezahlung erklärt. Jeder Einzelne werde gefragt, ob und auch der „ORF“ in sehr prominenter Weise er mitmacht. Und er kenne keinen Sänger, der bei der einem Thema widmen, weil es zuerst im Internet Generalprobe vor einem leeren Saal singen wolle, so der hochgekocht ist. Intendant. Im Februar 2013 hatte der Musical-ProAuch Ioan Holender, ehemaliger Direkduzent Johannes Maria Schatz tor der Wiener Staatsoper, meldete sich per eine Facebook-Gruppe gegrünGastkommentar in der Zeitung „Die Welt“. det, die den etwas sperrigen Namen Sein Grundsatz: „Dass die Sänger, die sich „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen und Auditionerlebnisse“ trägt. Das „Revolutionsführerin“ jetzt öffentlich über den von ihnen selbst hervorgeThema dieses virtuellen Stammtischs, an dem jeder, der Kulman: Via facebook rufenen Zustand beklagen, ist neu und unbegründet. Holender wirft den Ball sogar den Künstlern selbst einen Facebook-Account besitzt, Platz nehmen durfte: kam die „Art but zurück: Jeder Sänger versuche aufgrund der vielen menschliche Arbeitsbedingungen, faire Gagen und Fair“-Welle. neuen Festspiele „so schnell wie möglich aus einem Anerkennung der Leistung im Kulturbetrieb. Schnell wird das Forum zur Klagemauer schlecht bezahlter Künstler, einige Festvertrag wegzukommen und als Freischaffender zu wirken, um schreiben offen über ihre Erlebnisse mit prominenten Intendanten. keine der sich bietenden Auftrittsmöglichkeiten zu versäumen. An Im März erscheint auf der Pinnwand des Forums ein Ein- einem organischen, langfristigen, gefestigten Aufbau seiner Existrag der österreichischen Mezzosopranistin Elisabeth Kulman. Der tenz und am Erlernen eines für seine Stimme vorteilhaften ReperTenor ihrer kurzen Rede ist eindeutig: Friede den Hütten, Krieg den toires ist weder der Sänger noch dessen Arbeitgeber – sprich der Palästen! Sie beklagt vor allem den Umstand, dass selbst Stars des Intendant – interessiert.“ Ob das Thema den Sommer überleben wird? Die SexismusGewerbes nur für die Aufführung bezahlt werden, aber nicht für die Proben. Kulman macht noch einmal darauf aufmerksam, dass ein Debatte zerbrach bereits nach wenigen Wochen. n 58

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Die Chronologie der „Revolution der Künstler“: 8. Dezember 2012 Gegenüber Zeit im Bild und ORF bestätigt der Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, Franz Welser-Möst, dass er den Da-Ponte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen nicht dirigieren wird. Grund dafür seien Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Intendanten Alexander Pereira. Franz Welser-Möst hatte „aus dem gedruckten Programm“ der Salzburger Festspiele erfahren, dass alle drei Vorstellungen von Così fan tutte „innerhalb von weniger als fünf Tagen angesetzt“ wurden.

19. Februar 2013 Auf Facebook wird die Seite „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen & Auditionerlebnisse“ (Abkürzung FBGagen) gegründet. Initiator der „Revolution der Künstler“ ist der katholische Theologe, Rechtswissenschaftler, Kultur- und Medienmanager Johannes Maria Schatz. Der erste Facebook-Eintrag lautet: „Es reicht! Hier sammeln wir die traurigsten und unverschämtesten Künstler-Gagen-Angebote, die Deutschlands Bühnenlandschaft zu bieten hat. Immer kleinere Gagen, immer häufiger lediglich „Gewinn“-Beteiligungen, immer seltener bezahlte Probenzeiten. Es muss sich endlich etwas ändern! Wer also von euch peinliche, traurige, unverschämte oder einfach nur lächerliche Gagen-Angebote erhält, darf sie gerne hier posten.“ Innerhalb von drei Tagen drücken rund 1800 Benutzer „gefällt mir“. Es folgen Einträge wie diese: „Im Krankenhaus konnte man nicht glauben, dass ich mir keine private Krankenversicherung leisten kann und man wusste nicht recht wo man mich hinstecken sollte“ (ein Opernsänger). „Selbst der Kantinenwirt im Theater in München, der wirklich jeden Tag mit uns Sängern zu tun hat, glaubte uns nicht, als wir ihm unser Gehalt sagten!“

chen. Aber wer will nicht bei den Salzburger Festspielen dabei sein ,dürfen’? So akzeptiert man halt diesen Vertrag.“ Das Thema wird dank Kulmans Prominenz in der österreichischen Presse aufgegriffen. „Salzburger Nachrichten“, „Kurier“, und „Wiener Zeitung“ berichten prominent, da die Feuilleton-Redakteure Elisabeth Kulmans Facebook-Account verfolgen – die „Klagemauer der Künstler“ ist ein Thema. Die Salzburger Nachrichten führen nun ein Interview mit Festspielintendant Alexander Pereira in London. Kein Geld für Proben? „Das ist international so üblich, ich mache das seit 15 Jahren“, erklärt Pereira. Er habe das in Salzburg abgeschafft und „zahle lieber für Vorstellungen mehr“. Und der von Kulman angesprochene Ausfall? „Wer krank wird, kriegt nix“, sagt Pereira. „In einzelnen Härtefällen kann man über eine kleine Pauschale reden.“ Die unbezahlte Generalprobe? „Das ist immer für einen guten Zweck. Jeder Einzelne wird gefragt, ob er mitmacht. Und ich kenne keinen Sänger, der bei der Generalprobe vor einem leeren Saal singen will.“ Wozu sich also aufregen, passt eh alles. (Salzburger Nachrichten, „Facebook als Klagemauer für Künstler“, Ernst P. Strobl, 13.3.2013) In Zusammenarbeit mit Johannes Maria Schatz entwickelt Kulman die ersten konkreten Ziele der Revolution. Ein Verhaltenskodex für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich Kultur und Mindestgagen steht auf der Tagesordnung sowie ein Logo („Art but Fair“), das auf Programmheften oder Konzertkarten abgedruckt werden soll. Ganz nach dem Prinzip „Fair Trade“, signalisiere dieses Gütesiegel faire Arbeitsbedingungen.

25. Februar 2013

14. März 2013

Die Frankfurter Rundschau veröffentlicht einen Artikel zum Thema: Zitat: „Ein Affe verdient mehr pro Drehtag, als ein ausgebildeter Darsteller: Die Autorin (Birgit Walter) nimmt mit diesem furiosen Vergleich Stellung zur „Revolution der Künstler“. Im Artikel kritisiert sie unter anderem die „Berliner Oper“, welche Spitzengagen bis zu 15.000 Euro pro Abend aus dem Etat herauskitzelt. Die Folge: Kleindarsteller müssen sich auf den Brettern der Welt, in diesem Fall Berlin, mit einer verhältnismäßig sehr geringen „Aufwandsentschädigung“ abfinden.

Die amerikanische Sopranistin Laura Aikin schaltet sich ein. Im „Arts Journal“ äußert sie sich kritisch zu den Arbeitsbedingungen bei den Salzburger Festspielen. (Zitat von Laura Aikin, „A singer takes issue with Salzburg’s rehearsal policies“, erschienen in Arts Journal, 14.03.2013). Einen Tag später ruft Elisabeth Kulman die Künstler über Facebook auf, das Schweigen zu brechen, um sich Gehör zu verschaffen. Immer mehr TVSendungen und Zeitungen bringen Gespräche mit Frau Kulman.

11. März 2013 Im englischen „Arts Journal“ meldet sich der Kritiker Norman Lebrecht mit seinem Artikel „Slave Labour“ zu Wort. Lobend befürwortet er die Facebook-Seite und macht das englische Publikum auf den Fall aufmerksam. Gleichzeitig bekommt der Protest nun eine prominente Stimme: Die Sängerin Elisabeth Kulman spricht Tacheles und verwandelt sich zur „Jeanne d’Arc“ der Revolutionsbewegung. Mit ihrer Stellungnahme zu den Künstlerverträgen bei den Salzburger Festspielen riskiert sie nicht nur ihren Kopf, sondern auch ihr Engagement bei eben diesem Festspiel. Das Problem ist nur, die prominente Sängerin verdient gut und ist bereits ein Star der Klassik-Szene. Angesichts dieser Tatsache fragen sich einige: Ist sie die richtige Symbolfigur für das Leid und die Ungerechtigkeit, das vor allem dem „durchschnittlichen“ Künstler widerfährt?

13. März 2013 Elisabeth Kulman legt nach. Sie schreibt: „Die Salzburger Festspiele zahlen seit Alexander Pereira keine Probenpauschale mehr, sondern nur die Abendvorstellungen. Die Öffentliche Generalprobe (mit teuer verkauften Karten) gilt übrigens nicht als ,Vorstellung’, sondern als ,Probe’ und wird somit nicht vergütet. Hotelkosten werden keine übernommen, es gibt eine kleine Reisekostenpauschale. Wenn ich also nach den sechs Wochen Proben krank bin und keine einzige Vorstellung singen kann, gibt es nicht nur keine Gage, sondern ein dickes Minus zu verbu-

28./29.03.2013 Versammlung in Hamburg: Beim Welttheatertag in Hamburg wird bei einem zweitägigen Treffen über die „Krise“ im Theater gesprochen. Darunter auch die Initiatoren von FBGagen – man müsse über das weitere Vorgehen diskutieren. Am gleichen Tag verspricht Johannes Maria Schatz in einem Interview in BR Klassik, der Klassikwelle des Bayerischen Rundfunks konkrete Probleme anzupacken.

1. April 2013 Der Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper Franz Welser-Möst, bricht Sonntagabend während einer Aufführung von Richard Wagners „Parsifal“ zusammen. Am Vorabend erlitt der Dirigent einen Hexenschuss. Die Schmerzen führen in Folge zu einem Kreislaufkollaps. Damit wird Welser-Möst ungewollt zum Symbol der Revolutionsbewegung und des Kollapses in der Opern-Branche.

1. MAi 2013 Die Verkündung: Am ersten Mai ist es so weit. Der Protest hat sich zu einem Interessensverband geformt. Als „art but fair e.V.“ fordern Künstler nun ganz offiziell mehr Rechte und fairere Bedingungen in der Kulturbranche. Schauplatz des Aufmarsches ist Wien, mit dabei das Bayerische Fernsehen. Noch am gleichen Tag geht auch die Seite des Interessenverbands online. (www.artbutfair.org)

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Woher kommt eigentlich ... Carlos Santanas Lied „Love of my Life“? (Kleiner Tipp vorweg: die Wurzeln führen zu Johannes Brahms)

?

Woher

in Ordnung finden, dass, während sie den Hans in „Ich bin verliebt in die Musik“, meinte Brahms. Er heiden Schlaf singt, der Mann sie ansingt und ein Lieratete nie, war aber immer gerne von Frauen umgeben. eigentlich ... beslied murmelt.“ Die zweite Strophe kam erst später In Hamburg leitete er schon in frühen Jahren einen dazu – auf Verlegerwunsch. Frauenchor, in dem eines Tages die 17-jährige Bertha Brahms hatte einmal gestanden, „dass er beim Porubsky aus Wien auftauchte, die 1859 den Sommer Componiren sich gerne an Volkslieder erinnerte und daß bei ihrer Tante Auguste in Hamburg verbrachte. Brahms war sogleich von ihrer ganzen Erscheinung angetan, besonders aber von die Melodien sich dann von selbst einstellten.“ So findet sich auch ihrer Stimme, bekam er doch von ihr ein österreichisches Liebes- gleich in seinem Opus 1, der Klaviersonate in C-Dur, die Melolied zu hören, das ihm, ebenso wie Bertha selbst, lange im Kopfe die des Liedes „Verstohlen geht der Mond auf “. Diese Sonate erinschwirrte. Brahms musste nach Detmold, Bertha zurück nach nert auch ein wenig an die Hammerklaviersonate seines Vorbilds Wien, sie schrieben sich Briefe, die Zeit verging. Bertha heiratete Beethoven. Reverenz erwies er ihm auch in seiner 1. Sinfonie, im Finale klingt Beethovens „Freude“-Thema an. Darauf hingewiedann in Wien einen Industriellen und hieß von da an Faber. Das Lied, das Brahms von ihr gehört hatte, stammte vom Wie- sen meinte Brahms, „daß das jeder Esel hört“. In seiner 2. Sinfonie ner „Dialectdichter und Liedercompositeur“ Alexander Baumann erklingt gleich im ersten Satz das Thema des Wiegenlieds wieder: und trug den Titel „S‘ is Anderscht“ mit den Zeilen „Du moanst „Wie wär‘s, wenn Sie vom Wiegenlied auch Ausgaben in Moll machwol, du moanst wol, die Liab last si zwinga“. Der damalige Kriti- ten, für unartige oder kränkliche Kinder“, schrieb Brahms 1877 an kerpapst und frühe Brahms-Fan Eduard Hanslick fand Baumann seinen Verleger Simrock. Hundert Jahre nachdem Brahms Bertha und ihr Lied ken„als Componist eine seltsame Erscheinung; er kennt nicht eine Note. Unvermögend seine Melodien zu lesen oder zu schreiben, nengelernt hatte, fragte eine noch junge französische Schriftstellebeschränkt er sich darauf, sie sehr hübsch zu erfinden und ebenso rin „Lieben Sie Brahms?“, und viele Musiker konnten die Frage nur zu singen. Viele seiner Lieder sind so tief ins Volk übergegangen, mit Ja beantworten. Diese Frage war der Titel eines Romans von Françoise Sagan. Der Bestseller wurde 1961 verfilmt und Brahms daß sie oft irriger Weise für daher entlehnt gehalten werden.“ dritte Sinfonie verjazzt. Auch das oben Neun Jahre nach der ersten schon erwähnte Finale aus der 1. SinBegegnung mit Bertha schrieb Brahms fonie tauchte hier wieder auf. Der fransein berühmtes Wiegenlied: „Guten Zum Nachhören: zösische Komponist Georges Auric Abend, gut' Nacht, mit Rosen gehörte zur „Groupe des Six“. Klassisch bedacht, mit Näglein besteckt“. Die Lieben Sie Brahms? geschult begeisterte sich Auric für klare Melodie des Liebesliedes baute er in (Carol Media Home Entertainment) Melodieführung und schuf aus dem die Klavierbegleitung ein. Den Text Goodbye again dritten Satz der 3. Sinfonie Varianten fand er in „Des Knaben WunderOriginal Motion Picture Soundvon Freejazz bis zum coolen Jazzsong horn“, einer Sammlung „alter deuttrack, Classic Music International, „Goodbye again“, den Diahann Carroll scher Lieder“ ganz ohne Noten. – als Download bei itunes in dem Film in einer Barszene singt. „Rosen“ und „Näglein“ (gemeint Der Gitarrenvirtuose Carlos sind Gewürznelken) gelten von Santana „Supernatural“ Santana hat nicht nur die Musik von jeher als Liebessymbole, die lange (Sony Music) Dvořák, den Brahms einst förderte, für Zeit gerne in Gedichten und LieBrahms – The Symphonies seinen Latingroove adaptiert („Welbesbriefen verwendet wurden. Simon Rattle, Berliner Symphocome“). Er hat auch Brahms Dritte für Und dann die Zeile „schlupf unter niker (EMI) sein mit acht Grammys ausgezeichdie Deck‘“. Das gefiel Brahms und netes Album „Supernatural“ in einen er erinnerte sich nicht nur an die Brahms – Popsong verwandelt. Der Titel: „Love Melodie, sondern auch an Bertha. Klaviersonaten 1 & 2 of my life“. Alexander Melnikov Er schickte ihr sein Werk (Harmonia Mundi) Brahms blieb seiner Musik treu. mit der Widmung „zu allzeit Sie war die Liebe seines Lebens: „Ich fröhlichem Gebrauch“ zur Geburt Verstohlen geht der Mond liebe die Musik, ich denke nichts als ihres zweiten Sohnes Hans. Ihren auf & Wiegenlied sie und an anderes nur, wenn es mir Mann Arthur bezog er mit ein: Monica Groop: The Art of RomanMusik schöner macht. Passen Sie auf, „Frau Bertha wird nun gleich sehen, tic Song (Ondine) ich schreibe wieder Liebeslieder, und daß ich das Wiegenlied gestern ganz nicht an A–Z, sondern an die Musik.“ bloß für ihren Kleinen gemacht habe; sie wird es auch, wie ich, ganz Stefan Sell

kommt

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g e s e l l s c h a f t

Der Pianopilger

Fotos: Fabio Tedde; privat

Fabio Tedde reist um die Welt. Sein Ziel: Er will auf allen Play me, I'm yours*Klavieren spielen. Wir haben ihn bei seiner Entdeckungsreise getroffen und mit ihm sein 330. Straßenklavier gespielt. v o n A n n a N o v á k

*

Das Projekt „Play me, I‘m yours“ wurde im Jahr 2008 vom britischen Künstler Luke Jerram ins Leben gerufen. Überall auf der Welt werden bunte Klaviere aufgestellt, die von Passanten wie auch Künstlern bespielt werden sollen. Auf den Bildern: Fabio Tedde auf seinen Reisen mit „Play me, I‘m yours“-Klavieren in London, Cambridge, München, Belfast und Genf.

