crescendo 6/2012, Premium Ausgabe Oktober/November 2012

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oktober – November 2012 www.crescendo.de 7,90 Euro (D/A)

PREMIUM AUSGABE inkl.

2 CDs Auf einen Kaffee mit... Donna Leon NEUES Traum-„Duo“: Hélène Grimaud & Sol Gabetta ECHO Klassik Spezial: Interviews mit

Daniel Barenboim, Herbert Schuch, Rolando Villazón, den „stillen Gewinnern“

&

Alison bALSOM

Die Instrumentalistin des Jahres über die Schönheit des Rampenlichts

B47837 Jahrgang 15 / 06_2012

Start in eine neue Ära

Saison 2012/13 Generalmusikdirektor Karl-Heinz Steffens und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im Aufbruch


Richard Wagner

Tannhäuser Wiederaufnahme 31. Oktober 2013

o p e r

Richard Wagner

TrisTan und isolde Wiederaufnahme 16. November 2013

Richard Wagner

lohengrin Wiederaufnahme 13. Januar 2013 Osterfestspiele Salzburg Richard Wagner

parsifal Premiere 23. März 2013 Jacques Fromental Halévy

la Juive Premiere 12. Mai 2013 Richard Wagner

der fliegende holländer Premiere 15. Juni 2013 Gaspare Spontini

la vesTale konzertante Aufführung Premiere 30. Juni 2013

k o n z e r T e

Wagner- Jahr 2013 an der semperoper dresden

Wagner-geburTsTagskonzerT i

Christian Thielemann Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Wagner-geburTsTagskonzerT ii

Maria Agresta, Frank van Aken, Giorgio Berrugi, Johan Botha, Gabriele Ferro, Asher Fisch, Marcello Giordani, Matthias Henneberg, Jane Henschel, Soile Isokoski, Jonas Kaufmann, Wolfgang Koch, Markus Marquardt, Christa Mayer, Stephen Milling, Jürgen Müller, Tomáš Netopil, Marjorie Owens, Christoph Pohl, Michaela Schuster, Robert Dean Smith, Constantin Trinks, Eva-Maria Westbroek, Rachel Willis-Sørensen, Kwangchul Youn, Georg Zeppenfeld

und WeiTere konzerTe

PA R T N E R D E R S E M P E R O P E R U N D D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N

informationen und karten T 0351 49 11 705 bestellung@semperoper.de semperoper.de

»Das Liebesmahl der Apostel« u.a. Frauenkirche Dresden 18. Mai 2013

Auszüge aus »Der fliegende Holländer«, »Rienzi«, »Lohengrin« und »Tannhäuser« 21. Mai 2013


p r o l o g

Das grosse Ganze

w i n f r ied h a n u s c h i k Herausgeber

Liebe Leser, Cecilia Bartoli und Donna Leon begaben sich auf Spurensuche und forschten nach Leben und Liedern des vor 300 Jahren verstorbenen Komponisten Agostino Steffani. Daraus entstand das BartoliAlbum „Mission“ und der Leon-Roman „Himmlische Juwelen“. Bei einem Kaffee (Seite 14) erzählte die Literatin von der besonderen Magie von Bibliotheken: „Wenn man die vielen Bücher im Regal sieht und nach einem Buch sucht, dann stehen neben diesem Buch noch zwanzig weitere. Man kann sich an ihnen inspirieren. Das kann man auf einem iPad so nicht. Das akzidentielle, zufällige Finden, das so wichtig ist für den Entwicklungsprozess eines Kindes, aber auch bei der Recherche für etwa ein Buch, ist nicht mehr möglich.“ Tatsächlich liefern Suchanfragen im Internet im besten Falle das, was man gesucht hat, aber eben nicht das, von dem man noch gar nicht wusste, dass es einen interessieren oder inspirieren würde. Darum lese ich so gerne Zeitungen und Zeitschriften: Da kann man entspannt blättern, kurz überfliegen, sich inspirieren lassen, reinlesen, vertiefen – und als crescendo-Premium-Leser sogar: Reinhören. In dieser Ausgabe wollen wir Ihre Sinne u.a. mit diesen Geschichten anregen: Andreas Scholl, der Countertenor, philosophiert beispielsweise über die Faszination, die hohe Männerstimmen auslösen,

das Bedürfnis, Rollenverständnisse abzuschütteln und „ganz zu werden“: „Wir alle sind nicht männlich oder weiblich, sondern in erster Linie Menschen.“ (Seite 28) Auf andere Art „ganz“ wurden die Klassikstars Hélène Grimaud und Sol Gabetta: Als sie sich kennenlernten, verstanden sie sich vom ersten Moment an musikalisch und menschlich so prächtig, dass sie in ihren ohnehin engen Terminplänen Raum für eine gemeinsame Konzert-Tournee schufen. Das erste Baby dieser fruchtbaren Beziehung liegt jetzt auf dem Plattentisch: Das Album mit dem treffenden Titel „Duo“. Über ein besonderes Duett schreibt Alexander Busche in seinem neuen Buch. In der spannenden Zeit, als Wolfgang Wagner seine Nachfolge auf dem Grünen Hügel regelte, gehörte er von Mai 2008 bis Juli 2010 zum engsten Mitarbeiterkreis der Bayreuther Festspiele und galt als einer der wenigen Vertrauten Katharina Wagners. crescendo druckt exklusiv vorab Auszüge aus dem Manuskript. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe gilt natürlich den Preisträgern des Echo Klassik 2012, der gerade verliehen wurde. Neben Stars wie Daniel Barenboim und Alison Balsom, sprachen wir mit den Preisträgern, die Sie im Fernsehen nicht zu sehen bekamen, die ihren Preis aber mindestens so sehr verdient haben. Viel Spaß beim Lesen und Lauschen,

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Fotos Titel: Chris Dunlop / EMI Classics; Frank Vinken

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Ihr Winfried Hanuschik

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O k t o b e r  /  N o v e m b e r 2 0 1 2

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12 & 24 Pianist, dirigent, Versöhner. Daniel Barenboim. Der Künstler erhält den Echo für sein Lebenswerk & kämpft für politische Aussöhnung .

20 Dieser Moment der Wahrheit. Alison Balsom liebt die Macht ihrer Trompete – und den Nervenkitzel einer Solistin im Rampenlicht der Bühnen.

42 Der, der selbst die Stille Klingen liess John Cage wäre jetzt 100 geworden – ein Dokumentarfilm macht deutlich, warum seine Weisheit bis heute wirkt.

STandards

Künstler

hören & Sehen

03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. 08.... Blickfang Traurig, aber sehenswert: „Königskinder“. 10..... Ouvertüre Ein Anruf bei Schumann-Regisseur Christian Berger & die Playlist von Bariton Christian Gerhaher. 12..... K ünstler ohne Grenzen Das politische Engagement von Klassik-Stars. 13..... Play Me... Mach mit: Klaviere auf öffentlichen Plätzen. 37.... Impressum 50.... KolumnE Pascal Morché über Oper und Küche 52..... R ätsel des Alltags 82.... Die Letzte Seite Daniel Hope bei der 108jährigen Pianistin Alice Herz-Sommer.

14..... ein Kaffee Mit... ... Donna Leon. 16..... Die Gewinner im Schatten crescendo stellt die stillen Echo-Gewinner ins Licht. 20.... „Die KlassikWelt ist Hart“ Alison Balsom über das ­Solisten-Dasein. 22.... ER nsthaft ­Erfolgreich Der bedächtige Pianist Herbert Schuch. 24..... Ein Lebenswerk Meister an Pult & Piano: Daniel Barenboim. 26.... „Grimetta“ Als „Duo“: Sol Gabetta und Hélène Grimaud. 28.... SMARTE sTIMME Countertenor Andreas Scholl weiß, wie hohe ­Töne wirken. 30.... Ein Dirigent schult um Jan Willem de Vriend war Spezialist für Alte Musik. Jetzt dirigiert er Beethoven. 32.... N icht schön, Aber expressiv Sopranistin Alex Penda über ihre Stimme.

35.... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 36.... ATTILAS AUSWAHL 42.... Meister der ­Alltagsgeräusche Zum 100. Geburtstag von John Cage. 44... Bi-Ba-ButzeDidaktik Igel Records bringt ­Kindern die Klassik näher. 48.... Wahre Ohrenschmeichler Schön und gut: Kopfhörer für jeden Anspruch und Geldbeutel..

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Ok tober / November 2012

Fotos: Uwe Arens / DG; Chris Dunlop / EMI Classics; Susann Schwartzenberg

P r o g r a mm


Tiroler Festspiele Erl Winter 26. Dez. 2012 — 06. Jan. 2013 Festspielhaus Erl

OpErn 58 Wie Ein brombeerfarbenes StartUP Insider Alexander Busche über seine Zeit bei den Bayreuther Festspielen und als Vertrauter von Katharina Wagner..

62 Jung, Frisch, Flexibel Omer Meir Wellber gehört zur neuen Dirigenten-Generation, und passt damit gut in die pulsierende Stadt Valencia.

72 von rheinlandpfalz in DIE WELT Die Deutsche Staatsphilharmonie traut sich was - den Sprung in die Spitze. In der Filmmusik zählt sie schon dazu.

BArTóK A kékszakállú herceg vára MOzArT Le nozze di Figaro VErDi nabucco

Fotos: Bayreuther Festspiele GmbH / Enrico Nawrat; Fotoarchiv der Staatsphilharmonie RHeinland-Pfalz

KOnzErTE

Gesellschaft

Lebensart

erleben

53.... K lassik in Zahlen 54.... Umsätze: Live Hui – CD Pfui Ursachenforschung: Warum gehen die ­Verkaufszahlen von ­Konzerten nach oben, die von CD-Verkäufen aber nach unten? 58.... E xklusiv: Bayreuth für Insider „Mein Wagner“ – Vorabdruck des Buches von Alexander Busche.

62..... Vamos a ­Valencia Mit dem Chefdirigenten des derzeit spektakulärsten Opernhauses in der spanischen Kulturstadt. 66.... John Axelrod schreibt über die perfekten Weine zum "Ring" . 68.... Pack ma’s Musikkoffer & Musikerkoffer. 70.... DAs Smartphone - ganz Klassisch Mobile Zeiten, klassische Zeiten - mit Apps kein Gegensatz mehr.

72..... Der Vorteil der Zweiten Reihe Der Werdegang der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. 74..... K lingender Touristen-magnet Die Dresdener Frauenkirche ist eine faszinierende Konzert-Kulisse 76..... VORSCHAU Wichtige Termine für Oktober und November.

Eröffnung Festspielhaus BAch Messe h-Moll rOSSini petite Messe Solennelle Silvester- & neujahrskonzert BEEThOVEn Missa Solemnis

SpEciALS Klavierabend cabassi & Stancˇul Ensemble risognanze Franui

Präsident: Hans Peter Haselsteiner Gesamtleitung: Gustav Kuhn

Exklusiv für Abonnenten Hören Sie die Musik zu u­ nseren Texten auf der ­crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 67.

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Karten & Info: T +43 (0) 512 / 57 88 88 13 karten@tiroler-festspiele.at www.tiroler-festspiele.at 5


E n s e m b l e

Eines der vielseitigsten Instrumente der Musikwelt: Der neue Riemann in 5 Bänden.

Hinter der Bühne Die Welt von crescendo lebt von den Mitarbeitern und Künstlern, die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen. Teresa Pieschacón RaPHael Bei Donna Leon, die unsere Autorin Teresa Pieschacón Raphael für diese Ausgabe auf einen Kaffee traf, denkt man immer erst an Comissario Brunetti-Schnulzen im ZDF. Dabei ist die Krimiautorin auch sehr musikalisch intererssiert. Also nicht nur interessiert, sondern auch aktiv: Zusammen mit Cecilia Bartoli entstand soeben das Projekt Roman & CD über den Komponisten Agostino Steffani. Warum die Amerikanerin über Steffani schrieb und bei wie vielen Premieren ihres Lieblingskomponisten Georg Friedrich Händel sie dabei ist („fast jeder“), haben wir auf Seite 15 zusammengefasst.

Johannes Moser Nachdem wir dem in New York lebenden Cellisten ein paar Glückwünsche zur Hochzeit übermittelten, sandte Moser ein paar Fotos seiner Trauung, die an der Küste von Brooklyn, NYC, stattfand. Auf einem der Fotos entdeckten wir – neben der bezaubernden Braut Amy – noch einen echten Oscar-Gewinner: Florian Gallenberger. Der Filmregisseur, der 2001 die begehrte Trophäe bekam, fungierte bei Mosers Hochzeit als Trauzeuge. Moser und Gallenberger stammen zwar aus der gleichen Gegend südlich von München, lernten sich aber erst vor ein paar Jahren bei einer Tagung von „Kreativen“ kennen. Wer Johannes Moser live erleben möchte: Nach einer großen Japan-Tour spielt er Mitte Januar in Berlin und Leipzig.

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Klaus Härtel

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Fotos: Matthias Garvelmann; Bob Coat; privat

Krise! Illegale Downloads! Der CD-Markt bricht ein! Die Klassik aber zeigte sich lange unbeeindruckt. Konfrontiert man die Klassikbranche mit den aktuellsten Zahlen des Bundesverbands Musikindustrie und fragt diesbezüglich nach, stößt man in der Branche zwar nicht direkt auf eine Mauer des Schweigens, aber dennoch auf vornehme Zurückhaltung. Ein „sensibles Thema“ spreche man da an, erfuhr crescendo-Mitarbeiter Klaus Härtel, der sich für uns dieses Themas annahm. Dass man - auch bei den großen Plattenlabels grundsätzlich ungern über Geld spricht, war ihm klar. Dass manch einer es trotzdem tat, ist vielleicht auch Härtels diplomatischem Geschick zu verdanken. Seine Reportage lesen Sie auf Seite 54.

Ok tober / November 2012


ManchMal ist das leben eine sinfonie.

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b l i c k f a n g

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WAS: „Königskinder“, Märchenoper von Engelbert Humperdinck, Inszenierung von David Bösch (Regie) und Sebastian Weigele (Musik. Leitung). WO: Oper Frankfurt WER: Daniel Behle (Königssohn), Amanda Majeski (Gänsemagd), Nikolay Borchev (Spielmann), Julia Juon (Hexe), Ensemble und Chor der Oper Frankfurt, Frankfurter Opernund Museumsorchester WIE: Genauso düster und hoffnungslos, wie die Geschichte der Liebenden erscheint, ist diese Inszenierung gemacht: Dunkle Bilder, Feuer, Fratzen als Spiegelbild einer herzlosen Gesellschaft. Die Protagonisten in dieser zutiefst pessimistischen Oper können nicht zusammenkommen: Der Königssohn und die Gänsemagd sterben an vergiftetem Zauberbrot – die wohl traurigste Märchenoper überhaupt.

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Foto: Wolfgang Runkel

WARUM: In dieser Oper heißt es: „Ende gut? Nichts ist gut.“ Mit „Hänsel und Gretel“ schaffte es Humperdinck auf die Spielpläne – die „Königskinder“ dagegen werden allzu selten gespielt, lohnen sich musikalisch und szenisch als düsteres Konterfei aber ebenso! Im Oktober feierte die Inszenierung an der Oper Frankfurt Premiere – mit Top-Sängerbesetzung.


o u vert ü re

„... oder Järvi macht einen Witz“

Ein Anruf bei...Deutsche Welle-Regisseur Christian Berger, der mit Dirigent Paavo Järvi und der Kammerphilharmonie Bremen den Konzertfilm „Schumann at Pier 2“ gedreht hat. Hallo, Herr Berger. Wobei stören wir Sie gerade? Im normalen Leben bin ich Redakteur der Deutschen Welle. Da bereite ich gerade unseren Konzertfilm „Schumann at Pier 2“ nach und die große Kino-Präsentation vor. So ein Zufall, genau darüber möchten wir mit Ihnen sprechen - ein unkonventionelles Filmprojekt, richtig? Ja, ein Konzertfilm mit Paavo Järvi und der Kammerphilharmonie Bremen. Vor zwei Jahren hatten wir schon einen Film gemeinsam gedreht: „Das Beethoven-Projekt“, wo wir das Orchester und den Dirigenten porträtiert haben. Nun wollten die Musiker unbedingt wieder einen Film machen und damit die Schumann-Sinfonien vorstellen. Dann geht‘s in diesem Film also weniger um die Bremer Musiker als um die Musik von Robert Schumann? Richtig - um die Musik, aber auch um Robert Schumann selbst. Es ist aber dennoch kein biografischer Film, vielleicht fünf bis zehn Prozent Biografie, und der Rest ist Musik. Wir haben versucht, eine Fernsehproduktion zu dieser Musik zu machen, die man im normalen Konzert so nicht machen kann. .. ...heißt konkret? ...wir haben eine Studioproduktion mit Publikum produziert. Im „Pier 2“ im Hafen von Bremen, das seit einigen Jahren als Veranstaltungsort für Rockund Popkonzerte genutzt wird. Es ist eine Industriehalle. Dort steht ein alter Kran, die Wände sind schmucklos. Deswegen haben wir besonders mit Licht gearbeitet: Für jede Sinfonie haben wir eine eigene Grundfarbe gewählt... ...die dann auch mit der Musik harmoniert? ...das ist die Absicht! Die Frühlingssinfonie ist eher grün, die Rheinische blau, die zweite Sinfonie ist rot. Wir haben für jeden Satz – insgesamt sind es 17 – ein Motiv gewählt, das abstrakt, aber von der Musik inspiriert ist. Es soll den Charakter der Musik aufgreifen, ohne von der Musik abzulenken. Wir wollten einen modernen Look erzeugen. Auch, indem Sie Musiker im Film integrieren, wie der Trailer ahnen lässt? Ja, der Film hat drei Ebenen: Einmal das Konzert mit Publikum. Dann die Orchesterprobe, die am gleichen Ort aufgenommen wurde, aber optisch ganz anders aussieht. In der Probensituation sind wir die Beobach-

ter: Oft wird nur Musik gespielt, manchmal gibt es Diskussionen, oder Paavo Järvi macht einen Witz. Die dritte Ebene sind Gespräche mit acht Musikern. Wir haben charakteristische Stellen der Musik rausgesucht, und die Musiker etwas dazu erzählen und die Stellen vorspielen lassen. Wie haben Sie sich auf den Film vorbereitet? Haben Sie mit der Partitur dagesessen und Schumann studiert? Tatsächlich habe ich mich mit meinem Regieassistenten hingesetzt, und wir haben anhand der Partitur Kamerapläne gemacht. Wir haben acht Kameras! Jeder Kameramann muss jederzeit wissen, was zu tun ist. Paavo Järvis Witze - erinnern Sie sich noch an Ihre erste Begegnung? Wir waren Abendessen, und er sagte: „Have fun with Wladimir Putin and classical music!“ (lacht) Paavo hasst nichts mehr, als mit Putin verglichen zu werden, weil er ihm so ähnlich sieht. Aber er machte einen Gag draus. Das ist typisch für ihn: Er wirkt auf den ersten Blick sehr ruhig, aber er ist sehr selbstironisch, ein absoluter Glücksfall für uns: Er vergisst die Kamera, hat keine Scheu, das zu erzählen, was ihm durch den Kopf geht. Außerdem hat er eine sensationelle Mimik vor der Kamera – er hat einen tollen Ausdruck, ist einfach Interview: Anna Novák ganz er selbst: Paavo Järvi. Im Programm der Deutschen Welle wird „Schumann at Pier2“ in zwei Teilen am 4. und 11. November auf dem Sendeplatz „Im Focus“ gezeigt. Auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch – weltweit.

Foto: Deutsche Welle

1. Beethoven, Klavierkonzert Nr. 5: Auch wenn mir der letzte

Playlist Welche Werke hört Bariton Christian Gerhaher auf seinem iPod? Und warum? Hier sind seine Top Five Gerhahers neues Album „Romantische Arien“ (Sony) erscheint am 16. November 2012.

Satz ein bisschen zu hell in der Stimmung ist, der zweite ist so besonders, dass es mein liebstes Klavierkonzert ist. 2. Brahms, Schumann-Variationen: Ich finde, hier wird die Persönlichkeit Schumanns am besten beschrieben, besonders in der Variation Nr. 10. 3. Schumann, Waldszenen: Ich weiß nicht, welches Klavierwerk mir von ihm am wichtigsten ist, dies gehört jedenfalls dazu und besonders daraus das Stück „Abschied“. 4. Bach, Choralvorspiel „Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ“ BWV 639: ein Wunder an Vieldeutigkeit 5. Beatles, Eleanor Rigby: Ich singe auch gerne Stücke

mit Streichquartett

+++ Wer den Schaden hat – sollte Berliner Witz ertragen. Das Rundfunkchor der Hauptstadt hat schon mal im halbfertigen Foyer der Hamburger Elbphilharmonie die erste Klavier-Vorstellung gegeben. Zum Brahms-Requiem unter Leitung von Simon Halsey wurden die 800 Zuschauer im Instrumentenaufzug transportiert. Wann spielt das NDR-Sinfonieorchester in Schönefeld? +++ Wissenschaft I: Du hörst, was du siehst, zeigt eine Studie der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Wer Musikdarbietungen sieht, beurteilt sie im Schnitt um eine Schulnote besser, als wenn er sie nur hört. Wissenschaft II: Holzbläser sind die entspanntesten Musiker, hat die Hochschule Luzern herausgefunden. Wer Tasten- und Streichinstrumente weiter auf S. 12

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Osterfestspiele aix-en-prOvence 2 6 . M ä r z - 7. a P r i l 2 013 G ra n d t h é â t r e d e pr ov e n c e

Gestaltung: vivacitas.fr – Fotonachweise: decca / marco Borggreve; Jean-François leclercq; robert Schultze / mat hennek / dG; agenturfoto.

Der neue musikalische termin im herzen Der prOvence

cOncertO köln • laurence equilbey Gustav mahler JuGenDOrchester herbert blOmsteDt leif Ove anDsnes • James ehnes Daniil trifOnOv Orchestre De l’Opéra De paris philippe JOrDan • GiDOn kremer alfreD brenDel chamber Orchestra Of eurOpe semyOn bychkOv katia & marielle labèque matthias GOerne • raDu lupu renauD capuçOn anGelika kirchschlaGer henri Demarquette mariinski theater Orchester valery GerGiev • hélène GrimauD künstlerischer leiter renaud capuçon GeschäftsführenDer DirektOr dominique Bluzet

festivalpaques.cOm

c r é D i t m u t u e l- c i c- G r u p p e G r ü n D u n G s pa r t n e r


o u vert ü re

Künstler ohne Grenzen Dass Politiker wie Verkehrsminister Peter Ramsauer oder die amerikanische Ex-Außenministerin Condolezza Rice sich musikalisch engagieren, ist bekannt. Immer öfter mischen sich Künstler aber auch politisch ein.

Politisches Engagement

Leipzig

Auch wenn sie Fragen zu russischer Politik selten beantwortet – als Fan von Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich Netrebko schon mehrfach geoutet. Ungeachtet der weltweiten Schlagzeilen um den Prozess gegen die Punk-Band Pussy-Riots lobte sie Putin als starken Mann, der gut für Russland sei. Nicht immer war Netrebko eine so vorbildliche Russin: Der weltweit gefeierte Opernstar besitzt seit 2006 neben der russischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft – und ist in der Heimat dafür schon des öfteren als Verräterin geschmäht worden.

Leipzig

In Leipzig wuchs Masur im Revolutionsjahr 1989 über sein musikalisches Können hinaus: Als dort am 9. Oktober zuerst Hunderte und später Zehntausende zusammenkamen, um für Reformen zu demonstrieren, wandte er sich gemeinsam mit anderen prominenten Leipzigern mit dem Aufruf „Keine Gewalt!“ erfolgreich an die Menschen. Seit einigen Jahren engagiert sich Masur mit drastischen Mahnungen gegen die Schließung kleinerer Orchester und für mehr musikalische Grundbildung in der Schule.

Leipzig

Die Liste seiner Ehrungen ist lang; Neben den wichtigsten Musikpreisen wurde er auch für sein politisches Engagement ausgezeichnet. Immer wieder engagierte er sich in den vergangenen Jahren für eine Aussöhnung Israels mit seinen Nachbarn, gründete mit dem West-EasternDivan Orchestra ein multireligiöses und multinationales Orchester und scheute auch bei einer Preisverleihung in der Knesset nicht vor deutlicher Kritik an Israels Politik zurück. Im März räumte Barenboim resigniert ein, sein politisches Engagement für eine Annäherung von Israelis und Palästinensern aufgegeben zu haben. Hoffnung, so Barenboim, habe er nicht mehr.

Leipzig

Trotz einer internationalen Karriere wird er in der Türkei von Islamisten abgelehnt, weil er sich der Musik des Westens widmet. Durch sein Eintreten für eine säkulare Gesellschaft und seine Kritik an religiösem Fanatismus ist er ins Fadenkreuz der türkischen Justiz geraten. Nachdem er im Sommer einige harmlose Bemerkungen über den Islam twitterte, wird gegen ihn wegen religiöser Beleidigung ermittelt, im Oktober ist Prozessbeginn. In der Türkei hat die Ermittlung gegen den Pianisten zu Protesten vieler Künstlerkollegen geführt – bislang ohne Erfolg.

Anna Netrebko geboren 1971 im russischen Krasnodar, das nahe Georgien am Schwarzen Meer liegt. Lebt seit einiger Zeit mit Ehemann Erwin Schrott in Wien und Salzburg.

Kurt Masur geboren 1927 in Brieg, Niederschlesien, in der Nähe der polnischen Stadt Breslau. Prägte als Gewandhauskapellmeister in Leipzig von 1970 bis 1997 das Musikleben der damaligen DDR.

Daniel ­Barenboim geboren 1942 in Buenos Aires, Argentinien. Hat argentinisch-israelischspanisch und palästinensische Wurzeln. Wurde vor 20 Jahren Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden, Berlin.

Fazil Say geboren 1970 in Ankara, Türkei. Sohn eines türkischen Musikwissenschaftlers und Schriftstellers. Ist sowohl als Pianist als auch Komponist weltweit bekannt und lebt derzeit in Istanbul.

„Ich liebe gefüllte Nudeln - mit Gemüse oder Fisch. Mein Mann lernt gerade kochen. Er kann schon Züricher Geschnetzeltes und Rösti. So lerne ich die Schweizer Küche kennen.“ Die Italienerin Cecilia Bartoli in „freundin Donna“ über internationale Küche.

G E L E S E N N O T I E R T

Ich habe zwei Kleidergrößen abgenommen und bin fast zufrieden mit meiner Figur UND meiner Stimme.

Die Küchen-Zitate des Monats

Sängerin Simone Kermes in der Zeitschrift ­SUPERillu über Genuss und Gewicht.

„Eine Berliner Spezialität fällt mir ein: Wildschwein. Das kenne ich sehr gut lebend, denn ich stand ihm bei uns zu Hause schon öfter gegenüber.“

„Ich halte die Musik für den Kern der Welt, zu welchem die Harmonie sich verhält, wie zum Braten die Sauce.

Dirigent Simon Rattle über kulinarische Freuden in Berlin.

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), ­deutscher Philosoph

Fotos: Ken Howard/Metropolitan Opera; Felix Broede / DG; Radio France / Christoph Abramowitz; fazilsay.com

Künstler

spielt, klagt über einen höheren Stressfaktor. +++ Die Württembergische Philharmonie Reutlingen ist für den Grammy nominiert – allerdings nicht für den Klassik-, sondern den Latin Grammy. Grund: Auf der CD „Fiesta Criolla“ spielen die Musiker Piazzolla, Carrillo und Caballero, ein durchaus feuriges Programm! +++ Klassik-Label im Angebot! Der EMI-Verkauf ist beschlossen. Nur die Klassiksparte dürfe nicht in den Besitz der Universal übergehen, fordern Wettbewerbshüter. Wer will Künstler wie Philippe Jaroussky, Simon Rattle, Sabine Meyer oder crescendo-Titelfrau Alison Balsom haben? +++ Instrumente & Fluglinien, die letzte: Violinsaiten kommen dem Flughafen Brüssel nicht an Bord, „weil damit Piloten stranguliert werden könnten“.

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„Play me, I‘m yours“

80 Stellen weg

Im Mai 2013 sollen 20 Klaviere an öffentlichen Plätzen in München aufgebaut werden – und jeder darf darauf spielen!

Jetzt doch: Die SWR-Orchester werden fusioniert.

Da steht ein Klavier - auf einer Münchner Ob im Stadtzentrum oder an der Isar: DieDachterrasse. Die zwölfjährige Nachwuchs- se Klaviere sollen Passanten dazu einladen, pianistin Johanna spielt darauf ein virtuoses auf ihnen zu spielen und der Musik von Unspanisches Stück. Dabekannten zu lauvor spielte eine Jazzschen. In München Das Designerklavier auf der pianistin, hinterher zeichnet der Verein Dachterrasse der TU München. wird irgendwer den „Musik mit Kindern Floh-Walzer klimMünchen e.V.“ für pern. In leuchtenden das Projekt verantNeon-Buchstaben hat wortlich. Bis das Proder Münchner Desigjekt im Frühjahr starner Mirko Borsche tet, hat das Organisaden Schriftzug „Play tionsteam viel zu tun: me, I‘m yours“ appliDer Verein sucht nach ziert. Das Beste: Jeder Sponsoren, die das darf darauf spielen. Projekt unterstützen So ist das internatio– schließlich ist die nale Kulturprojekt „Play me, I‘m yours“ ge- Idee mit hohem finanziellem Aufwand verdacht: An öffentlichen Plätzen werden über- bunden: Die Klaviere müssen transportiert all auf der Welt Klaviere aufgestellt, die von und gestimmt werden. Außerdem soll jelokalen Künstlern gestaltet werden. Nach dem Klavier ein „Klavierspezl“ (neudeutsch: Stationen in São Paulo, New York und Lon- Pianobuddy) zugeteilt werden, der das Kladon kommt das Projekt nun erstmals nach vier bei Regen mit einer Plane bedeckt und Deutschland. In München sollen im Mai abends absperrt. Spenden können direkt an 2013 zwanzig bis dreißig dieser Straßenkla- den Verein gerichtet werden. Weitere Infos viere aufgestellt werden. unter www.facebook.com/pmiymunich

Allen Widerständen der Musiker zum Trotz: Nach intensiver Beratung hat der SWR-Rundfunkrat einer Vorlage zugestimmt, welche „die Fusion des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR und des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg vorsieht“. Ab 2016 soll die Fusion umgesetzt werden. Auch nach intensiven Gesprächen habe es keine finanzierbare Alternative zu der Entscheidung gegeben, so SWR-Intendant Peter Boudgoust. Laut eigenen Angaben gibt der SWR rund 30 Prozent seines Hörfunketats für seine Klangkörper aus. Der SWR muss bis 2020 rund 166 Millionen Euro einsparen. Die Deutsche Orchestervereinigung, die bis zuletzt aktiv gegen die Fusion der beiden Orchester plädiert hatte, zeigte sich enttäuscht. Man verliere nicht nur bis zu 80 Musikerarbeitsplätze, sondern vernichte auch eine einzigartige Orchestertradition. Die DOV wirft dem SWR weiter vor, man habe für die Prüfung von Alternativkonzepten keinen Zeitaufschub gewährt, sondern übereilig vollendete Tatsachen geschaffen.

www.deag.de

Foto: Anna Novák

o u vert ü re

ROCK/POP | CLASSICS | SHOWS | EVENTS

Foto: Margaret Malandruccolo/DG

EXKLUSIV IN HAMBURG M I T E I N E M B E S O N D E R E N K O N Z E R TA B E N D !

SIMONE KERMES La Magnifica Comunità | Enrico Casazza Werke u.a von: Hasse, Pergolesi, Porpora

21.10.2012 BERN (CH) | KULTURCASINO 23.10.2012 BERLIN | KONZERTHAUS 09.05.2013 HAMBURG | LAEISZHALLE 10.05.2013 DORTMUND | KONZERTHAUS 12.05.2013 MÜNCHEN | HERKULESSAAL

Hamburger Symphoniker Norddeutscher Figuralchor Dirigent: Claudio Vandelli Werke u.a. von Mozart, Gounod, Donizetti und Gershwin

DI., 15.01.2013 | 20.00 UHR LAEISZHALLE - HAMBURG Mit freundlicher Unterstützung von

HELDEN 3! EINZIGES KONZERT IN 201

08.01.2013 MÜNCHEN Prinzregententheater 11.01.2013 BERLIN Passionskirche 12.01.2013 HAMBURG Kulturkirche Altona 15.01.2013 DÜSSELDORF Robert Schumann Saal 20.01.2013 STUTTGART Mozartsaal

DER HELD VON BAYREUTH LIVE IM KONZERT! NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE | DIRIGENT: MARCO COMIN WERKE U.A. VON WAGNER UND MOZART

Tickets unter www. .de, 01805 Weitere Informationen unter www.deag.de

MO. 04.02.2013 KÖLN | PHILHARMONIE

- 969 000 555*, sowie an allen bekannten VVK-Stellen *(0,14€/Min.

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o u v e r t ü r e

Auf einen Kaffee mit ...

Foto: Matthias Garvelmann für crescendo (www.garvelmann.de)

Donna Leon

Donna Leon (70) arbeitete früher als Reisebegleiterin in Rom, Werbetexterin in London und unterrichtete an Schulen in der Schweiz, im Iran, China und Saudi-Arabien. Ihre Bücher, die sie in erster Linie in ihrem Wohnort Venedig schreibt, erscheinen im Schweizer Diogenes Verlag.

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Ok tober / November 2012


Mezzosopranistin Cecilia Bartoli und Bestsellerautorin Donna Leon machen neuerdings gemeinsame Sache: Sie wollen die barocke Musik mit dem Geschriebenen verbinden. Das neue Bartoli-Album „Mission“ mit Liedern des vor 300 Jahren verstorbenen Komponisten Agostino Steffani kommt parallel als Roman von Donna Leon auf den Markt. Die Schriftstellerin textete über die ungewöhnliche Geschichte des nicht wirklich bekannten Steffani eine Kriminalepisode („Himmlische Juwelen“). Was hinter diesem interessanten Projekt steckt und wie sich die amerikanische Autorin selbst sieht, verriet sie uns bei einem lockeren Kaffeeplausch. Friedrich Dürrenmatt sagte einmal: „Es ist einfacher, einen Mord bei einer Tasse Kaffee zu gestehen als vor Gericht.“ Oh! Den Spruch kannte ich nicht. Aber: Ja, er ist wahr. Warum? Weil man als Mörder keine Konsequenzen zu befürchten hat. Sie bringen die Menschen in Ihren Romanen um! Ja! Der Kaffee ist übrigens immer noch nicht da! Mal sehen, was passiert, wenn er kommt. Vielleicht gestehe ja dann auch ich etwas. Das wäre spannend! Verraten Sie uns, wann Sie der großen Cecilia Bartoli zum ersten Mal begegnet sind? Ich traf sie zum ersten Mal vor über zwanzig Jahren, da war ich nach Salzburg gereist, um eigentlich Arleen Auger zu hören, die für mich die perfekte Sängerin war. Damals hörte ich Cecilia zum ersten Mal, und traf sie über die Jahre immer wieder, ohne dass eine feste Freundschaft entstehen konnte. Wir lebten ja in unterschiedlichen Städten. Aber jetzt kam es zum gemeinsamen Projekt, etwas skurril, denn die Zusammenarbeit zwischen einer Autorin und einer Mezzosopranistin ist uns neu... Naja, Cecilia beschäftigte sich gerade mit dem italienischen Komponisten Agostino Steffani (1654 - 1728) und wollte von mir wissen, inwiefern dieser meinen Lieblingskomponisten Georg Friedrich Händel beeinflusst hat. Und Sie sind schließlich der berühmteste Händel-Fan der Welt! Ja! Den Messias habe ich hunderttausend Mal gehört. Jede Aufführung war anders. Händels Musik bewegt mich am meisten, ich kann jetzt nicht sagen, ob er der größte Komponist ist. Die wirklichen Götter sind vielleicht Bach und Mozart. Für mich ist es aber Händel. Und ich bin in fast jeder Premiere dabei, egal wo. Und? Konnten Sie mit Agostino Steffani helfen? Ich interessierte mich mehr für Steffanis außergewöhnliche Geschichte. Also recherchierten wir beide und hatten die Idee, uns mit Steffani musikalisch wie auch literarisch zu beschäftigen. Was ist denn so faszinierend an Agostino Steffani? Er wurde 1654 in Castelfranco geboren, war an den Höfen in München und Hannover. Er machte Karriere bei der Kirche, wurde vom Vatikan aus nach Norddeutschland geschickt, um die protestantischen Fürsten zum Katholizismus zurückzuführen. Er war ein großer Musiker, vielleicht auch ein Kastrat, er schrieb Opern und wunderbare Kammermusik. Er hat mich fasziniert, weil die wenigen Informationen über ihn so viele Interpretationsmöglichkeiten zulassen. Diese Ambiguität fasziniert mich. Daraus entstand dann Ihr Roman „Himmlische Juwelen“, der ganz ohne Commissario Brunetti auskommen muss... Ach, ich musste nur umswitchen. Es ist aber ein anderes Buch geworden, als meine Bücher, die ich bisher geschrieben habe. Mit

einer Musikwissenschaftlerin als Protagonistin. Und Cecilia hat Agostino Steffanis wunderbare Musik auf ihrem Album „Mission“ eingesungen. Haben Sie selbst noch eine Mission? Nein, absolut nicht! Ich will eigentlich nur Spaß haben. Auch keine Message? Sie beschäftigen sich in Ihren Krimis mit der Müllmafia, den Roma, dem Kinderhandel, Blutdiamanten oder Sekten wie `Opus Dei`... Dennoch habe ich die Wahrheit nicht gefunden. Wie sollte ich auch? Ich liebe es, zu recherchieren. Die Themen interessieren mich. Das ist mein Job.

„Ich bin ein Handwerker mit einem durchgetakteten Tag. Denken Sie bei mir bitte nicht an Michelangelo, sondern eher an einen Schreiner, der etwas baut.“ Worin liegt für Sie eigentlich der prinzipielle Unterschied zwischen einem Sänger und einem Schriftsteller? Im unterschiedlichen Risiko, das er eingeht. Ein Schriftsteller hat ein Jahr Zeit, um über sein Manuskript nachzudenken; er kann es immer wieder lesen, kann es korrigieren. Und wenn es jemandem in Kleinkleckersdorf nicht gefällt… so what! Ein Sänger muss hinaus, vor tausend Leute, um dort etwas zu tun, für das er zig Jahre trainiert hat. Aber wehe, wenn er einen Fehler macht! Dann wird er gnadenlos ausgebuht. Wenn ein Sänger einen schlechten Tag hat, dann ist das schlimm. Wenn ich einen Tag, eine schlechte Woche, sogar einen schlechten Monat habe, was macht das schon für einen Unterschied? Sie klingen nicht so philosophisch wie man vermuten würde... Ach, dieser romantische Nonsens über die Dichter, die Inspiration und die Kunst… das passt nicht zu mir. Ich bin ein Handwerker mit einem durchgetakteten Tag. Denken Sie bei mir bitte nicht an Michelangelo, sondern eher an einen Schreiner, der etwas baut. Ich warte nicht auf den Nobelpreis und werde auch den Rest meines Lebens nicht darauf warten! Nun ist der Kaffee ja da. T. S. Eliot sagte: „Ich messe mein Leben mit Kaffeelöffeln“. Als ehemalige englische Literaturprofessorin ist Ihnen das Zitat geläufig, oder? Aber klar! Doch es gilt nicht für mich. Wissen Sie, woran ich mein Leben messe? An Büchern. Ich wuchs mit Büchern auf und werde nie vergessen, wie meine Mutter mich zum ersten Mal in den Buchladen mitnahm. Das war magisch. Alles war da! Ein Universum tat sich auf. Ich erinnere mich an ein Buch über Ägypten, ich hatte keine Ahnung von Ägypten, aber ich war fasziniert. Glauben Sie, dass die neue Generation, die Bücher auf einem iPad kauft, noch die gleichen Erfahrungen machen kann wie Sie? Nein, das ist genau das Problem. Es geht gar nicht so sehr um das Haptische, das Anfassen eines Buches. Es ist vielmehr die fehlende Möglichkeit, etwas zu entdecken. Wenn man eine Bibliothek betritt, die vielen Bücher im Regal sieht und nach einem Buch sucht; dann stehen neben diesem Buch noch zwanzig weitere. Man kann sich an ihnen inspirieren. Das kann man auf einem iPad so nicht. Das akzidentelle, zufällige Finden, das so wichtig ist für den Entwicklungsprozess eines Kindes aber auch bei der Recherche für etwa ein Buch, ist nicht mehr möglich. Interview: Teresa Pieschacón Raphael n 15


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Echo Spezial

Die

stillen

Gewinner

Foto: Wuestenhagen

Wenn der wichtigste Klassikpreis vergeben wird, feiert das Fernsehen die populären Stars – und verheimlicht viele großartige Gewinner. Wir sprachen mit Preisträgern, die ohne große Plattenlabels im Rücken geehrt werden. v on A nna N o v Á k

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enn am 14. Oktober im festlich ausgeleuchteten Berliner Konzerthaus die ZDF-Kameras ausgehen und die pompöse ECHO Klassik-Gala zumindest für die Late-Night-Zuschauer des ZDF schon vorbei ist, beginnt auf der Bühne erst der echte Verleihungsmarathon: Denn während man aus Zeit – und Prestige-Gründen – in die Fernsehübertragung lediglich die großen Stars, die bekannten Namen und Quote bringenden Musiker quetscht und sie ihren Preis feierlich auf dem Podium abholen lässt, sitzen weitere ECHO-Preisträger in den Publikumsreihen, die sich in diesem Jahr über einen ECHO Klassik freuen dürfen. Dieser Teil der Preisverleihung läuft dann, zugegeben, relativ unglamourös ab: Das Moderatorenduo (in diesem Jahr also Rolando Villazón und Nina Eichinger) ruft die Kategorie auf, der oder die Preisträger lau16

fen nach vorne, bekommen ihre Trophäe in die Hand gedrückt und verschwinden dezent zur Seite. Keine Laudatio, keine Dankesrede, kein Trara. Kein Wunder auch, dass es genug Musiker gibt, die ihren ECHO nicht persönlich abholen möchten. Das Publikum klatsche da rein aus Gewohnheit weiter, sagen viele. Andere drücken es „off the records“ noch drastischer aus: die meisten warten darauf, dass endlich das Buffet der After-Show-Party eröffnet wird. Wir haben uns unter den „stillen“ Preisträgern einmal umgeschaut, haben die CDs der Independent-Labels, die ohne die mächtige Klassik-Werbemaschinerie auskommen müssen, angehört und mit vielen dieser ausgezeichneten Künstler gesprochen. Was wir dabei entdeckten? Echte Freude, jede Menge Herzblut, heitere Anekdoten, mutige Wege und ambitionierte Ziele: www.crescendo.de

Ok tober / November 2012


Julian Steckel Nachwuchskünstler des Jahres (Cello)

Als wir Julian Steckel anrufen, um ihn über seinen ECHO-Gewinn auszufragen, sitzt er auf einer unausgepackten Umzugskiste in seiner neuen Wohnung in Berlin. Er kommt gerade aus Bukarest, ein paar Tage später geht’s erneut auf Konzertreise. „Ich habe keine Ahnung, wo ich meinen ECHO hinstellen werde“, lacht er, „ich weiß ja noch nicht mal, wo ich mein Cello hinstellen soll.“ Dass er für seine CD mit eher selten gespielten Cellowerken von Bloch, Goldschmidt und Korngold mit dem ECHO Klassik als Nachwuchskünstler des Jahres ausgezeichnet wird, freut und erstaunt ihn gleichzeitig: „Man könnte ja meinen, dass ich mit 30 nicht wirklich mehr zum Nachwuchs gehöre. Aber wenn man die Zeitrechnung beim Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs vor zwei Jahren beginnt – dann stimmt das natürlich.“ Ob ein solcher Wettbewerbsgewinn oder auch der ECHO Klassik den entscheidenden Schritt in der Karriere bedeuten könnte? „Ja, sicherlich. Aber dazu gehört eben auch eine Menge Glück. Genauso gut kann man Pech haben. Es gibt gerade heute genug tolle Musiker, die eine erfolgreiche Karriere verdient hätten, denen einfach das nötige Quäntchen Glück fehlt. Wie sagte der FC Bayern? ‚Wir müssen uns in der Spitze verbreitern.’ So ist es: die Spitze ist wahnsinnig breit geworden!“

wenig zu tun haben, einen hohen Bekanntheitsgrad. Wir spielen nun tatsächlich in einer anderen Kategorie. Natürlich spielen wir im Prinzip genauso wie vorher – aber man wird anders wahrgenommen. In den vergangenen Jahren haben wir einige Wettbewerbe gewonnen, das wird bei der Fachwelt auch registriert – aber der ECHO ist nun auch in punkto Breitenwirkung ein Ausrufezeichen.“

Werner Güra und Christoph Berner Liedeinspielung des Jahres

Ein bisschen verwirrt zeigten sich Werner Güra und Christoph Berner, als man Ihnen mitteilte, dass sie den ECHO Klassik für die Liedeinspielung des Jahres gewonnen hätten – oder besser: Dass der Sänger Werner Güra den ECHO gewonnen hätte. „Wir konnten das nicht wirklich verstehen, schließlich ist das Lied eine Gattung, in der Klavier und Stimme untrennbar miteinander verbunden sind.“ Nicht einmal eine Karte für die ECHO-Verleihung gab es für Christoph Berner. „Das ist für uns unverständlich, schließlich ist es doch eine Experten-Jury, die den Preis vergibt.“ Mittlerweile haben sich die beiden aber mit der Entscheidung der Phonoakademie arrangiert, auch Berner fährt mit zur ECHO-Verleihung und

Eduard Brunner In den Kreisen der Neuen Musik gilt er als „Katalysator“ für sein Instrumentalfach: Zahlreiche zeitgenössische Komponisten nehmen sein Können und sein Interesse an ihrer Musik zum Anlass, Werke für die Klarinette zu schreiben. So schöpft Eduard Brunner aus einem großen Topf neuer Klarinettenkompositionen. Eine Auswahl davon hat er zu einem sehr persönlichen Solo-Album kombiniert: „Ich habe schon ab und zu mal einen Plattenpreis gewonnen – aber der ECHO Klassik freut mich insofern ganz besonders, als es eine ganz besondere Produktion ist, die hier ausgezeichnet wird. Es ist kein Mozart-Klarinettenkonzert, sondern Neue Musik von Komponisten, die ziemlich in Vergessenheit geraten sind. Noch dazu eine Solo-Platte! Da möchte ich Naxos gratulieren, dass Sie den Mut hatten, dieses Programm zu produzieren!“ Insgesamt 30 Solo-Stücke hat der sympathische Schweizer mittlerweile aufgenommen. „Für mich ist es eine besondere Ehre, einen Preis für ein reines Solo-Album zu gewinnen.“ Er hätte in seiner Karriere immer für die Klarinette in der Neuen Musik gekämpft, erzählt Brunner. „Das meiste Solo-Repertoire ist für mich entstanden, auch weil ich viel bestellt habe. Opern und Streichquartette – das schreiben Komponisten immer.“ Bei der Klarinette müsste man dahinterbleiben. Die Komponistenklasse von Wolfgang Rihm beispielsweise hätte gerade Werke für ihn komponiert – jeder ein Solostück für die Klarinette. „Ich habe dann alle uraufgeführt“, sagt Brunner stolz.

