crescendo 6/2010, Ausgabe Oktober/November 2010

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B47837 Jahrgang 13 / 06_2010

OKTOBER / NOVEMBER 2010 www.crescendo.de

NEWCOMERIN DES JAHRES

Olga Scheps wagte sich für crescendo vor die (Foto)-Kamera

MIT EINEM ESSAY VON CLAUS HIPP

Münchner Philharmoniker

DMITRIJ KITAJENKO Vier Russische Konzerte 5. bis 7. November

Hans Werner Henze

Ein sehr persönliches Interview mit dem großen Komponisten

Rudolf Buchbinder Hausbesuch bei einem rastlosen Pianisten

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Erlebnis Klassik – die Edition.

Pop ist wie eine Affäre, Klassik wie die große Liebe. Die schönsten Werke für Klavier.

Mit neuem Schwung in den Tag.

Musik für romantische Stunden.

Festliche Musik für einen Abend mit Freunden.

Sanfte Musik zur Entspannung.

Musik, die Trost gibt.

Eine Reise in Gedanken.

Große Tenöre und ihre schönsten Arien.

Lauschige Stücke für Nachtschwärmer.

Stücke zum Toben, Tanzen und Zuhören.

Lieder für die schönste Zeit des Jahres.

12 CD 480 4288

Starke Frauen in großen Opern.

3,4 Millionen Frauen lesen alle 14 Tage BRIGITTE, die unangefochtene Marktführerin unter den Frauenzeitschriften. Jetzt erscheint auf 12 CDs die BRIGITTE Musik-Edition „Erlebnis Klassik“: Die schönsten Musikstücke aller Zeiten, thematisch zusammmengestellt, mit Weltstars wie Cecilia Bartoli, Anna Netrebko, Luciano Pavarotti und Lang Lang. Ausgewählt von der Redaktion BRIGITTE. Als Einzeltitel oder als Gesamtedition in exklusiver Box ab dem 15.10.2010 erhältlich! Mehr Informationen unter www.klassikakzente.de/brigitte

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{ I N H A LT / O K T O B E R & N O V E M B E R 2 0 1 0 }

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EDITORIAL

Die Gottschalkisierung des ECHO 06

AUTOREN

Hinter den Kulissen von crescendo 08

NEWS

Domingo verlängert in L.A. 10

HANS WERNER HENZE 12

TITEL: OLGA SCHEPS 16

MARTIN GRUBINGER Der Star am Percussion-Himmel 18

BĚLOHLÁVEK

Hommage an den tschechischen Ausnahmedirigenten 20

MAGDALENA KOŽENÁ

Interview mit der multikulturellen Mezzo-Sopranistin 22

KOLUMNE

Pascal Morchés Gedanken über unseren (Musik)-Nachbarn Österreich 24

REZENSIONEN

Attila Csampai testet die besten SommerAlben & die Redaktion die neuen CDs und DVDs des Herbstes 2010 31

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ELISABETH KULMAN

Ein Hausbesuch bei der MezzoStimme des Sommers im österreichischen Hallein bei Salzburg.

PORTRÄT

Ramón Ortega Quero. Der Oboist, den alle lieben 32

NIKOLAI TOKAREV

Der russische Pianist im crescendo-Verhör 34

RUDOLF BUCHBINDER

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RUDOLF BUCHBINDER Hausbesuch beim großen Pianisten in Wien Grinzing.

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DANIEL HOPE

Unser Lieblings-Virtuose schreibt über das „richtige“ Benehmen 39

CRESCENDO KIDS

Warum sind die Tasten schwarz-weiß? 40

Foto: Robert Kittel für crescendo (Agentur 25Stunden.com); Philipp Horak; privat

ESSAY

Claus Hipp und seine Gedanken zur Musik 42

JUBILÄUM

Gustav Mahler. Der 3. Teil der Serie 44

PLUS REGIONAL

Dmitrij Kitajenko – der Dirigent spielt mit den Münchner Philharmonikern Werke der großen russischen Komponisten 46

12 OLGA

SCHEPS

Wir trafen die junge Pianistin und sprachen mit ihr über ihre neue CD, Russland und Alfred Brendel. Nebenbei machten wir auch ein paar (hübsche) Fotos.

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HANS WERNER HENZE

Interview mit dem großen deutschen Komponisten (hier als Teenager zusammen mit seiner Mutter).

TERMINE

Oktober/November 50

A.E.CD.M.J.K. / IMPRESSUM

Auf eine CD mit Joachim Kaiser. Das Thema diesmal: Die Pianisten.

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EXKLUSIV FÜR ABONNENTEN Hören Sie die Musik zu unseren Texten auf der crescendo premium-CD. Infos auf Seite 19.

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{ EDITORIAL }

Liebe Leser,

Foto: Paul Schmitt

ECHO, ja. Aber ... WINFRIED HANUSCHIK H E R AU S G E B E R

im Jahr 2004 durfte ich einmal der Veranstaltung „Die Goldene Kamera“ beiwohnen. Die Feierlichkeiten, die von der Programm-Zeitschrift Hörzu aus dem Verlag Axel Springer veranstaltet werden, fanden damals im Künstlerhaus am Das hat Zukunft. Diese Überzeugungstäter haben die Gendarmenmarkt in Berlin statt. Als ich mit einem Kollegen nach der Verangroße Bühne und das Millionenpublikum verdient, das das staltung hinter der Bühne gestanden hatte, tauchte plötzlich Jack Nicholson neZDF ihnen bieten kann. ben uns auf. Er hatte seinen Preis, die Goldene Kamera, in der Hand, verbarg seiDie Welt der Klassik hat schon immer eine ganz ne Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille und stellte eine – wie ich �nde – vernünftige Mischung aus Glamour und konservativer sehr gute Frage an seinen Agenten: „Sagst Du mir noch mal kurz, wie dieser Leistungsschau. Aus Substanz und Society. Wir hatten Karajan, der auch mal medienwirksam aus dem Flügeltürer Preis heißt, den ich da gerade gewonnen habe?“ Nicholson hatte die – sehr angesehene – Goldene Kamera zuvor von Claudia Schiffer erhalten. stieg und wir gewöhnten uns an Lang Lang, der jeden noch so kleinen Konzertsaal in ein Fußballstadion verwanDer Moderator des „Events“ war Thomas Gottschalk. delt (und umgekehrt). Aber wir haben eben auch Nun hat die Klassikwelt ja ebenfalls ein solches Event: den ECHO Klassik. Und wie es der Zufall so Künstler wie Alfred Brendel, Rudolf BuchbinDie der, Inge Borkh, Mariss Jansons oder auch will, wird die Veranstaltung in diesem Jahr ebenfalls von Moderator Thomas Gottschalk präsenChristian Zacharias, die sich nie wirklich in Gottschalkisierung tiert. Bitte nicht falsch verstehen: Gottschalk ist ein Szene setzen mussten, weil sie schlicht und der einfach durch ihre Musik begeistern. Genau großer Entertainer. Die Frage, die ich mir aber in Klassik diesen Tagen stelle, ist: Braucht der ECHO Klassik, diese Mischung ist zeitgemäßer denn je. der – wie auch die Goldene Kamera – vom ZDF überUnd natürlich haben wir den ECHO Klassik tragen wird, wirklich Herrn Gottschalk, um Einschaltauch bei uns im Blatt und eine aktuelle Preisträgequote zu machen? Lieber ZDF-Intendant Markus Schächter, rin auf den Titel genommen: Olga Scheps wird als beste wenn Ihnen die klassische Musik ehrenwerterweise Ihr bestes EnterNachwuchskünstlerin geehrt und wir gratulierten schon tainer-Pferd im ZDF-Stall wert ist, dann spendieren Sie dem ECHO Klassik mal vorab, indem wir die Pianistin mit russischen Wurzeln zu uns nach München einluden und sie in den Räumen der doch auch die Sendezeit, auf der Gottschalks Talent den größten Erfolg erzielt: Samstag Abend, Primetime, 20.15 Uhr. Und vertrauen Sie den Preisträgern! Bayerischen Staatsoper für das Cover und die Geschichte Da ist viel Talent, junge Frische und echte authentische Begeisterung für die auf den Seiten 12 bis 15 ablichteten (und interviewten). Sehr empfehlen möchte ich auch den Hausbesuch Musik. Dem dürfen Sie ruhig mehr Raum geben. Der ECHO Klassik braucht auch keine Hollywood-Big Names, die unserer Mitarbeiterin Christa Hasselhorst, die nach Wien sich für teuer Geld ein�iegen lassen, um dann nur ihr neues Produkt zu pro�og, um den Pianisten Rudolf Buchbinder zu besuchen. moten. Klassikaf�cionado Sting hingegen, der sich mit seinem ehrlichen InBuchbinder besitzt nicht nur 4000 Filme auf DVD, sonteresse auch an der Klassik einen Namen macht, ist als Laudator ein gutes dern auch 6000 Bücher und ist ein großer Sammler oriBeispiel für eine gelungene Verschmelzung der „Welten“. Und die Big Names ginaler Notenmanuskripte, was auch unserem Fotografen der Klassik stehen zwar nicht jede Woche mit irgendeinem PR-Pipifax in der Philipp Horak sehr imponierte (Seite 34 bis 36). Boulevardpresse, aber dafür nahezu täglich auf der Bühne und begeistern Herzlichst, Ihr ihr Publikum im Konzertsaal. Hautnah, echt und auf höchstem Niveau.

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Die Theatertruppe LA FURA DELS BAUS war immer für einen Skandal gut, doch über die Operninszenierungen der Regie-Rabauken jubeln alle. Den "Ring" aus Valencia gibt es jetzt auf DVD und Blu-ray so macht Wagner sogar Popfans Spaß (SPIEGEL ONLINE) „..grandios..wirkungsvoll..kongenial illustriert..mal ScienceFiction-Film..mal FantasyAbenteuer..“ (FonoForum)

23.09.2010

12:08 Uhr

DAS OPERNSPEKTAKEL

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Seite 1

{ AU T O R E N }

HINTER DER BÜHNE Die wahren Helden bei crescendo sind die Mitarbeiter. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Oktober-Ausgabe.

Als Ring komplett: Box mit 8 DVD oder 4 Blu-ray Disc. DVD-Box: 703808 Blu-ray-Box: 703904 Ring-Highlights: DVD; 704608 Blu-ray: 704504

UVP: 9,95 €

ANGELIKA RAHM Es ist immer wieder schön, wenn wir Kollegen aus der Nachbarschaft beauftragen können: Das hat so etwas heimeliges. In diesem Fall konnten wir Angelika Rahm gewinnen, die hauptberu�ich für den Bayerischen Rundfunk tätig ist und dort auf einen jungen Oboisten stieß, den sie – wie auch das BR-Symphonieorchester – sofort in ihr (Musik)-Herz schloss. Die Rede ist von Ramón Ortega Quero, über den sie im Sommer bereits eine eigene Sendung machte und für crescendo nun im „Rezensions“-Teil ein schönes Porträt schrieb. Zu lesen auf Seite 31.

inkl. Dokumentationen als Bonusmaterial Full HD, dts 5.1 auf DVD und dts-HD MA 7.1 Blu-ray surround sound. Hochkarätiges Sängerensemble: Salminen, Kapellmann, Mayer, Schnitzer, Wilson, Uusitalo u.a. Gesamtleitung: Zubin Metha Echo-KLassik 2010: Das Rheingold

CHRISTOPH SCHLÜREN Der Münchner ist ein wahrer Vielschreiber bei crescendo und ein Fan von Musik aus dem Orient und den nordischen Ländern. Eigentlich müsste Schlüren in dieser Ausgabe auch über sich selbst berichten, denn der Klassik-Freak dirigiert am 20. November in der Münchner Musikhochschule das Orchester Symphonia Orient-Occident (Seine Leidenschaft für die klassische Musik entdeckte Schlüren während des Studiums bei Sergiu Celibidache, den er noch heute sehr verehrt und der auch den prominenten Mann ausbildete, den Schlüren für diese Ausgabe porträtierte: Jiří Bělohlávek. Den Text über den tschechischen Ausnahmedirigenten �nden Sie auf Seite 18.

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ISABELLA STEIGENBERGER & DIE BAYERISCHE STAATSOPER

Intendant: Jan Vogler

Manchmal funktionieren die Dinge wie von selbst. Die Produktion des aktuellen crescendo-Covers als auch der Bilderstrecke mit Olga Scheps verlief einfach perfekt: Die Bayerische Staatsoper stellte uns für einen ganzen Nachmittag ihr Heiligtum, die Ionischen Säle, zur Verfügung, wofür wir uns an dieser Stelle sehr herzlich bedanken möchten. Die ausgefallene Location animierte Make-Up-Artistin Isabella Steigenberger (auf dem Foto rechts) dazu, die „Maske“ direkt in die riesigen verspiegelten Säle zu verlegen. Anstelle von normalerweise etwa fünf Quadratmetern hatte Steigenberger nun ca. 300 qm zur Verfügung. Kein schlechter Arbeitsplatz, wie sie später befand. Zur großen Freude aller Beteiligten sickerte an diesem Nachmittag dann auch noch ein seltener Besucher dieses Herbstes durchs Fenster: die Sonne. Fotograf, Make-Up-Artist und Pianistin waren begeistert. An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an Kristina Kleiss, die uns die schönen Kleider für Olga Scheps aus ihrem sehr gut sortierten Fundus zur Verfügung stellte. Das Ergebnis haben wir auf den Seiten 12 bis 15 platziert.

Fotos: Bob Coat; Philipp Horak; Robert Kittel; privat

PHILIPP HORAK Es gibt wenige Photographen, die so viel Gefühl mitbringen wie Philipp Horak. Der Wiener schafft es immer wieder, eine besondere Stimmung einzufangen – egal, ob am Josefstädter Würstelstand oder in der Wüste Mauretaniens. Für uns reiste Horak innerhalb seiner Heimatstadt nur ein paar Kilometer weit in den 19. Bezirk, um Pianist Rudolf Buchbinder und dessen Anwesen abzulichten. Dabei war es kein Nachteil, dass die beiden sich bereits kannten. Buchbinder verwendet gerne ein Porträt von sich, das Horak ein paar Jahre zuvor geschossen hatte. Seite 34.

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Die Dresdner Musikfestspiele sind eine Einrichtung der Landeshauptstadt Dresden und werden gefördert vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.

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{ N EWS }

SCHUMANN!

Klavierrecitals in der Düsseldorfer Tonhalle

Im Zeichen von Schumann: Düsseldorfer Tonhalle.

Vom 19. Oktober bis 7. Dezember 2010 steht die Düsseldorfer Tonhalle unter dem Motto: „Mein Schumann – 7 Klavierrecitals“. Die Stars dieser Konzertreihe sind die Pianisten: Am 19. Oktober beispielsweise beginnt die Reihe mit Khatia Buniatishvili, es folgen Herbert Schuch, Cédric Pescia, Eric Le Sage, „Wunderknabe“ Kit Armstrong, Igor Levit und Rudolf Buchbinder (7. Dezember). //

SALZOLI

Freude in Salzburg: Cecilia Bartoli übernimmt Leitung der Pfingstfestspiele 2012

L.A. ja, Washington nein

Plácido Domingo verlängert seinen Vertrag in Los Angeles und beendet sein Engagement in Washington Der spanische Tenor unterschrieb kürzlich einen neuen Zwei-Jahres Vertrag als Leiter (und Sänger) der Los Angeles Opera. Er verlängerte damit sein Engagement in Kalifornien, das ursprünglich im nächsten Jahr enden sollte, bis 2013. Die Los Angeles Times berichtet, Domingo lasse sich seine Stelle am Opernhaus mit jährlich 800.000 Dollar entlohnen. Aufgeben wird er allerdings das Engagement in der US-amerikanischen Hauptstadt als „General Director“ der Washington National Opera. Sein Vertrag dort läuft noch bis einschließlich Juni 2011. Domingo hatte insgesamt 14 Jahre in Washington gewirkt. Ob das bessere kalifornische Wetter für die Entscheidung verantwortlich war, ist nicht bekannt. Durchgesickert sind bisher nur angebliche Finanzprobleme der Washington National Opera. Laut einem Bericht der Washington Post verdient Domingo in der Hauptstadt 600.000 Dollar pro Jahr für seine Tätigkeit. //

KURZ & KURIOS

Frankfurt am Main: Eine stilvolle Beute erhaschten sich Räuber am Hauptbahnhof Frankfurt: Sie stahlen aus einem Schließfach zwanzig Schallplatten der frühen französischen Klassik mit Werken von Bach, Ravel, Debussy und Vlado Perlemuter. Die Platten hatte ein japanischer Sammler am Tag zuvor für 34.000 Euro erworben und sie im Bahnhof deponiert. Ob die Räuber wirklich eine Ahnung haben, was sie da entwendeten? //

Fotos: v.l.o.: Greg Gorman for LA Opera; Tomas Riehle; Decca/Uli Weber

Plácido Domingo bleibt noch zwei weitere Jahre in Los Angeles.

Die italienische Sopranistin wird die Nachfolge von Dirigent Ricardo Muti antreten. Das meldete der neue Intendant der Salzburger Festspiele, Alexander Pereira, der Anfang 201 2 aus Zürich nach Salzburg wechselt. Bartoli sagte, es sei ihr eine Freude, dass ihre Freundschaft zu Pereira in Salzburg „nun in diese neue, spannende Zusammenarbeit“ münde. //

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SZ-K


Die großen Stimmen der Welt. Bei Ihnen Zuhause.

Die Meister Singer der Süddeutsche Zeitung Klassik. Magische Momente des klassischen Gesangs. Die schönsten Aufnahmen von Oper und Einzelstück in einer hochwertigen Box mit 18 CDs und ausführlichem Begleitbuch. Ausgewählt von SZ-Musikkritiker Reinhard J. Brembeck. Jetzt für 98,– Euro im Handel oder bestellen unter www.sz-shop.de

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{ P O R T R ÄT }

„Das was ich wollte? In Ruhe gelassen werden“ Der Komponist Hans Werner Henze über das Leben, die Rolle seines Vaters und seine Leidenschaft, Gemüse anzubauen. V O N B U R K H A R D S C H Ä F E R

CRESCENDO: Herr Henze, Sie sind HENZE: Ja. Das, was ich in meinem dieses Jahr  Jahre alt geworLeben immer wollte, war: in Ruhe den, gelten als einer der größten zu leben, in Ruhe zu arbeiten und in Ruhe gelassen zu werden. Das lebenden deutschen Komponishat sich tatsächlich realisiert durch ten. Wie ‚historisch’ wird man sich, wenn man ein derart ehrmein Leben in einem anderen Land, furchtgebietendes Lebenswerk zwischen Menschen einer anderen Sprache und Lebensweise. Im Laufe wie Sie geschaffen hat? HANS WERNER HENZE: Ich muss der Jahre hat es sich auch so entwiehrlich sagen, ich habe noch ckelt, dass Rom – das als Musikstadt nicht daran gedacht, zur Legeneigentlich nicht besonders berühmt de zu werden (lacht). war –, dass Rom, die Toskana und Etrurien Ortschaften und LandschafCRESCENDO: Im deutschen Feuilleton werden Sie gerne als ten geworden sind, in denen meine großbourgeoiser Kunstadeliger Musik bekannt ist und geschätzt beschrieben. Wie stehen Sie zu wird, ohne dass daraus eine Anstrengung entsteht, wie es hierzulande oft solchen Zuschreibungen? der Fall ist. HENZE: Manchmal, zum Beispiel CRESCENDO: Ganz so unberühmt jetzt in diesem Augenblick, höre ist Rom als Musikstadt nicht, wenn ich zum ersten Mal von solchen man etwa an „Fontane di Roma“ und Beschreibungen über meinen „Pini di Roma“ von Ottorino RespiWohn- und Umgangsstil. Nun, ghi denkt ... es ist vielleicht nicht landesüblich, aber ich bin ein bisschen so HENZE: Es ist ein Jammer. Es gab und gibt Komponisten, deren höchste was wie ein Bauer, ich baue Oliven an. Auch Kartoffeln werden künstlerische Ambitionen über so Henze bei der Ruhrtriennale in Essen im Garten angebaut und geernetwas wie Programm-Musik nicht tet, solange sie noch klein sind. hinausgehen. Ein sehr interessanter Komponist ist zum Beispiel Alfredo Casella, von dem leider nicht viel CRESCENDO: Erinnern Sie sich gern an die bewegten damaligen Zeiten zurück? gespielt wird, in Deutschland fast gar nichts. Es ist eine ganz eigenartige bizarre Mischung – verrückt kann ich es nicht nennen –, die nicht HENZE: Ich freue mich sehr, wenn ich Menschen treffe, die sich noch unkomisch und, wie ich glaube, von Strawinsky angeregt ist. Es gibt daran erinnern können, wie sie mich bereits vor zehn, zwanzig oder einige junge Komponisten, die dieser ästhetischen Linie etwas abgedreißig Jahren auf dem musikalischen Schlachtfeld kennengelernt winnen können. haben. Es entsteht eine gemeinsame, gemeinschaftliche Welt voller CRESCENDO: Möchten Sie als Wahl-Italiener trotzdem lieber ein deutErinnerungen mit Fragen wie: Kennst du den noch? Kennst du das scher Komponist sein? noch? Weißt du noch, damals? CRESCENDO: Sie sprachen gerade von einem Schlachtfeld. War die Musik HENZE: Oh ja, es ist mir sogar sehr wichtig, als deutscher Komponist erkannt und anerkannt zu werden. Bei aller Liebe zu meiner Wahlheimat fühle – vor allem die Avantgarde – tatsächlich so kriegerisch? Haben auch ich mich der deutschen Musiktradition näher als der italienischen. Sie Reibungspunkte gesucht? HENZE: Eben nicht. Einer der Gründe, warum ich mich in Italien angeCRESCENDO: Also eher strenge Kontrapunktik als süßer Belcanto? Oder siedelt habe und dort weiterhin lebe, ist, dass ich nicht geeignet bin für versuchen Sie, den Norden und Süden miteinander zu verschmelzen? HENZE: Bach selbst hat sich ja sehr intensiv mit italienischer Musik beStreit und die Auseinandersetzungen kontroverser Fragen. schäftigt, in erster Linie in seinen Concerti. Ich glaube, zu Bachs ZeiCRESCENDO: Sind Sie ein harmoniebedürftiger Mensch? 10