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„Ich saß in der U-Bahn und habe eine winzig kleine Anzeige in der nisch aus seinem Herzen kommt. Manchmal klingt das ein bisschen Zeitung gesehen. Da ging es um Klaviere, die auf der Straße auf- nach Ludovico Einaudi und seiner Filmmusik. Wenige Minuten später kommt ein Jugendlicher mit Rastagestellt werden sollten. Und ich dachte mir: Wieso hab ich davon bloß noch nichts gehört?“ Mit dieser Anzeige für ein Kunstpro- locken auf dem Fahrrad angefahren. „Spielst du auch?“ fragt ihn jekt namens „Play me, I'm yours“ begann eine besondere Liebes- Fabio. Er nickt. „Dann lass uns was zusammenspielen!“ Die beigeschichte zu einem Projekt, das gerade um die Welt tourt. Und so den spielen fast 30 Minuten. „Ich bin übrigens Sebastian“, sagt der begann der Italiener Fabio Tedde, ein Teil des Projektes zu werden. Junge dann. Beide lachen. Fabio: „Das passiert total oft. Man spielt Fabio ist 36, Pianist aus Sardinien, lebt in London und arbeitet stundenlang miteinander und stellt irgendwann fest: Hey, wir haben dort als Straßenmusiker. „Für mich gibt es keinen besseren Ort zu uns ja noch nicht einmal vorgestellt.“ Genau diesen Effekt hat sich spielen als auf der Straße“, sagt der Mann mit den langen schwar- PMIY-Erfinder Luke Jerram gewünscht. Die Idee zum Projekt kam zen Haaren, die er zum Zopf zusammengebunden hat. „Näher ihm übrigens in einem Waschsalon. „Jeden Sonntag ging ich in den kann man dem Publikum nicht sein, hier gibt es kein Gefälle zwi- gleichen Waschsalon und dort waren immer die gleichen Menschen schen Künstler und Zuhörer.“ Schon als er das erste Mal von den – aber niemand redete miteinander! Genauso passiert das jeden Tag „Streetpianos“ des britischen Künstlers Luke Jerram liest, reißt ihn tausendfach an Bushaltestellen. Die Leute warten alle gemeinsam die Idee mit: In einer Stadt sollen an verschiedenen öffentlichen auf den Bus, aber Kommunikation findet gar nicht statt. Aber wenn man einfach so ein Klavier aufstellt, bricht Plätzen Klaviere aufgestellt werden. Jedes es plötzlich das Eis.“ Klavier ein Unikat, unterschiedlich angemalt, Wir fahren mit der Bahn zum Kulturbeklebt oder besprüht. Und jeder darf darauf Das Projekt im Netz bahnhof in Giesing. Keiner da. „Das ist das spielen. Das Projekt startet 2008 in BirmingAuf der Internetplattform 331. Straßenklavier, das ich spiele“, freut sich ham, noch im gleichen Jahr wird es auch in www.streetpianos.com können Fabio. „Los, wir spielen was zusammen!“ São Paulo realisiert. 2009 in London, Syd­alle Hobbypianisten ihre Erlebnisse Wir versuchen es mit Pachelbels Kanon ney, Bristol und Bury St. Edmunds. 2010 stemit den Klavieren mit den anderen in D-Dur – mit kleinen Startschwierigkeiten. hen Straßenklaviere in zehn Städten – unter teilen, dort Fotos und Videos hoch„Die Überwindung ist am Anfang schwer. Es anderem am New Yorker Times Square. Die laden. Wir haben das Projekt für gehört schon ein bisschen Mut dazu.“ Unser Bilder des gelben Klaviers, das inmitten der crescendo online begleitet. Fotos Klavierspiel wird vom Applaus zweier älterer Hektik und der Lichter der Großstadt gespielt und Videos unter www.facebook. Damen unterbrochen. „Wir haben Sie schon wird, gehen um die Welt. Neben vielen eurocom/crescendomagazin. in Neuperlach gesehen und sind Ihnen hinpäischen Städten machen auch kanadische terhergefahren!“ und australische Städte mit. 2012 sogar das Am Abend treffen wir Fabio wieder. Er hat nun eine Jamsession chinesische Hangzhou. In diesem Jahr gibt es „Play me, I'm yours“ in mindestens sieben Städten. Nach Monterey nun München, wo zusammengetrommelt. Eine Boogie-Woogie-Band, die er am Klavier der Verein „Musik mit Kindern“ mit viel Herzblut und Energie für an der Universität kennengelernt hat, einen jungen Spanier, den er das Projekt gekämpft hat. Insgesamt sind 14 gestaltete Klaviere auf- über das Internet kennt und zwei Mädels, die ihm mehrere Stunden beim Spielen zugesehen haben. „Es wird magisch“, verspricht Fabio. gestellt. Fabio Tedde ist den Klavieren hinterhergereist. Er spielte unter Zwei Stunden später hat sich noch eine Geigerin dazugesellt, jemand anderem in Los Angeles, in Holland, in Genf, in Belfast, in Cam- spielt Tambourin, die Jungs bearbeiten vierhändig das Piano. Im Hinbridge. Am Londoner Bahnhof King's Cross steht ein fest installier- tergrund tanzt ein junges Pärchen albern Rock'n'Roll dazu. Die beiden haben sich erst an diesem tes PMIY-Klavier. Das ist mittlerAbend kennengelernt. Eine weile furchtbar verstimmt, aber russische Mädchenreisegruppe Fabio spielt es fast jeden Tag. Als kommt vorbei. „Könnt ihr spieer das erste Mal an einem Londolen?“, fragt der Boogie-Woogiener Piano saß, traf er zufällig Luke Pianist. Die Mädels schütteln Jerram – die beiden kannten sich den Kopf. „Aber wir können nicht, aber Fabio deutete es als . singen“, und die Gruppe stimmt Zeichen. Mittlerweile treffen sich ein russisches Volkslied an. Künstler und der „Piano-Pilger“ Zwei Tage später, Königsan Klavieren auf der ganzen Welt – wenn Jerram das Projekt vorstellt und Fabio darauf spielen will. In platz. Der Weltpianist sitzt schon wieder am Klavier. „Heute hat mich ein Freund aus Brasilien angerufen und gesagt: Fabio, du bist München wartet sein 330. Straßenklavier auf ihn. „Jede Stadt ist anders. Die Menschen verhalten sich ganz unter- berühmt! Du bist überall im Internet mit den Münchner Klavieren!“ schiedlich, die Klaviere sind an anderen Orten aufgestellt, der Cha- Ein Chor singt spontan „Can you feel the love tonight“, der ganze rakter des Projekts variiert schon je nach Stadt und Land“, erklärt Königsplatz trällert mit. Fabio: „Mit vielen Leuten, die ich auf der Fabio. Er zögert, dann lächelt er. „Aber weißt du was? Es gibt eine Reise kennengelernt habe, habe ich noch immer Kontakt. Wie sehr uns die Musik verbindet, zeigen diese Klaviere!“ Bis zum MorgenGemeinsamkeit: An allen Klavieren passiert etwas Magisches.“ Wie recht er hat, stellen wir fest, als wir ihn einen Tag in grauen spielt er an diesem Abend. Zeit für Nostalgie bleibt nicht, denn seine „Play me, I'm yours“München begleiten: Wir starten an einem der weniger zentral gelegenen Klaviere, Tour geht weiter: Der nächste Stopp ist Paris, da stehen im Juni 80 am Kulturhaus in Neuperlach. Das Klavier ist kunterbunt bemalt, Klaviere, die er alle spielen möchte. Und immer dabei: seine Kamera. steht überdacht. „Das ist das allerbeste Klavier, das ich bisher beim Überall, wo er ist, macht er Fotos und Videos. „Ich möchte gerne PMIY gespielt habe“, freut sich Fabio. „Ich will es mitnehmen! Geht einen Film über meine Reisen drehen, daher nehme ich so viel von das?“ Er lacht. Leider fehlt dem Klavier der Klavierhocker. Macht der Stimmung mit, wie ich kann.“ In München hat er auch in dienichts. Spielt er eben im Stehen. Eine Eigenkomposition. „Manch- ser Hinsicht einen eigenen Rekord aufgestellt: „Wir haben am Maxmal improvisiere ich auch einfach stundenlang.“ Noten kann er Joseph-Platz vor der Oper ein Gruppenfoto mit fast 100 Leuten nicht, er spielt und komponiert stattdessen einfach das, was harmo- gemacht – so viele hatte ich vorher noch nie auf einem Foto!“

„Noten kann er nicht, er spielt und ­komponiert stattdessen einfach das, was harmonisch aus seinem Herzen kommt “

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New York ... aus der Sicht eines Musikers

Foto: Bob Coat aus dem Helicopter.

Der Cellist Johannes Moser zog vor zwei Jahren der Liebe wegen in die Stadt, die angeblich niemals schläft. Dass dies kein Klischee ist, sondern pure Realität, schrieb er uns persönlich auf und verrät in seiner Reportage derart geheime Tipps, dass selbst Big-Apple-Kenner noch Neues entdecken werden.

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Foto: Karolina Doleviczenyi / sounding images

Johannes Moser in der New Yorker Subway

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einer Vorstellung vermittlet typisches NY-Feeling der kulturellen ew York City ist seit 2011 mein Zuhause – wobei Upperclass. Ein Besuch ist meines Erachtens für jeden Klassikin„Zuhause“ bei mehr als 280 Reisetagen naturgemäß teressierten Pflicht, auch wenn die Ticketpreise durchaus stolz sind. eher theoretischer Natur ist. Umso mehr genieße Mein Tipp: Auch wenn man bei den billigeren Plätzen in den obeich meine Zeit in vollen Zügen, wenn ich in der ren Rängen nicht alle Details auf der Bühne erkennen kann, ist Stadt bin. New York ist leider nicht mit besonders komfortablen Flug- man dort akustisch am besten platziert. Im Lincoln Center befindet sich außerdem die New York Performing Arts Library, ein wahhäfen gesegnet. Durch die penible Kontrolle der Einreisebehörden res Mekka für Kulturenthusiasten: CDs, DVDs und natürlich Noten kann man schon mal zwei Stunden anstehen, bis man an die Reihe über Noten. Ich habe selbst dort einige obskure Ausgaben gefunden. kommt. Nachdem man die Koffer abgeholt und den Zoll passiert Gleich gegenüber der MET ist eine der wichtigsten Ausbilhat, kann es auch passieren, dass man bis zu einer Stunde für ein dungsinstitutionen der klassischen Musik: die Juilliard School. Taxi ansteht. Deshalb hier gleich mein erster Tipp: Ich umgehe das gerne, indem ich bei Carmel (www.carmellimo.com) oder High- Neben den Vortragsabenden der Musikklassen lohnt sich vor allem ein Besuch der Theaterabteilung. Und vor oder nach dem Konbridge (212-927-4600) ein Taxi vorbestelle. Das ist übrigens auch online möglich. Ist zwar marginal teurer, aber man spart sich ein- zert kann man in der Bar im Empire Hotel bei einem Martini über die Musik sinnieren. Kulinarisch hat die Gegend fach die lästige Warterei. Überhaupt muss man sich um das Lincoln Center viel zu bieten, besonders in NYC nicht nur in der Hauptsaison auf Anstehen mag ich Fiorello's (es gibt sensationelle hauchund Wartezeiten einstellen, sei es im Restaurant, dünne Pizza und tolle Vorspeisen) und Rosa Mexider U-Bahn oder eben am Flughafen. Das ist New cano (am Tisch zubereitete Guacamole, sowie sehr York und es gehört irgendwie einfach dazu! leckere Tacos). Verkehrsmäßig sollte man sich zu 90 Prozent Washington Heights ist seit 2011 meine Heimit der U-Bahn bewegen. Sie ist inzwischen wirkmat. Wer es nicht kennt: Noch bis vor wenigen Jahlich sehr sicher und sauber. Mein zweiter Tipp: Auf ren war der Bezirk, der im Norden von Manhattan jeden Fall lohnt sich die Wochenkarte, Vorsicht um die 181. Strasse liegt, vor allem den Puertoriaber mit dem Magnetstreifen, der bei zu langer canern und Studenten der Yeshiva-Universität vorBerührung mit einem Telefon schon mal kaputt Das Motto des New Yorker behalten. Heute zieht es wegen der relativ modegehen kann – das weiß ich sozusagen aus erster Clubs Le Poisson Rouge. raten Wohnungs-Mietpreise Künstler und junge Hand. Familien in den Bezirk. Durch seine Nähe zum Fort Tryon Park Nach einem langen Flug und der stressigen Ankunft lohnt sich ein Besuch im Salon de Tokyo (www.salondetokyo-ny.com), kann man sich hier durchaus wohlfühlen. Musiker wie die Pianisgleich gegenüber der Carnegie Hall: Hier bekommt man bei japani- ten Orion Weiss und Benjamin Hochman sowie die Geigerin Jennischem Ambiente (Schuhe aus!) eine wohltuende Shiatsu-Massage. fer Koh trifft man entweder beim Joggen entlang des Hudson, beim Ich bestelle mir gerne eine Massage, bei der die Masseure auf mei- sehr netten und leckeren Italiener Saggio‘s (besonders empfehle ich den Kale Caesar Salad und Pasta Limone), oder zu jeder Tages- und nem Rücken herumlaufen. Schön ist das natürlich erst, wenn der Nachtzeit bei Jin's, einem winzigen Supermarkt, der so gut wie alles Schmerz im Anschluss nachlässt. anbietet – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Die Carnegie Hall ist sicher der berühmteste Musiktempel Ein weiterer Musikertreffpunkt ist Henry's Restaurant mit Amerikas. Im großen Saal (Stern Auditorium) gastieren die besten guter amerikanischer Küche (mit dem Burger macht man nichts Orchester und Solisten der Welt, Kammermusik hört man in der Zankel Hall oder Weill Hall. Interessanterweise liegen die New Yor- falsch). Mit etwas Glück landet man hier in einem „Songbook evening“ mit Gesangsstudenten der Juilliard School, die ein Klavier in ker Philharmoniker mit der Carnegie Hall aber im Clinch, sodass die Mitte des Restaurants schieben und drauflos klimpern. das Orchester nicht oder nur ganz selten in diesem Konzerthaus Für mich liegt der besondere Reiz von New Yorks Musikszene gastiert. Die Carnegie Hall war übrigens vom Abriss bedroht, und jenseits der großen Institutionen. Die von außen schön angeranzte nur eine Initiative des Violinisten Isaac Stern konnte sie retten. Das New York Philharmonic Orchestra mit seinem Chefdi- Bar Barbes hat im hinteren Teil einen kleinen Raum mit einem Klavier, wo man einen bunten Mix aus klassischer und experimentelrigenten Alan Gilbert hört man im Lincoln Center. Leider ist die ler Musik hören kann (www.barbesbrooklyn.com). Ich habe hier Avery Fischer Hall akustisch eine Katastrophe, was ich bei meinem Debut 2009 mit dem Orchester (Tschaikowskis Rokoko-Variatio- schon das eine oder andere Programm ausprobiert. Die Rockefeller University bietet kostenlose Recitals zur Mittagszeit an (Tri-Noon nen unter Lorin Maazel) selbst erfahren musste. Nebenan liegt die recital series). Es lohnt sich, im Vorfeld eines Besuchs, den Newslegendäre Metropolitan Opera, kurz MET. Das Chaos am Abend 65