Amaryllis Quartett

Fotos: Tobias Wirth; Werner Neumeister; Monika Rittershaus

Instrumentalist des Jahres (Klarinette)

Preisträger Julian Steckel, Eduard Brunner, Güra und Berner, Amaryllis Quartett.

Kammermusikeinspielung des Jahres (17./18. Jahrhundert)

Auf dem Cover ihres ECHO-Albums „White“ lachen einem die vier Musiker des Amaryllis Quartett in weißen Rollkragenpullis entgegen. Sieht aus wie bei den Beatles. Oder ABBA. „Wir finden es total spannend, dass viele diese Assoziationen haben“, lacht Gustav Frielinghaus, der Gründer der Formation. Tatsächlich soll „White“ erst der Anfang sein, mit dem sie – nun auch ECHO-gekrönt – in eine vielversprechende Karriere starten: „’White’ steht auch für ein unbeschriebenes Blatt“ – und ja, das nächste Album wird „Red“ heißen. „Der ECHO hat auch bei denen, die mit klassischer Musik

beide freuen sich in erster Linie darüber, dass ihr Lied-Projekt nun auch medial neue Aufmerksamkeit erhält: Mit dem Goethe-Gedicht „Willkommen und Abschied“ ist diese CD überschrieben. Das grundlegende Konzept: Lebensstationen eines fiktiven Romantikers sollen mithilfe von Liedern Schuberts nacherzählt werden – „nicht zwangsläufig mit der Bedeutung des Textes. Wir wollten emotional mit der Musik durch ein Menschenleben gehen.“ Als Duo arbeiten Güra und Berner schon länger zusammen – das hört man der CD an: Da stimmt die Kommunikation zwischen Sänger und Pianist in jedem Stück. Die Beiden sind eine Einheit, wie es das Klavierlied erfordert – nur ein ECHO hin oder her! 17


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nahme mit allen uns gewidmeten Stücken machen!“ Übrigens: Darüber, wer der drei Musiker die ECHO-Trophäe behalten darf, entscheiden eigens angeschaffte Turnierwürfel.

Münchner Horntrio Kammermusik-einspielung des Jahres (19. Jahrhundert)

Foto: Wilfried Hösl

Drei Männer, ein Horn, eine Violine, ein Klavier – die Herren des Münchner Horntrios haben sich für das crescendo-InterMikhail Gurewitsch view im Münchner Farao-Studio eingeund das do.gma funden. An dem Ort, an dem auch ihre chamber orchestra nun mit dem ECHO Klassik ausgezeichSurround-Einspielung des Jahres nete Aufnahme entstanden ist. HorntrioRepertoire ist eher dünn gesäht, kein „Für uns ist der ECHO Klassik eine echte Wunder also, dass Johannes Dengler Bestätigung, mit dem weiterzumachen, (Horn), Markus Wolf (Violine) und Julian was wir hier tun – und das ist ja doch Riem (Klavier) sich auf ihrer CD mit zwei eher unkonventionell.“ Mikhail Gureder bekanntesten Werke dieser Gattung witsch ist Gründer und Leiter des do.gma befassen: den Horntrios von Johannes chamber orchestra und gemeinsam mit Brahms und Györgi Ligeti. seinen Orchesterkollegen will er das Besonders Brahms sorgt für Aufreklassische Musikleben verändern: Sein gung, denn die Musiker spielen auf ausOrchester besteht aus durchweg jungen schließlich historischen Instrumenten: Musikern, sie spielen konsequent im SteJulian Riem spielt auf einem perfekt reshen und moderieren ihre Konzerte, bieMünchner Horntrio: „Wir würfeln.“ taurierten Bechstein-Flügel von 1862, ten hinterher Raum für Fragen, DiskussiJohannes Dengler greift zu einem Nachbau eines Halari-Naturhorns onen und Gespräche mit dem Publikum: „Wir gehen einen Weg, von 1803 und Markus Wolf verfügt über eine Stradivari aus dem der publikumsnah ist, bei dem die Musik aber trotzdem im MitJahre 1722. „Es gibt viele Brahms-Trio-Aufnahmen mit modernen telpunkt steht. Wir lassen die Klangwelt um uns rum, die sich in Instrumenten, aber wir waren scharf drauf, das Stück so kennenzu- den vergangenen Jahren sehr verändert hat, in unsere Interpretatilernen, wie Brahms es sich vorgestellt hat: Das war für uns eine neue onen einfließen. Das macht uns manchmal etwas extremer in der Herausforderung. Brahms hat sich das Waldhorn für seinen Klang Interpretation, aber immer ohne den Komponisten respektlos zu gewünscht, er hat dieses Instrument sehr gemocht.“ Das Schöne am behandeln.“ gemeinsamen Musizieren wäre, dass sie einer gemeinsamen ÄstheDer Kontakt zum Publikum sei für ihn das wichtigste, sagt tik folgen, sagt das Trio. „Das ist das Tolle an uns: wir mussten nicht Gurewitsch. Wenn er moderiere, dann seien das keine musikwisstreiten, nicht kämpfen. Das macht ein Ensemble aus.“ senschaftlichen Seminare, man wolle dem Publikum nur die DisWie die Herren einst zueinander gefunden haben? Mar- tanz nehmen. „Wir zeigen, dass es dieses Gefälle ‚Ich Musiker, Du kus Wolf erklärt: „Julian und ich kannten uns schon und spiel- Publikum‘ nicht gibt.“ Ein schönes Beispiel aus der jüngsten Verten als Duo. Und da ich schon immer mit dem weltbesten Hor- gangenheit: „Wir waren auf Konzertreise in Brasilien, sollten dort nisten zusammenspielen wollte, war es ein großes Glück, als der ein Konzert für Jugendliche geben. Man hatte also eine Schulklasse dann in mein Orchester kam.“ Großes Kompliment für den Hor- aus einem vier Stunden entfernten Dorf mit dem Bus zu uns gefahnisten Johannes Dengler – das hat er sich nach dieser ausgespro- ren und uns wurde aufgetragen, doch lieber keine langsamen Stüchen gelungenen Horntrio-Einspielung auch mehr als verdient. cke zu spielen. Es seien ja schließlich Jugendliche und die könnten Wohin der Weg die heitere Truppe, die sich sehr über den ECHO sich nicht konzentrieren. Aber ganz ehrlich? Es tut mir leid, aber ich Klassik freut, noch führen wird? „Naja, das Horntrio-Repertoire lasse mir meine Stücke nicht beschneiden. ist so begrenzt, da ist es schwer, noch viele CDs zu machen. Es sei Also spielten wir wie geplant Mozart. Erst den schnellen denn, es werden neue Werke für uns geschrieben. Das ist ein Auf- Satz: Die Jugendlichen, die kaum Erfahrung mit Konzerten hatruf an alle Komponisten: Vielleicht können wir ja bald eine Auf- ten, filmten uns mit ihren Handys, waren unruhig. Dann fingen wir


Echo Spezial

Das dog.ma chamber orchestra mit seinem Leiter Mikhail Gurewitsch.

Harald Vogel Instrumentalist des Jahres (Orgel)

Der Weg des 71-jährigen Organisten Harald Vogel hin zum Gewinn des ECHO Klassik ist ein gewundener Pfad voller Entdeckungen und Anstrengungen. Hinter seinem Album mit der Breite eher unbekannten Orgelwerken des holländischen Nationalkomponisten Jan Pieterszoon Sweelinck steckt ein ganz besonderer Triumph: „Diese Aufnahme hat Pioniercharakter: Die Orgel in Lemgo, auf der ich gespielt habe, hat nämlich zum ersten mal wieder die klanglichen Ressourcen zur Verfügung, die Sweelinck damals auch hatte. Es ist eine wunderbare Renaissance-Orgel, der Prototyp einer Schwalbennestorgel. Aber die Orgel war nur von außen schön – die Orgelpfeifen innen waren ausgeräumt, weil man eine andere Orgel bauen wollte und die Pfeifen dazu benötigte. Es war ein langer Prozess, bis die Orgel nun rekonstruiert wurde.“ Was einer Orgelund Alte-Musik-Koryphäe wie Vogel, der unermüdlich für sein Instrument, die Norddeutsche Orgelschule und die Musikforschung zu kämpfen scheint, ein Preis wie der ECHO Klassik bedeutet? „Naja, ich habe damit nicht gerechnet, dass eine solche Produktion ausgezeichnet wird!“

begeistert. Als ich ihn Jahre später wiedertraf, sagte er: ‚Hallo Peter, ich erinnere mich an Dich‘.“ Eötvös, der mit zahlreichen Preisen, unter anderem für sein Lebenswerk, ausgezeichnet ist, freut sich über den ECHO – eben weil er dieses konkrete Projekt auszeichnet. Mit dem kleinen Plattenlabel BMC Records verbindet Eötvös eine lange Zusammenarbeit und Freundschaft: Gemeinsam mit László Gőz, dem Chef des Labels, habe er in Budapest gerade ein Haus gebaut, erzählt Eötvös. Ein echtes Musikhaus in dem sein Eötvös-Institut für junge Komponisten und Dirigenten ansässig sei: mit einem Konzertsaal, einem Restaurant, einem Jazzclub. „Mein Freund László ist ein musikalischer Fanatiker (lacht)! Ein wirklich toller, verrückter Mann, er ist Jazz-Posaunist und lebt nur für Neue Musik und Jazz. Er zahlt die CD-Produktionen von seinem eigenen Geld. Wir haben alle unsere Kräfte gebündelt – da ist ein Preis wie der ECHO, für uns und für alle Mitwirkenden, ein toller Erfolg“.

Rebekka Hartmann Solistische Einspielung des Jahres (17./18. Jahrhundert)

Pure Freude über den ECHO Klassik bei Geigerin Rebekka Hartmann: „Ich bin sehr glücklich, dass mir dieser wichtige Preis zuerkannt wurde!“ Die Geigerin erhält die Trophäe für ein Konzeptalbum des Labels Solo Musica. „In „The Birth of the Violin“geht es darum, die frühesten Kompositionen für Geige solo näher zu beleuchten. Es war wunderbar, zu spüren, dass es schon in dieser Zeit so eine reichhaltige Auswahl und große Breite in der Qualität der Geigenliteratur gab!“ Überhaupt: Sie gehe gern auf Entdeckungsreise, sagt sie. „Da stößt man in manchen Werken auf musikalische Feinheiten, die während des Barocks eigentlich noch gar nicht aktuell waren. Spannend!“ Ganz besonders froh sei sie, dass solch Péter Eötvös unbekanntes Repertoire einen ECHO gewinnen Harald Vogel, Chorwerk-einspielung des Jahres könne und somit den nötigen Schub im BekanntPéter Eötvös, (20./21. Jahrhundert) heitsgrad erhalte: „Somit ist dieser Preis nicht nur Rebekka Hartmann. eine Ehre für mich, sondern auch für die KomponisDer Ungar Péter Eötvös ist einer der gefragtesten Komponisten und Dirigenten unserer Zeit und hinter seiner ten.“ Aber obwohl sie der Preis „unendlich freue“, gäbe es nun keiAufnahme des Requiems von Györgi Ligeti mit dem SWR Voka- nen Grund, sich auszuruhen: „Man muss sich immer weiter entwilensemble, dem Rundfunkchor Köln und dem WDR Sinfonieor- ckeln – und weiter forschen! Mein größtes Ziel: in voller Energie chester steckt ein ganz persönlicher Bezug zu Ligetis Musik: „Ich stehen und losgelöst von dieser Welt spielen.“ Der ECHO Klassik kenne jeden Ton Ligetis. Als ich elf Jahre alt war, ich lebte damals kriegt einen „wunderschönen Platz im Wohnzimmer“. noch in Ungarn, besuchte Ligeti unsere Schule. Ich war der einzige Schüler, der ihm vorspielen durfte und zeigte ihm mein erstes Die gesamte Gewinnerliste und eine Übersicht über die Oratorium. Wir saßen am Klavier, ich sang und spielte, er reagierte ­Gewinner-Aufnahmen finden Sie auf www.echoklassik.de 19

Fotos: Gelucka / BERTHOLD records; Klaus Rudolph; Solo Musica

mit dem zweiten, dem langsamen Satz an, und plötzlich wurde es ganz still im Saal. Und in diesem Moment wussten wir: Dafür wird man Musiker – da spielt man einem völlig unbefangenen, unbelasteten Menschen mitten ins Herz hinein.“ Klingt, als wäre nach dem diesjährigen ECHO für das Album „American Stringbook“ als Surround-Einspielung des Jahres bald der „Klassik ohne Grenzen“-ECHO fällig? Gurewitsch lacht: „Na hoffentlich! Wir kriegen als Orchester nur eine ECHO-Trophäe, da müssen wir also ohnehin noch 15 mal gewinnen, damit jeder seinen eigenen hat.“


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„Die

Echo Spezial

Trompete ist zumindest

wasserdicht“

Alison Balsom (34) stammt aus der englischen Grafschaft Hertfordshire, nördlich von London und wurde im vergangenen Jahr bereits mit dem „Classic BRIT Award“ als beste weibliche Künstlerin ausgezeichnet.

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Foto: Chris Dunkop / EMI Classics

ECHO Klassik-Gewinnerin Alison Balsom über ihr Instrument, Tücken einer Solo-­Karriere und die Vorzüge einer Solistin.

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crescendo: Herzlichen Glückwunsch zum ECHO Klassik 2012. Es ist Ihr zweiter ECHO – 2007 gab’s den Preis als „Newcomerin des Jahres“… Alison Balsom: (lacht) Ja, jetzt bin ich ein „Oldcomer“. Was hat sich in den vergangenen fünf Jahren musikalisch und persönlich verändert bei Ihnen? Eigentlich gab es gar keine dramatischen Veränderungen. Es war der normale Fortschritt: Man trifft viele andere Künstler, man lernt, was man musikalisch sagen will und entwickelt mehr Leidenschaft für bestimmte Projekte. Aber Ihr Stand in der Klassikwelt ist jetzt ein anderer als vor fünf Jahren, oder? Die Klassikwelt ist hart! Du bist nur so gut, wie dein letztes Konzert. Man kann sich nicht zurücklehnen und sagen: So, das war’s jetzt. Damit würde man die Zuschauer enttäuschen. Denn die wollen dich immer wieder mit der gleichen Energie und Begeisterung Musik spielen hören – und davon bewegt werden. Empfinden Sie eine Auszeichnung wie den ECHO Klassik als besondere Ehre? Wie wichtig sind Ihnen solche Preise? Natürlich ist mir der Gewinn des ECHOs wichtig – es ist ein so bedeutender Preis. Dennoch sind diese Preise so etwas wie ein Bonus. Denn wofür man als Musiker eigentlich lebt, ist dieser Moment der Wahrheit auf der Bühne, wenn Du mit Deiner Musik etwas zu sagen hast. Besonders als Trompeterin ist die Aufmerksam„Ich glaube, keit, die man durch einen solchen Preis bekommt, sehr viel wert, denn in diesen ich bin – was die Zeiten ist Aufmerksamkeit oft schwer zu Vorurteile angeht – erhaschen. Meine Aufgabe ist es dann, das Interesse der Leute zu halten. Und mit dem Gröbsten eigentlich ist das auch gar nicht so schwer durch.“ – schließlich kann ich so wunderbares Repertoire darbieten. Erreichen Sie denn damit auch die Aufmerksamkeit jüngerer Zuhörer? Ich liebe es, wenn Kinder und Jugendliche zu meinen Konzerten kommen. Klassische Musik wird von Vielen immer noch mit älteren Menschen verbunden. Ich finde, man muss den Weg zur klassischen Musik auf einem natürlichen Weg finden. Man darf nicht zu klassischer Musik gezwungen werden, man muss seinen eigenen Zugang zur Klassik entdecken – dann kann das der Beginn einer lebenslangen Liebesgeschichte sein. Erinnern Sie sich noch an den Moment, an dem Sie sich in die Klassik verliebten? Ja, das war tatsächlich eine Platte mit Trevor Pinnock und seinem Ensemble The English Concert, die ich als Kind hörte. Sie spielten Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 5 und ich wusste nicht mal, was es war oder warum es so entzückend war und mich dermaßen elektrisierte. Für Ihre neue CD arbeiteten Sie mit Ihrem Idol Trevor Pinnock dann tatsächlich zusammen! Wie war’s? Ich war total aufgeregt (lacht)! Mittlerweile sind wir durch unsere gemeinsamen Projekte richtig gute Freunde geworden. Wir nehmen uns gegenseitig als kreative Künstler wahr. Es ist wunderbar und bestätigend, sich mit jemandem anzufreunden, den man bewundert. Gemeinsam haben Sie gerade ein sehr „royales“ Album aufgenommen: mit Werken von Händel und Purcell, die zu Königsgeburtstagen und Krönungen komponiert wurden. Es war ein sehr langer Prozess, bis das Album fertig war. Ich spiele die Stücke – und das ist, glaube ich, eine Premiere – alle auf der Naturtrompete. Das ist eine ganze Menge Arbeit, die Stücke alle so umzuarrangieren, dass das möglich ist. Schließlich hat die Naturtrompete keine Ventile! Aber von Händel und Purcell gibt’s doch auch Original-Kompositionen für die Naturtrompete…

Ich weiß, aber ich wollte mich auf der CD nicht musikalisch wiederholen. Es war ein ganz organischer Prozess, dass wir dann gesagt haben: Wir nehmen Stücke, die vielleicht gar nicht für die Trompete geschrieben sind und arrangieren sie um. Die Experten sagten daraufhin: „Ihr wollt DAS auf der Naturtrompete spielen?“ Und selbst Trevor war am Anfang skeptisch. Aber Sie konnten ihn überzeugen? Ja, weil ich wusste, dass es funktionieren wird. Nehmen wir „The Plaint“ aus Purcells Oper „The Fairy Queen“ beispielsweise: Ich habe den Violinpart für die Naturtrompete umgeschrieben. Als wir uns das erste Mal mit den Continuo-Spielern zusammensetzen, zuckte der Cellist beim Spielen zusammen, weil ich so viele Quintparallelen geschrieben hatte – die natürlich in der Barockmusik streng verboten sind (lacht). Aber Trevor schaffte es schließlich, alles so klug umzuarbeiten, dass es wunderbar klingt. So hat die Musik ihre Berechtigung – es ist so fesselndes Repertoire! Was macht die Trompete denn zu einem solch „royalen“ Instrument? Das kommt noch aus der Hoch-Zeit der Trompetenmusik. Das Instrument ist laut und kann sehr kräftig, manchmal auch einschüchternd klingen. Man kann es draußen spielen – und es ist wasserdicht (lacht)! Aber das Schöne ist doch: Wenn man mit diesem lauten, durchdringenden Klang einmal die Aufmerksamkeit der Zuhörer erhascht hat, dann kann man leise weiterspielen. Das ist auch das Leitmotiv meiner Aufnahmen: Man zeigt die Macht der Trompete, um dann ganz leise zu reden – das ist viel interessanter als am laufenden Band zu schreien. Im Barock waren Trompeter echte Helden. Hätten Sie in dieser Ära leben wollen? (lacht) Ich glaube kaum, dass sie mich dort Trompeterin hätten sein lassen. Selbst heute – und es hat sich schon eine Menge verändert, seit ich angefangen habe, zu spielen – ist das noch hart. Und mal ganz ehrlich? Die Zahnmedizin war damals nicht wirklich gut! Ich hätte Sorge, dass mir alle Zähne gezogen werden müssen – und ohne Zähne ist trompeten ziemlich kompliziert! Werden Sie denn heute noch mit Vorurteilen konfrontiert, weil Sie als Frau Trompete spielen? Als Solistin ist man da ziemlich immun. Alle Solisten stehen dermaßen im kritischen Rampenlicht, dass jeder über sie spricht, wenn sie etwas falsch machen – ob männlich oder weiblich, alt oder jung ist dann ganz egal. Ich glaube, ich bin – was die Vorurteile angeht – mit dem Gröbsten durch. Eine Frau, die Trompete spielt, fasziniert die Menschen eher, habe ich das Gefühl. Wollten Sie diesen Platz im Rampenlicht? Wollten Sie Solistin werden? Ja. Weil ich spielen wollte. Sie könnten also nicht zurück ins Orchester? Drei Akkorde in einer Sinfonie spielen? Nein, nicht wirklich. Allerdings ist es nicht einfacher, Orchestermusiker zu sein. Denn man muss genauso perfekt sein wie der Solist. In dem Moment, in dem man gebraucht wird, musst Du brilliant funktionieren. Aber man ist eben einfach nicht so involviert wie als Solist – und ich stehe gern im Zentrum des musikalischen Geschehens. Ich kann mir keinen größeren Nervenkitzel als das vorstellen! Apropos Nervenkitzel: Haben Sie denn mal etwas richtig Gefährliches ausprobiert? Ich habe wirklich einige waghalsige Dinge gemacht. Aus Flugzeugen springen und so was… Es gibt aber keinen schöneren Rausch als auf der Bühne zu stehen! Da sitzen tausende von Leuten und man kann eine Stecknadel fallen hören. Da gibt es nicht, wie bei einem Rockkonzert, einen Tontechniker, der Gott spielen kann – du bist selbst der Tonmeister. Noch dazu ist die Trompete ein so riskantes Instrument. Wenn Du einen Fehler machst, hört es jeder! Dieser Stress macht es so aufregend… mich macht das süchtig! Interview: Anna Novák n 21


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„Ich mag die

Echo Spezial

Ernsthaftigkeit“ Herbert Schuch gewinnt den ECHO Klassik als Pianist im Quintett. Uns verriet er, wie sich derweil seine Solo-Karriere entwickelt und wie er in seinen Konzertprogrammen das Publikum aufhorchen lassen will. Mit seinen 33 Jahren kann man Herbert Schuch nicht mehr ganz als Pianisten-Nachwuchs bezeichnen – und dennoch geht Schuch seinen Weg in die führende Pianistenriege nicht im Eiltempo. Er ist keiner dieser Pianisten, die sich über Nacht den Weltruhm erspielt haben. Er arbeitet stetig und bedacht und begeistert die Szene mit wohldurchdachten, klug zusammengestellten Konzertprogrammen. Sein Konzeptalbum „Nachtstücke“ rankte sich so beispielsweise um Schumanns gleichnamiges Werk; Schuch kombinierte dazu Ravel, Holliger, Skriabin und Mozart. Im November legt der Pianist erstmals ein Beethoven-Klavierkonzert vor. Das dritte, das einzige Klavierkonzert, das Beethoven in einer Molltonart schrieb. Vorher erklingt das 1939 komponierte Klavierkonzert von Viktor Ullmann – ein Komponist mit berührender Geschichte, der als Gefangener im Konzentrationslager Theresienstadt weiter komponierte, Konzerte organisierte und trotz der untragbaren Umstände dort um ein funktionierendes Musikleben besorgt war. Man möchte Schuch unterstellen, er habe ein Händchen für besonders ernsthafte Programme. Ist das wahr? Schuch: „Nun, auch die ‚Nachtstücke‘-CD war ja ein eher dunkel gefärbtes Programm. Aber ja, ich mag diese Ernsthaftigkeit.“ Es sei aber nicht so, dass 22

er sich nur mit den dunklen Seiten des Lebens beschäftige. „Ich mag es, das Publikum ein bisschen zu irritieren – wenn es für einen Moment die Sicherheit verliert, die es im Zuschauerraum hat. Nicht um die Leute zu ärgern, sondern um die Aufmerksamkeit zu erhöhen.“ Das Ullmann-Konzert wollte er unbedingt aufnehmen, auch wenn man damit ziemlich alleine gelassen sei, weil es wenig Information über dieses Werk gibt. Und Beethovens drittes Klavierkonzert hätte gepasst, weil es „das Kantige, was Ullmanns Musik hat, auch in sich trägt“. Es ist Schuchs erste Beethoven-Einspielung. „Mit dem Beethoven wollte ich mir Zeit lassen“, sagt er und man stellt wieder dieses Bedachte, Überlegte fest. Kein Schritt zu schnell. Der sympathische Pianist ist, das merkt man ihm sofort an, mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben – selbst wenn er mittlerweile Preisträger zahlreicher internationaler Klavierwettbewerbe ist. So gewann er in einem Jahr den Casagrande-Wettbewerb, den London International Piano Competition, und den Beethoven Klavierwettbewerb Wien. Und in diesem Jahr gibt’s nun den ECHO Klassik dazu – in der Kategorie „Kammermusikeinspielung des Jahres 18./19. Jahrhundert“. „Ja!“, lacht Schuch, „den gewinne ich zusammen mit meiner ‚Boygroup‘ www.crescendo.de

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Fotos: Felix Broede

Pianist Schuch am Arbeitsplatz: 1979 im rumänischen Temeswar geboren, lebt er heute in Köln.

crescendo-Fragebogen: Kaffee oder Tee? Tee. Meer oder Berge? Meer.

für eine Aufnahme mit Mozart- und Piano oder forte? Beethoven-Quintetten für Bläser und Fortepiano! Klavier.“ Die CD-Produktion mit seiSchnell oder langsam? nen Kollegen Sebastian Manz, Marc Langsam. Trénel, David Fernández Alonso und Schubert oder Schumann? Ramón Ortega Quero habe ihm viel Wahrscheinlich Schubert. Spaß gemacht, besonders „weil die Fußball oder Oper? Bläser einfach anders ticken. Die sind Fußball! so entspannt!“ Entspannter noch als Ihr Lieblings-Musikerwitz? Pianisten? „Absolut. Richtig tiefenentDie sind nicht jugendfrei! spannt.“ Ihr schönstes Erlebnis auf der Bühne? Weil jeder gleichmäßig am Wenn ich merke, dass das ­Publikum still wird. Gewinn des Musikpreises beteiligt war Ihr lustigstes Erlebnis auf der Bühne? und es für die „Boygroup“ nur einen Bei einem Konzert auf Schloss Herrenchiemsee gemeinsamen ECHO gibt, haben sich hat in der Pause mal der Blitz eingeschlagen, der die Herren ganz pragmatisch schon Strom fiel aus. Ich habe dann die zweite Hälfte des Konzerts mit einer batteriebetriebenen eine Lösung dieses Problems überFunzel eines Feuerwehrmanns gespielt, hatte legt: „Wir zersägen den Preis“, witkaum Licht, im Saal war es stockfinster. zelt Schuch, „ganz paritätisch in fünf Genial, oder? Teile. Und wenn wir uns wiedertreffen, setzen wir ihn dann immer wieder zusammen.“ Wie er so weit kam? Im Kindesalter fing er, noch in Rumänien, mit dem Klavierspiel an. Nebenbei lernte er Geige. Die Klassik packte ihn, als er zum ersten mal eine Brahms-Sinfonie auf Platte hörte. Dann zog er mit seinen Eltern ins bayerische Rosenheim. Mit 12 wurde er Klavierschüler des legendären Klavierpädagogen Karl-Heinz Kämmerling, studierte am Mozarteum in Salzburg.

In jüngster Zeit arbeitete er viel mit Alfred Brendel. „Die Lehrer, von denen ich gelernt habe, waren alle 50 Jahre älter als ich. Ich bin wahnsinnig froh, dass ich von dieser Generation noch so viel lernen konnte. Was ich da faszinierend finde, ist diese absolute Unbedingtheit. Da heißt es ‚Das muss so sein!‘ und sie stehen dafür ein. Dieses Relativierende, das vielleicht durch postmoderne Strömungen entstanden ist, haben die noch gar nicht. Sondern eine Klarheit in dem, was man will und was man nicht will.“ Ob er das für sich so übernehmen wolle? „Ich bin schon ein Kind meiner Zeit. Ich kann nicht sagen: Ich will unbedingt so wie Alfred Brendel sein. Aber Menschen wie er sind Leute, an denen man sich innerlich immer wieder orientieren und sich fragen kann: Was würden sie jetzt dazu sagen?“ AN

Herbert Schuch: „Ullmann/Beethoven Klavierkonzerte“, ab 12. November im Handel (Oehms Classics) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Rondo Allegro“ aus dem „Klavierkonzert Nr. 3“ von Beethoven 23


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CD des Monats OKTOBER 8.572987 Die King‘s Singers, Grammy Award Gewinner 2009, durchleuchten das „Vater unser“ im Wandel der Zeiten. „Die hohe Kunst des schlichten Tons in Perfektion“ „wahrscheinlich bestes Vokalensemble unserer Tage.“ Hamburger Abendblatt

8.572885 Erfrischende Seeluft – Erinnerungen an Bad Doberan vom Erfinder der „Clarinette omnitonique“ Iwan Müller.

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Repertoire Qualität Innovation

Echo Spezial

Daniel Barenboim, der Meister an Pult & Piano, bekommt einen ECHO Klassik für sein Lebenswerk. Kurz davor haben wir ihm noch ein paar Fragen gefaxt: crescendo: Lieber Herr Barenboim, unseren herzlichen Glückwunsch zum ECHO Klassik 2012! Sie werden für Ihr Lebenswerk geehrt – was bedeutet Ihnen der Gewinn dieses Preises? Daniel Barenboim: Vielen Dank! Ich freue mich wirklich außerordentlich, diesen besonderen Preis zu bekommen. Letztes Jahr habe ich ihn an meinen Freund Zubin Mehta überreicht, und dieses Jahr bekomme ich ihn nun selbst. Es ist der bedeutendste Preis in der deutschen Musikindustrie, und als Jemand, der einen Teil seiner künstlerischen Heimat schon viele Jahre in Deutschland hat, ist es wirklich besonders schön, hier ausgezeichnet zu werden. Ist ein solcher Preis für das Lebenswerk ein Grund, zurückzublicken? Sind Sie nostalgisch? Ich erinnere mich gerne an die vielen wunderbaren Dinge, die ich bislang erlebt habe – aber ich schaue ebenso gerne nach vorne, beschäftige mich mit neuen Projekten und Themen.

8.570608 Brückenbauer zwischen Welten – Grammy Award Gewinner Tan Dun verbindet klassische und moderne, asiatische und europäische Musikrichtungen.

Wenn Sie auf Ihr Lebenswerk schauen: Gibt es einen musikalisch schönsten Moment? Wenn ja, welchen? Einen einzelnen würde ich nicht nennen wollen, nein. Es ist aber vielleicht die Arbeit mit dem West-Eastern Divan Orchestra, die letztlich das Wichtigste ist, was ich tue. Seit 1999 kommt das Orchester jetzt jedes Jahr zusammen, und die musikalische Entwicklung des Orchesters ist wirklich einmalig. Darüber hinaus bedeutet mir dieses Projekt natürlich auch auf menschlich-persönlicher Ebene über alle Massen viel. Sie sind omnipresent in der Klassiklandschaft. Wie schaffen Sie das? Wie schafft man es, als Dauer-Reisender und Dauer-Musizierender Zeit für sich selbst zu finden? Ich schaffe immer wieder die Momente der Ruhe und Reflektion für mich selbst. Aber ich schöpfe meine Inspiration und meine Kraft aus der Musik selbst, sie treibt mich an und bringt mich immer weiter.

8.570933 “mit urwüchsiger Spielfreude und innerer Begeisterung ...unter der sicheren Stabführung von Christian Benda… bestens unterstützt durch eine feine und transparente Aufnahmetechnik.“ Pizzicato über 8.570329

Was sind Ihre (musikalischen und persönlichen) Pläne für die kommende Zeit? Haben Sie noch musikalische Träume? Aber natürlich! Alleine in dieser Spielzeit gibt es so viele spannende Projekte, den 24

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„Ich

4 Fragen an... Rolando Villazón, der den ECHO in diesem Jahr moderiert

freue mich auf

alles,was

Foto: Felix Broede / DG

Foto: Gabo / DG

kommt “

Argentinisch-israelisch-spanisch-palästinensischer Abstammung: Dirigent und Pianist Daniel Barenboim.

Beethoven-Zyklus in New York mit dem West-Eastern Divan Orchestra, einen kompletten Ring in Berlin und an der Scala – ich freue mich auf alles, was kommt. Wo geht’s hin mit der Klassikwelt? Gibt es etwas, dass der musikalische Nachwuchs unbedingt beachten und bewahren sollte? Das Wichtigste ist grundlegende musikalische Bildung, und um die ist es leider momentan nicht so gut bestellt. Musik muss Teil der Ausbildung unserer Kinder sein, genauso wie Mathematik, Literatur und Biologie. Nur so können wir sicherstellen, dass auch in Zukunft Musik gehört und vor allem geschätzt wird. Junge Musiker müssen lernen, nicht nur die richtigen Töne zu singen und zu spielen, sondern musikalisch richtig zu denken. Dafür braucht es aber eben auch die richtige Anleitung. Dieses Thema der musikalischen (Aus-)bildung ist mir ein ganz besonderes Anliegen und etwas, mit dem ich mich in Zukunft auch ganz direkt noch mehr beschäftigen möchte. Wo stellen Sie Ihren Lebenswerk-ECHO Klassik hin? Haben Sie einen „TrophäenSchrank“? Einen Schrank habe ich nicht, aber er wird auf jeden Fall einen besonderen Platz bekommen.

Herr Villazón, Sie stehen in diesem Jahr wieder auf der ECHO Klassik-Bühne – allerdings diesmal nicht als Sänger, sondern als Moderator! Was ist das für ein Gefühl? Ich war sehr glücklich in der ECHO Klassik Gala im letzen Jahr zu singen und einen Preis für meine „¡México!“-CD zu gewinnen. Heute freue ich mich riesig, den Abend zu moderieren und Teil des Teams zu sein, das meine Kollegen feiert, die diese besondere Auszeichnung in diesem Jahr erhalten. Was macht Ihnen mehr Spaß: Moderieren oder Singen? Wovor sind Sie nervöser? Ich habe nie Lampenfieber (lacht)! Nein, im Ernst, Lampenfieber kommt beim Singen und Moderieren vor. Aber da Deutsch ja nicht meine Muttersprache ist, bin ich vielleicht ein bisschen nervöser... Ich möchte nicht mehr als 35 grammatische Fehler machen (lacht)! Wie bereiten Sie sich auf die Gala vor? Sprechen Sie vorher mit den Preisträgern? Natürlich kenne ich viele meiner Kollegen, die einen Preis gewinnen, persönlich oder kenne ihre Musik. Die Vorbereitung läuft über gemeinsame Besprechungen mit dem Produktionsteam, wir legen den Ablauf und das Drehbuch fest, und dann proben wir für ein, zwei Tage in Berlin. Wenn Sie die Wahl hätten: Wer hätte, Ihrer Meinung nach, in diesem Jahr noch einen ECHO Klassik verdient? Jeder Preisträger in diesem Jahr verdient seinen Preis. Natürlich gibt es auch immer Künstler, die leider leer ausgehen. Aber man hat ja immer wieder die Chance, die Jury mit einer Aufnahme zu überzeugen. Rolando Villazóns neue CD „Verdi“ (Deutsche Grammophon) erscheint übrigens am 2. November 2012. 25


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„Grimetta“ Kalkulierte Geschäftsbeziehung zweier Stars oder echte Harmonie? Wie Cellistin Sol Gabetta und Pianistin Hélène Grimaud ihre Zusammenarbeit bei ihrem ersten gemeinsamen Album „Duo“ erleben.

Foto: Mat Hennek / DG

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Neues Traum-“Duo“: Sol Gabetta und Hélène Grimaud gehen im Winter auch zusammen auf Tournee.

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crescendo: Wenn man es mal analysiert: Sie sind beide eigentlich sehr verschiedene Charaktere. Was verbindet Sie? Hélène Grimaud: Was zwischen uns passiert ist, ist schwer in Worte zu fassen. Selten erlebt man so etwas: Du fühlst es, du lebst es, es ist so harmonisch und anspornend… Sol Gabetta: Geplant war unsere Zusammenarbeit jedenfalls nicht. Wir haben erst vor kurzem das erste Mal zusammen gespielt. Ich mag diese Art von Projekten: es ist etwas neues, frisches, irgendwas passiert. Und: was war, kommt niemals zurück. Es ist jedes Mal neu. Solche Projekte treiben sich selbst voran. Hm. Dann müsste man also nicht Ihre neue CD hören, sondern lieber in ein Live-Konzert gehen, um dieses gewisse Etwas zwischen Ihnen richtig zu erleben? HG: Wir haben ja versucht, das haltbar zu machen, es aufzunehmen. Die CD haben wir ganz in diesem Geiste aufgenommen. Wissen Sie warum? Wir hatten nur anderthalb Tage zwischen vierhundert anderen Dingen. So hätten wir es gar nicht in der üblichen Art machen können. Und diesmal war das gut so! Die Plattenfirma spricht von „musikbiologischen Prozessen“, die zwischen Ihnen abliefen. SG: Ja, es ist mehr oder weniger eine Live-Aufnahme. Und ich denke, das kann man hören! Vielleicht wäre es kompliziert

total anders, so spontan. Sie kennt mich noch nicht mal gut! HG: Oh, was kommt da noch? Bis jetzt war’s so gut… SG: Ich sage Ihnen, für Cellisten ist die Repertoirefrage richtig schrecklich. Wir brauchen eigentlich ununterbrochen Pianisten, sie müssen verfügbar sein. Und Hélène ist eine anerkannte Solistin, sie spielt überall. Als ich das erste Mal mit ihr spielte, dachte ich: was für eine starke Persönlichkeit. Hélène, ganz direkte Frage: Sind Sie stark? HG: Ich kann, wenn ich muss! SG: Jaja, stark! Wie eine Schwester. Mit ihr fühle ich mich sicher. Ein Cellist muss ja oft anführen, stark sein. Mit meinem Bruder Andrés fühle ich mich sofort geborgen auf der Bühne, ich fühle mich gut, weil er da ist. Und so ist es auch mit Hélène. Manchmal habe ich Angst, ob der andere genug Raum bekommt. Mit ihr fühle ich sofort, was sie braucht, und wir ergänzen uns. Das klingt jetzt bald wie eine Liebesbeziehung... SG: Ach, manchmal muss Hélène auch die Solistin raushängen lassen, dann fühle ich mich wie eine kleine Ratte! Hehe. Und trotzdem, es ist ein gutes Geben und Nehmen. Die Werke, die auf der CD versammelt sind, sind sehr verschieden. Hatten Sie nicht manchmal auch verschiedene Auffassungen, wie etwas zu spielen ist? HG: Im Großen und Ganzen nicht. Klar, an dieser und jener Stelle phrasiert der andere mal anders, dann haben wir das angeglichen. „Wissen Sie: was heute perfekt ist, Aber das waren Winzigkeiten. ist es morgen nicht mehr.“ Ich denke an die Schostakowitsch-Sonate. Waren Sie da, was die Tempi der einzelnen Sätze anging, immer einig? SG: Sie finden, wir waren zu schnell? gewesen, den Funken unserer ersten Begegnung zu wiederholen. Nein, nein! Aber ich habe darüber nachgedacht, wie der KomAber zack, das hier war wieder wie bei unserem ersten Treffen! ponist sich die Sache wohl vorstellte, welche Ideen er in die HG: Nächstes Mal werden wir uns fragen: wie wollen wir dieses einzelnen Sätze packen wollte. Und ob Ihre Spielweise, die mir spontane Gefühl je wieder herstellen? manchmal, galant ausgedrückt, zuletzt fast spitzfindig vorkam, Glenn Gould, der letzten Monat achtzig Jahre geworden wäre, eher in unsere oder in seine Zeit passen? hätte wahrscheinlich den Kopf geschüttelt über diese EmpfinHG: Man lernt mit der Zeit, sich von den Noten freizuspielen. dungen. Er putzte eine Aufnahme so lange, nahm unendlich Beethoven hat seine Sonaten sicherlich niemals gleich gespielt. Mal viele Takes einer Phrase auf und puzzelte dann alles zusammen, nahm er mehr Pedal, das hing bestimmt von seiner Tagesform ab. bis es vermeintlich perfekt war… Darum geht es ja nicht, dann sieht man manchmal den Wald vor SG: Ja, aber wissen Sie: was heute perfekt ist, ist es morgen nicht lauter Bäumen nicht mehr. mehr. Das ist wie mit den Planeten, irgendwann stimmt die Ende des Jahres gehen Sie auf Tour. Und danach, was meinen Konstellation eben, und dann driften sie wieder weiter... Sie, werden Sie sich mal wiedertreffen, musikalisch? HG: Oder, noch schlimmer: vielleicht war der Moment perfekt für HG: Ich hoffe das sehr! dich, aber für niemand anderen. SG: Ganz bestimmt. Na, wenn ich mir unsere Kalender ansehe… SG: Ach, was ist schon Perfektion. Nur wenn Emotionen im Spiel War ja nicht einfach, ein paar Daten für die Tour zu finden. Aber sind, erwacht eine Sache zum Leben, dann bekommen wir auch wir haben es geschafft, wir haben es eingebaut bekommen. eine Idee der Zeit, in der die Aufnahme entstand. Vielleicht finden Sol, hatten Sie noch etwas Zeit, sich Berlin anzusehen? manche unsere Version zu weich, zu aggressiv, oder vermissen SG: Naja, ich habe in erster Linie den Komponisten Pēteris Vasks irgendetwas anderes. getroffen, der ein Stück für mich geschrieben hat. Ich habe fünf War Ihr Kennenlernen eigentlich geplant? Hélène Grimaud ist Jahre auf dieses Stück gewartet! Als ich mit ihm darüber sprach, bei Deutsche Grammophon, Sol Gabetta bei Sony unter Verbat ich ihn, meine Stimme einzutrag, wie zwei Königinnen aus verbauen. Ich bin ein Mezzosopran, feindeten Reichen… Die CD von Gabetta & Grimaud ich habe zwar keine Opernstimme, HG: Interessante Vorstellung. Der Superlative bedarf die neue CD aber als Kind habe ich die ganze Zeit Und doch haben wir zueinander von Sol Gabetta und Hélène Grimaud, gesungen, und wollte das irgendwie gefunden. „Duo“ betitelt, eigentlich gar nicht. Es dabeihaben. Vasks Stück dauert nun SG: In der Kammermusik kennen ist schlicht ein großer Genuss, die bei35 Minuten, und erst kurz vor dem sich viele Leute jahrelang, jahrden Musikstars das übliche Repertoire Ende, die letzten zweieinhalb Minuzehntelang. Alles läuft nach Mas- Stücke von Debussy, Brahms, Schoten, singe ich! Er sagte: ich konnte terplan. Du kennst den anderen, stakowitsch und Schumann - frisch und selbstbees nicht bewusst komponieren, ich du weißt, wie er sich bewegt, wie er wusst gemeinsam musizieren zu hören. Nicht mehr, musste abwarten, bis es passierte. spielt. Ich spiele oft mit Kollegen, mit aber auch nicht weniger. Aber Wahnsinn, wie emotional das denen mich eine jahrelange BezieWerk geworden ist. hung verbindet. Mit Hélène war das n Sol Gabetta/Hélène Grimaud: „Duo“ (Deutsche Grammophon). 27


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Der Wanderer

Deutschlands berühmtester Countertenor Andreas Scholl über die Wirkung hoher Töne, seine anfänglichen Probleme mit Johann Sebastian Bach und weshalb er auf dem Land ein glückliches Leben führt.

