November 2016 D6940e Sfr 10,90 â‚Ź 6,90 heft 11 43. JahrgaNg
Lob der Leere
Nichts denken macht zufrieden
onLinesucht
Wie die Realität wieder spannend wird
architektur
Gibt es die ideale Wohnung?
www.psychologiebuch.de
Neurobiologische Fakten verständlich erklärt
Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen Im menschlichen Gehirn finden während der ersten drei Lebensjahre entscheidende Reifungsprozesse statt. Nicht nur die Gene, sondern auch die vorgeburtliche und frühkindliche Erfahrung eines Menschen spielen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der Persönlichkeit. Auf neurobiologischer und psychologischer Grundlage erläutert Nicole Strüber, wieso Bindung für die kindliche Entwicklung so wichtig ist.
Niedergeschlagen, antriebslos, ohne Motivation – Menschen mit diesen Symptomen werden immer öfter mit Antidepressiva behandelt. In vielen Fällen können die Medikamente die Erwartungen nicht erfüllen. Dieses Buch deckt auf, wie wenig gesichertes Wissen es über ihre Wirksamkeit gibt, wie gravierend die Nebenwirkungen sein können und wie schwierig das Absetzen ist.
304 Seiten, Klappenbroschur, € 16,95 (D)
352 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, € 22,95 (D)
Das erste neurowissenschaftlich fundierte Grundlagenwerk für Coaching
Besser kommunizieren im privaten Umfeld und im Berufsleben
Das Buch beleuchtet das Thema Coaching aus neurobiologischer sowie psychologischer Perspektive und bietet fundierte Grundlagen für eine wirksame Beratungspraxis. Es erläutert Faktoren, welche die Entwicklung und Veränderbarkeit von Persönlichkeit sowie Erlebens- und Verhaltensweisen bedingen, und vermittelt ein tiefgreifendes Verständnis verschiedener Interventionsansätze und ihrer Wirkungsweise. 512 Seiten, broschiert, € 29,95 (D)
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psychologiebuch.de Die ganze Welt der Psychologie
182 Seiten, broschiert, € 15,– (D)
Jeder Mensch ist ein Kosmos, und keiner ist ganz auslotbar. Dennoch können wir einander verstehen, und zwar umso besser, je genauer wir die eigene Charakterprägung und die unseres Gegenübers erfassen. Das Buch entwickelt die »Grundcharaktere« von Fritz Riemann und Karl König weiter und beschreibt sie hinsichtlich ihrer hervorstechendsten Merkmale, ihrer privaten und beruflichen Kommunikationsweisen, ihrer Stärken und Schwächen. Ziel ist ein tieferes Verständnis von uns selbst und unseren Mitmenschen.
Liebe Leserin, lieber Leser
S
ie wollen ein Bild, sagen wir ein Landschaftsmotiv in Ihrem Wohnzimmer aufhängen. Der Platz ist gefunden, aber nun stellt sich die Frage: Welcher Rahmen passt? Ein Metallrahmen gibt der Landschaft eine moderne, aber kühle Ausstrahlung. Ein Holzrahmen wiederum erschlägt die Pastellfarben des Bildes. Aber hier, der schmale weiße Rahmen bringt die Farben zum Leuchten. Und jetzt noch ein Passepartout! Dieses gibt dem Bild eine ganz neue Perspektive. Perfekt? Ja, perfekt für Sie. Ein anderer Mensch mit einem anderen Geschmack würde das Motiv sicher völlig anders in Szene setzen. Bei Bildern und Fotos suchen wir selbstverständlich nach dem „richtigen“ Rahmen. Doch wenn es um uns selbst geht, geben wir uns mit dem einmal gewählten zufrieden. Wir betrachten uns und alles, was uns widerfährt, aus einer ganz bestimmten Perspektive und stellen diese in der Regel nicht mehr infrage. Gleichgültig ob es sich um Episoden aus der Vergangenheit oder aus der Gegenwart handelt – wir erzählen unser Leben nach bestimmten Mustern, die etwas darüber aussagen, mit welcher Einstellung wir durchs Leben gehen: Was trauen wir uns zu und was nicht? Wovor haben wir Angst? Warum sehen wir uns als Glückskind oder als Pechvogel? „Wir sind die Geschichten, die wir über uns erzählen“, sagt der Psychologe und Persönlichkeitsforscher Dan P. McAdams. In unseren Erzählungen nimmt unser Leben Gestalt an. Vielleicht erzählen wir unsere Story als Komödie, vielleicht als Tragödie, vielleicht als nüchterne Dokumentation. Ganz gleichgültig, welchen Erzählstil wir wählen – eines ist sicher: Was immer wir verlautbaren, es ist nicht die ganze Wahrheit. Unsere Geschichten sind ein Konstrukt, das sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt: dem Erlebten, dem Selbstbild, frühen Zuschreibungen, verfälschten Erinnerungen. Wir schaffen unseren persönlichen Mythos. Das ist kein Problem, solange dieser Mythos eine Geschichte erzählt, mit der wir gut leben können, und wir uns mit unseren Erzählungen nicht selbst im Wege stehen. Doch wenn unsere Story eher destruktiv und belastend ausfällt, ist es ratsam, die gewählte Perspektive zu hinterfragen und ein Reframing (Seite 18) vorzunehmen: Könnte die Geschichte auch
PSYCHOLOGIE HEUTE
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anders erzählt werden? Gibt es für das, was ich erinnere, einen besseren Blickwinkel? Möglicherweise war der fürchterliche Urlaubsstreit nicht nur eine Katastrophe, sondern auch ein reinigendes Gewitter, das das bleierne Schweigen beendete. Vielleicht ist die eigene Schüchternheit keine Schwäche, sondern in vielen Situationen eine wirksame Grenzsetzung. Die „Bedeutung jedes Ereignisses hängt ab vom ‚Rahmen‘, in dem wir es wahrnehmen. Verändern wir den Rahmen, verändern wir die Bedeutung“, erklären Richard Bandler und John Grinder, die das Reframing als eine wichtige Methode erfolgreicher Therapeuten identifizierten und es in ihr Trainingskonzept des neurolinguistischen Programmierens (NLP) übernahmen. Skeptiker sehen im Reframing einen Versuch, Lebensepisoden zu verfälschen oder schönzufärben. Doch mit Geschichtsklitterung oder gar positivem Denken darf eine Neurahmung nicht verwechselt werden. „Reframing zielt darauf, in einem bestimmten Kontext etwas Nützliches zu tun“, so Bandler und Grinder. Sprich: Es geht darum, sich vom passiven Erdulder eines oftmals von anderen geschriebenen Drehbuches zum aktiven Autor der eigenen Geschichte zu wandeln.
u.nuber@beltz.de
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IN DIESEM HEFT
TITEL 18 Sieh’s doch mal so! Wir glauben zu wissen, wer und wie wir sind. Doch entspricht das immer der Realität? Ein Wechsel der Perspektive kann unserem Leben einen neuen Sinn geben
Von Anna Roming
24 Es kann alles auch
ganz anders sein Mit der Methode des Reframings lassen sich Erfahrungen in einem anderen Licht betrachten
Von Jochen Schweitzer und Arist von Schlippe
12 Im Fokus: Damit die Welt
wieder sicher wird Was haben Fremdenfeindlichkeit, Fitnesswahn oder Veganismus gemeinsam? Es sind Versuche, mit Unsicherheit fertigzuwerden, sagt der Sozialpsychologe Ernst-Dieter Lantermann
28 Von der Parallelwelt zurück ins
Leben In einem Therapiezentrum lernen onlinesüchtige Jugendliche, dass die reale Welt Spannendes zu bieten hat
Von Susie Reinhardt
34 Das Glück der Berührung Ein philosophisches Plädoyer für eine neue Berührungskultur
Von Wilhelm Schmid
40 Begabung ist nicht alles Grit ist das Geheimnis des Erfolgs, sagt die Psychologin Angela Duckworth. Das
TITELTHEMA
bedeutet: Wer ein Ziel erreichen will, braucht viel Ausdauer
46 In eine fremde Sprache
eintauchen Was Erwachsene wissen müssen, wenn sie eine Fremdsprache erlernen wollen
Von Margit Schlesinger-Stoll
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Sie halten sich für schüchtern, vielleicht glauben Sie, nur dann etwas wert zu sein, wenn Sie viel leisten, oder sehen sich grundsätzlich vom Pech verfolgt? Überzeugungen wie diese sind niemals die ganze Wahrheit. Ein Perspektivwechsel lohnt sich. Sie können einen neuen Blick auf sich selbst werfen – und besser leben PSYCHOLOGIE HEUTE
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58 Hier lässt sich’s wohnen! Was brauchen wir, um uns in einer Wohnung wohlzufühlen?
Von Barbara Knab
64 „Die Leere gibt uns einen freien
Blick auf die Welt“ In unserer schnellen Welt kommt ein Modus unseres Gehirns, die Leere, fast gar nicht mehr vor. Das senkt unsere Lebensqualität, sagt Niels Birbaumer und plädiert für regelmäßiges Nichtdenken
70 Macht ist ein Geschenk Wer hat Einfluss? Wem vertrauen Gruppen die Führung an? Eines steht fest: Die Macht-
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Jugendliche sind selbstverständlich online. Und gar nicht so wenige von ihnen sind abhängig von sozialen Netzwerken und Onlinespielen. Sie müssen lernen, dass auch das real life Spannendes zu bieten hat, sagen Therapeuten von Auxilium Reloaded, einer therapeutischen Einrichtung für Jugendliche mit riskantem Medienkonsum