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letter der Serie zu abonnieren (www. von Musikbüchern gefunden, hauptrockefeller.edu/artists). sächlich gebraucht und bei Amazon Schon zur etablierten Garde der nicht zu finden. Off-Musikszene gehört das Le PoisEinmal im Jahr findet der son Rouge (www.lepoissonrouge.com). Bang on A Can Marathon statt, desNeben richtigen Record Release Parties sen Mitglieder ein Mammutkonund experimentellen Konzerten gibt es zert auf die Beine stellen. Im Somdort einen schönen Mix an Rockigem mer der Treffpunkt für die New Yorund Klassischem. Besonders schön ker Musiker- und Komponistenszene finde ich Barge Music, am Wasser gele(www.bangonacan.org). gen (www.bargemusic.org). In der Bar Für Nachteulen und Jazz-EnthuThe Living Room gibt der in den USA siasten empfehle ich die ZINC Bar im sehr berühmte Blue-Grass-Virtuose West Village, wo man bis spät in die Die Juilliard School in Uptown Manhattan Chris Thile mit seinen Punch Brothers Nacht richtig guten Jazz zusammen die Bingo Night Konzerte (www.livingroomny.com/artist/punch- mit Hochprozentigem bekommt. Großes NY-Feeling! (www.zincbrothers). bar.com) Mittags kaufe ich mir in Hells Kitchen ein Sandwich oder ein Den Abend lasse ich gerne in einem SpeakEasy ausklingen, Hot Dog zum Mitnehmen und sehe der Alvin Ailey Dance Com- einer in NYC seit den Tagen der Prohibition etablierten Institution: pany beim Proben zu – das Tanzstudio hat große Fenster zur Straße. Man muss morgens versuchen einen Tisch reservieren, da man im Aber nicht nur Manhattan bietet Kultur der Extraklasse: Die Speakeasy nicht stehen darf. Da es sich ursprünglich um geheime BAM (Brooklyn Academy of Music) lohnt sich sehr, ich habe in die- Bars handelte, die der Prohibition zu entgehen suchten, sind einige sem Jahr dort eine fantastische Oper von Lully gesehen. Und das Speakeasies nur durch Geheimtüren zu erreichen, wie zum Beineue Wythe Hotel in Williamsburg (Stadtteil von Brooklyn) sollte spiel der Rückwand einer Telefonzelle (http://pdtnyc.com) oder man buchen, wenn man auf authentische alte Backsteinarchitektur der Tapetentüre eines chinesischen Restaurants. Ich empfehle den steht. Von der Terrasse dieses neuen Designhotels hat man einen Experimental Cocktail Club mit tollen DJs am Wochenende und sagenhaften Blick auf Manhattan. intimer Atmospäre unter der Woche (www.chinatownecc.com). Unbedingt empfehlenswert: Eine der vielen Broadway Shows, Wer dann noch Hunger hat, dem empfehle ich Korean Barbedie im Theatre District laufen. Besonders gefallen hat mir Rent cue auf der 32. Straße bei Kunjip (www.kunjip.net). Der Laden hat (läuft off broadway), Tod eines Handlungsreisenden mit Phillip 24 Stunden geöffnet und ist eine meiner Lieblingsadressen. BesonSeymour Hoffman und natürlich Porgy and Bess mit Audra McDo- ders um vier Uhr morgens! nald in der Hauptrolle. Mein Tipp für Kurzentschlossene: TKTS am Time Square bietet günstige Restkarten zu allen Broadway Shows an. Wer in die Nähe des Union Square kommt, sollte unbedingt in TV-TIPP: Die Sendung „Ein Tag im Leben des Cellisten Johannes Moser“ den Strand Bookstore schauen. Ich habe dort sehr schöne Ausgaben wird am Sonntag, 2. Juni 2013 um 17.05 Uhr auf ARTE ausgestrahlt.

New York Tipps & Tricks Die wichtigsten Reiseinformationen rund um den Big Apple

Konzerte:

Spezielle Konzerte: Die Termine der von Johannes Moser empfohlenen Reihe „Bang on a Can Marathon“ (1) findet man unter www.bangonacan.org. Die Livemusik-Bar „Le Poisson Rouge“ ist Ecke Bleecker/Thompson Street. Die Bar Barbes (2) liegt in Brooklyn (9th Street/6th Avenue).

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Wo übernachten?

Günstig (ca. 150 Euro): das Aloft in Harlem. Infos unter www.aloftharlem.com Neu und ebenfalls leistbar (ca. 200 Euro): The Strand. Infos unter www.thestrandnyc. com oder The Mave Hotel. Infos unter www. themavehotel. Spektakulär (ca. 300 Euro): The Wythe Hotel (3). Infos unter www.wythehotel.com. Klassisch & luxuriös (ca. 500 Euro): The Lowell (hier wohnt Yo-Yo Ma, wenn er in New York ist). Infos unter www.lowellhotel.com

Hinkommen: New York City ist über die drei Flughäfen John F. Kennedy, La Guardia und Newark erreichbar. Eine der besten Verbindungen ist die von München nach Newark mit Lufthansa (ab 480 Euro). Ein Taxi von Newark ist nach Manhattan auch nicht so teuer wie von John F. Kennedy. Wer in Brooklyn übernachtet, sollte allerdings nach JFK oder La Guardia fliegen.

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Fotos: PR, The Wythe Hotel; Bob Coat;

Das Programm der Metropolitan Opera findet man am besten über die offizielle Webseite www.metoperafamily.org. Das der Carnegie Hall unter www.carnegiehall.org. Für Besucher, die vor allem wegen dieser beiden Häuser nach New York reisen, empfiehlt es sich, ein Hotel im Norden am Central Park zu nehmen, da beide Häuser – wie auch die Juillard School – ­z wischen der 57. und 64. Straße liegen.


für globetrotter Die internationalen Höhepunkte im Sommer 2.6. Mit Max Ema-

nuel Cencic in der Hauptrolle wird an der Opera Royal zu Versailles die Oper „Alessandro“ gegeben. Georg Friedrich Händel komponierte diese im Jahr 1726 und er schneiderte sie einer Riege von Stars auf den Leib. Zu Cencics Stimme passt sie ebenfalls hervorragend. Regie führt Lucinda Childs, am Pult: Georges Petrou. www.chateauversailles-spectacles.fr

Termine

Stockholm

15.6. „We Come in Peace“ lautet

das Programm des Royal Stockholm Philharmonic Orchestra. Unter dem Dirigat von Michael Bartosch gibt es „außerirdische“ Musik. Dabei werden vor allem Filmmusiken aus Science-Fiction-Blockbustern zu Gehör gebracht. Hollywood lässt grüßen mit „Battlestar Galactica“, „Predator“, „Aliens“ und natürlich „Star Wars“. www.konserthuset.se

Wien

Die Pianistin gibt im Rahmen ihres Projektes am Lago di Lugano ein Konzert im Grand Hotel

18.6. Das Bruckner Orchester Linz

gastiert im traditionsreichsten Konzerthaus in Wien, dem Wiener Musikverein. Unter dem Dirigat von Dennis Russell Davies und gemeinsam mit den St. Florianer Sängerknaben stehen Werke von Haydn, Mendelssohn, Mussorgskij sowie Georg Friedrich Haas auf dem Programm. Bei Letzterem – „Traum in des Sommers Nacht. Hommage à Felix Mendelssohn Bartholdy – handelt es sich um die österreichische Erstaufführung. www.musikverein.at

Foto: Villa Castagnola.

Versailles

Argerich am See

London

Das Hotel Villa Castagnola in Lugano.

sorgte das Belcea Quartet mit seinem Beethoven-Zyklus im letzten Jahr bei den Hamburger Elbphilharmoniekonzerten für Furore, nun spielen die vier begnadeten Streicher gemeinsam mit Pianist Till Fellner. Auf dem Programm: Eins der schönsten Klavierquintette überhaupt, Dvořáks zweites Klavierquintett. www.wigmore-hall.org.uk

Schon zum zwölften Mal findet in Lugano das Martha Argerich Project statt. Vom 9. Juni bis 3. Juli 2013 ist die argentinische Pianistin zu Gast. Besonderes Highlight: Am 16. Juni wird die „Sala delle Palme“ des Grand Hotels Villa Castagnola der Schauplatz eines Kammermusik-Abends mit Überraschungsprogramm, das Martha Argerich zusammen mit anderen Musikern gibt. Das Hotel wirbt mit seiner „special week at the lake“ und bietet dafür ein besonderes Arrangement an. Neben Musik gibt's in der Villa auch ein großes Wellness-Angebot und zwei zu empfehlende Restaurants. Kontakt zum Hotel: www.villacastagnola.com n

4.7. Als „Quartett in Residence“

Musik in der Frauenkirche 2013 Stiftung Frauenkirche Dresden Ticketservice Georg-Treu-Platz 3 | Besucherzentrum Frauenkirche Weiße Gasse 8/Ecke Wilsdruffer Straße Telefon 0351.65606-701 | www.frauenkirche-dresden.de


l e b e n s a r t

John AXELRODS Weinkolumne

Sommerwind und Malbec Unser Kolumnist entführt uns diesmal nach Argentinien. Zu einem sommerlichen Grillfest mit Malbec und Piazzolla. Wenn es endlich Sommer ist und die leichten Frühlingswinde noch immer in der Luft hängen, genießen Sie doch die wohltuende Wärme der Sommersonnenstrahlen mal im Gaucho-Stil. Machen Sie einen Ausflug, tanzen Sie Tango und trinken Sie eine Flasche Malbec! Warum Malbec? 1852 hat der Malbec seinen Weg von den Weingütern des Medoc über den Atlantik bis in die Vorläufer der Argentinischen Anden gefunden. Und genau an diesem Ort hat diese gerbstoffartige, säuerliche, dunkel-fruchtige Traube den richtigen Platz zum Reifen gefunden. Das Land bietet eine exzellente Erde und ein optimales Klima, das prächtige Trauben wachsen lässt, aus denen man satte, reichhaltige Weine machen kann. Die Region um Mendoza, übrigens die mit der meisten Malbec-Produktion, ist genau auf der anderen Seite des Landes als Buenos Aires. Aber der Tango liegt auch hier in der Luft und weht von den Weinbergen in die Tavernen. Wenn man sich Astor Piazzollas „Libertango“ oder das klassische „Oblivion“ anhört, kann man nicht anders, als sich aufzurichten und zu posen, oder? All die Tanzerei kann einen ziemlich hungrig machen. Zwischen Rosé auf Eis oder Prosecco mit Carpaccio sind die Sonnenuntergänge die beste Zeit für ein ordentliches

Zapata Malbec aus Mendoza – Sie werden nicht enttäuscht sein! Der Malbec ist übrigens nicht nur die perfekte Kombination zu einem Sommer-Grillabend: So wie ein Sommer-Barbecue Seele und Magen erfreut, ist der Malbec auch der beste Freund Ihres Herzens. Denn tatsächlich heißt es, dass von allen Reben gerade die Malbec-Traube mit ihren vielen Flavonoiden für das Herz am gesündesten ist. Piazzollas Tangos sind voll von rhythmischen Akzenten, wohl artikulierten Streichern und dem klagenden Klang des Bandoneons. Die sanften Passagen dieser Musik fühlen sich an wie ein sommerlicher Windhauch über der Copacabana. Das Forte ist leidenschaftlich und lässt Energie durch unsere chiges und geschmackvolles Fleisch. Den Venen fließen. richtigen Soundtrack zum Barbecue bietet Das Aroma des Malbecs ist von frischen Piazzollas Bandoneon-Konzert „Aconca- Früchten bestimmt, wenn er in niedrigen gua“ oder seine musikalischen Variationen Höhenlagen kultiviert wird. Die Aromen werden intensiver, wenn die Trauben in auf Buenos Aires. Der Malbec ist für seine hohe Qualität höheren Lagen angebaut werden und später immer noch relativ preisgünstig. Der Reiz in Eichenfässern reifen. der vielen neuen Weine weltweit sorgt dafür, Musik und Wein – sie helfen dem Herzen. dass der Preis des Malbec weitgehend unter Also: Wenn der Sommer dafür da ist, Ihre Wert gehalten wird. Das ist tatsächlich ein Batterien wieder aufzuladen, dann geben Wein unter 20 Euro, der köstlich schmeckt Sie Ihrem Geist einen Extra-Schub mit – übrigens auch zu einem Picknick. Versu- etwas gesundem Malbec und Ihrem Liebchen Sie mal den 2004er Bodega Catena lingsstück von Piazzolla. n Barbecue und Malbec. Entweder am Strand, im Hinterhof oder auf dem Küchen-Grill. Das argentinische Grillfest im GauchoStil mit einem saftigen Steak, geschmort in Chimichurri-Sauce, wird mit dem Wein zum einem Ganzen, mit seiner Würze, seinem leichten Kaffee-Aroma. Die Säure wird mit den meisten Gerichten gut ausgeglichen, aber besonders gut eignet sich rau-

„Sonnenuntergänge sind die richtige Zeit für ein ordentliches Barbecue und den Malbec.“

John Axelrod ist musikalischer Leiter des Orchestre­National des Pays de la Loire in Frankreich und Dirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher („Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“) und philosophiert über sein Lieblingshobby: guten Wein. 68

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»Ich lese crescendo« Jan Vogler, Cellist

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Musikalische Familie: die Mozarts

Aachen

Köln Brühl

Bonn

Koblenz Frankfurt Wiesbaden Mainz Worms Mannheim Schwetzingen

Heidelberg Bruchsal Ludwigsburg

Augsburg Ulm

München Wasserburg Salzburg

Auf den Spuren der Mozarts Vor 250 Jahren machten sich Vater und Mutter Mozart mit ihren beiden hochbegabten Kindern Wolfgang und Nannerl auf eine Reise durch Europa. Die Deutsche Mozartgesellschaft gedenkt der Wunderkindreise nun mit einem Veranstaltungsprogramm in 19 Städten. Von Rainer Aschemeier

Vor ziemlich genau 250 Jahren begann eine Familie namens Mozart – Mutter, Vater, Tochter, Sohn – eine Reise, die drei Jahre, fünf Monate und 20 Tage dauern sollte. Die Familie reiste von Salzburg ausgehend durch halb Europa und kam bis nach England. Die Tour ist als die sogenannte Wunderkindreise in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen. Unzählige Anekdoten sind mit ihr verknüpft. Etliche Briefe sind aus dieser Zeit erhalten und bieten Mozart-Forschern heute einen intimen Einblick in das Reiseleben des Rokoko-Zeitalters. „Vater Leopold Mozart hatte diese Reise auch als Bildungsreise für seinen Sohn Wolfgang konzipiert“, verrät der Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft, Thomas Weitzel, im Gespräch. „Für Wolfgang war das wichtig, weil er so viele Impulse empfangen hat. Doch der eigentliche Erfolg liegt auf Seiten Leopolds. Beden70

ken Sie, welche Logistik man braucht, um eine solche Reise fast dreieinhalb Jahre lang durchhalten und finanzieren zu können!“ Allein auf deutschsprachigem Boden machten die Mozarts von Juni bis Oktober 1763 in 19 Städten Halt – mal mehr, mal weniger freiwillig. Während es in Städten wie Mannheim, München, Bruchsal, Ludwigsburg und an vielen anderen Standorten vor allem darum ging, den kleinen Wolfgang an den adeligen Höfen vorzustellen, ist Wasserburg am Inn heute primär dafür bekannt, dass an der Mozartschen Kutsche ein Rad brach, was einen Stopp erzwang. Fast überall wurde die Familie mit offenen Armen empfangen. Wolfgang galt als Wunderkind und wurde zusammen mit seiner ebenfalls virtuos musizierenden Schwester Maria Anna wie eine kuriose Attraktion regelrecht hergezeigt. www.crescendo.de

Juni – Augus t 2013


Fotos: Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg; Regio Augsburg Tourimsus GmbH; PIA Stadt Frankfurt am Main / Tanja Schaefer; Horst Gummersbach / Schloesserverwaltung Bruehl

Auf Mozarts Spuren reisen und in vielen Veranstaltungen seine Musik entdecken: in Brühl, Augsburg, Frankfurt und 16 weiteren Städten. In manchen Städten entlang der Route gibt es sogar ein ganzjähriges Wunderkindreise-Programm, so unter anderem in Bruchsal.