Andreas Scholl lebt auf dem Land – wir trafen ihn allerdings in Salzburg.

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Foto: Bob Coat

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Andreas Scholl war 13, als er am Staatstheater Wiesbaden den Zweiten Knaben aus der Zauberflöte sang. Seitdem verläuft seine Karriere stetig nach oben. Und in fast jedem Text über den heute 45-Jährigen steht, wie außerordentlich intelligent dieser Mann sein soll – nach dem Gespräch wissen wir auch warum. crescendo: In den letzten Jahren haben Countertenöre die Klassik-Charts erobert. Kann es sein, dass der moderne Mensch ein Bedürfnis nach diesen fast unwirklichen schönen Stimmen hat? Andreas Scholl: Sie haben Recht, Countertenöre sind seit Jahren sehr populär, inzwischen sind wir im Bewusstsein der Hörer etabliert. Wir sind viel akzeptierter als noch in den fünfziger oder sechziger Jahren. Ich habe gerade die Biografie des Countertenors Alfred Deller (1912-1979) gelesen. Der hatte noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Zu seiner Zeit war die Konvention, wie sich die Geschlechter zu verhalten haben, viel strenger. Heute sind die Menschen von uns nicht abgeschreckt, sondern fasziniert. Ihre Stimme scheint aus einer anderen, reineren Welt in unsere herüberzutönen. Ist es das, was uns anzieht? Im Grunde geht es um den scheinbaren Widerspruch des Männerkörpers und der hohen Stimme. Auf den ersten Blick passen die beiden Dinge nicht zusammen, trotzdem verbünden sie sich in einem guten Sänger zu einer faszinierenden Einheit. Diese hohe Stimme hat etwas Unerhörtes und Neues. Und in uns allen steckt doch die tiefe Sehnsucht, das Rollenverständnis, das uns von der Gesellschaft aufoktroyiert wird, abzuschütteln. Wir sind alle nicht männlich oder weiblich, sondern in erster Linie Menschen. Wir sehnen uns danach, ein vollständiger Mensch zu sein? Genau. In unserer Welt sind wir ständig gezwungen, eine Hälfte unserer Identität zu leugnen. Und wir Countertenöre heben diese Spaltung für Momente auf. Wir sind unverschämt im Sinne von: Wir schämen uns nicht dafür, beide Seiten zu verkörpern. Jesus hat gesagt: Werdet wie die Kinder. Wenn Kinder singen oder tanzen, schauen sie nicht, was die anderen denken. Sie leben ihren Impuls frei aus, das ist ungemein befreiend. Und vielleicht werden die Menschen an dieses Glück erinnert, wenn sie die Stimme eines Countertenors hören. Glauben Sie, dass Sie durch Ihre Stimme ein tieferes Verständnis dafür haben, was es bedeutet, ein Mann oder eine Frau zu sein? Ja, das hat sich über die Jahre immer weiter entwickelt. Ich lese auch viel: Frühchristliche Geschichte, apokryphe Evangelien, Gnostizismus, da geht es immer darum, dass es die Zerrissenheit ist, die uns so unglücklich gemacht. Sind sie sich dieser Zusammenhänge bewusst, wenn Sie auf der Bühne stehen? Während man singt, eher weniger. Aber nach einem Konzert, wenn ich Leute aus dem Publikum treffe, wird mir bewusst, welche Wirkung meine Stimme auf manche Menschen hat. Macht Ihre Stimme nur die Zuhörer glücklich oder auch Sie selbst? Auch mich. Kennen Sie den bosnischen Lautenspieler Edin Karamasov? Hat der nicht mal mit Sting eine CD aufgenommen? Genau. Ein faszinierender Musiker. Wenn ich mit dem zusammen auf der Bühne stehe, sind das meine glücklichsten Momente. Wir sind dann beide ganz ruhig und zufrieden. In diesen Momenten spüre ich, dass ich die Energie, die in der Musik liegt, den Menschen, die mir zuhören, aufschließen kann. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Nicht ich bin es, der die Menschen glücklich macht, sondern die Musik. Ich bin nur der Vermittler. Was spüren Sie, wenn Sie selbst in einem Konzert sitzen? Ich bin ein ganz schlechter und ungeduldiger Zuhörer. Ich glaube, die wenigsten professionellen Sänger setzen sich gern in ein Konzert. Zuhause höre ich eher Pop, weniger Barockmusik. Was für Popmusik hören Sie denn?

Ich habe einen Freund, der in Israel lebt. Er heißt Idan Raichel und macht ganz tollen Ethno-Pop mit arabischen Texten. Das ist die Lieblingsmusik von mir und meiner Frau. Ich mag auch guten Synthie-Pop aus den Achtzigern, New Order, OMD, Erasure. Seit wann wissen Sie eigentlich, dass Sie ein Countertenor sind? Eigentlich wollte ich nie Countertenor werden, ich wusste ja nicht mal, was das ist. Bei mir lief das ganz natürlich. Als Junge war ich bei den Kiedricher Chorbuben und als der Stimmbruch kam, habe ich einfach weiter im hohen Register gesungen, ohne mir was dabei zu denken. Erst nach Studienbeginn wusste ich wirklich bewusst, dass ich so singen möchte. Wo haben Sie studiert? In Basel, an der Schola Cantorum Basiliensis, einer Schule für Alte Musik. Ich weiß noch, wie fremd ich mich dort in den ersten Tagen gefühlt habe. Nicht nur, dass ich keine Ahnung von Musiktheorie hatte, ich kam auch vom Dorf und hatte gerade meinen Grundwehrdienst abgeleistet. Nach drei Monaten trat ich einem kleinen Ensemble bei und war glücklich.

„Wir sind alle nicht männlich oder weiblich, sondern in erster Linie Menschen.“ Als Sie vor ein paar Jahren Bach-Kantaten aufgenommen haben, waren Sie kurz davor, hinzuschmeißen. Warum eigentlich? Weil ich voller Selbstzweifel war, nachdem ich zum ersten Mal begriffen hatte, mit welcher Kompromisslosigkeit und Genialität Bach diese Musik geschrieben hatte. Ich sehe das heute an meinen Studenten. Seelig sind die, die sich für die Größten halten. Richtig gut aber sind die, die zweifeln und einen so hohen Anspruch an sich haben, dass sie ihn nie oder nur ganz selten erfüllen können. Das führt nicht unbedingt zu einem glücklichen Leben, ist aber gut für die Kunst. Ohne das selbst Verzehrende, das Selbstkritische kommt man nicht so weit. Ihr neues Album trägt den Titel Wanderer und enthält Lieder von Mozart, Brahms, Haydn und Schubert. Nur: Lied-CDs sind nicht gerade die großen Geldbringer... Ja, aber man kann nur tun, was einen interessiert und begeistert. Sind Lieder dabei, die noch nie von einem Countertenor aufgenommen wurden? Möglich, aber darum ging es mir nicht. Der Effekt sollte nicht sein: Leute, schaut her, wie kurios das alles ist. Nein, als Sänger muss ich zu einem bestimmten Thema etwas zu sagen haben. Die Motivation muss stimmen. Sie sind angeblich wieder nach Eltville am Rhein, in das Dorf Ihrer Kindheit, gezogen... Ja, vor vier Jahren. Vorher habe ich 20 Jahre in Basel gelebt. Warum in die Provinz und nicht nach München oder London? Weil ich es da schön finde. Ich bin da in den Kindergarten gegangen, ich kenne noch die Nachbarn von früher. Der eine ist leider gerade gestorben. Als ich ein Junge war, hatte er ein Haushaltswarengeschäft und ich weiß noch, wie ich bei ihm meine erste ABBA-Platte bestellt habe. So was vergisst man nicht. Es hat ein paar Monate gedauert, aber inzwischen ist es wie früher. Meine alten Freunde kommen in den Hof, wir trinken ein Bier oder grillen gemeinsam. Reagiert man auf dem Land nicht seltsam auf einen Vertreter der Hochkultur, noch dazu einen mit so hoher Gesangsstimme? Gar nicht. Die fragen mich, wo ich wieder war und was ich gemacht habe, und dann ist es gut. Dann bin ich nicht mehr der Künstler, sondern der Bub, der ich vor 40 Jahren war. Und das finde ich wunderbar. n Andreas Scholl: „Wanderer“ (Decca).

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Der

dirigierende Jan Willem de Vriend war lange Spezialist für Alte Musik. Umso erstaunlicher, dass er jetzt mit einer neuen Sinfonischen Beethoven-Interpretation die Kritiker begeistert. v on R a i n e r A s c h e m e i e r

„Unglaublich schnell, fast wie auf einer Autobahn!“ Jan Willem de Vriend merkt man an, dass ihn die Übertragung eines Haydn-Konzerts, die er am Tag vor unserem Interview zufällig im Radio gehört hat, noch immer beschäftigt. „Wenige Leute machen sich klar, wie das früher war mit dem Tempo. Ein Beispiel: Beethoven hat mit seinem Neffen Karl in einer Kneipe gesessen, und der bittet ihn: ‚Louis’ – er hat sich so gerne Louis genannt, der Beethoven – ‚ich brauche jetzt wirklich die Metronomzahlen für Deine neue Sinfonie.’ Und Beethoven hat etwas gemurmelt, hat sie schnell hingeschrieben, und das war es dann.“ Das war Beethoven. Wer aber ist dieser niederländische Dirigent, der sich traut, so etwas zu erzählen und vielleicht gerade deshalb mit seiner Beethoven-Gesamteinspielung für Furore in der Fachwelt gesorgt hat? De Vriend, klar, hat diesen typisch niederländischen Akzent, der – aus welchen Gründen auch immer – sympathisch rüberkommt. Er redet zwar schnell, hat aber auch viel zu sagen. Und man wundert sich ein bisschen, dass ein so temperamentvoller Inter30

Fotos: Marcel van den Broek

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view-Partner so abgeklärte Beethoven-Aufnahmen vorgelegt hat. Aufnahmen, die zeigen, dass gute historische Aufführungspraxis sich nicht in rasend schnell dirigierten Allegrosätzen erschöpft. Wenn de Vriend über Musik redet, dann kommt das von Herzen und ist so zugänglich, dass es jeder versteht: „Wir streben heute überall Präzision an. Vielleicht kommt es daher, dass manche Dirigenten die notierten Tempi den ganzen Satz über durchhacken. Zu Beethovens Zeit war man viel flexibler. Der Witz von Haydns ‚Die Uhr’ war übrigens auch nicht, dass da eine Uhr nachgeahmt wird. Haydn wollte zeigen, wie kurios es eigentlich ist, wenn man den ganzen Satz über nur ein Tempo spielt.“ Der, der das sagt, hat eine bemerkenswerte Wandlung hinter sich. Als Experte für historische Aufführungspraxis gründete Jan Willem de Vriend 1982 das Combattimento Consort Amsterdam und war damit ein Pionier der „Originalklang“-Bewegung. 24 Jahre lang widmete er sich fast ausschließlich der Alten Musik, dann kam der Wechsel: Seit 2006 ist er Chefdirigent des Netherlands Symphony Orchestra in Enschede. Seitdem gilt es, das gesamte Reperwww.crescendo.de

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

JAHRE YEARS

toire eines großen Sinfonieorchesters auf fusion. „Das kulturelle Klima in den Niedie Bühne zu bringen – von Händel bis derlanden hat unter der letzten Regierung Strawinsky. Und: Wie meistert man so eine sehr gelitten. Hoffentlich wird es jetzt besAufgabe? Der Niederländer hat eine ent- ser. Doch was kaputt gemacht worden ist“, waffnend einfache Antwort: „Man muss sagt de Vriend, „das kann man kaum repadie Musik, die man dirigiert, gar nicht so rieren.“ Der Dirigent erklärt, dass das Schickgut kennen – aber man muss sie immer gut studieren! Das ist meine Erfahrung aus der sal von vier namhaften Ensembles – des Brabants Orkest, des Limburgs Symfonie Alte-Musik-Bewegung.“ So hat er es auch mit der Urfassung Orkest, eines Radiosinfonieorchesters sowie von Mahlers erster Sinfonie getan: „Die war der Holland Symfonia – bereits beschlosnur noch in Mahlers Handschrift in einer sene Sache sei: Fusion oder Abschaffung! Ähnliches droht auch in Enschede: einst in Hamburg aufgeführten Version vorhanden“, erzählt de Vriend. Verblüfft „Im Prinzip sind nur noch wir und die Kolstellte er fest, wie sich Mahlers bislang unbe- legen vom philharmonischen Orchester kannte Erstfassung von der unterschied, Arnheim eigenständig. Und nun beginnen die wir heute kennen. „Das ist doch ganz die Diskussionen, ob diese beiden Orchesinteressant, dachte ich mir. Ich habe dann ter demnächst zusammengelegt werden. Mahler-Spezialisten gefragt. Die meinten: Um Mahlers Entwick„Um Mahlers Entwicklung besser zu lung besser zu verstehen, wäre es verstehen, wäre es wichtig, dass man wichtig, dass man diese Urfassung wieder aufführt.“ Das Ergebdiese Uraufführung wieder aufführt“ nis kann man heute auch auf CD Das ist schlimm!“ Wer könnte dem niedernachhören. Inzwischen gilt de Vriend als Spe- ländischen Dirigenten diese Sicht der Dinge zialist für solche musikalischen Wieder- nicht nachfühlen, wo es doch auch bei uns auferstehungen. Im Mai 2012 wurde er in Deutschland zu immer mehr Konzentvom SWR engagiert. Für die Schwetzinger rationseffekten in der Orchesterlandschaft Festspiele sollte er der Opernrarität „Rosa- kommt. Umso erfreulicher, dass de Vriend munde“ des Coburger Mozart-Zeitgenossen Anton Schweitzer zu neuem Leben ver- auf der künstlerischen Seite zuversichtlich helfen. De Vriend berichtet: „Selbst nach in die Zukunft blicken kann. So konnte er der Generalprobe haben wir noch Sachen für sein Netherlands Symphony Orchesändern müssen. Das war eine unglaubli- tra gerade erst eine Festivaleinladung nach che Aufgabe. Noch bei der Premiere waren Spanien entgegennehmen. Und für das wir Musiker eigentlich in einem Suchpro- nächste Großprojekt nach dem Beethovenzess. So etwas ist das Tollste, was man als Zyklus hat sich de Vriend bezeichnenderDirigent machen kann!“ Der Lohn für die- weise für eine Gesamtaufnahme der Sinfosen Mut waren begeisterte Kritiken, die Jan nien von Felix Mendelssohn Bartholdy entWillem de Vriend in Deutschland viel Auf- schieden. Warum Mendelssohn? „Das liegt mir wirklich sehr am Herzen. Viele denken: merksamkeit eingebracht haben. In den Niederlanden hingegen gestal- ‚Naja, Mendelssohn, das ist nicht so schwer, tet sich die Sache schwieriger: Neben einem das macht man mal eben schnell.’ Gar nicht hartnäckigen Finanzierungszwist zwischen wahr! Das ist unglaublich gute, reichhaltige Sinfonieorchester und Opernhaus der Stadt Musik!“ Zur Produktion von CD-Aufnahmen Enschede, droht nun auch die Orchesterim Allgemeinen hat de Vriend übrigens eine interessante MeiJan Willem de Vriends CDs nung: „Das Wichtigste bei solchen Einspielungen ist, den Mit dem Netherlands Symphony Orchestra ist de Vriend eine außergewöhnliche Gesamteinspielung Spannungsbogen zu bewahren. der Beethoven-Sinfonien gelungen. De Vriend geDas bekommt man nicht hin, lingt es, vor allem die umstrittenen Tempovorgaben wenn man ewig an einer AufBeethovens überzeugend und ausdifferenziert zu nahme herum montiert und handhaben. Ein extrem transparenter, hoch auflöjede Note einzeln korrigiert.“ sender Mehrkanalsound macht diese Sammlung Sein Credo ist deshalb zudem zum Klang-Highlight für Hifi-Enthusiasten. die „ehrliche“ Produktion mit einem Minimum an SchnittLudwig van Beethoven: „Complete Symphonies“. arbeit. Oder wie de Vriend es Mendelssohn: „Lobgesang“ erscheint am 26.10. formuliert: mit „Hunger, Lust, (beide Challenge Classics) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „Allegretto“ Drive und Interesse am Arbeiaus der „Sinfonie Nr. 7“ von Beethoven ten!“ n

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Eine Initiative der


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„Ich habe keine schöne Stimme“

Die Sopranistin Alexandrina Pendatchanska stutzte ihren Namen zu „Alex Penda“, und zeigt derzeit unter René Jacobs, wie sehr ihr die Zukunft gehören könnte. v on T e r e s a P i e s c h a c ó n R a p h a e l

Foto: Wilfried Hösl; Mat Hennek

Newcomer

Alex Penda auf der Bühne und privat.

Liebe Frau Penda, verraten Sie uns, wie und wo Sie aufwuchsen? In einer Wohnung in Sofia mit meinen Eltern und meinen Groß­ eltern. Fast alle waren Musiker, meine Mutter (Valerie Popova) war Sängerin, mein Großvater Geiger und Dirigent und Gründer des Sofia-Philharmonieorchesters. In jedem Zimmer gab es ein Instrument. Meine Großmutter war Pianistin und Lehrerin, ich wuchs neben ihren Studenten auf und verbrachte auch viel Zeit in der Oper. Ich liebte die Kostüme, die Visagisten. Irgendwann wusste ich, dass ich mein Leben auf der Bühne verbringen würde. Es hätte gar keine Alternative gegeben? Nein. Für mich als Kind gab es keine andere Option. Nicht, dass ich darunter litt, ich liebte ja die Musik. Aber ich bin froh, dass meine Töchter, die hier in Paris in einem nicht kommunistischen System aufwachsen, mehr Optionen haben. Inwiefern hat der Kommunismus Ihre Kindheit geprägt? Oh, sehr, sehr! Mein Großvater väterlicherseits war in den Fünfzi­ gern einmal über Monate verschwunden und niemand wusste, wo er war. Er war interniert worden in einem Lager, eine Art Kon­ 32

zentrationslager. Als ich das hörte, fing ich an, mich für Politik zu interessieren. Als sich das kommunistische System um 1989 auf­ löste, dachte ich sofort an Emigration. Im Glauben, ich könnte die Welt ein bisschen verbessern, habe ich an vielen Demonstrationen teilgenommen. Und war sehr politisch engagiert. Mein Mann ist Journalist und auch das hat mich geprägt. Ihr Vater war angeblich Bass-Gitarrist einer Rockband. Konnte er Ihnen ebenfalls helfen in Ihrer Gesangskarriere? Seltsamerweise klingt meine Stimme mehr nach meinem Vater als nach meiner Mutter, die ja Sängerin war! Mein Vater war nicht nur ein Instrumentalist, er hatte auch einen Bass-Bariton, den er allerdings nie richtig hat ausbilden lassen. Meine Eltern ließen sich scheiden und der zweite Mann meiner Mutter, ein Dirigent prägte mich in meiner musikalischen Laufbahn. Erinnern Sie sich an Ihren ersten Auftritt? Aber natürlich! Ich sang zum ersten Mal vor meiner Mutter, da war ich zwölf Jahre alt, und sie weinte. Meinen ersten richtigen Auftritt hatte ich mit siebzehn, da sang ich zum ersten Mal vor www.crescendo.de

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und begann erst zu komponieren, wenn er den Sänger hatte singen hören. Mozart kann Sie nicht mehr hören, dennoch: wie sieht das Kleid der Arminda aus „La finta giardiniera“ aus? Es passt, ich fühle mich stimmlich wohl bei Mozarts Musik und finde es traurig, dass man so selten gemeinsam mit einem Kom­ ponisten ein Kleid zuschneiden konnte. Mozarts Welt ist eine Welt der Zweideutigkeiten: Ironie, Perfidie, Sarkasmus stehen neben Momenten aufrichtiger Liebe und Sehnsucht. Wie schafft man die Balance? Das ist natürlich ein Teil seines großen Genies. Nur er kann dies und Shakespeare, der ebenfalls die ganze Tragik des Menschen darstellen konnte, in ähnlicher Ambiguität. Für mich als Interpretin, das muss ich zugeben, ist Mozart wohl der schwierigste Komponist. Zu realistisch aufgefasst könnten Mozarts Figuren vulgär geraten, zu idealistisch aufgefasst vielleicht zu rokokomarionettenhaft. Was tun Sie, um etwa Arminda menschlich wahrhaftig erstehen zu lassen? Arminda ist eine kapriziöse „spoiled woman“. Doch dahinter noch eine menschliche Natur zu erspüren und darstellen, das macht es schwierig. Weniger vokaltechnisch, eher psycholo­ gisch, interpretatorisch. Zu leicht für Kinder, zu schwer für Erwachsene sei die Musik Mozarts, sagte Arthur Rubinstein... Ja, ja. Wenn man nur die Partitur sieht, dann denkt man, das ist doch alles nicht so schwierig. Wenn man es aber dann inter­ pretiert, dann spürt man, wie viel zwischen den Zeilen ist. Das ist schwierig. Inwiefern ist der Dirigent, in diesem Fall ja René Jacobs, da eine Hilfe? Er ist ein wunderbarer Musiker mit dem ich schon seit Jahren arbeite. Er liebt das, was er macht, er widmet sich dem Werk mit großer Tiefe. Man kann ihm abso­ lut vertrauen. Wir bringen das Werk in einer höchst interessanten und originel­ len Instrumental-Fassung aus dem Prag der 1790er Jahre heraus. Im November werde ich übrigens dieselbe Partie bei der Neuproduktion der Oper an der Berliner Staatsoper im Schillertheater singen. n



JAHRE YEARS

einem Orchester. Eine wichtige Erfahrung, ich stand da in High-Heels in einer Halle vor viertausend Leuten. Ich war besorgt, dass mein Kleid gut sitzt, ich konnte noch nicht einmal über meine Stimme nachden­ ken. Mein Bewusstsein veränderte sich. Das ist komplex. Wir müssen als Musi­ ker an so vieles denken. Wir sind ja nicht alleine da, es ist Teamwork und daran muss man sich halten. Wenn einer versagt, dann kann die ganze Performance scheitern. Erst später begriff ich diese Verantwortung für meine Kollegen und für die vielen Men­ schen im Publikum. Es ist ja ein Austausch von Energien. Beiderseits. Könnten Sie Ihre Stimme in eigenen Worten beschreiben? Meine Stimme ist keine wirklich schöne Stimme. Sie sind die erste Sängerin, die das so unverblümt sagt! Ja, aber so ist es. Meine Stimme ist nicht geschmeidig, glatt oder engelhaft schön. Ich glaube, meine Stimme ist sehr expres­ siv, vielleicht reflektiert sie sogar das, was ich bisher persönlich erlebt habe. Ich kann mit meiner Stimme regelrecht spre­ chen, die Menschen zum Weinen und zum Lachen bringen, kann auch negative Gefühle damit sehr gut vermitteln. Ausdruck ist doch wichtiger als Schönheit, oder? Das hängt natürlich vom Geschmack ab. Ich bewundere Sänger, die eine lyrische schöne Stimme haben. Aber ich bin anders. Maria Callas ist heute auch nicht wegen ihres Schöngesangs bekannt, sondern aufgrund ihres Ausdrucks. Sie hatte den Mut zu schrillen, hässlichen Tönen! Ja, aber der Musikbetrieb hat sich geändert. Ich glaube, dass Maria Callas im heutigen Musikbetrieb das, was sie erreichte, so nicht mehr erreichen würde. Der Betrieb setzt auf Leichtigkeit, auf Glätte, auf Oberflächliches. Es geht darum, Sänger für wenige Jahre aufzubauen und schnell zu vermarkten. Dann aber ver­ schwinden viele wieder, oft dann, wenn sie erst wirklich gut werden. Meine Stimme gehört eben nicht zu den schönen glatten Stimmen, die ins Ohr gehen. „Die Arie sey einem Sänger so accurat angemessen, wie ein gutgemachts kleid“, sagte einst Wolfgang Amadeus Mozart

• Internationaler Gesangswettbewerb • Meisterkurs • Liedmeisterklasse • Konzerte

Alex Pendas neue CD Mozart schrieb seine Oper „La finta giardiniera“ einst für den Münchner Fasching – kein Wunder also, dass sich die Protagonisten, wie so oft, ein wildes Verkleidungs- und Verwirrspiel auf der Opernbühne liefern. Alex Penda singt die Armida mit energetisch-glühendem Sopran, ungebremst und forsch nach vorne. Die durchweg junge Sängerbesetzung harmoniert wunderbar mit René Jacobs rasch genommenen Tempi.

www.neue-stimmen.de

Wolfgang Amadeus Mozart: „La finta giardiniera“. Nicolas Rivenq, Sophie Karthäuser, Alex Penda, Jeremy Ovenden u.a., Freiburger Barockorchester, René Jacobs (Harmonia mundi) Track 3 auf der crescendo Abo-CD: „Vorrei punirti indegno“ aus „La finta giardiniera“ 33

Eine Initiative der


p e r s o n a l i e n

Foto: Peter Adamik

Thomaskantor Georg Christoph Biller mit Entertainer Harald Schmidt.

H a r a ld s chm i dt Harald Schmidt und der Thomanerchor mit seinem Thomaskantor Georg Christoph Biller erhalten in diesem Jahr den Internationalen Mendelssohn-Preis zu Leipzig. Der TV-Entertainer wird dabei in der Kategorie „Gesellschaftliches Engagement“ ausgezeichnet. In der Begründung heißt es, die Vermittlung klassischer Musik nehme in Schmidts Wirken, zum Beispiel im Fernsehen und am Theater, eine entscheidende Rolle ein. Zudem habe sich Schmidt mehrfach zu Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Sebastian Bach, zum Thomanerchor und zur Musikstadt Leipzig bekannt. Herausragend sei die Mendelssohn-Gala 2007 zum 80. Geburtstag für Kurt Masur gewesen, die Schmidt mit Sachverstand und großer innerer Anteilnahme für das Mendelssohnsche Erbe moderiert habe. In

der Kategorie „Musik“ geht der Preis – eine dreieinhalb Kilogramm schwere Bronzeskulptur – an den Thomanerchor. In seiner nunmehr 800 Jahre währenden Geschichte habe der Chor die Musikstadt Leipzig entscheidend geprägt und deren Geschicke mitbestimmt, hieß es zur Begründung. Die rege Konzerttätigkeit in der ganzen Welt habe den Chor zu einem Kulturbotschafter Leipzigs werden lassen. In jüngster Zeit fühlten sich die Thomaner dem Werk Mendelssohn Bartholdys verpflichtet, das regelmäßig in die Konzerte aufgenommen werde.

M enah em P ressl er Im Jahre 1939 floh er vor den Nazis aus seiner Geburtstadt Magdeburg und wurde Amerikaner. Nun wird der Pianist Mena-

hem Pressler laut einem Bericht von France Musique wieder Deutscher. Der heute 88-Jährige sei über die offizielle Versöhnung sehr glücklich, heißt es. Er bewundere das reiche kulturelle Erbe des Landes mit Komponisten wie Beethoven, Schubert und Mendelssohn. Pressler floh in Begleitung seiner Eltern und seiner beiden jüngeren Geschwister mit dem letzten Schiff über Triest nach Palästina aus Nazideutschland. Seine Karriere startete er nach dem 2. Weltkrieg 1946 mit dem Gewinn des Debussy-Wettbewerbs in San Francisco. 1955 hatte er mit dem aus Frankreich stammenden Geiger Daniel Guilet und dem Cellisten Bernard Greenhouse das weltbekannte Beaux Arts Trio gegründet.

kent nag a n o Die Spatzen pfiffen es bereits seit Wochen von den Dächern. Nun ist es offiziell: StarDirigent Kent Nagano tauscht die Isar mit der Elbe und wechselt von München nach Hamburg. Der 61-Jährige wird ab 2015 Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper. Ihm zur Seite steht der Schweizer Georges Delnon als Intendant und Mitglied der Geschäftsführung. Kent Nagano hat große Ziele: Er wolle Hamburg zu einer der großen Opernstädte der Welt machen, sagte er bei der offiziellen Vorstellung. Zudem steht ihm dann voraussichtlich eines der – so der Plan – zehn besten Konzerthäuser der Welt zur Verfügung. Die Elbphilharmonie würde er sich mit dem NDR-Sinfonieorchester und den Hamburger Symphonikern teilen – wenn sie denn mal fertig werden würde.

G e s t o r b e n

h erb er t R o send o r f e r

Foto: Beate Bentele

Lise lo tte Orff

Sie zeigte auch nach dem Tod ihres Mannes unermüdlichen Einsatz für dessen Werk. Liselotte Orff, die Witwe des Komponisten Carl Orff, ist im Alter von 82 Jahren am 19.

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September in Murnau am Staffelsee gestorben. Orff stellte Liselotte 1955 als AssistenEr war Staatsanwalt, Amtsrichter in Müntin ein und heiratete sie 1960. Sie regte, so chen und Richter am Oberlandesgericht. der Schott-Verlag, persönlich die Gründung des Orff-Zentrums in München an. So sei Vor allem aber war er Schriftsteller und proein international bedeutendes, der Erfor- funder Kenner der Opernszene: Herbert schung des Orffschen Schaffens gewidme- Rosendorfer. Rosendorfer wurde in Gries bei Bozen geboren. Er studierte zunächst tes Staatsinstitut entstanden. Liselotte Orff war nach dem Tod ihres Mannes 1982 tes- an der Akademie der Bildenden Künste in tamentarisch als Vorsitzende der Carl-Orff- München Bühnenbildnerei und wechselte Stiftung berufen worden und hatte bis 2008 1954 zur Juristischen Fakulät der Universiden Vorsitz der Stiftung inne. In ihrer bei- tät. „Briefe in die chinesische Vergangenheit“ war der größte Erfolg des Schriftstellers, der nahe ein Vierteljahrhundert währenden Amtszeit prägte die Witwe des Komponis- sich mit Werken wie „Salzburg für Anfänger“ oder „Richard Wagner für Fortgeschrittene“ ten die inhaltliche Arbeit der Stiftung und setzte sich in besonderer Weise für die Ver- auch in der Opernwelt einen Namen machte. breitung des musikdramatischen Schaffens „Ich könnte gar nicht anders, als weiterzuschreiben.“ Am 20. September starb der Südvon Carl Orff und des Orff-Schulwerks in tiroler 78-jährig in Bozen. aller Welt ein.

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hören & sehen •

Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Plus: Attila Csampai über seine neuen Favoriten (Seite 36) Porträt: zum 100. Geburtstag von John Cage (Seite 42).

Oper

Boder dirigiert Ligeti

Sex, Videotape, keine Lügen Schock, Ekel und Satire liegen nahe beieinander in György Ligetis „Le Grand Macabre“. In der Tradition des absurden Theaters eines Alfred Jarry und seines „Roi Ubu“, treffen Fäkalien auf Liebespaare und Weltherrschaftsphantasien auf Endzeitspiele. Die katalanische Theater- und Aktionstruppe La Fura dels Baus hat aus Ligetis zum Klassiker des Musiktheaters des 20. Jahrhunderts gewordener Opernfantasie ein mit allerlei technischen Hilfsmitteln furios umgesetztes Spektakel inszeniert, das bereits in vielen Städten Europas zu sehen war. Der DVD-Mitschnitt aus dem Liceu in Barcelona wartet mit einer soliden Sängerriege auf, aus der die koloraturfabulierende Barbara Hannigan und der charaktersichere Chris Merritt herausragen. Michael Boder bringt die anspielungsreiche und makaber-verspielte Partitur mit den Kräften aus Barcelona fesselnd zum Klingen und die übergroße, kriechende Frauenfigur, die das Bühnenbild darstellt, ist Blickfang, Projektionsfläche und offenbart nach und nach ihr Innenleben. US

György Ligeti: „Le Grand Macabre“, Chris Merritt, Inés Moraleda, Ana Puche, Werner Van Mechelen, Frode Olsen, Michael Boder (Arthaus)

Foto: Antoni Bofill

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h ö r e n & s e h e n

Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai

von Bachs Planetarium bis Beethovens Menschenliebe Welche CDs der Meister der Rezension für diesen Herbst empfiehlt.

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er engere Kanon der grossen Meisterwerke ist unsterblich und auf wundersame Weise immun gegen die Zeitläufe, fordert uns ständig heraus mit seinem unerschöpflichen Potenzial humaner Energie: Jede Zeit, jeder Interpret muss neue Türen öffnen. Glenn Gould, der im Herbst 80 geworden wäre, hat Bachs „Goldbergvariationen“ zweimal eingespielt, gewissermaßen als Alpha und Omega seiner künstlerischen Existenz, und beide Male Gültiges geschaffen. JOHANN SEBASTIAN Bach: „Das Wohltemperierte Klavier“ András Schiff (ECM)

András Schiff, Ungarns bedeutendster Pianist, hat sich jetzt einer noch größeren Herkulesaufgabe gestellt, und nach 25jähriger Bedenkzeit erneut alle 48 Präludien und Fugen des „Wohltemperierten Klaviers“ auf einem modernen Flügel eingespielt, und dies mit einer geradezu abweisenden Klarheit und rigorosen Deutlichkeit, die Goulds und Guldas vormalige Referenzen als geradezu „freundlich“ erscheinen lässt. Dabei ist es nicht nur sein äußerst dosierter Pedaleinsatz, der manchen irritieren dürfte, sondern sein in zahlreichen Stücken praktizierter toccatenhaft-perkussiver Anschlag, der Bartók vorschwebte, und der mit kompromissloser Strenge das komplexe polyphone Geflecht dieses Gesetzeswerks des Kontrapunkts verdeutlichen und uns zugleich den nötigen Respekt davor abtrotzen will. Schiffs Bach klingt unbequem, scharf fokussiert, essentiell, und zwingt zum konzentrierten Zuhören. Wer dem Druck standhält, wird reich und ehrlich belohnt: Man bekommt einen nachhaltigen Eindruck von den Bewegungen des Universums und von der höheren Ordnung des menschlichen Geistes. Ludwig van Beethoven: „Klavierkonzerte Nr. 1 & 3“ Mahler Chamber Orchestra, Leif Ove Andsnes (Sony)

Mit Beethoven die ganze Welt „erobern“ will dagegen der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes. Mit dem Mahler Chamber Orchestra begibt er sich auf eine Dreijahrestournee durch 36

50 Städte, wobei er in einem ständigen „Lernprozess“ seinen eigenen interpretatorischen Weg zu den Klavierkonzerten finden will. Ausgangspunkt dieser „Beethoven Journey“ war das Prager Rudolfinum, wo Andsnes die Konzerte Nr. 1 und Nr. 3 vom Flügel aus dirigierte, und diese Aufnahme bezeugt jetzt schon den demokratischen Geist und die kammermusikalische Interaktion zwischen allen Beteiligten. In beiden Konzerten beschwört Andsnes vor allem die spirituellen Kräfte von Beethovens Musik, indem er als nobler „primus inter pares“ eintaucht in ein feinmaschiges Netz freier, atmender Dialoge zwischen Gleichen. Mit flüssigen Tempi findet er eine ideale Balance zwischen kontrollierter Präzision und der strömenden großen Linie, so dass hinter Beethoven der große Idealist erkennbar wird. Franz Schubert: „Streichquartette Es-dur D.87 und G-dur D.887“ Cuarteto Casals (Harmonia mundi) Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Adagio“ aus dem „Streichquartett Nr. 10“

Neben Andsnes gezähmtem Beethoven wirkt die energiegeladene Deutung des letzten Schubert-Quartetts durch das spanische Cuarteto Casals wie ein Fanal des inneren Aufruhrs. Auf seinem ersten Schubert-Album hat die 1997 gegründete Formation Schuberts spätes, exzentrisches G-DurQuartett (D 887) mit dem frühen Es-Dur-Quartett (D 87) gekoppelt, und so den Horizont einer schier unglaublichen Entwicklung aufgespannt. Das Cuarteto Casals spielt wie aus einem Guss, intoniert lupenrein, und besticht vor allem durch seine dunkle Sinnlichkeit, seinen orchestralen Furor und eine gestalterische Intelligenz, die die Brüche und die unfassbare Modernität des G-DurQuartetts nicht nur als geistige Übung, sondern als erschütternde Herzenserfahrung erlebbar machen. Felix Mendelssohn Bartholdy, „Violinkonzert d-moll; Doppelkonzert d-moll u.a.“ Thomas Albertus Irnberger, Edoardo Torbianelli, Israel Chamber Orchestra, Roberto Paternostro (Gramola) Track 2 auf der crescendo Abo-CD: „Andante“ aus dem „Konzert für Violine und Orchester d-Moll“ www.crescendo.de

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I m p r e ss u m Verlag

Leidenschaftlicher Einsatz prägt auch die neueste, bereits 21. CD des jungen österreichischen Geigers Thomas Albertus Irnberger. Mit dem instinktsicheren Israel Chamber Orchestra unter Roberto Paternostro hat der 27jährige Salzburger zwei unbekannte Konzerte des komponierenden Teenagers Felix Mendelssohn eindringlich wiederbelebt: Mit 13 schrieb dieser sein d-Moll-Violinkonzert, das noch stark von diversen Vorbildern geprägt ist, während das ein Jahr später, 1823, entstandene Doppelkonzert für Violine und Klavier einem schöpferischen Vulkanausbruch gleicht. Dieser frühreife Geniestreich ermuntert Irnberger und den italienischen Fortepianospieler Edoardo Torbianelli (auf seinem perfekt restaurierten Bösendofer von 1845) zu wahrlich furiosen musikalischen Interaktionen, die auch im historisierenden Klangbild aufgeladene „romantische“ Atmosphäre und drängende Sehnsucht verbreiten, und so die unglaubliche Kreativität dieses noch immer unterschätzten Komponisten offenlegen.

Port Media GmbH, Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-(0)89-741509-0, Fax: -11 info@crescendo.de, www.crescendo.de Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring

Herausgeber Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de

Geschäftsführung Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de Hans-Jürgen Kuntze | kuntze@crescendo.de

Verlagsleitung Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de

Chefredakteur Robert Kittel (RK, verantwortlich)

REdaktion Anna Novák (AN); Klaus Härtel (KH)

Art director Stefan Steitz

Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón ­Raphael, Christoph Schlüren (CS)

Edvard Grieg: „Klavierkonzert a-moll“, Antonin Dvořák, „Klavierkonzert g-moll“ Svjatoslav Richter, Moscow State Symphony Orchestra, Kirill Kondraschin, Prague Symphony Orchestra, Vaclav Smetacek (Praga Digitals)

Auch in den Archiven schlummern musikalische Sprengsätze: Von Russlands Klavierikone Svjatoslav Richter (1915-1997) gibt es zwar unzählige Aufnahmen, aber kaum eine von Griegs Klavierkonzert. Das Label Praga hat jetzt einen sensationellen Moskauer Mitschnitt dieses Klassikers aus dem Jahr 1964 in bester, digital restaurierter Stereo-Qualität wieder aufgelegt, der die extreme Ausdrucksskala und die furchterregende Gestaltungsmacht dieses Ausnahmepianisten in erschütternder Weise wieder aufleben lässt: So gefährlich, so energisch-entschlossen, so vehement und stringent erklang dieses Schlachtross noch nie, und allein die Kadenz hat Shakespearesche Dimensionen. Und dazu gibt es einen ähnlich suggestiven Prager Mitschnitt des selten gespielten Dvořák-Konzerts, für das sich Richter nachdrücklich einsetzte. In beiden Fällen verblassen schnell alle alten Referenzen. Bedřich Smetana: „The Bartered Bride“ BBC Symphony Orchestra, Jiří Bělohlávek (Harmonia mundi)

Mit einer britischen Rundfunkproduktion der populärsten tschechischen Oper will ich schließen: Im Londoner Barbican Center hat Jiří Bělohlávek mit dem BBC Symphony Orchestra Smetanas „Verkaufte Braut“ in tschechischen Original produziert, und damit zum Ende seines sechsjährigen Intermezzos als „principal conductor“ einen echten Höhepunkt gesetzt. Der ungemein frische, jugendliche Schwung der Aufführung verdankt sich nicht nur Bělohláveks böhmischer Musizierfreude und seinen schnellen, biegsamen Tempi, sondern der exzellenten, mit lauter jungen tschechischen und slowakischen Vokalkräften aufwartenden Besetzung, die für „authentisches“ Flair sorgen und mit großem Herzenseinsatz den ursprünglichen böhmisch-folkloristischen Charakter dieser tschechischen Nationaloper wiederherstellen: Da sie hierzulande praktisch nur in deutschsprachigen Versionen bekannt ist, setzt diese Rückkehr zum Original ein klares Signal zur Wiederherstellung ihres wahren Charakters. Das fremde Idiom verleiht Smetanas wunderbarer Musik zudem einen ganz neuen Glanz des Echten, des frei Beweglichen, des ZärtlichBeseelten: Sie gewinnt hier ihren ursprünglichen Zauber wieder zurück.