besessenen kommen nicht zum Zug
Von Dacher Keltner
RUBRIKEN 16 Therapiestunde Die Angst, enttarnt zu werden
Von Andreas Knuf
38 Psychologie nach Zahlen Abschiednehmen: 10 Themen, die Sterbende, ihre Angehörigen und Behandler beschäftigen
Von Thomas Saum-Aldehoff
76 Der Psycho-Test Vielleicht ist Rechtschreibung doch nicht so wichtig?
Von Jochen Metzger
78 Pehnts Alltag Über das Schenken
Von Annette Pehnt 3 Editorial 6 Themen & Trends 52 Körper & Seele
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Wussten Sie, dass es ein „Menschenrecht auf Wohnen“ gibt? Jeder Mensch hat laut UN-Charta ein Anrecht auf einen Ort, an dem er sich wohlfühlen kann. Doch was braucht es dazu? Die Architekturpsychologie zeigt, dass es auch mit einfachen Mitteln möglich ist, ein wohnliches Zuhause zu schaffen
PSYCHOLOGIE HEUTE
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57 Schilling & Blum: Irgendwas mit Menschen 80 Buch & Kritik 91 Medien 92 Leserbriefe 93 Impressum 94 Im nächsten Heft 95 Markt 106 Noch mehr Psychologie Heute
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THEMEN&TRENDS
Stimmt so! Michael Lynn finanzierte sich sein Psychologiestudium als Kellner und Barkeeper. Heute lehrt er an der Cornell University in Ithaca. Doch eine Frage beschäftigt ihn immer noch: Warum geben wir in der Kneipe und im Restaurant Trinkgeld – aber nicht beim Steuerberater oder beim Automechaniker? Was also unterscheidet die eine Dienstleistung von der anderen? Mit seiner jüngsten Studie ist er der Antwort nähergekommen. Die meisten Menschen runden die Rechnung demnach auf, um Ungerechtigkeiten auszugleichen. Sie entschädigen schlecht bezahlte Angestellte wie Friseure und Taxifahrer durch ein paar Extramünzen. Weniger wichtig waren dagegen Traditionen im Sinne von: Das macht man eben so. Lynn befragte 1200 Internetnutzer aus den USA. Er legte ihnen eine Liste von 122 Serviceberufen vor. Die Teilnehmer bewerteten jeden Beruf auf 13 Dimensionen: Wie schwierig ist der Job, wie gut ist er bezahlt, wie sind die Arbeitsbedingungen? Zuletzt gaben die Probanden an, ob sie für eine Dienstleistung aus diesem Bereich ein Trinkgeld geben würden. Die Auswertung zeigte, dass Kunden neben finanziellen auch emotionale Ungerechtigkeiten aus6
gleichen wollten. Wer beispielsweise voller Urlaubsvorfreude mit dem Taxi zum Flughafen fährt, ist großzügig, weil er weiß, dass der Fahrer eben nicht nach Korsika fliegt, sondern weiterhin durch Köln kurvt. Zum Beispiel. Die Befragten wollten mit ihrem Trinkgeld auch ihre Zufriedenheit mit einer Leistung ausdrücken. Das traf vor allem zu, wenn der Chef des Dienstleisters dessen Einsatz nicht beurteilen konnte. Im Schönheitssalon ist die Inhaberin nicht bei jeder Kosmetikbehandlung dabei und kontrolliert. Zwei oder drei Euro ins Sparschwein zeigen deshalb: Gut gemacht. Michael Lynn hatte auch spekuliert, dass Trinkgeld eine Investition in die Zukunft sei: Heute aufgerundet, beim nächsten Mal wieder gut betreut. Doch das Gegenteil scheint richtig. Je häufiger der Kontakt, desto weniger gibt es zusätzlich. Möglicherweise geht die Beziehung zwischen Barkeeper und Stammkunde irgendwann ins Freundschaftliche über. Und Freunden steckt man selten einen Fünfer zu.
REDAKTION: JOHANNES KÜNZEL
Netten Nachmittag im Café gehabt? Und die Kellnerin musste arbeiten? Das Trinkgeld soll über dieses Glücksgefälle hinweghelfen
Michael Lynn: Why are we more likely to tip some service occupations than others? Theory, evidence, and implications. Journal of Economic Psychology, 54, 2016, 134–150. DOI: 10.1016/j.joep.2016.04.001
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ERFAHRUNGEN AUS EINEM LEBEN MIT ANGEBORENER
PROSOPAGNOSIE
Schau mir in die Augen, aber wie lange? Britische Forscher haben die optimale Dauer fĂźr Blickkontakte ermittelt. Demnach empfinden die meisten Menschen zwischen zwei und fĂźnf Sekunden als angenehm. Eine Spanne von weniger als einer oder mehr als neun Sekunden dagegen erschien allen 498 Probanden seltsam. DOI: 10.1098/rsos.160086
Einfach liegen bleiben Wenn morgens beim Aufstehen der Hals leicht kratzt, stellen wir uns innerlich die Frage: Kann ich heute mal blaumachen? Ob wir im Bett liegen bleiben oder uns auf den Weg zur Arbeit begeben, liegt vor allem daran, was bei uns im BĂźro Ăźblich ist. Wissenschaftler um Lieke ten Brummelhuis von der SimonFraser-Universität in Kanada haben jetzt herausgefunden: Angestellte melden sich seltener krank, wenn die Stimmung im Team freundschaftlich ist. Dazu befragten die Forscher Ăźber 800 Arbeitnehmer in zwei Studien: Probanden sollten beantworten, ob sie eher einen Tag zu Hause blieben, wenn Kollegen sich oft krankmeldeten. AuĂ&#x;erdem wollten die Forscher wissen, wie gut sich Teilnehmer auf ihre Mitstreiter verlassen konnten. Die Ergebnisse zeigen, dass Angestellte Ăśfter blaumachten, wenn ihre Kollegen häufig fehlten. In Teams jedoch, in denen Mitarbeiter stark voneinander abhängig waren und sich untereinander gut verstanden, sprangen Kollegen gerne fĂźreinander ein. Chefs sollten also, so die Autoren, den Zusammenhalt in ihrem Team stärken, KATINKA REINER wenn sie weniger kranke Mitarbeiter wollen. Lieke L. ten Brummelhuis u. a.: Why and when do employees imitate the absenteeism of co-workers? Organizational Behavior and Human Decision Processes, 134, 2016, 16–30. DOI: 10.1016/j.obhdp.2016.04.001
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www.festland-verlag.com
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Männliche Jugendliche sind bekannt dafür, sich gegenseitig auf dumme Gedanken zu bringen. Ein Auto mit vier 18-Jährigen ist vielleicht nicht der sicherste Ort der Welt. Nun haben Psychologen gezeigt: Fährt ein 25- bis 30-Jähriger mit, senkt das die Lust auf Gefahren deutlich. Konkrete Ratschläge sind dabei nicht nötig. DOI: 10.1177/0956797615620379
Gründe, Freunde zu bleiben: Justin Mogilski und Lisa Welling haben zusammengetragen, warum manche Partner nach der Trennung befreundet bleiben. Die häufigsten Antworten: 1. Mein Ex ist zuverlässig und mitfühlend, kurz: ein guter Freund. 2. Pragmatische Motive – er oder sie hat viel Geld. 3. Romantische Gefühle: Die Liebe ist noch nicht erloschen. 4. Kinder oder berufliche Zusammenarbeit. 5. Schlechter Sex: Freundschaft ja, aber die körperliche Anziehung fehlt. 6. Guter Sex: Die Partner bleiben füreinander „Freunde mit gewissen Vorzügen“. 7. Gemeinsame Bekannte, die für beide zugänglich bleiben sollen. DOI: 10.1016/j.paid.2016.04.016
Viele Leute, wenig Vertrauen Im Alltag stehen wir oft Gruppen gegenüber. Soll ich diese fremden Leute nach dem Weg fragen, oder werde ich direkt ausgeraubt? Psychologen um Stephen La Macchia von der Universität von Queensland in Australien meinen: Kleine Einheiten wirken grundsätzlich vertrauenswürdiger als große. Diesen Zusammenhang fand La Macchia in insgesamt sieben Untersuchungen ein ums andere Mal. In einer Studie etwa präsentierte der Wissenschaftler 191 Internetnutzern verschiedene Szenarien. Die Ausgangslage war jeweils gleich: Die Probanden sollten sich vorstellen, sie hätten einen Fehler gemacht und seien etwa an der Universität mit einem Plagiat aufgeflogen. Nun mussten sie sich vor einer Kommis-
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sion rechtfertigen. Diese hatte entweder drei oder zehn Mitglieder. Tatsächlich erwarteten die Probanden von kleinen Gruppen größere Nachsicht. Drei Richter wirkten warmherziger und deshalb vertrauenswürdiger als eine große Gruppe. Doch warum? Das erfragten die Forscher in einer anderen Studie. Demnach scheinen kleine Gruppen Assoziationen von Vertrautheit, Intimität, Nähe hervorzurufen. Zudem wirken solche Einheiten leichter beeinflussbar. Wir hoffen also, eher unsere eigenen Interessen durchsetzen zu können. Stephen T. La Macchia u. a.: In small we trust: Lay theories about small and large groups. Personalit y and Social Psychology B ulletin , 201 6 , online vor Print. DO I : 10.1177/0146167216657360
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Glückstanz Kunst bewegt uns. Musik etwa sorgt oft für Gänsehaut. Das ist gut belegt. Doch wie sieht es mit einer eng damit verbundenen Kunstform, dem Tanz aus? Und wie lässt sich Tanz von Musik trennen? Bisher haben sich Forscher kaum mit diesen Fragen beschäftigt. Erste Antworten liefert nun die Psychologin Julia Christensen von der City University London. Sie zeigt, dass auch Ballett Zuschauer emotional bewegt. Für ihre Studie nutzte Christensen 203 kurze Filmchen einer Weltklasseballerina. Um Ablenkungen zu vermeiden, waren die Clips tonlos. Zudem machte die Psychologin das Gesicht der Tänzerin unkenntlich. Diese Ausschnitte zeigte Christensen 83 Studenten, keiner von ihnen selbst Tänzer. Bei den Probanden lösten die Szenen positive Emotionen aus. Dies galt aber nicht für alle Bewegungen. Besonders erhebend wirkte eine Pose, die im Ballettjargon Attitude heißt. Dabei steht die Tänzerin auf einem Bein und hebt das andere nach hinten, zur Seite oder nach vorne, wobei sich ein runder, weicher Ablauf ergibt. Den Zuschauern gefiel dies weit besser als harte, eckige Sequenzen. Dazu passt, dass Christensen zufolge Bösewichte im Ballett tendenziell kantiger tanzen. In einer kleinen weiteren Studie mit nur zwölf Probanden testete Christensen, ob Tanz – ähnlich wie Musik – auch Erinnerungen und innere Bilder aktivieren kann. Tatsächlich war das bei zwei Befragten der Fall. Sie fühlten sich etwa von traurigen Szenen an eigene traurige Erlebnisse erinnert. Diese Ergebnisse seien ein erster Schritt, um den Dialog, in den Tänzer und Zuschauer treten, besser zu verstehen, meint die Autorin.