Trotz des Stresses, dem der gerade einmal siebenjährige Wolf- historischer Zeit hat das Reisen einfach lange gedauert. Einmal gang ausgesetzt war, ist die Historie dieser Zeit voll mit kindlich- angekommen, hat man sich manchmal zwei oder drei Wochen in spielerischen Anekdoten. 1762 soll der Junge Kaiserin Maria The- einer Stadt aufgehalten. Da wir mit den Angeboten unserer Partresia in Schönbrunn auf den Schoß gesprungen sein und ihr einen ner den originalen Zeitrahmen nachbilden wollen, müsste man herzhaften Schmatz verpasst haben. Von der Reise 1763 sind ähn- sich schon fast ein halbes Jahr Urlaub nehmen, um die Reise komlich liebenswerte Geschichten überliefert: Wolfgang spielt seiner plett mitzumachen. Und das kann heute kaum noch jemand.“ Dabei gibt es so viel zu entdecken, wie uns Thomas Weitzel Familie einige Streiche und entwickelt die ersten Anflüge seines unbeschwerten, von irrwitzigen Einfällen durchsetzten Wesens. erklärt: „Natürlich gibt es da die offensichtlichen Anlaufstationen, In Wasserburg muss das Wunderkind im Stehen die Kirchenorgel wie Augsburg, wo viele weitgehend original erhaltene MozartStätten zu finden sind und wo die Familie auch ursprünglich herspielen, weil es sonst nicht mit den Füßen an die Pedale reicht. Es sind Geschichten dieser Art, die man sich gern bildhaft vor- stammt, oder Schwetzingen oder Mannheim. Aber es gibt eben stellt. Jeder von uns hat seine jeweilige Lieblingsanekdote vor Augen, auch die Städte, die kaum noch jemand mit Mozart in Verbindung bringt. Wer heute etwa nach Aachen fährt, denkt dabei nicht autowenn sie oder er an die Wunderkindreise des Jahres 1763 denkt. Würde man das nicht gern einmal selbst nachempfinden? An matisch an Mozart. Dabei gibt es in allen Städten unserer Reise den originalen Schauplätzen und zu denselben Terminen? Rei- Mozart-Reminiszenzen.“ Allein deswegen wohl lohnt sich diese Veranstaltung schon – sen wie die Mozarts – genau, wie sie! Natürlich mit der Bahn oder im Auto und nicht in der Kutsche. Aber ansonsten eben genau im für das Publikum, für die Mozart-Pflege, aber auch für die beteiligten Städte. „250 Jahre Mozart-Reise“ ist eine Veranstaltungsdamaligen „Reisetakt“. Die Deutsche Mozart-Gesellschaft macht es möglich: In den reihe, die Schule machen sollte: Vereint sie doch Tourismus und 19 damaligen Stationen der Mozart-Tournee werden zum gleichen Bildungsauftrag. Außerdem bezieht sie gleichermaßen städtische Tag wie vor 250 Jahren und an möglichst den gleichen Veranstal- Räume und die vermeintliche Provinz mit ein. Die Konzertreihe tungsstätten wie damals Konzerte stattfinden. Jeder hat so die Mög- gibt auch den kleineren Mozart-Städten ein Forum, das in dieser Form so schnell wohl nicht wiederkommt. lichkeit, zumindest einen Teil der Reise der 250 Jahre Wunderkindreise Sie zeigt, wie vielfältig auch heute noch Mozarts aus heutiger Sicht nachzuerleben. in 18 deutschen Städten das Kulturleben in Deutschland ist und Doch warum bietet die Deutsche 7. Juni bis 2. Oktober 2013 dass es nicht nur in den großen MetropoMozart-Gesellschaft eigentlich nicht die komlen stattfindet. Dass die Veranstalter diesen plette Reise als Event an – inklusive TransInformationen: Aspekt bewusst betonen, ist ihnen hoch port und Unterbringung? „Das werden wir Deutsche Mozart-Gesellschaft Augsburg anzurechnen. Tel. +49-(0)821-51 85 88 oft gefragt“, bekennt Thomas Weitzel. Doch er n www.mozartgesellschaft.de führt schlagkräftige Argumente ins Feld: „In 71


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Der Bachchor Mainz und der Chor der Hochschule für Musik Mainz beim Konzert im hr-Sendesaal

Vitalität und Farbkraft Seit 27 Jahren schon arbeitet Ralf Otto als künstlerischer Leiter des Bachchor Mainz – mit spannenden Programmen fesselt er Sänger und Publikum. Ab Juli widmet er sich dem Jubilar Benjamin Britten und seinem wohl größten Werk, dem „War Requiem“. Vo n A n n a N ová k

Es gibt diese Gesangsensembles, da hört man von der ersten Zugang zur Musik zu entwickeln, das braucht einfach Zeit. In unseSekunde an, dass dieser Chor nicht nur zusammen singt. Da hört rer heutigen Zeit ist es absolut ungewöhnlich, dass ein Chef einem man, dass die Musiker sich kennen, dass sie intensiv miteinander Ensemble über so viele Jahre verbunden bleibt. Dabei lohnt es sich: arbeiten und dass das, was letztlich für alle zählt, das gemeinsame Simon Rattle war jahrelang erfolgreich in Birmingham. Und mein geschätzter Lehrer Eric Ericsson, der mich sehr inspiriert hat, hatte Musik-Erleben ist. Ein solcher Chor ist der Bachchor Mainz. 1955 gegründet, darf dieser Chor auf eine beachtliche Tradi- 1980 noch Leute in seinem Rundfunkchor dabei, die seit der Grüntion zurückblicken: Die Choristen sangen sich einmal quer durch dung 1956 in diesem Chor geblieben sind.“ Über solche Sängerdie Oratoriengeschichte, konzertierten mit großen Orchestern, bei Koryphäen kann sich auch der Bachchor freuen, denn einige Chorenommierten Musikfestivals. Zahlreiche Konzertreisen führten risten sind seit 50 Jahren (!) Mitglied in diesem Ensemble. „Bei einer den Bachchor Mainz ins europäische und internationale Ausland: solchen Kontinuität entsteht mit der Zeit ein blindes Verständnis“, Sie reisten nach Frankreich, nach Israel, tourten entlang des Jakobs- so Otto, „und das führt zu einer besonderen Ausdruckskraft.“ Was den Klang des Bachchors Mainz ansonsten ausmacht? Pilgerwegs in Spanien und absolvierten in 2003 und 2006 zwei große Südamerikatourneen mit Bachs h-Moll Messe, Beethovens Missa „Vitalität und Farbkraft!“ Das kommt sofort und ohne Zögern. Ralf Solemnis und bedeutenden Werken von Mozart. Dirigent Profes- Otto kennt sein Ensemble wie kein anderer, und dass er seine Sänger so lange an den Konzertchor binden sor Ralf Otto ist diesem Chor seit langer Zeit kann, liegt auch an seiner klugen und verbunden. Seit 27 Jahren leitet er das EnsemBachchor Mainz durchdachten Programmatik – mit dem ble und an einen Wechsel hat er – trotz einiger Benjamin Britten: War Requiem 5.7. Trier, Mosel Musikfestival Hang zum Besonderen. verlockender Angebote anderer Chöre – nicht 18.7. Kloster Eberbach, Rheingau Musikfestival Denn Ralf Otto ist ein musikalischer wirklich gedacht. „Mich hat schon immer 21.11. L‘ Arsenal, Metz Schatzsucher. Gerne widmet er sich Werinteressiert: Welche künstlerischen Resul22.11. Industriekathedrale, St. Ingbert ken, die in der Musikgeschichte eher stieftate kann man auf der Basis von langfristiger 23.11. Mainz, Christuskirche mütterlich behandelt wurden. Das macht gemeinsamer Arbeit entwickeln?“, sagt Otto. www.bachchormainz.de Tel. +49-(0)700-22 24 24 67 es auch für seine Bachchor-Sänger immer „Die klangliche Prägung und den intuitiven 72

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www.chor.com

Donnerstag 12.9.2013 19 Uhr | Dortmunder U a rose is a rose is a rose: rosenklänge, rosentexte Dastan Ensemble, WDR Rundfunkchor Köln, Leitung: Rupert Huber 21 Uhr | St. Marien Heinrich schütz: Musikalische exequien Dresdner Kammerchor, Leitung: Hans-Christoph Rademann 22.30 Uhr | Jazzclub domicil Vocal Virus Slixs (Wiederholung am 13.9.2013 um 22.30 Uhr)

Professor Ralf Otto

Fotos: Alexander Sell; Ullrich Knapp

Freitag 13.9.2013

wieder neu und spannend. „Natürlich erreicht man durch eine außergewöhnliche Programmatik ein besonderes Interesse bei den Sängern, und ich freue mich, dass viele so kontinuierlich dabei bleiben und sich immer wieder für neue Musik begeistern lassen.“ Daraus entstehen dann auch mal ungewöhnliche Konzertabende: Im vergangenen Jahr kombinierte Otto das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms mit den zwischen 1938 und 1941 entstandenen antifaschistischen „Canti di prigionia“, den „Gesängen der Gefangenschaft“ von Luigi Dallapiccola. Ein besonderer Höhepunkt der letzten Saison. Im Britten-Jahr steht für den Chor neben vielen anderen interessanten Projekten ein besonders wichtiges Ereignis an: Gleich fünfmal – unter anderem als Eröffnungskonzert des Mosel Musikfestivals und beim Rheingau Musikfestival – wird Brittens „War Requiem“ in diesem Jahr noch aufgeführt, gemeinsam mit dem Chor der Hochschule für Musik Mainz, den Knabenstimmen des Mainzer Domchores, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, sowie den Solisten Susanne Bernhard, Christoph Prégardien und Thomas E. Bauer.. Es ist ein Werk, dem neben dem Text der Totenmesse die ergreifenden pazifistischen Gedichte des im Ersten Weltkrieg gefallenen 25-jährigen Dichters W. Owen beigestellt sind. „Das ‚War Requiem‘ legt den Fokus ganz stark auf den Aspekt der Versöhnung. Das Stück bleibt ständig in einem Zustand innerer Vibration und findet nur an wenigen Stellen erlösende Momente. Wir sind sehr dankbar, dass wir dieses auch von seinen besetzungstechnischen Anforderungen her monumentale Programm gleich fünfmal aufführen können – ist doch die verhandelte Thematik eine eher nachdenkliche, deren Realisation veranstalterischen Mut braucht.“ Die weltpolitischen Ereignisse zeigen, dass unser Zusammenleben nach wie vor der geistigen Botschaft des „War Requiem“ bedarf. „Es ist ein so emotionales und tief berührendes Werk, das zum respektvoll mitfühlenden Umgang miteinander auffordert. Dass wir es in Metz, was ja geschichtlich auch durch deutsch-französische Auseinandersetzungen vorbelastet ist, präsentieren werden, freut mich besonders.“ n

20 Uhr | St. Reinoldi J.s. Bach: h-Moll-Messe Jugendbarockorchester Michaelstein Bachs Erben, Deutscher Jugendkammerchor, Leitung: Robert Göstl saMstag 14.9.2013 20 – 1 Uhr | Jazzclub domicil, Orchesterzentrum NRW, Propsteikirche, St. Marien, St. Reinoldi chor.com-nachtklang – spitzenensembles im Konzert Slixs, Voces8, Steyerischer Landesjugendchor Cantanima, Cantemus Chamber Choir Wales, amarcord, I Vocalisti, Maybebop, Madrigalchor Kiel und viele andere Karten für die Konzerte der chor.com: www.chortickets.de Tel.: +49 (0)30 / 84 71 08 988 service@chortickets.de

HORI ZONTE 4. RUSSISCHES

KAMMERMUSIKFEST HAMBURG 28. AUGUST BIS 25. SEPTEMBER 2013 9 KONZERTE LAEISZHALLE HAMBURG KULTURKIRCHE ALTONA MIRALLES SAAL

IM FOKUS: MIECZYSŁAW WEINBERG (1919-1996) KARTEN UND INFOS: TEL. 040. 390 84 81 www.russisches-kammermusikfest.de gefördert durch:

Kulturpartner:

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Schwereloser Tanz

Rebecca – die Spannung steigt vor dem großen Auftritt

Ballett extrem Bess Kargmans preisgekrönter Dokumentarfilm „First Position“ kommt im Juli ins Kino. Eine faszinierende, berührende, erschütternde und erheiternde Geschichte über das Tanzen. Von Rainer Aschemeier