Kolumnisten Pascal Morché, Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod

Mitarbeiter dieser Ausgabe Martin Morgenstern (MM), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Malve Gradinger (GRA), Michael Sellger, Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Klaus Härtel (HÄ), Dagmar Penzlin (DP), Anna Hermann (AH), Natalia Werdung (NW), Michaela Schabel (MS), Clemens Matuschek (CM), Hartmut Krafczyk, Carla Neumann (CN), Alexander Busche & Bob Coat.

Projektleitung plus regional Liselotte Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de

Verlagsrepräsentanten Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Kulturbetriebe: L. Richter-Lux | richter-lux@crescendo.de Hifi & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de Marke: Dirk Struwe | d.struwe@crescendo.de Verlage: Hans-Peter Reiter | reiter@crescendo.de

Auftragsmanagement Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de Anna Hermann | hermann@crescendo.de

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 15 vom 01.09.2011

Druck Westermann Druck Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

Erscheinungsweise crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert­häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei­träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.

Abonnement Das crescendo premium-Abo umfasst sieben Ausgaben, inklusive­„crescendo Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende premium-CDs und kostet 49,90 EUR pro Jahr inkl. MwSt. und Versand (Stand: 1.1.2011) Versand ins Europ. Ausland: zzgl. EUR 3,- je Ausgabe Bank-/Portospesen Zahlung per Rechnung: zzgl. EUR 5,- Bearbeitungsgebühr. Kündigung: nach Ablauf des ersten Bezugsjahres, jederzeit fristlos. Abo-Service crescendo, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen Telefon: +49-89-8585-3548, Fax: -362452, abo@crescendo.de Verbreitete Auflage: 70.080 (laut IVW-Meldung 2/2012) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält (Teil-)Beilagen von remember, ECM, Zeit Kunstverlag GmbH & Co. KG, Berliner Philharmoniker.

Das nächste crescendo erscheint Am 30.11.2012

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Foto: Yvonne Zemke / Sony Classical

h ö r e n & s e h e n

Martin Stadtfeld: „Mendelssohn“ (Sony Classical)

Martin Stadtfeld

Adrenalin-Kick gefällig? Sonderbar, dass Mendelssohns g-Moll-Klavierkonzert bisher relativ unbekannt geblieben ist - ist es doch ein brillantes, hochvirtuoses Werk, das die Wertschätzung aller Klavierenthusiasten verdient. Nun bildet es das Herzstück auf der neuen MendelssohnCD Martin Stadtfelds. Ohne Umschweife legt Stadtfeld ungestüm los, hervorragend unterstützt durch das Orchester Academy of St Martin in the Fields unter der Leitung von Sir Neville Marriner. Im Finale wird der Zuhörer mit waghalsigem Tempo und Gewitzheit

Renaud Capuçon

Esprit und Leidenschaft

Solo

Ich bekenne, ein Sammler ungewöhnlicher (meist fremdsprachlicher) Aufnahmen der „Winterreise“ zu sein - freilich ohne die Aussicht, den Zyklus je selbst singen zu können. Der Geiger Renaud Capuçon dagegen hortet Aufnahmen des Violinkonzerts op. 77 von Johannes Brahms. Sein Liebling: eine Einspielung des Franzosen Christian Ferras mit den Wiener Philharmonikern, die vor beinahe sechzig Jahren entstand. Und sein Traum: seit er 17 war, wollte er der nächste Franzose sein, der mit den Wienern auftritt. Bitteschön! Das Violinkonzert von Alban Berg suchte man in der Diskografie der Wiener bisher vergebens, also hat Capuçon das auch gleich noch mit abgehakt. Seine Interpretationen sind leidenschaftlich expressiv, der Ton opulent-saftig, die Intonation nicht immer ganz rein. In der Kreisler-Kadenz hört man den Solisten gar leise stöhnen. Aber so sind sie, die Franzosen - n‘est-ce pas? Ein leidenschaftlicher Kontrapunkt zu den technisch perfekten, bis zur Langeweile desinfektionierten Einspielungen unserer Zeit. MM

„Brahms, Berg: Violin Concertos“ Renaud Capuçon, Wiener Philharmoniker, Daniel Harding (Virgin Classics) 38

bis zum Ende mitgerissen. Nach all der Lebensfreude schlägt Stadtfeld mit den „Variations sérieuses“ einen ernsteren Ton an und rundet die CD mit einer Auswahl der „Lieder ohne Worte“ ab, die dank seines angenehm unsentimentalen Spiels im neuen Licht erscheinen. Auf der Bonus-CD kommen die Fans seiner BachInterpretationen auf ihre Kosten: Neben der „Erinnerung“ von Schumann spielt der Pianist drei Bach-Choräle auf seine gewohnt erfrischende Art. MNN

André Navarra

Unwiderstehlich

Wie die Sonaten und Partiten für die Geige, so sind die 6 Suiten für Cello solo der Werkzyklus, in welchem jeder Cellist seine wahren musikalischen Qualitäten wie in einem objektiven Spiegel offenbart. Pablo Casals’ Aufführungen wurden berühmt als improvisatorische Erzählungen. André Navarra (1911-88) folgte ihm mit ähnlich fesselnder Nuancierungskunst nach, freilich mit klarerer Ausrichtung und Sinn für größere Zusammenhänge. Legendär wurde sein „unendlich singender Bogen“, und sein Spiel überträgt eine unwiderstehliche, sehnige Intensität. Technisch-tonlich ohnehin ein Vorbild über die Zeiten hinweg, entfacht Navarra einen nie abreißenden Kraftstrom von balancierter Leidenschaft, und die für Bach so bezeichnende Gleichzeitigkeit von Freiheit und Disziplin kommt zur unmittelbaren Aussprache. Diese Aufnahmen des Tontechnik-Pioniers Georges Kisselhoff sind auch eine audiophile Sensation. Zeitlose Referenz! CS

Johann Sebastian Bach: “6 Suiten für Violoncello solo” André Navarra (Calliope)

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Händel: Alessandro

Alte Musik

Musica Alta Ripa

Barockes Arien-Feuerwerk

Abseits der ausgetretenen Pfade

George Petrou, Händel-Experte, macht seinem Ruf mit der neuen CD-Einspielung „Alessandro“ alle Ehre. Das Orchester umschmeichelt die Stimmen, akzentuiert und kontrastiert deren Koloraturexplosionen, führt stimmliche Klangfarben und Melodiebögen instrumental weiter, immer im präzisen Dialog mit den Sängern. Max Emanuel Cencic, einer der weltbesten Countertenöre, ist mit seinem unangestrengten, lyrisch orgiastischen Koloraturen für die Rolle des Alessandro prädestiniert. Er zeichnet ihn nicht als hochmütigen Herrscher, sondern schmerzhaft, als von Gefühlen hin- und hergerissenen Liebenden. Kein Wunder bei dem Schmelz der beiden ihn umschmeichelnden Stimmen der 22-jährigen russischen Senkrechtstarterin Julia Lezhneva (Rossane) und der kanadischen Sopranistin Karina Gauvin (Lisura). Beide betören durch innige Zartheit, subtilste Klangdifferenzierungen, schwungvolle Phrasierungen. Mit 22 Arien und zwei Duetten zündet Händels letzte Oper als barockes ArienFeuerwerk. MS

Das Leben - und besonders das Ende - des französischen Komponisten und HändelZeitgenossen Jean-Marie Leclair (1697-1764) böten den Stoff für einen spannenden Historienfilm. In Lyon, seiner Heimatstadt, heiratete er eine bekannte Tänzerin des lokalen Opernhauses mit dem klingenden Namen MarieRose Cas-thanie. Nach ihrem Tod bändelte er mit einer jungen Notenstecherin an, die seine zweite Frau wurde; aber auch mit Anna von Oranien, einer Schülerin Händels, sollen ihn zarte Bande verknüpft haben. Wie auch immer - im Alter von 67 wurde der erfolgreiche Geiger und Komponist hinterrücks gemeuchelt. Sein Neffe wurde verdächtigt, seine Ex-Frau, auch missgünstige Musikerkollegen; aufgeklärt wurde der Mord nie. Erhalten geblieben sind uns jedoch fast einhundert Sonaten, Concerti und Suiten, von denen das Hannoveraner Ensemble „Musica Alta Ripa“ nun vier besonders raffinierte ausgewählt und auf einer neuen CD versammelt hat. MM

Georg Friedrich Händel: „Alessandro“. G. Petrou, M. E. Cencic, J. Lezhneva, K. Gauvin, Armonia Aeterna, G. Petrou. (Decca)

Antonio Maria Bononcini

Anmut und Virtuosität

Inszenierte Extreme

CN

„Concerti von Telemann, Pfeiffer und Graun“, Hille Perl, Freiburger Barockorchester (deutsche harmonia mundi)

spektakuläre Barock-Oper mit 5 Countertenören 3 CDs & download

Jean-Marie Leclair: “Récréations de Musique“ Musica Alta Ripa (MDG)

Hille Perl & Freiburger Barockorchester

Hille Perl ist eine Meisterin der Viola da Gamba. Jenem fast vergessenem Streichinstrument, auch als Gambe bekannt, das mit dem Siegeszug der historischen Aufführungspraxis eine Renaissance erfuhr. Auf ihrer neuen CD spielt Hille Perl Werke aus der späten deutschen Blütezeit des Instruments. Konzerte von Telemann, J. G. Graun und des in Weimar, Berlin und Bayreuth wirkenden Johann Pfeiffer sowie Solostücke von Carl Friedrich Abel. Hille Perls weicher, stets ausdrucksreicher Ton entlockt den Werken eine klangliche Dimension, die Anmut und Virtuosität selbstverständlich erscheinen lässt und den Hörer unmittelbar zu ergreifen versteht. Es ist Musik, die erst wieder zum Leben erweckt werden musste, weil ihre Aufführungstradition nicht vorhanden ist. Gemeinsam mit ihren einfühlsam interagierenden Kollegen des Freiburger Barockorchesters hat Hille Perl hier eine CD vorgelegt, die Telemanns Diktum „Gib jedem Instrument das / was es leyden kann / So hat jeder Spieler Lust / du hast vergnügen dran“ mehr als gerecht wird.

WELT-ERSTEINSPIELUNG

Antonio Maria war der jüngere Bruder des besser bekannten Giovanni Battista Bononcini. Komponisten, denen vor allem die Vertreter historischen Musizierens in Italien ihre Aufmerksamkeit schenken. Einer ihrer umtriebigsten Entdecker ist zweifelsohne Rinaldo Alessandrini, der mit seinem exzellenten Concerto Italiano nicht nur viele Opern des Barock wieder gehoben hat, sondern seine Aufmerksamkeit stets auch der vokalen Kirchenmusik geschenkt hat. Nicht oft gelingen Funde wie mit Bononcinis unkonventionellen „Messa a cinque concertata“, die auf ganz eigene Weise deutsche Kontrapunktstrenge mit italie-nischem Melodienfluss verbindet. Die virtuose Polyphonik, die Bononcini hier entfaltet, hat nichts verstaubt akademisches, sondern atmet vielmehr den frei dahin strömenden Lyrismus der italienischen Oper um 1700. Die acht Solisten sind exzellent, allen voran der vollmundige, wundervoll erdige Contraalt Sara Mingardos. Ihr Duett mit dem Countertenor Andrea Arrivabene, in dem die Extreme inszeniert sind, ist ein vokales Ereignis der Extraklasse. US

VINCI

ARTASERSE

JAROUSSKY | CENCIC | FAGIOLI BARNA-SEBADUS u.a. | FASOLIS

ARTASERSE im Konzert Wien 20.11. Lausanne 23.11. Lausanne 25.11. Köln 17.12. Köln 19.12. Köln 27.12.

Antonio Maria Bononcini: „Messa a cinque concertata & Stabat mater“, Concerto Italiano, R. Alessandrini (naïve) Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „Cum sancto spiritu – Amen“ aus der „Messa“ 39

www.philippe-jaroussky.de www.max-emanuel-cencic.de


h ö r e n & s e h e n

Boulanger Trio

Zwischen eisigem Wind und Vogelgezirp Mit ihrer vierten CD „Canto perpetuo“ präsentieren die drei Ausnahmemusikerinnen, Karla Haltenwanger (Klavier), Birgit Erz (Violine) und Ilona Kindt (Cello) Musik, die zutiefst die Seele berührt. Die Auswahl der Stücke, hervorragende Klangqualität und extrem subtile Interpretation lassen aufhorchen. Gleichsam energisch und poetisch entspinnt sich in den „Episodi e Canto perpetuo“ des lettischen Komponisten Peteris Vasks (*1946) ein polarer Klangdialog. Zwischen eisigem Wind und Vogelgezirp pulsiert das Leben zwischen kafkaesker Einsamkeit und Schöpfungspoesie à la Olivier Messiaen. In Schostakowitschs allererstem Trio in c-Moll op. 8, noch geprägt von Stummfilmdramatik, entdeckt das Trio zarte Liebesromantik und ungestümes Frühlingserwachen. Im Trio. 2 in e-Moll klingt zwischen folkloristischer Fröhlichkeit die tiefe Innerlichkeit Schostakowitschs durch. Es ist ein Requiem für den verstorbenen Freund, mehr noch die hoffnungslose Traurigkeit des Holocaust. „Canto perpetuo“ ist Leben pur, trotz aller Dissonanzen wunderbar poetisch. MS

Foto: Irène Zandel

Kammermusik

Schostakowitsch, Vasks: “Canto Perpetuo”. Boulanger Trio (Profil) Antje Weithaas

Gelungenes Remake Wir leben in einer Zeit der Remakes, Sequels, der Neubearbeitungen erfolgreicher Stoffe und Konzepte. Wissen Sie, welcher „Ice Age“ Film gerade im Kino läuft oder wie viele Stories es über den fiktionalen Geheimagenten Jason Bourne inzwischen gibt? (Es sind zehn.) Für noble Kostverächter des Kommerzkinos sind solche Verwertungsketten natürlich höchst verdammenswert. Was hätten die im 19. Jahrhundert gelitten, als es noch gängige Praxis war, populäre Werke für den Hausmusikgebrauch, für kleinere Ensembles oder Klavier zu bearbeiten! Auch heute noch hängt Transkriptionen der Hauch der leisen Geringschätzung an. Warum eigentlich? Weil der göttliche Funke nicht originalgetreu gebritzelt hat? Fügt eine Neu-

fassung der Hörerfahrung eine interessante Facette hinzu, sollte man ihr immer eine Chance geben. Antje Weithaas‘ Transkription von Beethovens Streichquartett f-Moll Nr. 11 op. 95 überzeugt jedenfalls in der Interpretation der Camerata Bern; mehr noch die vom australischen Geiger Richard Tognetti erstellte Ensemblefassung der Kreutzer Sonate. MM

Ludwig van Beethoven: „String Quartet Nr. 11, Kreutzer Sonata“. Antje Weithaas, Camerata Bern (Avi) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: „Presto“ aus der „Kreutzersonate“

Valletta, die barocke Hauptstadt der Mittelmeerinsel Malta, öffnet

vom 09. – 26. Januar 2013

ihre historischen Theater, Kirchen und Paläste für Musikliebhaber aus aller Welt.

www.vallettabaroquefestival.com.mt


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Jazz

Nils Wülker

Gee Hye Lee Trio

Hirnbauchkunst

Lichtblicke

Eine Musikaufnahme ist wie der Versuch, Goethes Sehnsucht nach dem verweilenden Augenblick erlebbar zu machen – im Moment entstanden, für die Ewigkeit gemacht. Mit seinem siebten Album „Just Here, Just Now“ feiert Nils Wülker auch dieses Phänomen. Der klanggeniale Trompeter und Ausnahmekomponist ist ein Meister der Konzentration, des Wesentlichen. Seine einfachen, allerdings nie simplen Melodien klingen weit über den Moment des Erschaffens und Erfassens hinaus, haben noch als Erfahrung Bestand und wirken so tief, wie es eben nur die Herz-, Hirn- und Bauch-Kunst der Musik vermag. Mit seiner fabelhaften Band mit Arne Jansen an der Gitarre, Lars Duppler an Klavier und Hammond, Edward Maclean am Bass und Benny Greb am Schlagzeug, belebt Nils Wülker seine zehn originellen Eigenkompositionen zu musikalischen Geschichten. Immer wieder bilden sich dabei Bilder im Hinterkopf, etwa zu den stimmungsvollen „September Skies“, dem hymnisch optimistischen „Goodbye Sorrow“ oder den swingenden „Itchy Feet“ (was übrigens für Fernweh steht, wie Wülker in einem launigen, bei youtube einzusehenden Filmchen zum Album erklärt). „Just Here, Just Now“ ist ein Prachtstück, das seine Größe im Moment entwickelt, aber erst im Lauf der Zeit entfaltet. GB

“Just Here, Just Now” Nils Wülker (Ear Treat) Wolfgang Haffner

Groovige Herzensangelegenheit Ein neues Album von Wolfgang Haffner, dem vielleicht wichtigsten und sicherlich umtriebigsten Jazz-Drummer im Lande, ist ein Ereignis an sich. Wenn der gebürtige Oberfranke, dafür auch noch einen Haufen illustrer Musikfreunde einlädt, wird es umso interessanter. Eben weil Thomas Quasthoff, Götz Alsmann, Till Brönner oder der Sting-Gitarrist Dominic Miller mehr als nur Kollegen von Haffner sind, hält „Heart of the Matter“, was es verspricht. Haffners viertes Album für Act ist spürbar eine Herzensangelegenheit, die umso deutlicher jener Soundwelt auf den Grund geht, die Haffner schon auf seinen Vorgängeralben erkundet. „Heart of the Matter“ funktioniert dabei wie ein live gespieltes DJ-Set, ein Stimmungsmacher für die Ruhe vor dem Sturm. Immer wieder verweben sich Haffners grenzenlose Grooves mit den Melodien von Eythor Gunnarsson, den Vokalisationen von Thomas Quasthoff, Celine Rudolph oder Shovell, überall singen die Sounds ihr eigenes, schönes Lied. GB

„Heart of the Matter”, Wolfgang Haffner (ACT) Caroll Vanwelden

Shakespeare meets Jazz Ja, es gibt auch belgischen Jazz! Ein gutes Beispiel ist Caroll Vanwelden. Die Sängerin und Pianistin wagt sich mit Thomas Siffling an der Trompete, Markus Faller am Schlagzeug und Mini Schulz am Bass auf ungewöhnliches Terrain: Die Vertonung von 16 Sonetten von William Shakespeare. Nun mag der Eine oder Andere sagen: „Das braucht es nicht!“ Und ich hätte ihm recht gegeben, aber: Die Absolventin der Londoner Guildhall School of Music & Drama erreicht mit cleveren Arrangements eine abwechslungsreiche Mischung: von sanft bis druckvoll, lieblich bis bösartig – alles ist dabei, jedes Sonett hat seinen eigenen „Ton“. Und man bemerkt ganz nebenbei, was für ein hervorragender Dichter, respektive Librettist Shakespeare war. Alles in allem eine wunderschöne europäische Jazzplatte! AH

„Die Würde des Virtuosen beruht daher lediglich auf der Würde, welche er der schaffenden Kunst zu erhalten weiß: Vermag er mit dieser zu tändeln und zu spielen, so wirft er seine eigene Ehre fort.“ Dieses Zitat, ausgerechnet von Richard Wagner, sollte sich manch zirkusakrobatischer Pianobeherrscher auf die Handrücken tätowieren, um es immer dann vor Augen zu haben wenn er seine Fingerfertigkeit über den musikalischen Ausdruck stellt. Gee Hye Lee allerdings lebt es. Der in Südkorea geborenen, in Stuttgart und an Berklee ausgebildeten Jazzpianistin gelingt es, ihre Anfänge in der Klassik, die Erfahrungen im Soul und die fundierte Jazz-Ausbildung zu einem virtuosen, sehr eigenen und hochgradig musikalischen Klavierspiel zu verschmelzen. Mehr denn je auf „Lights“, ihrem dritten Album, eingespielt in einem wunderbaren Trio mit Jens Loh am Bass und Sebastian Merk am Schlagzeug. Neben der gezähmten Virtuosität begeistern dabei vor allem auch ihre eigenen Melodien, etwa die der Ballade „Double You“ oder des Openers „Walking In The Park (With Bap)“, der bei all seiner Kraft eine herrliche Ruhe bewahrt. Am besten kommen ihre Qualitäten allerdings vielleicht bei „Leuchtturm“ zum Ausdruck. Das gut zehnminütige Pianosolo, bei dem nur in der letzten Minute ein wenig Percussion hinzukommt, ist sogar noch im strahlenden Kreis von „Lights“ ein Lichtblick. GB

„Lights“ Gee Hye Lee Trio (HGBS)

K R E F E L D

03.+04.11.2012

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Caroll Vanwelden „Sings Shakepeare Sonnets“ (Jazz‘n‘arts) 41

Infos: www.aaanalog.de


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Zum 100. Geburtstag von John Cage

Weisheit, die bis heute wirkt

Foto: Susann Schwartzenberg

Komponist Cage liebte nicht nur Alltagsgeräusche.

ohn Cage stürmt von drauSvoboda hat Cage persönlich ßen in die Küche, seine beiden getroffen. So wie der Pianist AleHände umfassen viele kleine xei Lubimov, ein russischer CagePilze. Er lächelt weiter versonnen, Pionier, und die Stimm-Künstlerin als er seinen Fund routiniert bürsNatalia Pschenitschnikova. Beide tet, klein hackt, anbrät und mit frizehren bis heute von den Begegschen Kräutern würzt. Nicht nur nungen mit dem Avantgardeeine kulinarische Komposition, sondern für den Mann in der obli- Revolutionär in Moskau und in New York vor über 20 Jahren. Zu gatorischen blauen Arbeitsjacke auch ein Eintauchen in Klänge. seinem 100. Geburtstag veröffentlichte das Gesangsduo eine CD mit Cage liebte Alltagsgeräusche, adelte sie, wie etwa in seiner frühen Klavierstücken und Songs aus den 1930er- und 1940er-Jahlegendären Komposition 4’33’’: Viereinhalb Minuten Stille, die die ren – eine ganz andere Klangwelt als in den späteren Arbeiten: Mal Ohren für den Sound im Konzertsaal und außerhalb öffnet. Der zaubern endlose Melodieschleifen impressionistisches Flair, dann überzeugte Zen-Buddhist ließ sich selbst von allem, was ihn umgab, klickern Töne des präparierten Klaviers, als ob sich ein Gamelaninspirieren, um es sogleich im Mahlwerk seiner künstlerischen Orchester warm spielt. Und Worte verwandelt Cage in Lautketten. Grundprinzipien zu versenken und zu befreien von seinem eigenen Der US-amerikanische Allround-Künstler widmete die meiste Unterbewusstsein. Dabei halfen Grundprinzipien wie die Arbeit mit Zeit dem Komponieren, doch ebenso hinterließ er als Maler, Lehrer Zufallsverfahren oder der Einsatz von definierten Zeitspannen, in und Schriftsteller Spuren. Wie er seine Musikphilosophie in Worte denen der Interpret selbst entscheiden kann, was er wie macht mit fasst, besitzt eine eigene Poesie. Legendär: Cages Vortrag zur „Unbeder Komposition. Das alles zeigt der Film „Journeys in Sound“ in stimmtheit“ – „Indeterminacy“, der mitten hineinführt in seine Momentaufnahmen. Die Dokumentarfilmer Allan Miller und Paul Ästhetik. 90 kleine Geschichten kreisen um das Thema. Grandios Smaczny haben zudem Cages ehemalige Weggefährten und heutige erstmals auf Deutsch gelesen von Joachim Król, in Zufalls-KomInterpreten seiner Werke gefragt, inwiefern das eigenwillige Schaf- bination mit Klavier und Tonspur. Oder nachzulesen in der neu fen dieses Komponisten bis heute die Musikwelt beeinflusst. Ein erschienenen Anthologie „Empty Mind“ von Schlüsseltexten zu kurzweiliger Mix von historischem Filmmaterial aus Millers frühe- Cages Leben und Werk. So formulierte schon der 15-jährige John ren Cage-Porträts und neuen Begegnungen. in einem Schulaufsatz Gedanken, die später typisch für seine weltofSo begleiten Miller und Smaczny auch den Pianisten Steffen fene, unorthodoxe Haltung sein sollten. Schleiermacher in den Baumarkt, wo er Schrauben und andere „Jetzt sehe ich aus wie ein weiser Japaner“, lacht John Cage in metallene Kleinteile kauft, um seinen Flügel zu präparieren, ganz Frank Scheffers Film, nachdem er eine seiner Überzeugungen in kurnach den Anweisungen von John Cage. Dessen Stücke zen Sätzen druckreif beschrieben hat. „How to Get Out of the Cage“ gehören zu Schleiermachers Spezialitäten, wovon eine führt tief hinein in Cages Musikphilosophie. Scheffer vielfach preisgekrönte Gesamtaufnahme der Klavierhat ihn 1987 ein Jahr lang zu Projekten begleitet und werke zeugt. Als Spezial-Edition zum 100. Geburtstag viele grundlegende Aussagen eingefangen. Interessant des Komponisten am 5. September dieses Jahres insbesondere für Cage-Einsteiger. Dagmar Penzlin veröffentlichte das Label MDG eine 3-CD-Box: John Cage: Journeys in Sound (DVD oder Blu-ray accentus music) Pianist Schleiermacher trifft hier im Cage-DiaJohn Cage: Voice & Piano / Trombone & Piano / Violin & Piano (MDG) log auf die Vokalistin Anna Clementi, den Geiger John Cage: Indeterminacy (Oehms Classics) Andreas Seidel und den Posaunisten Mike SvoJohn Cage: Empty Mind. Eine Auswahl poetischer Texte (Bibliothek Suhrkamp) boda. Stille strukturiert gerade die hier versamJohn Cage: How to Get Out of the Cage. A year with John Cage (EuroArts) melten Spätwerke und macht einzelne Klänge oder Klangfolgen John Cage: As it is (ECM New Series) plastisch. 42

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Tanz

Jiři Kylián

Die Mondprinzessin Fernöstlich inspirierte meditative und westlich virtuose Tanz-Bewegung, magisches Licht und geometrisches Schattenspiel, sanfte japanische Flöten, höfisch-herbe Gagaku-Musik und wilde Rhythmusgebung aus traditionellen Kodo-Trommeln und zeitgenössischem Schlagwerk – so gelingt Modern-Dance-Meister Jiří Kylián, Komponist Maki Ishii und Bühnen-Licht-Designer Michael Simon eine subtile szenische Umsetzung des alten japanischen Märchens „Kaguyahime“. Diese „Mondprinzessin“, als Kind von ihren Eltern auf der Erde ausgesetzt und bei ihrem Ziehvater, einem Bambussammler, zur geheimnisvollen Schönheit herangewachsen, provoziert ungewollt die Werbung von Edelleuten und König und letztlich tödliche Auseinandersetzungen. Wer sich Zeit nimmt für diese Mond-ErdeTanzmetaphorik zwischen der in extrem verlangsamter Bewegung versunkenen Mondfrau, den leidenschaftlichen Bewerbern und den folkloristisch dörflichen und kämpferischen Szenen, wird von Kylián und dem Nederlands Dans Theater fasziniert sein. GRA

Jiří Kylián: „Kaguyahime – The Moon Princess“ Nederlands Dans Theater, The Circle Percussion Ensemble (Arthaus) Thierry Malandain

Foto: Olivier Houeix

Magifique! Thierry Malandain, seit 1998 unermüdlich für sein Malandain Ballet Biarritz kreierend, vertanzte 2009 für sein „Magifique“ die Tschaikowsky-Orchestersuiten zu „Dornröschen“, „Schwanensee“ und „Nußknacker“. Im Making-of-Teil der DVD möchte der Choreograph sein Ballett als Spiegelung von Assoziationen zu Kindheit und Erwachsenenalter (eines Tänzers?) gesehen haben. Gewiss arbeitet er mit viel beturnten Exercice-Stangen und das Tanzgeschehen illusionistisch verdoppelnden Ballett-Spiegeln. Hie und da blitzen wohl auch Anklänge an die betreffenden Ballett-Versionen von Marius Petipa auf: „Die vier kleinen Schwäne“ als skurriles Männer-Quartett oder die charakteristischen Schwanen-Arme. Aber insgesamt erlebt man den „Dreiteiler“ eher als abstrakte Szenenfolge in einem durchgehend zwar akrobatisch überhöhten, aber bei Malandains begrenztem neoklassischmodernem Vokabular doch relativ monotonen Stil – der immerhin von seinem bewundernswert homogenen Ensemble wohltrainiert-ästhetisch präsentiert wird. GRA

Thierry Malandain: „Magifique – Tchaikovsky Suites“, Malandain Ballet Biarritz (Arthaus)

Jiři Kylián

Schwarz-Weiß-Denke In seinen „Black & White Ballets“ von 1995-97 für das exquisite Nederlands Dans Theater erweist sich Jiří Kylián als ganz großer Tanzschöpfer. Phänomenal seine Schritt- und Bewegungsvielfalt. Packend seine Pas de deux und trois mit immer andersartigen Hebefiguren, Griffen und bizarren Körper-Zusammenwachsungen („Sweet Dreams“). Aufregend phrasiert der oft weit in den Raum explodierende Tanz. Spannend aber auch, wenn eine Gruppe von Tänzern synchron auf jeweils begrenzter Tanzfläche nur skulptural agiert („Falling Angels“). Variiert und interessant seine Musikwahl zwischen Bach und Webern, Mozart und Steve Reich. Ebenso seine szenischen Ideen: Er lässt Männer bei komplexer Bewegung mit Fechtdegen tanzen („Petite Mort“) und bewegt Kostüme theatral hintersinnig als leere Menschenhüllen („No more Play“). Dabei ergeben sich, von oben gesehen, faszinierende geometrische Schwarz-Weiß-Bilder. Und das beste: Kylián erzählt nie – und doch sind seine Stücke dynamisch-emotional aufgeladen, mal albtraumhaft düster („Sarabande“), mal berstend vor skurrilem Humor („Six Dances“). – Ein Juwel. GRA

Neue Welten Komponistenportrait: Boris Tishchenko

Symphoniker der göttlichen Komödie Es gibt heute keinen Klassiker des 20. Jahrhunderts, dem solche konstante weltweite Begeisterung entgegenschlägt wie Dmitri Schostakowitsch. Doch was kommt danach? Schostakowitsch hatte zwei Lieblingsschüler: Mieczysław Weinberg und Boris Tishchenko. Weinberg wird allmählich international die überfällige Würdigung zuteil. Doch wer kennt Tishchenko, der zusammen mit Sergei Slonimsky zur führenden Kompositions- (und Lehrer-) Persönlichkeit der sogenannten Leningrader Schule heranreifte? Beide haben das russische symphonische Schaffen nach Schostakowitsch in großartiger und singulärer Weise bereichert und geprägt, mit eminenter Originalität, Kraft, Können und Fruchtbarkeit. Boris Tishchenko wurde 1939 in Leningrad geboren, wo er zeit seines Lebens wirkte und 2010 (nunmehr wieder St. Petersburg) starb. Er steht für ein symphonisch organisches Entwickeln und Formen. Die modernen Klangmittel, die Dissonanzen und massiven orchestralen Effekte sind, wie auch bei Slonimsky, Ausdrucksmittel innerer Prozesse und kein sensualistischer Selbstzweck eines sich produzierenden Individuums: „Echte Musik erscheint immer, als wäre sie gleichsam aus sich selbst heraus, ohne fremde Hilfe, entstanden. […] So spiegelt die Musik – und darin kommt sie wissenschaftlichen Erkenntnissen nahe – bestimmte objektive Gesetze wieder.“ (Tishchenko 1971) Endlich ist nun eine größere Zahl von Einspielungen seiner Werke hier erhältlich: Einige seiner Symphonien, darunter der fulminante Zyklus seiner fünf Symphonien zu Dantes ‚Divina commedia’, die 6 Streichquartette, Klaviersonaten etc.. Alles ist aus dem Erleben großen Zusammenhangs heraus verknüpft und hat die suggestive Anmutung geradezu filmisch konkreter Handlungsverläufe. Tishchenkos Sprache ist, bei aller Komplexität der Prozesse und der Details, im Grunde schlagend einfach und direkt, wie schon bei Schostakowitsch und Weinberg jedermann unmittelbar zugänglich, doch verliert er sich nie in Klischees und Langatmigkeiten, alles folgt dem Momentum oftmals zum Zerreißen gespannter Emphase. Ein Meister von zeitloser Größe. Christoph Schlüren Boris Tshchenko: „Dante Symphonies“ (alle erschienen bei Northern Flowers)

Jiři Kylián: „Black & White Ballets“, Nederlands Dans Theater (Arthaus) 43


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Bi-Ba-Butze-Didaktik Rudi Mika setzt mit seinem Label Igel-Records auf die nächste Generation. Seine Kinderhörbücher erreichen satte Verkaufszahlen. von A ntoinette S chmelter de E scobar

Foto: Aktive Musik Verlagsgesellschaft mbH

mitteln, ohne dabei zu langEs gibt Plattenlabels, die mit weilen“ – egal ob es um Deutgroßem Personal- sowie Prosche Geschichte, Kunst-Stümotionaufwand arbeiten, um cke von Rembrandt, Fakten ihre Produkte auf den Markt zu den letzten Dinosauriern, und an den Mann zu bringen. Porträts großer KomponisIgel-Records geht einen kleiten oder die Entstehungsgeneren Weg. Der aber ist sehr schichten berühmter Werke effektiv: So ging ihr Verkaufsgeht. „Bei unseren ‚Klassik schlager „Griechische Sagen“ für Kinder’-CDs beschäftivon Dimiter Inkiow schon gen wir uns schon ein Jahr 450.000 mal über den Ladenvor Erscheinen mit der Thetisch. Und auch Klassiker wie „Bi-Ba-Butzemann“ sind in deutschen Kinderzimmern flächende- menfindung, geben dann die Texte in Auftrag, besorgen KlangBeispiele und produzieren das Ganze schließlich“, erklärt Mika ckend vertreten. „Seit unserer Firmengründung ist es immer nur bergauf gegan- den puzzleartigen Prozess, bei dem er gerne mit dem Bayerischen gen“, freut sich Geschäftsführer Rudi Mika, der 1990 „naiv und blau- Rundfunk kooperiert. Denn „die profitieren in einer Win-Winäugig“ begonnen habe: zunächst mit „neuen deutschen Kinderlie- Situation davon, wenn eine Sendung nicht nur einmal ausgestrahlt wird und dann in der Schublade verschwindet; wir müsdern“, dann „Hörbüchern, die damals noch nicht so hießen“, für die sen die hohen Kosten nicht alleine tragen, die unsere Art der Altersklassen von 0 bis zehn, seit 2006 „Klassik für Kinder“, einem Wissensprogramm für junge Zuhörer bis ins Teenageralter und seit Arbeit mit sich bringt.“ Dass in dieser Beschäftigung viel Liebe zum Detail steckt, ist einigen Jahren auch wieder Neuaufnahmen traditioneller Lieder, nicht zu überhören – geht es Mika doch darum, auch die bei einer ganzen Generation von Eltern und Erziebei „hochgeistigen“ Genies Schwächen anzusprechen hern „in Vergessenheit“ geraten seien. Unterm Strich und es so menscheln zu lassen. Deshalb ist es kein „gute Unterhaltung, bei der auch noch etwas für den Wunder, dass Igel-Produktionen mit dem Preis der Kopf rausspringt“, so Mika, der neben seiner leitendeutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurden den Funktion auch Lektorat und Produktion stemmt. und sehr regelmäßig in den Bestsellerlisten der Rubrik Unter den rund 50 Neuerscheinungen pro Jahr Hörbücher zu finden sind. Titel aus dem Igel-Geniussind die Audio-Versionen von Büchern wie „Ella und Programm werden „gerne von Eltern und Großeldie falschen Pusteln“ von Timo Parvela, die idealertern gekauft, die nach anspruchsvolleren Geschenweise zeitgleich oder kurz nach der Print-Publikation ken suchen“, weiß der Geschäftsführer. Ihm gelinge zu haben sind. Denn in diesem Fall gilt es, nach dem mit so einem schönen Präsent dann eine „PunktlanEinholen der Rechte vorhandene Texte von Sprechern, Hinweis: Exklusiv für crescendo-­ dung“. Igel könne auf weitere treue Stamm-Hörer zähdie den Zuhörer „vom ersten Satz an verzaubern Premium Leser liegt len, für die Nachschub natürlich auch ganz zeitgemäß müssen“, lesen zu lassen und diese mit passender ­dieser Ausgabe­ zusätzlich zu haben ist: Viele Produkte stehen u.a. bei www.hoerMusik zu kombinieren, da Mika „kleine Inseln zum eine CD von Igel-Genius stern.de oder www.audible.de zum Download bereit. Verschnaufen“ wichtig findet. aus der Reihe „Starke Schließlich wisse man nicht, ob es „CDs in zehn JahWesentlich aufwändiger und langwieriger ist Stücke“ bei. Sie finden ren überhaupt noch gibt“, sagt Rudi Mika verschmitzt, das Prozedere in der Rubrik Igel-Genius. Denn sie auf der letzten Seite. aber realistisch. hier verfolgt das Label sein Ziel, „Wissen zu ver- www.igel-records.de n Johann Sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte Hörspiel von Markus Vanhoefer / Herausgegeben von Leonhard Huber

sommer 1720. nach einem Kur-aufenthalt in Karlsbad kehrt der 35-jährige hofkapellmeister Johann sebastian Bach mit seinem dienstherrn, Fürst leopold, nach Köthen zurück. groß ist die Vorfreude, seine Familie endlich wieder in die arme schließen zu können. doch dann kommt alles anders. Fassungslos steht er am grab seiner Frau Maria Barbara. Wird es der Musik, die Bach während der glücklichen Jahre in Köthen komponierte, gelingen, den Komponisten zu trösten? es gibt geschichten, in denen liegen lachen und Weinen eng beisammen. die entstehung der Brandenburgischen Konzerte ist solch eine fröhlich-traurige geschichte. Erzähler: stefan Wilkening Johann Sebastian Bach: nico holonics Maria Barbara Bach: Brigitte hobmeier Wilhelm Friedemann Bach: alexander lückenhaus Leopold von Köthen-Anhalt: sebastian Weber Antonio Lotti: Thomas loibl Louis Marchand: stefan Merki Herzog Wilhelm Ernst: reinhard glemnitz Adliger 1: Thomas loibl Adliger 2: stefan Wilkening

J o h a n n S e b a S t i a n b ac h BrandenBurgische Konzerte Ein Hörspiel mit Musik aus der Reihe „Starke Stücke“

Cembalo: Max hanft

Musik aus: Johann sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte (naxos 8.557755-56) Swiss Baroque Soloists Niklas Eklund (trompete) Stéphane Réty (traversflöte) Andrés Gabetta (leitung und Violine) gesamtspielzeit 45:55

crescendo sonderedition

For promotional use only. Eine Koproduktion von IGEL-GENIUS und dem Bayerischen Rundfunk (BR-KLASSIK), © Markus Vanhoefer, P 2012 Igel-Genius, www.igel-genius.de

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Orchester

TUTTO

ZUM 200. GEBURTSTAG VON GIUSEPPE VERDI...

Foto: Morten Krogvold / EMI Classics

Truls Mørk spielt Svendsens Cellokonzert mit nobel-innigem Ton.

VERDI

...haben das TEATRO REGIO DI PARMA und C MAJOR ein wirklich einzigartiges Projekt realisiert: Zum ersten Mal wurden alle 26 Opern Verdis in High Definition und Surround Sound für DVD und Blu-ray produziert. Bis Oktober 2013 erscheinen alle Einzeltitel und verschiedene Sammelboxen dieser herausragenden Serie.

Truls Mørk

Nordische Klang-Elegie Johan Severin Svendsen (1840-1911) war neben Edvard Grieg Norwegens führender Komponist der Romantik. Was Grieg für die Pianisten ist, ist Svendsen für die Streicher. Seine Musik ist blendend orchestriert, harmonisch feinsinnig, voll hinreißender Melodik und grazilem rhythmischen Leben, und originell im Formenspiel. Truls Mørks lyrischer Vortrag trifft den nobel-innigen Ton des frühen Cellokonzerts. Die Zweite Symphonie verschmilzt Elemente der Klassik mit Berlioz, Wagner und nordischer Elegie zu strahlender Eigenart; der langsame Satz ein Zauber unendlichen Melos, die Ecksätze kraft- und schwungvoll in ihrem Kontrastreichtum. Die Norwegischen Rhapsodien atmen Weite und Freiheit. Unter Neeme Järvi klingen die vorzüglichen Bergener Philharmoniker ein wenig wie die Göteborger in ihren goldenen Zeiten. Musikantisch zupackende Aufführungen, klanglich tiefenplastisch abgebildet. CS

Erleben Sie die Faszination einer einzigartigen Gesamtaufnahme mit Weltstars des Belcanto und weltweit gefeierten Dirigenten. Tauchen Sie ein in die verzaubernde Atmosphäre des historischen Theaters von Parma - der Originalwirkungsstätte Verdis.