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Fotos: l.: RUHR.2010/Ursula Kaufmann; r.v.o.: privat, Paul Sacher Stiftung Basel/Ines De Nil, Bundesarchiv, B 145 Bild-F008277-0008 / Unterberg, Rolf / CC-BY-SA; Staatsoper Berlin, Programmbuch zu Phaedra

auch ein bisschen recht. Ich weiß auch gar nicht, ten gab es auch noch nicht die Vorstellung, dass ob die erste Komposition so gut war, aber sie war auf der einen Seite eine deutsche Musik existiert zumindest wirkungsvoll (lacht). und daneben eine italienische. Es war, wie soll CRESCENDO: Glauben Sie, dass es so was wie eiman sagen, eine europäische Musik. Und wenn ich das so sage, dann meine ich damit nicht das, nen Kanon in der Musik gibt? HENZE: Solche Prognosen anzustellen ist mir eher was man heutzutage unter europäischer Musik versteht. Früher gab es dank der kunstinteresfremd. Aus meiner Anfangszeit ist mir aber ein sierten Fürsten und Kirchenoberen in ganz EuGefühl geblieben: Wenn die Menschen sich freuropa einige wichtige Techniker der Tonkunst, en über das, was ich geschrieben habe, dann freue von denen Bach wohl der Bedeutendste war. ich mich auch. Das ist für mich wie eine Brücke CRESCENDO: Die Abgrenzung gegen das Italienizwischen mir und dem von mir gewünschten und sche, beginnt ja spätestens in Wagners „Meisverehrten Publikum. tersingern“, wo Hans Sachs den „welschen CRESCENDO: Sie gehören also nicht zu den Künstlern, die sich beim Komponieren nicht um mögliDunst und welschen Tand“ gegen die „heilige che Zuhörerinnen und Zuhörer scheren? deutsche Kunst“ setzt … HENZE: Da kann ich nur ein Wort dazu sagen: KaHENZE: Oh nein, das ist nicht mein Fall. Wenn ich mel. Jeder Opernkomponist ist natürlich von weiß, ich schreibe eine Oper sowie jetzt für dieses sehr einladende und schmeichelhafte Angebot der italienischen Musik beeinflusst. Aber als Sinfoniker ist man per se ein deutscher Kombeim Ruhrfestival zur Kulturhauptstadt 1 in ponist, denn Italien hatte ja in dem Sinne keine Essen, denke ich tatsächlich beim Schreiben an die Hörer und all die Leute, die ich kenne oder kannte. sinfonische Tradition. Als Sinfoniker kann ich mich also gar nicht auf Italien berufen. Ich bemühe mich dabei, von mir zu berichten. CRESCENDO: Im Nachkriegs-Deutschland galt bei CRESCENDO: Ihre neue Oper „Gisela“ haben Sie speziell für das Ruhrgebiet geschrieben. Können den Sittenwächtern der Avantgarde ein SinfonienVerdikt. Aber Sie haben bis heute trotzdem zehn Sie uns etwas über die Hintergründe zu „Gisela“ gewichtige Sinfonien geschrieben. Das ist Ihnen erzählen? HENZE: „Gisela“ war expressis verbis der Auftrag von einigen Kollegen sehr verübelt worden … HENZE: Ich kann von Glück sagen, dass ich von von Steven Sloane, dem künstlerischen Leiter der diesen Äußerungen nicht viel weiß. Kulturhauptstadt Europas Ruhr 1, und Willy Decker, dem künstlerischen Leiter der RuhrtrienCRESCENDO: Aber warum haben in Deutschland nale, etwas für die jungen Leute von heute und diese Grabenkämpfe so getobt? Purismus war in der Hoch-Zeit von Darmstadt und Donauvon hier zu schreiben. Es sollte darum gehen, ihre eschingen angesagt und Sie wurden oft sehr darstellerischen Künste und Ambitionen zu zeigen, und die Instrumentalmusik sollte dabei sehr ungerecht behandelt. Wie haben Sie das überstanden? stark vertreten sein. Die dazugehörige Chormusik HENZE: Vielleicht ist es wichtig, Feinde zu haben. Es wird von der Dortmunder Chorakademie aufgeführt. Ich bin sehr gespannt. fördert die Suche nach individualistischem Verhalten und Tun auf eine sehr intensive Weise. CRESCENDO: Würden Sie uns auch etwas zum Inhalt der Oper verraten? CRESCENDO: Gab es bei Ihnen ein musikalisches Das bewegte Leben eines großen HENZE: Es handelt sich um die Geschichte einer Urerlebnis, bei dem Sie wussten, Sie wollen Komponisten (von oben): HenzeKomponist werden? Liebe zwischen Oberhausen und Neapel. GleichZeichnung aus dem Jahr 1933, zusammen mit Freundin Ingeborg zeitig will Gisela die Unterschiede zwischen norHENZE: Ich weiß nicht mehr genau, wann ich mich Bachmann, als junger Komponist deuropäischem und mediterranem Lebensgefühl dazu entschlossen habe, Komponist zu werden. auf Schloss Brühl und mit MusikEs hatte etwas mit den schrecklichen Kriegsveranschaulichen, Attraktionen, Faszinationen Legende Igor Strawinsky. jahren zu tun. Da war mein Vater, der gegen und Missverständnisse politischer Art zeigen. Aber auch Dinge, die in das Individuum hineingreifen, ob man will mich war, der nicht wollte, dass ich Musiker wurde, schon gar nicht Komponist. Als er gegen Ende des Krieges an der Ostfront fiel, stand oder nicht. „Gisela“ ist kein sehr ernstes Werk, also keine Tragödie, ich plötzlich da, als Vorstand meiner pathologischen Familie. Und aus sondern eines mit sehr viel Lustigkeit und Komik. Ich will mich ja schließlich beliebt machen bei den Leuten (lacht). Gründen, die ich leider nicht mehr richtig erinnern kann, hat sich der Wunsch, ein richtiger Komponist zu werden, wie etwa Bach und Alban CRESCENDO: Darf ich fragen, wie Gisela ausgeht? Berg, in mir festgesetzt. HENZE: Gisela hat ein sehr schönes Happy End. Sie kriegt ihren Gennaro, der ein Pulcinella-Darsteller ist. Zum Schluss vermählen CRESCENDO: Was war das erste Werk, bei dem Sie das Gefühl hatten, eine die Zeiten überdauernde gültige Komposition geschaffen zu haben. sich Süden und Norden. // HENZE: Das war das „Concertino“ für Klavier und Blasorchester mit Gisela! oder: Die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks ist Schlagzeug von 1. Dieses Werk wurde dann vom Südwestfunk vom 20.11. bis 4.12. in der Semperoper Dresden zu sehen. Henzes Baden-Baden unter Hans Rosbaud uraufgeführt. Nun, ich denke, ich Biographie Rosen und Revolutionen von Jens Rosteck ist im Propyläen Verlag erschienen. habe es mir bei dem besagten Stück eingebildet und hatte damit wohl www.crescendo.de 06_2010 | 11

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Schönes Spiel

crescendo lud die Pianistin Olga Scheps zum exklusiven Fototermin in die Ionischen Säle der Bayerischen Staatsoper. Auch wenn sie wie ein Model wirkt: Die 24-Jährige bekommt den diesjährigen ECHO Klassik in erster Linie für ihr Können am Klavier. VON TOBI AS H ABERL

„Meine Ver-

CRESCENDO: Frau Scheps, wir haben nicht vor, mit SCHEPS: Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht, wie bundenheit zu mein Leben sonst verlaufen wäre. In Russland ist ja Ihnen nur über Ihr attraktives Äußeres zu sprechen. Da lassen wir lieber die Fotos für sich sprechen. auch nicht alles schlecht. Ich fand es sehr schön als ich Russland ist nicht Erleichtert? das letzte Mal da war. Meine Verbundenheit zu Russunbedingt definiert land ist nicht unbedingt definiert durch die Grenzen OLGA SCHEPS: Nein. Sie können mit mir über alles durch die Grenzen auf der Landkarte. Mein Russland, das ich liebe, ist reden (lacht). Ich frage mich aber, ob man in andeauf der Landren Branchen auch darauf angesprochen wird. Verdie russische Musik, die ich höre und spiele, die Werke russischer Maler, die ich mir ansehe, meine russischen mutlich ja, denn Äußeres spielt in unserer Zeit eben karte.“ eine Rolle. Zum Glück nicht die wichtigste. So, und jetzt Freunde, die Kochkunst … CRESCENDO: Sie haben ja auch gerade ein „Russian Album“ herkönnen wir über was anderes reden, oder? (lacht) CRESCENDO: Sie bekommen in diesem Jahr den ECHO Klassik. Hievt ausgebracht. diese Auszeichnung Ihre Karriere auf eine andere Stufe? SCHEPS: Ja, ich habe ein russisches Album mit Stücken verschiedener SCHEPS: Ich freue mich auf jeden Fall sehr über diesen Preis. Es bedeuKomponisten eingespielt. Dahinter steht eine bestimmte Idee. tet einfach, dass vielen Menschen meine Aufnahme gefällt. CRESCENDO: Welche Idee ist das? CRESCENDO: Sie sind ja auch schon lange dabei! Angeblich haben Sie SCHEPS: Auf der CD sind überwiegend Komponisten des 1. Jahrhunderts. Ich will eine bestimmte Phase dokumentieren. Vor dem 1. im Alter von vier Jahren begonnen, Klavier zu spielen. SCHEPS: Weiß ich nicht mehr so genau. Das Klavier ist, soweit ich Jahrhundert wurde das Land lange Zeit durch die Kirche dominiert, die meisten Menschen waren Analphabeten. Es gab eine Kirchenmich zurückerinnern kann, ein Bestandteil meines Lebens. Das schrift für Gesänge namens „krjuki“. Sie war sehr weit entwickelt, kommt auch durch meine Eltern, die beide Klavier spielen. Bei uns zu Hause stand immer ein Flügel und es wurde viel Musik gemacht aber Instrumentalmusik war verboten. Ivan der Schreckliche mochte Musik, ließ bei Hofe Instrumentalmusik spielen, aber nach und gehört. Es ist übrigens bis heute so. Das finde ich sehr schön. seinem Tod wurde alles wie vorher. Die Russische Musik erlebte ja CRESCENDO: Gab es auch mal „Null Bock“-Phasen in der Jugend? SCHEPS: Klar. Aber ich habe immer wieder schnell zum Klavier zurück erst durch Peter den Großen seine wahre Geburt. Er sah auf seinen Reisen, dass in Europa das musikalische Leben im Gegensatz zu gefunden. Ich spiele einfach sehr gerne Klavier. Russland blühte. Daraufhin holte er Musiker und Komponisten ins CRESCENDO: Sie spielen dann nicht jeden Tag? SCHEPS: Doch, ich spiele, übe und höre Musik jeden Tag. Ich finde Land und ließ Opernhäuser bauen. Zu den allerersten, die Instrumentalmusik niederschrieben, gehört Nikolai Titov (1-1). aber, man sollte als Musiker üben, wenn man Lust und die Inspiration dazu hat, und nicht weil es sein „muss“. Sonst hört es sich Von ihm habe ich drei Walzer eingespielt. Es sind kurze Stücke, die an Volksmusik erinnern, mich persönlich erinnert der erste hinterher auch so an. Ich habe glücklicherweise meistens Lust zu allerdings eher an ein leichtes französisches Chanson. musizieren. Wenn nicht, würde ich diesen Beruf nicht ausüben. CRESCENDO: Als Sie sechs Jahre alt waren, haben Ihre Eltern Moskau CRESCENDO: Und zu diesem Zeitpunkt setzt Ihre CD ein? SCHEPS: Genau, das ist sozusagen ein Anfang, Titov war kein profesverlassen und sind nach Deutschland gezogen. Warum? sioneller Komponist, ist aber als einer der ersten russischen KomSCHEPS: Sie hatten mehrere Gründe. Russland funktioniert immer noch nach völlig schiefen Gesetzen, leider. Schade für ein Land ponisten in die Geschichte eingegangen. Danach gab es nach und mit einer so tollen Kultur und einem sehr großen Potenzial. Meine nach eine Menge russischer Komponisten, deren Blütezeit die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts wurde. Davon sind einige auf meiEltern wollten vielleicht in einem Land leben, in dem man zum Beispiel durch Leistung etwas erreichen kann. Dort geht das natürner CD zu hören, unter anderem Anton Rubinstein, Peter Tschailich auch irgendwie … aber es wird durch andere Dinge dominiert. kowsky und Sergej Rachmaninow. Das reicht bis zum Anfang des . Jahrhunderts mit Nikolai Medtner und Skrjabin. Russland ist ein politischer und gesetzlicher Dschungel. CRESCENDO: Sind Sie Ihnen rückblickend dankbar für diesen Schritt? CRESCENDO: Einige der Komponisten sind bei uns eher unbekannt. 12

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Auch die Schattenseite von Olga Scheps kann sich durchaus sehen lassen.

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Alle Fotos: Robert Kittel f端r crescendo (Agentur 25Stunden.com); Haare-Make-up: Isabella Steigenberger

Pianostar Olga Scheps im (nat端rlichen) Licht der Bayerischen Staatsoper in M端nchen

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„Ich begegnete Herrn Brendel mit großer Neugier. Ich konnte es kaum erwarten, ihn zu treffen.“

Frau im Spiegel: Olga Scheps bei der Anprobe der Kleider in den Ionischen Sälen.

SCHEPS: Stimmt, zum Beispiel Anatol Ljadov. Er war ein toller Komponist, aber hat sehr wenig geschrieben. Viele Werke hat er gar nicht vollendet. Aus Quellen geht hervor, dass er sehr undiszipliniert war, es heißt auch, er habe viel getrunken. Das wird einer der Gründe sein. Von ihm habe ich ein ganz tolles, kleines Stück eingespielt, welches „musikbox“ heißt. Ein faszinierendes, zauberhaftes Programmstückchen. CRESCENDO: Haben Sie ein persönliches Lieblingsstück auf der CD? SCHEPS: Im Moment ist es „die Lerche“ von Michael Glinka, bearbeitet von seinem Schüler Mili Balakirev. Es wurde komponiert nach einem Lied, dessen Text ein Gedicht von Nestor Kukolnik ist. Der Text beginnt mit ungefähr dem Wortlaut: „Zwischen Himmel und Erde zieht sich ein endlos Lied der Lerche …“. Die schmerzende Sehnsucht in Form eines Naturbildes. Das war damals nicht unüblich, auch Puschkin, der zu der Zeit lebte, verwendet gerne Metaphern der Natur. Das finde ich unfassbar schön in so einer Form. CRESCENDO: Spielen Sie Musik russischer Komponisten eigentlich mit größerer Hingabe als die anderer? SCHEPS: Nein. Ich spiele Schuberts Musik oder Mozarts Musik mit der gleichen Hingabe. CRESCENDO: Als junger Musiker hat man verschiedene Lehrer und Impulsgeber. Sind die Ansätze der einzelnen Klavierschulen sehr unterschiedlich? SCHEPS: Es gibt Unterschiede, natürlich. Zum Beispiel ist meine Erfahrung, dass das Handgelenk in der russischen Schule ganz locker und sehr beweglich sein soll, und sich etwas höher befindet, beim Spiel, während die Lehrer in Deutschland und Österreich eher ein stabiles, sich wenig bewegendes Handgelenk bevorzugen. Ich habe für mich von beidem etwas herausgenommen. Ich finde, man kann je nach Literatur und der jeweiligen Beschaffenheit der Hände variieren. Eigentlich sind beide Schulen im Endeffekt gar nicht so unterschiedlich, die Wege sind nur etwas anders. CRESCENDO: Es heißt, Alfred Brendel hat Ihnen im Lauf der Karriere

immer wieder wichtige Impulse gegeben. Impulse – wie ist das zu verstehen? SCHEPS: Ich habe das Glück, ihm vorspielen zu dürfen. Ich bin sehr dankbar, dass ich mir bei ihm künstlerischen Rat holen kann, habe schon unheimlich viel von ihm gelernt. Mehr als nur besser Klavier zu spielen, er hat meine Art zu Arbeiten grundlegend beeinflusst. CRESCENDO: Wie kam es zu dieser Verbindung? Nicht jeder junge Musiker hat die Chance, einem so legendären Pianisten regelmäßig vorzuspielen. SCHEPS: Mit 1 habe ich für den Rundfunk ein Chopin-Stück aufgenommen. Ich ließ mir die Aufnahme als CD brennen und schickte sie zusammen mit einem handgeschriebenen Brief an Herrn Brendel. Einige Zeit später kam ein Brief zurück. Ein paar Wochen danach saßen wir zusammen im Berliner Steinway-Haus und haben mehrere Stunden gearbeitet. CRESCENDO: Sie müssen furchtbar nervös gewesen sein. SCHEPS: Ich war schon aufgeregt, klar, aber ich war nicht ängstlich, ich begegnete Herrn Brendel mit großer Neugier. Ich konnte es kaum erwarten, ihn zu treffen, war einfach wahnsinnig interessiert, mit ihm zu reden, ihn kennen zu lernen und mit ihm zu arbeiten. CRESCENDO: Am 1. Dezember spielen Sie bei einem Benefiz-Konzert der Stiftung „Gute-Tat.de“. Sind Sie so ein Gutmensch? SCHEPS: Ich freue mich sehr auf diese Veranstaltung, die Stiftung „Gute-Tat“ ist sehr engagiert, sie helfen unter anderem Kindern in Not und ich freue mich, wenn ich mit meinem Musizieren Anderen etwas Gutes tun kann. Der zweite Grund ist, ich spiele mit meinen hoch geschätzten Kollegen Nils Mönkemeyer, Daniel Hope und Jan Vogler an dem Abend im Quartett, und darauf freue ich mich auch ganz besonders. // Das Russian Album von Olga Scheps ist bei RCA Red Seal erschienen. In den nächsten Monaten ist sie von Alzenau bis Wiesbaden auch in Konzerten zu erleben. www.crescendo.de 06_2010 | 15

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Hauptsache Trommeln! Vor Martin Grubinger zittern ganze Fensterfronten: Der Österreicher ist der derzeit gefragteste Percussionist, vor und hinter der Bühne V O N A N T O I N E T T E S C H M E LT E R D E E S C O B A R

Eltern, die zu Hause arbeiten, wissen: Im Umfeld ihrer Kinder konzentriert arbeiten zu können, ist sehr schwierig. Im Fall von Martin Grubinger Senior war dies anders. Wenn der österreichische Schlagzeuglehrer daheim Schüler unterrichtete, saß sein Sohn mucksmäuschenstill in einer Ecke und verfolgte wie elektrisiert jede Bewegung des musikalischen Nachwuchses. Verließen die Eleven das Haus, stürzte sich der Kleine selbst auf Trommeln oder Pauken, um unter Anleitung des Vaters oder allein stundenlang zu üben. Knapp 20 Jahre später hat sich dieser Feuereifer zu einem wahren Vulkan entwickelt. Mittlerweile auch am Bruckner-Konservatorium in Linz sowie Salzburger Mozarteum ausgebildet, macht Martin Grubinger Junior als Multipercussionist Furore, wo immer er die Bühne betritt. Denn mit bis zu 1100 Beats pro Minute lässt er hölzerne Sticks auf Snare Drums oder bis zu sechs Mallets pro Hand gleichzeitig über sein Lieblingsinstrument Marimbaphon tanzen. Er bringt mit seinen Händen Schlagwerk-Exoten zum Klingen, die er von Scouts rund um den Globus aufspüren lässt. Mit seinem neuesten Projekt ist Grubinger der Sprung zum Major Label Deutsche Grammophon geglückt: „Drums ’n’ Chant“ – ein eigenwilliger Mix aus Percussion und Gregorianischen Gesängen, die auf einer Idee des DG-Produzenten Christian Leins basiert. „Mit dieser Musik hatte ich mich davor noch nie befasst“, verrät der 27-Jährige beim Interview. „Entsprechend schwierig fand ich es am Anfang, Schlagzeug und Gregorianik zu vereinen.“ Doch durch stundenlanges Einhören sei er nach Wochen in die fremde Welt eingetaucht und habe gespürt, dass da etwas ist, womit man arbeiten könnte. „Bei den Mönchen bestimmt der Text die Rhythmik. Die haben wir analysiert und unsererseits eine Struktur geschaffen, die für den Zuhörer so klingt, als würden die Benediktiner gleichzeitig mit uns singen, obwohl deren Aufnahmen von 1981 sind.“ Die Demoversion, mit der Grubinger ins Kloster Münsterschwarzach reiste, war „zurückhaltend“, um den zuständigen Pater Rabanus nicht „vor den Kopf zu stoßen“. Doch wider Erwarten fand der Ordensmann, der „alles über Schlagzeug weiß“, die Vorschläge „zu brav“ und forderte sein erstauntes Gegenüber auf, „es knallen zu lassen“ – für Grubinger „die Lizenz zum Loslegen“. In der Folge ließ er sich selbst sowie fünf befreundete Percussionisten von insgesamt zwölf Gesängen inspirieren, die im „overdubbing“-Verfahren mit bis zu 60 Instrumental-Tonspuren kombiniert wurden: von meditativ bis ruhig groovend, wenn unter anderem Albrecht Mayer seine Oboe mitsingen lässt. In zwei Fällen exotisch, wo türkische und afrikanische Ein�üsse unüberhörbar sind. Dann wild und aufwühlend wie bei einem „Gipfelsturm“ – für Grubinger die „einzig mögliche Variante“, weil für ihn „eine ganze CD in einem Stil“ nicht vorstellbar wäre.

Diese Bandbreite ist typisch für den jungenhaften Jeans- und Turnschuhträger, der sich selbst als „widerspenstig“ bezeichnet: Der katholischen Kirche steht er zwar als Institution kritisch gegenüber, kann gregorianischen Gesängen aber tiefe Wahrheiten außerhalb von „Raum und Zeit“ abgewinnen. Als Solist an der Seite großer Orchester konzertiert er genauso wie gemeinsam mit Freunden vom Fach und seinem Lieblingspartner Martin Grubinger Senior als „Percussive Planet Ensemble“, demnächst auch auf DVD. In seinem Repertoire rangiert Klassik gleichberechtigt neben zeitgenössischen Komponisten, die für ihn Stücke mit höchstem Schwierigkeitsgrad maßschneidern, oder auch Weltmusik. Für einen Kino�lm sucht er von Herbst bis Frühjahr ihre Wurzeln – in Begegnungen mit anderen Musikern, begleitet von einem Kamerateam. Angedacht sind auch Grenzgänge in Richtung Freejazz oder Salsa. „Ich brauche die Abwechslung, um mental frisch zu bleiben“, lässt er wissen. Er bewundere Solisten, die ein Jahr lang drei Violinkonzerte spielen können. Ihn selbst würde das verrückt machen. Für diese Vielfalt mutiert er zum Leistungssportler: Wann immer es in seinen prallvollen Terminkalender passt, geht er joggen, fährt Rennrad oder geht ins Fitnessstudio. Sport spielt auch eine Rolle, wenn er ausnahmsweise relaxt, allerdings in passiver Form. Denn am besten kann der Bayern München-Fan „beim Fußballschauen“ abschalten. Oder daheim in Thalgau, 20 Kilometer von Salzburg entfernt. „Da gibt’s nur Wiesen, Kühe, Schafe und Leute, die mit meiner Arbeit nicht so viel anfangen können – perfekt für den Fokus aufs Wesentliche.“ Wo momentan Ruhe dominiert, brechen ab Mitte Oktober allerdings andere Zeiten an: Mit seiner Frau, einer türkischen Pianistin, bekommt Martin Grubinger einen Sohn, auf den er sich als „ganz neue Facette“ seines Lebens riesig freut. Dass auch der seinen Papa demnächst hochkonzentriert beim Proben belauscht, kann man sich bildlich vorstellen. „Oder aber er wird Fußballer. Zumindest strampelt er schon im Bauch wie wild herum“ – immer in Bewegung, ganz wie der stolze Vater in spe. // Drums ’n’ Chant, Martin Grubingers neues Album, ist bei der Deutschen Grammophon erschienen. Live steht er im November und Dezember in Hamburg, Essen und Bamberg auf der Bühne.

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Aus dem Festivalprogramm 18.12. Eröffnungskonzert

Arabella Steinbacher, Violine Orchestre Philharmonique du Luxembourg Emmanuel Krivine, Leitung Musik von Ravel, Bartók, Sibelius 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

Trommler Grubinger (27) mit seinem Lieblingsspielzeug. Im Bayerischen Fernsehen moderiert er im Wechsel mit Sol Gabetta auch das Musikmagazin KlickKlack.

Calling You radio.string.quartet.vienna & Rigmor Gustafsson 19:30 Uhr Kurtheater

22.12. Mystik der Gregorianik

10.01. Patricia Petibon

Chorgesänge mit Texten und Weisen der Hildegard von Bingen Gloria von Thurn und Taxis, Rezitation 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

23.12. Russische Weihnacht

Chorkunstakademie Moskau Musik von Tschaikowsky, Rachmaninow und populäre russische Volks- und Weihnachtslieder 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

01.01. Neujahrskonzert

Avi Avital, Mandoline Berliner Symphoniker Lior Shambadal, Leitung 17:00 Uhr Max-Littmann-Saal

05.01. Farewell, Italia

Marco Beasley, Gesang Guido Morini, Cembalo Stefano Rocco & Fabio Accurso, Laute 19:30 Uhr Weißer Saal

Foto: Felix Broede / DG

07.01. Jazz after 8

Ludwig van Beethoven Elena Nesterenko, Klavier 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

Max Greger3 – Drei Generationen Swing 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

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Musikalisches Theater von Louis Andriessen Cristina Zavalloni, Gesang Ensemble Nieuw Amsterdams Peil 19:30 Uhr Kurtheater

19.12. Maximilian Schell

26.12. Swinging Christmas

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06.01. Anaïs Nin Deutsche Erstaufführung

Nicht nur ein Liederabend Susan Manoff, Klavier Lieder von Copland, Bizet, Hahn, de Falla und Satie 19:30 Uhr Rossini-Saal

11.01. Aterballetto Suite

Aterballetto - Fondazione Nazionale Della Danza Mauro Bigonzetti, Choreografie 19:30 Uhr Kurtheater

12.01. Jazz after 8

Musical Landscapes Startrompeter Ole Edvard Antonsen & Band Musik von Bach, Mussorgsky, RimskyKorsakow und eigene Kompositionen 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

15.01. Abschlusskonzert

Kirill Troussov, Violine Bochumer Symphoniker Anu Tali, Leitung Musik von Moniuszko, Schostakowitsch und Prokofiew 19:30 Uhr Max-Littmann-Saal

Ausführliches Programm und Tickets:

Kissingen-Ticket 0971 8048-444 www.kissingerwinterzauber.de

Veranstalter: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH

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Der fesselnde Tscheche Er lernte bei Cellibidache und leitet das Londoner BBC Orchestra. Trotzdem ist Jiří Bělohlávek der Antipode unter den Klischee-Pultstars. VON CHRISTOPH SCHLÜREN

Manche Dinge machen Sinn: Wider die Konvention ist auf dem Cover der jüngsten Gesamteinspielung der Beethoven’schen Klavierkonzerte nicht der Solist alleine abgebildet. Oder – wie im Normalfall – der Komponist! Sondern völlig gleichauf die beiden Hauptverantwortlichen dieser rundum mehr als gelungenen Aufnahme: der Pianist Paul Lewis, der für harmonia mundi bereits die gesamten Sonaten Beethovens aufgenommen hat und der Chefdirigent des beteiligten BBC Symphony Orchestra, Jiří Bělohlávek. Das ist gut so, denn Bělohlávek, obwohl von der harmonia mundi beinahe etwas ‚missbraucht‘ als Begleiter der Haussolisten, ist ohne Zweifel einer der fähigsten und fesselndsten Dirigenten unserer Zeit. Er ist heute Tschechiens führender Maestro, dem wir die idiomsichersten Aufführungen der Werke von Dvořák, Smetana, Janáček, Suk oder Martinů seit den Tagen solcher Legenden wie Václav Talich oder Josef Vlách verdanken. Wer in den letzten Jahren unter Bělohláveks so inspirierender wie beherrschter Stabführung eine Symphonie Mozarts, Beethovens oder Mendelssohns erleben durfte, weiß, wovon die Rede ist: untrügliches Stilgefühl, gebündelte Energie, befreit atmender Fluss, klare, �exible Artikulation, sinnfällig ausgehörte Modulationen, Transparenz der Struktur in allen Schichten, feinst austarierte Balance – all das wissen die Orchestermusiker und Solisten zu schätzen. Derzeit wird Bělohlávek von einigen der führenden amerikanischen Orchester umworben, die darauf hoffen, dass er – seit 2006 Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra in London und mittlerweile 64 Jahre alt – seinen permanenten Aktionsradius erweitern wird und bereit ist für große neue Aufgaben. Von ihm wäre eine solche Zusage nur zu erhalten, wenn die Konditionen so sind, dass „ein kontinuierliches Anheben des Standards möglich ist“.