„Ich drehte den Film, den ich schon immer sehen wollte, denn ich nert sich die Regisseurin, „aber ich habe mich dazu gezwungen, war es leid, darauf zu warten, dass es jemand anderes macht.“ So sie zu überhören.“ Was treibt eine etablierte Journalistin, die für die Washington lautete die selbstbewusste Grundidee, die am Beginn der Dreh­ arbeiten des Films „First Position“ von Bess Kargman stand. Post und das National Public Radio arbeitet, dazu, ihre Karriere Gegen alle Widerstände realisierte die amerikanische Journalistin ein Jahr lang „auf Eis“ zu legen, um Fundraising für eine Film­ eine Dokumentation, in der es um zwei Dinge geht: ums Tanzen dokumentation zu betreiben, von der ihr eigentlich jeder, den sie fragt, erst einmal abrät? und um kompromisslose Ehrlichkeit! Die Antwort auf diese Frage lautet: ein elfjähriges Mädchen! Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Dokumentati­ Bess Kargman erzählt: „Eines Tages ging ich in Manhattan onsfilmen schafft es, ins Kino vorzudringen. Die meisten bleiben reine Archivprodukte, kommen oft noch nicht einmal ins Fern­ an einer Gruppe Ballett-Tänzer vorbei, die gerade darauf warte­ ten, in die letzte Runde des ‚Youth Ame­ sehen. Man kann sich also vorstellen, wie rica Grand Prix‘-Wettbewerbs zu kom­ viele „gute Ratschläge“ Bess Kargman erteilt First Position men. Die Veranstaltung war ausverkauft, wurden, als sie – die niemals in ihrer bisheri­ – Ballett ist ihr Leben also schlich ich mich hinein und saß in gen Karriere auch nur ansatzweise etwas mit Ein Film von Bess Kargman den hinteren Reihen. Ein elf Jahre altes dem Medium Film zu tun gehabt hatte – ihre Kinostart: 4. Juli 2013 Mädchen kam auf die Bühne, deren Vision vorstellte, den in ihren Augen ultimati­ www.first-position-film.de zweiminütige Aufführung von solch ven Tanzfilm zu realisieren. „Diese Ratschläge www.facebook.com/FirstPositionFilm einer Kunstfertigkeit, Grazie und Stärke habe ich über die Zeit nicht vergessen“, erin­ 74

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Aufwärmen an der Stange

strotzte, dass ich aufstand, aus dem Theater ging und wusste: Das ist MEIN Film.“ Kargman recherchierte weiter und erfuhr, dass der „Youth America Grand Prix“ einer der renommiertesten Tanzwettbe­ werbe der Welt ist. Jedes Jahr bewerben sich 5000 Tanzbegeisterte für einen Auftritt im Rahmen des Grand Prix. Wer diese Chance erhält, hat exakt 300 Sekunden Zeit, um die Jury mit seiner Tanz­ performance für sich einzunehmen. Gelingt das, winkt die Chance auf eine Anstellung an den besten Dance Companies weltweit. Es eröffnet sich eine Karriere, von der viele träumen – und die für nicht wenige schließlich zum Alptraum mutiert. Was geht in diesen Tänzerinnen und Tänzern vor, die für den Wettbewerb trainieren? Wer und was brachte sie dorthin? Was passiert mit den Wettbewerbsgewinnern und was mit denen, die scheitern? Bess Kargman hat ihren Film, der diese Fragen aufgreift, „First Position“ getauft – nach der Tanzposition, die am Anfang jeglicher Tanzambitionen steht, nach der tänzerischen Grundver­ bindlichkeit, die nicht selten schon dreijährige Mini-Ballerinen lernen. Die Beine junger Tänzerinnen, die in der „ersten Position“ jene elegante Raute ergeben, die auf Tausenden von Büchern und CDs zum Thema Ballettmusik zu sehen ist, scheint als Bild kli­ scheehaft zu sein. Doch Bess Kargman hat sich vorgenommen, eben einmal keine Stereotypen zu bedienen, „denn nicht alle dünnen Balleri­ nen sind magersüchtig, nicht alle männlichen Ballett-Tänzer sind

Joan Sebastian – kein Blick für die Skyline

Tänzerin Miko – bereit für die Bühne

Fotos: 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH

Perfektion bis in die Spitzen über den Dächern der Stadt

schwul und nicht alle Bühnenmütter sind wahnsinnig“, wie die Filmemacherin erläutert. „Kompromisslos ehrlich“ sollte ihr Film werden. Er zeigt auch, wie die Tänzerinnen und Tänzer ihren Körper ruinieren. Wie erschreckend hoch ihre Schmerzschwelle liegt und mit welcher Selbstaufgabe sie sich das Leiden für die Kunst antrai­ niert haben. „First Position“ ist ein Film, der Fragen aufwirft. Zum Bei­ spiel die Frage, wie es so weit kommen konnte, dass eine Gesell­ schaft den Kunstgenuss, das ästhetische Vergnügen so hoch stellt, dass sie dafür gerissene Sehnen und gebrochene Knochen in Kauf nimmt. Doch es steht auch die Frage im Raum, ob es nicht gerade die Leidenschaften sind, die Passionen mit Falltiefe, die unser Leben erst lebenswert machen. Bess Kargmans Film hat demzufolge kein „Ende“. Wir wis­ sen, das Leben der gezeigten Personen geht weiter. Es ist ein reales Leben. Daher ist es so faszinierend, berührend, erschütternd und erheiternd. Letztendlich fällt es Kargman vielleicht auch deswegen so erstaunlich leicht, ihr Publikum eindrucksvoll am Schicksal ihrer Film-Charaktere teilhaben zu lassen, weil sie und ihr Film ja in einer ganz ähnlichen Situation sind: Unter Tausenden von Doku­ mentationen hat es „First Position“ ins Kino geschafft. Dieser Film ist für seine Regisseurin nun die große Chance. Wir sehen: Die Regisseurin und ihr „Filmstoff “ haben einiges gemeinsam. n 75


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Juni – August Diese Termine sollten Sie nicht versäumen 5. bis 21. Juli, Nibelungen-Festspiele Worms

Nibelungen-Neuauflage

Premieren 1.6.

Braunschweig/Theater

1.6.

Bremerhaven/Stadttheater

1.6.

Chemnitz/Theater

1.6.

Gera/Theater Schwarzer

Il Trovatore/G. Verdi

28.6. Sondershausen/Schlosshof Der fliegende Holländer/Wagner 29.6. Augsburg/Freilichtbühne

Salome/R. Strauss

Love and other Demons/P. Eötvös

Hair/G. MacDermot (Musical)

Parsifal/R. Wagner

Schwan/Tschaikowsky (Ballett, UA) Koblenz/Theater Der fliegende Holländer/R. Wagner (konzertant) München/Prinzregententheater Der Präsident/F. Cerha (UA) 2.6. Heidelberg/Theater

München/Nationaltheater

6.6.

Berlin/Neuköllner Oper

Foto: Rudolf Uhrig

Zwickau/Konzert- und Ballhaus Neue Welt: Sinfonie g-Moll

7.6.

(1832) 3. Satz/R. Schumann (UA)

Cosma Shiva Hagen, Dieter Wedel, Susanne Uhlen und Markus Majowski

Essen/Aalto Theater

Die Räuber/G. Verdi 8.6. 8.6.

Hof/Theater

8.6.

Nürnberg/Staatstheater

Meistersinger von Nürnberg/Wagner

Der Liebestrank/G. Donizetti Platée/J.-P. Rameau

Sankt Ingbert/Industriekathedrale Alte Schmelz The Turn

8.6.

of the Screw/B. Britten

9.6.

Aachen/Theater

Der Barbier von Sevilla/G. Rossini 9.6. Halle/Oper Almira, Königin von Kastilien/G. F. Händel 9.6.

Mainz/Staatstheater

9.6.

Köln/Palladium Die Entfüh-

Macbeth/G. Verdi

rung aus dem Serail/W. A. Mozart 11.6.

München/Gasteig

Eine Operncollage: Orpheus - Variationen über Liebe und Tod 13.6. 13.6.

Wien/Staatsoper (A)

Tristan und Isolde/R. Wagner

Dessau/Anhaltisches Theater Amadeus/Mozart (Ballett, UA) 14.6. Kaiserslautern/Pfalztheater Tod in Venedig/B. Britten 14.6. Leipzig/Oper Das Nibelun14.6.

genlied/M. Schröder (Ballett)

14.6.

Schwerin/Open Air

15.6.

Bielefeld/Stadttheater

Die Fledermaus/J. Strauß

Orlando/Vito Žuraj, Martin Grütter 76

Ein internationaler Starregisseur, eine Riege hochkarätiger Schauspieler, Feuer- und Magie-Effekte, fantastische Kostüme und spektakuläre Bühnenbilder! Die Rede ist nicht vom aktuellsten Hollywood-Blockbuster, sondern von den Zutaten der Nibelungen Festspiele Worms. Seit vier Jahren wird bei den Nibelungen Festspielen erstmals wieder der Originalstoff gezeigt und die Nibelungen werden am Originalschauplatz der großen deutschen Heldensage wieder lebendig. Festspiel-Intendant Dieter Wedel bringt ein Fantasy-Märchen mit vielen Stars auf die große Bühne vor dem Wormser Kaiserdom. „Hebbels Nibelungen – born to die“ ist eine Geschichte voll bizarrer Komik, düsterer Poesie, voll imposanter Kämpfe und unstillbarer

Leidenschaft. Wedel setzt auf prominente Namen: Als Siegfried wird Vinzenz Kiefer zu erleben sein, Kriemhild wird von Cosma Shiva Hagen gespielt, und die Schauspielerin Susanne Uhlen gibt die Königin Ute. Der aus Comedy-Sendungen bekannte Markus Majowski und der frühere „Tatort“-Kommissar Bernd Michael Lade gehören mit zum Ensemble. Wedel inszeniert das erste Mal den Klassiker von Friedrich Hebbel und meint in einem Interview dazu: „Diesmal versuchen wir, uns nur weit genug in die Zukunft vorzutasten, um vielleicht in der Vergangenheit anzukommen, übrigens ein Satz des Physikers Kurt Gödel“. „Hebbels Nibelungen – born to die“, Worms 5.7. (Premiere) bis 21.7. www.nibelungenfestspiele.de

Ulm/Theater

Der Ring an einem Abend/Loriot

Stuttgart/Staatstheater

2.7.

Zwickau/Stadthalle

4.7.

Gera/Johanniskirche

Dessau/Anhaltisches Theater Der Liebestrank/G. Donizetti 5.7. Meiningen/Südthüringisches Staatstheater I Puritani/V. 5.7.

AiRossini/G. Rossini, K. Goyós, D. Dimopoulos & A. Efklidis (UA)

Hagen/Theater Carmen/Bizet Hannover/Opernhaus Die

30.6.

Noahs Flut/B. Britten

Simon Boccanegra/G. Verdi

8.6.

Dresden/Semperoper

Sugar/P. Stone (Musical)

La Cenerentola/G. Rossini

8.6.

30.6.

La Cenerentola/G. Rossini

Un ballo in maschera/G. Verdi 3.6.

Nürnberg/Staatstheater

La Vestale/G. Spontini (konzertant)

1.6.

Luzern/Theater (CH)

29.6.

Exquisite Corpse II/G. Montero (Ballett, UA)

1.6.

2.6.

München/Nationaltheater

27.6.

Bellini

Worms/Kaiserdom openair Die Nibelungen/F. Hebbel 6.7. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Peter Grimes/B. 5.7.

Britten

Grein/Stadttheater (A) Minna von Barnhelm/Lessing (Schauspiel) 6.7.

St. Ingbert/Industriekathedrale Alte Schmelz Christus am

7.7.

Ölberg als getanztes Oratorium/ Beethoven (Weltpremiere) Der Bettelstudent/C. Millöcker

12.7. Marmorera/am Staudamm (CH) Noah/Lorenz Stangel 12.7. Mannheim/Nationaltheater The turn of the screw/B. Britten 16.7. Bonn/Opernhaus Ein Deut-

sches Requiem/J. Brahms (Ballett)

18.7.

Andechs/Florianstadl

23.7.

München/Nationaltheater

25.7.

Wunsiedel/Luisenburg

28.7.

Erl/Festspielhaus (A)

Carmina Burana/C. Orff

Written on Skin/G. Benjamin (Dt. EA) Jean Paul - Jetzt/W. Fritsch (UA) Klangwege/G. Wimberger (UA) 5.8.

und Michael Langemann (UA)

21.6.

Hamburg/Opera Stabile

21.6.

Landshut/Stadttheater

Eine florentinische Tragödie & Der Zwerg/A. Zemlinsky

21.6.

St.Gallen/Klosterhof (CH)

15.6.

Passau/Stadttheater

21.6.

Neustrelitz/Schlossgarten

16.6.

Frankfurt/Oper

21.6.

Andechs/Florianstadl

19.6.

Berlin/Philharmonie

22.6.

Samstag aus Licht/Karlheinz Stockhausen (deutsche EA))

Puccini

St. Gallen/Kathedrale (CH) Impronte/H. Lieb (Ballett)

15.6.

Dresden/Semperoper

Seven Angels/L. Bedford (Dt. EA)

Düsseldorf/Opernhaus

Rigoletto/G. Verdi

Der fliegende Holländer/R. Wagner 15.6.

Rigoletto/G. Verdi

Die sizilianische Vesper/G. Verdi Attila/G. Verdi (konzertant)

Attila/G. Verdi

Gräfin Mariza/E. Kálmán

Die Bernauerin/C. Orff (WA)

Weimar/Deutsches Nationaltheater Madama Butterfly/G.

Würzburg/Mainfrankentheater Don Giovanni/W. A. Mozart 23.6. Dresden/Semperoper 22.6.

Les Ballets Russes – Reloaded

Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Wozzeck/A. Berg 25.6. Straubing/Theater am Hagen Rigoletto/G. Verdi 26.6. -1.7. München/versch. Orte 25.6.

26.6.

Mörbisch/Seebühne

11.7.

Bad Hersfeld/Stiftsruine

Carmen/G. Bizet

17.8. Berlin/Waldbühne Die Csárdásfürstin/E. Kálmán (Operette) 18.8.

Kiel/Rathausplatz

22.8.

Berlin/Deutsche Oper

29.8.

Luzern/Theater (CH)

Tosca/G. Puccini

Himmelsmechanik - Eine Entortung/ M. Kagel, C. Steinhäuser

Pnima ... Ins Innere/C. Czernowin Bad Lauchstädt/Goethetheater: Festspiel der Deutschen

6.9.

Sprache (UA)

www.crescendo.de

Juni – Augus t 2013


Konzerte

Zwei MozartFeste Ob Wolfgang Amadeus Mozart damals auch Spargel verkostete, ist nicht überliefert. Fakt aber ist, dass sich die Wunderkind­reise des Jahres 1763, in deren Verlauf er auch in der Spargelstadt Schwetzingen Halt machte, zum 250. Mal jährt. Aus diesem Grund hat das 38. Schwetzinger Mozartfest auch einen ganz besonderen Stellenwert. Und Mozart wird deshalb nicht nur mit dem traditionellen Fest im September geehrt, sondern auch schon im Juli. Das Programm reicht von Konzerten mit Stipendiaten der Jürgen-Ponto-Stiftung, des Armida Quartetts mit dem Klarinettisten Nikolaus Friedrich bis hin zu einem wissenschaftlichen Vortrag „Mythos Mozart“ von Prof. Dr. phil. Silke Leopold. Schwetzinger Mozartfest, 18. bis 20.7. und 27.9. bis 13.10. www.mozartgesellschaft-schwetzingen.de

BilderBuch-kulisse Im Sommer präsentieren die Schlossfestspiele Schwerin openair mit Johann Strauß´ „Die Fledermaus“ ein Meisterwerk der Wiener Operette. Immer im Blick: das Schweriner Schloss als perfekte Kulisse. Die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin, die ihr 450-jähriges Bestehen feiert, gibt den Ton an. Johann Strauß‘ “Fledermaus“ ist nach wie vor auf irritierende Weise aktuell: Seine Kritik an der vergnügungssüchtigen, Selbstvergessenheit ersehnenden Gesellschaft seiner Zeit gelingt auf sehr stilvolle und charmante Weise. Schlossfestspiele Schwerin, 14.6. bis 21.7. www.schlossfestspiele.theater-schwerin.de

Neubrandenburg/Konzertkirche Neubrandenburger

1.6.