„So muss Verdi gespielt werden!“ FAZ

Johan Severin Svendsen: „Orchesterwerke Vol. 2“ Truls Mørk, Bergen Philharmonic, Neeme Järvi (Chandos)

Rachmaninoff-Edition

Beinahe komplett Zum Herbst überrascht uns Brilliant Classics wieder mit umfangreichen Boxen: Boccherini, Rimsky-Korsakov, Schostakowitsch und – der komplette Rachmaninoff auf 28 CDs! Übrigens nicht ganz komplett, die Streichquartett-Sätze sollte man sich mit dem Budapest-Quartett ergänzen (Bridge). Umso erfreulicher, was sich hier alles an Aufführenden tummelt: die Klavierkonzerte in den legendären Aufnahmen mit Earl Wild und Horenstein, die drei Symphonien mit Rozhdestvensky, die Kammermusik mit Daniil Shafran, Yakov Flier und dem Borodin Trio, das Liedschaffen mit einer feinen Sängerriege, auch die vier Opern und die orthodoxen a-cappella-Chorwerke (inklusive der unbekannten Monna Vanna aus Reykjavík) in soliden russischen Darbietungen; die übrigen Orchesterwerke dirigiert Valery Polyansky, und die Klavier-Solomusik (inkl. Arrangements) verteilt sich auf Santiago Rodriguez, Lugansky, Ghindin, Ohlsson und Nils Franke, das Duo Thorson & Thurber spielt die Klavierduos. Überdurchschnittliche bis exzellente Qualität zum Tiefstpreis. CS

DAS BESONDERE ANGEBOT ZUM WEIHNACHTSFEST: Die Limited Premium Edition mit allen 26 Opern, Requiem, Dokumentation und 120seitigem Booklet mit vielen Fotos in einer ansprechenden Buchformat-Box. Erhältlich ab Dezember bei Ihrem Fachhändler. Jetzt schon vorbestellen! 721808 Alle Titel auch als Blu-ray erhältlich. Bereits erschienen:

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Thomas Zintl

Im Osten was Neues

amüsant & geistreich Eine zweieinhalbstündige autobiographische Dokumentation über die Klavierlegende Sviatoslav Richter? Wer sich darauf einlässt, wird vielfach belohnt. Für den 1998 veröffentlichten Film von Bruno Monsaingeon brach Richter kurz vor seinem Tod das lebenslange Schweigen: Einfach am Tisch sitzend erzählt der damals 82-Jährige in die Kamera, sein Sprechtempo bestimmt den Rhythmus des Films, und seine russische Sprachmelodie wird wunderbarerweise von keinem geringeren als Dietrich Fischer-Dieskau einfühlsam synchronisiert. Richters Aussagen ergänzt oder widerlegt Monsaingeon kommentarlos mit Ausschnitten von Konzerten und Interviews mit Zeitgenossen wie der langjährigen Freundin Nina Dorliak. Ein einzigartiges zeitgeschichtliches Zeugnis und das Porträt eines höchst eigenwilligen Künstlers, ungeschminkt, geistreich, amüsant, wahrhaftig und mit einem anrührenden Fazit: „Ich gefalle mir nicht.“ AR

Bruno Monsaingeon: „Richter, der Unbeugsame“ (idéale audience)

Spannende Geschichte(n): Thomas Zintls Film spürt dem Klassikbetrieb der DDR nach, von den improvisierten Konzerten in der sowjetischen Besatzungszone gleich nach Kriegsende bis zum Mauerfall. Sehenswertes Archivmaterial sowie Aussagen von ehemaligen Politikern und Funktionären sowie zahlreichen Künstlern fügen sich zu einer hochinteressanten, zugleich kurzweiligen Lektion in deutscher Kulturgeschichte. Mit welchen Mitteln Musik politisch instrumentalisiert wurde, wie die „Künstleragentur der DDR“ arbeitete, warum sich der Mauerbau für die Staatskapelle Berlin auch künstlerisch gravierend auswirkte, das wird ebenso kenntnisreich thematisiert wie die einträglichen Koproduktionen der „VEB Schallplatte“ mit westdeutschen Labels oder welchen Sonderstatus Walter Felsensteins Komische Oper genoss. Und warum Erich Kleiber doch nicht Chefdirigent der wieder aufgebauten Lindenoper werden wollte… AR

Thomas Zintl: „Klassik und Kalter Krieg. Musiker in der DDR“ (Arthaus)

Bücher

Schleiflack Weiß, Platin, Schwarz oder Nussbaum, Kirsche 450/330 W 114 cm hoch 975,- €/Box

Film

John Axelrod

Lea Singer

Maestros Memoiren

Liebesdreieck

crescendo-Kolumnist John Axelrod begibt sich für uns in jeder Ausgabe auf die Suche nach dem perfekten Wein zu musikalischen Werken. Hauptsächlich arbeitet er allerdings (ziemlich erfolgreich) als Dirigent. Nun ist er auch unter die Buchautoren gegangen: In seinem Werk „Wie großartige Musik entsteht... oder auch nicht“ geht`s in gewohnt heiterer Axelrod-Manier einmal quer durch das Musikleben: Der Maestro schreibt über seine Zunft, plaudert lustige Musiker-Anekdoten aus, erzählt von seinen Auftritten, Reisen und Kollegen. In diesem Werk steckt viel autobiografisches, Axelrod würzt seine Erzählungen mit vielen persönlichen Details und Erlebnissen. Genau das macht das Buch sehr interessant. Es ist ein Insider-Einblick, den man dem Publikum selten gewährt. Dabei stellt er nicht selten die eine oder andere gewagte Theorie auf, meist mit Augenzwinkern. Ein Buch für Klassikfans, Kulturanthropologen und Leute, die das Leben gern nicht all zu ernst nehmen. AN

Als erste „Aida“ setzte Teresa Stolz 1872 mit ihrer Interpretation der Verdi-Rolle Maßstäbe. Die damals 37-Jährige ging eine Beziehung zu Giuseppe Verdi ein, der bereits seit Jahren glücklich mit Giuseppina verheiratet war. Diese Dreiecksbeziehung hat Lea Singer als Gegenstand ihres hochspannenden Romans gewählt, der auch Verdi-Kennern neue Einblicke in das Leben des großen Komponisten und sein Umfeld gewährt. Die Autorin lässt abwechselnd alle drei Hauptfiguren in erster Person für sich sprechen, was das Buch sehr intim und emotional macht. Der Leser erlebt das Karussell der Gefühle und die komplizierte Beziehung hautnah mit. Wie kam es dazu, dass Giuseppinas Hass der jungen Rivalin gegenüber in eine Freundschaft überging? Wie war Verdis Verhältnis zu den beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben? Mit ihrem mitreißenden und gut recherchierten Roman nimmt Lea Singer den Leser mit auf eine Reise in Verdis Gefühlswelt. NW

John Axelrod: „Wie gute Musik entsteht... oder auch nicht“ (Bärenreiter-Henschel) 46

Lea Singer: „Verdis letzte Versuchung“ (Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann)

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The Original Radio Company

KOPF

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Orchester

English Chamber Orchestra

Vollendete Poesie

Benjamin Britten war nicht nur einer der interessantesten Komponisten der klassischen Moderne, sondern überhaupt einer der edelsten Musiker des 20. Jahrhunderts, als Pianist wie als Dirigent. Am Pult des English Chamber Orchestra ist er 1964 mit Mozart großer g-Moll-Sinfonie und als Begleiter seines Lebensgefährten Peter Pears in seinem eigenen, feinsinnigen Gesangszyklus Nocturne zu sehen. Mozart ist eine vollendete Aufführung, geschmeidig, klar, gesanglich, mit beherrschtem Drive. Endlich einmal das Andante mit dem richtigen Achtelpuls, herrlich das Menuett! Im Nocturne erfahren wir vorbildhaft die delikate Lyrik und einen aus tiefster Nüchternheit alles erfassenden Zauber. Doch das Schönste sind die zugegebenen zwei Mittelsätze aus Mendelssohns Schottischer Sinfonie von 1970 mit einem sichtlich gealterten Maestro. So treffend, so poesieerfüllt und harmonisch in den Proportionen habe ich diese Stücke nie gehört. CS

„Mozart, Britten, Mendelssohn“ English Chamber Orchestra, Benjamin Britten, Peter Pears (ICA) Tafelmusik Baroque Orchestra

Radikal verschlankt Noch eine Aufnahme der „Italienischen“ Sinfonie, der „Eroica“ – wozu? Im Falle des Live-Mitschnitts eines Konzerts des „Tafelmusik Baroque Orchestra“ unter dem Dirigenten Bruno Weil lässt sich die Frage leicht beantworten: weil die spritzige, radikale Spielweise dem unvorbereiteten Hörer ordentlich die Ohren durchpustet und für ein Erweckungserlebnis der besonderen Art sorgt. Das Ensemble hat die CD-Produktion in die eigenen Hände genommen; seit einigen Monaten erscheinen die Scheiben des Orchesters im Eigenverlag „Tafelmusik Media“. Die beiden Werke, deren Erstaufführungen etwa dreißig Jahre trennen, erscheinen hier so frisch und knackig wie am ersten Tag. Silbrig sägende Streicher, großartige Holzbläser, eine wache Dynamik, sehr rasche Tempi, krachende Akzente. Man fühlt sich, als wäre man live bei der Geburt zweier Jahrhundertkompositionen dabei. MM

Ludwig van Beethoven: “Symphony Nr. 3 Eroica. Mendelssohn: Symphony Nr. 4 Italian”. Tafelmusik Baroque Orchestra, Bruno Weil (Tafelmusik) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Saltarello: Presto“ aus „Sinfonie Nr. 4“ von Mendelssohn

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HORER

Benjamin Schmid

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Schnurrende Technik, satter Klang Wolf-Ferrari – ein Name wie ein Rasenmäher mit Heckspoiler. Tatsächlich gehörte der deutschitalienische Komponist, ein Schüler Rheinbergers, im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu den meistgespielten Tonsetzern überhaupt, vor allem auf dem Gebiet der Opera buffa. Jegliche künstlerische Entwicklung seiner Zeit gnädig ignorierend, schrieb er sein Leben lang tapfer tonale, hoffnungslos romantische Musik. Auch sein Violinkonzert, das die amerikanische Virtuosin Guila Bustabo noch 1944 in München uraufführte, klingt, als sei es gut 100 Jahre früher entstanden. In Bustabos Fußstapfen tritt nun der Wiener Geiger Benjamin Schmid, löblicherweise spezialisiert auf abseitiges Repertoire. Begleitet wird er dabei vom Dirigenten Friedrich Haider, der Wolf-Ferrari mit einem ganzen Zyklus zurück in den internationalen Konzertgarten schieben möchte. Dank schnurrender Technik und sattem Klang könnte das sogar gelingen. CM

Ermanno Wolf-Ferrari: „Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 26. Orchestermusik aus Opern“ Benjamin Schmid, Friedrich Haider, Oviedo Filarmonia (Farao) Track 1 auf der crescendo Abo-CD: „Fantasia“ aus dem „Konzert für Violine und Orchester D-Dur“ Sir Roger Norrington

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Roger Norrington gilt als penibler Verfechter historischer Aufführungspraxis, hat stets die Instrumentation, den Stil und selbst die Sitzordnung im Hinterkopf. Deshalb ist so manche Aufnahme des klassischen und romantischen Repertoires technisch auf allerhöchstem Niveau – bisweilen auf Kosten des Ausdrucks und der Emotion. Auch diese Aufnahme von Schuberts zweiter und dritter Sinfonie mit dem Radio Sinfonieorchester Stuttgart mag manchem Hörer etwas trocken vorkommen, dürr ist sie beileibe nicht. Im Gegenteil, die emotionale Zurückhaltung passt perfekt zu Schuberts lyrischer Musik. Manchmal und vor allem diesmal ist weniger tatsächlich mehr. KH

Franz Schubert: „Sinfonien 2&3“. Radio Sinfonieorchester Stuttgart, Sir Roger Norrington (hänssler Classic) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Andante“ aus der „Sinfonie Nr. 4“ 47

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A k u s t ik

Ohrenschmeichler Musik hören ohne Nebengeräusche: Hartmut Krafczyk über die derzeit besten Kopfhörer für unterschiedliche Ansprüche und Gelegenheiten Noise-Cancelling-Kopfhörer

Und plötzlich wird es still Noch heute erzählt der Firmengründer Amar G. Bose gern die Geschichte, wie er in einem lauten Flugzeug auf die Idee zu einem Kopfhörer mit Schallunterdrückung kam – und noch vor der Landung mit dessen Entwicklung begann. Noise Canceling oder Antischall-Kopfhörer reduzieren die Umgebungsgeräusche, indem sie selbst Tonsignale erzeugen, die von außen ans Ohr dringende Schallwellen quasi glatt bügeln. So sorgen sie nicht nur im Flugzeug, sondern auch in der Bahn oder dem Büro für mehr Ruhe. Kommt durch die Polsterung eine gute passive Schalldämmung hinzu, kann man auch in lauter Umgebung seine Lieblingsmusik genießen. Zudem kommt man nach einem langen Flug viel entspannter an. Waren die ersten Bose-Kopfhörer noch etwas klobig, lässt sich das aktuelle „Quiet Comfort“Modell zusammenklappen und gut im Reisegepäck unterbringen. Inzwischen führen auch Hersteller wie Sennheiser, Denon, Panasonic und Sony Noise-CancellingBose Quiet Comfort Kopfhörer in ihrem Preis: 350 Euro Programm. Hier trifft eine hoch entwickelte Noise Cancelling-Technik auf eine hohe Klangqualität. www.bose.de

PSB M4U 2 Preis: 450 Euro Gute Idee: Das Kabel kann auf jeder Seite eingesteckt werden – und stört somit nie. www.psb-lautsprecher.de.

Hifi-Kopfhörer

Wie im Konzertsaal – nur ohne Husten Entspannt zurücklehnen, ungestört lauschen, die Augen schließen – und irgendwann vergessen, dass ein Kopfhörer für Klang und Wohlempfinden sorgt. So lautet die Formel für einen guten HiFi-Kopfhörer. Er simuliert den Konzertsaal im Kopf und sollte deshalb nicht nur hohen akustischen Anforderungen genügen, sondern auch leicht sein und sich weich ans Ohr anschmiegen. Der M4U 2 von PSB gibt ein Beispiel dafür wie ein Kopfhörer diese Ansprüche erfüllen kann. Dank der kompakten Bauform, des cleveren Klappmechanismuses und des mitgelieferten Etuis eignet er sich auch gut für die Reise.

Funk-Kopfhörer

Von der Leine gelassen Wem ist dies noch nicht passiert: Man lauscht seiner Musik, geht zwei oder drei unbedachte Schritte, bis plötzlich ein maximal gespanntes Kabel den Kopfhörer vom Kopf fegt. Damit wir uns frei bewegen können, haben Techniker den kabellosen Kopfhörer erfunden. Früher übertrug die Basisstation die Klangsignale per Infrarot an den Kopfhörer, was nie gut funktionierte. Heute sorgt eine Funkverbindungen für ungestörte Signalübertragung und einen rauschfreien Klang. Philips SHD9200 Preis: 180 Euro Dieses Modell übeträgt den Ton ohne Komprimierung – also ohne Klangverlust. www.philips.de

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Design-Kopfhörer

Gut klingen und schön aussehen Kenner wissen, dass guter Wein nur aus exzellenten Gläsern mundet. Könnte es sein, dass ein hochwertiges Design und eine hochwertige Verarbeitung von Hand auch das Klangerlebnis eines Kopfhörers beeinflussen? Um diese Frage gar nicht erst erörtern zu müssen, kombiniert der bayerische Hersteller Ultrasone in der Edition 10 ein außergewöhnliches Design mit einer ausgefeilten Klangtechnik, die auf 60 Technologiepatenten basiert. Für den handgefertigten Kopfhörer und seinen Ständer verwendet die Manufaktur Zebrano-Holz. Die Ohrkapseln sind mit dem Edelmetall Ruthenium beschichtet, und die

Ohrpolster sowie Kopfbügel werden aus äthiopischen Schafsleder hergestellt. Jedes Exemplar ist ein Unikat und mit einer Seriennummer versehen. So viel Exklusivität überzeugte auch das britische Traditionskaufhaus Harrods, das den Ultrasone Edition 10 in seiner HiFi-Abteilung unter dem Schlagwort „Handmade in Germany“ anbietet. Ultrasone Edition 10 Preis: ab 1.900 Euro Luxus für die Ohren. Ein Transportkoffer aus Zebrano-Holz wird mitgeliefert. www.ultrasone.com

Lifestyle-Kopfhörer

Immer schön cool hören

Rapoo H8020 Preis: 50 Euro Stylisch, günstig, leicht – und auch in Schwarz erhältlich. www.rapoo.com

Weiße Kopfhörer sind ja eigentlich das Markenzeichen eines anderen Herstellers, dessen Produkte Coolness und Lässigkeit verkörpern. Aber sind weiße Ohrstöpsel wirklich cool? Die lästigen Strippen sind es auf keinen Fall. Deshalb ist der kabellose Rapoo H8020 eine gute Alternative für alle, die Musik vom Laptop oder MacBook hören. Die Verbindung lässt sich per Bluetooth oder Funk herstellen. Über Tasten an der Ohrmuscheln kann die Lautstärke eingestellt oder der Musiktitel ausgewählt werden. Der Clou ist das eingebaute Mikrophon, so dass man den Kopfhörer auch als Headset nutzen kann – zum Beispiel zum Skypen.

Sport-Kopfhörer

Musik macht Beine Musik beim Joggen hilft dem Läufer, im Takt zu bleiben. Doch wenn der Kopfhörer scheuert, wackelt oder sonstwie beim Laufen behindert, werden die Beine schwer. Aus diesem Grund gibt es extrem leichte Kopfhörer mit speziellen Bügeln, die auch bei schnellen Schritten für Halt sorgen. Der Sennheiser PX 685i wurde in Zusammenarbeit mit adidas entwickelt und vorab von Profi Athleten getestet. Sennheiser PX 685i Preis: 70 Euro Nur 20 g leicht und mit verstellbarem Bügel. www.sennheiser.de

ZubehörTipp: Verstärker Nicht immer liegt es am Kopfhörer, wenn das Klangbild nicht überzeugt. Auch die Signalquelle kann die Ursache sein. Aus diesem Grund sind spezielle Kopfhörer-Verstärker erhältlich, wie ihn Sennheiser mit dem Modell HDVD 800 jüngst vorstellte. Er besitzt einen digitalen Eingang und einen hochwertigen Digital/Analog-Wandler. Der Hersteller verspricht, dass der digitale High-End-Verstärker das gesamte Frequenzspektrum hochwertiger Tonquellen verlustfrei übertragen kann.

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k o l u m n e

Hier schreibt pascal morché

Reine Geschmackssache „Kochen ist eine Kunst – und keineswegs die unbedeutendste“, wusste schon Luciano Pavarotti. Dass aber immer mehr Opernstars ihre intimsten Herdgeheimnisse in Form von Büchern servieren, gibt zu denken. Oder etwa nicht?

Giuseppe Verdi schenkte der OpernEs gibt so viele Kochbücher wie es Diät- damit kann man Auflage machen und der bühne jede Menge Trinklieder und einen Sänger kassiert neben der Gage nun auch bücher gibt und die Hälfte der Menschheit noch – als kleine Herdprämie sozusagen – alten Trinker: Sir John Falstaff – jenen hungert. Das ist ein Paradox, dem wir in einem Klassikmagazin nicht weiter nach- PR-Aufmerksamkeit. Eine Win-Win-Situa- Zecher, nach welchem sich heute ein tion also, die durch den Magen geht, wes- hochrespektierliches Weinmagazin clever spüren wollen. Thema ist hier allerdings die beliebte Paarung Gesang und Kulina- halb man einem solchen Kochbuch logi- „Falstaff “ nennt. In Mozarts „Zauberflöte“ meint Papageno: „Mir wäre jetzt ein gut scherweise auch nicht den Titel „Sauf und rik, verkürzt auch bekannt unter „Oper Glas Wein das größte Vergnügen“ und und Küche“. Zur Pizza-Werbung im Fern- würg dich zu Tod!“ gibt. Der fiese, miese interessiert sich mit schlichtem Verstand sehen passt mit fragwürdiger Zwangsläu- Nibelung-Mime schleudert dies seinem ohnehin nicht sehr für die Erlangung von figkeit Musik aus Verdis „Rigoletto“, mit- Ziehsohn Siegfried entgegen, nachdem er Weisheit, sondern für Sarastros Küche und tels Opern-Beschallung ihrer Gäste hof- sich ihm schon als Koch andiente: „Vom Keller; beim finalen Abendessen von „Don Spieße bring ich den Braten: versuchtest fen Restaurantbesitzer nicht selten auf du gern den Sud? Für dich sott ich ihn gar.“ Giovanni“ mit seinem steinernen Gast Umsatzsteigerungen und schon Rossini sollten wir allerdings nicht unbedingt der Ein Giftzwerg eben. Auf der Opernbühne gab das Komponieren irgendwann zu Weinempfehlung des Sexmaniacs Gunsten des Kochens auf: Oper „Eccellente Marzemino!“ folgen. Soo ist eben eine italienische Erfin„Meister, herrlicher Kuchen! Möchtet toll ist dieser Rotwein aus dem italidung und italienische Küche zweienischen Trentino nun auch wieder fellos ein Hochgenuss. Der Tenor ihr nicht auch die Wurst versuchen!“ nicht. Luciano Pavarotti sagte schon, was Auf jeden Fall aber sehen und man ihm ohnehin ansah: „Kochen hören wir: Liebe geht durch den Magen – ist eine Kunst und keineswegs die unbe- wird nämlich allerhand gekocht, getrunken und Musik wohl scheinbar auch. Hängt ja deutendste.“ Deshalb ist „Oper und Küche“ und gegessen; und selbst beim teutschen Gesamtkunstwerker Richard Wagner wer- schließlich zusammen: Das große Fressen eine Kombination, die Marketing-Herzen und die große Sinnlichkeit der „Opern“den nicht nur Aphrodisiaka-Drinks und höher schlagen lässt und ihnen Appetit Narkose-Säfte gemixt und geschluckt, son- Musik. Und dass gerade Sänger sehr gerne macht. Appetit auf was? Richtig: Auf das essen, man sieht es ihnen nicht selten an. dern in den „Meistersingern“ wird auch Kochbuch! ganz banal reimend empfohlen: „Meister, Leider essen sie oftmals aber nicht nur Endlich. gerne, sondern häufig auch unvernünftig: herrlicher Kuchen! Möchtet ihr nicht auch Sänger und Klassikkünster mit einer Da wird sich nächtens nach der Vorstellung (ihrer?) Liebe zum Kochen zu verbinden, die Wurst versuchen“. 50

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schon mal der Hamburger reingehauen, wie ihre singenden Hobbykochkollegen mit die Minibar leergemacht oder der Room- ihren Küchengeheimnissen auch Geheimnisse von sich selber preis. Dabei lassen die service des Hotels überstrapaziert. Das ist die Realität des sängerischen Kulinarik- beiden Autoren das Private der Opernstars begriffs – aber das Klischee ist natürlich viel, am Herd aber nicht anbrennen. Und genau „das“ ist es, was den Charme (und inzwiviel schöner. schen auch den unglaublichen Erfolg) dieDas Klischee heißt: Ein Sänger ist ses opulenten Sänger-Kochbuchs ausmacht. grundsätzlich auch ein Feinschmecker und Zweifellos haben hier zwei Fans der Musiker kocht gern! Er kocht naturgemäß sogar gattung Oper ihre Leidenschaft in das Proimmer „leidenschaftlich“ gern. Wir sind schließlich in der Klassik-Szene, in der heh- jekt kräftig mit eingerührt; die Seite „die ren E-Musik, im unverwüstlichen abend- oper kocht“, der beiden Herausgeber auf facebook - sie kocht geradezu über von ländischen Opern-Kultur-Betrieb. Und da isst der Sänger nicht nur profan, um nach harter, schweisstreibender Arbeit seinen Hunger zu stillen – nein, weil er ja ohnehin mit Sinnenfreuden und hochexplosi„Wer will schon ver Sinnlichkeit auf der Bühne handelt und die Genüsse des Lebens bekanntlich nicht mit Kent Nagano Sushi nur über Augen, Ohren und Nase, sonrollen, Leipziger Allerlei dern ganz besonders auch über Zunge und Gaumen wahrgenommen werden, deshalb nach Art von Kurt passt zur Sing- auch die Kochkunst. Diese Masur zubereiten vermeintliche Leidenschaft lässt alle paar Jahre ein neues Kochbuch mit Sängers oder mit dem PianisKochkünsten die Welt beglücken und die ten Valery Afanassiev Regale drücken. Logischerweise klingen die Titel der prominenten Kochanleitungen Borschtsch kochen?“ stets hübsch musikalisch-kulinarisch: „La Divina in Cucina“ (Maria Callas. Die Entdeckung ihrer kulinarischen Geheimnisse, Südwest Verlag). „Pasta e Opera“ (klassische italienische Rezepte, große italieni- informativer Adoration der Opernszene sowie von glückseliger Schwärmerei... (und sche Arien, Bassermann Verlag). „Opera in Cucina“ (Kochen mit Cecilia Bartoli, beflügelt die Auflage des Buches sicherlich). Ob René Pape (Sohn eines ProfiDaniel Barenboim, René Kollo und andekochs!), nun wirklich lange nichts anderes ren Opernstars, Companions Verlag). „Der Hügel kocht“ (Gerichte rund um die Bay- auf den Teller brachte als Pasta mit Knoblauch oder Wiener Würstchen – inzwischen reuther Festspiele, Ellwanger Verlag). „Die aber sächsischen Sauerbraten mit Klößen Oper kocht“ (Weltstars am Herd: Die und Rotkraut serviert und eigentlich doch Lieblingsrezepte großer Stimmen, Opera Rifko Verlag). Ja, besonders dieses neu- lieber Rührei mit Speck isst, das ist vielleicht nicht wirklich interessant, wenn man este Werk des Genres Sänger-Kochbuch, in dem „64 Topstars der Oper aus 26 Natio- ihn dann wieder als Philipp oder König nen geschnitten, zerstückelt, geviertelt, ver- Marke hört, aber es ist doch irgendwie liebenswert. Ebenso liebenswert wie mengt, geknetet, gerührt, rotes oder weißes Fleisch, Fische, Gemüse, Früchte, Marzi- Annette Daschs Rezeptur für „Marillenpan und Schokoladen zu wunderbar duf- knödel“ bei der die Sängerin nicht nur eine Marille (piefchinesisch: Aprikose), sondern tenden Lieblingsspeisen verarbeitet und ihr Kochtalent unter Beweis gestellt haben“ auch eine Mozartkugel in den Knödelteig einarbeitet. Annette Dasch: „Pfeif auf die (so vollmundig der Klappentext) macht Appetit. „Die Oper kocht“, der Autorin Eve- Figur und HAU REIN!“ Der PR-Mehrwert lyn Rillé und des Fotografen Johannes Ifko- des Sängers ist im Ofen oder am Herd zu finden. Dort steht Jonas Kaufmann, der vits spielt mit dem Blick hinter den Vorhang dreifache Familienvater angeblich täglich und in den Topf. Ob Roberto Alagna, Piotr und verät dem Leser, wie dieser „seine“ Beczala, Johan Botha oder Bryn Terfel; ob Angela Denoke, Anna Netrebko, Renée Fle- hausgemachten Bandnudeln mit Kürbis ming oder Anja Harteros – sie alle geben, nachkochen kann. Außerdem tut der Tenor

den unerforschlich tiefen Grund der Welt kund, dass er auf gar keinen Fall Haselnüsse esse, für Salzstangerl vom Hotel Sacher sterben könnte und vor allem, dass er auf Reisen im Gepäck immer seine Espressomaschine, Kaffee von Illy (!) und einen Milchschäumer dabei habe: „Schließlich möchte ich auch in meiner Garderobe einen frisch gebrühten Espresso trinken“. Es beruhigt Intendanten gewiss, zu wissen, dass sie also keine Espressomaschine für Herrn Kaufmann anschaffen müssen. Nun: mögen viele Köche auch den Brei verderben – wenn diese Köche Sänger sind, wird immer ein netter, mit Anekdoten gewürzter Rezeptbrei draus, der ein hübsches Kochbuch füllt. Ja, es gibt absolut keine Berufsgruppe, die sich so perfekt auf ein jenseits ihrer Arbeit existierendes Thema subsumieren liesse. Denn hätte ein Kochbuch von Fußballspielern, Politikern oder Modedesignern auch nur annähernd Chancen die Küchen der Fans zu erobern? Nein: „Ein Meistersinger muß es sein!“ und ja kein anderer Musiker. Wer will schon mit Kent Nagano Sushi rollen, Leipziger Allerlei nach Art von Kurt Masur zubereiten oder mit dem Pianisten Valery Afanassiev Borschtsch kochen? Einzig Daniel Barenboim empfiehlt in dem Kochbuch „Opera in Cucina“ „Blini mit Kaviar“ und liefert auch das Rezept für die kleinen Pfannkuchen aus Weizen- und Buchweizenmehl. Zur Kaviar-Beschaffung schreibt der Maestro auf dem Briefpapier der Deutschen Staatsoper Berlin: „Man finde heraus, wo sich in Berlin die erfolgreichsten russischen Spekulanten (Ivan der Grausame??! oder?) nach Ende des Kalten Krieges niedergelassen haben, um diese dann zum Erwerb einer großen Dose russischen Kaviars (Beluga?) zu nutzen. Um den Genuss abzurunden, ist es von Nutzen, auch zum kubanischen Spekulantentum gute Beziehungen zu pflegen, denn nach diesem Essen ist eine kubanische Cohiba ein Muss!“. Ja, von dem Mann kann man lernen wie man an Kaviar kommt. Denn das Kulinarische, Musikalische und auch das Politische zu verbinden, das gelingt eben doch nur einem Barenboim. n Kleiner Tipp in eigener Sache: Falls Sie allen kritischen Worten unseres Kolumnisten zum Trotz dennoch an einem Kochbuch interessiert sind: Bei einem Abschluss eines crescendo-Abos bekommen Sie das Werk „Die Oper kocht“ als Aboprämie.

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Wagner -J

ahr

2013

r e s o n a n z

Rätsel des klassischen alltags

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Wagner-Lexikon

Was verbirgt sich hinter diesem Text?

Das umfassende Nachschlagewerk zu Leben, Werk und Nachwirken Richard Wagners

Das Wagner-Lexikon Herausgegeben im Auftrag des Forschungsinstituts für Musiktheater Thurnau von Daniel Brandenburg, Rainer Franke und Anno Mungen 936 Seiten. Geb. € 128,– (Subskriptionspreis bis 31.3.2013, danach ca. € 148,–) ISBN 978–3–89007–550–1

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Es ist der 1. Februar 1733. Was für ein Tag! Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen ist tot. Oh, nein! Das ganze Land trägt Trauer. Staatstrauer – und das ziemlich lange. Fast unerträglich lange. Sage und schreibe vom 15. Februar bis zum 15. Juli. Aber das Schlimmste: In dieser Zeit darf keine Musik gespielt werden: Alle Opern-Aufführungen sind gestrichen, alle Konzerte ausgesetzt – die Höchststrafe für einen Musiker. Also was tun in dieser Zeit? Däumchen drehen? Topflappen häkeln? Nein, komponieren ist das Zauberwort! Das dachte sich wohl auch Johann Sebastian Bach. Eine Messe sollte es werden. Und die Aufführungsstimmen widmete er dem Nachfolger, Kurfürst Friedrich August II. Clever! Das alles wäre ja aber gar nicht so besonders interessant, ginge es dabei nicht auch um mich. In diesem Falle geht es ja eigentlich fast nur um mich. Denn ich mache diese Messe schließlich zu dem, was sie ist. Stände die Messe nicht unter meinen Vorzeichen, dann wäre sie doch ganz bestimmt etwas ganz anderes. Aber dann dürfte sie natürlich auch nicht diesen, also meinen Namen tragen. Ist doch logisch!? Wie auch immer: Ich habe einen wichtigen, man möchte sagen gar bedeutenden Namen in der Musik. Er ist kurz,

27 Blätter mit großformatigen, größtenteils farbigen Abb. Mit erläuternden Texten von David Boakye-Ansah Format 25 x 35 cm. € 24,80 ISBN 9–783–89007–814–4

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aber klangvoll. Und er sagt im Prinzip alles über mich aus. Und auch darüber, welche Wirkung ich habe. Manche mögen mich dabei leiden und wieder andere können mir so rein gar nichts abgewinnen. Ich bin sozusagen so etwas wie eine Geschmacksache. Aus dem Lateinischen übersetzt, bedeutet mein Name dabei so viel wie: weich. Aber manche sagen, ich klänge eher traurig, wehmütig und melancholisch. Wie gesagt, eine Geschmackssache. Das, was ich bewirken kann, ist immer das Gleiche. Es ist alles nur eine Frage der Vorzeichen. Aber wo ich es bewirke, ist immer ganz unterschiedlich. Ich kann es bei einem Akkord, ebenso wie bei einer Tonleiter. Ich bin so etwas wie das Yin zum Yang. Das Schwarz zum Weiß. Der Mond zur Sonne. Mein Gegenstück und ich haben uns im 17. Jahrhundert sozusagen emanzipiert. Schlussendlich dann auch durchgesetzt. Aber noch einmal zurück zu Johann Sebastian Bach. Ja, der konnte mir schon ganz schön was abgewinnen. Sonst hätten wir uns ja schließlich nicht immer wieder getroffen. So wie zum Beispiel an dieser Krippe. „Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn. Herz, Seel’ und Mut, nimm alles hin und laß dir’s wohlgefallen.“ Mehr ist dazu aber nun nicht zu sagen...

rätsel lösen – und eine schöne CD-Edition gewinnen Wenn ­Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die Redaktion von crescendo in der Senefelderstr. 14, in 80336 München oder einfach per E-Mail an redaktion@crescendo.de. U ­ nter allen richtigen ­Einsendungen verlosen­wir diesmal die CD-Box „Edition Boccherini“ (Brilliant Classics). Einsendeschluss ist der 29. Oktober 2012. Viel Glück! Der Gewinner unseres letzten Alltags-Rätsels ist ­Thomas ­Döhler aus Leipzig. Herzlichen Glückwunsch!

Laaber

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gesellschaft Wirtschaftsfaktor Klassik: Warum Veranstalter jubeln und Händler jammern (Seite 54) Buch-Vorabdruck: Bayreuth aus der Sicht eines wirklichen Insiders (Seite 58)

Umsatz mit Konzerten der klassischen Musik in Deutschland 2011 in Euro

455 Mio. Klassik in Zahlen

Umsatz-Anteile in der Musikindustrie im Jahr 1995:………………………… Tonträger: 52 % / Veranstaltungen: 48 % Umsatz-Anteile in der Musikindustrie im Jahr 2011:………………………… Tonträger: 34 % / Veranstaltungen: 66% Umsatz-Anteil von digitalen Tonträgern im Jahr 2003:…………………………………………………… 0 % Umsatz-Anteil von digitalen Tonträgern im Jahr 2011: ………………………………………… 16,7 % Angebot von Klassik-Tonträgern (Audio/Video) im Jahr 2003:…………………… 36.001 Angebot von Klassik-Tonträgern (Audio/Video) im Jahr 2011:…………………… 70.399 Angebotssteigerung von 2002 bis 2011:………………………………………………………………………… 95,5 % Umsatz-Entwicklung der Klassik-Tonträger von 2010 auf 2011:…………… minus 8,2 % Umsatz-Entwicklung von Klassik-Konzerten von 2009 auf 2011:…………… plus 34 % Besucher Oper/Operette/Tanz/Konzert 2008/2009*:………………………………… 13,166 Mio. Besucher Oper/Operette/Tanz/Konzert 2010/2011*…………………………………… 13,412 Mio. Besucherzahlen Entwicklung von 2008//2009 bis 2010/2011:………………………… 1,8 %

* ohne Privat-Veranstalter

Foto: ebraxas/Fotolia.com

Ticketpreis 2011 für eine Dinnershow im Schnitt:…………………………………………… 63,68 Euro Ticketpreis 2011 für ein Musical im Schnitt:………………………………………………………… 60,93 Euro Ticketpreis 2011 für ein klassisches Konzert im Schnitt:…………………………… 31,71 Euro Ticketpreis 2011 für einen Disko-Besuch mit Star-DJ:………………………………… 13,12 Euro

Quelle: miz:Deutsches Musikinformationszentrum, Bundesverband der Musikindustrie, Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft, media-control, GfK Panelservice, Deutscher Bühnenverein

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Foto: Claus Felix / Klassik Open Air Nürnberg

g e s e l l s c h a f t

Publikumsmagnet Klassik Open Air Nürnberg: „Der Trend geht zu Großveranstaltungen, zum Event.“

Live bewegt mehr Während Klassik-Großevents boomen, ging der Verkauf von Klassik-CDs zurück. Wie reagieren die Plattenfirmen? v on K l a u s H ä r t e l & H a n s - J ü r g e n K u n t z e

Was erzählen Sie eher? „Ich war gestern auf einem Netrebko-Konzert - FANTASTISCH“. Oder: Ich habe gestern eine neue Beethoven-Einspielung gehört - GROSSARTIG.“ Rhetorische Frage? Anscheinend schon. Denn Klassik live scheint die Menschen mehr zu bewegen als die – eigentlich länger haltbare – CD. Das belegen neueste Zahlen: Während der Umsatz aus KlassikVeranstaltungen seit 2009 binnen zwei Jahren um imponierende 34 Prozent gestiegen ist, gingen die Tonträger-Verkäufe seit 2010 um 8,2 Prozent zurück. Das war in den vergangenen Jahren anders. Man hörte viel von Krise, illegalen Downloads und Einbrüchen im CD-Markt! Aber die Klassik-Sparte ließ sich kaum aus der Ruhe bringen. Noch im vergangenen Jahr hieß es, Klassische Musik werde immer beliebter: „Von Juli 2009 bis Juni 2010 wurden im Vorjahresvergleich drei Prozent mehr Klassik-Tonträger verkauft“, hatte der Bundesverband Musikindustrie sanft mitgeteilt. Die aktuellen Zahlen wirken da besorgniserregender: Im Jahreswirtschaftsbericht 2011 heißt es: „Der deutsche Musikmarkt hat sich im Jahr 2011 stabil entwickelt. Erst54

mals seit 15 Jahren war kein Umsatzrückgang zu verzeichnen.“ Der Umsatz aus dem Musikverkauf liegt weiterhin bei knapp unter 1,5 Milliarden Euro. Aber: Die Klassik-Sparte hat „mit einem Rückgang um 8,2 Prozent die größten Einbußen zu verkraften.“ (Was etwa einem Umsatz von neun Millionen Euro entspricht). Auch der Absatz sei rückläufig. Und der stärkste Rückgang sei in der klassischen Musik zu beobachten. Nach sehr starken Vorjahren mit großen Erfolgen internationaler Stars wurden insgesamt 10,2 Prozent weniger Klassikalben verkauft als noch im Jahr zuvor. Da stellt sich schon die Frage: Was ist passiert? „Man sollte das nicht gleich alles negativ interpretieren“, beschwichtigt Stephanie Haase, die den klassischen Bereich des Major Labels EMI verantwortet. Und auch Andreas Leisdon, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbands Musikindustrie in Berlin bestätigt: „Die Klassik hatte von 2010 auf 2011 zwar einen im Vergleich mit dem Gesamtmarkt überproportionalen Umsatzrückgang zu verzeichnen, sieht man sich jedoch die langfristige Entwicklung an, so erkennt man,

dass der Anteil Klassik am Gesamtumsatz über die Jahre hinweg mit leichten Schwankungen absolut konstant ist.“ Und in der Tat: Die Klassik hält sich mit ihrem Anteil von sieben bis acht Prozent am Gesamtmarkt relativ konstant. Auch die Anzahl der Neu-Veröffentlichungen im Jahr 2011 ist im Klassikbereich nicht stärker gefallen als im Pop-Segment. Die Begründung des Bundesverbandes für den geringeren Umsatz heißt: „Trotz zahlreicher Releases fanden nur wenige Produktionen den Einzug in die Bestsellerlisten.“ Es sind natürlich die Topstars der Klassik, die „den Markt powern“, wie es Manfred Görgen, General Manager von Musikproduktion Dabringhaus und Grimm (MDG) sowie Geschäftsführer CLASS (Association of Classical Independents in Germany) ausdrückt. Schaut man sich die Hitparaden der vergangenen Jahre an, erscheinen dort etwa der britische Castingshow-Tenor Paul Potts oder Duette der immer wieder kehrenden Verkaufsschlager Anna Netrebko und Rolando Villazón. Und so paradox es klingt: Bestseller des Klassik-Genres ist David Garrett, der es im Jahr 2010 mit gleich zwei www.crescendo.de

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Maurice Lausberg ist Geschäftsführer von Actori und Professor des Studiengangs Kulturmanagement an der Musikhochschule, München.