Bělohlávek begegnete 1968 in Prag Sergiu Celibidache und lebte dann zwei Jahre in Schweden, wo er von dem rumänischen Maestro das dirigentische und musikalische Handwerk von Grund auf lernte. Es prägte ihn entscheidend: 1972-78 leitete er die Brünner Staatsphilharmonie, 1977-89 die Prager Symphoniker. 1990 wurde er zum Chefdirigenten der Tschechischen Philharmonie ernannt, doch erlebte er einen herben Rückschlag, als er ein Jahr später aus seiner Position gemobbt wurde, weil sich das Orchester von der Verp�ichtung Gerd Albrechts größere internationale Erfolge versprach – mit bekannt desaströsem Ausgang. Diese existenzielle Krise überwand Bělohlávek mit der Gründung der Prager Philharmonie, die schnell zu einem der weltbesten Kammerorchester avancierte. Es veröffentlichte mit ihm wunderbare Mozart- und Mendelssohn-Aufnahmen. Seit 1997 bekleidet Bělohlávek eine Dirigierprofessur in Prag, und seit 2006 ist er Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra. Er ist in seinem aristokratisch verhaltenen Auftritt beinahe schon ein Antipode der Klischee-Pultstars und wird nicht müde, zu betonen, „dass Energie unerlässlich ist beim Musizieren – doch entscheidend ist, dass es ‚kontrollierte Energie’ ist, sonst herrscht Anarchie. Jede Funktion hat ihren klar de�nierten Platz innerhalb des Ganzen.“ Der Dirigent ist, was heute oft vergessen wird, etwas ganz anderes als eine imposante Mischung aus Showman und Verkehrspolizist: „Seine Hauptaufgabe ist es, die Phrase zu formen, die Architektur entstehen zu lassen, das herauszubringen, was in den Noten nur kodiert zu sehen ist.“

Foto: Clive Barda

Dirigent Jirˇí Beˇlohlávek: „Entscheidend ist, dass es kontrollierte Energie ist.“

Ludwig van Beethoven: Alle Klavierkonzerte; Paul Lewis, BBC Symphony Orchestra, Jirˇí Beˇlohlávek (harmonia mundi)

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m in c-Moll“ 1 Luigi Cherubini „Requie rimosa), Kammerchor Sequentia (Dies irae, Lac tgart, Frieder Bernius Stuttgart, Hofkapelle Stut „Sonata Nona cini Vera ia 2 Francesco Mar Ortega Quero, ón Ram le, in g-Moll“ Cantabi rger Peter Kofler, Luise Buchbe lici gl‘animi“ (Libro 3 Girolamo Kapsberger „Fe dalena Kožená, Mag ) 1623 e, nell quarto di villa l Pitz re Pier , Private Musicke ie C-Dur“ 4 Robert Schumann „Fantas n. Durchweg leise age getr m gsa Lan 17, op. zu halten, Lars Vogt Frieden schließen“ 5 Hugo Wolf „Nun laß uns e Zeit geschwiegen“ und „Wir haben beide lang ch“ Julia Kleiter, aus „Italienisches Liederbu o Dumno Hilk ien, gard Pré ph isto Chr art „Konzert 6 Wolfgang Amadeus Moz Nr. 15, B-Dur“ für Klavier und Orchester de Chambre de KV 450, Allegro, Orchestre harias Lausanne, Christian Zac tholdy 7 Felix Mendelssohn Bar oll“ op. 25, „Klavierkonzert Nr. 1 in g-M n, Royal Flemish Andante, Martin Helmche reweghe Philharmonic, Philippe Her „Flötenkonzert à 5 ntz Qua chim Joa 8 Johann to, La Ricordanza mol di gro Alle , 5:45 D-Dur“ QV Nr. 5 in nate „So en 9 Ludwig van Beethov onate“, Adagio molto F-Dur“ op. 24 „Frühlingss uçon, Frank Braley espressivo, Renaud Cap „Die Nussknackerky ows 10 Peter Tschaik alzer, Berliner Suite“ op. 71a, Blumenw ppertsbusch Philharmoniker, Hans Kna

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Die Londoner Times sagt, sie sei der Barack Obama des Mezzosopran: Dabei singt Magdalena Kožená im Moment eher Liebeslieder aus der Zeit von Ludwig XIV. V O N C H R I S TA H A S S E L H O R S T

Die Multi-Kulti-Frau: Mezzosopran Magdalena Kožená spricht zu Hause tschechisch und englisch, das Interview mit crescendo führte sie in perfektem deutsch.

Sie überrascht mit wunderbarer Wandlungsfähigkeit, schlüpft in immer neue Rollen ihres Repertoires, verblüfft mit ständig anderen Facetten. Nach einer koketten Hosenrolle als Lazulis in Emmanuel Chabriers Oper „L’ Étoile“ an der Berliner Staatsoper Unter den Linden begibt sich Mezzosopran Magdalena Kožená jetzt ins Zeitalter des sehr frühen Barock. „Lettere amorose“ heißt ihre neue CD, eine Anthologie in ihrer Schlichtheit anrührender italienischer Lieder, die sich im weitesten Sinne um die Liebe drehen. Ein Wagnis, denn es handelt es sich um Musik von Komponisten, die nur eine Schar Eingeweihter kennt. Monteverdi okay, aber wer weiss schon etwas von Sigismondo D’India oder Girolamo Kapsberger? Die Sängerin hörte diese Lieder jedoch bereits in ihrer Kindheit. Daher war dieses Projekt für die in Berlin lebende Sängerin, geboren

und aufgewachsen im tschechischen Brünn, eine Herzenssache. Im Brünner Kinderchor wurden diese Lieder gesungen, als 16-jährige Studentin begegneten sie ihr wieder. „Da sang ich in einem MadrigalQuintett und war mit diesem Stil für mehrere Jahre beschäftigt. Diese Musik ist sehr gesund für die Stimme und macht einen enorm kreativ, denn man muss die alten Notenschlüssel lesen“, so Kožená. „Ich wollte immer schon zurück zu dieser Musik, nicht ständig nur Schubert et cetera singen. Deswegen bin ich sehr glücklich, dies verwirklicht zu haben.“ Es ist ein Sprung weit zurück in das Italien des frühen 17. Jahrhunderts, wo diese Musik allgemeines Liedgut für Arm und Reich, am Hofe und in den einfachen Tavernen war. „Damals gab es keine Trennung von E- und U-Musik“, sagt Kožená mit Bedauern über die heutige Entwicklung, „diese Lieder wurden bei Festen, auf Gaukler-

Foto: Esther Haase/DG

LA CANTORA D’’AMORE

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Erkki-Sven Tüür Strata

Karl Amadeus Hartmann / Alban Berg Tief in der Nacht

Giya Kancheli Themes From The Songbook

Symphonie Nr. 6 Konzert für Violine und Klarinette

Juliane Banse Sopran Aleksandar Madžar Klavier

Dino Saluzzi Bandoneon Gidon Kremer Violine Andrey Pushkarev Vibraphon

ECM 2153 CD 476 3848

Carolin Widmann Violine Jörg Widmann Klarinette Nordic Symphony Orchestra Anu Tali Dirigentin

ECM 2188 CD 274 3230

ECM 2040 CD 476 3799

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Mehr KOŽENÁ auf der crescendo premium-CD, Track 3.

Foto: Mathias Bothor

MAGDALENA märkten, auf der Straße, einfach Langes Nachdenken. „Ja, ich überall gesungen. Und sie sind toschrieb etliche und erhielt sie KOŽENÁ tal anders als Bach oder Händel, auch, Gott sei Dank“, erinnert sie sich. „Aber heute ist ja alles Die Mezzo-Sopranistin wurde eigentlich viel moderner!“ sooo unromantisch. Ich schreibe 1973 im tschechischen Brno Sie spielt auf das längste Stück an, ein fast neunminütiges Wiemanchmal noch mit dem Füller, (Brünn) geboren. Ursprünglich genlied, das nur von zwei Akkoraber keine Liebesbriefe“. Kann wollte Kožená Pianistin wersie sich an ihren letzten erinden eines Zup�nstrumentes begleiden. Im Alter von 12 Jahren tet wird. „Mein Favorit, das ist fast nern? Noch längeres Nachdenzog sie sich eine Handverletzung zu und begrub die Pläne. Später entschied sie sich für ein ken. „Oh, das ist lange her“, sagt schon Minimal-Music à la Philip Glass“, schwärmt sie, „so erstaunGesangsstudium am Brünner Konservatorium und gewann gleich zum sie dann, „okay, vielleicht fange lich und mutig, nur die GesangsAbschluss ihres Diploms den internationalen Mozart-Wettbewerb ich wieder damit an!“. in Salzburg. In den Jahren 2000 und 2002 erhielt sie außerdem den Aufnahmeort für „Lettere stimme verändert sich und versetzt ECHO Klassik. Kožená lebt mit ihrem Ehemann, dem Dirigenten Simon amorose“ war der Nikolaisaal in eine traumhafte Atmosphäre!“ Rattle und den beiden Kindern in Berlin. in Potsdam, ein hochmoderner Stimmt, denn die ModulationsfäKonzertsaal in barocker Hülle. higkeit ihres Mezzo trägt die neun „Den wählten wir wegen der Minuten mit inniger Intensität, guten Atmosphäre, es ist essenziell bei einer Aufnahme, das man keitraumwandlerisch und mühelos. Der Text des Lullabys ist jedoch alles andere als schön, „Maria besingt das Jesuskind und kennt schon das ne trockene Studio-Akustik hat. Und natürlich auch, weil es nah zu schreckliche Ende. Daher ist es für mich als Mutter sehr berührend, es meinem Zuhause ist“, gibt sie zu. Auf Tourneen kommen die Kinder zu singen“, bekennt die Mutter von zwei Kindern, fünf und zwei Jahre meist mit. „Sie sind das Reisen gewohnt und das Wichtigste ist, dass alt. Singt sie denen dieses Lied oder andere der neuen CD zum Einschlawir alle zusammen sind.“ fen vor? „Oh nein“, sagt sie und lacht, „meine Kinder wollen von mir nur Nach der Geburt der beiden Kinder wurde die Stimme der Mezzo-Sopranistin „schwerer, fundierter“, wie sie es kürzlich in einem tschechische Lieder hören“. Daheim spricht sie konsequent tschechisch mit den Kindern. Mit ihrem Mann Simon Rattle, Chefdirigent der BerInterview beschrieb. Damit sei der Traum, die großen Janáček-Partien liner Philharmoniker, redet sie englisch (das crescendo-Gespräch führt wie Jenufa und Katja Kabanova zu singen, wohl endgültig vorbei. „Ich bin so traurig, dass ich dies als Tschechin nicht singen kann“, gesteht sie übrigens, eher ungern, in blendendem Deutsch). Die anderen Stücke auf „Lettere amorose“ stuft Kožená eher in sie. „Aber alle Menschen wollen wohl immer das, was sie gerade nicht die Kategorie „happy“ ein. Für wen ist diese Musik, für Verliebte oder haben!“ Aber sie ist doch auf dem Gipfel: Immerhin wurde sie von der London Times im Vorjahr zum „Barack Obama der Mezzosoprane“ Menschen mit Liebeskummer? „Weder noch“, widerspricht sie vehement, „das ist für Jeden! Es geht um die emotionale Liebe zwischen gekürt. Sie lacht ungläubig: „Wirklich? Das kenne ich noch gar nicht! Na toll, war sicher gut gemeint und man muss wohl froh sein über so zwei Menschen, Mutterliebe, die Liebe zu Gott, zur Schöpfung, auch eine Kritik“. // betrogene Liebe – Liebe generell!“ Das Titel gebende Monteverdi-Lied ist übrigens nicht mehr auf der CD, „wir haben es wieder herausge„Lettere amorose“ ist soeben erschienen (DG) und diesmal nommen, weil uns die anderen Kompositionen so wunderbar ge�elen. können nicht nur unsere Abonnenten probehören. Auf www.crescendo.de steht ein Track für unsere Leser kostenlos Aber der Titel passte einfach perfekt“, erklärt sie. zum Anhören zur Verfügung. Mit Private Musicke und Pierre Liebesbriefe sind nicht gerade en vogue im 21. Jahrhundert. Hat Pitzl präsentiert Magdalena Kožená ihr Programm live in Berlin, sie früher handschriftliche Liebesbriefe verschickt und bekommen? Hamburg, Baden-Baden und Dortmund.

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{ KO L U M N E }

VON PA S C A L MORCH É

TU FELIX AUSTRIA

Der Lieblingsnachbar sitzt musikalisch noch fest im Sattel, vergaloppiert sich aber manches Mal mit seinen angeblich „eigenen“ Pferden am Hofe. Unser Kolumnist ist – ausnahmsweise – wenig skeptisch. „Kriege führen mögen andere, du glückliches Österreich heirate.“ Das wohlbekannte Zitat auf die historische Heiratspolitik der Habsburger lässt sich variieren: „Den Niedergang der klassischen Musik und dramatisch sinkende Besucherzahlen in Opern- und Konzerthäusern mögen andere beklagen, du glückliches Österreich präsentierst dich mit mindestens 1% Platzausnutzung von der Wiener Staatsoper bis zur Seebühne in Mörbisch als das Musikland Nummer eins auf der ganzen weiten Welt. Während in Deutschland Jugendliche keine Klarinette mehr von einer Oboe unterscheiden können, lernen deine Kinder Klavier oder Geige und Musikunterricht ist tatsächlich noch immer ein Unterrichtsfach im österreichischen Schulwesen. Nun, ziehen wir mal schnell die Handbremse des Jubelns: Auch in Österreich leben Menschen, die Norma zunächst einmal für eine Supermarktkette halten. Und dennoch scheint klassische Musik zur anthropologischen Grundausstattung der Alpenrepublik Österreich zu gehören. Zum Entzücken japanischer oder amerikanischer Zeitgenossen pfeift hier sogar der Fiaker a bisserl die Papageno-Arie und selbst Kellner, Taxifahrer und Burenwurstverkäufer wissen in Wien, was am Abend in der Oper „gegeben“ wird. In Österreich, da ist sie eben zuhaus, die holde Musik, die ganz die hohe Hochkultur. Immerhin fallen selbst klassikfernen Menschen beim Stichwort „Musikland Österreich“ zumeist gleich drei Namen ein: 1. Mozart! . Karajan! . Neujahrskonzert! Ja, ist das denn etwa nix?

Ehrlich: Das ist verdammt wenig, wenn Konzerte klassischer Musik und Opernvorman bedenkt, dass sich tatsächlich der westellungen in Österreich mehr sind als „nur“ ein Laufsteg der Eitelkeiten. Mehr, als nur ein sentlichste Teil der abendländischen Musikgeschichte in Österreich abgespielt hat. Die großer „Welttheaterschwindel“ für Menschen, gefährliche Reduzierung klassischer Musik die sonst DAX-notierte Unternehmen lenken, aber auf „Mozart, Karajan, Neujahrskonzert“ ihre Ehefrauen ausführen, in der Oper an den kommt vielleicht nicht von ungefähr und sollte falschen Stellen klatschen und Stradivari mit an dieser Stelle ein wenig beleuchtet werden. Charivari verwechseln. Die, von Barock und „Mozart, Karajan, Neujahrskonzert“, (gerne Rokoko überzuckerte Gesamtkunstpralinengesellt sich da auch noch der „Opernball“ hinschachtel Österreich ist (immer noch) weltweit zu) resultiert aus der Tatsache, dass klas„der“ Umschlagplatz des Wohlklangs. Das sische Musik in Österreich (auch) österreichische Magazin „news“ erImage- und Wirtschaftsfaktor scheint wöchentlich und bringt ist – und leider (!) oftmals wöchentlich (!) Berichte, InDie Vernur als solcher gepflegt terviews, Reportagen aus der wurde und – wird. Dabei Welt der Oper und Klassik. ehrung gilt ist es doch offensichtlich, Welches andere Magazin ohnehin auch dass Musik aus Östermacht dies ebenso? Wird der Sacherreichs reichhaltiger und hier wirklich nur Klatsch torte klassischer Tradition in der bedient? Ist hier wirklich alles Außenwahrnehmung einen nur Marketing? Nein! Die klashohen Stellenwert hat. Musikasische Musik liegt in Österreich lische Kultur wird in Österreich – im wortwörtlich in der Natur der Sache: Kultur und Natur, Bürgerlichkeit und LändGegensatz zu Deutschland! – „gelebt“. Welches Land auf Erden wirbt schon mit Kompolichkeit, Urbanität und Provinzialität sind im nisten für seinen Tourismus? Dazu noch mit schönen Österreich derart miteinander vereinem Komponisten, der Gustav Mahler heisst woben und verschmolzen, dass gerade hier der – und auch nicht ganz für mainstream steht? ideale Nährboden für klassische Musik ist. Die In welcher Stadt findet heute noch eine Opernzweifellos in dem kleinen Alpenstaat besser premiere auf der Titelseite der Tageszeitung verankert ist als überall sonst auf der Welt. statt? In Wien! „Ja“, werden manche einwenAls folgte sie historisch einer inneren Notden, „aber meist wird da nur Tritschitratschi wendigkeit, so spannt sich der Bogen der klasberichtet“. Mag sein. Doch der gesellschaftsischen Musik in Österreich kontinuierlich liche Zirkus macht nur (wenn überhaupt) die von der Renaissance und dem Barock über halbe Wahrheit aus. Die Wahrheit ist, dass Wiener Klassik und sogenannte Operetten-

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es nicht leicht. Er kann natürlich versuchen, sich selbst einzubürgern, wie Richard Strauss dies tat. Gute Ausgangsbasis: Der Münchner heisst wie alle Walzer-Sträusse und komponierte dazu auch noch die wienerischste aller Opern, den „Rosenkavalier“ (und darin obendrein jede Menge Walzer.) Heute können wir wahrscheinlich eine Originalpartitur Mozarts und ein paar Kugeln darauf wetten, dass die meisten Österreicher Richard Strauss für einen der ihren, für einen Landsmann halten und nicht für einen aus der Piefkei, für einen Piefke nämlich. Ja, im Österreichischen ANZEIGE kann viel Deutsches liegen. Zum Beispiel Hohn und Häme gegenüber dem Fremden. Ein Selbstbetrüger und Wahnsinniger wäre jener, der glaubt, das Österreicher jemals die Deutschen, diese MÜNCHENER KAMMERORCHESTER Piefkes wirklich mochten oder gar liebten. Immerhin aber verspotten sie ihren Nachbarn im Norden, indem sie dabei musikalisch bleiben: Johann Gottfried Piefke, preußischer Militärmusiker, der den Königgrätzer Marsch komponierte, war 1 bei jener Siegesparade anwesend, die den Sieg der Preußen über den, von Österreich angeführten Deutschen Bund feierte. Piefke dirigierte auch noch selbst. Dass die Österreicher ihn nicht mochten und ihnen dessen Märsche auch viel zu zackig klangen, war in der historischen Situation ver04.12.2010 | IANNIS XENAKIS ständlich. Seitdem aber sind für sie die Einführungsgespräch 21 Uhr Deutschen Piefkes. Und die Ösis haben 22.01.2011 | KARL AMADEUS HARTMANN wieder einmal so richtig musikalischen Architektengespräch Daniel Libeskind 20 Uhr Geschmack bewiesen. Bei den ideellen 04.06.2011 | GEORG FRIEDRICH HAAS Werten, die das weltweite Gütesiegel Einführungsgespräch 21 Uhr „Musikland Österreich“ prägen, gilt die Konzertbeginn jeweils um 22 Uhr Verehrung ohnehin auch der SachertorPinakothek der Moderne, München te, den Lipizzanern, Schrammeln, Karl Karten und Informationen T (089) 46 13 64-30 Schranz und Niki Lauda. Dazwischen ticket@m-k-o.eu, www.m-k-o.eu wird dann noch „das Wolferl“ (Mozart) und die schöne klassische Musi an der noch schöneren blauen Donau gemengt und fein überzuckert. Nur ein echter Operettenstaat erkennt eben in seinem musikalischen Erbe auch dessen hohen Türkentrauma übernahm man in Österreich Stellenwert für Tourismuswirtschaft und Außenhandel. Wenn die klassische Musik in dieschließlich nicht nur das Kaffeetrinken und ser Nische sehr gut und sehr satt lebt, mag das den türkischen Halbmond als Gebäck (Croissant oder Kipferl), sondern vor allem die spitnicht jedermanns Geschmack sein, dennoch zen Staccati, die schnellen Rhythmen und die sollte er dabei bedenken, dass sie dabei immerhin auch „über“lebt. So ist der schöne, alte Instrumentierung der Janitscharenmusik mit ihrer typischen Besetzung aus Piccoloflöte, Musikdampfer Österreich zur Zeit durchaus Triangel und großer Trommel. Wer in den ösdabei die Arche Noah der klassischen Musik zu werden. – Tu felix Austria! // terreichischen Musikkosmos hinein will, hat Bach, Beethoven, Brahms, Wagner, Richard Strauss – sie alle bleiben in Österreich Komponisten mit Migrationshintergrund – aber genial wie sie waren, wurden sie schnellstens eingebürgert und Teil jenes Musiklandes namens Österreich. Einen Migrationshintergrund hat schließlich alle österreichische Kunstmusik des 1. Jahrhunderts, die unter dem Eindruck der Türkenkriege und Türkenbelagerungen entstanden ist. In Form und Ausdruck werden „alla turca“ bei Haydn, Mozart und Beethoven Mode: Unter Türkeneindruck und

NACHTMUSIK DER MODERNE 10|11

60 JAHRE

dynastie bis hin zur Wiener Moderne. Die einstigen Turbo-Kulturbeschleuniger Hof und Kirche taten viel für die Karrieren von Haydn, Mozart, Schubert; von Bruckner, Johann Strauß, Mahler, Berg, Schönberg, Webern; von Korngold und Zemlinsky... Ja, der Ösi und die Musi. Vor allzu viel Selbstverliebtheit möge die Insel der Seligen dennoch gewarnt sein. Deshalb sei auch an dieser Stelle daran erinnert, dass man leicht aus Österreich rausfliegen kann – und nicht jeder komponiert dann in Hollywood Filmmusik wie Korngold. – Nun hatte sich Beethoven (Brahms weniger) in die Wiener-Szene tatsächlich selbst eingemeindet, nicht zuletzt mit viel virtuosem Klavierspiel und mit noch mehr Wein in sämtlichen Beisln und Wirtshäusern. Katholisch wie das Land geprägt ist, kam und kommt aber der protestantische Bach in der österreichischen Musikliebe (und selbst in der heutigen Musikpflege!) so gut wie nicht vor. Religion wird in Österreich eben sinnenfroher praktiziert als anderswo. Es scheint ein mediterranes Gen der Naivität zu sein, mit dem hier Musik verstanden und erfühlt wird. Vielleicht kamen Richard Wagner und Österreich auch deshalb nie wirklich zusammen. Zwar komponierte der kleine Sachse Teile seines Lohengrins in jenem Wiener Palais, das heute das schöne Hotel Imperial ist, mit Wien wurde Wagner aber nicht warm. Nach immerhin siebenundsiebzig (!) Proben erklärte die Wiener Operndirektion 1 „Tristan und Isolde“ als „unspielbar“ – woraufhin es zwei Jahre später in München zur Uraufführung dieses musikalischen Aphrodisiakums kam. Eine „Wagner“Stadt ist Wien übrigens bis heute nicht geworden. Auch wenn der Autor mit diesen Zeilen Hausverbot in der Wiener Staatsoper riskiert, so sei dennoch bemerkt: Nicht eine wirklich bemerkenswerte, oder gar epochale Wagner-Produktion hat die Wiener Oper jemals zu verzeichnen gehabt. Übrigens folgt der neue „Ring“ in Wien von Franz Welser-Möst und Sven-Eric Bechtolf präzise dieser Traditon musikalischer und inszenatorischer Beliebigkeit. Wie ohnehin innovative musikalische Impulse höchst selten vom etablierten Wien ausgehen, sondern meist von den Opernhäusern der österreichischen Provinz, nämlich aus Graz und Klagenfurt kommen.