Die Balletttänzerin hebt ihr Bein zur Pose Attitude – und beschreibt dabei einen Halbkreis in der Luft
Julia F. Christensen u. a.: Affective responses to dance. Acta Psychologica, 168, 2016, 91–105. DOI: 10.1016/j.actpsy.2016.03.008
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Häme fürs Opfer Warum werden manche Opfer für ihr Leid mitverantwortlich gemacht, während anderen mit Empathie begegnet wird? Das fragten sich die Psychologinnen Laura Niemi von der HarvardUniversität und Liane Young vom Boston College. Niemi und Young meinen: Auf die Perspektive kommt es an. Wer bei moralischen Urteilen den Einzelnen in den Blick nimmt, der unterscheidet klar zwischen Opfer und Täter. Doch wer das Wohl der Gruppe in den Mittelpunkt rückt, für den zählt anderes. Dann werden Werte wie Loyalität zur eigenen Gemeinschaft, Gehorsam gegenüber Autoritäten sowie sexuelle und spirituelle Reinheit hochgehalten. Diesen Werten wird zugeschrieben, wie ein Bindemittel auf den Gruppenzusammenhalt zu wirken. In einer von insgesamt vier Untersuchungen präsentierten die Psychologinnen 254 Internetnutzern kurze Texte. In einem folgt eine Frau einem Partygast auf ein leeres Zimmer. Manche Probanden lasen nun, dass die Frau von dem Mann vergewaltigt wurde. Andere erfuhren, der Mann habe Schmuck gestohlen. Tatsächlich schien Teilnehmern, die auf Loyalität und Reinheit pochten, dass Opfer „beschmutzt“. Zudem hielten sie die Verletzungen der Frau für weniger gravierend. Dies galt sowohl für sexuelle als auch für nichtsexuelle Verbrechen, für das Vergewaltigungsszenario allerdings stärker. Mehr noch: Wer durch die Gruppenbindungsbrille schaute, der sah auch die Frau stärker in der Pflicht. Sie hätte eben nicht mitgehen sollen. Laura Niemi, Liane Young: When and why we see victims as responsible: The impact of ideology on attitudes toward victims. Personality and Social Psychology Bulletin, 2016, online vor Print. DOI: 10.1177/0146167216653933
Nonsens im Netz Nicht nur Freunde von Büchern und elektronischen Geräten decken sich gern beim Internetriesen Amazon ein, auch psychologische Forscher sind dort gute Kunden. Sie kaufen die Dienste von Menschen aus aller Welt, die am Computer zum Beispiel Fragebögen ausfüllen. Amazons Angebot ist verlockend, denn es lassen sich schnell und billig viele Versuchspersonen rekrutieren. Zwar behauptet niemand, dass sie repräsentativ für die Bevölkerung seien, aber doch eher als die üblicherweise zwangsverpflichteten Psychologiestudenten. Allerdings haben die Studien per Heimarbeit ihre Tücken. Probleme macht die Neigung der Onlineameisen mittendrin aufzuhören, wenn ihnen eine Studie nicht gefällt. Das kann Untersuchungsergebnisse verzerren, wie Haotian Zhou von der Universität von Chicago an einem extremen Beispiel bewies. Einige Versuchspersonen sollten schildern, wie sie sich beim Auftragen von Eyeliner fühlten. Andere berichteten vom Auftragen von Rasierwasser. Dann mussten alle ihr Gewicht angeben. Absurdes Ergebnis: Wer sich gedanklich mit Eyeliner beschäftigt hat, wiegt weniger. Der Nonsensbefund lässt sich erklären: Wenn es um Eyeliner geht, steigen mehr Männer aus, dadurch sinkt das Durchschnittsgewicht der Gruppe. Bei Rasierwasser ist es umgekehrt. Onlinestudien sind also ebenso wenig fehlerfrei wie bisherige Untersuchungen. Der Psychologe Jochen Musch von der Universität Düsseldorf zieht daraus die Konsequenz: „Ich bin ein Fan davon, möglichst beide JOCHEN PAULUS Wege zu nutzen.“ Haotian Zhou, Ayelet Fishbach: The pitfall of experimenting on the web: How unattended selective attrition leads to surprising (yet false) research conclusions. Journal of Personality and Social Psychology, 2016, online vor Print. DOI: 10.1037/ pspa0000056
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SPRECHZIMMER Therapeuten sind auch nur Menschen. Entsprechend individuell richten sie ihre Praxen ein. Fühlen sie sich wohl, kann das zur Effektivität ihrer Arbeit beitragen. Die Patienten schließen vom Sprechzimmer auf die Persönlichkeit und Expertise des Therapeuten. Wie ein Raum gestaltet ist, kann die Behandlung also durchaus beeinflussen
Die Quellen zu dieser Infografik finden Sie auf unserer Website: www.psychologie-heute.de/literatur. Illustration: Caepsele.de. Text: Eva-Maria Träger
Taschentücher Um ohne viel Aufhebens Tränen (und Nasen) zu trocknen.
Sitzposition Der ideale Abstand beträgt 127 Zentimeter – nicht zu nah, aber auch nicht zu fern. Gut ist, wenn die Stühle beweglich sind, das stärkt das Autonomiegefühl des Patienten.
Sessel Sie sollten bequem sein, nicht zu unterschiedlich und gleich hoch – damit man einander auch im Wortsinn „auf Augenhöhe“ begegnet.
Couch In der analytischen Psychotherapie findet die Behandlung meist im Liegen statt. Doch auch bei Therapeuten anderer Richtungen gibt es häufig eine Couch, zum Beispiel wenn sie Paare oder Familien beraten, die darauf Platz nehmen. Achtung: nicht zu klein wählen!
Ausblick Fensterlose Räume sind ungeeignet, ein Blick in die Natur wirkt förderlich. Zur Not: Zimmerpflanzen aufstellen!
Ordnung Therapeuten mit unordentlichen Sprechzimmern wirken weniger kompetent. Sauberkeit ist eines der Kriterien, die für die meisten Patienten unbedingt erfüllt sein müssen.
PSYCHOLOGIE HEUTE
Geräuschkulisse Laute Musik, polternde Nachbarn – so etwas stört die Konzentration und das wichtige Gefühl von Privatsphäre. Das Sprechzimmer sollte ein Ort der Ruhe sein. Lichtverhältnisse Bei angenehmem Licht ist der Eindruck des Patienten vom Therapeuten positiver.
Dekoration Geschmackssache – nur zu formal und büroähnlich darf es nicht sein. Wichtig ist, dass der Raum einladend wirkt und Sicherheit vermittelt.
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Teppich Ein weicher Boden lässt einen Raum freundlicher und behaglicher erscheinen.
Raumgröße Vor allem bei Angstpatienten können zu enge und kleine Räume Beklemmungen auslösen. Ist ein Raum zu groß, fördert er womöglich Gefühle der Unsicherheit.
Uhr Eine typische Sitzung dauert 50 Minuten. Die Zeit im Blick zu haben ist hilfreich – für Therapeut und Patient. So fällt eine Strukturierung leichter, und das Ende kommt nicht überraschend.
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IM FOKUS
Damit die Welt wieder sicher wird
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FOTO: TIME. / PHOTOCASE.DE
Was tun Menschen, die sich von Ungewissheit bedroht fĂźhlen? Sie igeln sich ein, versuchen einen Schuldigen zu finden oder radikalisieren sich, sagt der Sozialpsychologe Ernst-Dieter Lantermann
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Herr Professor Lantermann, alle klagen darüber, die Zeiten seien so unsicher. War die reale Bedrohung in vergangenen Jahrzehnten nicht viel größer – Stichwort Kubakrise, Mauerbau, nukleares Wettrüsten?
Während der Kubakrise herrschte in Deutschland tatsächlich die Stimmung: Morgen beginnt der Krieg. Heute haben wir eine andere Situation mit verschiedenen Quellen der Unsicherheit. Zum einen die vielen bedrohlichen Einzelereignisse wie Flüchtlingskrise oder Terroranschläge. Eine andere Quelle ist der gesellschaftliche Zusammenhalt, der für viele Menschen außerordentlich brüchig geworden ist. Dann die Prekarisierung der Lebensverhältnisse, die immer weiter zunimmt. Hinzu kommt der Druck der Individualisierung. Das sind schleichende Prozesse, die eine eigene Ebene der Unsicherheit erzeugen. Damit kommt man vergleichsweise schlechter zurecht als mit konkreten Problemen. Das führt zu Gefühlen von Unsicherheit und Ungewissheit.
Unsicherheit ist für viele ein Angriff auf ihr positives Selbstbild, auf ihre ganze Existenz
einen kaputten Traktor. Man konzentriert sich nur noch auf ein Detail, das man beherrschen kann, um sein Selbstwertgefühl zurückzuerobern. Das ist eine typische Antwort auf eine Überforderung durch komplexe Probleme. Was geschieht da genau?
Schon sehr früh im Leben steht das positive Bild von der eigenen Person hinter allen anderen Motivationen, die uns zu verschiedensten Handlungen antreiben. Solange dieses Selbstbild stabil ist, sind wir in der Lage, analytisch zu handeln, Probleme und Ungewissheit zu ertragen und zu lösen. Doch wird es an entscheidender Stelle bedroht, wird der ganze Organismus, das ganze System umgeschaltet in „Sicherung des Selbstwertgefühls“. Wir hören auf, intelligent zu sein, und handeln nur noch emotional. Wie fühlt sich das an?
So, als ginge es ums nackte Überleben. Wir konnten das in unseren Simulationsexperimenten immer wieder beobachten. Da haben erwachsene Menschen geweint, wenn etwas schiefgegangen ist. Die waren völlig verzweifelt. Dabei war das ja nur ein Spiel. Und wenn das bereits in einer experimentellen Situation derart existenziell werden kann, dann kann man erahnen, wie grundlegend so eine Erschütterung im tatsächlichen Leben wirkt.
Sie sprechen von Ungewissheit und Unsicherheit. Wo liegt der Unterschied?
Ungewissheit ist lediglich eine Situationsbeschreibung, Unsicherheit bezeichnet dagegen ein Gefühl. Und das entsteht, sobald sich ein Mensch von einer ungewissen Situation bedroht fühlt. Viele können mit Ungewissheit ja sehr gut umgehen, manche genießen das sogar. Aber in unseren Untersuchungen haben wir gesehen: Eine Situation, in der zum Beispiel plötzlich das Geld knapp wird, der Arbeitsplatz bedroht ist, die Beziehung wackelt – das ist für viele ein Angriff auf ihr positives Selbstbild, auf ihre ganze Existenz.
In Ihrem aktuellen Buch Die radikalisierte Gesellschaft beschreiben Sie, wie Menschen auf so eine Bedrohung reagieren. Es kommt zu einer Art Abwehrmechanismus, den Sie „selbstwertdienliche Unsicherheitsreduktion“ nennen. Man macht sich die Welt einfacher, klarer und übersichtlicher – wie in dem Beispiel mit dem Traktor,
Sie haben in einer Ihrer Untersuchungen, der so-
das Sie gerade erwähnt haben.
genannten Bauernhofstudie, erforscht, wie Men-
Richtig. Wir alle haben da eine Vielzahl von Strategien erlernt. Aber die Reduktion von Unsicherheit – das ist der Kern vieler Phänomene, die wir heute sehen. Und dahinter steht immer der Wunsch, ein positives Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten, selbst unter dem Druck schleichend unsicherer Verhältnisse.
schen auf Ungewissheit reagieren. Was haben Sie da genau gemacht?
Wir haben am Rechner einen Bauernhof simuliert, einen landwirtschaftlichen Betrieb. Dann haben wir Landwirte ins Labor gebeten. Die Aufgabe hieß: Bewirtschaften Sie diesen Hof über simulierte zehn Jahre. Im Folgenden haben wir kritische Situationen geschaffen. Zum Beispiel dass ein Käfer Teile der Ernte vernichtet. Und dann haben wir beobachtet, welche Rolle die Gefühle bei den Entscheidungen spielen. Manche haben sehr emotional reagiert, etwa mit einem Verhalten, das wir „Einigelung“ genannt haben. Wie sah das konkret aus?
Einer der Teilnehmer hat sich praktisch vom gesamten Hof innerlich abgekoppelt und sich ausschließlich um ein Teilproblem gekümmert, in diesem Fall um PSYCHOLOGIE HEUTE
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Welche Strategien sind das zum Beispiel?
Ernst-Dieter Lantermann (71) war bis zu seiner Emeritierung Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.