Philharmonie & Gäste, Ltg: Stefan Malzew: Die Russische Seele Dresden/Frauenkirche

1.6.

City of Birmingham Symphony Orchestra and Chorus, Mädchenchor Hannover, Ltg: Andris Nelsons; Kristine Opolais; Mark Padmore; Hanno Müller-Brachmann: B. Britten 2.6.

Essen/Philharmonie

Mahler Chamber Orchestra, Ltg: Daniel Harding; Rafal Blechacz: H. W. Henze & R. Schumann 3.6. Luxembourg/Philharmonie (L) Julia Fischer Quartett: Haydn,

Mendelssohn Bartholdy & Schubert 3.6. Schweinfurt/Theater Bamberger Symphoniker, Ltg & Klavier: Rudolf Buchbinder: Mozart, Beethoven 4.6.

Bonn/Beethovenhaus

Kit Armstrong: Bach, Beethoven, Schönberg & Schubert 6.6.

Berlin/Konzerthaus

6.6.

Hamburg/Laeiszhalle

Konzerthausorchester Berlin, Ltg: Anu Tali; Viviane Hagner: E.-S. Tüür, M. Bruch & J. Sibelius NDR Sinfonieorchester & NDR Chor, Ltg: Thomas Hengelbrock; Mojca

Erdmann: J. Brahms & J. Strauß 6.6.

Weimar/Weimarhalle

6.6.

Wien/Musikverein (A)

Staatskapelle Weimar, Ltg: Marek Janowski: R. Schumann Webern Symphonie Orchester, Ltg: Semyon Bychkov: Debussy & Strauss München/AllerheiligenHofkirche Anna Gurari: Bach & Chopin 7.6. Darmstadt/Jazzinstitut

Emmanuel Pahud: L. Boccherini/L. Berio, C. Nielsen & O. Respighi 9.6. Leipzig/Gewandhaus Christian Funke & Michael Schönheit: Beethoven, Schubert & Brahms 9.6. Zittau/Theater Neue Elbland Philharmonie: Italien Frankfurt/Alte Oper

7.6.

9.6.

David Margaryan solo (Jazz)

9.6. München/Prinzregetentheater Julia Fischer: J. S. Bach, E.

8.6.

Altenburg/Residenzschloss

M. Goerne, Chr. Eschenbach: Schubert Ysaÿe & P. Hindemith

Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg: Jens Troester; Günter Gäbler; Maximilian Junghanns: Ein Tag in Venedig

11.6.

Dortmund/Konzerthaus

8.6.

Dresden/Frauenkirche

11.6.

Hamburg/Laeiszhalle

8.6.

Bad Reichenhall/Theater

11.6.

Salzburg/Mozarteum (A)

9.6. Baden-Baden/Festspielhaus Patricia Kopatchinskaja, Sol

12.6.

Jena/Volkshaus

Dresdner Philharmonie, Ltg: Ingo Metzmacher: A. Bruckner Bad Reichenhaller Philharmonie, Ltg: Christoph Adt; Martina & Kristina Bauer: Redmann, Poulenc, Beethoven Gabetta, Mihaela Ursuleasa: F. Schubert & D. Schostakowitsch 9.6. Frankfurt/Alte Oper Kinderkonzert: Ritter, Reigen, Kettenrasseln 9.6. Köln/Philharmonie Gürzenich-Orchester Köln, Ltg: Carlo Rizzi;

Dortmunder Philharmoniker, Ltg: Kynan Johns; Vestard Shimkus: Sibelius, Rachmaninow, Rimsky-Korsakow Ensemble Resonanz & Isabelle Faust: Action Passion Illusion Cameron Carpenter: Bach, Carpenter, Mozart, Ives & Wagner 11.6. Wasserburg/St. Jakob Salzburger Orgelmusik zur Zeit Mozarts Jenaer Philharmonie, Ltg: Arie van Beek; Johannes Moser: K. Saariaho, D. Schostakowitsch & I. Strawinsky 12.6. Meiningen/Südthüringisches Staatstheater Meininger

Hofkapelle, Ltg: GMD Philippe Bach;

22. Juni, München, verschiedene Orte

Eine Nacht voll Musik

Fotos: Mozartgesellschaft Schwetzingen; Silke Winkler; Marc Kronig

Werke von Rutter, Cornelius, Gottwald, Whitacre, Mendelssohn Bartholdy, Orbán und anderen stehen auf dem Programm, wenn der Maulbronner Kammerchor im Rahmen der Klosterkonzerte im UNESCO WELTERBE sein 30. Jubiläum feiert. Zu diesem Fest hat der Kammerchor sich den zurzeit besten deutschen Jugendchor eingeladen: die Christophorus-Kantorei Altensteig. Beide Chöre verbinden erstaunliche Parallelen: Sie gewannen beide den Deutschen Chorwettbewerb und wurden beim Internationalen Kammerchorwettbewerb in Marktoberdorf 2009 mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Am 13. Juli präsentieren die Chöre zwei volle Konzertprogramme, die eine kleine Würdigung des Jubiläums umrahmen. Klosterkonzerte Maulbronn, 9.6. bis 22.9. www.klosterkonzerte.de

EIN Spätsommernachtstraum Ein exquisites Musikfestival abseits des Festspielbetriebs zu gründen, war ein lange gehegter Traum des in Berlin ansässigen Scharoun Ensembles. Darüber hinaus begabten Musikstudenten aus aller Welt im Rahmen von Kursen und gemeinsamen Konzerten die Gelegenheit zu bieten, mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker zusammenzuarbeiten und von ihnen zu lernen, war eine Vision. In Zermatt sind beide Vorhaben Wirklichkeit geworden. Herzstück der zwei Festwochen des Zermatt Festivals ist die vom Ensemble geleitete Zermatt Festival Academy. Öffentliche Proben und Konzerte lassen Zuhörer aus nächster Nähe miterleben, wie sich erstklassige Solisten und hochtalentierte Studenten ans Werk machen. Das Violinkonzert von Beethoven, die Schottische Symphonie von

UniCredit Festspiel-Nacht in den Fünf Höfen Es ist eine dieser lauen Sommernächte. Die meisten Besucher haben nur einen leichten Pullover um die Schultern gehängt, ein kühles Getränk in der Hand. Sie sind gekommen, um klassische Musik zu hören, aber auch Jazz und Weltmusik. Kleine Ensembles und große Künstler spielen in der Dämmerung. Bereits zum zwölften Mal macht in diesem Jahr die HypoVereinsbank allen Münchner Kulturinteressierten ein ganz besonderes Geschenk: Eine Nacht lang finden Konzerte, Tanz, Oper, Lied und Literatur, an zwölf teils ungewöhnlichen Spielstätten statt – und das bei freiem­ Eintritt. Bei der mittlerweile schon Tradition gewordenen UniCredit Festspiel-Nacht zum Auftakt der Münchner

Foto: Wilfried Hoesl

Chor-jubiläum

Opernfestspiele präsentieren prominente Künstler Highlights aus Klassik, Pop und Literatur. Internatio­ nale Stars der Bayerischen Staatsoper sowie Staatsopernintendant Nikolaus Bachler werden in diesem Jahr auftreten. Jährlich dabei sind auch die Gewinner des „Jugend kulturell Förderpreises“ der HypoVereinsbank. Der Theater­ autor Albert Ostermaier liest aus seinen Werken. Wer nach einer Nacht voll Musik noch nicht genug hat, der kann seine Eindrücke dann bis in die Morgenstunden beim sogenannten „After Show Clubbing“ ausklingen lassen. UniCredit Festspiel-Nacht, 22.6., ab 20 Uhr, München, HVB Forum und FÜNF HÖFE www.unicredit-festspiel-nacht.de

77


e r l e b e n

nicht nur Mozartluft

12.6.

München/Künstlerhaus

20.6.

Innsbruck/Congress (A)

13.6.

Kaiserslautern/Fruchthalle

21.6.

Dresden/Semperoper

13.6.

Linz/Brucknerhaus (A)

Julla von Landsberg; Michael Günther: galla wegen dem antoni fest – Tänze und Musik um 1760 Deutsche Radio Philharmonie, Ltg: Leo Hussain; Guilhaume Santana: A. Jolivet, C. M. von Weber & M. Ravel Bruckner Orchester Linz, St. Florianer Sängerknaben, Ltg: Dennis Russell Davies: J. Haydn/A. Doráth, F. Mendelssohn Bartholdy, G. F. Haas & M. Mussorgski

Zum zweiten Mal gastiert das von Sebastian Knauer initiierte Festival Mozart@ Augsburg im Südwesten Bayerns. Für zehn Konzerte haben sich internationale Stars angesagt, die jedem Musikfreund die Auswahl schwer machen werden und bei so manchem den Wunsch wecken dürften, am liebsten alle zu erleben. Wir sprachen mit dem künstlerischen Leiter und Pianisten Sebastian Knauer über sein ambitioniertes Programm für diesen Sommer. crescendo: Herr Knauer, ein weiteres Mozartfestival in Augsburg – warum? Knauer: Weil Augsburg eine Mozartstadt ist. Allerdings sehe ich das Festival nicht als reines Mozartfestival, sondern als Klassikfestival. Außerdem sehe ich mozart@augsburg nicht als Konkurrenzveranstaltung zum Mozartfest. Mein Ziel ist es auch, Augsburg im internationalen Konzertleben nach vorne zu bringen, denn Augsburg ist eine wunderbare Stadt. Und ich will ein anspruchsvolles Publikum mit Niveau bedienen. Mendelssohn, die Streichquintette von Dvorák und Schubert oder das Cellokonzert von Haydn sind nur einige der Sternstunden dieses Spätsommernachtstraums. Zermatt Festival, 30.8. bis 15.9. www.zermattfestival.com

Liebes­leuchten Unter dem Motto „Gefährliche Liebschaften“ stehen in diesem Jahr die Steirischen Festspiele, die Styriarte. Diese Liebschaften erforschen die Veranstalter etwa anhand von Offenbachs „Ritter Blaubart“ unter Nikolaus Harnoncourt. Am 7. Juli erklingt das Hohelied einer Leidenschaft, die alle Grenzen sprengt: Wagners Konzertfassung von „Tristan und Isolde“. Michael Hofstetter dirigiert hier

78

Foto: Steven Haberland

13.6.

Sebastian Knauer

Wen darf das Publikum erwarten? Es kommen Künstler, die ich selber sehr schätze. Wie bieten unterschiedliche Besetzungen und eine große Vielfalt in einem exklusiven Rahmen. András Schiff etwa spielt in einem kleinen Saal vor 300 Zuhörern. In diesem intimen Umfeld ist man nah dran – nicht weit weg vom „Superstar“. Die Künstler zu überzeugen fiel mir nicht schwer. Ich habe die angerufen und gesagt: „Du atmest Mozartluft.“ Nennen Sie mir doch einmal zwei Gründe, warum ich zwischen dem 31. August und dem 14. September nach Augsburg kommen sollte. Erstens: Sie erleben sensationelle Konzerte in einem wunderschönen Rahmen, an tollen Konzertorten. Zweitens: Sie erleben diese an einem historisch bedeutenden Ort. Denn Augsburg ist nicht nur Mozartstadt, sondern Fuggerstadt, Brechtstadt und eine der ältesten Städte Deutschlands. Das sind Gründe, gleich mehrmals nach Augsburg zu kommen. mozart@augsburg, 31.8. bis 14.9. www.mozartaugsburg.com das Orchester „recreation“, ein 2002 gegründetes Ensemble von Musikern, die zuvor in den Reihen des Grazer Symphonischen Orchesters ihre künstlerischen Lorbeeren gesammelt hatten. Hofstetter lässt das Liebesleuchten im Orchester in hundert Farben schillern. Drei Solisten mit lyrischen Stimmen sind die Protagonisten und Schuberts „Unvollendete“ dient als träumerischer Prolog. Styriarte, Graz, 21.6. bis 21.7., www.styriarte.com

StrauSS – ein komischer Vogel Ja, er konnte auch ein „komischer Vogel“ sein, der Strauss Richard! Und darum

GMD Antony Hermus; Martina Filjak: Auf in die Sonne 2

München/Hubertussaal

Opernstudio der Bayerischen Staatsoper, Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters, Junge Münchner Philharmonie: Prima la musica, poi le parole 13.6. Fürth/Stadttheater Daniel Hope & Sebastian Knauer: Brahms, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Joachim & Grieg

Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, Ltg: Christoph Altstaedt; Gidon Kremer: Schostakowitsch & Brahms Staatskapelle Dresden, Ltg: Herbert Blomstedt: R. Wagner, I. Lidholm & L. van Beethoven 21.6. Düsseldorf/Tonhalle Düsseldorfer Symphoniker, Ltg: GMD Andrey Boreyko; Colin Currie: R. Wagner & C. Rouse München/Schloss Nymphenburg Mozart-Nacht: Eine mu-

21.6.

sikalische Reise mit dem Ensemble 1756, Ltg: Konstantin Hiller 22.6.

Berlin/Waldbühne

Berliner Philharmoniker, Rundfunkchor Berlin, Ltg: Sir Simon Rattle; Christian Tetzlaff; Camilla Tilling; Nathalie Stutzmann; Joseph Kaiser; Dimitry Ivashchenko: F. Mendelssohn Bartholdy & L. van Beethoven

14.6.

Altenburg/Landestheater

Saarbrücken/Congresshalle Orchestre National de Belgique,

14.6.

Berlin/Philharmonie

22.6.

Dresden/Frauenkirche

23.6.

Bonn/Beethovenhalle

Duisburg/Mercatorhalle

14.6.

23.6.

Hildesheim/Theater

23.6.

Frankfurt/Alte Oper

Philharmonisches Orchester AltenburgGera, Der Film Richard Wagner Berliner Philharmoniker, Rundfunkchor Berlin & Staats- und Domchor Berlin, Ltg: Sir Simon Rattle; Emily Megee; John Mark Ainsley; Matthias Goerne: B. Britten Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Stefan Blunier; Lise de la Salle: W. A. Mozart & A. Bruckner Frankfurt (Oder)/Konzerthalle Brandenburgisches 14.6.

Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Howard Griffiths; Matthias Buchheim; Regina Yantian: M. Wettstein, M. Kagel & C. Saint-Saëns

14.6. Luxembourg/Philharmonie (L) Orchestre Philharmonique

du Luxembourg, Ltg: Thomas Sǿndergard; Igor Levit: Brahms, Strauss 15.6. Potsdam/Nikolaisaal Kammerakademie Potsdam, Ltg: Nathalie Stutzmann; Carolin Widmann: Mendelssohn Bartholdy & Mozart 16.6.

Aachen/Eurogress

Sinfonieorchester Aachen, Kammerchor Aachen, Madrigalchor Aachen, Junger Chor Aachen, Carmina Mundi, Ltg: Kazem Abdullah: C. Debussy, A. Schönberg & R. Wagner 16.6. Leverkusen/Bayer Kulturhaus Peters Bryllup/J. A. P. Schulz 16.6. Bayreuth/Festplatz

Andrea Bocelli

Annaberg-Buchholz/Eduard-von-Winterstein-Theater

18.6.

Erzgebirgische Philharmonie, Ltg: Prof. Ekkehard Klemm: J. Brahms, C. Schumann & R. Schumann

Bad Kissingen/Luitpoldpark Benefizkonzert der Big Band

18.6.

der Bundeswehr (Jazz) 19.6.

Heidelberg/Stadthalle

Philharmonisches Orchester Heidelberg, Ltg: Yordan Kamdzhalov; Stella Doufexis: R. Wagner & A. Bruckner 19.6. Köln/Loft Laia Genc, Jens Düppe: Kopfhörerkonzert Dessau/Anhaltisches Theater Anhaltische Philharmonie, Ltg:

20.6.