In freundlicher Zusammenarbeit mit

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is heute ist Joseph Haydn im Urteil der Nachwelt ein unterschätzter Komponist geblieben. Seit Einführung der LP vor 60 Jahren gab es nur zwei Gesamtzyklen – von Antal Doráti und Adam Fischer. Da mutet es fast wie eine Heldentat an, dass ein kleines deutsches Label und ein Dirigent (Thomas Fey) diese Herausforderung vor drei Jahren eingingen und mittlerweile zwölf CDs vorweisen können, die fast durchwegs exzellente Kritiken erhielten. Jetzt also sind Thomas Fey und seine Heidelberger Sinfoniker in Folge 13 bei den späten Londoner Symphonien angekommen und sie p�egen auch hier wieder ihren bisherigen Kurs antiromantischer Deutlichkeit und jugendlich forscher, drängender Tempi, zum Wohle des musikalischen Revolutionärs Haydn. So quicklebendig hat man die Arbeiten der ersten Londoner Reise mit den Nummern 93, 96 und 97 schon lange nicht mehr zu hören bekommen, so dass man sich nur wundern kann, warum prominente Klangkörper (und Dirigenten) diese wunderbare Musik noch immer links liegen lassen. Auch Mozarts Musik kennt kein Verfallsdatum. Und sie wahrt, wie bei Haydn, ihre letzten Geheimnisse: Das macht viele zu Wiederholungstätern. So hat Christian Zacharias schon in den 1980er Jahren alle Klavierkonzerte Mozarts vorbildlich eingespielt, und vor wenigen Jahren der Versuchung erneut nicht widerstehen können: In seinem neuen Mehrkanalzyklus agiert er seit 2004 als Solist und Dirigent (des von ihm seit 2000 geleiteten) Orchestre de Chambre de Lausanne. Dieses Plus an Gestaltungshoheit nutzt er, um nunmehr, im reifen Alter, wieder an die Schönheit und den geheimnisvollen Zauber dieser idealisierten Operndialoge zu appellieren, und mit sonorem (Steinway-)Wohllaut wieder eine Portion romantischer Aura zurückzugewinnen. In allen drei jetzt vorgestellten Konzerten – KV 449, 450 und 467 – dominieren pulsierende Herzen und zärtliche Dialoge. Auch der jungen Münchner Pianistin Alice Sara Ott gelang es zuletzt sehr überzeugend, den

Joseph Haydn: „Symphonien Nr. 93, 96, 97“ Heidelberger Sinfoniker, Thomas Fey (hänssler Classic)

Wolfgang Amadeus Mozart: „Piano Concertos. Vol. 6“ Orchestre de Chambre de Lausanne, Christian Zacharias (MDG)

H I E R R E Z E N S I E R T AT T I L A C S A M PA I

HAYDN UND MOZART KENNEN KEIN VERFALLSDATUM lyrischen Subtext, die Emp�ndungstiefe von Chopins glamouröser Walzerwelt freizulegen. Jetzt hat sie ihr Konzertdebüt mit den Münchner Philharmonikern und Thomas Hengelbrock ausgerechnet den Erstlingen von Tschaikowsky und Liszt gewidmet und sich erdrückender Konkurrenz ausgesetzt: Auch diese Schlachtrösser meistert sie mit feingliedriger Präzision und mädchenhafter Anmut und achtet auf die innere lyrische Linie, bleibt aber in den kämpferischen Passagen und vor allem bei den großen Gefühlsausbrüchen Tschaikowskys zu defensiv, zu wenig druckvoll-explosiv, zu elegisch kontrolliert, um das enorme dramatische Potenzial dieser Seelendramen au�euchten zu lassen. Dem größten Berserker des virtuosen Geigenspiels, Niccolò Paganini, hat der junge russisch-amerikanische Geiger Philippe Quint

Tschaikowsky, Liszt: „First Piano Concertos“ Alice Sara Ott, Münchner Philharmoniker, Thomas Hengelbrock (DG)

Fritz Kreisler: „PaganiniArrangements für Violine & Klavier“ Philippe Quint, Dmitriy Cogan (Naxos)

mit einer Auswahl virtuoser Miniaturen gehuldigt, die Wiens Geigerlegende Fritz Kreisler mehr als hundert Jahre später für Violine und Klavier umarrangierte. Darunter be�nden sich neben einigen Capricen und dem „Campanella“-Satz des zweiten Violinkonzerts auch die hinreißenden Variationen zu Rossinis Arien „Non più mesta“ und „Di tanti palpiti“. Das Faszinierende an dieser Scheibe ist der gestalterische Ernst und die lächelnde geigerische Souveränität, mit der Quint die technischen Vertracktheiten Paganinis mit der verführerischen Eleganz Kreislers zu einem Feuerwerk betörend schöner, fesselnder Geigenkunst kombiniert und so Marginalien der Musikgeschichte zu echten Preziosen aufwertet: Eine CD, die süchtig macht. Wer Seriöseres für Streicher vorzieht, dem empfehle ich das phantastisch präsent ausgesteuerte Britten-Album der kanadischen Kammerformation „Les Violons Du Roy“, die in Anlehnung an große barocke Vorbilder den Furor eines perfekt abgestimmten, hochvirtuosen Streichersatzes jetzt an zwei Gipfelwerken des jungen Benjamin Britten demonstrieren: Den wunderbaren Stilmix in den „Frank-Bridge“Variationen servieren sie mit einer rhythmischen Präzision und einer gestalterischen Intensität, die unter die Haut geht und die man bei größeren Orchestern vergeblich sucht. Ähnlich furios und beklemmend ausdrucksstark unterstützen sie den mächtigen Sopran von Karina Gauvin in Brittens entfesseltem Liedzyklus „Les Illuminiations“: Selten klang Britten so suggestiv, so leidenschaftlich. Zum Schluss noch ein Mahler-Tipp: Neeme Järvi hat mit dem Residentie Orkest Den Haag Mahlers nächtlich-rätselhafte Siebte gründlich entstaubt: Hier bezieht Mahler bereits Distanz zur romantischen Tradition und „spielt“ bereits mit ihren Bausteinen, um eine ganz moderne, vorwärts drängende Symphonie zu schreiben und seine eigene Befreiung vom „symphonischen Märtyrer“ zu vollziehen: Ein extremer, aber sehr erfrischender Ansatz.

Benjamin Britten: „Les Illuminations op. 18“ Karina Gauvin, Les Violons Du Roy, Jean-Marie Zeitouni (Atma Classique)

Mehr ZACHARIAS auf der crescendo premium-CD, Track 6.

{ REZENSIONEN }

Gustav Mahler: „Sinfonie Nr. 7“ Residentie Orchestra The Hague, Neeme Järvi (CHANDOS)

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Volodos & Friends BASF-Benefizkonzert

Josef Suk

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HÖCHSTES KARAT

Josef Suk, der Schwiegersohn Dvorˇ áks, führte zunächst dessen musikalisches Erbe fort, um einen immer dramatischeren und tragischeren Ton anzuschlagen, der in der „Asrael-Symphonie“ und dem „Epilog“ gipfeln sollte. Dass die 1897-99 entstandene Symphonie E-Dur op. 14 kaum zu hören ist, verwundert, ist sie doch in Erfindung und formaler Meisterschaft grandios und wurde nicht zufällig als „Dvorˇ áks Zehnte“ bezeichnet. Hinreißend sind besonders Adagio und Scherzo, und unter Dirigent Jirˇ í Beˇlohlávek ist das Werk erstmals in höchster Qualität zu hören. Komplexe Musik von höchster Originalität, überwältigend in den Kontrasten der großen Form, und wieder einmal fesselt Beˇlohlávek hier als der phänomenalste Dirigent der tschechischen Tradition seit Václav Talich. Auch klanglich eine Aufnahme CHRISTOPH SCHLÜREN höchsten Karats. Josef Suk: „Symphonie E-Dur op. 14, Lebensreife op. 34“ BBC Symphony Orchestra, Jirˇ í Beˇlohlávek (Chandos)

Mehr MENDELSSOHN auf der crescendo premium-CD, Track 7.

Helmchen & Herreweghe

SPIELERISCH & KRÄFTIG

Stürmend und drängend, mit scharfen, wuchtigen Akzenten setzt das Orchester ein. Philippe Herreweghe, ein Meister im Neubeleuchten tradierter Interpretationsmodelle, kann hier mit dem präzise agierenden Royal Flemish Philharmonic gleich zu Beginn überraschen. Eine Spannung entsteht, die sich nicht mehr verlieren wird. Es ist faszinierend zu verfolgen, wie hier Spätklassisches in der Orchesterbehandlung auf Martin Helmchens virtuos-leichten, frühromantischen Gestus trifft. In der Konfrontation von rhythmischer Prägnanz in den Ecksätzen und der Versonnenheit der beiden Adagios zeigt sich die ästhetische Spannung der Werke. Helmchen und Herreweghe gelingt ein Spagat: der kräftige Zugriff des Dirigenten im Orchestersatz vereint sich mit dem spielerischen Virtuosenfeuerwerk des Pianisten. UWE SCHNEIDER

Mendelssohn: „The Piano Concertos“ Martin Helmchen, Royal Flemish Philharmonic, Philippe Herreweghe (Pentatone)

Anna Malikova

GUTE BALANCE

Unlängst wurde wieder der ARD-Musikwettbewerb in München abgehalten. Wie wichtig er als Institution bleibt, zeigt Anna Malikovas Weg, die 1993 als erste Preisträgerin hervorging. Natürlich bietet ein solcher Wettbewerb keine Garantie für ein langes erfolgreiches Künstlerleben, dennoch: Malikova schaffte es, sich zu halten – keine Selbstverständlichkeit bei der Konkurrenz. Ihre CD widmet sie Tschaikowskys Ballettsuiten („Dornröschen“ und „Nussknacker“) und dem „Kinderalbum“ op. 39, beide vom überragenden Mikhael Pletnev für Klavier arrangiert. An dessen stupende Virtuosität, Präzision und Innerlichkeit der Interpretation reicht ihr Spiel (fast) heran. Nie holt Malikova zuviel Schönheit heraus, eigentlich ganz untypisch für einen russischen Pianisten. Stets weiß sie Pathos und Kitsch in Balance TERESA PIESCHACÓN RAPHAEL zu halten. Anna Malikova: „Tschaikowsky – Ballettsuiten, Kinderalbum“ (FARAO Classics)

Deutschlandpremiere Arcadi Volodos und die Preisträger des Chopin-Wettbewerbs 2010 feiern das Chopin-Jahr!

4. Nov. 2010 21.00 Uhr Pfalzbau, Ludwigshafen Tickets und Infos: www.basf.de/kultur

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{ REZENSIONEN } John Neumeier

„Fiery and Sublime – The Sources of Quantz‘s Inspiration“ La Ricordanza (MDG)

TÄNZERISCHES WELTERBE

Bach-Puristen mag John Neumeiers Ballett „Matthäus-Passion“ nach dreißig Jahren Aufführungsgeschichte noch immer als Sakrileg erscheinen. Die Tänzer stellen die Leidensgeschichte Jesu konkret dechiffrierbar von der Wehklage zum beißenden Spott dar. Insgesamt leistet das Ballett aber viel mehr: hier geht es um grundsätzliche religiöse, ja menschliche Denkungsart. Die Geißelungsszene, in der Christus tief gedemütigt wird; das ist noch in Abstraktion absolut eindrücklich und nichts weniger als tänzerisches Welterbe. Die DVD bietet den Mitschnitt des letzten Auftritts von Neumeier in der Rolle des Christus. Technisch nachvollziehbar, aber problematisch: die Choreographie läuft bis heute zu einer dreißig Jahre alten Live-Aufnahme. Neumeiers Ballett haftet dadurch – bei aller emotionalen Durchschlagskraft – eine gestrige Note an. MARTIN MORGENSTERN Johann Sebastian Bach: „Matthäus Passion – A Ballet by John Neumeier“ (Arthaus)

Mields, Perl, Santana

Luigi Cherubini

RUHE, BITTE

ERHABENE SCHLICHTHEIT

Entschleunigung ist das erste, was einem beim Anhören dieser CD einfällt. Denn reduziert auf Sopran, Viola da Gamba und Laute, klingen alle 21 Titel auf „Loves Alchymie“ glasklar-puristisch und ruhig. Inhaltlich sind sie jedoch alles andere als getragen oder ausgewogen: Basierend auf metaphysischer Dichtung, die vor 400 Jahren in England en Vogue war, kreist jedes Stück um verwirrte Gefühle und wichtige Lebensfragen, von Zweifeln an Gott bis zum Sinn des Todes. Konzentriertes Hinhören und Nachlesen im Begleit-Booklet lohnen sich also, zumal das altertümliche Englisch von Poeten wie John Donne nicht auf Anhieb zu verstehen ist. Zusätzliche Orientierungshilfe ist die Einteilung in sieben zueinander passende Abschnitte, in die in „freier Assoziation“ auch Werke eingefügt wurden, die streng genommen nicht zum Genre der „metaphysical poetry“ gehören. ANTOINETTE SCHMELTER DE ESCOBAR „Loves Alchymie“: Dorothee Mields, Hille Perl, Lee Santana (dhm)

Luigi Cherubini (1760-1842) hat zwei Totenmessen geschrieben, von denen hier die bekanntere, 1817 zum Gedenken an den gelynchten Louis XVI. geschaffen, in solider und bekennend zupackender Weise von den Stuttgarter Alte-Musik-Spezialisten unter Frieder Bernius erklingt. Wie in der Oper der gleichfalls dem gravitätischen Maestoso huldigende Gluck war Cherubini auf dem Gebiet der Sakralmusik seinerzeit ein unumstößliches Vorbild. Hohe kontrapunktische Kunst verbindet sich mit einer erhabenen Schlichtheit, die alles Überflüssige beiseite lässt. Der Grundton dieser Musik ist von objektiver Geradlinigkeit und besonnener Größe, mit einem feurigen Dies irae im Mittelpunkt des Geschehens. Die Aufführung ist, wie stets unter Bernius, trefflich vorbereitet, wenngleich noch mehr Fluss und Leichtigkeit in der Phrasierung möglich wären. CHRISTOPH SCHLÜREN Luigi Cherubini: „Requiem in c-Moll“ Hofkapelle Stuttgart, Kammerchor Sturrgart, Frieder Bernius (Carus)

Marcel Dupré

Lars Vogt

SCHÖNE ORGELMUSIK

ACHTSAM

Schon seit elf Jahren widmet sich Ben van Oosten der Einspielung aller Orgelwerke von Marcel Dupré (1886–1971) für MDG. Mit der neuen, zwölften Folge kommt ein Ende allmählich in Sicht. Besonders erfreulich: Endlich einmal entstand die Aufnahme an der Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Sulpice (Paris), die Dupré als Assistent und dann Nachfolger von Charles Marie Widor seit 1906 praktisch sein Leben lang selbst gespielt hatte. Wie immer bei MDG ist die Klangbalance der Orgel sehr gut gelöst. Zu Gehör kommen elf weitere der 79 Choräle op. 28, die van Oosten neu zusammengruppiert hat, das Scherzo op. 16, die Élévations op. 32 sowie einige Spätwerke (opp. 57, 63, 64 und 65) – facettenreich registriert und mit viel Klangsinn gespielt. Orgelmusik zum genauen Hineinhören.

Der Pianist Lars Vogt spricht von zwei „Matterhörnern“ der Komponisten Liszt und Schumann. Nur wenige Jahre nacheinander widmeten sie sich wechselseitig die „Fantasie in C-Dur“ (Schumann, 1836/38) und die berühmt-berüchtigte h-Moll-Klaviersonate (Liszt, 1852). Schumanns Bezeichnung für den ersten Satz der Fantasie, „Durchaus phantastisch und leidenschaftlich vorzutragen“, gilt eigentlich für die gesamte Interpretation Vogts; ohne, dass der Pianist dabei die Herrschaft über die komplexen Strukturen und Tempobeziehungen der Werke verlöre. Er ist ein achtsamer und pädagogisch denkender Führer durch das Tondickicht der mal energisch voranstürmenden, mal getragen wehklagenden Passagen, der offenkundig auch an schwierigen Stellen nie in Schweiß ausbricht.

BENJAMIN-G. COHRS

MARTIN MORGENSTERN

Marcel Dupré: „Orgelwerke“ Vol. 12, Ben van Oosten (MDG)

Lars Vogt: „Liszt und Schumann“ (BERLIN Classics)

Mehr CHERUBINI auf der crescendo premium-CD, Track 1.

EIN MUSS FÜR FLÖTISTEN!

Mit 78 Minuten ist diese so feurige wie erhabene Darbietung von Sonaten (Quantz, Leclair, C.P.E. Bach) und Konzerten (Quantz, Graun, Blavet) aus dem Umfeld von Johann Joachim Quantz gut bestückt. Das Motto der CD entstammt der Beschreibung von Quantz‘ Flötenspiel aus dessen Nachruf. Kaum zu glauben, dass sein virtuoses D-Dur-Konzert hier zum ersten Mal eingespielt wurde: Ein Muss für Flötisten! Die solistische Besetzung der Begleitung der Konzerte sollte Puristen nicht verschrecken, denn sie entspricht zeitgenössischer Praxis. Die Musikerinnen und Musiker von „La Ricordanza“ werden den Nuancen der Musik mehr als gerecht und verschmähen auch ein leichtes Vibrato nicht, wenn es angemessen ist. Die Werk-Auswahl lotet das stilistische Umfeld von Quantz noch dazu sehr facettenreich aus – ein rundum höchst gelungenes Ganzes! BENJAMIN-G. COHRS

Mehr VOGT auf der crescendo premium-CD, Track 4.

Mehr LA RICORDANZA auf der crescendo premium-CD, Track 8.

Johann Joachim Quantz

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Knappertsbusch

ZU BRAV

Beethovens Sonaten für Violine und Klavier gehören zum Kernbestand der Kammermusik, entsprechend viele (Gesamt-)Aufnahmen dieser Meisterwerke gibt es auf dem Markt. Die Interpreten Renaud Capuçon und Frank Braley stellen sich also in eine illustre Reihe – von Grumiaux/Haskil über Menuhin/Kempff bis Kremer/Argerich – und halten dem Vergleich leider nicht immer stand. Zu wenig profiliert und eigenständig wirkt das, was die beiden hier, zugegebenermaßen auf hohem spieltechnischen Niveau, der CD überantworten. Da wird viel zu wenig riskiert, sondern voll und ganz auf wohnzimmertauglichen Wohlklang gesetzt, so dass vor allem der ruppige und nicht selten witzige Beethoven der Presto- und Rondo-Sätze auf der Strecke bleibt. Am besten gelingen den beiden die langsamen Sätze. Höhepunkt der Gesamteinspielung ist die Wiedergabe der späten lyrischen G-Dur-Sonate op. 96, die Profil gewinnt und Vergleiche mit altehrwürdigen (Referenz-)Aufnahmen nicht zu scheuen braucht. BURKHARD SCHÄFER

Schumann: „Spanische Liebeslieder“ Petersen, Vondung, Güra, Jarnot, Berner, Radicke (harmonia mundi)

Renaud Capuçon, Frank Braley: „Beethoven. Complete Sonatas for violin and piano“ (Virgin Classics )

GROSS

Mehr CAPUÇON/BRALEY auf der crescendo premium-CD, Track 9.

INNIG

Dass Schumanns Liederspiele nie richtig populär wurden, liegt weniger an ihrer Qualität, denn an ihrer vermeintlich getragenen Grundstimmung und der Besetzung. Umso verdienstvoller, dass nun eine hochklassige Neueinspielung des „Spanischen Liederspiels“, des „Minnespiels“ und der „Spanischen Liebeslieder“ erschienen ist. Vier hervorragenden Interpreten – Marlis Petersen, Anke Vondung, Werner Güra, Konrad Jarnot – gelingt hier die Dokumentation des erfreulichen Wandels in der Liedinterpretation. Das Ergebnis ist eine Erfrischung der Lieder, die hier vom bewunderten Kunst-Lied deutlich hin zum schlichteren und emotional motivierten Gesang gewendet sind. Und dies gereicht den Kompositionen, die nun gar nicht mehr so getragen erscheinen wollen, deutlich zum Vorteil. Diese Lebendigkeit der musikalischen Darstellung, die sich bis in den Klavierpart hinein erstreckt, entdeckt letztlich eine neue Innigkeit, der man sich schwer entziehen kann. UWE SCHNEIDER

Capuçon & Braley

Wie es klingt, wenn der erklärte Wagnerianer Hans Knappertsbusch im Januar 1950 Schuberts „Unvollendete“ einspielt? Allein die ersten acht Takte, in denen die Kontrabässe urgefährlich aus tiefsten deutschen Wäldern hervordräuen, weiten sich auf eine knappe halbe Minute: Die „Unvollendete“ als blutrünstiges Märchenstück über den Kampf von Gut und Böse. Knappertsbusch ist ein Geschichtenerzähler, ein Operndirigent, und so hält noch die Durchführung der Sinfonie so manchen grausigen Fund für den Hörer bereit. Interessant zudem, dass der Dirigent darauf bestand, zuerst ins Studio zu gehen (Aufnahmen waren allenfalls lästiges Beiwerk) und seine gereifte Idee dann dem hustenden LivePublikum des Berliner Titania-Palasts zu präsentieren (auch diese Mitschnitte sind in der Box enthalten). Wie zudem „Fledermaus“-Ouvertüre oder „Pizzicato-Polka“ vor 60 Jahren klangen: Das ist zum Leben erweckte Musikgeschichte. MARTIN MORGENSTERN

Hans Knappertsbusch:„The Complete RIAS Recordings“ Berliner Philharmoniker (audite)

Mehr KNAPPERTSBUSCH auf der crescendo premium-CD, Track 10.

Petersen, Vondung, Güra & Jarnot

WELTKLASSE AUS SINGAPUR www.avierecords.com

DAS SINGAPORE SYMPHONY ORCHESTRA Neuveröffentlichung von Mahlers 10. Symphonie auf DVD und Blu-ray zum Start der Deutschland-Tournee

Mahler Symphony No. 10 Chen Wu Xing (Five Elements) AV 2217 (DVD)

AV 2222 (Blu-ray)

Deutschland-Tournee:

14.10.2010 ALTE OPER, FRANKFURT 16.10.2010 HERKULESSAAL, MÜNCHEN 18.10.2010 GEWANDHAUS, LEIPZIG 19.10.2010 PHILHARMONIE, BERLIN 20.10.2010 KULTURPALAST, DRESDEN

Programm:

Claude Debussy · La Mer Gabriel Fauré · Elégie für Cello und Orchester op. 24 Peter Iljitsch Tschaikowsky · Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester op. 33 Sergej Rachmaninow · Die Toteninsel op. 29 Long Zhou · The Rhyme of Taigu Dirigent · Lan Shui

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{ REZENSIONEN } Ernst Toch

M. Contzen, R. Goebel

ENGAGIERT

FESTLICH-PATHETISCH

Der Wiener Ernst Toch (1887-1964), der sich in späten Jahren nach der Emigration in den USA gern als ‚meistverkannter Komponist’ seiner Zeit titulieren ließ, hat in der Symphonik und Kammermusik ein bedeutendes, großteils noch wenig erschlossenes Œuvre hinterlassen. Von 1913 bis 1929 wirkte er – mit kriegsbedingter Unterbrechung – in Mannheim, und die hier vorgestellten Werke stammen aus den Jahren 1923-29: die übermütigen drei Burlesken für Klavier, ein Divertimento für Geige und Cello, die 2. Violinsonate und die Cellosonate op. 50. Das sind typische Kompositionen im Geist der expressionistischen Neuen Sachlichkeit, und darin verwandt mit den Generationsgenossen Paul Hindemith und Max Butting. Wie stark auch Tochs Hang zur Groteske und dissonanten Linearität sein mag, stets hat die Musik spürbare Substanz und melodischen Charakter. Hier wird sie engagiert dargeboten. Anspieltipp: das Intermezzo aus der 2. Violinsonate. CHRISTOPH SCHLÜREN

Manche Verklärungen Mozarts brachten ernsthafte Biografen zur Verzweiflung. Umso erfreulicher diese CD, die den rein musikalischen Fokus auf seine Reisen nach Italien richtet. Festlich-pathetisch empfängt den Hörer die Sinfonia des Ruggerio von Johann Adolph Hasse, den Mozart 1771 in Mailand getroffen hat. Daran schließen sich das wiederzuentdeckende Violinkonzert des Engländers Thomas Linley an. Mirijam Contzen verleiht dem Stück einen klaren, konturierten Ton. Der Dirigent Reinhard Goebel wird – mit Hilfe der Bayerischen Kammerphilharmonie – seinem Ruf gerecht, damals bekannte Zeitgenossen großer Künstler ins rechte Licht zu rücken. Auch das Violinkonzert von Franz Lamotte verdient eine breitere Öffentlichkeit. Die Sinfonia von Venanzio Rauzzini und die Sinfonia von Mozart runden den atmosphärisch dicht gewobenen Höreindruck ab. Eine schöne und wichtige CD, die dem „Phänomen Mozart“ historisch und akustisch adäquat BURKHARD SCHÄFER zu Leibe rückt. Da capo!