Schlägt der Event die CD? Maurice Lausberg über die neue Lust am Live-Erlebnis und warum Subventionen dennoch wichtig sind. Warum boomt Klassik Live? Ursachenforschung mit Professor Maurice Lausberg. Als Geschäftsführer von „actori“ ist er Klassik-Experte von Berufs wegen. Seine Agentur ist strategischer Berater von zahlreichen deutschen Klassik-Institutionen wie der Bayerischen Staatsoper oder der Semperoper in Dresden. crescendo: Herr Lausberg, wie viele Klassik-CDs haben sie 2011 gekauft – und wie viele Konzerte haben Sie besucht? Lausberg: Vielleicht 20 CDs, bestimmt 40 Konzerte und Opernaufführungen. Viele berufsbedingt, aber immer wieder gerne.. Damit verkörpern Sie den Trend. Während die Erlöse aus Veranstaltungen 2011 im Vergleich zu 2009 um 34 Prozent stiegen, gingen die TonträgerUmsätze 2011 zu 2010 um 8,2 Prozent zurück. Ist Klassik live so stark oder Klassik als Konserve so schwach? Die Anzahl der Klassikveranstaltungen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen, alleine die Orchester spielen im Vergleich zu 2000 heute 47 Prozent mehr Konzerte. Allerdings hat die Anzahl der Besucher

von Klassikveranstaltungen kaum zugenommen – in den Jahren 2009 und 2010 lediglich um 3 Prozent pro Jahr. Das heißt, wir sprechen in Summe von mehr Veranstaltungen mit schlechterer Auslastung. Das in der GfK-Studie beschriebene Umsatzplus von 16 Prozent pro Jahr von 2009 bis 2011 resultiert also in erster Linie aus Preissteigerungen und nicht aus mehr Besuchern. Der Trend zu hochpreisigen Großveranstaltungen, zum Klassik-Event trägt ebenfalls dazu bei. Veranstaltungen wie die Münchener Klassik am Odeonsplatz haben 16.000 Besucher. Das Klassik Open Air in Nürnberg oder die Opernfestspiele in St. Margarethen ziehen weit über 100.000 beziehungsweise fast 200.000 Besucher an. ...ergo wachsender Umsatz pro Besucher. Beleg einer Professionalisierung der Anbieter? Ja, da die Subventionen inflationsbereinigt bestenfalls stabil geblieben sind, die Kosten aber allein wegen der Tarifvereinbarungen steigen, haben die öffentlichen Häuser in ihrer Not die Preise zuletzt → weiter auf der nächsten Seite

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Foto: Bob Coat

Alben („Rock Symphonies“ und „Encore“) in die allgemeinen Top 20 schaffte. Die Klassik spielt im Plattenmarkt natürlich in anderen Dimensionen als Pop oder Jazz. „Liegt der Verkauf einer KlassikProduktion im fünfstelligen Bereich, ist man oben dabei“, sagt Manfred Görgen. Nur, während die Pop-Sparte oft auf den schnellen Erfolg von DSDS-Gewinnern bzw. vergleichbarer TV-Formate setzt, entwickeln die Klassiklabels lieber eine langfristige Einheit von Künstler und Programm. Interessant ist auch: 29 Prozent der Gesamtumsätze in der Musik werden durch die Altersgruppe 50+ generiert, die aber auch 44 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Dabei werden besonders intensiv Produkte aus dem Genre Klassik (66 Prozent Umsatzanteil) erworben. Vor diesem Hintergrund ist auch der geringe Download-Anteil im Klassikgeschäft nicht unbedingt verwunderlich. Dieser macht nämlich nur drei Prozent der Klassikumsätze aus. Dabei ist noch nicht einmal das Alter entscheidend, sondern vor allem der hohe Anspruch an die Klangqualität dieser Hörer und auch das unterschiedliche Hörverhalten. „Ein junges Publikum“, erklärt Manfred Görgen, „lädt sich sofort und schnell einzelne Titel herunter. In der Klassik sind einzelne Tracks selten, Werke bestehen aus mehreren Sätzen.“ Hinzu komme der Wunsch nach dem Booklet und der damit verbundenen haptischen Wahrnehmung. Görgen sieht im Downloadbereich trotzdem Potenzial. Allerdings nur, wenn die Qualität stimmt. Dem in der Popwelt gängigen mp3 räumt er keine Chance ein. Und deshalb hat er auch vor illegalen Downloads keine Angst: „Unser Programm“, und da spricht er wohl für fast alle Klassik-Labels, „ist Kopierschutz genug.“ Allerdings: Klassik wird immer stärker Teil einer neuen Popkultur. Künstler wie David Garrett, Lang Lang, Alice Sara Ott oder Jonas Kaufmann verkörpern nun mal eine neue und junge Generation von Klassik-Künstlern und machen das Genre – zur Freude ihrer Plattenlabels – auch für ein jüngeres Publikum attraktiv. Für den Verkauf von Tonträgern sind Konzerte in der Regel unumgänglich. Denn die Emotionen werden ja vom Künstler geschürt und nicht vom Label. Und deshalb ist die Kommunikation immens wichtig. Ob der CD-Verkauf vor Ort eine Service-Leistung des Veranstalters ist oder ein Geschäft für das Label, ist in der Branche umstritten. Auf jeden Fall, so Manfred Görgen, ist „die beste Möglichkeit für einen Künstler, auf seine CD aufmerksam zu machen,


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stark anheben müssen. Das Schauspielhaus Bochum beispielsweise nimmt jetzt für die teuerste Karte 29 statt 23 Euro, das sind 26 Prozent mehr. Der durchschnittliche Ticketpreis für ein Klassikkonzert ist seit 2009 um gut 30% gestiegen. ...dennoch sind Klassik-Tickets mit durchschnittlich 31,70 Euro pro Besuch im Schnitt immer noch vergleichsweise billig. Musical-Karten kosten doppelt so viel... ...stimmt - und Konzerte von Madonna oder Robbie Williams sogar das Dreifache. Bei den Preisen ist häufig immer noch Luft nach oben. Die Herausforderung der öffentlich finanzierten Häuser

„Die Konkurrenz liegt in der begrenzten Freizeit.“ ist, dass sie für alle Gesellschaftsschichten zugänglich bleiben und auch ihre Preispolitik von den Trägern meistens genehmigen lassen müssen. Hier muss man eine gute Balance durch eine passende Preisspreizung finden. Wenn die Salzburger Festspiele die Kartenpreise der teuersten Kategorien um 20 Euro erhöhen, die in den unteren Preis-Kategorien aber stabil halten, schafft das sicher keine soziale Ungerechtigkeit. Ich bin überzeugt, dass mit intelligenten Pricing-Modellen höhere Kartenerträge umsetzbar sind ohne die Zugänglichkeit zu gefährden. Eine gute Klassik-CD kostet auch schon um die 15 Euro, stimmt da der PreisUnterschied zum Live-Erlebnis noch? Wenn ich eine Aufnahme will, ist es mir persönlich egal, ob eine CD 15 oder 18 Euro kostet – und ich bin mir sicher, dass das Publikum das ähnlich sieht. Man sollte auch Tonträger und Konzert nicht in Konkurrenz im Hinblick auf die Zahlungsbereitschaft sehen, wie das im Rock-/Popbereich der Fall ist. Die Konkurrenz liegt eher in der begrenzten Freizeit und den vielen Nutzungsmöglichkeiten. Wer bleibt in seiner wenigen Zeit schon zu Hause und hört sich die Götterdämmerung im Wohnzimmer an. Irgendwas müssen Konzertveranstalter aber doch zuletzt besser gemacht haben als die Manager der Plattenlabels… Sicher haben die Labels Entwicklungen verschlafen und sich von Unternehmen wie Apple ihr Geschäftsmodell ruinieren lassen. Dass der Klassik-CD-Markt nach den starken Jahren 2009 und 2010 in 2011 um 10 Prozent eingebrochen ist,

liegt an den fehlenden „Blockbustern“ und natürlich an den neuen, viel günstigeren Verbreitungsplattformen wie i-Tunes, Napster oder Spotify. Die Zeiten des Sammelns und des Vorhaltens gehen zu Ende. Wer kauft sich noch die zehnte „La Traviata“ Einspielung, wenn es in fünf Jahren nichts mehr zum Sammeln gibt bzw. jedem jede Aufnahme jederzeit per Stream zur Verfügung steht – und das bei exzellenter Qualität. Und vergessen Sie nicht: Die gebildeten über 50-Jährigen sind die am stärksten wachsende Internetuser-Gruppe. Aber auch frühere Verkaufsgaranten wie Anna Netrebko füllen weiter die Hallen, verkaufen ihre Platten zuletzt aber immer schlechter. Wenn die Menschen Anna Netrebko oder meinetwegen David Garrett auf der Bühne erleben, erhoffen sie sich ein unvergessliches und nicht wiederholbares Erlebnis. Der Erfolg einer CD hängt von anderen Faktoren ab. Sind Met-Opern im Kinosaal, LiveStream-Konzerte der Berliner Philharmoniker nicht auch Konkurrenz für die Labels? Das kann so kommen, wenn wir irgendwann zu Hause auf einem internetfähigen Fernseher in exzellenter Bild- und Tonqualität Konzerte und Opernauffüh-

CD-Abteilung bei Dussmann in Berlin: „Es fehlt an Neuem.“

Foto: Dussmann

ein Konzert.“ Und die beste Möglichkeit, sich für einen Veranstalter interessant zu machen, ist wiederum die CD. Veranstalter bemühen sich bei Konzerten um Bekanntes und Bewährtes. Da sollte der Künstler – und wenn nicht der, dann wenigstens die gespielten Komponisten – bekannt sein. Die Deutsche Entertainment AG (DEAG), einer der führenden Anbieter von Live-Entertainment und größter Veranstalter von margenstarken Klassik-Events in Europa, setzt mit Jonas Kaufmann, Anna Netrebko und Erwin Schrott voll auf diese Schiene. Und David Garrett, heißt es, habe Aktien des Konzertveranstalters gekauft. Er glaubt an die Zukunft der Firma – und des Klassikmarktes. Derlei Gelassenheit fällt manchem Händler schwer. Leipzig hat mehr als 500.000 Einwohner, eine kompakte Innenstadt, zwei Spitzen-Orchester und durch die Popularität des Gewandhaus viele klassikinteressierte Touristen. Ein idealer Klassik-Standort möchte man meinen. Und dennoch hat es für René Dobberkau und sein Fachgeschäft opus 61 nicht gereicht. Er muss dieses Jahr schließen. Neben dem hausgemachten Problem dreier StandortWechsel in zwölf Jahren, sieht er gewaltige Branchen-Probleme. „Es fehlt an Neuem, an Innovation. Das Medium Schallplatte hat 25 Jahre überlebt, die CD kam 1982, hatte jetzt einen Lebenzyklus von 30 Jahren“. Drei Jahrzehnte haben die großen Labels wie Universal mit der Digitalisierung ihrer Kataloge gut verdient, sagt Dobberkau. Nun sei das Jetzt-hast-du-kein-Knacken-Argument verpufft. Das Qualitätsargument besserer digitaler CD-Qualität versus schlechterer digitaler Download-Qualität werde nur bei wenigen greifen. Hinzu, resümiert Dobberkau, komme die Sättigung. Selbst Stammkunden, die früher schon mal pro Besuch 150 Euro im Laden ließen, winken bei der 40. Einspielung von Bachs Johannes Passion ab: „Ach komm, das haben wir doch schon.“ Und das gelte längst nicht nur für Klassiker, sondern auch für Raritäten. Naxos sei Dank, ist die klassische Musikwelt zusammengerückt, sind englische Komponisten heute auch in Deutschland allseits bekannt und gut zu bekommen. Oft per Mausklick – immer seltener im Fachgeschäft. Denn dieses immer größere Angebot, könne niemand permanent verfügbar halten, betont Dobberkau. „Der Kunde will aber immer alles haben und zwar sofort.“ In der Apotheke sei das Medikament doch auch um 17 Uhr da, im Buchhandel das Buch spätestens am nächsten Morgen. Das aber könne die Klassikbranche nicht leisten – und deshalb kann er, der Händler, auch nicht mehr. n

rungen live verfolgen werden. Genügend Marktpotential, steigende Umsätze - braucht es da überhaupt weiter eine solch intensive staatliche Kultur-Förderung? Druck professionalisiert doch offenbar... ...selbst, wenn wir die Preise verdoppeln, reicht das nicht, um die großen Orchester und Ensembles und deren Kultur-Auftrag zu finanzieren. Eintrittserlöse finanzieren bei Orchestern, Theatern und Opernhäusern in der Regel weniger als 25 Prozent der Kosten. Da müssten sie die Preise schon vervierfachen um ohne Zuschüsse auszukommen – und das gibt der Markt definitiv nicht her. Interview: Hans-Jürgen Kuntze www.crescendo.de

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BESONDERE HÖREMPFEHLUNGEN VON SONY CLASSICAL

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BEST OF KLASSIK 2012 3 CDs mit allen ECHO Klassik-Preisträgern und Vorstellung aller ausgezeichneten CDs im Booklet. Mit Klaus Florian Vogt, Renée Fleming, Isabelle Faust, Jonas Kaufmann, Amarcord, Khatia Buniatishvili, Daniel Barenboim, Erwin Schrott, Sir Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, Quatuor Ebène, dem Leipziger Streichquartett, Philippe Jaroussky u.v.a.

MARTIN STADTFELD MENDELSSOHN Martin Stadtfeld spielt auf seiner neuen CD das Klavierkonzert Nr. 1 mit der Academy of St Martin in the Fields unter Sir Neville Marriner und Solowerke Mendelssohns wie die Variations sérieuses op. 54 und zehn der schönsten Lieder ohne Worte. Limitierte Erstauflage mit Bach-Bonus-CD www.martinstadtfeld.de

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Das Kapitel Bayreuth Alexander Busche gehörte von Mai 2008 bis Juli 2010 zum engsten Mitarbeiterkreis der Bayreuther Festspiele und galt als Vertrauter Katharina Wagners. Jetzt hat er ein Buch geschrieben und plaudert aus dem Inneren des verschlossenen Wagner-Clans. Wir drucken Auszüge exklusiv vorab. Es war für einen jeden von uns, der Gudrun Wagner gekannt, geliebt oder bisweilen auch gehasst hatte, völlig unbegreiflich, aber Gudrun Wagner hatte doch tatsächlich die Nacht vom 27. auf den 28. November 2008 im Bayreuther Klinikum nach einem Routineeingriff nicht überlebt, obwohl sie nach der Operation am Abend zuvor noch die Familie empfangen und dabei wohlauf gewirkt hatte. Der Schock saß tief für uns alle. Nach Weihnachten war Katharina für zwei Wochen nicht erreichbar, zog sich völlig zurück, weil sie mit dem damaligen Anwalt der Familie, einem der wenigen Vertrauten Gudrun Wagners und Jugendfreund Katharinas, Stefan Müller, genannt Mülli, den Schuh- und Kleiderschrank räumte und vermutlich bei genau dieser Tätigkeit die nun mögliche komplette Neuausrichtung der Bayreuther Festspiele erdachte. Als Katharina Wagner jedoch die erste Trauer sowie das Trauma der überquellenden Schuh- und Kleiderschränke ihrer Mutter überwunden hatte und endlich wieder an ihr Telefon ging, offenbarte sie mir, dass sie mich endgültig nach Bayreuth berufen wolle, um dort mit ihr und Mülli die BF Medien zu gründen und aufzubauen, die neue VermarktungsGmbH der Bayreuther Festspiele. (....) Die Gründung der BF Medien GmbH in Bayreuth rettete mich vor den für mich aus unterschiedlichen Gründen unerträglichen Arbeitsbedingungen am Theater Bremen. Namentlich tat Mülli (Anm.: Stefan Müller, Anwalt und Vertrauter der Bayreuther Festspiele) das, weil ich niemals wirklich den Mumm gehabt hätte, mich nach nur acht Monaten als Leiter einer neuen Abteilung Sponsoring und Development, in die vom Intendanten alle finanziellen Hoffnung des Theaters gesetzt wurde, vor den nicht selten cholerisch-unberechenbaren Mann zu stellen und ihm freudestrahlend ins Gesicht zu sagen: „Das war‘s! Ich geh‘ dann mal nach Bayreuth.“ Das tat also Mülli per Telefon. (...) Nach einem einwöchigen Arbeitsauf58

enthalt über den Geburtstag meiner neuen Chefin im Mai auf Gran Canaria – eine Tradition, die so sicher in Katharinas Kalender fixiert ist wie der alljährliche Beginn der Festspiele am 25. Juli – zog ich in das Gartenhaus der den Hügel regierenden Wagners. Das mag vielleicht verwundern, aber es musste eben schnell gehen und sollte wenig kosten. Das würde ja auch wiederum das zu zahlende Einkommen mindern und dabei helfen, die BF Medien nicht von Anfang an finanziell zu sehr zu belasten. Darüber hinaus hatte der Wohnungsmarkt in Bayreuth nicht wirklich etwas Vergleichbares wie meine vorherige Wohnung mit Blick auf den Bürgerpark Bremen zu bieten. Was mir beim Einzug noch nicht wirk-

Nach einem einwöchigen Arbeitsaufenthalt über den Geburtstag meiner neuen Chefin im Mai auf Gran Canaria – eine Tradition, die so sicher in Katharinas Kalender fixiert ist wie der alljährliche Beginn der Festspiele am 25. Juli – zog ich in das Gartenhaus der den Hügel regierenden Wagners.

dem Bett zu klopfen und mich zu ermahnen, dass ich ja gerade gar nicht telefonisch erreichbar sei für Katharina. Schöne neue Gartenhauswelt! Es dauerte nicht lange, und die Asseln, die das leicht feuchte, weil unbeheizte und ansonsten unbewohnte – eigentlich gerade im Winter auch unbewohnbare – Gartenhaus für sich als Eigenheim in Anspruch genommen hatten, wichen meiner plötzlichen Dauerpräsenz. Den nicht mehr beheizbaren Kachelofen, der fast ein Viertel der Gesamtfläche des kleinen Einzimmerhauses einnahm und an dem der ehemalige GauLeiter noch mit seinen Saufkumpanen die Nächte durchzecht hatte (das Gartenhaus gehörte ehemals zum Grundstück der heute nicht mehr existenten Gau-Leiter-Villa südlich des Wagner-Grundstücks), eben diesen Kachelofen mit seinen wunderbar rustikalen Holzbänken und gemalten Bäuerinnen überzog ich an den Seitenflächen mit weißem Flokati. Das sah in Kombination mit dem orangefarbenen Space-Age-Sofa sehr stylish aus. So wurde aus dem Gartenhaus die Flokati-Hölle: Für Mülli und seine besondere, von mir so sehr geschätzte Art des Humors in der nun recht flauschig-softschwulen Anmutung die gerechte Rache an dem hier zechenden Gau-Leiter; für mich die logische Folgerung stilvollen Einrichtens.

Mülli war eine wichtige Person für mich in den Anfängen meiner BayreuthZeit. Er war der engste Vertraute der Wagners und bald auch ein enger Freund von mir. Das brachte mir den Vorteil, stets bei ihm Rat suchen zu können, wenn ich die Wagner’schen Weltansichten nicht mehr verstand. Er war es nicht nur, der es ermöglichte, die ersten Monate meiner Bayreuth-Zeit überhaupt zu überstehen und lich klar war: Nun war ich zu jedem Zeit- die Mechanismen so zu begreifen, dass punkt meines Lebens für die zukünftige ich damit umgehen konnte. Nein, er war Festspielleiterin greifbar. Natürlich keines- eigentlich auch der einzige, der mich regelfalls immer persönlich, aber irgendjemand mäßig in meinem Gartenhaus besuchte. fand sich immer, um am Sonntagmorgen Katharina hatte ganz offensichtlich kein gegen zehn an mein kleines Fenster über Interesse daran zu sehen, wie ihr Mitarwww.crescendo.de

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beiter im kleinen Gartenhaus lebte. Und sonstigen Besuch einzuladen, war schier unmöglich. Immerhin musste jeder, der aus welchen Gründen auch immer hätte zu mir kommen wollen, über den Hof der Wagners gehen müssen, an den sich Katharina auch noch eine Terrasse hatte bauen lassen, um womöglich noch besser mitzubekommen, wer denn im Gartenhaus so ein- und ausging. (...) Ich hatte eine Großveranstaltung mit Live-Übertragung der „Meistersinger“Inszenierung in Bayreuth zu organisieren, verbunden mit einer DVD-Produktion zu dieser Aufführung und der vertraglichen Regelung der geplanten Veröffentlichung mit den Sängerinnen, Sängern und den beiden heißgeliebten künstlerischen Kollektiven der Bayreuther Festspiele – Chor und Orchester. Dann stand noch eine Gastspielreise des Festspielorchesters mit Bayreuth-Dirigent Christian Thielemann und dem „Walküre“-Cast nach Abu Dhabi auf meiner Liste. Auch kein unbedeutendes Unterfangen, wenn man sich vor Augen führt, dass dieses Gastspiel und die nicht zu bändigende Gier der Scheichs nach westeuropäischer Hochkultur zu jedem noch so hohen Preis meinen Job und den Erhalt der finanziell rein gar nicht weiter ausgestatteten BF Medien für die nächsten zwei Jahre sichern sollte. Bis dahin würde das Geschäft mit den DVDs schon florieren, die Live-Übertragung auf einem Platz in Bayreuth sich zur Siemens-Festspielnacht für rund 20.000 Zuschauer entwickelt haben, dabei in ihrer einzigartigen Erscheinung für den Sponsor unantastbar sein und sogar die Kinderoper auf eigenen Beinen stehen. So dachten wir damals – und drei Jahre glaubten wir auch zu Recht daran. (...) Die anfängliche Arbeit bei den BF Medien war für mich sicher die spannendste und schönste. Genau so stelle ich mir die inspirierende Anfangsphase eines StartupUnternehmens vor. Es war herrlich. Nicht nur, dass ich in Mülli einen Verbündeten hatte, der auch immer wieder den Mut hatte, seine Meinung zu sagen, und dieses auch bis zu einem gewissen Grad durfte. Mülli war die treibende Kraft und der hauptsächliche Organisator – vor allem in rechtlichen Belangen. Katharina und ich konzentrierten uns eher auf die durch kreatives Chaos hervorgerufene Kraft unkonventioneller Arbeitsabläufe. Und so saßen wir nächtelang über den üppigen Weißweinbeständen aus Gudruns Nachlass und grübelten darüber,

wie wir dieses wunderbare Gedankenkonstrukt mit den riesigen Projekten organisatorisch und finanziell auf ganz eigene und relativ sichere Beine stellen konnten. So entstand in früh morgendlicher Weißwein-Seeligkeit das Logo der BF Medien, entworfen von mir in Word, indem ich den Schriftzug

Wir hatten Großes vor und wussten auch tatsächlich, Großes zu leisten und zu entwickeln in den nächsten Jahren. Wir brauchten kaum Schlaf, lebten nur, um zu arbeiten. Es war wunderbar. Wir schwammen auf einer Welle des Erfolgs und genossen es.

war zugleich der letzte Festspielsommer Wolfgang Wagners als Leiter des Ladens. Es endete mit einem großen Fest, und das sich in letzter Minute gefundene Bewerbungsduo Eva und Katharina gewann zwei Monate später das Finale bei „Deutschland sucht den Super-Wagner“, denn andere kommen ja offenbar nicht in Frage, ein solches Erbe verwalten zu können. Und da sind sie wieder: Die Wagner-Gene. Was für eine wunderbare, aus heiterem Himmel herbei geschneite Versöhnung das doch war! Die plötzlich aufblühende Liebe der beiden Schwestern überzeugte letztendlich auch noch den letzten Zweifler in der höchst kompetenten Auswahljury, dem Stiftungsrat der Richard-Wagner-Stiftung. So hieß es: „Nike, heute haben wir leider kein Foto für Dich!“ Endlich: Wir waren Festspielleitung!

Und so ließ Mülli, der bis zuletzt mit allen Mitteln für eine Lösung gekämpft hatte, die Katharina in angemessener Form einbezog, zur Freude des Tages die Trommelsirene an meinem Gartenhaus aufheulen. Eine Trommelsirene am Gartenhaus? Ja, die gibt es. Ich entdeckte sie eines Nachts, als ich beschloss, dass der Lichtschalter, der sich an der hölzernen Fensterfront des Gartenhauses befand, sicher einfach niederschrieb und drei mit Brom- das Pendant zum Schalter im Eingang sein, beerfarbe gefüllte Quadrate um das ‚BF‘ mithin das brennende Licht des Raumes platzierte – für jeden von uns Dreien ein löschen müsse – oder eben umgekehrt. Quadrat, logisch, oder? Und Brombeer? Stattdessen passierte nichts. Es war halb Weil Katharina das so wollte, sie diese Farbe elf in der Nacht – eine Zeit, in der ich mir zur offiziellen Festspielfarbe ernannt hatte. angewöhnt hatte, ins Bett zu gehen, da mir In der Folge der Ernennung der neuen Fest- recht bald klar wurde, dass ich in dieser spielleitung im Herbst 2008 und der damit Stadt nicht viel verpassen würde und ein einhergehenden Renovierung der Verwal- normales soziales Umfeld unter den vietungsräume leuchtete das Festspielhaus len recht ungewöhnlichen Gegebenheiten aus allen Ecken bald in Dezentgrau und meiner neuen Lebenssituation ohnehin nicht aufzubauen war. Aufgrund der TatsaBrombeer. che also, dass nichts passierte, hielt ich den Wir hatten Großes vor und wussten Knopf gedrückt und vernahm ein immer auch tatsächlich, Großes zu leisten und lauter werdendes Summen. Ich dachte, es zu entwickeln in den nächsten Jahren. sei eine elektronische Regelung der FensWir brauchten kaum Schlaf, lebten nur, terläden, die rumorte, weil sie versuchte, um zu arbeiten. Es war wunderbar. Wir diese zu öffnen, obwohl ich sie verriegelt schwammen auf einer Welle des Erfolgs hatte. Aber so richtig befriedigen wollte und genossen es. Ganz so wie rund mich dieser Gedanke nicht. Also öffnete 130 Jahre zuvor Richard Wagner, der ich das Fenster. letztendlich nur nach Bayreuth gekomUnd jetzt vernahm ich es: das sich men war, um dort im Jahr 1873 erstmalig seinen gesamten „Ring des Nibelun- plärrend aufbäumende Geheul einer Tromgen“ auf der Bühne des fertigen Fest- melsirene, die zu dieser fortgeschrittespielhauses zu sehen und sich mit dem nen Stunde aufgrund der doch nun schon Festspielhaus ein in der Musikgeschichte etwas anhaltenden Dauer des gedrückt bis dahin einzigartiges Denkmal zu gehaltenen Knopfes in voller Lautstärke ihren Fliegeralarm über Bayreuth ergoss. setzen. (...) Mein erstes Jahr bei den BF Medien Was für eine Akustik es vor meinem Gar59


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tenhaus doch zu entdecken gab! Ich war beeindruckt. Keine zwei Sekunden nach diesem Gedanken ließ ich angesichts der erschreckenden Bilder, die meine Neugier und Unbedarftheit da wohl bei etwas älteren Mitbewohnern der Stadt ausgelöst haben mochte, beschämt den Knopf los. Wie angewurzelt stand ich vor diesem wundersamen Ding, das ein einzigartiges und völlig beklemmendes Geheimnis barg, als das Klingeln meines Handys mich aus meiner kontemplativen Starre riss. „Hast Du das gehört?“, schallte es aus dem Hörer, ohne dass ich überhaupt etwas hätte sagen können. Es war Katharina – natürlich. „Da war so ein komisches Geräusch!“ Ich fragte sie nur, ob sie wisse, dass sie eine Sirene an ihrem Gartenhaus habe und dass ich soeben ganz unfreiwillig Fliegeralarm gegeben hatte. Weder Sie noch mich überraschte irgendetwas in diesem Haus. Und so legten wir uns ebenso erheitert wie beruhigt schlafen. Mülli ließ also ebenjene Trommelsirene ertönen, als die Nachfolgeregelung der Festspielleitung endlich geregelt war. Es sollte das letzte Mal sein, dass er mein Gartenhaus betreten konnte. Er starb völlig unerwartet und äußerlich kerngesund am Steuer des Audi A8 auf der nächtlichen Heimreise von Berlin nach Bayreuth. Er wollte unbedingt noch fahren, hatte das Gefühl, Katharina wolle nach Hause, trank beim abendlichen Termin mit der Filmproduktionsfirma noch einen Espresso und bestieg dann das Auto, um in den eigenen Tod zu fahren. Es muss einer der grausamsten Momente in Katharinas Leben gewesen sein, eine Mischung aus Todesangst und Hilflosigkeit. Sie saß auf dem Beifahrersitz, als Mülli am Steuer zusammenbrach. Angeblich eine Herzmuskelentzündung, die zum plötzlichen Herzstillstand bei ihm führte. Der Wagen kam am Rande der Autobahn zum Stehen – wie, das weiß heute eigentlich keiner so genau. Das alles schien so unwirklich, die Erzählungen Katharinas machten keinen wirklichen Sinn. Sie meinte noch, sie habe sich auf die Autobahn gestellt, um einen Lastwagen anzuhalten. Niemand hielt an, passiert ist Katharina bei der so wagemutigen Aktion nichts. Dafür saß der Schock umso tiefer. Für mich waren die eigentlichen Abläufe auch völlig unwichtig. Wie paralysiert lief ich in den nächsten Tagen durch die Welt, wurde geradezu aggressiv, wenn mich Journalisten am Telefon mit aus meiner Sicht völlig unpassenden und auch mich in meiner Trauer so sehr verletzenden Fragen konfrontierten. Niemand 60

Freiheiten. In der Folge der nun doch fehlenden Konfliktbereitschaft bei den beiden Festspielleiterinnen Eva und Katharina, entgegen der Meinung des Verwaltungsrats und auch im Hinblick auf einen Die Tragik dieses Moments in meinem drohenden Streik einen die Tradition des Leben und der Verlust dieses einzigartigen Hauses schützenden Sachverhalt lautstark Menschen, der mir sehr viel bedeutet hat und gegen jeden Gegenwind zu vertreund dem ich viel verdanke, war für mich ten, kam es zur ersten und für mich alles kaum zu ertragen. Ich hatte noch Monate weitere entscheidenden Fehlentscheidung danach damit zu kämpfen, in alltäglichen der Festspielleitung, die das Schicksal der Situationen aus einer tiefen Trauer her- einzigartigen Atmosphäre des bis dahin aus nicht einfach hemmungslos in Tränen von allen Mitarbeitern so sehr geschätzauszubrechen. Es gelang mir nicht immer. ten, weil familiären Festspielbetriebs Mit dem Tod des zu Recht von allen Sei- in gewissem Sinne besiegeln sollte: Die ten gefürchteten, weil in Verhandlungen Unterzeichnung des von der Gewerkschaft geforderten Tarifvertrags für die Techniker des Hauses, die kurz vor der Festspieleröffnung 2009 mit Streik drohten und damit die Premiere gefährdeten. konnte ahnen, dass nicht nur Katharina betroffen war, sondern auch ich in jener Nacht meinen einzigen wirklichen Freund und Vertrauten in Bayreuth verloren hatte.

Mülli ließ also ebenjene Trommelsirene ertönen, als die Nachfolgeregelung der Festspielleitung endlich geregelt war. Es sollte das letzte Mal sein, dass er mein Gartenhaus betreten konnte. Er starb völlig unerwartet am Steuer des Audi A8 auf der nächtlichen Heimreise von Berlin nach Bayreuth.

Hauptziel der Gewerkschaft war es natürlich, durch feste Arbeitszeitregelungen und gesetzlich geregelte Tarife das Lohnniveau festzuschreiben und die vermeintlich schlechten Arbeitsbedingungen des technischen Personals zu verbessern – der Tod eines jeden Kreativprozesses und dementsprechend eines jeden Theaters. Nächtelang saß man mit den Verhandlungsführern der Gewerkschaft am Tisch, die Stimmung war höchst angespannt. Keiner wusste, wie dieser Tarifstreit ausgehen würde. Hinter den Kulissen arbeitete die Festspielleitung in engem Schulterschluss mit dem Technischen Direktor (ein Schulterschluss, der sich mit der Unterzeichnung des Tarifvertrages auch recht bald auflösen würde) auf Hochtouren an einer Notlösung zur Rettung der Festspieleröffnung ohne fest angestelltes Bühnenpersonal und stattdessen mit einer externen Sondermannschaft. Es hätte alles so schön sein können, die Vorstellung wäre auch trotz Streik zu retten gewesen. Doch es kam leider anders. und vor Gericht knallharten und stets im Wie sehr ich das bedauern würde, war mir Sinne der Festspiele erfolgreichen Anwalts zum damaligen Zeitpunkt noch nicht klar, vom Grünen Hügel verloren wir nicht nur das sollte ich erst zwei Jahre später festeinen engen Freund und Vertrauten, son- stellen. Der leidige Verwaltungsrat wurde dern auch die intelligente Basis jeglicher immer ungeduldiger, je näher die für die logisch-kontroverser Auseinandersetzung Politikprominenz so wichtige Eröffnung mit Konflikten im Festspielgetriebe. Mülli rückte. Hier ging es nicht um die Festhatte den vollen Überblick gehabt und spiele, hier ging es den Politikern einzig jede noch so versteckte Klausel aller Ver- und allein darum, das eigene Gesicht zu träge gekannt; vor allem aber hatte er auch wahren, einen Streik abzuwenden und am gewusst, was diese bedeuteten. Er war der Eröffnungstag siegreich strahlend über den einzige gewesen, der der Festspielleitung roten Teppich zu laufen. Nach und nach Kontra bieten durfte, ohne um seinen Job verloren folglich alle die Nerven. n bangen zu müssen. Die beiden Damen hatten gewusst, was sie an ihm hatten, weil sie letztendlich am meisten von ihm und seiner Arbeit profitierten. Außerdem hatte Alexander Busches Buch „Mein Wagner - Auf er bedeutenden Anteil daran gehabt, die Richards Spuren“, 178 Seiten (Grebennikov Verlag) beiden in ihr Amt zu hieven. Das schafft erscheint am 2. November 2012 www.crescendo.de

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Valencia ... aus der Sicht eines Musikers

Die spanische Küstenmetropole errichtete mit der „Stadt der Künste und Wissenschaften“ einen architektonischen Meilenstein. Welch ein Glück, dass uns der Chefdirigent des derzeit spektakulärsten Opernhauses erklärt, wie es sich darin anfühlt.

Fotos: Bob Coat

VOn Robert Kittel

Das neue Wahrzeichen der spanischen Küstenstadt: Das 2006 fertiggestellte Opernhaus Palau de les Arts Reina Sofia.

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Fotos: Bob Coat; Tato Baeza (1).

Dirigent Omer Meir Wellber vor dem Palau, das L‘Hemisfèric und die Kathedrale, die einen ganz besonderen Schatz beherbergt.

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on oben, also aus dem Flugzeug betrachtet, wirkt Valencia wie ein Küstendorf mit einem riesigen Spielplatz in der Mitte. Und wenn man dann unten ist, am Boden, mitten in der City, staunt man nicht schlecht über diesen Spielplatz, der dann doch etwas größer ist als im heimischen Garten - also eigentlich bedeutend größer, wenn man es genau nimmt. Denn die weiße „Stadt der Künste und Wissenschaften“, geplant vom Stararchitekten Santiago Calatrava und in den Jahren 1991 bis 2006 erschaffen, ist eine der bedeutendsten architektonischen Leistungen der Neuzeit. Das prominenteste Element dieses mehr als 700 Millionen Euro teuren Kulturgartens ist natürlich das Opernhaus, dem auch gleich ein Opernverdächtiger Name gegeben wurde: Palau de les Arts Reina Sofia. Ganz ehrlich: es sieht auf den ersten Blick aus wie ein riesiger weißer Fisch. Schon irgendwie spektakulär, aber eben auch etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man es mit einem eher konventionellen Theater wie der New Yorker Met vergleichen würde. Auch im Inneren: ziemlich abgedrehtes Design mit runden, geschwungenen Formen auf 30.000 Quadratmetern. Die Kosten des weißen Palaus sollen bei 300 Millionen Euro gelegen haben. Man stellt sich viele Fragen, wenn man tagsüber durch diese heiligen Hallen flaniert. Zum Beispiel diese: wie fühlt es sich an, in diesem modernen, durchgestylten Gewölbe, ein 300 Jahre altes Stück von Guiseppe Verdi zu dirigieren? Beantworten könnte dies Lorin Maazel, der von 2006 bis 2011 Chefdirigent des Palau war - oder Omer Meir Wellber. Der Israeli, nur 30 Jahre jung, und Ziehsohn des großen Daniel Barenboim, leitet seit 2011 das Orchester der Oper von Valencia. Meir Wellber sagt, genau dieses Detail sei ein unglaubliches Gefühl, denn hier spiele man nicht – wie in der Mailander Scala vielleicht – in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Und gerade die heutigen, modernen Opern-Interpretationen bekämen in solch einem Haus eben eine völlig andere Dimension. Meir Wellber passt daher gut in dieses neue Valencia. Er gehört zu einer neuen Generation von international einsetzbaren Dirigenten. Er ist jung, frisch, flexibel und ohne Maestro-Allüren. Als er zu den ersten Proben („aufgrund des guten Wetters“) mit dem Fahrrad erschien und dies vor dem Haus parkte, wussten die stolzen Spanier zuerst nicht so recht, was sie davon halten sollten. Nachdem er weiterhin mit dem Fahhrad erscheint, „haben sie sich nun daran gewöhnt“, sagt Meir Wellber. Überhaupt: warum hat ausgerechnet Valencia ein solches Opernhaus? Besitzt Spanien mit Madrid, Barcelona, Sevilla und

Bilbao kulturell nicht viel bedeutendere Städte? Nicht nur Meir Wellber sagt, der Erfolg Valencias liege zu einem großen Teil an der umtriebigen Bürgermeisterin: Rita Barbera. Sie ist seit beeindruckenden 21 Jahren im Amt. Jahr für Jahr taucht sie in Ranglisten der mächtigsten Frauen der Welt auf neben Angela Merkel und Hillary Clinton in den vordersten Reihen. Señora Barbera sorgte sich in den vergangenen zwanzig Jahren wie eine „Tigermum“ um die Zukunft ihrer Bewohner und der Stadt. Dank ihrer Überzeugungskraft ließ sie Staat, Kommune und – so die Gerüchte – auch die katholische Kirche kräftig in die Küstenmetropole investieren. Natürlich nicht nur in Kultur, sondern auch in Sport und Freizeit. Valencia verfügt über eine erstklassige Fußballmannschaft und seit mehreren Jahren über ein eigenes Formel-1-Rennen, das mitten in der Stadt ausgetragen wird. Vor zehn Jahren ließ sie auch noch den Hafen komplett renovieren - für zwei Milliarden Euro immerhin - und holte zwei Mal das Segelrennen America’s Cup ans Ufer. Valencia boomt, doch die Einwohner wirken angenehm unaufgeregt. Meir Wellber sagt, das sei auch in der Oper so. Allerdings weist er kurz darauf hin, dass die Operntradition der historisch sehr alten Stadt noch in den Kinderschuhen stecke: Bis zur Fertigstellung des Calatrava-Opernhauses im Jahr 2006 gab es in Valencia weder ein Opernhaus, noch eine Aufführung. Man könnte natürlich den ganzen Tag in der Stadt der Künste und Wissenschaften verbringen – neben der Oper strahlt auch noch das L‘Hemisfèric, eine Art umgedrehter Pudding aus Stahl und Glas, der ein IMAX-Kino und ein Planetarium beherbergt; dahinter das Wissenschaftsmuseum und das L‘Oceanogràfic, immerhin gleich mal das größte Aquarium Europas. Alles beachtenswert, fotografierenswert und bestaunenswert. Doch Valencia bietet mehr. Vor allem kulinarisch: Einheimische empfehlen auf jeden Fall eine Einkehr ins Lokal La Pepica (Paseo Neptuno). Gäbe es eine Liste der „1000 Lokale, in denen man gegessen haben muss, bevor man stirbt“, wäre das La Pepica weit vorn. Wahrscheinlich sogar unter den ersten zehn (selbst die Queen speiste dort und Hemingway natürlich auch). Eröffnet 1898, ist das Lokal eine Halle voller Erinnerungen und die Kantine mehrerer Generationen. Die Hektik der Großstadt wird hier an der Garderobe abgegeben, denn am Wochenende sitzen die alten Familien bis zu fünf Stunden an den riesigen Tischen und genießen die frisch duftende Paella, die in Valencia immerhin ihren Ursprung hat. Dass es direkt am feinsandigen Stadtstrand liegt, ist da nur noch ein weiteres positives Detail. Danach wandert man zurück in die Stadt, vorbei an den alten

Bis zur Fertigstellung des Calatrava-Opernhauses im Jahr 2006 gab es in Valencia weder ein Opernhaus, noch eine Aufführung.

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Fischerhütten, hinein in eine andere Zeit. Geht man Richtung fehlen ist die Bodeguita Cavallers (Calle Caballeros 23), in der es Westen, landet man im hektischen Treiben des Mercado Central einen perfekten Café Solo gibt und natürlich das Sant Jaume (Calle – ein Markt, der die Zeit wieder um 50 Jahre zurückdreht. Hier Caballeros 51). Warum „natürlich“? Das Sant Jaume war früher kann man sich den Unterschied zwischen Serrano-Schinken und eine hübsche, kleine, mit viel altem Holz verzierte Apotheke, heute Jamón Ibérico (dem von den schwarzen Schweinen) erklären las- ist es eine Bar, die von vielen Künstlern aufgesucht werden, auch sen. Jemand, der sich damit sehr gut auskennt, ist Quique Barella, vom Chef-Dirigenten Meir Wellber. Man trinkt Cava oder ein Cerveza (Bier) und man genießt hoch dekorierter Koch im El das gelbe Licht der StraßenAlto (Calle de Jorge Juan 19). laternen, das die gepflasterDas El Alto ist ein kleines, feiten Gassen legiert. Apropos nes Restaurant im ersten Stock Bier: Auch Meir Wellber sagt, des Mercado de Colón, einer Valencia sei in dieser Hinsicht alten Markthalle mit opulenten ein Traum: das spanische CerOrnamenten an den Decken. veza schmecke nicht nur gut, Früher beherbergte der Raum es sei auch „billiger als Wasdas Finanzamt, heute genießt ser“. man Quiques legendäre FischWer nach dem Bier im kreationen. Wer zu ihm ins Sant Jaume noch fit ist und El Alto komme, sagt Quique, vorbereitet auf etwas wirkmüsse seine Gambas probielich Großes, der spaziert hinüren. Und tatsächlich, schon die ber zur Plaza de la Reina und erste Kostprobe löst Glückswirft einen Blick auf die hell gefühle am Gaumen aus. Bei beleuchtete Kathedrale von Quique sind die Gambas eine Koch Quique Barella und seine Spezialität: Gambas. Valencia. Ein kunstvoll zusamSensation, denn sie kommen aus Denia. „Es sind die besten der Welt“, schwärmen die Einhei- mengeflicktes Bauwerk, das in dieser Art original erhalten aus dem 13. Jahrhundert an diesem Platz in hell gelbem Licht erstrahlt. mischen. Meir Wellbers liebste Speisekammer ist die Taverna Alkazar. Katholiken behaupten, in dieser Kirche liege der heilige Gral, also Ein hübsches, kleines Schmuckkästchen, das für seinen in Salz- jener „Santo Caliz“, aus dem die zwölf Apostel beim letzten Abendkruste zubereiteten Fisch (Meir Wellber: „Liebe ich“) und lokale mahl tranken. Das würde auch erklären, warum Papst Benedikt XVI. seine erste offizielle Reise ausgerechnet nach Valencia tat, eine Muscheln („Mag ich nicht so“) bekannt ist. Nach dem Dinner, das in Valencia gerne erst abends um elf Geste, die beweisen soll, dass Valencia innerhalb der katholischen eingenommen wird, spaziert man durch die engen Gassen in die Kirche einen ganz besonderen Platz genieße. Vielleicht erklärt es Altstadt El Carmen, dreht die Uhr um weitere 100 Jahre zurück auch, weshalb Valencia nun diese „Landmark Buildings“ besitzt und landet gezwungenermaßen in einer der vielen alten Bodegas, und nicht die großen Nachbarn Madrid und Barcelona. n die mit dem Eintreten der Nacht immer voller werden. Zu emp-

Valencia für Klassik-Liebhaber Die wichtigsten Tipps für einen Besuch in der spanischen Küstenstadt 2

Hotels: 1. Modern, aber eine Empfehlung von Omer Meir Wellber persönlich, weil er selbst dort oft gewohnt hat: Hotel Barcelo mit direktem Blick auf das Opernhaus, www.barcelo.com. 2. Klein und Design: Hospes Palau de Mar (Foto 3). Avinguda de Navarro Reverter, 14, www.hospes.com. 3. Am Strand: Neptuno. Puerto de Neptuno 2, www.hotelneptunovalencia.com.

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Bars: 1. Saint Jaume. Calle Caballeros in der Altstadt El Carmen. 2. Bodeguita Cavallers, nur zwei Häuser weiter.

Restaurants: 1. La Pepica (1+2). Avenida de Neptuno, www.lapepica.com (unbedingt die Paella dort probieren). 2. El Alto. Calle de Jorge Juan, 19, www.grupoelalto.com. 3. Taverna Alkazar. Calle del Mosén Femades, 11, www.tabernaalkazar.com.

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Termine: Die wichtigsten Opern-Termine gibt`s auf der Internetseite des Palau de les Arts Reina Sofia: www.palaudevalencia.com. Omer Meir Wellber dirigiert am 23. Oktober 2012 die Premiere von „La Traviata“.

Anreise: 3

Air Berlin & Lufthansa fliegen direkt nach Valencia. Angebote unter www.airberlin.com & www.lufthansa.com. www.crescendo.de

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FERNE WELTEN entdecken!

für globetrotter Die internationalen Höhepunkte von Oktober bis November

Termine

Barcelona

25.10. Der imposante Konzert-

saal des Palau de la Música in Barcelona ist Schauplatz eines Gastkonzerts des Pittsburgh Symphony Orchestra. Wenn sich die Architektur des Modernismus und Musik künstlerisch vereinigen, wird Mahlers Symphonie Nr. 2 c-Moll (die „Auferstehungs-Symphonie“) gegeben. Karten sind beim Palast der Musik unter www.palaumusica.org erhältlich.

Mailand

12.11. Rolando Villazón ist nach seiner ge-

sundheitlichen Zwangspause wieder on top und gibt derzeit zahlreiche umjubelte Gastspiele in aller Welt. Im Frühjahr lobte die Süddeutsche Zeitung: „Vielleicht ist er besser als je zuvor!“ Davon überzeugen können sich auch die Besucher des Teatro alla Scala in Mailand, wo der 40-jährige franco-mexikanische Tenor gemeinsam mit Gerold Huber ein Recital gibt. Auf dem Norditalien-Programm stehen Beethoven, Massenet, Bellini und Rossini. Karten unter www.teatroallascala.org

Liverpool

7./8.11. Die Stadt am Mersey River ist die Heimat der Beatles. Aber auch die des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra. Und mit jenem hat der Chefdirigent Vasily Petrenko ein neues, junges Publikum erschlossen. Jung ist auch die Solistin Tine Thing Helseth. Die Norwegerin wird in der Liverpool Philharmonic Hall Alexander Arutjunjans Trompetenkonzert spielen. Motto der Abende: Sound the Trumpet. Karten: www.liverpoolphil.com

UNSERE VIELFALT FINDET SICH IN FERNE WELTEN 2013:

Guimarães

17.11. Die nordportugiesische Stadt ist 2012

Kulturhauptstadt Europas und feiert das mit einem hochkarätigen Abschlusskonzert. Dafür wurde die WDR Big Band in die Stadt am Fuße der Serra da Penha eingeladen. Im Gepäck haben die Musiker die Noten zu ihrem Projekt „In The Idiom“. Die Bigband unter der Leitung von Michael Abene arbeitet hierfür mit dem Trompeter Randy Brecker zusammen. In Guimarães stößt der ungarische Tenorsaxofonist Tony Lakatos dazu. Tickets unter ccvf.bilheteiraonline.pt

Hoteltipp

Diplomatisch schlafen In Berlin eröffnet gefühlt jede Sekunde ein neues Hotel: endlich auch eines in der ehemals dänischen Botschaft.

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ZAUBERHAFTES JAPAN 11-Tage Erlebnisreise 17.03.-27.03.2013

€ 2.499,–

HÖHEPUNKTE BURMAS 11-Tage Erlebnisreise 22.01.-01.02.2013

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In der Hauptstadt und doch im Grünen: „Das Stue“-Hotel.

„Das Stue“ eröffnet im November 2012 in Berlins südlichem Diplomatenviertel in Berlin-Steglitz. Der Clou des Hauses ist die Original-Fassade der ehemaligen dänischen Botschaft. Im Jahr 1938 hatten sich in dieser Gegend 37 von insgesamt 52 Botschaften angesiedelt, heute ist das Viertel eine schöne Oase im sonst eher lauten Berlin. Das Haus, Mitglied in der Vereinigung „Designhotels“, bietet neben Spa auch eine „Picknick“-Terrasse und einen großen Park. Wer noch einen Grund sucht, in die Hauptstadt zu reisen: Am 2. November gastiert das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart mit Solist und Jungstar Jan Lisiecki im Konzerthaus Berlin. Gespielt werden Werke von Ravel, Mozart und Strauss. Infos und Buchung zum Hotel über www.designhotels.com n 65

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John AXELRODS Weinkolumne

Der Wein des Nibelungen Für die insgesamt 19 Stunden Wagner-Opern braucht es mehr als nur eine Sorte Wein. Unser Kolumnist empfiehlt die besten Tropfen zum Jubiläums-Ring-Zyklus.