22.6.

Ltg: Andrey Boreyko; Nikolai Lugansky: Rachmaninow & Beethoven

Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Chor der Frauenkirche, Ltg: Matthias Grünert; Jana Büchner: G. Verdi & C. Franck WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg: Kazuki Yamada; Elisabeth Leonskaja: E. Grieg & P. I. Tschaikowsky Zwischen Nähe und Distanz zum Meister: K. Goldmark & A. Bruckner Frankfurter Opern- und Museumsorchester, Ltg: Sebastian Weigle; Frank Peter Zimmermann: L. van Beethoven & D. Schostakowitsch 24.6. Berlin/Konzerthaus Fauré Quartett & Arno Lücker: B. Martinú Mannheim/Congress Center Rosengarten Musikali-

24.6.

sche Akademie des NationaltheaterOrchesters Mannheim, Ltg: Dan Ettinger; Dorothea Röschmann: Berlioz 25.6. Augsburg/Hotel Drei Mohren Weimarer Bläserquintett,

Florian Kreis: Mit den Mozartes zu Gast bei einer Serenade 27.6. Trier/Theater Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Ltg: GMD Victor Puhl; R. Wagner 28.6. Baden-Baden/Festspielhaus Hélène Grimaud: Klavierabend 28.6. Bielefeld/Rudolf-OetkerHalle Bielefelder Philharmoniker,

Oratorienchor der Stadt Bielefeld, Bielefelder Opernchor, Extrachor des Theaters Bielefeld, Ltg: Alexander Kalajdzic; Cornelie Isenbürger; Melanie Forgeron; Michael Pflumm; Daniel Billings: Ligeti, Bach & Fauré 28.6. Germering/Stadthalle Trio Armstrong-Bielow-Brendel: L. van Beethoven, F. Liszt & K. Armstrong 29.6. Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Deutsche Staatsphilhar-

monie Rheinland-Pfalz & Bachchor Mainz, Ltg: Karl-Heinz Steffens; Sophie Klussmann; Julia Faylenbogen; Christian Elsner; Michael Dries: L.

www.crescendo.de

Juni – Augus t 2013

Fotos: Werner Kmetitsch; Musikforum Viktring; Gert Mothes

Carolina Krogius: E. Elgar, B. Britten, E. Gregson & A. Dvorák

31. August bis 14. September, Augsburg, verschiedene Orte


bis 19. Juli, Ruhrgebiet

Respighi & Schumann

Unterschleißheim/Hotel Dolce Munich Anna Maria Kauf-

4.7.

29.6.

Pianistengipfel

mann: The Sound of Musical & Classic Bonn/Beethovenhalle Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Stefan Blunier; Alice Sara Ott: Sibelius, Grieg 30.6.

Foto: KFR / Mark Wohlrab

AndraŞ Schiff

van Beethoven

Das Klavierfestival Ruhr, der Pianistengipfel schlechthin, feiert sein 25-jähriges Bestehen und hat wieder hochkarätige Musiker im Programm, das 65 Konzerte in 21 Städten umfasst. Mit von der Partie sind unter anderem Sebastian Knauer (11.6.), Hélène Grimaud (20.6.) und Martha Argerich (16.7.). Das Festival feiert augenzwinkernd die 200. Geburtstage von Giuseppe Verdi und Richard Wagner: Beide Komponisten haben so gut wie nichts für das Klavier komponiert, doch das Festival spürt einfallsreich dem großen Einfluss beider Opernkomponisten auf die Welt der Klaviertranskriptionen und -paraphrasen im 19. und 20. Jahrhundert nach. Klavier-Festival Ruhr, bis 19.7., www.klavierfestival.de

30.6.

Weimar/Weimarhalle

30.6.

Zürich/Tonhalle (CH)

30.6.

Augsburg/Goldener Saal

Staatskapelle Weimar, Ltg: Sebastian Weigle; Marc Trenel: H. Rott, A. Jolivet & A. Bruckner András Schiff: W. A. Mozart, F. Mendelssohn Bartholdy, J. Haydn, R. Schumann & L. van Beethoven Leopold Mozart Kammerorchester, Ltg: Heinz Schwamm; Katharina Schwamm; Sophia Schwamm: Die Mozarts in Augsburg – 1763 1.7.

Dresden/Semperoper

7.7.

Staatskapelle Dresden, Ltg: Andris Nelsons: Haydn & Schostakowitsch 10.7. Gera/Konzertsaal Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg: N. N.; Lars Karlin: Odyssee Ludwigsburg/Residenzschloss Madeleine Przybyl & Kers-

tin Mörk: Mozart auf Europareise

München/Brunnenhof der Residenz Bad Reichenhaller Phil12.7.

Darmstadt/Staatstheater

München/Philharmonie

Mittelsächsische Philharmonie, Ltg: Jan Michael Horstmann 6.7. Leipzig/Arena mdr Sinfonieorchester, Ltg: Kristjan Järvi: Wagner Reloaded 7.7. Aachen/Eurogress Sinfonieorchester Aachen, Klavier & Ltg: Lars Vogt: Haydn, Mozart, Beethoven

11.7.

Staatsorchester Darmstadt, Ltg: Martin Lukas Meister: A. Hovhaness & A. Bruckner 1.7. Kassel/Stadthalle hr-Sinfonieorchester, Ltg: Paavo Järvi: Mahler 2.7.

Freiberg/Nikolaikirche

Münchner Symphoniker, Ltg: Michele Mariotti; Olga Peretyatko: G. Rossini, G. Donizetti & G. Verdi 2.7. Ulm/CCU Das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm, Opernchor des Theaters Ulm, Chor der Musikhochschule Trossingen, Ltg: GMD Timo Handschuh: Brahms,

harmonie, Arcis Vocalisten München, Großer Chor & Kinderchor des Pestalozzi-Gymnasiums München, Ltg: Thomas Gropper: Orff, Mozart, Lorzting & Verdi

13.7.

München/Philharmonie

Münchner Philharmoniker, Ltg: Herbert Blomstedt: Beethoven, Berlioz 13.7.

Karlsruhe/Tollhaus

Wynton Marsalis & Jazz at Lincoln Center Orchestra 14.7. Bruchsal/Schloss Wandelkonzert Bruchsaler Ensembles mit

die Schauplätze der deutschen Erstaufführung von Karlheinz Stockhausens Oper „SAMSTAG aus LICHT“, von der musica viva veranstaltet. Nach dem Kölner „SONNTAG aus LICHT“ 2011, dem „MITTWOCH aus LICHT“ 2012 in Birmingham folgt nun 2013 eine der „LICHT“Opern in München in drei Programmen und sieben Veranstaltungen. Der Erzengel Michael ist die zentrale Gestalt in Stockhausens Opern-Heptalogie. Das Werk ist ganz dem spirituellen Drama von Michaels ärgstem Antagonisten gewidmet: Luzifer. Präsentiert wird die Oper in der vom Komponisten eingerichteten halbszenischen Fassung, mit den wichtigsten Gesten, Aktionen, Kostümen und Requisiten. Rund 30 Jahre arbeitete Karlheinz Stockhausen an dem kompletten und umfassenden musikforumcrescendo_Layout 1 08.05.2013 12:49 Seite„LICHT“-Projekt. 1 Stockhausens Lichtprojekt Die Muffathalle, der Herkules-Saal und die München, Muffathalle, Herkules-Saal, Münchner Renaissancekirche St. Michael sind Kirche St. Michael, 26.6. bis 1.7., www.br.de haben die Veranstalter des Richard-Strauss-Festivals den Schwerpunkt im Humor bei Strauss gesucht – und gefunden. „Lassen Sie sich bezaubern vom feinsinnigen, sensiblen Humor des kraftvollen Bajuwaren“, fordert die künstlerische Leiterin, Brigitte Fassbaender, „dessen Witz und Ironie in vielen seiner Werke aufscheint.“ Zu erleben ist das auch mit der „Aria­­d­ ne auf Naxos“ (14.6.), ein Werk, in dem der Humor keinesfalls zu kurz kommt. Dieses Konzert – ein Gastspiel der Wiener Staatsoper mit Ricarda Merbeth als Primadonna – verspricht, ein Höhepunkt zu werden. Richard-Strauss-Festival, Garmisch-Partenkirchen, 8. bis 14.6. www.richard-strauss-festival.de

Werken von Mozart Ruhla/St.-Concordia-Kirche Thorsten Pech & Weimarer

15.7.

Bach-Trompeten-Ensemble: Licht und Klang über das Tal (UA) 18.7.

Schwetzingen/Schloss

Kurfürstliche Festakademie: Concerto Köln; Ltg: Martin Sandhoff 19.7. Bonn/Beethovenhalle Beethoven Orchester Bonn & WDR Rundfunkchor Köln, Ltg: Stefan Blunier; Hilary Hahn: Vieuxtemps, Ravel 20.7. Losheim/Stausee Open Air Klassik am See 20.7. Mannheim/Nationaltheater Temistocle/J. C. Bach 25.7. Heidelberg/Heiliggeistkirche Barockorchester L’arpa festan-

te, Ltg: Christoph Andreas Schäfer; Hannah Zumsande; Johannes Lang: Mozarts Besuch in Heidelberg 28.7.

München/Theatinerkirche

Georgisches Kammerorchester, Münchener Bach-Chor, Ltg: Hansjörg Albrecht; Franz Hauk; Robert Maximilian Helmschrott; Stefan Blum; Wolf Euba: Helmschrott & Bach 2.8.

Dresden/Frauenkirche

Junges Philharmonisches Orchester Weimar-Jerusalem, Ltg: Michael Sanderling: B. Goldschmidt, P. B. Haim & R. Schumann 2.8. Saarbrücken/E-Werk Symphonieorchester/Chor d. Bayerischen Rundfunks, Ltg. Mariss Jansons: Oratorisches GroSSprojekt

Unter dem Motto „Vita Christi“ werden die theologischen, dramaturgischen und kompositionstechnischen Verbindungslinien der oratorischen Kompositionen Bachs in Beziehung gesetzt: Weihnachts-Oratorium, Johannes-Passion, Oster- und Himmelfahrts-Oratorium fügen sich zu einem Großprojekt zusammen, das in den Jahren 1734/35 zu den herausragenden Ereignissen des Leipziger Musiklebens gehört haben dürfte. Das Eröffnungskonzert des Bachfestes unter dem Titel „Christi Menschwerdung“ gestalten der Thomanerchor und das Gewandhausorchester Leipzig. Die musikalische Leitung hat Thomaskantor Georg Christoph Biller. Bachfest Leipzig, 14. bis 23.6. www.bachfestleipzig.de Anzeigen

Der ganze (!)

NEUE WELTEN II - Europe meets Asia: 5.-28.7.2013

Im ehemaligen Zisterzienserstift Viktring bei Klagenfurt werden MusikerInnen aus Japan, Korea, Vietnam, China, Taiwan, Indien, Iran, Syrien, Libanon, Palästina, Türkei und der russischen Republik Tuva meist in Kombination mit europäischen KünstlerInnen Einblicke in traditionelle und avantgardistische Entwicklungen der vielfältigen Musik und Kultur Asiens geben . - Konzerte, Kurse und Workshops www.musikforum.at • office@musikforum.at • 0043 (0) 463 28 22 41

Guillaume Tell Guglielmo Tell Wi l h e l m Te l l

2 5 . Fe s t i v a l 11.–21. Juli 2013

w w w. ro s s i n i - i n - w i l d b a d . d e

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e r l e b e n

- 2.6.

Bachfest Leipzig Zürcher Festspiele (CH) 14.6. - 21.7. Schlossfestspiele Schwerin 14.6. - 8.9. Schubertiade Schwarzenberg (A) 15.6. Augsburg Lange Kunstnacht 15.6. - 11.8. Opernfestival Gut Immling 15.6. - 14.9. Festspiele MecklenburgVorpommern 17.6. - 10.7. Jazz Fest Wien (A) 19. - 23.6. Raiding (A) Lisztfestival 20.6. - 8.9. Grafenegg Festival (A) 21. - 30.6. Nürnberg ION - Musica Sacra 21.6. - 5.7. St.Galler Festspiele (CH) 21.6. - 14.7. Neustrelitz Festspiele im Schlossgarten 21.6. - 21.7. Graz (A) Styriarte

- 2.6.

21.6. - 11.8. Ostfriesland

Worms/Aula der LucieKölsch Jugendmusikschule Jos-

2.8.

hua Epstein; Jone Kaliunaite; Manuel Fischer-Dieskau; Uwe Brandt: Mozarts Divertimento 3.8.

Amerang/Schloss

Kammerphilharmonie dacapo, Ltg: Franz Schottky; Antonio Amenduni: 12 Streicher unterm Sternenhimmel 13.8. Frankfurt a. Main/Goethe-Haus Pleyel Quartett Köln:

Mozart in Frankfurt 16.8.

Brandenburg/Theater

Brandenburger Operngala

Festivals Arolser Barock-Festspiele Dresdner Musikfestspiele - 8.6. Schwetzinger SWR Festspiele - 8.6. Tiroler Beethoven-Tage (A) - 16.6. Wiener Festwochen (A) - 21.6. bundesweit Musik auf Rädern - Rienzi-Tournee - 29.6. Festival Echternach (LU) - 30.6. Dortmund Klangvokal - 30.6. Mozartfest Würzburg - 14.7. Klavier-Festival Ruhr - 10.8. Ostwestfalen-Lippe Wege durch das Land - 24.8. Burgfestspiele Mayen - 24.8. Wunsiedel Luisenburg-Festspiele - 7.9. Musikfestspiele Saar - 22.9. Ottobeurer Konzerte - 29.9. Ludwigsburger Schlossfestspiele - 5.10. Passionsspiele Erl (A) - 8.10. Schubertiade Hohenems (A) - 27.10. Bad Lauchstädt Theatersommer - 31.12. bundesweit Karl Amadeus Hartmann 2013 - 31.12. Partitouren Niedersachsen 31.5. - 18.6. SOLI DEO GLORIA-Braunschweig Festiva 1. - 9.6. Oldenburger Promenade 1.6. - 22.6. KunstFestSpiele Herrenhausen 1.6. - 27.7. Weilburger Schlosskonzerte 1.6.. - 31.8. Homburg Jazzfrühschoppen 2. - 23.6. Zwickau Schumann-Fest 3. - 9.6. Heimbach Spannungen: Kammermusikfest 4 - 9.6. Kronberg Academy - Geigenmeisterkurse und Konzerte 4.6. - 28.7. Opernfestspiele Heidenheim 6. - 16.6. Halle/S. Händel-Festspiele 7. - 23.6. Musikfestspiele Potsdam Sanssouci 8. - 14.6. Garmisch-Partenkirchen Richard-Strauss-Festival

Kissinger Sommer Carl Orff-Festspiele Andechs 9.6. - 22.9. Klosterkonzerte Maulbronn 9.6. - 14.7.

9.6. - 28.7.

Weißenburg in Bayern Bergwaldtheater 13.6. - 9.8. Wörgl/Tirol (A) Acade12.6. - 28.7.

mia Vocalis - Konzerte 14. - 16.6. Kammermusiktage Mettlach 80

14. - 23.6.

14.6. - 14.7.

26. Juni bis 28. Juli, Ingolstadt, verschiedene Orte

In der Fremde

u. Groningen (NL) Gezeiten-Konzerte 22.6. München UniCredit Festspiel-

Nacht

22.6. - 27.7.