Eine Strategie nennt man in der Unsicherheitsforschung „Zentralreduktion“. Das meint den Glauben: Alle Probleme in der Welt hängen letztlich mit einer einzigen Ursache zusammen. Und wenn diese Sache gelöst ist, wird die Welt ein guter, sicherer Ort. Eine Variante davon wäre etwa der Wunsch, einen Schuldigen zu finden. Nach dem Motto: Ohne die Flüchtlinge wäre endlich wieder alles in Ordnung. Oder denken Sie an die Sehnsucht nach einer starken Führungspersönlichkeit, die alles richten soll. Vor diesem 13
IM FOKUS
Hintergrund wundert es mich übrigens nicht, dass Fanatiker ein Mann wie Donald Trump in den USA Präsidentignorieren schaftskandidat werden konnte. Informationen, Eine andere Strategie ist die Selbstimmunisierung: die nicht zu Man ignoriert alle Informationen, die der eigenen Meinung widersprechen. Man hört plötzlich auf, sich ihrer eigenen Meinung die Tagesschau anzusehen, und schimpft stattdessen auf die „Lügenpresse“. Und wenn das gar nicht mehr passen geht, sagt man zum Beispiel: „Ja, dieser Muslim da, das ist tatsächlich ein netter Kerl. Aber alle anderen Muslime sind trotzdem gefährlich.“ Apropos Fremdenhass: Ihre Untersuchungen zeigen, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung bei uns eine fremdenfeindliche Einstellung hegten.
Ja, das stimmt. Diesen Wert findet man ziemlich stabil in den unterschiedlichsten Untersuchungen. Aber diese Zahlen haben wenig mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte zu tun. Die erwähnten 30 Prozent findet man schon eine ganze Weile, und die Werte scheinen sich zuletzt nicht dramatisch erhöht zu haben. Generell möchte ich auch lieber die andere Seite betonen: In einer aktuellen Umfrage zeigt sich, dass mehr als 60 Prozent der Bevölkerung der Ansicht sind, dass Flüchtlingen genau dieselben Rechte zustehen sollten wie den Deutschen. Die Zivilgesellschaft ist noch immer stabil, auch wenn um die Lauten im Land immer so viel Lärm gemacht wird. Es gibt noch immer eine sehr robuste, überhaupt nicht für Radikalismus und Fanatismus anfällige Mehrheitsgesellschaft.
Klar, Fanatismus schafft Klarheit, Einfachheit und feste Wahrheiten. Man schottet sich ab vor allen Zweifeln und Unsicherheiten. Man verschafft sich eine unerschütterliche Identität, weil man sich in seinen Gleichgesinnten wiedererkennt und von ihnen wertgeschätzt wird. Der Hass gibt dem Leben eine Bedeutung, einen Sinn und eine Orientierung. Man hat einen unheimlichen Gewinn davon. Aber?
Es gibt dabei ein Problem. Nämlich etwas, das ich die „Dauererregung als Bedingung fanatischer Sicherheit“ genannt habe. Fanatismus muss immer wieder neu angestachelt werden. Sonst fällt er in sich zusammen. Der Fanatiker muss von heftigen Gefühlen bewegt werden. Aber so ein Feuer hält nie lange, wenn nicht dauernd Nahrung nachgelegt wird. Und sobald diese Nahrung ausbleibt, sackt der Fanatismus zusammen. Ist Fremdenfeindlichkeit denn die einzige Möglichkeit, auf ein bedrohtes Selbstbild zu reagieren? Manche Menschen pflegen ihren Selbstwert, indem sie sich auf ihre körperliche Fitness konzentrieren.
Fremdenfeindlichkeit wurzelt Ihrer Meinung nach
Es gibt Fitnessbesessene. Diese extreme Selbststilisierung über den Körper wurzelt häufig in einem unglaublichen Bedürfnis nach Zurückgewinnung von Gewissheit, Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl. Und das ist ja auch ziemlich naheliegend: Wenn die Welt aus den Fugen gerät, was können wir dann noch selbst kontrollieren? Na klar – unseren Körper!
in einem bedrohten Selbstbild – ist das nicht ein
Was ist so falsch daran, mit Leidenschaft und Ehr-
bisschen zu einfach gedacht?
geiz Sport zu treiben?
Nein, darüber gibt es ziemlich verlässliche Zahlen. Die Verunsicherten werden zu einem hohen Teil fremdenfeindlich – oder sie suchen sich etwas anderes, das ihnen Sicherheit zu geben scheint. Sie werden extrem in dem, was sie tun, radikal oder gar fanatisch. In diesen Gruppen findet man viele Leute mit einem gestörten Selbstwertgefühl. Die Unsicheren suchen nach Sicherheit. Dass der Hass sich dabei gerade gegen die Muslime richtet, ist übrigens eher zufällig. Das ist ein frei flottierender Hass, der sich seine Objekte sucht. Er kann sich auch gegen „die da oben“ wenden oder gegen die „Lügenpresse“, das liegt immer an den gerade verfügbaren öffentlichen Angeboten.
Gar nichts! Ohne Ehrgeiz und Leidenschaft wäre das Leben ja furchtbar langweilig. Aber einige dieser Leute sind fanatisch. Ihr ganzes Leben dreht sich nur noch um diese eine Sache. Und wer das doof findet und sein Leben anders lebt, dem begegnet man mit Feindseligkeit. Das sind totalitäre Weltanschauungen ohne jede Selbstreflexion. Vermutlich handelt es sich dabei um eine eher überschaubare Gruppe. Aber die Quantified-Self-Bewegung, dieser Wunsch, jeden seiner Körperwerte mit technischen Geräten zu überwachen und zu messen – das geht schon in eine radikale Richtung und scheint mir ziemlich verbreitet zu sein.
Funktioniert dieser Abwehrmechanismus denn
pitel über den Veganismus geschrieben. Auch
für die Betroffenen?
dort, so schreiben Sie, kommt es zu Formen des
Ja, das ist ja das Schlimme. Psychologisch gesehen haben die Leute was davon.
Fanatismus. Ist das nicht übertrieben? Viele Ve-
Sie meinen: Man muss sich den Fanatiker als
Solange man sich dabei auf sich selbst und seine Gesundheit beschränkt, ist auch nichts dagegen zu sa-
glücklichen Menschen vorstellen?
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In Ihrem Buch haben Sie auch ein komplettes Ka-
ganer wollen sich ja nur gesund ernähren.
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… die zunächst aber trotzdem glücklich macht?
Natürlich! Es ist ja auch kein Zufall, dass vor allem jüngere Leute sich davon angesprochen fühlen, viele Veganer berichten von einer Art Erweckungserlebnis mitten in einer der typischen Identitätskrisen der Adoleszenz. Dann findet man etwas, in das man sich hineinbegeben kann, das das ganze Leben bestimmt und einem eine beruhigende Sicherheit verschafft. Was früher die Religion geleistet hat, das leistet heute das Essen.
Gerade erschienen: Ernst-Dieter Lantermanns neues Buch Die radikalisierte Gesellschaft. Von der Logik des Fanatismus (Blessing, € 19,99).
Bleibt die Frage: Wie kann man ein bedrohtes Selbstbild stabilisieren, ohne gleich radikal oder fanatisch zu werden?
Man braucht etwas, das dem Selbstwert genauso gut hilft wie der Fanatismus. Etwas, das dasselbe Gefühl von Sicherheit bietet. Woran denken Sie da genau?
Am einfachsten ist das, indem man systematisch soziale Kontakte sucht, mit vielen Leuten redet. Das klingt ganz banal, spielt aber eine riesige Rolle. So-
ziale Einbindung ist ungeheuer wichtig. Was sich bei Jugendlichen sehr bewährt hat, ist der Sport. Bei Jungen vor allem Kampfsport. Die jungen Leute erleben da eine enorme Selbstwertsteigerung durch die Erfahrung von eigenem Können. Und das geschieht auch noch in der Interaktion mit anderen, was wiederum ausgesprochen hilfreich ist. Andere Studien zeigen, dass es helfen kann, in einer Kirchengemeinde aktiv zu werden – zumindest solange es sich nicht um eine radikale Gruppe handelt. Generell geht es einfach darum, eine neue Quelle des Lebenssinns zu eröffnen. Was ist mit ehrenamtlichem Engagement?
Ohne Frage – die Zivilgesellschaft ist ein Bollwerk gegen den Fanatismus. Das ist auch nichts, was die Politik regeln kann. Die Integrierung von gefährdeten Leuten in ganz konkrete Netze der Zivilgesellschaft, das ist das Mittel. Das kann die Jugendfeuerwehr sein oder Greenpeace oder der Sportverein oder was auch immer. Man erfährt Wertschätzung, und irgendwann merkt man: Wenn ich anderen helfe, dann bekomme ich auch Hilfe zurück, ich bekomme Anerkennung, Bewunderung – eben alles, was meine Psyche für ein stabiles Selbstbild braucht. PH
Fünf Ressourcen für ein besseres Leben Die Weisheitsforscherin Judith Glück hat fünf Eigenschaften festestgemacht, über die weise Menschen verfügen: Offenheit für neue ue Perspektiven, Einfühlungsvermögen, Reflektiertheit, ein klugerr Umgang mit den eigenen Gefühlen und Selbstvertrauen. Wenn wir auf diese Ressourcen zurückgreifen, kann es uns gelingen, auss Lebenserfahrungen Weisheit zu gewinnen.