Gábor Boldoczki

LIEBEVOLL

Mit dieser Bach-CD erfüllte sich der Trompeter Gábor Boldoczki einen lang gehegten Traum. Entsprechend sorgsam und liebevoll fiel das Ergebnis aus. Es gibt zwar keine originalen Trompetenkonzerte von Bach, doch die für die hier vorgelegten Bearbeitungen gewählten Vorlagen passen gut: Bachs Cembalokonzerte A-Dur und c-Moll sind ihrerseits Bearbeitungen verschollener Frühwerke für Oboe d´Amore bzw. Oboe, Violine und Streicher. Auch das dritte, beigegebene Konzert in Es-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach ist im Original ein Oboenkonzert. Alle kommen dem Charakter der Trompete besonders entgegen. Aufgelockert werden die drei hinreißend dargebotenen Konzerte durch geschmackvolle, neue Bearbeitungen von je zwei bekannten Arien und Chorälen. Boldoczkis Spiel besticht durch die Verbindung von Beredsamkeit und Gesanglichkeit; das begleitende Franz Liszt Kammerorchester läßt keine Wünsche offen. BENJAMIN G. COHRS

Ernst Toch: „Werke aus der Mannheimer Zeit“ Eichhorn, Ocic, Gallardo, Fiaksman, Park (Animato)

„Mozart in Italien“ Mirijam Contzen, Reinhard Goebel, Bayerische Kammerphilharmonie (Oehms Classics)

Gábor Boldoczki: „Bach“ Kristof Barati, Franz Liszt Chamber Orchestra (Sony Classical)

Cresc

EINE STIMME WIE NIE ZUVOR UND NIE DANACH Zum Andenken an den unvergessenen Fritz Wunderlich aus Anlass seines 80. Geburtstages www.wunderlich-fritz.de MAGISCHE MOMENTE – LIVE ON STAGE BÜHNEN-HIGHLIGHTS AUS MÜNCHEN & WIEN - Zahlreiche Weltpremieren auf CD - Arien aus: Der Rosenkavalier, Die Zauberflöte, Don Giovanni, Die Entführung aus dem Serail, Der Barbier von Sevilla u.v.m. - Live-Mitschnitte aus den Jahren 1963 -1966 DG CD 477 9109 DELUXE EDITION ZUM 80. GEBURTSTAG DER UNVERGESSENE FRITZ WUNDERLICH - 120-seitiges Hardcover-Buch mit vielen unveröffentlichten Fotos - 6 CDs mit den schönsten Arien & Liedern - Hörbuch mit Interviews & exklusiven Hörproben - Bonus Vinyl-Single im Polydor Retro-Look - Limitiert und nummeriert DG 7 CD + Vinyl Single + Buch 480 3734

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Vagn Holmboe

Vagn Holmboe (1909-96) war Dänemarks bedeutendster Komponist zwischen Carl Nielsen und seinem eigenen Schüler Per Nørgård. Zwar hat er auch sehr gehaltvolle Gesangswerke komponiert, doch bildet das Zentrum seines Schaffens zweifelsohne die Instrumentalmusik. Hier bildeten der zentraleuropäische Geist des verdichtenden Expressionismus und der aller Sentimentalität abholden Neuen Sachlichkeit mit der mystisch inspirierten Naturverehrung der norDer dänische Komponist Vagn Holmboe. dischen Kunst einen neuen Fokus auf ein organisch sich formendes Komponieren ohne idealistischen Überbau, denn, so Holmboe, „in ihrer reinsten Form sind die Freude über Musik und ihr Erlebnis direkt und unmittelbar; sie können als Ausdruck eines vollendeten Ganzen erfahren werden und ein Gefühl für kosmische Zusammenhänge wecken. Sie können eine seelische Erschütterung hervorrufen und in glücklichen Augenblicken eine Erhebung oder Leichtigkeit der Seele schaffen, die den Zuhörer über das Alltagsbewusstsein hinausführen.“

www.tudor.ch

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Haydn • Hummel • Mozart • Neruda

Gábor

Tarkövi Bamberger Symphoniker Karl-Heinz Steffens

TUDOR 7161 SACD HYBRID

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TUDOR CD 7173

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TUDOR 7169 SACD HYBRID

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Vagn Holmboe: „Complete String Quartets“, Kontra Quartett (DaCapo)

TUDOR CD 7152

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TUDOR CD 7150

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Hauptsegmente von Holmboes umfangreichem Schaffen (195 OpusNummern) sind die dreizehn Symphonien und zwanzig Streichquartette, die wie rote Fäden sein Lebenswerk durchziehen. Oder besser: grüne Fäden. Holmboe wollte vor allen Dingen Kreator organischer Einheit sein. Er war, wie viele Künstlerkollegen im Norden, ein genauer Beobachter der Natur, der sich in deren Phänomene versenkte und aus diesen Erfahrungen tonschöpferische Prinzipien und Handlungsweisen ableitete. Lebenslänglich hat man ihn mit der von ihm in den fünfziger Jahren formulierten ‚Metamorphose-Technik‘ identifiziert, der Grundlage motivisch keimender, austreibender, variierender, verästelnder, ‚botanischer‘ Symphonik, die in der repetitiven Beharrlichkeit und dem herb-schroffen Aspekt Carl Nielsen verwandt war, sich in der naturhaft gesetzmäßigen Irregularität und schwerkräftigen Körperhaftigkeit an Jean Sibelius ausrichtete, Entscheidendes vor allem Bartók, Strawinsky und auch Hindemith verdankte. Nun hat DaCapo die Einzelveröffentlichungen der Streichquartette mit dem „Kontra-Quartett“ in einer Box zusammengefasst. Die Aufführungen sind eher etwas robust, in den Partituren steckt größerer Zauber, als hier zum Ausdruck kommt. Doch für den, der wissen möchte, was die Gattung im 20. Jahrhundert außer Bartók, Schostakowitsch, der zweiten Wiener Schule und Robert Simpson noch so an Essenziellem zu bieten hat, erschließt sich hier eine Quelle eindringlichster Entdeckungen von einem kaum bekannten Giganten der klassischen Moderne. CHRISTOPH SCHLÜREN

Foto: Marianne Grøndahl

BOTANISCHE MUSIKFORMEN

Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND • GRAMOLA WIEN • TUDOR ZÜRICH

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{ REZENSIONEN } Carter & Zimmermann

ERLESENER GENUSS

Der 1961 geborene kanadische Pianist MarcAndré Hamelin, bekannt als fulminanter Tastenakrobat, betätigt sich seit langem als „Pianist-Composer“ in der Tradition von Chopin, Liszt, Rachmaninow und Medtner. Seine zwölf Études in allen Molltonarten sind ein gewaltiger, 50-minütiger Zyklus, ergänzt durch einige hübsche, pittoreske Miniaturen und Variationen über ein eigenes Thema. Ein großer Teil der Musik ist – mehr oder weniger eng angelehnt – über vorhandene Werke anderer Komponisten wie Chopin, Rossini, Scarlatti oder Tschaikowsky modelliert und gewinnt den zugrundeliegenden Strukturen reiche pianistische Wirkungen ab, die vom Subtilen bis zum Hypervirtuosen in der Manier Godowskys reichen. Es ist keine bedeutende oder tiefe Musik, doch verschafft sie Klavierliebhabern erlesenen Genuss, zumal sie souverän dargeboten ist. Besonderen Reiz übt eine bisweilen humoristische Bizarrerie aus wie in der „Music Box“ aus dem Zyklus „Con intimissimo sentimento“. CHRISTOPH SCHLÜREN

Marc-André Hamelin: „Études“ (Hyperion)

„CELLISSIMO!“

Es ist schier unglaublich, dass der amerikanische Komponist Elliott Carter (*1908) fast im selben Jahr geboren wurde wie sein „Antipode“ Dimitri Schostakowitsch (1906-1975). Und fast noch unglaublicher ist, dass die lebende Legende sein so gar nicht altersmildes „Cello Concerto“ mit stolzen 93 Jahren komponiert hat. Es zeigt Carter von seiner besten, urvitalangriffslustigen und konstruktiv-modernistischen Seite. Genauso schnörkellos, geradlinig und zupackend wird es von Jan Vogler und dem Symphonieorchester des BR auch präsentiert. Die große positive Überraschung der CD ist das „Concerto per Violoncello ed Orchestra“ des Komponisten Udo Zimmermann, in dem die leisen und lyrischen Töne überwiegen. Dem introvertierten, dabei voller Zitate und Anspielungen steckenden Konzert von 2009, werden die Interpreten ebenfalls auf höchstem Niveau gerecht. Mit dieser fulminanten CD unterstreicht NEOS einmal mehr seinen Führungsanspruch im Bereich Neue Musik. BURKHARD SCHÄFER Elliott Carter: „Cello Concerto“ Udo Zimmermann: „Lieder von einer Insel” Jan Vogler, Symphonieorchester des BR, Kristjan Järvi (NEOS)

Prégardien & Kleiter

VORTREFFLICH

Hugo Wolfs 46 Liedminiaturen des „Italienischen Liederbuchs“ erzählen von den Ansichten der Liebe, mal sehnsüchtig, mal ironisch gebrochen, mal voller Süße, dann wieder spöttisch im Ton. Dieses Wechselbad, der oft kaum eine Minute dauernden Lieder, mit Abwechslung zu präsentieren gelingt den drei Interpreten dieser Neuaufnahme aufs Vortrefflichste. Hilko Dumnos Klavierspiel ist zart in der Zeichnung und zugreifend, wo es erforderlich scheint, stets sangbar geatmet und voller Atmosphäre, die auch impressionistische Tupfer nicht scheut. Schön: Julia Kleiters Sopran scheut den extremen Ausdruck nicht, kennt aber auch die lyrischen Bögen der Spätromantik. Und auch wenn Christoph Prégardiens Tenor nicht mehr immer frisch klingt, gelingt es ihm doch das Farbspektrum des erfahrenen Liedinterpreten in bezaubernden Schattierungen auszubreiten. Im Wechselgesang steigert sich der Zyklus zu erotischer Spannung, die die Miniaturen zur großen Liebesgeschichte verdichtet. UWE SCHNEIDER Hugo Wolf: „Italienisches Liederbuch“ Christoph Prégardien, Julia Kleiter, Hilko Dumno (Challenge Classics)

Mehr WOLF auf der crescendo premium-CD, Track 5.

Hamelin

© Mat Hennek / DG

    Das neue Album – ab 15. Oktober im Handel mozart: klaviersonate nr. 8 KV 310 liszt: klaviersonate b-moll S. 178 berg: klaviersonate op. 1 bartók: rumänische volkstänze Sz. 56 Tourdaten 2010: 27. Okt Münster, 29. Okt Köln, 4. & 5. Nov Leipzig 9. Nov Berlin, 11. Nov München, 13. Nov Hannover, 15. Nov Stuttgart www.helene-grimaud.de

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WÄRME TUT GUT Seit dem Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs begeistert Ramón Ortega Quero mit dem warmen Ton seiner Oboe nicht nur die Kritiker. Auch die European Concert Hall Organisation nahm das Jungtalent jetzt in ihre „Rising Stars“ auf.

© Mat Hennek / DG

Foto:

Oboist Ortega Quero: „Barenboim hat mich sehr beeinflusst.“

Diesmal spielte er auf der anderen Seite. Mit hör- und sichtbarem Vergnügen saß Ramón Ortega Quero beim diesjährigen Preisträgerkonzert des ARD-Musikwettbewerbs auf dem Platz des Solo-Oboisten im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und begleitete die glücklichen Gewinner. Im September 2007 stand der damals 19jährige Spanier vorne auf dem Podium und spielte das Oboenkonzert D-Dur von Richard Strauss, mit dem er nicht nur den Ersten Preis errungen hatte, der in diesem Fach seit 40 Jahren nicht mehr vergeben worden war, sondern dazu noch den Publikumspreis und drei Sonderpreise. „Der Wettbewerb krempelte mein Leben völlig um. Innerhalb einer Woche wurde aus einem Studenten ein Pro�-Musiker“, erinnert sich der 1988 in Granada geborene Ramón Ortega Quero. Sein Vater ist Pianist und lehrt am Konservatorium, seine ältere Schwester studiert Klavier und Flöte. Auch er bekam den ersten Musikunterricht am Klavier, doch seine Eltern fanden, dass zwei Pianisten in einer Familie mit nur einem Klavier völlig ausreichen, und so wechselte er zur Oboe. Entscheidende Weichen für die weitere Laufbahn dieses Ausnahmetalents stellte seine Aufnahme in das West-Eastern Divan Orchestra. Als jüngstes Mitglied durfte er im Sommer 2003 erstmals an den Proben teilnehmen und anschließend mit auf Konzerttournee gehen. „Seitdem bin ich jedes Jahr wieder eingeladen worden, das macht mich sehr glücklich, weil ich wahnsinnig gerne mit Daniel Barenboim arbeite. Er hat mich sehr beein�usst in der Art, wie ich Musik verstehe und wie ich sie spiele.“ Gleich nach dem Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs erhielt der junge Musiker vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks die Einladung, bei zwei Konzerten unter der Leitung von Riccardo

Muti mitzuwirken. Schon bei der ersten Probe ließ sein Spiel den Maestro aufhorchen. Kurz darauf absolvierte er ein überzeugendes Probespiel und wurde Solo-Oboist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem er seit März dieses Jahres als festes Mitglied angehört. Parallel dazu hat er mit zahlreichen Auftritten das Fundament für eine internationale Solokarriere gelegt. Jetzt nahm ihn die „European Concert Hall Organisation“ als einen der vielversprechendsten Nachwuchskünstler in den Zyklus „Rising Stars“ auf. Die Konzertreihe, die seit ihrer Gründung 1996 unter anderem auch Janine Jansen und Renaud Capuçon zum internationalen Durchbruch verhalf, wird Ramón Ortega Quero in dieser Saison auf die renommierten Konzertpodien Europas führen. „Ich glaube, die Tätigkeit als Orchestermusiker hilft mir, ein besserer Solist zu sein und umgekehrt,“ sagt er. Mit bezwingender Leichtigkeit und technischer Virtuosität entlockt er seiner Marigaux-Oboe eine reiche Palette an Tonfarben, von beseelt singend bis übermütig keck. Seine Vorstellung vom idealen Klang? „Mir ist wichtig, dass der Ton warm klingt, außerdem �exibel und auch ein bisschen hell. Generell fühle ich mich dem sogenannten „deutschen“ Klang näher, der runder und etwas dunkler ist als der engere der französischen Schule. Im Vergleich stehen vielleicht François Leleux oder Albrecht Mayer klanglich meinen Vorstellungen am nächsten, aber im Endeffekt halte ich den Oboenton für etwas sehr Persönliches und da strebe ich schon nach einem eigenen Klang.“ Und darin liegt zweifellos Magie: Sie öffnet zuerst die Ohren und dann die Herzen. ANGELIKA RAHM Shadows mit Ramón Ortega Quero ist soeben bei Solo Musica erschienen.

Mehr ORTEGA QUERO auf der crescendo premium-CD, Track 2.

zig gart

{ P O R T R ÄT }

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{ N EWC O M E R }

„Alles, was da erklingt ist echt meins“ Im Alter von sechs Jahren gab er seinen ersten Soloabend in Moskau, mit 13 debütierte er in Japan, mit 23 spielte er seine erste CD in Europa ein. Julia Smilga traf den ambitionierten Pianisten Nikolai Tokarev für uns in Düsseldorf.

Foto: Felix Broede

Der coole Pianist: Tokarev in seiner Heimat Moskau (kyrillisch: MOCKBA).

Auf seiner aktuellen CD hat Tokarev zwei Giganten der russischen Klavierliteratur eingespielt: Peter Tschaikowskys Erstes und Sergej Rachmaninows Drittes Klavierkonzert. Da stellt sich die erste Frage wie von selbst: CRESCENDO: Diese zwei Konzerte hintereinander zu spielen hat bis jetzt nur einer gewagt – der amerikanische Pianist Van Cliburn – und das in einem Konzert im Jahr 1 in Moskau, als er den Ersten Tschaikowsky Wettbewerb gewann. Wollten Sie diese Heldentat wiederholen? NIKOLAI TOKAREV: Nein, gar nicht. Ich wollte einfach meine Lieblingsstücke zusammen aufnehmen. Ich kenne keine Aufnahme, wo die beiden Konzerte auf einem Album zu finden sind. Und da gab es die Möglichkeit mit einem der besten russischen Orchester zusammen zu spielen, mit meinem Lieblingsdirigenten Wladimir Spiwakow. Russischer Dirigent, russischer Pianist – und zwei bedeutendsten russischen Klavierkonzerte. Es war eine ideale Konstellation! Vielleicht deswegen ist die Aufnahme auch so warm und innig geworden. CRESCENDO: Aber es war bestimmt ein hartes Stück Arbeit. Allein Rachmaninows Konzert dauert  Minuten, ist hochvirtuos und ist laut Berechnungen von allen großen Klavierkonzerten das mit

den meisten Noten pro Sekunde im Klavierpart ... TOKAREV: (lacht) Ja, nicht von ungefähr hat es Rachmaninow selbst „Konzert für Elefanten“ genannt! Aber die technische Anforderung ist für mich nicht das Entscheidende. Ich spiele das Stück seit fünf Jahren in Konzerten, es ist einfach sozusagen „in den Fingern drin“. Wichtiger war für mich, mein Empfinden dabei auszudrücken. Bei Rachmaninow wollte ich einen ganz langen Bogen spannen von dem mystisch-nostalgischen ersten Teil, über den lyrischen zweiten bis zur mächtigen Kulmination am Ende. Bei Tschaikowsky wollte ich einfach mal was anderes anbieten, als man gewohnt ist. Ich habe mir vorher bewusst keine Aufnahmen anderer Pianisten angehört. Alles, was da erklingt ist echt „meins“. Ich spiele ja dieses Konzert seit ich 1 bin. CRESCENDO: Sie blicken auf eine lange Konzertkarriere zurück. Wie alt waren Sie, als Sie mit dem Klavierunterricht überhaupt begonnen haben? TOKAREV: Mein Vater – er ist ja selber Pianist – setzte mich bereits mit zwei Jahren ans Klavier. Aber das hat mir überhaupt nicht gefallen! (lacht) CRESCENDO: Aber wie kann man einem zweijährigen Kind Klavierspiel beibringen?

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TOKAREV: Nun, Papa hat versucht, mir eine richtige Händestellung am Klavier beizubringen ... aber so richtig ging es erst mit vier Jahren los: Übungen, Tonleiter, Kinderliedchen, alles um eine Technik zu entwickeln. Manchmal ziemlich langweilige Sachen. Zum Beispiel legte man mir eine Münze auf die Hand und ich musste spielen, ohne sie zu verlieren. Oder es lag eine Streichholzschachtel am Ende der Tastatur. Du spielst eine schwierige Stelle und legst danach ein Streichholz auf die andere Seite des Klaviers. Immer wieder – bis die Streichhölzer alle weg sind ... . Tja – das Wort „müssen“ habe ich früh gelernt. Aber wenn du die Technik beherrschst – dann ist es einfach nur schön zu spielen, es klappt alles und du musst nicht mehr täglich zehn Stunden am Klavier sitzen, wie es zu Anfang war. CRESCENDO: Und wie viele Stunden üben Sie heute? TOKAREV: Rachmaninow sagte noch, dass man nicht mehr als vier Stunden üben soll, weil der Kopf sonst müde „Das Moskauer wird. Das stimmt. Viel effektiver als Tastendrücken Leben ist ein Wahnist übrigens das Üben im Kopf – erstens angenehmer, zweitens kannst du es überall machen – im Park zum sinn. Wenn ich mal‚ Beispiel. Ach, würde ich irgendwo in der Natur leben eine gute Portion – dann würde ich nur im Kopf üben. Ich würde dann entAdrenalin brauche, lang irgendeines Flusses spazieren gehen und Mozarts dann fliege ich Sonaten im Kopf durchspielen ... CRESCENDO: Düsseldorf, wo Sie jetzt wohnen, hat ja viele nach Moskau.“ Parks und Gärten! Wie geht es Ihnen in Deutschland? Sie haben ja vorher in Manchester gewohnt und studiert ... TOKAREV: Ich mag Düsseldorf sehr! Eine ruhige und angenehme Stadt für einen Künstler. Von Düsseldorf aus ist es sehr bequem auf Tourneen zu gehen – alles ist irgendwie in der Nähe. Ganz anders, als wenn ich aus Moskau immer herfliegen würde. CRESCENDO: Spielen Sie manchmal mit dem Gedanken, irgendwann in ihre Heimat zurückzukehren? TOKAREV: Ich bin oft in Moskau, besuche meine Eltern und Freunde, aber für immer bleiben würde ich da eher nicht. Moskau ist irre laut, schnell und man steht ständig im Stau. Das Moskauer Leben ist ein Wahnsinn. Natürlich ist Moskau schön, es ist reich geworden, aber das kulturelle Leben hat davon leider nicht profitiert, weil wirklich interessante Musiker aus dem Westen sich sehr selten nach Moskau verirren. Und wenn jemand aus dem Ausland kommt – dann kann sich ein normaler Moskauer die Karten nicht leisten ... Ich fühle mich in Düsseldorf auf jeden Fall wohler. Hier funktioniert alles nach Regeln, und es ist sehr beruhigend. Und wenn ich mal eine gute Portion Adrenalin brauche, dann fliege ich nach Moskau. CRESCENDO: Sie waren früher gerne mit schwarzen Lederhosen auf den Konzertbühnen unterwegs und ließen sich in Turnschuhen für CD-Cover ablichten – heute sieht man Sie im schwarzen Hemd und Konzerthose. Ist die Zeit des Provozierens vorbei? TOKAREV: Provozieren wollte ich nie, mir war es einfach bequemer in der Lederhose zu spielen – bis sie mir eines Tages direkt auf der Bühne geplatzt ist (lacht). Auch wenn ich zum Beispiel gelegentlich die jazzigen Transkriptionen von Alexander Rosenblatt in Konzerten spiele, mache ich es, weil ich die Stücke liebe und nicht, um Crossover bewusst zu betreiben – wie es zum Beispiel der Geiger David Garrett mit seinen Pop-Allüren praktiziert. Natürlich mag ich es, wenn meine Konzerte ausverkauft sind. Aber ich möchte im Konzertsaal keine zufälligen Menschen von der Strasse sehen, die nicht wissen, warum sie eigentlich da sind. Ich möchte bei meinen Konzerten das Publikum haben, das weiß, warum es da ist. // Nikolai Tokarevs neues Album mit Werken von Rachmaninow und Tschaikowsky ist bei Sony erschienen. Live ist er in Kiel, Wuppertal, Bielefeld, Braunschweig, Hamburg, München, Düsseldorf, Frankfurt und anderen Städten zu erleben. www.crescendo.de 06_2010 | 33

Unterhaltsame Konzerte von Vivaldi & Haydn

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Joseph Haydn: Organ Concertos Ton Koopman & Amsterdam Baroque Orchestra Ton Koopmans Liebe zu Haydn Ton Koopman präsentiert zwei Orgelkonzerte und ein Konzert für Orgel und Violine von Joseph Haydn, die er in seiner unvergleichlich lebendigen Art musiziert.

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Antonio Vivaldi Concertos for oboe, strings & b.c. Pauline Oostenrijk Jan Willem de Vriend / Baroque Academy of the Netherlands Symphony Orchestra Vivaldi mit Swing Eine herrlich swingende Wiedergabe von Vivaldis Oboenkonzerten auf historischen Instrumenten.

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Vertrieb für den deutschen Fachhandel: SunnyMoon Distribution GmbH / Challenge Records International Tel.: 040 - 87 97 60 80 Fax: 040 - 87 97 60 82

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{ H AU S B E S U C H }

DAHEIM BEIM CONNAISSEUR Der Pianist Rudolf Buchbinder ließ crescendo einen exklusiven Blick in sein Wiener Haus werfen. Gleich vorweg: Ein Museum bietet sehr oft weniger.