Mit Beginn des Jahres 2013 wird es für die Opern- und Konzerthäuser einen Namen geben, der in allen Programmen herausstechen wird: Sein Name ist in der klassischen Musik sowohl Synonym für Ärgernis als auch für Extase. Nennen Sie den Namen „Richard Wagner“ und Sie werden unterschiedliche Reaktionen bekommen: Ihnen können Wellen der Bewunderung entgegenschlagen, aber auch Abneigung und Groll. Er ist Gott und Teufel gleichzeitig. Seine Musik, sein „Gesamtkunstwerk“, ist für manche der Höhepunkt der deutschen Oper, für andere ist es der Anfang vom Ende. Wahrscheinlich gibt es mehr Bücher über Wagner als über irgendwen sonst (außer vielleicht Jesus und Napoleon). Wagners musikalische Ansichten waren revolutionär – seine politischen reaktionär. Und trotzdem: 2013 wird es Wagner ohne Ende geben. Es gibt kein Werk, das teurer aufzuführen ist als der „Ring des Nibelungen“. Finanzkrise? Was soll’s! Sollen doch die Götter der Walhalla dafür zahlen – wenn es die Griechen nicht können. Wenn Wagner das musikalische Jahr auf der ganzen Welt

dominiert, braucht es einen Wein, der uns erste Begegnung mit exzellentem Wein: die Höhen und Tiefen dieser Musik durch- Mein rebellischer Freund Peter und ich besichtigten die Domaine du Vieux Téléstehen lässt. Mancher meidet den Rotwein aus Angst vor graphe, eines der angesehendsten WeingüKopfschmerzen. Weißwein dagegen kann ter der Gegend. Wir fanden uns plötzlich in einem Raum voller hölzerner Fässer wieder. Wir konnten nicht widerstehen und probierten diesen besonderen Wein, der bis zu 15 Prozent Alkoholgehalt haben kann. Noch heute erinnert mich ein Schluck des Vieux Télégraphe an dieses wunderbare Erlebnis – genauso wie mich Wagners Musik an meine erste Probe in Bayreuth denken lässt. Beginnen Sie mit dem weißen Vieux Télégraphe für den „Lohengrin“, er ist ebenso transzwar für die insgesamt 19 Stunden Spiel- parent wie die Oper. Als nächstes einen weizeit des „Rings“ erfrischend sein, hat aber chen Rotwein zum „Siegfried“, dann einen kaum die nötige Tiefe, um die Seelenpein Rosé, der ebenso stürmisch wie die „Walküre“ aus Wotans Arien zu ertragen. Meine Emp- ist. Den vollmundig-flammenden, fasziniefehlung wäre, sich für die Wein-Auswahl renden Rotwein – eine Kombination aus den zum „Ring“ ein Weingut auszusuchen, des- Rebsorten Grenache Noir, Syrah und Moursen Weine den intensiven Geist des Wagner- vèdre – müssen Sie sich unbedingt bis zum Beginn der „Götterdämmerung“ aufheben. schen Opus aufzunehmen vermag. Ein solches Weingut entdeckte ich auf einer Die mächtige Wirkung dieses Weins werSchulreise nach Frankreich, ins Örtchen den Sie nie vergessen. Genauso natürlich wie Châteauneuf-du-Pape – übrigens meine Ihren ersten „Ring“. n

„Den vollmundigflammenden Rotwein müssen Sie bis zur ‚Götterdämmerung‘ aufheben.“

John Axelrod ist absoluter Weinexperte, Musik-Direktor des Orchestre­National des Pays de la Loire in Frankreich und Dirigent des Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi. Nebenbei schreibt er auch noch Bücher. Sein Buch „Wie großartige Musik entsteht ... oder auch nicht. Ansichten eines Dirigenten“, das soeben im Verlag „Bärenreiter/Henschel“ erschienen ist, rezensieren wir auf Seite 46.

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Pack ma’s!

Fotos: Steven Haberland; Marco Borggreve

Der Koffer war früher die schwere Truhe des Musikers. Heute gibt es Leichtgewichte, was vor allem den vielreisenden Künstlern zugute kommt.

Tempi passati: Alte Vintage-Koffer sind zwar schön anzusehen, gefüllt haben sie aber schon so manchen Künstlerrücken ruiniert. Pianist Matthias Kirschnereit und Trompeter Gábor Boldoczki können davon ein Lied „spielen“.

W

enn einer eine Reise tut“, dichtete Matthias Claudius vor über 200 Jahren, „dann kann er was erzählen“. Und wenn ein Reisender sich in sein Reisegepäck schauen lässt, dann sagt das unter Umständen auch eine ganze Menge über ihn. Sind Handlungsreisende in Sachen Musik anders gestrickt als Normalsterbliche? Teilweise schon, so viel sei vorweggenommen. Der Pianist Matthias Kirschnereit hat da ein ambivalentes Verhältnis zu Koffern. „Ich hasse Gepäck!“, ruft er energisch aus. „Schwere Koffer belasten mich. Ich finde das äußerst unangenehm.“ Dabei meint er noch nicht einmal das Gewicht. Zumal die Kofferhersteller wie Rimowa oder Samsonite beachtliche Leichtgewichte auf den Markt bringen. Sogar das Innenfutter ist „leicht und robust wie Fallschirmseide“, so die Hersteller. Unter Vielreisenden gilt bekanntlich die Gleichung: Je leichter der Koffer, desto mehr kann man mitnehmen. Passé sind die Zeiten, in denen der leere Koffer schon die Hälf68

te des Maximalgewichts für sich beanspruchte. Ein 93 Liter fassender Koffer mit der Höhe von 75 Zentimetern von Samsonite wiegt heute gerade einmal 2,9 Kilogramm. Dass es natürlich nicht ohne Gepäck geht, ist dem 50-jährigen Pianisten auch klar. Und doch beschreibt er den Inhalt seines Koffers als „unspektakulär“. Keine Handgranaten, nichts dergleichen. „In meinem Koffer befinden sich weitestgehend Dinge, auf die ich nötigenfalls verzichten könnte.“ In Matthias Kirschnereits Koffer befinden sich demnach Anziehsachen, seine Konzertkleidung, Musik-CDs und ein Zweitbuch. Der gebürtige Westfale fährt frei nach der Devise: „Ich brauche meinen Ausweis und meine Kreditkarte – alles andere kann ich zur Not kaufen.“ Auch im Koffer des Trompeters Gábor Boldoczki befinden sich „nur gewöhnliche Sachen“, wie der Ungar erklärt. Drei bis vier Mal Jogging-Klamotten, Konzertkleidung, ein Laptop, Vitamine, Bücher, die Kulturtasche. „Standardmedikamente sind immer dabei“, erzählt www.crescendo.de

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Die er. „Denn wenn man um die Welt reist, sollte man schnell etwas nehmen können, wenn nötig.“ Der Trompeter nimmt zudem immer ein eigenes Kissen mit. Vermutlich bewahrt er sich da bei seinen Hotelübernachtungen und Nicht für Musiker, sondern dem Leben aus dem Koffer während der eher für Zuschauer, die keiKonzerttourneen ein kleines Stück „zu nen Sitzplatz mehr finden, Hause“. Auf jeden Fall „kann ich immer ist dieser Couchkoffer. gut schlafen und bin für die Bühne ausgeruht.“ Musiker sind Sicherheitsmenschen. Vor allem, wenn sie beruflich unterwegs sind. Da wird, bevor das Taxi zum Flughafen vor der Tür steht, lieber noch drei Mal alles durchgeschaut. Fehlt etwas? Sind Zahnbürste da und Konzertkleidung? Bei Frauen darf natürlich das Schminkset nicht fehlen, die Männer schnüffeln noch einmal das Aftershave. Kontaktlinsen sind eher mal ein Paar zu viel als zu wenig dabei. Niemals aber, auf gar keinen Fall, nicht in den kühnsten Träumen würden Musiker eine Sache beim Check-in zurücklassen: Das Instrument. Gábor Boldoczki: „Es wäre der blanke Horror für einen Musiker, wenn man irgendwo landet und das Instrument ist verloren, kommt verspätet oder ist gar kaputt.“ Deshalb hat das Handgepäck für Musiker auch die weitaus größere BedeuDer neue Glasfaserkoffer für tung als das normale Reisegepäck. Denn Trompete von Jakob Winter. das Handgepäck hat der Musiker immer bei sich, er ist sein Aufpasser, sein schärfster Wachhund. Instrumentenkoffer und -taschen gibt es in allerlei Größen und Materialien, Formen und Farben. Meist werden Instrumente von den Herstellern inklusive Tasche geliefert. Und meist – für den täglichen Gebrauch zu Hause – sind diese auch völlig ausreichend. Doch sobald es auf Reisen geht, ist mehr vonnöten. Sicherer und größer müssen die Transportutensilien sein. Denn neben den Trompeten oder Klarinetten muss ja noch allerlei Überlebenswichtiges an Bord sein. Die Instrumentenkoffer etwa der Firmen Jakob Winter, Gewa, Kariso oder Marcus Bonna sind stabil und können unter Umständen bis zu Rollendes Vergnügen: Die leichten vier Trompeten fassen. Was Boldoczki oder Schalenkoffer von Samsonite. der englischen Trompeterin Alison Balsom ihre Instrumente sind, sind Kirschnereit die Noten. „Die müssen ins Handgepäck“, erklärt er. Erstens studiere er die Werke auf den Reisen immer ohne Instrument und zweitens könne man etwa die Partitur eines Röntgen-Klavierkonzerts nicht am Bahnhofskiosk erstehen, wenn sie verloren gehe. Dinge, die Musiker zusätzlich noch in ihrem Handgepäck haben, dienen oft auch schon der (mentalen) Vorbereitung auf Konzerte. Dazu gehören Bücher zum Abschalten oder der iPod mit der zu spielenden Musik. Alison Balsom etwa braucht ihre Kopfhörer, um dem sie umgebenden Lärmpegel auf den Reisen zu entkommen. Mit dabei sind zudem Schokolade und Bananen (Kirschnereit: „Das habe ich mir von Boris Becker abgeschaut.“) und sogar ein Fläschchen Schnaps (Boldoczki: „Aber nur eine ganz kleine!“). Das Metronom hat Kirschnereit auch dabei. Normalerweise im Handgepäck. Wobei es schon der Unterhaltung dienen würde, dieses angeschaltet im Koffer zu lassen. Klaus Härtel 69

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ie DEUTSCHLAND reist dieses Mal zwischen zwei Ozeanen. Die kühlen Fluten des Südatlantiks wechseln unvermittelt in die tropischen und türkisfarbenen Buchten des Indischen Ozeans. Begleiten Sie uns zu diesem Naturwunder! Höhepunkte der Reise: • Themenpakete Garten, Golf und „Kraft der Gedanken“ buchbar • Kulinarik – südafrikanische Weinspezialitäten • Klassik an Bord – mit dem Delian Quartett, das sich in kürzester Zeit an die Spitze der internationalen Kammermusik-Szene gespielt hat. • Der besondere Landausflug – Jeepsafari im Addo-Elefantenpark • Reederei-Sonderflug von Port Louis – genießen Sie Ihren direkten Heimflug noch komfortabler in der Business-Class (Aufpreis € 1.495,- p. P.)

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Die besten Klassik-Apps Mehr und mehr beweist die früher etwas konservative KlassikWelt, dass sie viel weniger verstaubt und rückgewandt ist, als man es ihr vorwirft. In Zeiten, in denen viele Künstler nicht nur einen rege frequentierten Facebook-Auftritt oder Twitter-

Account, sondern die meisten auch ein Smartphone besitzen, haben wir uns gefragt: Was kann das Handy in puncto Klassik? Wir haben uns einige nützliche Klassik-Apps für iPhone und iPad genauer angeschaut. SheetRack

Statt Notenständer

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OpernarienSing-Along Der Korrepetitor für die Handtasche: Mit der App „Pluscore Sing-Along“ können Sänger nun auf dem iPad Opernarien pauken. Die App bietet eine Auswahl aus den bekanntesten Opernarien von Mozart bis Wagner für alle Stimmlagen. Der Clou: Der Sänger kann nicht nur die Noten mitlesen, das integrierte MIDIStudio ermöglicht es außerdem, die Begleitung zum Gesangspart auf die eigene Interpretation abzustimmen und den Gesang aufzunehmen.

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Wieso einen Arm voll Partituren schleppen? Das Programm „SheetRack“ bietet nicht nur die Möglichkeit, Noten aus dem Internet aufs iPad zu laden und zu sortieren, es kann auch Seiten umblättern – ganz ohne Berührung des Bildschirms. Der Musiker muss während seines Spiels lediglich ins Mikrofon pusten.

Stimmgabel Wer nicht das seltene Glück hat, mit einem absoluten Gehör gesegnet zu sein, der hat eine praktische Stimmgabel nun auf dem iPhone dabei. Die „Stimmgabel“, lässt durch Antippen oder schütteln des Geräts den Kammerton a erklingen. Moderne Technik sei dank lässt sich in sämtliche Stimmungen transponieren.

Preis: 3,49 Euro, www.sheetrack.com

Preis: 0,79 Euro, www.schott-musik.de

Elbphilharmonie Hamburg

Das Konzerthaus in 3D

kostenlos, die einzelnen Arien müssen jedoch erworben werden (je 2,39 Euro), www.schott-musik.de

Zumindest virtuell kann man die Elbphilharmonie schon bewundern. Die 3D-Elbphilharmonie-App bietet Klassikfans die Möglichkeit, auf dem iPad durch das Gebäude zu wandeln, mit der Tube hinauf zu fahren, die Foyers anzuschauen und einen Blick in den großen Konzertsaal mit seinen über 2000 Sitzplätzen zu werfen. Auf das dazugehörige akustische Erlebnis müssen Klassikfans dennoch bis zur realen Eröffnung warten…

Festspiel-Guide

Festspiel-App Die großen europäischen Musikfestspiele auf dem Handy? Mit der crescendo Festspiel-Guide-App gelangt man per Fingertipp zu den schönsten Festivals für klassische Musik. Mit der komfortablen App lassen sich Termine und Programmschwerpunkte anschauen, die Reiseroute planen und einen Überblick über das große Angebot gewinnen.

kostenlos, www.elbphilharmonie.de

kostenlos, www.festspielguide.de Villa Cäcilia

Hausmusik

Radio für unterwegs

Klangliche Qualität, kindgerechte Optik und eine interaktive Nutzung kommen bei dieser Musikvermittlungs-App für Kinder zusammen: Kinder ab fünf Jahren können in einer virtuellen Villa Räume mit Musikinstrumenten entdecken, Spiele zu Noten und Rhythmus spielen oder den Kanon „Bruder Jakob“ singen.

Viele private und öffentlich-rechtliche Radiosender (z.B. auch BR und hr) haben mittlerweile einen Live-Stream für Smartphones eingerichtet, sodass jeder seinen Lieblingsradiosender unterwegs hören kann. Klassikliebhaber haben jetzt bei Deutschlands meistgehörtem Klassiksender Klassik Radio gar noch mehr Auswahl: Die App bietet drei unterschiedliche Radio-Streams an: Das Live-Programm, einen Opern-Kanal sowie einen Kanal für Cineasten – mit der beim Sender so beliebten Filmmusik.

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Ok tober / November 2012


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e r l e b e n

Generalmusikdirektor Karl-Heinz Steffens dirigiert die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.

Aufbruch in der Pfalz Als Orchester ohne eigene Spielstätte versorgen die Musiker der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz die Region – und wagen nun den Sprung zum Spitzenorchester. V on M i c h a e l S e l l g e r

Es gibt das geflügelte Wort vom Propheten, der nicht zum Berg kommen will und deshalb prompt von diesem aufgesucht wird. In Rheinland-Pfalz mag es an richtigen Bergen fehlen und wohl auch an Propheten, das Bundesland hat aber ein philharmonisches Orchester und knapp vier Millionen Bürger. Und wo die Menschen anderswo für zwei Stündchen Hochkultur in die Metropolen ihres Bundeslandes aufbrechen, macht sich das Landesorchester in der Pfalz selbst auf den Weg zu seinem Publikum. Ein Auszug aus dem Konzertkalender: Elgar in Trier, Strauss in Worms, Schönberg in Ludwigshafen, Reger in Kaiserslautern, Saint-Saëns in Mainz. Das 72

ist nicht der Tourneeplan, sondern ganz normaler Orchesteralltag für die Pfälzer. Die fahrenden Musikanten werden damit dem gerecht, was die Kulturpolitiker des Landes „Versorgungsauftrag“ nennen. Das klingt hölzern, dahinter aber verbirgt sich immerhin die Einsicht, dass Kultur ein Grundbedürfnis ist, das es zu stillen gilt. Und gestillt wird es – der Berg kommt mit dem Reisebus zum Propheten. Ein Jahr nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Sinfonieorchester von engagierten Bürgern und Sponsoren in Landau gegründet, damals unter anderem Namen. Überhaupt Namen: Mit www.crescendo.de

Ok tober / November 2012


Im Gespräch mit Intendant Michael Kaufmann

„Wir nutzen die Vorteile der zweiten Reihe!“

Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Informationen / Kartenservice: Tel.: +49-(0) 621 / 599 09 – 0 Fax: +49-(0) 0621 / 599 09 – 50 info@staatsphilharmonie.de www.staatsphilharmonie.de

Die Landauer Jugendstilfesthalle.

beinahe jedem Jahrzehnt änderte sich die Bezeichnung, heute heißt das Orchester Deutsche Staatsphilharmonie RheinlandPfalz. Ein wuchtiger Name, fast ein bisschen großspurig für ein Ensemble, dem es seit jeher an eigener Spielstätte fehlt. Regelmäßig spielen die Philharmoniker in Ludwigshafen, einer Stadt, die vom Chemiekonzern BASF dominiert wird und in deren Feierabendhaus das Orchester bislang am häufigsten gastiert. Dabei ist die Staatsphilharmonie beileibe keine Betriebsfeiernkapelle. Der vermeintliche Underdog macht immer häufiger überregional von sich reden. Bislang national vor allem bei herausragenden Produktionen im Bereich Film & Musik wahrgenommen, erfolgt unter GMD Karl-Heinz Steffens seit kurzem eine progressive Neuausrichtung und Profilierung. Gerade hat das Orchester unter seinem Chefdirigenten die Sinfonien Schumanns eingespielt und tritt damit in den Wettbewerb zu den Platzhirschen auf dem Plattenmarkt. Zusammen mit der Oper Halle und dem Theater Ludwigshafen haben sich die Pfälzer an Wagners „Ring“ gewagt, im kommenden Frühjahr wird der komplette Zyklus aufgeführt. Das ist längst nicht mehr das konturschwache Orchester der Vergangenheit, das sich ohne inhaltliche Akzente an das Publikum schmiegte. Künftig soll einer der Schwerpunkte auch auf der Musik des 20. Jahrhunderts liegen, nächstes Jahr eröffnet das Orchester schon mal das Kurt Weill Fest in Dessau. So wächst das Orchester mehr und mehr in den bedeutungsschweren Titel Staatsphilharmonie hinein und über seinen bloßen Versorgungsauftrag hinaus. Und vielleicht gibt es eines Tages doch noch eine eigene Spielstätte für die Pfälzer. Sicher käme dann der Prophet von ganz allein zum Berg. n

Intendant Prof. Michael Kaufmann.

Dann fehlt also nur noch eine eigene Spielstätte? Zugegeben, das ist bei aller Nähe zum Publikum ein Mangel. Unsere Musiker haben nirgends eine echte Heimstätte. Es fehlt hier in der Region das kulturelle Zentrum. Die Verteilung auf das Land ist schön, es kostet aber viel mehr Energie, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und Aufmerksamkeit ist wichtig. Und trotzdem der kühne Sprung in die erste Reihe? Zumindest wollen wir häufiger mit all unseren Talenten wahrgenommen werden. Und dafür nutzen wir die Vorteile der zweiten Reihe: Es gibt keine klaren Erwartungen, nichts zwängt uns ein. Also erlauben wir uns einen zeitgemäßeren Umgang mit der Musik des 20. Jahrhunderts und machen Schluss mit der unseligen Trennung von Uund E-Musik. Wir können beides: Klassische Sinfonien und moderne Klassik, Beethoven gelingt uns genauso gut wie Bernstein. n 73

Fotos: Thomas Brenner; Frank Vinken; Fotoarchiv der Staatsphilharmonie RHeinland-Pfalz

Musikvermittlung ist wichtig: Musiker in der Erich-Kästner-Schule.

Herr Kaufmann, wo würden Sie die Staatsphilharmonie in der deutschen Orchesterlandschaft verorten? Wir werden noch nicht als Orchester der ersten Reihe wahrgenommen, vor allem mit Blick auf das Kernrepertoire der klassischen Sinfonien. Aber in Nischen wie der Filmmusik zählen wir sicher zur Spitze in Deutschland. Und Ziel Ihrer Intendanz soll sein, das zu ändern? Natürlich. Wir wollen unser Potential stärker zeigen. Den Vergleich über die Region hinaus suchen wir künftig bewusster, das legt viel Energie frei. Mit Karl-Heinz Steffens gehören wir in die erste Reihe. Versorgungsauftrag in Rheinland-Pfalz und zugleich die Profilierung auf der großen Bühne: Fürchten Sie nicht, die Staatsphilharmonie damit zu überfordern? Das ist tatsächlich ambitioniert. Aber wir können dem Orchester Freiräume schaffen und sein Profil stärken. Ein Problem ist eher, dass wir für etliche Projekte einfach zu klein sind. Umso wichtiger sind Kooperationen... ...wie die mit der Oper Halle und dem Theater in Ludwigshafen? In diesem Ost-West-Projekt stellen wir fantastische Dinge auf die Beine. Im Rahmen unserer Wagner-Reihe begegneten mit „Siegfried ohne Worte“ junge Musiker und junges Publikum Wagner. Es braucht mehr Fantasie, wenn man neue Zuhörer gewinnen will. Für Nachwuchs begabter Orchestermusiker ist gesorgt? Zumindest haben wir gemeinsam mit Mannheim eine länderübergreifende Orchester-Akademie gegründet. Das gab es bisher noch nicht und soll jungen Talenten mit Stipendien zu einem Einstieg verhelfen. Es ist eine Metropol-Musikakademie für eine Metropolregion, die in acht Jahren übrigens Kulturhauptstadt werden will. Bis dahin bleibt ihnen Karl-Heinz Steffens erhalten? Derzeit ist Ihr Chefdirigent viel im Ausland beschäftigt. Im Moment an der Mailänder Scala, in Monte Carlo, in Birmingham. Aber Steffens bleibt uns trotz internationaler Optionen erhalten, seinen Vertrag hat er bis 2018 verlängert. Die Staatsphilharmonie ist seine musikalische Heimat. Ein Glücksfall!


e r l e b e n

Beeindruckende Kulisse: Konzertatmosphäre in der Frauenkirche.

Ein Musikprogramm mit Nachhall Die Dresdner Frauenkirche ist Touristenmagnet – und Konzertkulisse: Wo sich spirituelle und ästhetische Kraft in Klang umsetzt. V on A n d e r s W i n t e r

Die Turmhaube der neuen Kirche war frisch aufgesetzt worden. Da ten, Kinder- und Familienkonzerten. Das sei „ein Ansporn und verlegten die Dresdner Philharmoniker an einem Herbsttag ihre ein Versprechen zugleich, im Dienste derer, die die musikalischen Probe in die wiedererstandene Kirche. Noch hatte in dem restau- Werke komponierten; im Dienste derer, die wegen des Hörgenusses rierten Kirchenraum niemand eine Note gespielt; nun packten die in die Kirche kommen; aber auch im Dienste derer, die Dresden Musiker etwas beklommen ihre Instrumente aus, stimmten, und als Kulturstadt weltweit ausstrahlen lassen wollen,“ sagt der Pfarrer, probten einen Vormittag lang Bruckners dritte Sinfonie. Ein „magi- und man hört ihm auch ein bisschen Stolz an: mit diesem Musikscher Moment“ sei das gewesen, erinnert sich Philharmonie-Inten- programm, das für ein Gotteshaus so ziemlich einzigartig ist, muss sich die Frauenkirche hinter den benachbarten, teilweise ja hoch dant Anselm Rose noch heute. Sicher, die Frauenkirche Dresden ist kein akustisch perfekter subventionierten Kultureinrichtungen mitnichten verstecken. „Bewährtes und Neues“ biete der kommende musikalische Konzertsaal geworden, auch wenn sich viele Dresdner, die die alte Kirche noch kannten, bevor sie 1945, zwei Tage nach dem großen Jahrgang, sagt der Konzertmanager der Kirche, Ralf Ruhnau. Feuersturm, mit dumpfem Grollen zusammengesackt war, an die Fokussiert und pointiert widme man sich übers Jahr dem Gedanken vermeintlich großartige Akustik zu erinnern glaubten. Dennoch des Originalklangs; dabei trifft die Alte Musik in vielen Konzerten sei diese Kirche ohne Musik gar nicht denkbar, so drückt es Pfarrer spannungsvoll auf Neues und Zeitgenössisches. Ensembles wie „La Sebastian Feydt aus. Bei den jährlich mehr als fünfhundert Andach- Folia“, das Concerto Köln oder das Freiburger Barockorchester werten gehört die Musik dazu, darüber hinaus stemmt die Stiftung Frau- den nach Dresden kommen. Und selbstverständlich werden in der enkirche ein umfassendes Konzertprogramm mit den „Geistlichen Frauenkirche die großen Musiker-Jubiläen gefeiert: Christian ThieSonntagsmusiken“, zahlreichen Instrumentalkonzerten, Orgelnäch- lemann und die Sächsische Staatskapelle sind etwa am Wochen74

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Daniel Müller-Schott

Fotos: Stiftung Frauenkirche Dresden; Stiftung Frauenkirche Dresden / Matthias Creutziger; Stiftung Frauenkirche Dresden / Maiwolf; Stiftung Frauenkirche Dresden / Maike Helbig

Christian Thielemann

Sharon Kam

Konzerte in der Frauenkirche Dresden

Informationen und Kartenservice:

tuelle und ästhetische Kraft dieses Ortes in ende vor Richard Wagners 200. GeburtsTel.: +49-(0)351 656 06 701 Klang umzusetzen, „hochwertig und nah tag mit dem hier weiland mit 1200 Sängern Fax: +49-(0)351 656 06 703 ticket@frauenkirche-dresden.de am Puls der aktuell besten und meist authenuraufgeführten „Liebesmahl der Apostel“ zu www.frauenkirche-dresden.de/konzerte tischen Interpretationen. Mit Künstlern, Gast. Anlässlich des 200. Geburtstages von Orchestern und Chören aus ganz Europa. Giuseppe Verdi werden im Juni 2013 erstmals in der Frauenkirche die „Quattro pezzi sacri“ des Komponisten Es macht glücklich, an dieser besonderen sakralen Stelle Musik präerklingen. Und: es gibt „Britten, Britten ganz viel Britten“, schwärmt sentieren zu können, die weltweit ausstrahlt!“ Erwartungsvoll blickt Ruhnau. Die Dresdner Musikfestspiele sind anlässlich des 100. Ruhnau auf das kommende, an Höhepunkten reiche Jahr. Sage und Geburtstages des englischen Komponisten Ende Mai, Anfang Juni schreibe 130 Angebote umfasst sein Programmplan; unter anderem mit zwei herausragenden Programmen zu Gast: da erklingt unter 59 Konzerte, 24 Geistliche Sonntagsmusiken, 22 Orgelabende, vier Hartmut Haenchens Leitung Brittens „Lachrymae“ op. 48a mit der Kinder- und Jugendkonzerte sowie zwei Adventsliederabende. Der Frauenkirchenkantor Matthias Grünert setzt daneben auf Bratschistin Tabea Zimmermann. Und das Uraufführungsorchester des „War Requiems“, das City of Birmingham Symphony Orchestra, die Pflege etablierter Formate. So erfährt im kommenden Jahr die ist unter seinem Musikalischen Leiter Andris Nelsons zu Gast und Musik Johann Sebastian Bachs besondere Aufmerksamkeit. Allein wird das groß besetzte Oratorium 51 Jahre nach seiner Premiere in 14 der 24 Geistlichen Sonntagsmusiken – darunter auch die insder wiedererstandenen Kathedrale von Coventry nun in Dresden gesamt 200. Sonntagsmusik im Mai 2013 – präsentieren Kantaten und Motetten des Barockmeisters. Die großen chorsinfonischen aufführen. Bewährt hat sich die Kirche als Touristenmagnet, sicherlich. Werke Bachs wie die Johannes-Passion, die h-Moll Messe oder das 2011 kamen zwei Millionen Besucher in die Kirche; Instrumental- Weihnachtsoratorium sind unter seiner Leitung zu hören. Hier wie stars wie Anne-Sophie Mutter, Yuri Bashmet, Martin Stadtfeld oder auch in zahlreichen weiteren Aufführungen eingebunden, sind die Mischa Maisky lockten in den vergangenen Jahren auch zahlreiche verschiedenen Ensembles der Frauenkirche: der Kammerchor, der Konzertgänger in den Kuppelbau. 2013 werden der Pianist Ingolf große Chor, das Collegium vocale und das ensemble frauenkirWunder, die Klarinettistinnen Sharon Kam und Sabine Meyer und che. Gerade diese Zusammenarbeit begeistert den Kantor nach wie der Cellist Daniel Müller-Schott ihr Frauenkirchen-Debüt geben. vor: „Es inspiriert mich, in welcher Fülle und Qualität man mit der „Gebündelte Energie“ attestiert Manager Ruhnau dem Musikpro- beständig großen Zahl an Sängern und Instrumentalisten in dieser gramm im Kirchenrund; seine persönliche Vision sei es, die spiri- Kirche Künste gestalten kann.“ n 75


e r l e b e n

Oktober / November Diese Termine sollten Sie nicht versäumen

Tonhalle Düsseldorf

STars und SternE am Rheinufer Dass die Düsseldorfer Tonhalle einst als Planetarium am Rheinufer eingeweiht wurde, sieht man ihrer Architektur natürlich an. Und es macht sich auch heute immer noch in der Namensgebung der Konzerte ebendort bemerkbar. Die Tonhalle ist heute auch und vor allem musikalische Heimat der Düsseldorfer Philharmoniker und die Konzerte tragen programmatische Namen wie „Sterntaler“, „Sternzeichen“ oder gar „Sternschnuppe“. Ein sozusagen exorbitantes Highlight findet Ende Oktober statt. Da nämlich landet die Amsterdam Sinfonietta in der Tonhalle. Begleitet werden die Musikerinnen und Musiker nicht von einer Außerirdischen, aber immerhin von der Weltklasse-Cellistin Sol Gabetta. Unter der Leitung von Candida Thompson stehen Sergej P ­ rokofjew „Visions fugitives“, Ernest Bloch „Prayer“, „Nigun“ und Johannes Brahms „Streichquintett Nr. 2 G-Dur“ auf dem Programm. Die Erstaufführung einer Auftragskomposition der Amsterdam Sinfonietta, Pēteris Vasks’ Konzert für Violoncello und Kammerorchester „Presence“ ist ebenfalls am Rhein zu hören. Doch natürlich landen nicht nur „Fremde“ in der Tonhalle. Die Location mit dem 1854 Zuhörer fassenden Großen Saal präsentiert unter „Sternzeichen“ Konzerte der Düsseldorfer Symphoniker, unter „Sterntaler“ Musikbilder für zweiund drei-Jährige und unter „Sternschnuppe“ Konzerte für Familien mit Kindern ab sechs Jahren. Eine „Supernova“ ­ erlebt man dort mit dem Sinfonieorchester der Robert Schumann Hochschule. Düsseldorf, Tonhalle, Amsterdam Sinfonietta: 27.10., www.tonhalle.de

Premieren 20.10.

Baden/Stadttheater (A)

Die Dubarry/C. Millöcker (Operette) 20.10.

Basel/Theater (CH)

Der Sandmann/A. L. Scartazzini (UA) 20.10.

Chemnitz/Theater

Madama Butterfly/G. Puccini 20.10.

Darmstadt/Staatstheater

20.10.

Dresden/Semperoper

20.10.

Mannheim/Nationalthea-

Die Macht des Schicksals/G. Verdi

Das geheime Königreich/E. Křenek ter La Fanciulla del West/Puccini 20.10. Saarbrücken/Saarländisches Staatstheater Aladin und

die Wunderlampe/N. Rota

20.10.

St. Gallen/Theater (CH)

La Wally/Alfredo Catalani

Weimar/Deutsches Nationaltheater Falstaff/G. Verdi 20.10. Wuppertal/Opernhaus 20.10.

76

Der Barbier von Sevilla/G. Rossini 21.10.

Berlin/Deutsche Oper

Parsifal/R. Wagner

Bremen/Theater a. Goetheplatz Die Banditen/J. Offenbach 21.10. Hannover/Opernhaus 21.10.

Lady Macbeth von Mzensk/Schostakowitsch

Die Tonhalle Düsseldorf

26.10. Schwerin/Mecklenburgisches Staatstheater Die Hochzeit

des Figaro/W. A. Mozart

27.10.

Augsburg/Theater Diverti-

Das Kind u. die Zauberdinge/Ravel 30.10. Luzern/UG (CH) Fräulein Bixel u. Herr Glück/R. Schacher (UA)

27.10.

Cottbus/Staatstheater

31.10.

27.10.

Dresden/Semperoper

31.10. Mönchengladbach/ Theater Die kleine Seejungfrau

mento für Mozart/K. O’Day (Ballett) Hoffmanns Erzählungen/J. Offenbach Bella Figura (Ballett)

21.10.

Nürnberg/Staatstheater

21.10.

Wien/Kammeroper (A)

27.10. Kassel/Staatstheater Die Csárdásfürstin/E. Kálmán (Operette)

25.10.

Klagenfurt/Stadttheater

My fair Lady/F. Loewe (Musical)

Tristan und Isolde/R. Wagner

La cambiale di matrimonio/Rossini (A) Das schlaue Füchslein/Janáček 25.10. München/Cuvilliéstheater Don Pasquale/G. Donizetti 26.10. Bern/Stadttheater (CH)

Herzschläge (Ballett) 26.10.

Dresden/Staatsoperette

26.10.

Erfurt/Theater

Gasparone/C. Millöcker (Operette) Die Zauberin/P. I. Tschaikowsky

Braunschweig/Staatstheater Die Nachtigall/Strawinsky &

28.10.

27.10.

Köln/Oper am Dom

27.10.

Linz/Landestheater (A)

27.10.

Magdeburg/Opernhaus

Pariser Leben/Offenbach (Operette) Französische Rhapsodie/G. Galuera (Ballett) 28.10. Berlin/Komische Oper Ali Baba u. die 40 Räuber/T. Akyol (UA) 28.10.

Bonn/Opernhaus

Norma/V. Bellini

Hamburg/Alleetheater

Der Bajazzo/R. Leoncavallo Rusalka/A. Dvořák

Remscheid/Teo Otto Theater Glückliche Reise/E. Kün31.10.

neke (Operette)

31.10. Salzburg/Landestheater (A) Tristan und Isolde/R. Wagner 1.11. Stuttgart/Staatstheater

Iphigenie in Aulis/C. W. Gluck 2.11.

Biel/Theater (CH)

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsky 2.11.

Mainz/Staatstheater

Fatinitza/F. von Suppé (Operette) 3.11.

Dessau/Anhaltisches Thewww.crescendo.de

ater Die lustige Witwe/F. Lehár (Operette) 3.11.

Erfurt/Theater

3.11.

Essen/Aalto Theater

3.11.

Passau/Stadttheater

3.11.

Plauen/Vogtlandtheater

4.11.

Aachen/Theater

4.11.

Altenburg/Heizhaus

4.11.

Frankfurt/Oper

4.11.

Wien/Volksoper (A)

4.11.

Zürich/Opernhaus (CH)

Ok tober / November 2012

Julius Cäsar/G. F. Händel Ein Sommernachtstraum/F. Mendelssohn Bartholdy (Ballett) Beatrice di Tenda/V. Bellini

Così fan tutte/W. A. Mozart 3.11. Trier/Theater Das Narrenschiff/ S. Grützmacher (Ballett, UA) Hänsel und Gretel/E. Humperdinck Carmen/G. Bizet

Pelléas et Mélisande/C. Debussy Rusalka/A. Dvořák


man Oper? (UA)

8.11.

Basel/Theater (CH)

9.11.

Landshut/Stadttheater

20.11. Straubing/Theater am Hagen Beatrice di Tenda/V. Bellini 21.11. Heilbronn/Theater Blau-

9.11.

Oldenburg/Staatstheater

21.11.

München/Cuvilliéstheater

21.11.

Solothurn/Theater (CH)

Lo Speziale/J. Haydn

Beatrice di Tenda/V. Bellini Carmina Burana/C. Orff 10.11.

Chemnitz/Theater

Nussknacker und Mausekönig/ P. I. Tschaikowsky

barts Geheimnis/S. Thoss (Ballett)

Eugen Onegin/P. I. Tschaikowsky

Düsseldorf/Opernhaus

22.11.

Berlin/Neuköllner Oper

10.11.

Hagen/Theater

22.11.

Hildesheim/Theater

10.11.

Kiel/Theater

10.11.

Koblenz/Theater

23.11.

Meiningen/Theater

10.11.

Nürnberg/Staatstheater

Orpheus in der Unterwelt/Offenbach

23.11.

Potsdam/Schlosstheater

Würzburg/Hochschule für Musik Bibrastraße

24.11.

Don Carlo/G. Verdi

Agrippina/G. F. Händel The Rake‘s Progress/I. Strawinsky 10.11.

Refidim Junction/M. Wolf (UA) 11.11.

Hamburg/Staatsoper

13.11.

Bonn/Opernhaus

Madama Butterfly/G. Puccini

La Bayadère/L. Minkus (Ballett) 14.11. Frankfurt/Alte Oper Maria Stuarda/Donizetti (konzertant) 14.11.

München/Cuvilliéstheater

16.11.

Freiburg/Theater

Karneval der Tiere/C. Saint-Saëns

Someone Else/G. Webber (Ballett) 16.11. Lübeck/Theater Das Land des Lächelns/F. Lehár (Operette) 16.11.

Nordhausen/Theater

Der Graf von Luxemburg/F. Lehár (Operette)) 16.11. Schwerin/Mecklenburgisches Staatstheater Der Opern-

feind/ R. Genée, Die Opernprobe/ A. Lortzing

Zwickau/Theater hinterm Vorhang Tristan - Isolde/ 16.11.

T. Händler (Ballett)

17.11.

Dessau/Anhaltisches The-

ater Operngala - Die wunderbare Welt der deutschen und französischen Oper 17.11.

Graz/Opernhaus (A)

L‘Elisir d‘Amore/G. Donizetti 17.11.

Hannover/Opernhaus

17.11.

Kaiserslautern/Pfalzthea-

Sissi/J. Mannes (Ballett)

ter Giselle/A. Adam (Ballett) 17.11. Krefeld/Theater

Josefine/Sagardía (UA) 17.11.

Magdeburg/Opernhaus

17.11.

Mannheim/Nationalthea-

Sweeney Todd/S. Sondheim (Musical) ter R.A.W./T. Siffling (Ballett, UA) 17.11. München/Nationaltheater Forever Young (Ballett) 17.11. Osnabrück/Emma-Theater Incanto/M. de Candia (Ballett) 17.11. Pforzheim/Theater

Manon/J. Massenet

17.11. Würzburg/Mainfrankentheater Die Fledermaus/J. Strauß

(Operette) 18.11.

Bern/Stadttheater (CH)

18.11.

Köln/Oper am Dom

20.11.

Hamburg/Das Opernloft

La Cenerentola/G. Rossini Fidelio/L. van Beethoven

Das Operncamp - Wie überlebt

Keine herbstMelancholie

Peter und der Wolf/S. Prokofjew (Ballett)

10.11.

b.13 (Ballett)

19. bis 25.November, Lucerne Festival am Piano.

Platée/J. P. Rameau

Eine Woche voller Samstage/P. Maar & R. Bielfeldt (Musical) 22.11. Ulm/Theater Le Sacre du Printemps/I. Strawinsky (Ballett) Die Zauberflöte/W. A. Mozart

Orfeo ed Euridice/C. W. Gluck

Berlin/Staatsoper im Schillertheater La finta

giardiniera/W. A. Mozart 24.11.

Flensburg/Stadttheater

24.11.

Freiburg/Theater

La Bohème/G. Puccini

Ariadne auf Naxos/R. Strauss 24.11. Görlitz/Theater Kleider machen Leute/Zemlinsky (Musical) 24.11.

Greifswald/Theater

24.11.

Heidelberg/Theater

24.11.

Köln/Palladium

Der Zarewitsch/F. Lehár (Operette) Mazeppa/P. I. Tschaikowsky

Così fan tutte/W. A. Mozart Leverkusen/Bayer Kulturhaus Leinen aus Smyrna/E. Rushton 24.11. Wiesbaden/Staatstheater Lucia di Lammermoor/Donizetti 25.11. Berlin/Komische Oper 24.11.

Die Zauberflöte/W. A. Mozart

25.11. Wien/Volksoper (A) Die Hochzeit des Figaro/W. A. Mozart 27.11.

Berlin/Neuköllner Oper

Opera Aliens Lab I/D. Rebgetz (UA) 27.11. Sondershausen/Haus der Kunst Das tapfere Schneiderlein/

Raphael Protiwensky-Schenk 28.11.

Stuttgart/Staatstheater

29.11.

Dresden/Semperoper

Dancer in the Dark/M. Klein (Ballett, UA) Idomeneo/W. A. Mozart

30.11. Halle/Opernhaus Das Phantom der Oper/Rossa (Ballett)

Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Götterdämmerung/

30.11.

R. Wagner

30.11.

Zwickau/Gewandhaus

Così fan tutte/W. A. Mozart

Konzerte 19.10.

Altenburg/Landestheater

19.10.