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INTERVIEW: JOCHEN METZGER
224 Se Seiten eite iten n | ca. € 19,99 [D] | ISBN 978-3-466-34646-2 Auch als Auc uch ha lss E-Book erhältlich
gen. Einige erheben das Tierwohl aber zum allerhöchsten Wertprinzip, und das halte ich für gefährlich. Weil Veganismus dann schnell fanatisch werden kann, nach dem Motto: Wer nicht mitmacht, ist mein Feind. Das ist eine extrem zugespitzte, vereinfachte, polarisierende Welt- und Selbstanschauung …
15 www.koesel.de w ww w.ko w. koe ko ese .de esel
THERAPIESTUNDE
DIE ANGST, ENTTARNT ZU WERDEN
A
ls Herr B. zum Erstgespräch kommt, begegnet mir ein offener Mann mit sympathischer Ausstrahlung. Wir geben uns die Hand, und ich finde, er drückt ganz schön fest zu. Als er dann im Therapieraum Platz genommen hat und zu erzählen beginnt, kommt es mir so vor, als spreche er von jemand anderem. Er komme in die Therapie, weil er sich so schwach und minderwertig erlebe. Er sei dem Leben nicht gewachsen und fühle sich oft eher wie ein kleines Kind als wie ein erwachsener Mann. Herr B. berichtet, dass er als Bereichsleiter in einer großen Firma tätig ist und Angst hat, eines Tages an seinem Arbeitsplatz „enttarnt“ zu werden. „Ich komme mir wie ein Betrüger vor.“ Irgendwann, so fürchtet er, muss doch den Kollegen klarwerden, dass er eigentlich unfähig ist. Auch auf seinen Körper kann er sich nicht verlassen. Er ist dauernd müde, und wenn er in sich hineinspürt, stellt er fest, dass sich sein Körper irgendwie schwach anfühlt. Sein Alltag ist für ihn ungemein
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Der Klient fürchtet, nicht gut genug zu sein. Irgendwann werden die anderen merken, dass er nur blufft und ein Betrüger ist. Der Psychotherapeut Andreas Knuf lädt ihn zu einer aufschlussreichen Übung ein
Andreas Knuf ist Psychologischer Psychotherapeut mit Praxis in Konstanz. Aktuelle Veröffentlichung: Sei nicht so hart zu dir selbst. Kösel, München 2016
anstrengend, sagt Herr B. Morgens wacht er mit Fantasien über Situationen auf, mit denen er womöglich nicht zurechtkommen wird. Er strengt sich dann den ganzen Tag über an, damit niemand etwas merkt. Weiter erzählt er mir, dass er an der Fachhochschule sehr gute Noten gehabt hat und ihm nach dem Abschluss gleich mehrere Stellen angeboten worden waren. Er konnte sich das selbst nicht erklären. Möglicherweise habe es zu der Zeit zu wenig Bewerber gegeben. Bisher versuchte er, seine Gefühle von Angst, Unsicherheit und Minderwertigkeit wegzudrücken und zu überspielen. Er hatte dazu extra Seminare für selbstbewusstes Auftreten besucht und sogar ein Sprechtraining gemacht, weil er befürchtete, eine zittrige Stimme zu haben. Im Training hatte er gelernt, sich in schwierigen Situationen innerlich aufzurichten und seine Brust leicht vorzustrecken, auch das mit dem kräftigen Händedruck hat er wohl dort gelernt. Wir fanden heraus, dass sich ein bedenklicher Teufelskreis aufgebaut hat: PSYCHOLOGIE HEUTE
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Damit niemand seine Schwäche entdeckt, strengte sich Herr B. den ganzen Tag über an, um nach allen Regeln der Kunst stark und souverän zu wirken. Nach der Arbeit brach er dann fast vor Erschöpfung zusammen, fühlte sich ausgelaugt und schwach und musste am nächsten Tag noch mehr kämpfen, um auch diese Erschöpfung zu verbergen. Sein Leben war so von Daueranstrengung und Angst geprägt. Ich frage Herrn B., was passieren könnte, wenn er Schwäche zeigt. Er befürchtet, fertiggemacht zu werden, wenn er mal einen Fehler macht. Doch auf die Frage, ob das am Arbeitsplatz schon passiert ist, erzählt er, dass es in der Firma eher wohlwollend zugeht. Man muss zwar Leistung erbringen, aber das Klima ist immer noch unterstützend. Schließlich finden wir heraus, dass die Angst vor dem Versagen wohl mehr mit vergangenen Ereignissen als mit der gegenwärtigen Lebenssituation zu tun hat. Sein Vater war ihm und seinen Geschwistern gegenüber extrem kritisch, Fehler durften nicht vorkommen und wurden vom Vater mit lauten Vorwürfen bestraft. Außerdem stellte er seine Kinder vor den anderen Geschwistern oder vor Verwandten bloß, wenn sie mal nicht so perfekt und erfolgreich waren.
ILLUSTR ATION: MICHEL STREICH
„Du musst gar nicht der Beste sein!“
Ich schlage ihm eine Imaginationsübung mit geschlossenen Augen vor, in der wir uns mit den Bewertungen und dem Empfinden von Minderwertigkeit weiter beschäftigen können. Dazu bitte ich ihn, sich an eine Situation aus seiner Kindheit zu erinnern, in der er kritisiert wurde. Er erinnert sich, dass er als Acht- oder Neunjähriger eine Zeitlang keine Hausaufgaben gemacht hatte. Als die Lehrerin seinen Vater zufällig in der Stadt traf, erzählte sie ihm davon. Dieser stellte zu Hause seinen Sohn zur Rede, schrie ihn an und schickte ihn aufs Zimmer. Dort saß der Kleine weinend und verzweifelt. In der Imagination stellt sich mein Klient genau diese Szene wieder vor und auch, wie er selbst als Erwachsener in das frühere Kinderzimmer geht und mit dem kleinen Jungen
von damals spricht. Ich mache Vorschläge, was er dem Kind sagen könnte, beispielsweise: „Es ist schön, dass es dich gibt“, und: „Du musst gar nicht der Beste sein.“ Als er nach der Imaginationsübung wieder die Augen öffnet, hat Herr B. ein ganz weiches Gesicht und meint: „Das ist mir ganz schön schwergefallen, bis heute hätte ich dem Kleinen eher gesagt: Streng dich mehr an! Und nicht: Du musst gar nicht der Beste sein.“ Er wirkt sehr betroffen, und wir schweigen eine Zeitlang miteinander. Schließlich erzähle ich, dass sich sehr viele Menschen minderwertig fühlen, wir erfahren nur selten davon, weil im Alltag nicht darüber gesprochen wird. Sobald wir dagegen kämpfen oder es zu überdecken versuchen, wird alles noch schwieriger. Hilfreich ist, diese Empfindung anzuerkennen und zu verstehen, woher sie kommt. Viele seiner Befürchtungen sind ein sehr verständlicher Nachhall früher biografischer Erfahrungen, der mit der gegenwärtigen Situation aber wenig zu tun hat. In den weiteren Therapiegesprächen beschäftigen wir uns viel mit kleinen Alltagssituationen, in denen sich Herr B. minderwertig fühlt oder glaubt, seine Schwäche verbergen zu müssen. Wir überlegen gemeinsam, wie er in solchen Situationen wohlwollend mit sich sprechen kann. Und wir machen auch noch einige Male Reisen in die Vergangenheit, in denen er lernt, mit dem kleinen Jungen von damals freundlich umzugehen. Mit der Zeit stellt sich heraus, dass Herr B. auch in unseren Therapiegesprächen zahlreiche Befürchtungen hat. Er meint, ich würde die Therapie beenden, wenn er keine schnellen Fortschritte macht, oder ich könnte verärgert sein über etwas, was er sagt. Mit der Zeit lernt Herr B., dass sie mit der Realität kaum etwas zu tun haben. Er lernt, dass es keine Sanktionen gibt, wenn er auf der Stelle tritt oder keine kluge Antwort auf eine Frage hat. Mich jedenfalls stört das nicht. Es dauert ein paar Stunden, aber irgendwann kann Herr B. mir das glauben. Seine Angst in unseren Begegnungen und in den verschiedenen Alltagssituationen wird weniger.
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Anhand von kurzen Sequenzen aus vielen verschiedenen Beratungssitzungen bekommen Sie einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Videonutzung.
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bildungshungrig? wissensdurstig?
Beratung | Soziale Arbeit | Therapie | Supervision | Coaching | Mediation | MBSR- und AchtsamkeitslehrerIn | Systemisch-lösungsorientierte Therapie- und Beratungskonzepte HeilpraktikerIn (Psychotherapie) Seit über 40 Jahren berufsbegleitende Fortbildungsveranstaltungen – viele durch Psychotherapeuten- und Landesärztekammer BadenWürttemberg akkreditiert. fortbildung1.de | Christian-Belser-Straße 79a 70597 Stuttgart | 0711/6781-421
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TITEL
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Sieh’s doch mal so! Sie wissen, wer und wie Sie sind? Vielleicht halten Sie sich für schüchtern, vielleicht glauben Sie, nur dann etwas wert zu sein, wenn Sie viel leisten, oder sehen sich grundsätzlich vom Pech verfolgt. Doch ist das die ganze Wahrheit? VON ANNA ROMING
ILLUSTR ATIONEN: DANIEL BALZER
D
u warst ein winziges, sehr schwaches Baby, wir mussten lange bangen, ob du es schaffst, und wir waren so froh, dass du überlebt hast! Du warst von Anfang an ein Kämpfer.“ „Fast wärst du im Taxi zur Welt gekommen, so eilig hattest du es.“ „Du warst das schönste Baby auf der ganzen Station, die Schwestern waren verliebt in dich.“ An die Umstände unserer Geburt erinnern wir uns nicht. Aber wir hören die Erzählungen darüber immer wieder gerne. Uns faszinieren die Details, die Ausschmückungen, der emotionale Ton der Geschichte, ihre Deutung durch die Mutter, den Vater oder andere Verwandte. Und je öfter wir diese Story hören (manche Menschen bekommen sie jedes Jahr zur ihrem Geburtstag neu erzählt), desto mehr machen wir sie zu einem Teil unserer Geschichte. Wir sehen uns als „Kämpfer“, als „jemand, dem es nie schnell genug gehen kann“, als „Schönheit, die geliebt wird“.
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Wir erzählen die Geschichte über unsere Geburt, wie auch alle anderen Geschichten über Episoden unseres Lebens, immer und immer wieder – um uns selbst zu verstehen. Der Antrieb, durch Erzählungen die Vielfalt des Lebens zu erklären, zu ordnen und einen Sinn darin zu finden, ist tief in uns verankert. Dabei ist uns meist nicht bewusst, dass diese Erzählungen nicht nur auf Fakten, sondern zu einem großen Teil auf Interpretationen beruhen – und es liegt im Wesen von Interpretationen, dass sie die interessanten Teile einer Lebensgeschichte betonen und weniger wichtig erscheinende weglassen. Unsere erzählte Lebensgeschichte ist immer subjektiv und etwas ganz anderes als der objektive Lebenslauf und erfüllt ganz andere Aufgaben als dieser: Sie ist die Grundlage unseres Lebensgefühls, sie formt unsere Identität. Wir leben mit dem emotionalen Akkord, der einer solchen Geschichte beigegeben wird – und der unser Leben prägt, ohne dass wir es bemerken.