Der Maestro eilt persönlich ans schmiedeeiserne Gartentor. Das Haus mit einer Art zeitlos unscheinbarer Eleganz aus dem 20. Jahrhundert, liegt an einer kleinen ruhigen Straßenecke im noblen Wiener Grinzing („Der Neunzehnte“). Buchbinder hat einen herzlich-kräftigen Händedruck und bittet uns hinein. Hinein, in seine ganz private Welt, die der Liebhaber vieler schöner Künste den crescendo-Lesern öffnet. Nur: „Wo fangen wir denn an? “ fragt er im mit Gemälden voll gehängten Foyer, um die Antwort gleich vorwegzunehmen: „Erst mal schnell in die Bibliothek“. Also ab in den 1. Stock. Buchbinder biegt in einen großen Raum voller Schrankwände ab. Er zieht ein raumhohes Regal auf Rollen heraus: „Voilà, hier sind alle meine Film-DVD’s!“ Alle. Damit meint er 4000 Stück – mindestens. Er ist ein Cineast mit speziellen Vorlieben: „Ich habe sämtliche Oscar-Filme, bin Fan von Charlie Chaplin, eines der größten Genies des 20. Jahrhunderts“. Aber auch Großmeister Alfred Hitchcock verehrt er, ebenso wie John Wayne. Der Westernheld hat für ihn viele Parallelen mit Hans Moser. Hans Moser? „Ja. Beide haben entsetzlich viele schlechte Filme und rund 15 ganz tolle gemacht.“ Dabei grinst er. Vis-à-vis des Film-Fundus, getrennt durch einen gemütlichen Salon mit mehreren Sofas, beeindruckt im nächsten Raum die zweite Bibliothek. Kein Fitzelchen freie Wand, Unmengen von Büchern stapeln sich in Regalen vom Boden bis zur hohen, weißen Decke. Alle sind sehr exakt aneinandergereiht: „Ob Bücher, Filme oder Noten – alles wird bei mir brutal alphabetisch geordnet, ich will doch keine Zeit mit Suchen vergeuden!“ So �ndet er sich schnell zurecht zwischen rund 2000 Kunstbänden über Bildhauerei und vor allem Malerei. Picasso und Hieronymus Bosch sind seine besonders bewunderten Künstler. Bis vor kurzem malte er selbst, seine farbenfrohen Gouachen schmücken die Flurwände. „Aber weil ich ein Perfektionist bin, habe ich es aufgegeben“, sagt er ohne einen An�ug von Bedauern. Vielleicht hat er dadurch ein Quantum mehr Zeit, um sich den 6000 Bänden Literatur zu widmen. Vom Favoriten Albert Camus über Paolo Coelho bis zu Thomas Bernhard und Peter Handke. Denn wann bitte liest er all’ diese Bücher? „Da halte ich es mit meinem Freund Otto

Schenk, der sagte, ‚ein Buch ist zum Nachschauen‘“, Jetzt lächelt er. Hintergründig. Vor dem Weg in die nächste Etage verlockt vom Salon aus ein grünes Patio-artiges Paradies: „Statt Rasen haben wir heute große Teiche mit Gold�schen, Kois und zwei Wasserschildkröten“, sagt er und deutet auf eine zierliche Holzbank vor efeuberankter Spalierwand: „Meine Pensionistenbank!“ Ha. Guter Gag eines 63-jährigen Künstlers, der in der ganzen Welt gastiert und wohl auch die nächsten Jahre einen prall gefüllten Terminkalender haben wird. Wir passieren den privaten 2. Stock und stehen dann im Allerheiligsten, im Dachgeschoss. Zunächst überwältigt der grandiose Ausblick durch die großen Dach�ächenfenster. Auf der einen Seite Weitblick auf den berühmten Wiener Wald mit dem 484 Meter hohen Kahlenberg, auf der anderen Seite Breitwand-Panorama auf die Stadt Wien. Zwei Räume gehen L-fömig ineinander über, beide spezi�schen Leidenschaften gewidmet. Den vorderen dominiert ein Duo aus schwarzen Steinway-Flügeln, ineinander verschränkt aufgestellt. Dahinter nimmt die Musik-Bibliothek, Buchbinders wahre Schatzkammer, die ganze Wandbreite ein. Antiquarische Kostbarkeiten der Musikgeschichte stehen Spalier. Allein die Erstausgaben versetzen Connaisseure in ehrfürchtiges Entzücken: Beethovens „Hammerklaviersonate“ (die erste antiquarische Erwerbung), Mozarts Klavierkonzert KV 466 von 1796, ein Klavierauszug der „Zauber�öte“. Die erste Gesamtausgabe von Haydns Klavierwerken. Oder eine Erstausgabe von Schuberts letzter Sonate und den späten Impromptus: „Schauen Sie, die hat Diabelli damals Liszt und Schumann gewidmet, um mehr Aufmerksamkeit zu erzielen“. Er zieht aus dem Regal eine Erstausgabe von Schuberts f-Moll-Fantasie, lässt am Flügel die ersten Takte erklingen, „das habe ich hier mit Sawallisch gespielt“, erinnert er sich. Buchbinder sammelt Erstausgaben und Autographen nicht nur, um sie zu besitzen, sie bieten ihm aufschlussreiches Studien-Material. „Diese historischen Noten sind wertvoll für mein Spiel. Denn ich habe zahlreiche Fehler und Änderungen zwischen Original und Abschriften entdeckt.“ 19 komplette Ausgaben der Beethoven-Sonaten besitzt er. „In dieser Erstausgabe der Sonate Opus 31, Nr. 2 ist zum Beispiel ein f für Forte in Klammern, eine Schweinerei, denn das war gar nicht von

Foto: Philipp Horak

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My home is my castle: Rudolf Buchbinder, zu Hause in seinem „Garten“.

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Beethoven. Der hat es absichtlich weggelassen, als er die Erstausgabe 1803 an den Züricher Verleger Nägeli schickte“, erregt sich Buchbinder. „Die späteren und auch heutigen Herausgeber sind Gauner, weil sie Fingersätze hineinschreiben, die nicht vom Komponisten sind. Was man inzwischen an Noten liest, hat oft mit dem Urtext nichts mehr zu tun, aber leider gibt es heute keine Urtext-Ausgaben mehr“, bedauert er. Schließlich gilt gerade Beethovens Klavierwerken und besonders seinen 32 Sonaten, im Klassikbereich das „Neue Testament“ der Klaviermusik, seit Jahren Buchbinders Leidenschaft. Mit deren zyklischer Interpretation hat er in den letzten Jahren Maßstäbe gesetzt, die er in

Fotos: Philipp Horak

Kleine Verschnaufpause in einer urgemütlichen Sitzecke, der Stoff auf den Fauteuils hat Klaviere und Noten! Auf dem Couchtisch verführen ein Guglhupf und Häppchen von TrzeŚniewski, Wiens legendärer Schnittchen-Manufaktur. „Die hier müssen Sie zuerst probieren, die sind schön scharf“, emp�ehlt der bekennende Gourmet und Weinliebhaber, der sich zur Entspannung jedoch vorzugsweise einen Whisky gönnt. Seine Hausbar ist notabene auch ein Unikum, es ist ein zweckentfremdetes schwarzes altes Klavier. „Jetzt sind Sie gestärkt für die Kitsch-Ecke!“ Er führt zu einer Glasvitrine, in der ein Sammelsurium von Miniatur-Klavieren in skurrilsten Varianten angehäuft ist. Als Feuerzeug, Aschenbecher, Spieluhr, aus Keramik, Schildpatt, Aluminium. Der weltweit gefeierte Star des Klaviers mit einem profanen Hang für Nippes und das Spielerische: in Sichtweite der Flügel steht ein Billard-Tisch und sofort assoziiert der Besucher den Milos-Formann-Film „Amadeus“, auch Mozart liebte da zwischen dem Komponieren das Spiel mit der Treffsicherheit. Buchbinder, Bonvivant und Appassionato, hat so viele Leidenschaften und Buchbinders Reich, aufgeteilt in drei Stockwerke: der Billardtisch, seine Sammlung an historischen Erstausgaben Interessen, wann widmet von Beethoven bis Mozart und seine Bibliothek mit den beiden Steinway-Flügeln. er sich all diesen Dingen? „Mein Problem ist: der Tag hat nur 24 Stunden“, gibt der im Sternzeidieser und der nächsten Spielzeit als Capell-Virtuos an der Dresdner chen Schütze geborene Künstler zu, und, ja, er sei rastlos. Seit 2007 ist Semperoper gerade wieder neu vermisst. Der Live-Mitschnitt davon er auch noch Intendant, hob das Festival in Grafenegg (45 Minuten wird in einem Jahr bei Sony erscheinen. Buchbinder zieht die Livewestlich von Wien, nahe Krems) aus der Taufe, ein Musikfestival in Atmosphäre der Studio-Aufnahme vor: „Da entsteht eine ganz andere paradiesischem Park samt Märchenschloss. Hier trifft sich dank des innere Spannung, die Stimmung des Publikums schwingt immer mit!“ Netzwerkers Buchbinder die „internationale musikalische Crème de Aber auch die Huster sind zu hören. Ärgert ihn das nicht? „Ach, wenn la Crème“, wie der Impressario sein jüngstes Baby stolz skizziert. Von die auf den Punkt mit meinen falschen Noten kommen, ist es okay.“ Lang Lang über Zubin Mehta bis Renée Fleming, alle kommen. Zurück zur Suche nach originalen Partituren: Kein Wunder, dass Und wie oft schläft er daheim im Wiener Bett? „Sieben Monate im der Perfektionist mit fast kriminalistischem Spürsinn akribisch vergleicht und sich freut, irgendwo wieder Originalpartituren ergattern zu Jahr“, erwidert er prompt. Zwischen mehreren Wohnsitzen hin und her pendeln wie es etliche Kollegen p�egen, das sei nichts für ihn. „Die können. Die entsprechenden Antiquariate und Auktionshäuser kennt er bestens, im berühmten Wiener „Dorotheum“ ist er häu�g Gast und Musikstadt Wien ist mein Kraftzentrum und dieses Zuhause hier, mit – wie schön ironisch formuliert – „leider �nde ich auch immer etwas“. meiner Frau Agi, das gibt mir Ruhe“. Und da das Sammeln und Jagen noch immer kein Ende gefunden hat, inzwischen aber alle Räume des Die Solitäre werden von seinem langjährigen „Buchbinder“ kunstvoll in Leinen oder Leder gebunden, viele prangen mit edler Goldprägung dreistöckigen Hauses bis in den gut sortierten Weinkeller gefüllt sind, auf dem Rücken. „Und das hier ist mein größter Schatz“. Er bringt gibt es nur eine Lösung. Sie stammt von der langjährigen Haushälterin Danuta: „Herr Buchbinder, das nächste Haus ist aus Gummi!“ Der ein kleines Album aus dickem schwarzen Leder herbei und legt es auf einen Flügel. „Ein kleiner Kanon von Johannes Brahms, den er in Maestro kichert. // ein Stammbuch eintrug. Das Werk, eine außergewöhnliche Ad-hocKomposition, hat keine Opus-Zahl, gilt of�ziell als verschollen, aber Rudolf Buchbinders Biographie Da Capo (mit einem Vorwort von ich habe es!“ sagt er leicht triumphierend. Freunde schenkten ihm das Joachim Kaiser) ist im Styria Verlag erschienen. Kleinod zum 60. Geburtstag. Es wird übrigens, wie alle anderen muAuch live ist er in den nächsten Monaten zu erleben: Dresden, Semper-Oper: 17.-19.10. / 28.11. / 2.1.2011 / 13. + sikalischen Originale, nicht mit Glacéhandschuhen berührt: „Nein, 20.2.2011 / 6. + 27.3.2011 Dortmund, Konzerthaus: 6.12. das wird ganz alltäglich benutzt. Wie die Flügel, das sind meine BastelDüsseldorf, Tonhalle: 7.12. Bremen, Glocke: 12. +13.10. tische“, erklärt einer, dessen Lebensmaxime ist: „Wer glaubt etwas zu Wien, Musikverein: 16. +17.12. München, Philharmonie im sein, hat aufgehört etwas zu werden“. Gasteig: 22.12.

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{ KO L U M N E }

DANIEL HOPE

schreibt exklusiv in crescendo

Das schönste Geräusch (... nach der Musik)

Erst am Ende eines Werkes ‚darf’ geklatscht werden, und hält sich jemand nicht daran, kann es sein, dass hemmungslos gezischt wird. Wenn man allerdings den historischen Kontext dieses Themas weiter untersucht, fällt der Blick schnell ins 19. Jahrhundert zurück. Angesichts der lockeren Sitten, die damals in der Musikwelt herrschten, waren die Bemühungen um geordnete Verhältnisse vielleicht angebracht. Der Komponist Carl Reinecke war hoch beglückt, als er um 1860 das Leipziger Gewandhaus besuchte und dort, wie er berichtete, eine „andächtige Gemeinde“ vorfand. Hatte die „Umerziehung“ in Leipzig funktioniert, war sie anderswo nur bedingt erfolgreich. Offenbar mochten sich viele Konzertgänger nicht so ohne Weiteres mit den neuen, strengen Regeln anfreunden. Immer wieder mussten sie ermahnt werden, sich während der musikalischen Darbietungen des „Sprechens, des Taktschlagens oder Takttretens, sonstiger auffälliger Bewegungen und insbesondere des Beifallklatschens“ zu enthalten. Speziell der Verzicht auf spontanen Applaus �el den Menschen schwer. Noch 1910 wurde bei Quartettabenden in Berlin die „Beifallsenthaltung zwischen den einzelnen Sätzen“ ausdrücklich angemahnt und 1940 wurde auf Programmzetteln der Berliner Singakademie gebeten „die Werke nicht durch Beifall zu unterbrechen“. Da ist es interessant, einen der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts, Arthur Rubinstein, als Zeugen hingegen zu hören. „Das französische Publikum von 1904 reagierte ganz anders als das heutige. Damals belohnte Beifall mitten im Stück eine gelungene Passage, man rief ’bravo!’, ’charmant’, ’quel artiste!’. Es kam vor, dass der Künstler eine Sonate zwischen den Sätzen abbrach und sich durch Verbeugungen für den Beifall bedankte, was mich, ich will es nur gestehen, nicht störte, im Gegenteil, es ermunterte mich.“ Aber zur Beruhigung derer, die befürchten die Anarchie in der Musikkultur könne womöglich ausbrechen: Je geübter Konzertgänger werden, je mehr sie von der Musik kennen, desto sicherer werden sie in ihrem Urteil sein und desto seltener wird der Fall eintreten, dass sie dort klatschen, wo es angeblich nicht passt ... Daniel Hope ist ein britischer Weltklasse-Geiger mit irisch-deutsch-jüdischen Wurzeln. Die Taschenbuchausgabe von Hopes Buch „Wann darf ich klatschen?“ erscheint demnächst bei rororo. Besuchen Sie ihn auch unter www.danielhope.com

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Sony Anz Crescendo Ausg 7_rz2_Layout 1 23.09.10 19:58 Seite 1

AKTUELLE NEUERSCHEINUNGEN VON SONY MUSIC

SIMONE KERMES COLORI D’AMORE Die neue CD mit 13 Weltersteinspielungen wunderschöner italienischer Barock-Arien.

„Le Musiche Nove fehlt es zu keiner Zeit an Energie, Präzision und Klangvielfalt, und Simone Kermes steht den Instrumentalisten in puncto Ausdrucksstärke nicht nach“ Rondo

MARTIN STADTFELD DEUTSCHE ROMANTIK Die neue CD von Martin Stadtfeld mit Schumanns „Waldszenen“ & romantischen Stücken von Brahms, Liszt & Wagner. www.martinstadtfeld.de

88697754502 Ab 15.10. erhältlich

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OLGA SCHEPS RUSSIAN ALBUM

88697780682 Ab 15.10. erhältlich

Die junge Pianistin und ECHO-Klassik Preisträgerin 2010 präsentiert auf ihrer zweiten Einspielung charmante Werke von russischen Komponisten wie Tschaikowsky, Glinka, Arensky, Rachmaninoff u.v.a. www.olgascheps.de

NIKOLAI TOKAREV KLAVIERKONZERTE VON RACHMANINOW & TSCHAIKOWSKY

„...formt Rachmaninows Konzert nicht nur zu einem furiosen Rausch, sondern zugleich zu einem innigen Klangerlebnis.“ Süddeutsche Zeitung

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Zusammen mit der Russischen Nationalphilharmonie unter Vladimir Spivakov hat Nikolai Tokarev die beiden berühmtesten russischen Klavierkonzerte eingespielt: das 3. von Rachmaninow und das 1. von Tschaikowsky.

www.nikolaitokarev.de Alle aktuellen Konzerttermine finden Sie auf den Webseiten der Künstler.

www.sonymusicclassical.de

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{ K L A S S I K F Ü R D E N NAC H W U C H S }

Frage des Monats:

Genau: warum sind sie nicht rot wie eine Kirsche und gelb wie ein BahlsenKeks?? Nun: Die Geschichte ist mal wieder schuld. Nicht die Gute-NachtGeschichte, sondern die Historie, das, was Gewesen ist, als wir alle noch gar nicht auf der Welt waren: Denn früher benutzte man für die Tasten des Klaviers und vor allem des Konzert�ügels einerseits Elfenbein, das aus den Stoßzähnen der Elefanten kommt und eine weiß-gelbliche Farbe hat. Und andererseits, für die kleineren Tasten (die halben Töne) Ebenholz. Und Ebenholz, so haben wir bei Schneewittchen gelernt, ist schwarz. Inzwischen verwenden die Klavierbauer natürlich etwas preiswertere Kunststoffe, aber die Farben haben sich eingebürgert und so wird das Klavier wohl auch weiterhin ein „farbloses“ Instrument bleiben.

Die besten Klassik-CDs für Kinder Wir haben die wirklichen Spezialisten aus einem Münchner Kindergarten befragt. Toni, Bruno, David, Ferdi, Jonas, Laetitia, Laura, Linus, Severin, Marc, Sarah, Cäsalie, Elisabeth, Fee und Lena sind zwischen drei und sechs Jahre alt und haben die neuen CDs (und ein Buch) getestet. Hier ihre objektiven, zusammengefassten Wertungen:

Kinder-Zeit

Der Zeit-Verlag veröffentlicht eine neue Musik-Edition für den Nachwuchs Schon an den fantasievoll illustrierten CD-Covern lässt sich erkennen: diese Version von Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ ist was für die Kleinen! Denn auf dieser CD, die den Titel „Im Dienste des Zaren“ trägt, wurden die Lieder kindgerecht von der taschenphilharmonie eingespielt, dazu gibt es eine passende Geschichte, vorgelesen vom Dirigenten Peter Stangel. Die CD ist aber nur eine von insgesamt 1 CDs, die der Edition „Große Klassik für kleine Hörer“ angehören. Insgesamt wurden zwölf berühmte Werke der Klassik neu eingespielt. Auch die ganz großen Komponisten sind mit dabei: Ludwig van Beet hovens Sinfonie Nr.  beispielsweise oder Tschaikowskys „Nussknacker“. Herausgeber der Edition ist der Hamburger Zeit-Verlag. // Zeichnung: Stefan Steitz

Warum sind die Klaviertasten eigentlich schwarz und weiß?

CD DES M O N AT S

„Große Klassik für kleine Hörer“

„Der Natur auf der Spur“ Schöne Zusammenstellung, manche waren aber auch nicht soooo begeistert. BERLIN Classics

„Leopold Mozart“ Toni wünscht sich die CD zu Weihnachten, Bruno würde sie gerne nochmal hören! Also alles wunderbar. Tudor

„Musiklexikon für Kinder“ 192 Seiten stark, Beschreibungen zu allen Instrumenten, ein Traum für alle Generationen. Schott Verlag 1 Händchen = gefällt mir gar nicht; 2 Händchen = gefällt mir nicht; 3 Händchen = nur für Ausgewählte; 4 Händchen = gefällt mir / bitte kaufen; 5 Händchen = spitze!

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{ E S S AY }

DER GESCHÄFTSFÜHRENDE GES E L L S C H A F T E R D E S N A H R U N G S M I T T E L H E R ST E L L E R S H I P P SAG T:

„Der Gebildete ist der Überlegene“ Gedanken eines Laienmusikers

Als Laienmusiker bewundere ich Kunst will ja keine Wiederholung, Berufsmusiker für ihr Können, ihr sondern Neugestaltung. Wir Fachwissen und die Leichtigkeit, brauchen in der Wirtschaft auch mit der sie das tun, was mir schwer Mitarbeiter, die aus vorhandenem fällt. Wenn ich mir Gedanken zum Wissen neues Wissen schaffen. Thema Musik mache, dann komAuch hier gibt es Parallelen. In men diese aus dem Blickwinkel des der Wirtschaft brauchen wir nicht Amateurs. nur gut ausgebildete, sondern auch Musik vermag die innere Stimgebildete Menschen. Bei gleichem Fachwissen ist der Gebildete der mung stärker als Worte zu berühren, Überlegene. Heute weiß man aus sie kann Trost, Freude, Hoffnung, der Gehirnforschung, dass bei Sehnsucht vermitteln. Sie verbindet Menschen, die sich sprachlich Musikern Teile des Gehirns besschwer oder gar nicht untereinanser funktionieren als bei Nichtder verständigen könnten. Musikern. Als kleines Kind hat es mich imMusikabsolventen, die mit dem mer fasziniert, wenn Mädchen in Stellenmarkt auf ihren Gebieten Haus und Hof mehrstimmige Kinunzufrieden sind, sollen sich ihrer derlieder anstimmten. Die zweite hohen Quali�kation auch für anClaus Hipp kümmert sich auch um die Musiker, dere Berufe bewusst sein. Stimme fand ich immer besonders die „nicht an erster Stelle kommen.“ schön. Hausmusik war damals siIn meiner Lehrtätigkeit an der cher mehr verbreitet als heute, es Kunstakademie erlebe ich immer gehörte zum Alltag, ein Instrument zu spielen. Heute klagen wieder, dass meine Studentinnen und Studenten in allen mögMusikschulen über Schülermangel. lichen Berufen erfolgreich ihren Weg gehen. Wenn sie dann Für Spitzentalente wird es immer Wege geben. Was machen trotzdem im erlernten Beruf noch aktiv sind, dann können sie aber diejenigen jungen Musiker, die nicht die ersehnte Stelle Menschen für ihr Fach begeistern. bekommen? Im heutigen Berufsleben wird damit gerechnet, dass jeder die Angehende Musiker bekommen in der Regel eine äußerst Beweglichkeit hat, sich weiterzubilden. Wichtig ist, dass auch breitgefächerte Ausbildung. Neben dem instrumentalen und den Arbeitgebern bewusst wird, welch große Erfolgschancen musiktheoretischen Unterricht lernen sie auch, ihre Nerven zu in Menschen stecken, die eine vielseitige Begabung und Ausstärken, vor Menschen aufzutreten, sich zu „präsentieren“. Sie bildung haben. lernen, mit Aufregung und Lampen�eber umzugehen und persönliche Verantwortung für ein Gesamtwerk zu übernehmen. Neben seiner beru�ichen Karriere als Chef des Baby-Nahrungsmittel-Konzerns Hipp ist Claus Hipp unter seinem Geburtsnamen und Künstlernamen Nikolaus Hipp als freiSind dies nicht Eigenschaften, die wir uns auch von Kräfschaffender Künstler tätig. Er spielt Oboe und Englisch Horn, ist ausgebildeter Maler ten in der Wirtschaft wünschten? Eigenschaften, die nicht und gestaltet Bühnenbilder zum Beispiel für das Opernfestival auf Gut Immling. Seine immer leicht trainiert oder angeeignet werden können. Werke wurden bereits international erfolgreich ausgestellt. Er unterrichtet außerdem nichtgegenständliche Malerei an der Staatlichen Kunstakademie Ti�is in Georgien. Musik hat viel mit Kreativität zu tun. Die interpretierende

Illustration: Stefan Steitz

VON CLAUS HIPP

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{ J U B I L ÄU M }

SERIE: ÖSTERREICH 2 010 , E I N JA H R F Ü R G U STAV M A H L E R ( T E I L 3 VO N 3 )

MAHLERS REFORMEN Ein Wegbereiter der Moderne.

VON UW E SCHNEID ER

„Diesen Kuss der ganzen Welt“: Ein Ausschnitt aus Gustav Klimts „Beethovenfries“ in der Wiener Secession, wo Klimt auch Gustav Mahler eine Figur widmete.

Von Alma Mahler, die auch nach dem Tod ihres Mannes Gustav nicht müde wurde, seine künstlerische Größe und Bedeutung zu propagieren, stammt das Wort von Gustav Mahler als „Brückenbauer zur Musik der Zukunft.“

Sicherlich mag es radikalere Einschnitte in der Musikgeschichte gegeben haben, doch sieht man in Mahlers Schaffen nicht „nur“ die Komposition, sondern die Breite seiner künstlerischen Tätigkeit, so zeigt sich die Tragfähigkeit dieser Aussage. Die Einflüsse Gustav Mahlers reichen eben nicht nur in die Musik hinein, sondern auch in Bereiche wie Ausbildung, Probenprozesse, Dirigierverständnis, Ensemble- und Repertoirebildung, Regie, Bühnenbild, Raumklang, Theatertechnik und vieles mehr. In einer Zeit der Umbrüche und Infragestellung der Tradition hat Gustav Mahler im künstlerischen Leben seiner Zeit deutliche Spuren hinterlassen. In seinen frühen Zwanzigern hat sich Mahler als Ka-

pellmeister in Laibach, Olmütz und am Sommertheater Bad Hall die Grundlagen hierfür erarbeitet. Rückblickend verlief seine Karriere als Kapellmeister mit großer Konsequenz, die weiteren Stationen Kassel, Prag, Leipzig und Budapest verdeutlichen das. In seinen Wanderjahren lernte er nicht nur ein breites Repertoire kennen, sondern entwickelte auch aus den teils unbefriedigenden Arbeitsverhältnissen und qualitativen Einschränkungen, seinen später berühmt-berüchtigten, intensiven Probenstil. Ihm wurde die Bedeutung des Zusammenspiels von stimmiger, realistisch moti-

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TIPPS: BEGEGNUNGEN MIT GUSTAV MAHLER Mahler Spaziergänge, Wien, www.wien.info – „Antipoden der Wiener Gesellschaft: Karl Lueger & Gustav Mahler“, bis 31.10., jeden Samstag – „Lieben Sie Mahler?“, 17./24.10.

Mahler in Österreich, ganzjährig, Schauraum, Wien, Haus der Musik, www.hdm.at

Ein Zeichen für die Freiheit der Kunst: Das Gebäude der „Wiener Secession“.