Mittelrhein

RheinVokal - Festival am

Leitheimer Schloßkonzerte Rheinsberg Festival junger Opernsänger 22.6. - 21.8. Bad Hersfeld Festspielkonzerte und Opernfestspiele 26.6. - 21.7. München Tollwood 26.6. - 28.7. Ingolstadt AUDI Sommerkonzerte 27.6. - 31.7. Münchner Opernfestspiele 28. - 30.6. Saarbrücken Chansonfestival Bistrot Musique 28.6. - 7.7. Bozen (I) Südtirol Jazzfest Alto Adige 28.6. - 7.7. Halle/S. Unerhörtes Mitteldeutschland 28.6. - 20.7. Sondershausen Thüringer Schlossfestspiele 28.6. - 27.7. Festival De Wiltz (LU) 28.6. - 28.7. Passau Festspiele Europäische Wochen 29.6. - 7.7. Konzerttage Stift Zwettl (A) 22.6. - 28.7.

Audi Jugendchorakademie

22.6. - 10.8.

Augsburg Feilichtbühne am Roten Tor Hair

29.6. - 27.7.

29.6. - 31.8. 1.7. - 9.8.

Rheingau Musik Festival

Die Audi Sommerkonzerte ermöglichen ihren Besuchern in diesem Jahr eine musikalische Abenteuerreise in fremde Länder – die Bandbreite ist groß: von Vokal- und Kammermusik bis hin zu sinfonischen Werken. Das Motto „In der Fremde“ ist die inhaltliche Klammer des Programms. Viele Komponisten haben im Laufe ihres Lebens freiwillig oder gezwungenermaßen die Heimat verlassen. Das veränderte nicht nur ihr Leben, sondern hatte großen Einfluss auf ihr Schaffen. So werden bei den Sommerkonzerten Werke von Exilkomponisten zu hören sein, wie beispielsweise von Erich Wolfgang Korngold im Eröffnungskonzert oder Béla Bartók – beide flohen vor dem Faschismus in die USA. Der deutsche Barockkomponist Heinrich Schütz,

der die venezianische Mehrchörigkeit durch Reisen nach Italien in seine musikalische Sprache aufnahm, steht in einem Konzert von Cantus Cölln auf dem Programm. Weitere Höhepunkte sind das Konzert des Cellisten Jan Vogler sowie das Abschlusskonzert mit dem Teresa Carreño Youth Orchestra aus Venezuela. Parallel zu den Audi Sommerkonzerten gibt es eine Kunstausstellung „Jürgen Partenheimer“. Diese Ausstellung ist Teil einer Kooperation mit den vier Museen der Pinakothek der Moderne, bei der Kunst aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen am AudiStandort präsentiert wird. Ingolstadt, Audi Sommerkonzerte, 26.6. bis 28.7. www.sommerkonzerte.de

Wörgl/Tirol (A) Acade-

mia Vocalis - Meisterkurse 1.7. - 3.10. Mosel Musikfestival 4. - 21.7. Erfurt Domstufen-Festspiele 4. - 28.7. Tiroler Festspiele Erl (A) 5. - 13.7. Flims (CH) flimserstein.ch 5. - 18.7.

Foto: Audi AG

Mahlers Auferstehungssymphonie

Avenches/Arena (CH)

Opernfestival 5. - 21.7. Nibelungen-Festspiele Worms 5.7. - 4.8. Klassiksommer Flims (CH) 6.7. - 25.8. Schleswig-Holstein Musik Festival 6.7. - 1.9. Sommerspiele Grein (A) 7. - 15.7. Elmau Jazz Classica 10.. - 28.7. Klagenfurt Musikforum Viktring - Neue Welten 11. - 21.7. Rossini in Wildbad 11.7. - 4.8. Neuzelle Oper Oder-Spree 11.7. - 24.8. Seefestspiele Mörbisch (A) 12. - 27.7. Weimarer Meisterkurse 12.7. - 4.8.

Schwäbisch-Gmünd-

Festival Europäische Kirchenmusik 13.7. Weimar Wahn, Wahn, überall Wahn - Open Air-Konzert

15. - 21.7.

Ruhla/Wartburgkreis-

Lux Festspiele 16. - 28.7. Herrenchiemsee Festspiele 17.7. - 18.8. Bregenzer Festspiele (A) 18. - 20.7. Schwetzinger Mozartfest 18.7. - 7.9. Menuhin Festival Gstaad (CH) 19. - 21.7. Augsburg Festival Konzerte im Fronhof 19.7. - 4.8. Verbier Festival (CH) 19.7. - 1.9. Salzburger Festspiele (A) 20.7. Losheim Klassik am See 20. - 28.7. Domleschger Sommerkonzerte (CH) 23. - 31.7. Arosa Musik Theater (CH) 25.7. - 4.8. Waldhaus Konzerte Flims (CH) 25.7. - 16.8. Oberstdorfer Musiksommer 25.7. - 28.8. Bayreuther Festspiele 26.7. - 11.8. Berlin Young Euro Classic 26.7. - 11.8. Darmstädter Residenzfestspiele 26.7. - 15.8. Grein (A) Donaufestwochen im Strudengau

Sommerliche Musiktage Hitzacker 2. - 4.8. Sommerkonzerte Falera (CH) 2. - 11.8. Bachwoche Ansbach 2. - 11.8. Griebenow Opernale 4. - 13.8. Insel Samos (GR) Samos Young Artists Festival 7. - 25.8. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik (A) 9. - 11.8. Worms Jazz & Joy 9. - 14.8. Saarwellingen Internationale Jazzwerkstatt 9. 8.- 1.9. Merzig/Zeltpalast Musical Cabaret 10. - 25.8. Dresden Moritzburg Festival 14. - 24.8. Musikfest Kreuth/Tegernsee 14. - 25.8. Berlin/Waldbühne Die Csárdásfürstin 27.7. - 4.8.

Passau/Vornbach am Inn Hören - Singen - Erleben! 16. - 18.8. Hannover Musik 21 15. - 18.8.

16.8. - 15.9.

mer (CH)

22.8. - 8.9. 23.8. - 1.9.

val (NL)

Stuttgart Musikfest Utrecht Early Music Festi-

24.8. - 14.9. 28.8. - 7.9.

Musikfest Bremen

Füssen Festival vielsaitig

Russisches Kammermusikfest Hamburg 29.8. - 18.10. Settimane Musicali di Ascona (CH) 30.8. - 7.9. Musiktage Mondsee (A) 30.8. - 15.9. Zermatt Festival (CH) 30.8. - 18.9. Musikfest Berlin 31.8. - 14.9. mozart@augsburg 1. - 7.9. Bad Reichenhall Festwoche Klassik.Atmen 4. - 15.9. Sachsen Silbermann-Tage 5.9. - 5.10. Beethovenfest Bonn 7. - 28.9. Nachsommer Schweinfurt 7.9. - 6.10. Niedersächsische Musiktage 8.9. - 12.10. Sommeroper Bamberg 28.8. - 25.9.

Lucerne Festival im Som-

www.crescendo.de

Juni – Augus t 2013


Asien zu Gast Unter dem Slogan „Asia meets Europe meets Asia“ liegt der Schwerpunkt des Festivals Neue Welten beim Musikforum Viktring auf Asiens Musik, Kunst und Philosophie. Beim Festival werden Künstler unter anderem aus Japan, Korea, Vietnam, China, meist in Kombination mit europäischen Musikern, im Ambiente des ehemaligen Zisterzienserstiftes Viktring und rund um das Gustav Mahler Komponierhäuschen in Maiernigg Einblicke in traditionelle und avantgardistische Entwicklungen der vielfältigen Musik und Kultur Asiens geben. Musikforum Viktring-Klagenfurt 10. bis 28.7. www.musikforum.at

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am 5., 7., 9., 11., 13., 15., 17., 19. und 21.08.2013

Für höchste Q ­ ualitätsansprüche Diese Veranstaltung (29.6.) sei empfohlen für Chormusik-Fans mit höchsten Qualitätsansprüchen und Freude an klangsinnlichen Raumerfahrungen in großer Architektur“, heißt es. Der RIAS Kammerchor verbindet in seinem Konzert in der Nürnberger Lorenzkirche ganz selbstverständlich Musik aus eintausend Jahren zu einer neuen, musikalisch ritualisierten Abend-Messe, zu einer „Missa Nova“. Chor und Chorklang wandern im Kirchenraum. Ein eigens für die Kirche entwickeltes Lichtkonzept unterstreicht die Parallelen zwischen baulicher und musikalischer Architektur. Neue Wahrnehmungsräume eröffnen sich. 62. Internationale Orgelwoche Nürnberg - Musica Sacra, 21. bis 30.6. www.ion-musica-sacra.de

Einfach Anders

Vollständiger „Tell“ Nicht ohne einen gewissen Stolz blickt Intendant und Regisseur Jochen Schönleber auf die 25-jährige Geschichte des Festivals „Rossini in Wildbad“ zurück: Es sei „ein Jubiläum, auf das zu Beginn des Projekts Ende der 80erJahre niemand einen Cent verwettet hätte“. Und das müsse gebührend gefeiert werden: „So viel spannende und anspruchsvolle Musik für virtuose Solisten hat Rossini nie geschrieben. Wir realisieren zum ersten Mal eine Wilhelm-Tell-Produktion, deren Opernvergnügen ganz uneingeschränkt ist. Es ist für uns eine Herausforderung, die spannende Handlung mit grandiosen Sängern und großem Chor erstmals ungekürzt auf die Bühne zu bringen. So werden all die unsinnigen Kürzungen, die bereits vor der Premiere an der Pariser Opéra begonnen wurden, rückgängig gemacht. Unser Publikum kann erstmals und exklusiv erleben, dass es sich lohnt, alle musikalischen Preziosen dieser unerhörten Oper kennenzulernen.“ Rossini in Wildbad, 11. bis 21.7., www.rossini-in-wildbad.de

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am 6., 8., 10., 12., 14., 16., 18. und 20.08.2013

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Samstag, 10.8. und Mittwoch, 8.8.2013 jeweils 11.00 bis ca 12.15 Uhr in der Stiftsruine             Sonntag, 11.8., 11.30 Uhr

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Mitwirkung der Preisträger und der Virtuosi Brunenses /        

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Arbeitskreis für Musik, Nachtigallenstr. 7, 36251 Bad Hersfeld Tel. 06621/506713 und 506718, Fax 06621/64355 info@opernfestspiele-badhersfeld.de, www.opernfestspiele-badhersfeld.de

Herbstliche Musiktage Bad Urach 2013 // 5. bis 12. Oktober Werner Güra, Wiener Klaviertrio, Leipziger Streichquartett, Amarcord Vokalensemble, u. v. a Künstlerischer Leiter: Florian Prey

Märchenwelten

Ludwigs Lieblingskomponist Er wird als Außenseiter verspottet, aber auch bewundert, als „Märchenkönig“ vermarktet und als Ikone der Moderne gefeiert: König Ludwig II. Die Wanderausstellung „Götterdämmerung – König Ludwig II. und seine Zeit“ macht nun Station in Haus Wahnfried in Bayreuth, dem Wohnort des von Ludwig II. am meisten verehrten und geförderten Künstlers Richard Wagner. Bayreuth, Richard Wagner Museum, 25.7. - 29.9., www.wagnermuseum.de

herbstliche-musiktage.de 07125 9460-6

Fotos: Balmer und Dixon; Dario Secen; R. Wagner: Fotografie von Franz Hanfstaengl, München, 1871

„Orpheus – Variationen über Liebe und Tod“ ist der Titel eines außergewöhnlichen Musikprojekts, das das Andere Opernensemble im Münchner Gasteig zur Uraufführung bringt. Unter Verwendung der klassischen Orpheus-Mythologie und der unterschiedlichen musikalischen Gestaltung durch verschiedene Komponisten von Monteverdi bis Offenbach ist eine Operncollage in zwei Aufzügen entstanden. Das eigens für die Produktion zusammengestellte Orchester besteht aus elf Musikern und Musikerinnen. Außergewöhnlich ist das Orpheus-Projekt auch, weil die Zuschauer das Ende dieses Opern­ abends selbst bestimmen dürfen: das Andere Opernensemble hat verschiedene Schlussszenarien erarbeitet und bringt den Ausgang der Geschichte um Orpheus und Euridice so auf die Bühne, wie es das Publikum wählt. München, Gasteig, 11.6., www.dasandereopernensemble.de

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81


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Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE

Heifetz vs. Britten!

Foto: Lorenzo di Nozzi

Unser Kolumnist spielt zu dessen 100. Geburtstag Brittens Violinkonzert rund um den Globus und verrät, warum das Werk nicht immer ein „Hit“ war.

Hope und Vladimir Ashkenazy in Barcelona.

Mr. Hope, sprechen wir doch Mal über Benjamin Britten: er leidet zu seinem 100. Geburtstag ja etwas unter den Jubilaren Verdi und Wagner, denen mehr Platz eingeräumt wird. Sehr gerne. Britten hat meine Karriere begleitet, seit ich 16 bin. Damals hatte ich sein Violinkonzert zum ersten Mal gespielt. Ich liebe dieses Werk für seine ganze Vielfalt, seinen Mythos, seine dunklen, melancholischen Klänge und das Drama darin. Der große Geiger Jascha Heifetz bezeichnete den Solo-Part von Brittens Violinkonzert d-Moll aber als „unspielbar“... Ja, was aber Unsinn ist, da gerade Heifetz alles spielen konnte! Aber dessen Urteil hatte trotzdem Gewicht, sodass Brittens Werk für lange Zeit kaum von Geigern angefasst wurde. Benjamin Britten hatte es 1939 in den USA geschrieben, nachdem er als Pazifist beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Amerika emigriert war. Überhaupt war er sehr von den Kämp82

fen des Spanischen Bürgerkriegs erschüttert und in dem Stück kommen auch häufig spanische Elemente vor. Er zeigte sich überzeugt, dass sein Konzert ohne Frage sein „bestes Stück“ sei. Aber das New Yorker Publikum war bei der Britten-Uraufführung durch den Dirigenten John Barbirolli und den Geiger Antonio Brosa 1940 nicht ganz überzeugt. Die teuersten Werke berühmter Maler sind auch erst mit der Zeit berühmt geworden... Ja, das Violinkonzert hat erst in den vergangenen zehn Jahren eine große Renaissance erlebt, was mich besonders freut. Es steht nun regelmäßig auf dem Programm, und viele jungen Geiger versuchen Heifetz Unrecht zu geben. Ich selber nahm das Stück 2004 auf, zusammen mit dem BBC Symphony Orchestra und Paul Watkins. Wie gesagt, ich werde es in diesem Jahr etwa 20 Mal rund um den Globus spielen. Im April waren Sie mit Vladimir

­ shkenazy auf Spanientour. Wo haben A Sie überall gespielt? In Barcelona, Valencia, Oviedo und San Sebastian. Vier fantastische Städte! In Barcelona haben wir in einem der wahrscheinlich schönsten Konzertsäle der Welt gespielt – im Palau de la Música Catalana, vom katalanischen Architekten Lluís Domènech i Montaner entworfen, einem der wichtigsten Repräsentanten der Moderne. Unter anderem wurde hier im Jahr 1936 das Alban Berg Violinkonzert uraufgeführt und im Publikum saß der junge Benjamin Britten, den das Stück sehr beeindruckte. Wo geht es als Nächstes hin? Im Mai spiele ich das Konzert in Kuala Lumpur; am 7. Juli in Stolpe bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, am 14. Juli in Aspen, Colorado; im Oktober in Tokyo und Moskau, und am 22. November, direkt am 100. Geburtstag von Britten, im finnischen Helsinki. n www.crescendo.de

Juni – Augus t 2013




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