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Wir können Ereignisse und Erfahrungen neu bewerten und der Ich-Erzählung eine andere Wendung geben. Vorzugsweise ins Positive
Die Mehrzahl unserer wichtigsten Lebensepisoden wird in unserer Kindheit und frühen Jugend geschrieben. In den Jahren, in denen sich unsere Identität festigt, entscheiden sich oft die Richtung und die Tonalität unserer Lebensgeschichte. In diesem Alter entwickeln wir Erzählungen, die die Qualität eines Drehbuchs haben: Wenn wir auf besondere Herausforderungen stoßen oder wichtige Entscheidungen treffen müssen, befragen wir diese Geschichte und suchen nach Hinweisen, die sie uns geben könnte. Wenn sie beispielsweise sagt, dass wir Probleme meistern können, dann werden wir das auch weiterhin versuchen. Wenn sie uns erzählt, dass wir bestimmten Herausforderungen besser aus dem Weg gehen, dann tun wir auch das. Unglücklicherweise erinnern wir uns beim Erzählen der Lebensgeschichte oder von Lebensepisoden eher an negative Ereignisse. Der Psychiater und Psychotherapeut Arnold Retzer spricht von „monomythischer Identitätsatrophie“ und meint damit einen Vorgang, der uns bei Selbstbeschreibungen und beim Erzählen unserer Lebensgeschichte häufig unterläuft: Wir verengen unser Selbstbild auf einige wenige (meist negative) Eigenschaften oder vermeintlich prägende Erfahrungen. Wir (über-)identifizieren uns mit dieser Geschichte und glauben, mit dieser Geschichte identisch zu sein: „Ich bin eben ein ängstlicher Mensch“, „Ich bin und bleibe ein Pechvogel“ oder „Ich bin bindungsunfähig“. Dabei ist uns nicht bewusst, dass diese Geschichte oft nur ein zentrales Thema hat, dass sie „monomythisch“ ausfällt. Wir erzählen sie ohne Zweifel. „Man ist sozusagen mit Haut und Haar in diese Geschichte hineinverwoben“, erklärt Retzer. Wir sehen dann nicht, dass diese Geschichte auch ganz anders erzählt werden oder es noch andere Erzählvarianten geben könnte. Die Version, die wir uns – und anderen – erzählen, halten wir für die ganze Wahrheit. Aber das ist sie nicht. 20
Natürlich ist diese „monomythische“ Erzählung nicht vollständig erfunden, sie entspringt nicht unserer Fantasie. Aber es ist ratsam und letztlich auch heilsam, die Geschichten, die wir über uns erzählen, kritisch zu betrachten und sich zu fragen: Könnte ich diese Geschichte auch anders erzählen? Welche anderen Facetten hat meine Lebensstory noch? Es lohnt sich, die „Wahrheiten“, die wir über uns im Kopf haben, zu überprüfen. Wir können das Drehbuch, das in unseren frühen Jahren von anderen geschrieben worden ist, auf seine Richtigkeit überprüfen, und wir können es umschreiben. Das ist keineswegs als Aufforderung zu verstehen, unsere Geschichte schönzufärben oder gar zu fälschen. Damit wäre nichts gewonnen. Vielmehr sollten wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass es zum einen Lücken gibt in diesem Drehbuch und dass zum anderen die Erzählweise zu einseitig, eben „monomythisch“ ist. Eine Geschichte erzählen, mit der man leben kann
Der eigenen Lebensgeschichte einen anderen, einen positiveren Dreh zu geben ist jedoch nicht einfach – wir alle kennen die Macht traumatischer Erinnerungen, die uns in eine Abwärtsspirale von Grübelei, Selbstvorwürfen, Scham oder Verzweiflung treiben können. In den letzten drei Jahrzehnten hat die Psychologie jedoch eine ganze Reihe von Techniken und Theorien entwickelt, die es uns ermöglichen, unsere Lebensgeschichten umzuschreiben, sie im neuen Licht zu betrachten, kurz: eine Geschichte zu erzählen, mit der wir leben können und die vor allem die negativen, emotional aufwühlenden Episoden in möglichst lehrreiche und heilsame verwandelt. Zum Beispiel hilft uns die aus der Systemtheorie stammende Technik des Reframings dabei, Ereignisse und Erfahrungen neu zu bewerten, der Ich-Erzählung eine deutliche Wendung zu geben, vorzugsweise ins Positive, und sich von der vermeintlichen Zwangsläufigkeit eines festgefügten Schicksals zu verabschieden. Solche Reframingtechniken haben sich in Psychotherapien bereits als erstaunlich wirksam erwiesen, und sie funktionieren oft schneller und besser, als man es aufgrund einer verfestigten Lebenserzählung vermuten wollte (siehe auch Seite 24). Der Sozialpsychologe Timothy Wilson von der University of Virginia hat in vielen einschlägigen Untersuchungen zeigen können, wie ein solches Reframing möglich ist. Zwei Methoden haben sich als besonders hilfreich herausgestellt: story editing (die eigene Geschichte redigieren) und story prompting (die Erzählrichtung ändern). PSYCHOLOGIE HEUTE
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Das ist das Ziel: die eigenen Erfahrungen so zu überarbeiten, dass belastende Episoden sich in möglichst lehrreiche oder heilsame verwandeln
Story editing: Die eigene Geschichte redigieren
Die eigenen Erfahrungen werden überarbeitet mit dem Ziel, schmerzhafte Erfahrungen zu entschärfen, damit sie nicht in bedrückende, selbstzerstörende Denk- oder Verhaltensmuster übergehen. Ziel ist, neue Erzählperspektiven ins Spiel zu bringen. Timothy Wilson schlägt dazu folgende, in zahlreichen Experimenten erprobte und bewährte Methoden vor: Selbstdistanzierung: Während wir eine quälende oder traumatische Erinnerung in einem „inneren Film“ abrufen, versuchen wir, die Erfahrung mit PSYCHOLOGIE HEUTE
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deutlicher Distanz, eben wie ein neutraler Zuschauer zu beobachten. Anstatt sie immer wieder zu durchleben, schauen wir nun zu – und stellen dabei Fragen nach dem Warum. Warum ist die Sache so abgelaufen? Warum hat die beobachtete Person (also wir) bestimmte Gefühle? Diese Haltung ermöglicht, Erklärungen für Ursachen und Wirkungen zu finden, Schuld- oder Ohnmachtsgefühle zu überwinden oder auch Alternativen für künftige Situationen zu erkennen. Die George-Bailey-Methode: Benannt nach der Hauptfigur des Hollywoodfilms Ist das Leben nicht 21
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Ein neuer Blick aufs Leben: aus dem vertrauten Skript ausbrechen, die vertrauten Gedanken hinterfragen, die Perspektive wechseln
schön? (It’s a Wonderful Life, 1946, Regie: Frank Capra), besteht diese Methode darin, sich vorzustellen: Wie sähe die Welt aus, wenn wir nicht da gewesen wären? Wenn wir nicht diesen Mann/diese Frau kennengelernt hätten, nicht dieses Studium, diese Ausbildung absolviert hätten, nicht Freund dieser Menschen gewesen wären? George Bailey rettet im Film unter anderem die Bank einer Kleinstadt und ermöglicht vielen Menschen, eine Existenz zu gründen. Als er selbst am Ende scheitert und sich umbringen will, erscheint ein Engel namens Clarence und führt ihm vor Augen, wie diese Stadt ohne sein Wirken aussähe (ziemlich traurig!). Und er fasst neuen Lebensmut. Die Geschichte aufschreiben: Der Psychologe Jonathan Adler hat in einer Langzeitstudie 47 Psychotherapiepatienten ihre Lebensgeschichte aufschreiben lassen. Es zeigte sich, dass allein diese Beschäftigung mit dem eigenen Leben und der Versuch einer Sinngebung allmählich dazu führten, dass das Thema „Ich habe mein Leben unter Kontrolle“ (Adler spricht von agency) immer stärker in den Vordergrund trat. Und mit fortschreitender Thematisierung dieses Aspektes verbesserten sich allmählich auch das psychische Wohlbefinden und die mentale Gesundheit der Probanden. Es gibt also einen engen Zusammenhang zwischen der Erkenntnis „Ich habe etwas in meinem Leben bewirkt“ und dem Gesundheitsstatus. „Es ist, als ob die Patienten mit der Verschriftlichung ihrer 22
Lebenserzählung eine neue Version von sich selbst erarbeiten konnten – und sie erfüllten diese verbesserte Version mit Leben“, erklärt Adler. Glaubenssätze überprüfen: Wir alle pflegen einige grundlegende Gedanken über uns selbst, über die Welt und die Menschen, zu denen wir in Beziehung stehen – Gedanken, die wir schon so lange und oft wiederholt haben, dass wir ganz vergaßen: Es sind nur Gedanken. Sie haben sich zu unserer Geschichte verdichtet, einer Geschichte, die uns fesseln und belasten kann. „Ich bin ein ängstlicher Mensch“, „Ich bin risikobereit“, „Ich bin das Kind einer alkoholkranken Mutter“, „Ich werde immer zurückgewiesen“ – solche fest verankerten Gedanken, die Psychotherapie spricht von „Glaubenssätzen“, mögen irrational sein. Doch wir verlassen uns auf sie wie auf eine Straßenkarte, die uns durch das Labyrinth der Beziehungen führen kann. Dabei provozieren wir immer wieder genau die Reaktionen bei anderen, die dann die scheinbare Richtigkeit dieser Gedanken bestätigen: Die Furcht vor Zurückweisung zum Beispiel bringt uns dazu, uns so zu verhalten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zurückweisung größer und nicht kleiner wird. Doch wir können aus dem vertrauten Skript ausbrechen, indem wir einen anderen Blickwinkel einnehmen, die Perspektive wechseln und uns fragen, ob diese Glaubenssätze die ganze Wahrheit über unser Leben beinhalten. PSYCHOLOGIE HEUTE
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Der Psychotherapeut Bill O’Hanlon hat dies getan. Viele Jahrzehnte lang war er überzeugt davon, ein schüchterner Mensch zu sein. Angeregt durch eine entsprechende Lektüre, beschloss er eines Tages, sein festgefügtes Selbstbild zu überprüfen: „Ich hatte mein Leben lang gehört, dass ich schüchtern sei. Meine Familie beschrieb mich immer so. Schließlich identifizierte ich mich damit. Aber nun dämmerte mir, dass das vielleicht einfach nur ein Märchen war. Schließlich kam ich eines Tages auf die Idee, dass ich gar nichtschüchtern war, sondern bloß gelernt hatte, mich schüchtern zu geben. Diese Vorstellung gefiel mir sehr, denn sie implizierte die Hoffnung, dass ich die Dinge zum Besseren verändern könnte. Wenn ich schüchterne Verhaltensweisen erlernt hatte, würde ich auch nichtschüchterne Verhaltensweisen erlernen können.“ Diese Erkenntnis führte dazu, dass O’Hanlon begann, „in einer Art und Weise zu handeln, die sich nicht mit meiner alten Geschichte deckte“. Seine Schüchternheit hat er immer noch, „aber ich habe jetzt auch die Fähigkeit, ‚nichtschüchtern‘ zu sein“. Story prompting: Die Erzählrichtung ändern