Konzerte – Gustav Mahler: Symphonie Nr. 9 D-Dur, Wiener Philharmoniker, Esa-Pekka Salonen, 19.10., Wien, www.musikverein.at

– Mahler, Weber und Tschaikowsky, Residentie Orkest Den Haag, Neeme Järvi, Dagmar Pecková, 2.12., Wien, www.musikverein.at – Gustav Mahler: Symphonie Nr. 2 c-Moll, Bruckner Orchester Linz, Dennis Russell Davies, Ruth Ziesak, Michelle Breedt, 1.1.11, Linz, www.bruckner-orchester.at – Mahler und Berlioz, Wiener Philharmoniker, Mariss Jansons, Thomas Hampson, 14.1.11, Wien, www.musikverein.at

Die Rückkehr der Alma Mahler, Erlebnistheater, 8.11., Wien, Österreichisches Theatermuseum, www.theatermuseum.at

vierter Szene und musikalischem Geschehen im Musiktheater deutlich und im Bereich der Orchestermusik beschäftigten ihn bald Fragen der Balance und Akustik. Als Direktor der königlichen Oper in Budapest hatte er damit begonnen, mit großem Probenaufwand Szene und Musik aufeinander abzustimmen. Als Mahler 11 – im Alter von  Jahren – Erster Kapellmeister am Stadttheater in Hamburg wird, vertieft er diesen Prozess. Die Zeugnisse dieser Jahre sprechen immer wieder von seinem Bemühen um den rechten Ausdruck in Musik, Geste und Szene – und von seiner „unerbittlichen Strenge“. Bis 1, dem Jahr der Berufung als Direktor an die Wiener Hofoper, perfektioniert Mahler einen für die Zeit geradezu revolutionären Stil, der mit überkommenen Traditionen aufräumt. Wien um 1, das ist die Zeit Schnitzlers, Hofmannsthals und Karl Kraus’, das sind die Jahre des Jugendstils und der „Wiener Seces-

Gustav Mahler in der Neuen Welt: New York, 1909

sion“, deren Leitspruch „Der Zeit ihre Kunst – der Kunst ihre Freiheit“ das Motto der aufkeimenden Moderne abgibt. In Wien, wo er bis 1 wirken wird, gelingt ihm – nicht ohne Widerstände – eine so grundlegende Reform, dass ihre Auswirkungen bis heute international zu den Standards des Opernbetriebes gehören. In der Hofoper trifft Mahler vor allem auf eine ihm für die Entwicklung lähmend erscheinende Traditionspflege in allen Bereichen. Seine Reorganisation des gesamten Betriebes ist fundamental. „Seine Direktion brach über das Operntheater wie eine Elementarkatastrophe herein“, erinnert sich der Komponist Franz Schmidt. Die Neuerungen, die ein größere Konzentration auf das Gebotene gewährleisten sollten, blieben auch für das Publikum nicht ohne Konsequenzen: Zuspätkommende wurden nun erst in den Pausen eingelassen, Orchestergraben und Zuschauerraum wurden stärker abgedunkelt, der Orchestergraben durch Hydraulik bei großen Besetzungen absenkbar. Dem Wiener Schlendrian sagte er den Kampf an. Die Werke wurden von ‚traditionellen Strichen‘ gereinigt, der Notentext vielfach neu beleuchtet: „Ich rechne es mir als mein größtes Verdienst an, dass ich die Musiker dazu zwinge, genau das zu spielen, was in den Noten steht“, stellte Mahler fest. Der weitgehenden Beliebigkeit von Szene und Ausstattung, von Darstellung und Operngestik setzte Mahler dezidierte Regievorstellungen entgegen. Im Grunde ist dies der Beginn der Opernregie im modernen Sinn. Theatrale Sängergesten wichen der realistischer werdenden Darstellung. „Erst wenn alles aufs genaueste im Gesang, in der Sprache, im Zeitmaß, im Verhältnis zum Orchester durchgearbeitet war, ließ er der Individualität des Künstlers bei den Bühnenproben ihren Spielraum“, weiß Paul Stefan, einer seiner frühesten Biographen, zu berichten. Natürlich blieb auch Kritik, die ihm seine Reformen als nervöses Experimentieren vorwarf, nicht aus. Doch der Prozess des Umdenkens war nicht mehr aufzuhalten. Mahlers Wiener Direktionszeit wurde legendär und hat der Opernmoderne nach 1 entscheidend den Boden bereitet. // Mahlers Reformen brachten die Hofoper auf den Weg in die Zukunft: Hofoper (l., um 1900) und Staatsoper Wien

Foto: Österreich Werbung / Trumler (Beethovenfries), Kalmar (Staatsoper); Wien Tourismus/Claudio A lessandri (Secession); University of Pennsylvania, Mahler-Werfel Papers

– Mahler und Bruckner, Bruckner Orchester Linz, Dennis Russell Davies, 13.11., Wien, www.musikverein.at

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{ PLUS REGIONAL }

Anfang November gastiert Dmitrij Kitajenko bei den Münchner Philharmonikern in der bayerischen Landeshauptstadt.

P R O K O FJ E W, T S C H A I K O W S K Y, R A C H M A N I N O W

ZAUBER DER „RUSSISCHEN SEELE“ Der Dirigent Dmitrij Kitajenko kreiert Klangbilder der „russischen Seele“ – demnächst mit den Münchner Philharmonikern. Im Gespräch mit Antoinette Schmelter de Escobar hat er auch Persönliches verraten.

Konzertsaal? Fehlanzeige. Probenraum? Ebenfalls. Statt dessen werkelt Dmitrij Kitajenko vor dem crescendo-Interview im Garten seines Schweizer Domizils, das idyllisch zwischen Bergen, Wiesen und Seen liegt. Denn auch ein WeltklasseDirigent wie er braucht Kontrastprogramm zur Klassik. „Rasenmähen ist ein sehr guter Ausgleich zur Kopfarbeit. In der Natur zu sein, entspannt mich nicht nur. Sondern inspiriert mich auch und hilft mir so bei meiner wichtigsten Aufgabe – der Musik!“

In einem Alter, wo andere längst in Rente sind, steht der -Jährige nämlich regelmäßig renommierten Orchestern vor: rund  Mal pro Jahr live, wie vom . bis . November in der Münchner Philharmonie im Gasteig oder Mitte Dezember im Leipziger Gewandhaus. Und zusätzlich im Studio, wo er momentan nach einer preisgekrönten

Gesamtaufnahme der Schostakowitsch- und Prokofjew-Sinfonien nun einen Tschaikowsky-Zyklus mit dem Gürzenich-Orchester Köln einspielt, dessen Ehren-Dirigent er seit  ist. „Im Vergleich zu früher arbeite ich weniger, dafür intensiver,“ erklärt Kitajenko. „Dass ich länger brauche, um noch tiefer in die Partituren einzutauchen, limitiert die Zahl meiner Auftritte.“ Ausreichend Zeit ist ihm auch bei den Proben vor Konzerten wichtig. Wird ihm die nicht eingeräumt, lehnt der Perfektionist ab. Schließlich möchte er jungen Orchestern seine Vision bildhaft vermitteln. Und auch bei erfahrenen Ensembles wird an jedem Takt gefeilt, selbst wenn Musiker ein Stück schon mehr als 1 Mal gespielt haben. „Ohne eine gewisse Distanz und Respekt funktioniert die Zusammenarbeit nicht“, so der weißhaarige Kitajenko, der sich zwar als Teamarbeiter, nicht aber als „Kumpel“ sieht. „Genauso braucht man ein Gefühl für Psychologie, um einen guten Kontakt herzustellen.

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Foto: Gert Mothes/Dmitrij Kitajenko

Nur dann sind die Resultate entsprechend, nicht aber bei Druck oder Angst, die kontraproduktiv sind.“ Stimmt die Chemie nicht, oder kann Kitajenko bei einem Orchester „nichts erreichen, weil etwas wie eine unsichtbare Mauer da ist“, kommt er nicht zurück. Klappt die Kooperation hingegen, wird er zum Wiederholungstäter, so zum Anfang November für die Münchner Philharmoniker, ist er „sofort Beispiel beim Leipziger Gewandhausorchester, mit dem er seit über in Russland.“ Denn Komponisten von Schostakowitsch über Kat Jahren als „guter Bekannter“ gerne arbeitet. Streng genommen tut er das nicht allein. „Bei jeder Probe sitzt meine Frau im Saal, bei schaturian bis Schnittke kennt er persönlich, bei anderen tauchen vor Konzerten steht sie in den Kulissen“, verrät der Maestro über seine seinem inneren Auge Bilder „wie auf einer Leinwand“ auf, weil er das Wegbegleiterin, die Bratschistin im Philharmonischen Orchester Land „so gut kennt“. Und Tschaikowksy schätzt er besonders, weil der Moskau war, das Kitajenko ab 1 für 1 Jahre leitete. „den Weg zu den Herzen der ganzen Welt“ findet. Als er sich 1 für den Posten als Chefdirigent des Radio-SinfonieKein Wunder, dass so viel Knowhow auf entsprechende Gegenliebe stößt: „Wir schätzen Dmitrij Kitajenko sehr. Insbesondere, Orchester Frankfurt entschied, dem der als Chefdirigent des Berner Symphonie-Orchesters, des Philharmonischen Orchesters Bergen weil er ein Programm mit selten gespielten und oftmals verkannten Meisterwerken berühmter russischer Komponisten mitbringt“, so die und des Sinfonieorchesters des koreanischen Rundfunks folgten, ging Münchner Philharmoniker. „Das russische Repertoire ist Inspiration seine Gattin selbstverständlich mit. „Wir sind ein glückliches Paar“, resümiert Kitajenko. „Meine Frau ist Teil meiner Welt und Energie.“ und Herausforderung zugleich. Kitajenko nimmt uns mit auf eine spannende Entdeckungsreise in die russische Musikkultur und weiß Eines allerdings würde er nicht mit ihr tun: wieder in Russland leben, wo er Musik studiert hat und mit  am Moskauer Operntheater Klangbilder der ‚russischen Seele‘ zu erzeugen, die ihre Tiefe und seine erste Führungsposition übernahm, nachdem er 1 den 1. HerSchönheit erlebbar machen.“ bert-von-Karajan-Wettbewerb gewonnen hatte. „Die Klassik steckt in Trotzdem möchte Kitajenko nicht auf seine Spezialität reduziert werden. Sondern weiterhin auch bei Brahms, Mozart oder Richard meiner Heimat nicht in der Krise. Aber es scheint so zu sein, dass aus finanziellen Gründen mittlerweile das Motto gilt: ein Minimum an Strauss den Taktstock schwingen dürfen: nach  Jahren im Beruf Proben, ein Maximum an Konzerten. Und das oft mit den gleichen voller „Reife und Erfahrung“, dabei unvermindert energiegeladen dank seiner Devise „Aktivität ist mein Lebenselixier.“ Werken, damit das Publikum möglichst zahlreich kommt“ – Gegebenheiten, mit denen sich Kitajenko nicht arrangieren kann. Eng verbunden hingegen ist er weiterhin dem Repertoire seiner Heimat. Dirigiert er zum Beispiel Prokofjews SymphoRUSSISCHE KONZERTE nie Nr.  C-Dur, Tschaikowskys Rokoko-Variationen für Vider Münchner Philharmoniker vom 5. bis 7. November 2010 oloncello und Orchester oder Rachmaninows „Die Glocken“ Programm: – Sergej Prokofjew/Symphonie Nr. 4 C-Dur op. 47 – Pjotr Iljitsch Tschaikowsky/Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester op. 33 – Sergej Rachmaninow/„Die Glocken“ op. 35

Foto: www.wildundleise.de

Für die Münchner Philharmoniker ist das russische Repertoire Inspiration und Herausforderung zugleich.

Foto: privat/Dmitrij Kitajenko

Leitung: Dmitrij Kitajenko

Damals mit dem Meister. 1969 gewann Dmitrij Kitajenko den ersten Internationalen Herbert von Karajan-Dirigierwettbewerb.

Tatjana Vassiljeva (Violoncello), Olga Guryakova (Sopran), Dmytro Popov (Tenor), Arutjun Kotchinian (Bass), Philharmonischer Chor München, Einstudierung: Andreas Herrmann Konzerttermine: Freitag, 5.11., 20 Uhr / Samstag, 6.11., 19 Uhr / Sonntag, 7.11., 19 Uhr Kartenservice: Tel. 0180-54 81 810 (14Ct./Min. aus dem dt. Festnetz, max. 42 Ct./Min. aus dem Mobilfunk) Info: www.mphil.de

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{ PLUS REGIONAL }

OK TOBER / NOV EM BER : Diese Termine so 15.10. Baden-Baden/Festspielh. Endstation Sehnsucht Balettabend von John Neumeier 15.10. Fürth/Stadttheater Bahn Frei!/Arenz, Wolf (UA) 15.10. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Samson und Dalila/Camille Saint-Saëns

München Deshalb zahle ich so gerne Steuern! 1000 Sänger und Musiker von erlesener Qualität versuchen sich auf einer Bühne am unermeßlichen Universum. Zum Kartenpreis von 20-80 Euro. Diese Kalkulation wird am 15. und 17. Oktober in der Münchner Philharmonie bei 2.300 Plätzen nicht ganz aufgehen ... Vor 100 Jahren wurde die „Sinfonie der Tausend“ von Gustav Mahler in München uraufgeführt mit 1.030 Mitwirkenden. Zum Jubiläum steht sie natürlich auf dem Programm. Christian Thielemann wird die Klangmassen kontrollieren. Die Textgrundlage bildet die Schluss-Szene aus „Faust II“ und schließt mit den Worten „Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.“ Ein Grund mehr hinzugehen!

17.10. Lübeck/Theater Doktor Faustus/John von Düffel nach Thomas Mann (UA) 17.10. Wien/Staatsoper (A) Cardillac/Paul Hindemith 21.10. Baden-Baden/Festspielh. Hommage aux Ballets Russes Balettabend von John Neumeier

23.10. Neustrelitz/Landestheater La Bohème/Giacomo Puccini 23.10. Saarbrücken/Saarländisches Staatstheater Die schöne Helena/Jacques Offenbach 23.10. Trier/Theater Dance around the World/Sven Grützmacher (UA) 24.10. Berlin/Komische Oper Die Schneekönigin/Valtinoni (UA), Märchenoper, ab 6 J.

17.10. Kaiserslautern/Apostelkirche Orgel-Monologe im Dialog, Torsten Laux & Christian Schmeiser

6.11. Luzern/Theater Die Zauberflöte/W. A. Mozart

13.10. München/Prinzregententh. Münchener Kammerorchester, Bach, Nono, Beethoven, Schostakowitsch & Romitelli. Ltg.: Mustonen & Läubin 14.10. Frankfurt/Alte Oper Tourneestart bundesweit: Singapore Symphony Orchestra & Jan Vogler spielen Debussy, Rachmaninow, Fauré, Tschaikowsky & Zhou Long

17.10. Lübeck/Musik- und Kongreßhalle Sinfoniekonzert, Ravel, Koppel, Halffter, Bizet 17.10. Schwetzingen/Kammermusiksaal, Joseph Moog, Klavierrecital 18.10. Düsseldorf/Tonhalle Gabriela Montero: Latin Live Tour

WeltklasseKünstler kommen in die avantgardistische Philharmonie zum Luxembourg Festival.

24.10. München/Staatstheater am Gärtnerplatz Die Omama im Apfelbaum/Elisabeth Naske, Kinderoper, ab 4 J. 27.10. Hamburg/Kammeroper Die Fledermaus/Johann Strauß 28.10. Kaiserslautern/Pfalztheater Rossini!/Giannetti, Ballettabend mit Musik von Rossini (UA)

29.10. Dresden/Staatsoperette Der Zigeunerbaron/J. Strauß 29.10. Duisburg/Theater Phaedra/Hans Werner Henze 30.10. Cottbus/Staatstheater Fürst Pücklers Utopia/ Christoph Klimke (UA)

www.restaurant-jin.de

30.10. Giessen/Stadttheater Amadeus/Peter Schaffer (Theater)

15.10. Zwickau/Gewandhaus Don Giovanni/W. A. Mozart

30.10. Hamburg/Staatsoper Parzival - Episoden und Echo/ John Neumeier

16.10. Magdeburg/Theater Der Nussknacker/P. Tschaikowsky

30.10. Leipzig/Opernhaus Chaplin/Mario Schröder Ballett mit Musik von Chaplin, Britten, Barber & Wagner

16.10. Regensburg/Velodrom Die Geschichte Lilith/Olaf Schmidt, Georgette Dee (Ballett)

30.10. Linz/Landestheater (A) Hello, Dolly!/Jerry Herman, Michael Stewart

16.10. Rostock/Volkstheater Rigoletto/Giuseppe Verdi

30.10. Münster/Erlöserkirche Noahs Flut/Benjamin Britten (Kinderoper)

17.10. Hamburg/Staatsoper Götterdämmerung/R. Wagner

12.10. Köln/Philharmonie Jean Guillou, Orgel und Klavier

7.11. Lübeck/Theater Die Entführung aus dem Serail/ W. A. Mozart, für Kinder

29.10. Berlin/Bode-Museum Titus/W. A. Mozart inszeniert von Christoph Hagel

17.10. Berlin/Staatsoper im Schiller Theater Das Rheingold/ Richard Wagner

5.11. Zwickau/Gewandhaus Bernarda Albas Haus/Torsten Händler Tanzstück nach Federico Garcia Lorca

22.10. Meiningen/Kammerspiele Leonce und Lena/Georg Büchner

Nach diesen 90 Minuten (hoffentlich!) im Universum ist die Rückkehr ins Hier & Jetzt sicher nicht einfach.

16.10. Wiesbaden/Staatstheater Sweet Charity/Cy Coleman und Neil Simon (Musical)

17.10. Essen/Philharmonie Verleihung ECHO Klassik 2010

7.11. Innsbruck/Tiroler Landestheater (A) La Cenerentola/ Gioacchino Rossini

28.10. Remscheid/Teo Otto Th. Unverhofft in Kairo/J. Haydn

16.10. Berlin/Deutsche Oper Don Giovanni/W. A. Mozart

KONZERTE

22.10. Düsseldorf/Oper Dialogues des Carmélites/ Francis Poulenc

www.mphil.de

Mahler komponierte das Werk ja in Maiernigg/Kärnten. Also kann ein guter österreichischer Tropfen nach einem Isar-Spaziergang nicht schaden. Den gibt es auch sonntags im Restaurant Jin mit seiner herrlichen panasiatischen Küche.

31.10. Frankfurt/Oper Die Walküre/Richard Wagner

30.10. Stuttgart/Staatsoper Die Fledermaus/Johann Strauss 30.10. Wiesbaden/Staatstheater Imago/Haubrich, Adams (Ballett) 31.10. Erfurt/Theater Der leuchtende Fluss/Johanna Doderer (UA)

Foto: Wade Zimmerman

PREMIEREN

7.11. Heidelberg/Opernzelt Fidelio/Ludwig v. Beethoven 7.11. Hameln/Theater Don Quichotte oder die Macht der Fantasie Musiktheater nach Miguel Cervantes 12.11. München/Prinzregententh. Le Nozze di Figaro/W. A. Mozart 12.11. Pforzheim/Theater Rigoletto/Giuseppe Verdi 13.11. Trier/Theater Der Graf von Luxemburg/F. Lehár 14.11. Münster/Städt. Bühnen Katja Kabanowa/Leoš Janácek 14.11. Wien/Staatsoper (A) Alcina/Georg Friedrich Händel 18.11. Linz/Landestheater (A) Der Widerspenstigen Zähmung/William Shakespeare 19.11. Berlin/Staatsoper im Schiller Theater Der Gestiefelte Kater/César Cui ab 6 Jahren 20.11. Karlsruhe/Badisches Staatstheater Der Nussknacker - Eine Weihnachtsgeschichte/Youri Vàmos nach Dickens & Hoffmann (Ballett) 20.11. Osnabrück/Theater Die Csárdásfürstin/ Emmerich Kálmán

14.10. Meiningen/Stadtkirche Sinfoniekonzert, J. Brahms, R. Strauss & G. Raphael 14.10. Regensburg/Neuhaussaal Sinfoniekonzert mit Werken von Cherubini, Gulda und Beethoven 15.10. Tegernsee/Schloss Carmina Burana/Carl Orff 15.10. Freiburg/Paulussaal Josef Bulva 15.10. Berlin/Krönungskutschensaal André Jolivet, Peter-Philipp Staemmler, Hye Jin Kim, Chopin, Mahler, Mozart 15.10. Bonn/Beethoven-Haus Kammerkonzert, Penderecki, Schumann, von Dohnányi 16.10. Dresden/Frauenkirche RIAS Kammerchor & Ensemble musikFabrik 16.10. München/Herkulessaal Singapore Symphony Orchestra & Jan Vogler on tour 17.10. Edenkoben/Villa Ludwigshöhe Andrei Ivanovitch Klavierabend 17.-19.10. Dresden/Semperoper Rudolf Buchbinder & Sächsische Staatskapelle Dresden unter Daniel Harding

18.10. LeipzigGewandhaus Singapore Symphony Orchestra & Jan Vogler on tour 18./19.10. Ludwigshafen/Pfalzbau Romantik: Szenen aus Freischütz, Symphonie fantastique & Les Illuminations 18.10. München/Gasteig Der Messias/G.F. Händel 18.10. Münster/Erbdrostenhof Erbdrostenhofkonzert, R. Schumann & W. A. Mozart 19.10. Berlin/Philharmonie Singapore Symphony Orchestra & Jan Vogler on tour 20.10. Dresden/Kulturpalast Singapore Symphony Orchestra & Jan Vogler on tour 20.10. Essen/Zollverein/Salzlager, Frank Chastenier Trio, Jazzkonzert 20.10. Köln/Philharmonie Artemis Quartett spielt Beethovens Streichquartette 20.10. Wiesbaden/Staatsth. Sinfoniekonzert, Schostakowitsch & Tschaikowsky 20.-24.10. Zwickau/Konzertund Ballhaus „Neue Welt“ Internationaler Robert-Schumann-Chorwettbewerb

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ne sollten Sie nicht versäumen Musikalische Institution

Spiel und Phantasie

Die wohl bedeutendste Musikerpersönlichkeit Frankreichs ist erstmals in Luxemburg als Dirigent zu erleben: Pierre Boulez, Avantgarde-Pionier und langjähriger Chefdirigent von BBC Symphony Orchestra und New York Philharmonic, rückt mit dem Ensemble Modern Orchestra Orchestermusik von 1909 bis 2010 ins Rampenlicht des Luxembourg Festival. Philharmonie Luxemburg, 7.11., www.philharmonie.lu

Pianistin Galina Vracheva spielt und phantasiert bei „Wunsch:Musik“ im Cuvilliés Theater über Schumann, Chopin und Beethoven. Sie geht auf die Themenwünsche der Besucher ein und setzt sie spontan in Musik um. In der zweiten Konzerthälfte wird sie mit dem syrischen Oud-Spieler Kinan Idnawi improvisieren. „Improvisation ist für mich Sprechen in Musik“, so die geborene Bulgarin, die einen Lehrauftrag für Improvisation in Amsterdam inne hat und Meisterkurse im Haus Marteau gibt. München, Cuvilliés Theater, 29.10., www.arion-arts.com

Asien & Europa Das Singapore Symphony Orchestra und Cellist Jan Vogler gehen auf gemeinsame Deutschland Tournee. Auf dem Programm stehen Kompositionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die zum festen Repertoire des Orchesters gehören: „La Mer“ von Debussy, „Die Toteninsel“ von Rachmaninow, die Elegie für Cello und Orchester, Opus 24 von Fauré und die Rokoko-Variationen von Tschaikowsky. Abgerundet wird das Programm durch ein zeitgenössisches Werk des chinesischen Komponisten Zhou Long: „The Rhyme of Taigu“. Frankfurt, München, Leipzig, Berlin, Dresden, 14.-20.10., www.sso.org.sg

Auge und Ohr Frank Strobel formt eine Hommage an berühmte Filmkomponisten und ihre nervenzerreißenden, spannungsgeladenen oder romantischen Soundtracks – gespielt von hochkarätigen Orchestern. Filmmusik von John Williams und Steven Spielberg (1.11.) über Bernard Herrmann und Alfred Hitchcock (20.11.) bis zu Nino Rota und Federico Fellini (21.1.11) bringt in der Konzertreihe „Meisterregisseure und ihre Komponisten“ die Kölner Philharmonie zum Klingen. Und auch die Augen kommen nicht zu kurz, bei einigen besonders packenden Filmszenen treffen Bild und Ton zusammen – „Der weiße Hai“ live. Kölner Philharmonie, 1./20.11.10 & 21.1.11, www.koelner-philharmonie.de

Klasse Zum 15. Geburtstag sprechen Motto und Künstlerliste des Salzburger JazzHerbsts für sich: „The Divas“! LiveAuftritte von Jessye Norman, Dianne Reeves, Jane Monheit, Roberta Gambarini, Karrin Allyson, Claudia Acuna, Gretchen Parlato, Maria João, China Moses sowie Lisa Sokolov & Nihan Devecioglu versprechen begeisternde Momente. Darüber hinaus werden in den 22 Konzerten, 28 Filmen und zwei Ausstellungen auch der Pianist Brad Mehldau, das Ron Carter Foursight, Terence Blanchard und aus Österreich Gansch & Roses, das Diknu Schneeberger Trio, das Otto Lechner Trio und viele andere zu erleben sein. Salzburg, 28.10.-7.11., www.salzburgerjazzherbst.at