Bamberg/Konzerthalle

Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg: N. N.; Bernd Glemser: Himmelhoch jauchzend …

Bamberger Symphoniker, Ltg: Herbert Blomstedt; Piotr Anderszewski: W. A. Mozart & A. Bruckner 19.10. Frankfurt (Oder)/Konzerthalle Brandenburgisches

Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Piotr Borkowski; Ewa Kupiec: B. Smetana,

Nino Gvetadze

Wenn sich im November der Herbstnebel über dem Vierwaldstätter See senkt, wenn die „melancholischste Jahreszeit“ (Robert Burton) die Herzen schwer werden lässt und wenn die Regenwolken sich an den Bergen Pilatus und Rigi zu verfangen scheinen – dann befindet sich Luzern im Tastenrausch. Denn im November steht sieben Tage lang das „Instrument, das alles kann“ (Alfred Brendel) im Mittelpunkt des Lucerne Festival am Piano. Vom 19. bis 25. November verwandelt sich die Stadt Luzern in ein Mekka der Klavierkunst und internationale Meisterpianisten versammeln sich hier. Den funkensprühenden Auftakt des Jahrgangs 2012 bestreitet das KlavierDuo der Schwestern Katia und Mariel-

le Labèque. Die bewegende Begegnung mit einer Pianisten-Legende ermöglicht das Rezital von Leon Fleisher – einer der raren europäischen Auftritte des amerikanischen Altmeisters. Und András Schiff und Paul Lewis ergründen das Sonatenschaffen Ludwig van Beethovens und Franz Schuberts. Ihr Debüt in Luzern gibt die junge georgische Pianistin Nino Gvetadze mit Beethoven, Liszt, Debussy und Mussorgsky. Außerdem wird Jazz in allen Variationen beim großen Opening und bei den Nächten vom Piano Off-Stage geboten. Luzern im November – von Herbstmelancholie keine Spur! Lucerne Festival am Piano, 19.-25.11. www.lucernefestival.ch

Schule der Liebenden Die Meisterschüler der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar sind die Interpreten der Premiere von Mozarts Oper „Così fan tutte“ im historischen Goethe-Theater Bad Lauchstädt. Es spielt das Hochschulsinfonieorchester unter der Leitung von Professor Ulrich Vogel. Das prüde bürgerliche 19. Jahrhundert verurteilte Mozarts Oper. Das 18. Jahrhundert, das Zeitalter der Empfindsamkeit hatte eben das Gefühl entdeckt, sezierte es mit rationalistischer Genauigkeit und leidenschaftlicher Hingabe. Heute erkennen wir den Mensch in seiner Gesamtheit: als Wesen von Körper und Geist, zu Genie und Bestie gleichermaßen begabt. Mozart hält uns den Spiegel vor, spielerisch, doch unerbittlich. Wie es der Untertitel seiner Oper verspricht: in einer Schule der Liebenden. Bad Lauchstädt, Goethe-Theater, 28.10. (Premiere), www.goethe-theater-bad-lauchstaedt.de

Klaviermusik in Kassel Seit Jahrzehnten gehört Elisabeth Leonskaja zu den gefeierten großen Pianistinnen unserer Zeit. Sie blieb sich und der Musik treu, ganz in der Tradition der großen sowjetischen Musiker wie David Oistrach, Swjatoslaw Richter und Emil Gilels, denen es trotz schwierigster politischer Bedingungen stets um die Quintessenz der Musik ging. Im Rahmen der Kasseler Musiktage (25.10. bis 11.11.) tritt die gebürtige Georgierin zu einem

77

Fotos: B. Litjes; Sussie Ahlburg; Goethe-Theater Bad Lauchstädt; Jo Schwarz

Sale/C. Marthaler


e r l e b e n

München/Prinzregententheater I Barocchisti, Ltg: Die19.10.

go Fasolis; Cecilia Bartoli: Liaisons dangereuses - Gefährliche Liebschaften

19.10. Weimar/Deutsches Nationaltheater Staatskapelle Weimar,

Ltg: Stefan Solyom: Konzert zum 175. Todestag von J. N. Hummel

Bad Reichenhall/Königliches Kurhaus Cuarteto Casals:

20.10.

Schubert und Schostakowitsch 20.10.

München/Philharmonie

Orchestre des Champs-Elysées, Ltg: Philippe Herreweghe; Isabelle Faust: Mendelssohn Bartholdy & Brahms München/Prinzregententheater Münchener Bach-Chor

20.10.

& Münchener Bach-Orchester, Ltg: Hansjörg Albrecht; Sibylla Rubens; Ingeborg Danz; Daniel Johannsen; Michael Volle: J. S. Bach

Sondershausen/Haus der Kunst Loh-Orchester Sondershau-

20.10.

sen, Ltg: Peter Kuhn; Marina Yakhlakova: Russisch Verzaubert

Weißenfels/Schlosskirche St. Trinitatis The Sirius Viols, Viola

20.10.

da gamba und Leitung: Hille Perl; Dorothee Mields

Berlin/Hochschule für Musik Hanns Eisler Steinway-För21.10.

derpreis 2012: Preisträgerkonzert

21.10.

Germering/Stadthalle

21.10.

Köln/Philharmonie

Turandot/G. Puccini

Gürzenich-Orchester Köln, Bertrand de Billy; Xavier de Maistre: F. Liszt, A. Ginastera & E. W. Korngold 21.10.

Mainz/Rheingoldhalle

21.10.

Salzburg/Mozarteum (A)

21.10.

Solingen/Kunstmuseum

21.10.

Telfs/Villa Schindler (A)

Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Ltg: Daniel Raiskin: Chabrier, Ravel, M. de Falla & Debussy Camerata Salzburg, Ltg: Hansjörg Schellenberger; Yu Kosuge: Mozart

Sophie Pacini: F. Liszt, L. van Beethoven, J. Brahms & F. Chopin Varvara Nepomnyashchaya: Beethoven, Schumann & Brahms

21.10.

Wien/Musikverein (A)

Wiener Philharmoniker, Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Ltg: Sir Simon Rattle; Annette Dasch; Susan Gritton; Bernarda Fink; Topi Lehtipuu; Andrew Staples; Florian Boesch: R. Schumann 21.10. Zittau/Theater Neue Elbland Philharmonie: Der Pate spielt Klavier 22.10.

Basel/Stadtcasino (CH)

22.10.

Berlin/Philharmonie

23.10.

Dortmund/Konzerthaus

24.10.

Luzern/KKL (CH)

24.10.

München/Philharmonie

Uraufführung: Babylon

Kammerorchester Basel, Ltg: Jérémie Rohrer; Jean-Yves Thibaudet: M. Ravel, T. Dubois & R. Schumann Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg: Christoph Eschenbach; Tzimon Barto: Brahms & Schumann 22.10. Düsseldorf/Tonhalle Russische Staatskapelle Moskau, Ltg: Valery Poliansky; Arabella Steinbacher: Glasunov, Dvořák & Tschaikowski Dortmunder Philharmoniker, Ltg: Jac van Steen: A. Bruckner

Luzerner Sinfonieorchester LSO, Ltg: James Gaffigan; Jean-Efflam Bavouzet: Tribute to Sir Georg Solti Münchner Philharmoniker, Ltg: Thomas Dausgaard; Leif Ove Andsnes: Kurtág, Beethoven & Dvořák 25.10.

Berlin/Konzerthaus

25.10.

Bochum/Planetarium

25.10.

Dortmund/Konzerthaus

25.10.

Stuttgart/Liederhalle

Konzerthaus Kammerorchester, Konzertmeister: Michael Erxleben; Julian Steckel: J. Haydn & E. Denissow Duet for Two: Klänge der Zeiten Vilde Frang & Michail Lifits: W. A. Mozart, J. Brahms, K. Szymanowski & F. Mendelssohn Bartholdy

Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Ltg: Stéphane Denève; Ilya Gringolts: M. Ravel, R. Strauss & D. Schostakowitsch 26.10. Berlin/Musikinstrumenten-Museum Mitglieder des Deut-

schen Symphonie-Orchesters Berlin: E. W. Korngold & R. Schumann

26.10.

Hamburg/Kampnagel

Überjazz

Rezital mit dem Titel „Leiden und Aufruhr - Du füllst mein Herz...!“ auf. Auf dem Programm stehen dabei Werke von Franz Schubert, Alban Berg und Johannes Brahms. Vor dem Konzert gibt es im Gesellschaftssaal eine Einführung. Kassel Kongress Palais Stadthalle, 28.10. www.kasseler-musiktage.de

Emotionale Musikalität „Wir haben jetzt die Aufgabe, vom sterilen Perfektionswahn wegzukommen“, erklärt Pianist Jan Sählhof. Weiter sagt er: „Musikalität und Emotion sind sehr eng miteinander verknüpft, das sollte im Vordergrund stehen.“ In diesem Jahr hat der 36jährige Hannoveraner sich dem klassisch-romantischen Repertoire zugewandt und spielt dabei bei seinen Auftritten in der Stuttgarter Liederhalle und im Wiener Konzerthaus Werke von

78

27. Oktober im Nationaltheater München

Jörg Widmann (links) und Peter Sloterdijk Lange schon hatte sich der 39-Jährige mit dem Gedanken getragen, eine Oper „Babylon“ zu komponieren. Nun ist es so weit: Die Bayerische Staatsoper unter der Leitung von Kent Nagano führt das Werk von Jörg Widmann erstmals auf. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat mit 65 Jahren zudem sein erstes Opernlibretto geschrieben. Inszeniert wird die Uraufführung von Carlus Padrissa. Mitbegründer der katalanischen Künstlertruppe La Fura dels Baus. Schauplatz der Oper in sieben Bildern ist das monumentale Babylon. Hier kommt es zum Aufeinandertreffen zweier Kulturen: Die Babylonier praktizieren das Menschenopfer, die Juden haben es bereits abgeschafft, suchen nach Liebe und Ver-

Franz Liszt, Ludwig van Beethoven und Frédéric Chopin. Liederhalle Stuttgart (27.10), Wiener Konzerthaus (23.11.), www.jansaehlhof.com

Brisantes Meisterstück Christoph Prégardien, einer der bedeutendsten Tenöre und Liedsänger unserer Zeit gibt ein Gastspiel im Hubert-Burda-Saal im Jüdischen Zentrum am Jakobsplatz. Er trägt gemeinsam mit dem Orchester Jakobsplatz Franz Schuberts „Winterreise“ in einer komponierten Interpretation von Hans Zender vor. Zender möchte damit „wegführen vom reinen Kulturkonsum des Altbekannten und die ursprüngliche Brisanz von Schuberts Meisterstück spürbar machen“. München, Hubert-Burda-Saal im Jüdischen Zentrum am Jakobsplatz, 27.11. www.orchester-jakobsplatz.org

söhnung . Die Oper verfolgt diesen Konflikt über die Liebe des Exilanten Tammu zur Babylonierin Inanna. „Babylon ist die Metapher für unsere Zeit der kulturellen Vielfalt, der Vielsprachigkeit und Heterogenität“, sagte Widmann bei der Präsentation. „Wir wollen so etwas wie eine Ehrenrettung Babylons versuchen.“ Denn Babylon sei die erste funktionierende multikulturelle Gesellschaft gewesen. „Eine uns so ferne und gleichzeitig so nahe Welt.“ Die Premiere von „Babylon“, einem Auftragswerk der Bayerischen Staatsoper, wird live auf BR-Klassik übertragen. München, Nationaltheater, 27.10. (Uraufführung) www.bayerische.staatsoper.de

Impuls Romantik Der Rittersaal der Alzenauer Burg, das Schlösschen Michelbach und die Wallfahrtskirche Kälberau bilden die Kulisse für die Fränkischen Musiktage. Das „Festival der Jungen“, wie die Fränkischen Musiktage auch genannt werden, präsentiert Nachwuchskünstler wie renommierte Ensembles. Das Thema in diesem Jahr: „Impuls Romantik – Weit, weit aus ferner Zeit…“ Fränkische Musiktage, verschiedene Orte, 19.10. – 25.11. www.fraenkische-musiktage.de/

Neue Perspektiven „In dem diesjährigen Festival NOW! wollen wir Werke interpretieren“, sagen die Veranstalter, „die im Status des berühmten ‚Blick zurück‘ nicht stehen bleiben, sondern die das Erblickte verändern und nach vorn ins Heute weiterentwickeln, um Neues entstehen zu lassen“. Das Festival „NOW!“ in der Essener Philharmonie www.crescendo.de

Ok tober / November 2012

Fotos: Wilfried Hösl; Jan Sählhof; Erol Gurian

F. Liszt & A. Dvořák


26.10. Ludwigsburg/Forum am Schlosspark Sol Gabetta & Ams-

Neubrandenburg/Konzertkirche Neubrandenburger

27.10.

terdam Sinfonietta: J. Brahms, P. Vasks & M. Bruch

Philharmonie & Gäste, Ltg: Stefan Malzew: DIE ERDE. Teil 2 - Wasser

Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Elisabeth Leonskaja:

27.10.

26.10.

F. Schubert, A. Berg & J. Brahms 26.10.

München/Herkulessaal

Bayerische Philharmonie, Ltg: Mark Mast; Carmela Konrad; Marion Eckstein; Andreas Weller; Cornelius Hauptmann: A. Dvořák Nürnberg/Meistersingerhalle Staatsphilharmonie Nürnberg,

26.10.

Damen des Hans-Sachs-Chores Nürnberg, Ltg: Marcus Bosch; Iris Vermillion: G. Mahler 26.10. Stuttgart/Stiftskirche Ensemble 98, Ltg: Alexander Burda; Peter Kranefoed: Vaterunser-Vertonungen aus vier Jahrhunderten 27.10. Bad

Reichenhall/Köngliches Kurhaus Christoph Prégar-

dien und Siegfried Mauser: W. Rihm, G. Mahler und R. Schumann 27.10. Cappel/Stiftskirche Neues Lippstädter Kammerorchester, Collegium Musicum Soest, Ltg: P.Brehmer 27.10. Halle/Opernhaus Staatskapelle Halle, Ltg: Bernd Ruf: The Illusion of Life – Tunes for Toons 27.10.

Heidelberg/Peterskirche

Stuttgart/Liederhalle

Klavierkonzert mit Jan Sählhof: Beethoven, Liszt, Chopin, Schumann Weiden/Max Reger Halle Bayerischer Landesjugendchor,

28.10.

Ltg: Prof. Gerd Guglhör: „Songs of Love“ - The Song of Songs 28.10.

Weimar/Weimarhalle

Staatskapelle Weimar, Ltg: Stefan Solyom; N. Mönkemeyer: J. S. Bach, P. Hindemith & G. Mahler 29.10.

Augsburg/Parktheater

29.10.

Darmstadt/Staatstheater

Rigoletto/G. Verdi

Staatsorchester Darmstadt, Ltg: Gabriel Feltz; Christian Poltéra: Rachmaninow, Walton & Schostakowitsch 29.10. Hamburg/Laeiszhalle Olga Scheps: Schubert, Brahms, Schumann 30.10.

Bonn/Beethovenhaus

Alliage Quintett: L. van Beethoven, F. Mendelssohn Bartholdy 30.10.

Frankfurt/Alte Oper

Melody Gardot (Jazz)

Schleswig/Theater Schleswig-Holsteinisches Sinfonieorchester, Ltg: Peter Sommerer; Ingolf Turban: K. Szymanowski & A. Bruckner

30.10.

Bachchor Heidelberg, Philharmonisches Orchester Heidelberg, Ltg: Christian Kabitz: A. Honegger

31.10. Baden-Baden/Festspielhaus Al Jarreau & Joe Sample, NDR

München/Prinzregententheater Symphonieorchester &

31.10.

27.10.

Big Band (Jazz)

Wittenberg/Schlosskir-

che Lautten Compagney Berlin & Chor des Bayerischen Rundfunks, Wittenberger Hofkapelle Ltg:jh12_Crescendo_90x126 Giovanni Antonini: J. S. Bach 27.09.12 14:42 Seite 1

Bautzen/Theater Neue Lausitzer Philharmonie: Rätselhaft 1.11. Frankfurt/hr-Sendesaal hrSinfonieorchester, Ltg: Jérémie Rhorer: Mendelssohn Barholdy, Schumann & Schubert 1.11. Gotha/Kulturhaus Thüringen Philharmonie Gotha, Ltg: Stefanos Tsialis; Andrej Jussow: Raff, Liszt & Mendelssohn Bartholdy 1.11.

2.11.

Leipzig/Gewandhaus

Trio Ex Aequo: Beethovens Schatten - Leipziger Streichquartett

Krogius, Elvira Dreßler & Ettore Prandi: Sibelius, Gade & Grieg 4.11.

Salzburg/Mozarteum (A)

4.11.

Unterhaching/KUBIZ

Philharmonia Quartett Berlin: Mozart, Lutosławski & Beethoven

Bruckner Akademie Orchester, Andechser Chorgemeinschaft, Ltg: Jordi Mora: W. A. Mozart 5.11.

Hamburg/Laeiszhalle

Jacob Karlzon Trio (Jazz)

Ludwigshafen/BASF-Feierabendhaus Deutsche Staatsphil5.11.

harmonie Rheinland-Pfalz, Ltg: KarlHeinz Steffens; Guy Braunstein: W. Rihm, J. Haydn & J. Brahms

3.11.

Berlin/Deutsche Oper

3.11.

Dortmund/Konzerthaus

6.11.

Düsseldorf/Tonhalle

Trio con Brio Copenhagen: J. Haydn, R. Schumann & A. Schönberg

Preisträgerkonzert des Bundeswettbewerbs Gesang Berlin SWR Sinfonieorchester, Ltg: François-Xavier Roth; Camilla Tilling: A. Berg & R. Strauss 3.11.

Herbie Hancock - Plugged in (Jazz) 4.11.

Bonn/Beethovenhalle

Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Stefan Blunier; Wolfgang Bauer: J. Haydn & A. Pärt 4.11.

Hamburg/Laeiszhalle

Hamburger Symphoniker, Ltg: Yaron Traub; Sebastian Knauer: Holloway, Schumann & Schostakowitsch Heide/Museumsinsel Lüttenheid Wolf Harden: J. Brahms,

4.11.

L. van Beethoven & F. Chopin 4.11.

Köln/Philharmonie

Gürzenich-Orchester Köln, Ltg: Gilbert Varga; Truls Mørk: J. Sibelius, D. Schostakowitsch & C. Franck 4.11. Meiningen/Theater Caroline

Aschaffenburg/Stadttheater Viktoria Tolstoy (Jazz) 6.11. Bonn/Schumannhaus

6.11.

Bremen/Glocke

Bournemouth Symphony Orchestra, Ltg: Kirill Karabits; Martin Grubinger: A. Dorman, M. Grubinger & P. I. Tschaikowsky 7.11.

Hamburg/Laeiszhalle

7.11.

München/Philharmonie

Orquesta Buena Vista Social Club feat. Omara Portuondo (Weltmusik) Münchner Philharmoniker, Ltg: David Zinman; Sol Gabetta: C. M. von Weber, E. Elgar & F. Schubert 8.11.

Berlin/Philharmonie

8.11.

Dresden/Semperoper

Staatskapelle Dresden, Ltg: Alain Altinoglu; Thomas Eberhardt: I. Strawinsky, J. N. Hummel & G. Bizet 8.11. Hamburg/Laeiszhalle NDR Sinfonieorchester, Ltg: Kent Nagano; Angela Hewitt: Messiaen & Bruckner 9.11. Hannover/Großer Sendesaal Joyce DiDonato: Il Complesso

Barocco

9.11. Sulzbach-Rosenberg/Alte Druckerei Stefan Grasse Trio (Jazz) 9.11. Wolfsburg/Theater Staatli-

ches Sinfonieorchester Litauen, Ltg: Gintaras Rinkevičius; Mathias Johansen: Grieg, Sain-Saëns & Sibelius 10.11.

Berlin/Konzerthaus

Beethoven-Marathon

10.11. Bregenz/Festspielhaus (A) Symphonieorchester Vorarlberg,

Ltg: Kirill Petrenko; Johannes Martin Kränzle & Letizia Scherrer 10.11.

Burghausen/Jazzkeller

10.11.

Leipzig/Oper

Johannes Mössinger NY Quartett 100 Jahre Musikalische Komödie 11.11. Aachen/Eurogress Sinfonieorchester Aachen, Ltg: Kazem Abdullah; Augustin Hadelich: J. Widmann, B. Bartók & R. Schumann Baden-Baden/Festspielhaus Gautier Capuçon & Gabriela

11.11.

Montero: R. Schumann, D. Schostakowitsch & E. Grieg

Berliner Philharmoniker, Rundfunk11.11. Berlin/Philharmonie chor Berlin, Ltg: Sir Simon Rattle; Deutsches Symphonie-Orchester BerLuba Orgonášová; Dmitry Popov; lin, Ltg: Tugan Sokhiev; Kornelia Mikhail Petrenko: S. Rachmaninow & Brandkamp: Fauré, Weinberg, Dvořák Dia12_Crescendo90x126_Layout 1 08.09.12 20:48 Seite 1 I. Strawinsky Anzeigen

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Paolo Conte: „In Concerto“ Ute Lemper: „Last Tango In Berlin“ Nina Hagen: „Personal Jesus“ Kenny Werner Quintet Gregory Porter: „Be Good“ Patti Austin Nnenna Freelon Bill Evans Soulgrass Stanley Jordan Solo Anthony Strong Quintet Jacky Terrasson Trio James Blood Ulmer Solo Rudresh Mahanthappa: „Samdhi“ Ambrose Akinmusire Quintet Lizz Wright Hamel Thomas Gansch & Georg Breinschmid Alegre Corrêa Quartet Together Vienna Jazz Connection Axel & Torsten Zwingenberger: „Boogie Woogie Bros.“ Heinz v. Hermann JazzAhead Picante Lajos Dudas Quartet Roland Batik Solo Quincy Jones Presents: „Jazz Icons“ (Filmserie) Jazzfotos von Hermann J. Netz: „In Concert“

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28.11.–02.12.2012

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79


e r l e b e n

11.11.

Bonn/La Redoute Dorothee

11.11.

Essen/Philharmonie

Oberlinger & Sonatori de la Gioiosa Marca: Il Flauto Veneziano

Oktober bis Januar, Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier

Adrenalin im Revier

Russisches Nationalorchester, Ltg: Mikhail Pletnev; Daniel Hope: E. Elgar, S. Rachmaninow & A. Skrjabin 11.11. Görlitz/Theater Neue Lausitzer Philharmonie: ELFuhrELF

15.11. Erfurt/Theater Philharmonisches Orchester Erfurt, Ltg: Samuel Bächli: A. Webern & A. Bruckner 15.11. Leipzig/Gewandhaus Gewandhausorchester, Ltg: James Conlon: Wagner, Schreker & Zemlinsky 15.11.

München/Herkulessaal

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg: Mariss Jansons; Janine Jansen, Julian Rachlin: K. Penderecki & L. van Beethoven

München/Gasteig Black Box Familienkonzert: Wackel-

11.11.

schwanz und Katzentanz 11.11.

München/Künstlerhaus

München/Prinzregententheater Münchener Kammeror-

11.11.

Stuttgart/Staatstheater

16.11.

Bonn/Beethovenhalle

16.11.

Düsseldorf/Tonhalle

15.11.

chester, Ltg: Thomas Zehetmair: Haydn, Gubaidulina & Schönberg

Musiker der Münchner Philharmoniker: C. Saint-Saëns

Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Peter Schneider; Maximilian Hornung: Mozart, Pfitzner & Brahms

Christoph Prégardien, Siegfried Mauser: Liederabend: Schwanengesänge Zuffenhausen/Pauluskirche Christophe Mantoux: J. S. Bach,

11.11.

Düsseldorfer Symphoniker, Ltg: Aziz Shokhakimov; Dietrich Henschel: M. Pintscher, G. Mahler & A. Glasunow

D. Buxtehude & L.-N. Clérambault 12.11. Bremen/Glocke Daedalus Quartet: Haydn, Berg & Beethoven 12.11. Hamburg/Laeiszhalle Ensemble Resonanz: Bach auf Montmartre 13.11.

Berlin/Philharmonie

14.11.

Bonn/Kanzlerbungalow

Luxembourg/Philharmonie (L) Orchestre Philharmonique

16.11.

du Luxembourg, Ltg: Kazushi Ono; François-Frédéric Guy: I. Strawinsky, C. Saint-Saëns & C. Debussy 16.11. Neumünster/Theater See you in Walhalla - Opernkabarett

Berliner Philharmoniker, Ltg: Sir Simon Rattle: G. Ligeti, R. Wagner, C. Debussy, M. Ravel & R. Schumann Modigliani Quartett: J. C. de Arriaga, Beethoven & von Dohnányi 14.11.

Duisburg/Mercatorhalle

Duisburger Philharmoniker, Ltg: Giordano Bellincampi; Carolin Widmann: Prokofjew, Korngold, Brahms 14.11.

Hannover/Kuppelsaal

Orchestre de Paris, Ltg: Paavo Järvi; Christian Tetzlaff: M. Ravel, W. A. Mozart & I. Strawinsky 14.11. Jena/Volkshaus Jenaer Philharmonie & Philharmonischer Chor Jena, Ltg: Berit Walther: J. Brahms 15.11.

Düsseldorf/Tonhalle

Leon Fleisher & Signum Quartett: C. Debussy, E. Schulhoff & J. Brahms

startet am 26.10. mit einem Konzert des Ensemble Modern (unter anderem mit „Accanto“ von Helmut Lachenmann). Der gesamte Komplex steht unter dem Motto „zurücknachvorn“ und eröffnet neue Perspektiven auf die zeitgenössische Musik. NOW! zurücknachvorn, Essen, 26.10. bis 1.12. www.philharmonie-essen.de

Mozart in der Mühle Besser als ein Bett im Kornfeld ist ein Konzert im Kornspeicher! Das Faustquartett und der Klarinettist Dimitri Ashkenazy gastieren am 28. Oktober in Gilligs Mühle im kleinen Eifeldorf Antweiler an der Ahr. Schauplatz des kleinen Kammermusikfestivals ist der Kornspeicher einer alten Wassermühle mit hervorragender Akustik. Das ehemalige Fest „Zwischen den Jahren“ ist in den Herbst verlegt und nennt sich nun „OneHundredChairs“ – so viele Zuhörer haben nämlich Platz. Internationaler Kammermusikherbst Eifel OneHundredChairs, Antweiler bis 31.10. www.onehundredchairs.de

80

Nürnberg/Meistersingerhalle Staatsphilharmonie Nürnberg,

16.11.

Bridget Breiner ist neue Direktorin des „Ballett im Revier“. Im Oktober gibt die gebürtige US-Amerikanerin im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen ihr Debüt als Verantwortliche. Es laufen die letzten Proben zu „Der erste Gang“. Aufgeregt? Aufgeregt bin ich seit einem Jahr. Doch so langsam wird es besser – zumal ich meine Energie nun genau in die kommenden Auftritte hineinsteuern kann. Ich funktioniere mit Adrenalin! Was erwartet das Publikum? Wir präsentieren eine Gala, in der die

Tänzer im Mittelpunkt stehen und Einblicke geben, woher sie künstlerisch kommen, wer sie sind. Das neue Ensemble stammt von drei Kontinenten und bringt viele Erfahrungen mit. Die Gala besteht aus elf kurzen Stücken. Das letzte, ein Streichquartett, vereint dann die gesamte Kompanie. Und auf den „ersten Gang“ folgen weitere Mahlzeiten? Natürlich, der erste Gang ist nur der erste Schritt. Und diese aufwendige Gala ist etwas ganz Besonderes. www.musiktheater-im-revier.de

Falstaff-Premiere Das Verdi-Jahr 2013 wird am Deutschen Nationaltheater Weimar schon am 20. Oktober 2012 mit einer „Falstaff“-Premiere eingeläutet. Bei dieser lyrischen Komödie in drei Akten geben Daniel Henriks und der Georgier George Gagnidze den Sir John Falstaff. Regie führt Sabine Hartmannshenn, die nach aufsehenerregenden Produktionen unter anderem am Théâtre de la Monnaie Brüssel, der Oper am Rhein Düsseldorf und der Oper Köln zum ersten Mal am Deutschen Nationaltheater Weimar arbeitet. Nationaltheater Weimar, 20.10. (Premiere) www.nationaltheater-weimar.de

Pfälzer Götterdämmerung Bereits im Zeichen des Wagner-Jahres 2013 stehen die Festspiele Ludwigshafen vom 26.10. bis 16.12.2012: Als ein Höhepunkt der 8. Festspiele findet die Premiere der „Götterdämme-

Ltg: Enrique Mazzola; Herbert Schuch: I. Strawinski & M. Ravel 17.11.

Hamburg/Laeiszhalle

Emerson String Quartet: A. Dvořák, T. Adès & J. Brahms 17.11. München/Gasteig CarlOrff-Saal Orchester Jakobsplatz

München, Ltg: Daniel Grossmann; Nora Fischer; Balázs Tóth: G. Ligeti, I. Fischer & D. Schostakowitsch

17.11.

Quedlinburg/Theater

Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters Ltg: Oliver Weder; Markus Schmitzer: G. Rossini, N. Rosauro & L. van Beethoven

rung“ im Theater im Pfalzbau statt. PfalzbauIntendant Hansgünther Heyme verschreibt sich auch dieses Mal der Aufgabe, mit seiner Regieund Ausstattungsarbeit den Ring „herunter zu holen von falschen Denkmalen aus Gips, Stuck und Eitelkeiten – auf den Boden heutigen Nachdenkens über zu verändernde Gegenwart“. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Karl-Heinz Steffens. Theater im Pfalzbau, Ludwigshafen 30.11. (Premiere) www.theater-im-pfalzbau.de

Gemeinsamer Cage Die K.O.-Projektreihe der Komischen Oper Berlin widmet sich in seiner 17. Ausgabe John Cage, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Auf dem Spielplan steht Cages dramatische, dichte, wagnerianische Oper „Europera 3“. Die Oper wirft einen spielerischen Blick auf Europa und seine Werte und (musikalische) Traditionen. Die Produktion versteht sich als interdisziplinäre Musiktheater-Werkwww.crescendo.de

Ok tober / November 2012


Bayer-Philharmoniker, Ltg: Bernhard Steiner; Clemens Berg: H. W. Henze, F. Schubert & L. van Beethoven Osnabrück/OsnabrückHalle Osnabrücker Symphonieor-

18.11.

chester, Ltg: Andreas Hotz; Kit Armstrong: Kraus, Chopin & Karłowicz 18.11.

Weimar/Weimarhalle

Staatskapelle Weimar, Ltg: Oleg Caetani; Susanna Anselmi: I. Strawinsky, M. Mussorgski & D. Schostakowitsch 19.11. Aue/Kulturhaus Erzgebirgische Philharmonie, Ltg: Olivier Tardy; Naoya Nishimura: E. Chabrier, C. Saint-Saëns, M. Ravel & G. Bizet 19.11. Bonn/Villa Prieger Hans-Joachim Büsching, Caroline Steiner& Markus Krebel: L. van Beethoven, G. Raphael & A. Zemlinsky 20.11.

Hameln/Theater

Stefan Temmingh & Ensemble: The Gentleman`s flute 20.11.

Linz/Brucknerhaus (A)

Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Howard Griffiths; Mischa Maisky: Britten, Dvořák,Brahms Luxembourg/Philharmonie (L) WDR-Sinfonieorchester Köln,

21.11.

Ltg: Jukka-Pekka Saraste; Measha Brueggergosman: J. Sibelius, R. Strauss & L. van Beethoven

22.11.

Trier/Theater

Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Ltg: GMD Victor Puhl; Peter Bruns: Dvořák & Brahms 23.11. Fürth/Kulturforum Ialma: Keltisch-Galizische Frauen-Power 23.11.

München/Philharmonie-

23.11.

Wien/Konzerthaus (A)

24.11.

Dresden/Frauenkirche

Paco de Lucia: King of Flamenco

Klavierkonzert mit Jan Sählhof: Beethoven, Liszt, Chopin, Schumann Staatskapelle Dresden, Ltg: Vladimir Jurowski; Håkan Hardenberger:

J. S. Bach & H. W. Henze

- 22.10.

Liszt Festival Raiding (A)

24.11.

München/Auditorium der BMW Welt Richard Galliano

- 28.10.

Bad Reichenhall Kammer-

- Piazzolla forever: Klassik meets Tango bei Klassik & Lounge

- 31.10.

Solingen/Kunstmuseum

- 31.10.

25.11.

Nareh Arghamanyan: Rachmaninow, Tschaikowsky & Balakirew 25.11. Unterschleißheim/Bürgerhaus Münchner Kammerphilhar-

monie, Ltg: Andreas Lübke: Brahms

26.11.

Köln/Philharmonie

Ensemble Resonanz & Jean-Guihen Queyras, Ltg: Peter Rundel: Kloing 27.11. Ulm/CCU Das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm, Ltg: GMD Timo Handschuh: A. Borodin, A. Glasunow & P. I. Tschaikowsky 28.11.

Salzburg/Mozarteum (A)

Ensemble Modern, Ltg: Michael Boder; Mojca Erdmann: W. A. Mozart, C. Debussy & M. Trojahn 29.11.

Bochum/Planetarium

29.11.

Frankfurt/Alte Oper

GuitArtist Quartett: Renaissance bis zur Moderne hr-Sinfonieorchester, Ltg: Herbert Blomstedt: Beethoven & Sibelius Innsbruck/Congress (A) Tiroler Symphonieorchester

29./30.11.

Innsbruck, Ltg: Christoph Altstaedt; Johannes Fischer: J. Haydn & HK Gruber 30.11. Hamburg/Laeiszhalle András Schiff: Schumann & Beethoven

Festivals - 21.10.

Augsburg

Deutsches Mozartfest Bad Köstritz/Dresden/ Weißenfels Heinrich Schütz Mu-

- 21.10.

sikfest

Donaueschinger Musiktage Tegernsee Internationales Bergfilm-Festival

- 21.10. - 21.10.

statt und ist eine gemeinsame Aufführung der Komischen Oper Berlin, des HAU, der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und der Universität der Künste Berlin. Berlin, Im HAU 1, 24.11. (Premiere), 25. und 26.11. www.komische-oper-berlin.de

Dvořák, Debussy und Ravel Mitten in der Arbeit am Cellokonzert erreichte Antonín Dvořák die Nachricht von der tödlichen Erkrankung seiner Jugendliebe Josefine Kounicová. Ihr zum Gedenken fügte er ihr Lieblingslied in den langsamen Satz ein – ein tief berührendes letztes Zwiegespräch. Daniel Müller-Schott musiziert mit den Hamburger Philharmonikern. Außerdem auf dem Programm des III. Philharmonischen Konzerts: Dvořáks „Wassermann“, Debussys „Ibéria“ aus „Images pour Orchestre“ sowie Ravels „Boléro“. Hamburg, Laeiszhalle, 18./19.11. www.philharmoniker-hamburg.de

bis 27. November, Luxembourg Festival

alle sparten

musikfestival AlpenKLASSIK Antweiler/Eifel Kammermusikfestival OneHundredChairs Bad Lauchstädt

210. Theatersommer - 27.11. Luxembourg Festival (L) - 27.11. UNNA Celloherbst - 31.12. PartiTouren Niedersachsen 19.10. - 25.11.

Alzenau

Fränkische Musiktage 23. - 28.10.

Mistelbach/div. Orte

Internationale Puppentheatertage 23.10. - 4.11. Salzburger JazzHerbst (A) 24.10. - 24.11.

Palma de Mallorca

Festival MúsicaMallorca (E) 25. - 27.10. Halle (Saale) 5. Filmmusiktage Sachsen-Anhalt 2012 25.10. - 11.11. Kasseler Musiktage 25. 10. - 24.11. München Dance Festival für zeitgenössischen Tanz 26. 10. - 1.12. Essen NOW! Festival 26.10. - 16.12.

Ludwigshafen

Festspiele Ludwigshafen 31.10. - 2.11. Berlin Bundeswettbewerb Gesang Berlin 1. - 4.11. Berlin Jazzfest 2. - 3.11. Neuwied Jazzfestival 2. - 4.11. Berlin Berlin Tattoo 2. - 11.11. Dresdner Jazztage 3. - 11.11. Leverkusen Jazztage 6. - 11.11. Braunschweig Filmfest 8. - 11.11. Herne Tage Alter Musik 8. - 11.11. Hildesheim Musik 21 Festival 8. - 25.11. Berlin Märchentage 8. - 29.11. Bad Aibling Saitensprünge - Internationales Gitarrenfestival 15. - 17.11. Elmau European Jazztival 19.- 25.11. LUCERNE FESTIVAL am Piano (CH) Salzburg/Mozarteum Dialoge Luft (A)

28.11. - 2.12.

Orchestre Philharmonique du Luxembourg Mit einer Fläche von 2586 Quadratkilometern ist Luxemburg einer der kleinsten Flächenstaaten der Erde und nach Malta das zweitkleinste Mitgliedsland der EU. Das allerdings hindert das Großherzogtum nicht daran, ein bemerkenswertes Festival auf die Beine zu stellen, das mit elf hochkarätigen Tanzproduktionen und zwei Opern im Grand Théâtre, zwölf Orchesterkonzerten, fünf Solo- und KammermusikRécitals sowie sechs Abenden mit Jazz- und Weltmusik in der Philharmonie aufwarten. Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg präsentiert mehrere unterschiedliche Programme. Unter der Leitung von Frank Strobel wird der Film „Der Rosenkavalier“ vertont, Kazushi Ono dirigiert Strawinsky, Saint-Saëns und Debussy. Spartenübergreifend wird das Festival, wenn Jazzkünstler wie Diana Krall, Sonny Rollins und die NDR Bigband mit dem Stimmkünstler Al Jarreau ihre Visitenkarten in der Philharmonie abgeben. Nigel Kennedy gastiert mit „Bach meets Fats Waller“. Luxembourg Festival, Philharmonie, bis 27.11. www.luxembourgfestival.lu

Muti in Wien Riccardo Muti dirigiert das 3. AbonnementKonzert der Wiener Philharmoniker sowie ein Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde im November im Wiener Musikverein. In der ersten Hälfte des Programms stehen zwei selten gespielte Werke aus zwei Epochen, die Ouvertüre in G von Luigi Cherubini sowie die während des Zweiten Weltkrieges entstandene 2. Symphonie von Arthur Honegger auf dem Plan. Das Programm schließt mit der 6. Symphonie von Franz Schubert. Wien, Musikverein 3./4./5.11. www.wienerphilharmoniker.at

Zeichentrick und 007 Hey hey Wicki! Diese und andere Melodien werden die jungen und jung gebliebenen Besucher des öffentlichen Galakonzerts der 5. Filmmusiktage Sachsen-Anhalt wiedererkennen. Denn der Abschluss des Festivals steht ganz im Zeichen von Cartoon und Animation. Unter dem Motto „The Illusion of Life“ wird die Kraft der Filmmusik verdeutlicht. Und was wären

Tom & Jerry, James Bond oder Walt-DisneyFilme ohne ihre Musik? Es spielt die Staatskapelle Halle, Solistin des Abends ist Soulsängerin N’gone Thiam, als Special Guest tritt der Komponist, Musiker und DJ Mousse T. auf. Oper Halle, 27.10. (Galakonzert) www.filmmusiktage.de

Doch Experimente! Musik, so weiß das Lexikon, ist eine organisierte Form von Schallereignissen. Musik hat also etwas mit Physik zu tun. Auf jeden Fall kann man damit trefflich experimentieren. Und das steht auch im Mittelpunkt des Musik 21 Festivals, welches unter dem Motto √Musik = Energie2 in Hildesheim stattfindet. Für hochkarätige Hörerlebnisse steht das Ensemble Laboratorium aus der Schweiz, das am 9. November mit Werken von Iannis Xenakis bis Oliver Schneller zu erleben ist. Musik 21 Festival Hildesheim, 8. bis 11.11. www.musik21niedersachsen.de

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Fotos: Sebastién Galtier; Thomas Müller; K.O.15 Team; Maiwolf; Blitz; Priska Ketterer

17.11. Rheinsberg/Schlosstheater Kammerchor Leo Wistuba 18.11. Leverkusen/Forum


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Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE

Herzenssache Unser Kolumnist erzählt diesmal von einem Projekt, das ihn vor allem emotional sehr berührt und für das er eine 108-Jährige Dame interviewen durfte.

Foto: privat

Mr. Hope,­Sie arbeiten angeblich an einem ser DVD sollen allerdings ausschließlich en zu dürfen. Wir haben uns im Frühjahr Dokumentarfilm über das ehemalige und zweckgebunden für Maßnahmen in London getroffen, wo Alice Herz-SomKonzentrationslager Theresienstadt. Wie zur Verfügung gestellt werden, die der mer heute lebt. Wir redeten viel über MuErinnerung der in Theresienstadt um- sik, das Leben, und natürlich über Theresikommt’s? Ich beschäftige mich mit dieser Musik seit gebrachten, und – teilweise – ja nahezu enstadt, wo sie über 100 Konzerte gegeben über 15 Jahren, nachdem ich eines Tages vergessenen Komponisten dienen. Unser hat. Und Coco Schumann hat mich durch Theresienstadt geführt. ein Streichtrio von Gideon Herz-Sommers Eltern solKlein im Radio hörte, ohne len mit Gustav Mahler bezu wissen was es war. kannt gewesen sein. Stimmt Wie weit sind Sie mit dem das? Projekt? Da sie 1903 geboren wurde, Wir haben das meiste im muss man anders rechnen: Kasten! Gemeinsam mit AnIhre Eltern waren sogar noch ne Sofie von Otter und der mit Gustav Mahlers Eltern Bayerischen Akademie der bekannt – aber auch Franz Schönen Künste haben wir Kafka oder Sigmund Freud im März 2012 in München traf sie in ihren Kinder- und bereits ein Konzert zum TheJugendjahren. Sie spielte mit ma Musik aus Theresienstadt Gideon Klein, Hans Krasa veranstaltet und den Mitund Viktor Ullmann. schnitt für eine DVD-ProHaben Sie ihr auch was vorduktion verwendet, die dann gespielt? ausgewählten Schulen für Hope zuhause bei der Pianistin Alice Herz-Sommer, geboren 1903. Sie hat mich gefragt, da sagt den Musik- und Geschichtsman nicht nein. unterricht zur Verfügung gestellt werden soll. Dieser Mitschnitt wird Vorhaben hat einen strikt nicht-kommer- Sie scheinen ein großes Faible für Filme zusätzlich durch einen Dokumentarfilm ziellen Charakter. Es geht uns einzig und zu haben. Können Sie sich vorstellen, in in Theresienstadt vor Ort ergänzt, an dem allein um den kulturhistorisch relevanten Zukunft mehr in dieser Richtung zu machen? auch Christian Gerhaher, Bebe Risenfors, Bildungsauftrag. Bengt Forsberg und Coco Schumann mit- Wer sind die Protagonisten des Films in Ich bin fasziniert vom Film, von daher wird es mich immer reizen, mehr in dieser Richgewirkt haben. Alle Mitwirkenden, die Theresienstadt? Regisseure des Mitschnitts und des Do- Meine Idee für den Film war, zwei tung zu machen. Aber die Geige bleibt imkumentarfilms und die Mitarbeiter der Musiker aus Theresienstadt erzählen zu mer an erste Stelle! Akademie leisten ihren Beitrag an diesem lassen, was für sie die Musik in diesem Ge- Was wäre Ihr größter Traum beim Film? DVD-Projekt übrigens absolut ehrenamt- fangenenlager bedeutet hat. Ich habe hier- Mein größter Traum wäre irgendwann selfür die klassische Pianistin Alice Herz- ber Regie zu führen – dafür müsste ich das lich. Aber es kostet dennoch Geld, oder? Be- Sommer, sage und schreibe 108 Jahre alt, Thema aber studieren und die richtigen und Coco Schumann, Jazz-Gitarrist und Profis aus der Filmbranche kennen. kommen Sie keine staatliche Förderung? Wann erscheint das Projekt TheresienDie Bayerische Akademie der Schönen Schlagzeuger, jetzt 88 Jahre alt, getroffen. Künste – mit ihrer großartigen Direkto- Erzählen Sie uns, wie es ist, mit einer 108 stadt? Die DVD soll in der zweiten Jahreshälfte rin Katja Schaefer – unterstützt die Re- Jahre alten Dame Tee zu trinken? alisierung mit einem namhaften Be- Ich kann kaum beschreiben, was dieser 2013 bei Deutsche Grammophon erscheitrag. Etwaige spätere Erträge aus die- Moment für mich bedeutete, sie interview- nen. n 82

www.crescendo.de

Ok tober / November 2012


LIVE IN CONCERT BB Promotion GmbH & Alegria Konzert GmbH präsentieren eine Produktion von Disney Live In Concert

Film e 1. KINOt t le p m o k Der rchester! O E IV L it m

The Sound of Hollywood Symphony Orchestra & Voices Leitung: Helmut Imig

12. - 13.02.13 · Rosengarten Mannheim 14. - 15.02.13 · Alte Oper Frankfurt 17.02.13 · Festspielhaus Baden-Baden 31.03. - 01.04.13 · Kölner Philharmonie Tickets: 01805 - 2001

(0,14€/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42€/Min.)

· www.fluch-der-karibik-live.de


HÉLÈNE GRIMAUD & SOL GABETTA Zwei Temperamente – Ein Gefühl Französische Philosophin trifft argentinisches Heißblut. Die beiden Klassikstars treffen auf ihrer ersten gemeinsamen Aufnahme den Zeitgeist einer legendären kammermusikalischen Kombination LIVE: 17.12. BERLIN 18.12. WUPPERTAL 19.12. HAMBURG 20.12. BREMEN

als CD und Download www.helenegrimaud.de


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