Eine weitere Methode, die Timothy Wilson beschreibt, ist das story prompting, das Umlenken einer Erzählrichtung. Hier geht es darum, durch mitunter nur kleine Anstöße destruktive Selbstzuschreibungen oder Vorurteile zu entkräften oder sich von Zuschreibungen zu befreien, die man seit der Kindheit mit sich herumschleppt. Ein positives Beispiel, wie das „Umlenken der Erzählrichtung“ gelingen kann: An den Universitäten von Stanford und Virginia in den USA wurden mit großem Erfolg narrative Trainingsprogramme mit Studenten durchgeführt, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit oder der Herkunft aus einem armen Elternhaus erfahrungsgemäß oft das Studium abbrechen. In den Programmen lernten sie, ihr Studium nicht unter dem Aspekt „Ich habe nur geringe Chancen“ zu betrachten und so einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung anheimzufallen, sondern ihre Geschichte als eine potenzielle Erfolgsgeschichte zu sehen. Den Studienteilnehmern wurden unter anderem professionell gemachte Videos gezeigt, in denen „Studenten wie sie“ mit denselben niedrigen Erwartungen und Selbstzweifeln ins Studium gingen, dort aber sehr bald Lerntechniken erwarben, mithalten konnten, sich Hilfe von Lehrenden und Mitstudenten holten und schließlich erfolgreich ihr Studium abschlossen. Der gar nicht so heimliche Lehrplan hinter diesen Videos: Den sich benachteiligt PSYCHOLOGIE HEUTE
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Es geht nicht darum, Fakten zu verfälschen. Vielmehr wird das bisherige Selbstbild in einem anderen Licht bewertet
fühlenden Studierenden sollte die Idee vermittelt werden, dass Fähigkeiten nicht etwas Angeborenes und Unveränderliches sind, sondern Leistung vor allem darauf beruht, von Hilfsangeboten den richtigen Gebrauch zu machen und Hindernisse zu überwinden. Probanden, die diese Videos gesehen hatten, konnten tatsächlich in der Mehrheit ihre negativen Erwartungen und Selbsterzählungen („Die Weißen werden sowieso bevorzugt“) in positiv getönte Geschichten „umschreiben“. Dadurch verbesserte sich ihr Selbstwertgefühl – und infolge davon stiegen auch ihre schulischen Leistungen. Umschreibe- oder Reframingtechniken zielen nicht darauf ab, Fakten und Daten zu verfälschen oder bestimmte Ereignisse auszublenden oder zu verleugnen. Vielmehr wird das bisherige Selbstbild in einem anderen Licht bewertet und sein Sinn neu gedeutet. Auf diese Weise können wir die Geschichten unseres Lebens so erzählen, dass sie uns nicht schaden, sondern ganz im Gegenteil unser psychisches Wohlbefinden steigern. Ob wir lernen, anders über uns zu denken, ob wir die Erzählrichtung verändern oder ob wir die Episoden unseres Lebens selbstwertstärkend niederschreiben: Wenn wir über unsere Lebensgeschichte reflektieren, erleben wir uns sowohl als ihr Autor als auch als ihr Hauptdarsteller und gewinnen die wertvolle Einsicht: „Ich lebe nicht nur mein Leben, ich bin der Chef in dieser Geschichte.“ LITERATUR Dan P. McAdams: The art and science of personality development. Guilford Press, New York 2015 Jonathan M. Adler: Living into the story. Agency and coherence in a longitudinal study of narrative identity development and mental health over the course of psychotherapy. Journal of Personality and Social Psychology, 102, 2012 Julie Beck: Life’s stories. The Atlantic, August 2015 James Pennebaker: Telling stories. The health benefits of narrative. Literature and Medicine, 19, 2000 Timothy D. Wilson: Redirect. Changing the stories we live by. Little, Brown and Company, New York 2011
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Es kann alles auch ganz anders sein Wir verwandeln unsere Erfahrungen in Geschichten – und erzählen diese anderen. Mit jeder Wiederholung wird die erzählte Geschichte immer „wahrer“ und schließlich nicht selten zu einem Gefängnis. Können wir uns daraus befreien? VON JOCHEN SCHWEITZER UND ARIST VON SCHLIPPE
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ls „systemisch“ wird ein therapeutischer Ansatz bezeichnet, der sich ab Mitte des vorigen Jahrhunderts zunächst als „Familientherapie“ etablierte, dann aber zunehmend unabhängig vom Familiensetting spezifische Konzepte und Methoden entwickelte. Eine wesentliche Rolle spielen bei diesem Ansatz die Kommunikation und die von den Klienten erzählten Geschichten. In der systemischen Beratung werden Menschen darin unterstützt, zu den von ihnen selbst erzählten Geschichten „selbstreferente“ Positionen einzunehmen. Das bedeutet, dass jemand sozusagen der eigene Beobachter werden kann und so über mehr Wahlmöglichkeiten verfügt, indem er ein Bewusstsein dafür entwickelt, für die Art und den Inhalt seiner Storys selbst verantwortlich zu sein. Im Beratungsprozess geht es daher immer wieder um die Frage, wie ein Mensch seine Geschichten anders, neu sehen kann, denn häufig sind sie im Laufe der Zeit zu einem Gefängnis geworden: Es passiert „immer dasselbe“, der andere (Kollege Mitarbeiter, Partner oder wer auch immer) ist „so“ und nicht anders. „Menschen sind unverbesserliche und geschickte Geschichtenerzähler – und sie haben die Angewohnheit, zu den Geschichten zu werden, die sie erzählen. Durch die Wiederholung verfestigen sich die Geschichten zu Wirklichkeiten, und manchmal halten sie die Geschichtenerzähler innerhalb der Grenzen gefangen, die sie selbst erzeugen halfen“, schreiben die Psychologen Jay S. Efran, Michael D. Lukens und Robert J. Lukens. Es geht nicht darum, auf Biegen und Brechen positive Beschreibungen zu finden
Um die Tore dieses Gefängnisses öffnen zu helfen, hat die systemische Psychotherapie verschiedene Techniken entwickelt, darunter vor allem das sogenannte Reframing, die Umdeutung von Ereignissen und Situationen. Dabei geht es nicht darum, auf Biegen und Brechen positive Beschreibungen zu finden. Vielmehr geht es um PSYCHOLOGIE HEUTE
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die Bereitschaft, Inhalte und Beschreibungen immer wieder zu hinterfragen, immer wieder in einem anderen Licht wahrzunehmen. Denn die Art, wie wir über ein Problem sprechen, bestimmt die Qualität eines Problems, ja ob es überhaupt ein Problem ist oder nicht. Wenn der Sinngehalt der wahrgenommenen Realität von der eingenommenen Perspektive abhängt, dann kann man einem Geschehen dadurch einen anderen Sinn geben, dass es in einen anderen Rahmen gestellt wird. Im Reframing löst man sich aus der Faszination am Defizit, richtet den Blick auf Chancen und Möglichkeiten und versucht, einen prägnanten Unterschied zu der bisherigen Wirklichkeitssicht herzustellen. Die wichtigste Funktion eines Reframings ist die „Verstörung“ der bisherigen Sicht der Dinge. Wenn alles auch anders sein könnte, ist schon viel dafür getan, dass die Dinge nicht mehr so festgefahren und rigide erlebt werden wie bisher. Der Philosoph und Kybernetiker Gregory Bateson hat darauf hingewiesen, dass die Bedeutung einer Information von sogenannten „Kontextmarkierungen“ abhängt, von Kennzeichen, die zeigen, wie ein Ereignis zu verstehen ist. Eine Kontextmarkierung ist also ein Weg, über den Lebewesen den sozialen Sinn ihrer Kom-
munikation herstellen: Eine Aussage wie „Jetzt mache ich dich fertig!“ gewinnt ihre Bedeutung aus dem Kontext, in dem sie steht – in einer düsteren Hafenkneipe von einem angetrunkenen Wüterich mit der entsprechenden Betonung gesagt, bedeutet die Aussage etwas ganz anderes als lachend beim Schachspiel. Dieser soziale Sinn, der Rahmen (frame) bestimmt, wie eine Äußerung zu verstehen ist. Ein veränderter Rahmen kann die komplette Bedeutung einer Kommunikation verändern. Es lassen sich drei verschiedene Formen von Reframing unterscheiden: Das Bedeutungsreframing verleiht einem Problem einen anderen Sinn. Ein Beispiel aus einem Therapiegespräch: Ein Vater klagt über seine beiden Töchter. „Ich finde es unerträglich, sie haben ständig Streit! Sie knallen die Türen, und wie die miteinander reden, furchtbar!“ – „Wie war das bei Ihnen zu Hause?“ – „Oh, da gab es das nicht. Mein Vater war so streng, er hat uns hart geschlagen, mein Bruder und ich mussten uns verbünden und fest zusammenstehen! Darum finde ich das ja auch so schlimm, dass die beiden so anders sind.“ – „Sie waren damals also eine Art Notgemeinschaft. Sind Sie denn auch so streng?“ – „Nein, ich weiß, wie es ist, geschlagen zu werden, und darum habe ich mir geschworen, meine Kinder 25
TITEL
DAS „REFRAMEN“ ÜBEN Am Beispiel von konkreten „Klagen“ können die verschie-
nander umgehen, und zum anderen glaube ich, dass Sie
denen Formen des Reframings verdeutlicht werden.
sich sehr lieben müssen, weil Sie noch zusammen sind.“
Wichtig ist: Es gibt bei den folgenden Beispielen keine
Kontextreframing: „Vielleicht haben Sie da einen guten
„richtigen“ Lösungen. „Richtig“ und „falsch“ ergeben sich
Weg gefunden, nie mit Themen wie Zurückweisung und
immer aus dem konkreten Kontext. Ein Reframing kann
Kränkung konfrontiert zu werden.“
in der einen Situation richtig sein, weil es gut passt und
Inhaltsreframing: „Sie haben ein Feld ausgeklammert,
zu einer Änderung der Sichtweise anregt, und in der an-
wo viele Paare heftig streiten. Aber der Preis für die Ru-
deren falsch, weil es vielleicht verärgert oder einfach nicht
he in der Beziehung ist recht hoch, nicht wahr? Wäre es
verfängt. Einige der Antworten würde man vermutlich
eine gute Idee, darüber zu sprechen, wie Sie das Ziel
nur geben, wenn man sehr viel mehr über den Kontext
einer harmonischen Beziehung auch anders erreichen
der Klage wüsste.
können?“
BEISPIEL 1
BEISPIEL 4
Klage: „Ich kann mich nicht konzentrieren!“
Klage: „Ich muss dauernd die Fehler meiner Kollegin
Bedeutungsreframing: „Sie scheinen ein sehr vielseitiger
ausbügeln!“
Mensch zu sein, der offen ist für viele Dinge.“
Bedeutungsreframing: „So können Sie auf jeden Fall
Kontextreframing: „Sie sind sehr offen für Neues – wenn
deutlich zeigen, wie fehlerfrei Sie selbst arbeiten!“
irgendetwas Ungewöhnliches passieren würde, würden
Kontextreframing: „Bei der nächsten Rationalisierungs-
Sie sofort darauf reagieren.“
welle ist Ihr Arbeitsplatz wahrscheinlich erheblich si-
Inhaltsreframing: „Verstehe, es wird Ihnen nie langweilig.