Daniel Raiskin Dirigent

Alban Gerhardt Violoncello Sonntag, 28.11.2010 19:30 Uhr Werke von

Mozart, Schumann, Franck www.r�chard-�trau��-���t�tut.d�

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Jazz-Mekka Ingolstadt Regelmäßig wird Ingolstadt zur JazzMetropole. Weltoffene, experimentierfreudige und qualitativ hochwertige Veranstaltungen geben nicht nur jungen Künstlern ein Forum, sondern locken vor allem auch die Stars der Szene. In diesem Jahr warten die Ingolstädter Jazztage mit einem Programm der Extraklasse auf. Zu den Glanzlichtern zählen der italienische Liedermacher Paolo Conte, der britische, derzeit erfolgreichste, Jazz Künstler Jamie Cullum und der weltbeste Gitarrenvirtuose Paco de Lucia mit Band. Ingolstadt/ versch. Orte, 17.10.-7.11., www.ingolstaedter-jazztage.de

Barocke Lust präsentiert die Bad Reichenhaller Philharmonie im Königlichen Kurhaus: Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ mit der Wettbewerbspreisträgerin Rebekka Hartmann und ihrer „Stradivari“, die „Deutsch-Englische Baroque Connection“ mit Jeremy Huw Williams und Pergolesis „Stabat Mater“ mit Roman Senicky, Katharina Preuß und Theresa Holzhauser. Bad Reichenhall/Königliches Kurhaus 15.-17.10., www.bad-reichenhall.de

Bärenreiter www.baerenreiter.com

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S P I E L Z E I T 2 010 / 2 011

Im Zentrum der diesjährigen Kasseler Musiktage stehen Werk und Wirken von Heinrich Schütz. Um die 30 Konzerte reagieren auf das Motto „Kreuzungen – Elend und Glanz / Heinrich Schütz und Europa“: Alte und Neue Musik aus ganz Europa und eigens für das Festival geschaffene Auftragskompositionen werden zu hören sein. Interpretiert von Ensembles wie der Cappella Sagittariana Dresden, dem ensemble amarcord, Cantus Cölln, dem hr-Sinfonieorchester, La Venexiana und dem Estnischen Kammerchor. Kassel, verschiedene Orte, 28.10.-14.11., www.kasseler-musiktage.de

Staatsorchester Rheinische Philharmonie

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KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM Sonntag, 31. Oktober 2010, 20 Uhr

MAX-PLANCK-PHILHARMONIE

FRANZ SCHUBERT: Sinfonie Nr. 5 | BOTESSINI: Grand Concerto für 2 Kontrabässe und Orchester | L. v. BEETHOVEN: Sinfonie Nr. 3, Eroica Sonntag, 7. November 2010, 20 Uhr

BRASS BAND MÜNCHEN �

FORUM UNTERSCHLEISSHEIM

Kreuzungen

1. sinfonieKonZeRT · KonGRessHAUs GARMisCH-PARTenKiRCHen

Mit Werken von BACH, BIZET, DVOR ÁK, SPARKE und COOPER u. a. Sonntag, 14. November 2010, 19 Uhr G. F. HÄNDEL: MESSIAS Oratorium Bürgerhaus Unterschleißheim Rathausplatz 1 [direkt an der S 1 Haltestelle Unterschleißheim] Karten: 089/54 81 81 81 oder 089/310 09 200 www.forum-unterschleissheim.de

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{ PLUS REGIONAL }

OK TOB ER / NOV E M B ER : Diese Termine sollten Sie nicht versäumen 21.10. Frankfurt/hr-Sendesaal 50 Jahre Städtepartnerschaft Frankfurt - Lyon, mit dem Orchestre National de Lyon, Berlioz, Ravel, Debussy 21./22.10. Magdeburg/Theater Sinfoniekonzert Turnage, V. Williams, Tschaikowsky 22.10. Düsseldorf/Tonhalle Martin Stadtfeld & Wiener Symphoniker, Ltg.: Wladimir Fedossejew 23.10. Fürth/Stadttheater La Stagione & Simone Kermes 23.10. Ottobrunn/Wolf-FerrariHaus Von Bach bis Paganini mit Eliot Fisk (Gitarre) 23.10. Dresden/Frauenkirche Gautier Capuçon & das Stuttgarter Kammerorchester unter Michael Hofstetter 24.10. Baden-Baden/Festspielh. Vilde Frang spielt u.a. Sibelius 24.10. Frankfurt/Oper Till Eulenspiegel und Musikalische Streiche Kinderkonzert 24.10. Reutlingen/Marienkirche Die Schöpfung/Haydn Württembergische Philharmonie Reutlingen

25.10. Hamburg/Laeiszhalle Philharmonisches Konzert, Schubert, Mahler 26.10. Frankfurt/Oper Anne Schwanewilms & Manuel Lange spielen Lieder von Debussy, Wolf & Strauss 26.10. München/Prinzregententh. Quadro Nuevo Grand Voyage - Lieder einer großen Reise 27./28.10. Gera/Konzertsaal Ein deutsches Requiem/Brahms 28.-29.10. Frankfurt/Alte Oper Yefim Bronfman am Klavier Leitung: Paavo Järvi 28.10. Hamburg/Laeiszhalle Rising Star-Serie mit Ramón Ortega Quero 28.10. München/Gasteig Lang Lang 29.10. Düsseldorf/Tonhalle Sol Gabetta & Helsinki Philharmonic Orchestra 29.10. Ismaning/KallmannMuseum Jazz im Museum Johannes Enders & Peter Madsen 29.10. Köln/Philharmonie Hélène Grimaud spielt Mozart, Berg, Liszt & Bartók

2.11. Zwickau/Kunstsammlungen Städtische Museen Schüler-Konzert des Robert Schumann Konservatoriums 3.11. Frankfurt/Alte Oper Ein deutsches Requiem/Johannes Brahms Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Windsbacher Knabenchor, Christiane Oelze & Alexander Marco-Buhrmester

12/14.11. Cottbus/Staatsth. Ondes Martenot, Valérie Hartmann-Claverie, Dirigent: Evan Christ spielen Werke von Baschet (UA) & Messiaen

28.11. Garmisch-Partenkirchen/ Kongresshaus, Sinfoniekonzert Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Alban Gerhardt, Ltg. Daniel Raiskin

13.11. München/Schloss Nymphenburg Mozart-Nacht mit dem Barockensemble der Salzburger Konzertgesellschaft

3./4.12. Frankfurt/hr-Sendesaal Sonia Prina, Clara Andrada de la Calle: Vivaldi & Rossini, Ltg. Jean-Christophe Spinosi

13.11. München/Philharmonie Fazil Say & das Menuhin Festival Orchestra Gstaad, Leitung: Maxim Vengerov

5.-7.11. München/Philharmonie Münchner Philharmoniker, Ltg.: Dmitrij Kitajenko, Prokofjew, Tschaikowsky & Rachmaninow

14.11. Ludwigshafen/BASFGesellschaftshaus Abenteuer hören: Krzysztof Penderecki Per Slava u.a. mit Emmanuelle Betrand & Pascal Amoyel

7.11. Edenkoben, Villa Ludwigshöhe, Mendelssohn Quartett

14.11. Unterschleißheim/Bürgerh. Messias/Georg Friedrich Händel

7.11. Heidelberg/Kongresshaus Stadthalle, Beethoven-Gala 7.11. Salzburg/Festspielhaus (A) Jessye Norman beim Salzburger Jazzherbst

14.11. Zwickau/Dom St. Marien Missa sacra op. 147/ Robert Schumann

7.11. Cottbus/Kreuzkirche Kammerchor der Singakademie Cottbus, Bach Consort Cottbus & Peter Wingrich spielen Bachs Motetten 10.11. Berlin/Deutsche Oper Ballett-Gala: Malakhov & Friends

Arcadi Volodos

Foto: Ali Schafler

24.10. München/Gasteig Capriccio Basel & Gustav Rivinius, Leitung: Karel Valter 24.10. München/Prinzregententh. Katia & Marielle Labèque 24.10. Regensburg/Foyer Neuhaussaal Kammerkonzert zum 200. Geburtstag von Frédéric Chopin & Robert Schumann 24.10. Wolfsburg/Theater Gautier Capuçon, Bach, Reger, Mendelssohn-Bartholdy, Haydn, Schönberg

31.10. Unterschleißheim/Bürgerh. Max Planck-Philharmonie spielt u.a. Beethovens Eroica 31.10./1.11. Weimar/DNT Sinfoniekonzert mit Werken von Dvorˇák, Martinu, Schumann 1.11. Köln/Philharmonie Meisterregisseure und ihre Komponisten 2.11. Bonn/Schumannhaus Hauskonzert Frédéric Chopin 2.11. Dortmund/Konzerthaus Duoabend Janine Jansen & Itamar Golan

10.11. Dortmund/Konzerthaus Estnischer Philharmonischer Kammerchor, Ltg.: Daniel Reuss, Werke u.a. von Pärt und Tüür 10.11. München/Herkulessaal Hélène Grimaud 11.11. München/Gasteig Goethe und die Musik Gespräch und Musik mit Prof. Dr. Dieter Borchmeyer 11.11. Rostock/Stadthalle David Garrett auf seiner Rock Symphonies Tour 12.11. Salzburg/Universität Mozarteum (A) Tschaikowski Trio Moskau

bis 16.10. Usedomer Musikfestival bis 17.10., Residenzwoche München bis 19.10., Frankfurt a.M. Internationaler Commerzbank Kammermusikpreis bis 7.11. Mallorca/Palma de Mallorca (E) Festival MúsicaMallorca

16.11. München/Künstlerhaus Greg Pattillo, Projekt Trio Grenzgang zwischen Hip-Hop, Klassik, Jazz & Avantgarde

bis 20.11. Luxemburg/div. Orte (LU) Luxembourg Festival bis 11.12. Braunschweig Classix Festival

17.11. Reutlingen, Freie Georgenschule Symphonia OrientOccident, Rebekka Hartmann, Ltg.: Christoph Schlüren

bis 31.12., Ruhrgebiet RUHR.2010

18.11. Dortmund/Konzerthaus Philippe Jaroussky

bis 31.12., Zwickau 200 Jahre Robert Schumann

18.-19.11. Innsbruck/Tiroler Landestheater (A) Gerhard Oppitz spielt Beethoven & Richard Strauss

12.-17.10. Vocale Benediktbeuern

18.11. Unterschleißheim/Bürgerh. Carmen/Georges Bizet Oper im Taschenbuchformat

14.-30.10. Salzburger Kulturtage (A)

20.11. Köln/Philharmonie Meisterregisseure und ihre Komponisten

31.10. Köln/Philharmonie Rocky Roccoco Kinderkonzert

bis 15.10., Ascona(CH) 65. Settimane Musicali

15.11. München/Philharmonie Rolando Villazón

20.11. Dortmund/Konzerthaus Herbie Hancock

24.10. Köln/Philharmonie Rising Star-Serie mit Ramón Ortega Quero

FESTSPIELE/ FESTIVALS

20.11. München/Philharmonie Ivo Pogorelich & das Philharmonia Orchestra London, 20.11. München/Residenz Rodin-Quartett & Adrian Brendel: Schuberts Schwanengesang 20.11. München, Musikhochschule Symphonia OrientOccident, Rebekka Hartmann, Ltg.: Christoph Schlüren 21.11. München/Prinzregententh. Vadim Repin & das Kammerorchester des BR, Mendelssohn Bartholdy & Mozart 21./22.11 Weimar/DNT Sinfoniekonzert mit Werken von Haydn & Schumann 24.11. Berlin, Funkhaus Nalepastr. Symphonia OrientOccident, Rebekka Hartmann, Ltg.: Christoph Schlüren

bis 31.12. Salzburger Schlosskonzerte (A)

14.-17.10. Schubertiade Hohenems (A)

15.-17.10. Donaueschinger Musiktage 15.-17.10. Friedrichshafen/ Messegelände My Music Musikmesse 22.10.-21.11. Alzenau/versch. Orte Fränkische Musiktage 24.-31.10. 5. Wittenberger Renaissance Musikfestival 28.-31.10. Frankfurt/hr-Sendesaal Deutsches Jazzfestival Frankfurt 28.10.-7.11. Salzburger Jazz-Herbst (A) 28.10.-14.11. Kassel/div. Orte Kasseler Musiktage mit dem Internationalen Heinrich-Schütz-Fest 5.11.-11.12. Ludwigshafen/ Theater im Pfalzbau Festspiele Ludwigshafen 11.-14.17. Herne, Kulturzentrum Tage alter Musik in Herne 20.-28.11. Würzburger Bachtage 22.-28.11. LUCERNE FESTIVAL am Piano (CH)

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Salzburger Jazz-Herbst VeranstaltungsGmbH. &

Am 4. November präsentiert die BASF SE in Kooperation mit dem Frédéric-Chopin-Institut Warschau und „Steinway & Sons“, Hamburg, das diesjährige Benefizkonzert „Volodos & Friends“. Das zugleich eine Hommage an den berühmten polnischfranzösischen Komponisten Chopin zu dessen 200. Geburtstag ist. In einer Deutschlandpremiere sind neben dem international anerkannten Pianisten Arcadi Volodos die diesjährigen Gewinner des Chopin-Wettbewerbs zu hören. Diese werden im Rahmen der Endrunde des Wettbewerbs in Warschau gekürt. Ludwigshafen, Pfalzbau, 4.11., www.basf.de/kultur

Unerwartete Größe Seit der Gründung durch Hermann Prey vor mehr als 30 Jahren entwickelte sich die Schubertiade in Schwarzenberg und Hohenems zu einem der renommiertesten Orte der Schubert-Pflege. Kammerkonzerte mit dem Modigliani Quartett mit Martin Stadtfeld und Alois Posch, dem Stuttgarter Kammerorchester mit Gautier Capuçon unter Michael Hofstetter sowie dem Trio Jean Paul, ein Liederabend mit Annette Dasch und Wolfram Rieger sowie Klavierabende mit Kit Armstrong und Martin Helmchen machen das kleine Vorarlberger Hohenems zu einer der Größen im Festspiel-Herbst. Hohenems, Markus-Sittikus-Saal, 14.-17.10., www.schubertiade.at

Jugend & Jubilare Mit anspruchsvollen Programmen machen sich die Fränkischen Musiktage Alzenau seit mittlerweile 35 Jahren einen Namen. Auch in diesem Jahr widmet das Festival mit dem Beinamen „Festival der Jungen“ seinen Schwerpunkt der Nachwuchsarbeit. So musizieren die Bundespreisträger von „Jugend musiziert“, Peter Buck und Hubert Buchberger geben Kammermusik-Akademien aber auch bereits etablierte und erfolgreiche Künstler wie Olga Scheps sind in der RheinMain-Region zu erleben. Das diesjährige Thema, „Mit der Freude zieht der Schmerz“, geht in besonderer Weise auf die Jubilare Robert Schumann und Frédéric Chopin ein. Alzenau/verschiedene Orte, 16.10.27.11., www.fraenkische-musiktage.de

In Memoriam Christoph Schlingensief „Jeanne d´Arc“ in der Fassung von Walter Braunfels ist ein Panorama aus acht in sich abgeschlossenen, eigenständigen, musikalisch äußerst farbigen Einheiten. In acht Stationen zeichnete er den Lebensweg Johannas, die Ausweglosigkeit unter englischer Besatzung, die Hoffnung auf Erlö-

sung und den Glauben an Johanna als gottgesandte Erlöserin wider alle Wahrscheinlichkeit. Von den Nazis verfemt und in die innere Emigration getrieben, schrieb Braunfels „Jeanne d´Arc“ zwischen 1938 und 1942. Ende Oktober wird in der Deutschen Oper Christoph Schlingensiefs Inszenierung aus dem Jahr 2008 wiederaufgenommen. Berlin, Deutsche Oper, 30.10., 3.+11.11., www.deutscheoperberlin.de

frei Das diesjährige Weltmusikfestival grenzenlos spürt unter dem Motto „frei“ den Umständen und Folgen von Emigration und Sehnsucht nach Freiheit nach. Der Münchner Komponist Karl Amadeus Hartmann, der kubanische Gitarrist Manuel Barrueco, das italienisch-französische Individualisten-Trio „Trio Rouge“ und die Musiker von Oregon, die sich seit Woodstock frei durch die Musikstile bewegen, stehen exemplarisch für diese Sehnsucht und ihren Klang in Musik. Murnau/Kultur- und Tagungszentrum, 21.-24.10., www.weltmusikfestivalgrenzenlos.de

Musik und Architektur Begleitend zum Saisonthema „Architektur“ des Münchener Kammerorchesters lädt Alexander Liebreich, Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Ensembles, Architekten von Weltgeltung zu einer Gesprächsreihe über „Musik und Architektur“. Jeweils vor den Konzerten des Orchesters wird Liebreich mit Paul Robbrecht (Gent), mit Sou Fujimoto (Tokyo, 16.12.) und Daniel Libeskind (New York, 22.1.11) über die Korrespondenzen und Beziehungen zwischen den beiden Kunstformen sprechen – der Eintritt dazu ist für alle Konzertbesucher frei. Vor dem 1. Abonnementkonzert der Saison 2010/11 am 14. Oktober findet das erste Gespräch (in englischer Sprache) mit dem belgischen Architekten Paul Robbrecht statt. München, Prinzregententheater, 14.10., www.m-k-o.eu

„Die Schöpfung“ Fünf Festivalkonzerte im besonderen Flair historischer Spielorte bietet noch in diesem Jahr das palatia Classic Festival. So wird zum Beispiel das HaydnOratorium „Die Schöpfung“ zur Aufführung kommen. Die Vokalsolisten in den Rollen der Erzengel sind die Sopranistin Magdalena Hinterdobler, der Tenor Roman Payer und der Bariton Vinzenz Haab. Die festivaleigenen Ensembles, gegründet durch den künstlerischen Leiter Professor Leo Kraemer, übernehmen die für dieses Oratorium entscheidenden Aufgaben für Orchester und Chor. Frankenthal, Pfarrkirche Sankt Ludwig, 16.10., www.palatiaclassic.de www.crescendo.de 06_2010 | 49

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Für Chopin

Jessye Norman: »Roots – My Life, My Song« Dianne Reeves Jane Monheit Roberta Gambarini Karrin Allyson Claudia Acuña Gretchen Parlato Maria João & Mário Laginha China Moses Lisa Sokolov & Nihan Devecioglu Terence Blanchard Quintet Brad Mehldau Ron Carter Nonet Roy Hargrove Quintet Gerald Clayton Trio Benjamin Schmid Plays Gulda & Hank Paul Gulda Gansch & Roses Diknu Schneeberger Trio: »100 Jahre Django Reinhardt« Original Storyville Jazzband Otto Lechner Trio Studio Dan Chamber Music Daniel Schröckenfuchs Jazz In The Movies: 26 Filme 15 Jahre Salzburger Jazz-Herbst: »Swinging Portraits« – Fotografien von Peter Brunner »Musikalische Grafik«: 15 Jahre Salzburger Jazz-HerbstPlakate

The Divas

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{ AU F E I N E C D M I T J OAC H I M K A I S E R }

„Das ist sogar eine Blütezeit!“

Deutschlands Kritiker Nr. 1 prophezeit dem Geigen- und Klavierspiel (überraschend) eine rosige Zukunft KAISER: Jetzt wollen Sie sicher was zen oft am Flügel, wenn ich Sie Reaktionäres von mir hören, aber besuche. den Gefallen tue ich Ihnen nicht. KAISER: Ja, das Klavier ist meine Es gibt ganz tolle junge Pianisten große Leidenschaft. Es verfolgt und denen widme ich mich auch. mich schon mein ganzes LeSeverin von Eckardstein zum ben. Und mein Buch „Große Beispiel ist erst  und hat eine Pianisten in unserer Zeit“ ist herausragende Schubert-Aufnahvielleicht nicht mein bestes, me eingespielt. Toll finde ich auch aber mein erfolgreichstes den Wiener Pianisten Till Fellner. Buch. Oder Florian Uhlig und Nicholas CRESCENDO: Ist das Klavier Ihr Angelich. Es gibt jede Menge. Lieblingsinstrument? CRESCENDO: Was ist mit Martin KAISER: Ich spiele schon mein Stadtfeld, Lang Lang, Alice Sara ganzes Leben lang Klavier, Ott, Olga Scheps? aber im Augenblick empfinde KAISER: Martin Stadtfeld ist ein Joachim Kaiser und crescendo-Autor Tobias Haberl im ich die Geige als das fasziniebrillanter Pianist, aber er muss Wohnzimmer von Kaisers Anwesen in München. rendere Instrument. Wenn noch zur Persönlichkeit reifen. Ott ein richtig guter Geiger einen und Scheps können sehr hübsch perfekten Ton aus einer Stradivari herausdiese Stunden die glücklichsten Momente Chopin spielen, aber sie sind noch zu holt, dann braucht es schon einen Ausmeiner Jugend waren. jung, um sagen zu können: Donnerwetter, nahmepianisten wie Arthur Rubinstein, CRESCENDO: Sie schwärmen mir immer wieder das ist genial. Man muss sie beobachten um halbwegs mithalten zu können. Ein von ihren Klaviergöttern vor: Rubinstein, und abwarten. Spannend wird es, wenn Streichquartett ist vielleicht noch edler als Horowitz, Kempff, Arrau ... ein Künstler seine eigene Subjektivität so Klaviermusik. KAISER: Ach Herr Haberl, ich bin Jahrgang sehr zu objektivieren versteht, dass er der CRESCENDO: Trotzdem haben Sie so weit ich 1. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, Komposition gleichberechtigt gegenüber weiß nie Geige gespielt. war ich elf, als er endete 1. Ich bin unter steht, sich aber nie wichtiger nimmt als die KAISER: Dafür war mein Vater aber ein ausanderem in Tilsit groß geworden, wo mein Musik. gezeichneter Geiger. Immer wenn wir uns Vater Konzerte für den Musikverein orgaCRESCENDO: Das klingt als blickten Sie hoffgestritten haben – als sein Sohn fand ich nisierte. Anschließend saß ich als kleiner nungsvoll in die Zukunft. ihn natürlich grässlich reaktionär – sagte Junge mit Leuten wie Edwin Fischer oder KAISER: Auf jeden Fall. Ich finde sogar, dass er: „Ach Jochen, lass uns lieber was spieWilhelm Kempff bei uns zu Hause am wir im Moment eine richtige Blütezeit des len.“ Und dann setzte ich mich ans KlaTisch. Das hat mich einfach geprägt. Geige- und Klavierspiels durchleben. Dievier, er nahm die Geige und wir spielten CRESCENDO: Gehen Sie denn jetzt auch mal se vielen jungen Künstler zielen viel mehr zusammen Sonaten von Brahms, Schuins Konzert, wenn ein junger Pianist in der auf die Schönheit der Musik als das vor mann oder Mozart. Heute weiß ich, dass Stadt ist? zehn oder  Jahren der Fall war.

Foto: Bob Coat

CRESCENDO: Herr Kaiser, Sie sit-

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Port Media GmbH Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring Herausgeber: Winfried Hanuschik hanuschik@crescendo.de Verlagsleitung: Petra Lettenmeier lettenmeier@crescendo.de Chefredakteur:

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Liselotte Richter-Lux richter-lux@crescendo.de Autoren: Pascal Morché, Teresa Pieschacón Raphael, Christoph Schlüren Mitarbeiter dieser Ausgabe: Benjamin-Gunnar Cohrs, Tobias Haberl, Christa Hasselhorst, Daniel Hope, Philipp Horak, Joachim Kaiser, Martin Morgenstern, Angelika Rahm, Burkhard Schäfer, Antoinette Schmelter de Escobar, Stefan Schmerbeck (crescendo-Tipp), Uwe Schneider, Julia Smilga. Verlagsrepräsentanten: Tonträger: Petra Lettenmeier lettenmeier@crescendo.de

Kulturbetriebe: L. Richter-Lux, richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff, mannsdorff@crescendo.de Auftragsmanagement: Petra Lettenmeier (verantwortlich) lettenmeier@crescendo.de Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 13 vom 01.09.2009 Druck: Westermann Druck Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig Erscheinungsweise: crescendo erscheint mit sieben Ausgaben pro Jahr und zusätzlichen crescendo-themenspecials.

DAS NÄCHSTE CRESCENDO ERSCHEINT AM 23. NOVEMBER 2010.

crescendo ist bei Opern- und Konzerthäusern, im Kartenvorkauf und im Hifiund Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Beiträge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Angabe der Beteiligungsverhältnisse: Gesellschafter der Port Media GmbH: 100 % Winfried Hanuschik, München Abonnement: Abo-Service crescendo Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3452, Fax: -362452 abo@crescendo.de

Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, davon ein Sonderheft „crescendo festspiel-guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 34,- EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand. Versand ins Europäische Ausland: zzgl. EUR 10,- Bank-/Portospesen Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,- Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Verbreitete Auflage: 74.408 (laut IVW-Meldung II/10) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält eine Teilbeilage der Schubertiade Schwarzenberg/Hohenems sowie das Themenspecial HighFidelity Herbst/Winter 2010.


Klassik Hits Anna Netrebko, David Garrett, Rolando Villazón, Nigel Kennedy... Alle Stars der Klassik. Fotograph Clive Arrowsmith

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ALICE SARA OTT ECHO KLASSIK PREISTRÄGERIN 2010 SPIELT KLAVIERKONZERTE NR. 1 VON TSCHAIKOWSKY & LISZT

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© Kiyotaka Saito

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04.10.2010 13:05:51


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