cherer als der dieser Kollegin!“
Aber der Preis ist, dass Sie schlechter lernen. Wie könnten
Inhaltsreframing: „Ich stelle mir vor, dass Sie sich dieser
Sie auf andere Weise für Abwechslung sorgen, wenn Sie
Kollegin sehr verbunden fühlen, dass Sie sich so für sie
lernen – wie wäre es zum Beispiel mit lauter Musik?“
einsetzen! Wäre es eine Idee, nach einfacheren Wegen zu suchen, ihr dies zu zeigen?“
BEISPIEL 2 Klage: „Mein Mitarbeiter hat schon wieder totalen Streit
BEISPIEL 5
mit den Kollegen!“
Klage: „Meine Chefin ist einfach kleinlich!“
Bedeutungsreframing: „Er scheint jemand zu sein, der
Bedeutungsreframing: „Ja, Sie haben da eine Vorgesetz-
sehr viel Sinn für klare Grenzen hat und dafür auch sorgen
te, bei der Sie sicher sein können, dass Ihnen kein Fehler
kann!“
unterläuft!“ – Oder: „Vielleicht hat sie ja einen Weg ge-
Kontextreframing: „Wenn Sie eine klare und eindeutige
funden, dass sich die Teammitglieder auf jeden Fall un-
Aussage bekommen wollten, wüssten Sie bei ihm auf
tereinander solidarisieren.“
jeden Fall, wo er steht!“
Kontextreframing: „Wenn es einmal um eine Steuerprü-
Inhaltsreframing: „Das klingt so, als wünschten Sie sich
fung geht, brauchen Sie in Ihrem Betrieb jedenfalls keine
wirklich andere und leichtere Wege von ihm, wie er an-
Angst zu haben.“
deren zeigt, dass er nicht alles mit sich machen lässt.“
Inhaltsreframing: „Sie will wohl ihr Team zur Perfektion bringen. – Vielleicht gibt es noch andere Wege, das zu tun?“
ARIST VON SCHLIPPE, JOCHEN SCHWEITZER
BEISPIEL 3 Klage: „Wir haben schon seit drei Jahren nicht mehr zusammen geschlafen!“ Bedeutungsreframing: „Wenn Sie das so sagen, stelle ich mir vor, dass Sie zum einen sehr rücksichtsvoll mitei-
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rowohlt.de
Im Reframing löst man sich von der Defizitperspektive und richtet den Blick auf Chancen und Möglichkeiten
lich, dass beide den Anspruch hatten, jederzeit füreinander da zu sein, wenn der andere es wünschte. Ihre Erfahrungen in ihren Herkunftsfamilien machten es beiden schwer, sich abzugrenzen. Mit dem Streit, so bot ihnen die Therapeutin als Erklärung an, hätten sie offensichtlich eine Form gefunden, mit der es ihnen gelinge, in Abstand zueinander zu kommen (bis hier ist es wieder ein Bedeutungsreframing). Aber der Preis dafür sei recht hoch, sie zahlten dafür mit negativen Gefühlen und mit der Beeinträchtigung der Beziehungsqualität. So wurde mit beiden überlegt, wie es wäre, wenn sie in der Paarberatung gemeinsam nach Wegen suchten, das Ziel, ein wenig „Pause“ und Abstand voneinander zu gewinnen, weniger PH schmerzlich zu erreichen.
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GESTRIT TEN ODER GESTOLPERT
Situationen «lesen» Wie wir Menschen und ein so oft trügt. und warum uns der Sch
Prof. Dr. Arist von Schlippe, Diplompsychologe, hat den Lehrstuhl für Führung und Dynamik von Familienunternehmen an der Wirtschaftsfakultät der Universität Witten/ Herdecke inne. Er ist lehrender Supervisor und Lehrtherapeut für systemische Therapie (SG, Berlin). Prof. Dr. Jochen Schweitzer, Diplompsychologe, leitet die Sektion Medizinische Organisationspsychologie im Institut für Medizinische Psychologie am Zentrum für Psychosoziale Medizin der Universität Heidelberg. Er ist lehrender Supervisor und Lehrtherapeut für systemische Therapie am Helm-StierlinInstitut. Dieser Artikel ist ein bearbeiteter Textauszug aus dem Buch Systemische Interventionen, das Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer in der Reihe UTB-Profile im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht veröffentlicht haben. Wir danken Autoren und Verlag für die Abdruckgenehmigung.
Unser Gehirn sucht immer nach Erklärungen. Erklärungen, wie die Welt funktioniert, wie wir selbst funktionieren und wie andere Menschen funktionieren. Doch jedes Gehirn findet eben seine eigenen Antworten – warum das so ist und ob wir diesen Antworten immer trauen können, erfahren Sie in diesem Buch.
© Marcelo Santos/Getty Images
nie zu schlagen, und das habe ich auch geschafft.“ – „Dann könnte man ja fast sagen, dass es ein Kompliment ist, wenn Ihre Töchter sich ständig streiten. Sie zeigen, dass sie jedenfalls keine Notgemeinschaft bilden müssen, sondern dass sie in Ruhe lernen können, wie man harte Auseinandersetzungen führt.“ Der Gesichtsausdruck des Vaters kippt um in Verblüffung: „So habe ich das noch nie gesehen – ja, stimmt, es ist ein Kompliment an mich, ein Kompliment!“ Das Kontextreframing. Hier kann man fragen, welcher Kontext denkbar wäre, in dem das Problem sinnvoll wäre, ja vielleicht sogar die beste Lösung darstellen würde. Ein Beispiel: Ein junger Mann setzte sich mit seiner Aggressivität auseinander, nachdem er mehrfach auf der Arbeit verwarnt worden war. Er kämpfte darum, diese abgelehnte Seite, er nannte sie seine „Wut“, in den Griff zu bekommen und „gewaltloser“ zu werden, wie er selbst sagte. Eines Tages kam er aufgeregt zum Gespräch: Es hatte in der U-Bahn eine kritische Situation gegeben, er war von drei „Typen“ bedrängt worden. „Plötzlich habe ich mich an meine Wut erinnert und die Angreifer voll angeblafft. Da waren sie ruhig!“ Er hatte ein Kontextreframing für sich gefunden, und die Erfahrung, mit seiner Wut ein Werkzeug zu haben, das ihm in bedrohlichen Lagen zur Verfügung stehen würde, versöhnte ihn mit dieser Seite von sich. Das Inhaltsreframing versucht, das Problem und die dahinterliegende „gute Absicht“ zu trennen. Im Gegensatz zu den beiden anderen Formen bleibt hier die negative Sichtweise des Problems bestehen. Auch hierzu ein Beispiel: Ein Paar kam in die Therapie, weil sich die beiden so viel stritten. Im Gespräch wurde schnell deut-
Von der Parallelwelt zur체ck ins Leben Sie vernachl채ssigen Freunde, Hobbys, Schule und gehen oft kaum noch aus dem Haus: Exzessives Computerspielen kann bei Jugendlichen zu einer Suchterkrankung f체hren. Wie finden sie zur체ck ins reale Leben? Ein Besuch im Therapiezentrum Auxilium Reloaded VON SUSIE REINHARDT
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er Nahverkehrszug vom Dortmunder Hauptbahnhof ist gut eine halbe Stunde unterwegs. Die Bebauung wird dünner, Wiesen und Felder ziehen vorbei. Für die letzten zwei Kilometer nehme ich den Bus. Er hält vor einem apfelsinenfarbenen Haus, das trotz des Nieselregens leuchtet: Ich bin bei Auxilium Reloaded, einer therapeutischen Facheinrichtung für Jugendliche und junge Erwachsene mit riskantem Medienkonsum, so die offizielle Bezeichnung. Hier, im Dortmunder Vorort Aplerbeck, befindet sich die bisher einzige Wohngruppe dieser Art in Deutschland. Ich bin mit dem Psychotherapeuten Magnus Hofmann und dem Sozialpädagogen Patrick Portmann, dem Leiter der Einrichtung, verabredet. Portmann erzählt, wie alles begann: „Wir sind im Oktober 2014 mit der ersten Wohngruppe an den Start gegangen. Jetzt haben wir hier zwei Wohngruppen, nach Alter aufgeteilt. Es sind insgesamt 14 Plätze.“ Die Bewohner sind 14 bis 21 Jahre alt und kommen aus der ganzen Bundesrepublik hierher. Sie bleiben 12 bis 24 Monate, lassen mit dem Umzug nicht nur das exzessive Onlinesein hinter sich, sondern richten ihr Leben ganz neu aus: Sie suchen eine Schule, einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz, üben, im realen Leben wieder zu Hause zu sein. Den Drang, online zu sein, kennen viele junge Menschen. Die Medienpsychologin Isabel Willemse nennt in ihrem Buch Onlinesucht die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahre 2013. Für die Forschung wurden Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren aus sieben europäischen Ländern befragt. Danach leiden 1,2 Prozent von ihnen unter einer Internetsucht und 12,7 Prozent sind gefährdet, eine solche zu entwickeln. Betrachtet man nur die Zahlen aus Deutsch-
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land, so fallen diese etwas günstiger aus. Demnach sind 0,9 Prozent der Jugendlichen hierzulande onlinesüchtig und 7,2 Prozent gefährdet. Experten unterscheiden drei Varianten der Onlinesucht: die Abhängigkeit von sozialen Netzwerken, Onlinespielen und Cybersex. Es sind vor allem Mädchen und junge Frauen, die dem Sog der sozialen Medien wie Facebook, WhatsApp oder Twitter erliegen. Dagegen verfallen Jungen eher den Onlinespielen wie World of Warcraft (WOW) oder League of Legends (LOL). Sie sind im Moment die Hauptzielgruppe von Auxilium Reloaded. Und die Mädchen? „Wie der riskante Medienkonsum aussieht, ist nicht wichtig für eine Aufnahme bei uns. Wir würden auch Mädchen aufnehmen, aber es kamen bisher fast keine Anfragen“, so Portmann. Derzeit wohnen hier nur „Gamer“ oder „Zocker“, wie sich die Onlinespieler selbst nennen. Sie sind von der häufigsten Variante der Internetabhängigkeit betroffen.
Wenn Onlinesüchtige in der Wohngruppe ankommen, sind sie gleich viel seltener im Netz. Sie sehen, dass die Welt noch andere spannende Dinge zu bieten hat
Wenn die reale Welt lästig wird
Einer der Jungen, die sich in der virtuellen Spielewelt verloren hatten, ist Klaus. So möchte er hier genannt werden. Er hat sich als einziger der Bewohner bereiterklärt, über seine Situation zu sprechen. Klaus ist ganz neu hier, wohnt erst seit drei Tagen in der Einrichtung. „Ich habe viel gespielt, manchmal bis zu 16 Stunden“, sagt der 15-Jährige ernst. Klaus ist blass, er spricht leise, antwortet kurz und präzise auf meine Fragen. Nach wenigen Worten blickt er vor sich auf den Tisch, schweigt, fällt wie in einen Standbymodus. Seine Stimmung wirkt gedrückt, und gleichzeitig scheint er froh, hier zu sein. Destiny habe er zu Hause gespielt, antwortet er auf meine Frage. „Da muss man dafür sorgen, dass das letzte Licht der Welt nicht ausgeht. Das muss man 29
Gefährlich wird es, wenn jemand aus dem real life flieht, weil er sich in der virtuellen Welt besser aufgehoben fühlt
Magnus Hofmann (oben), der Psychotherapeut, und Patrick Portmann, Sozialpädagoge und Leiter von Auxilium Reloaded
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behüten.“ Und warum ist er jetzt hier, was will er ändern? „Ich hab zu viel gespielt“, sagt Klaus leise. Er ist auch nicht mehr zur Schule gegangen. „Manchmal habe ich nicht gespielt, dann habe ich nur geschlafen.“ Jetzt möchte Klaus ins Offlineleben zurückfinden. Bevor Spielsüchtige wie Klaus hierherkommen, spielt sich ihr Leben hauptsächlich in der virtuellen Welt ab. Auch offline kreisen die Gedanken der Abhängigen typischerweise um ihr Onlineleben. Das Denken des Süchtigen steht im Dienste der Beschaffung des Suchtmittels, er hat stets im Blick, wie er möglichst ständig online sein kann. Das hat gravierende Folgen für den realen Alltag: Das virtuelle Leben ufert aus, das echte tritt zurück. Alltägliche Routinen werden immer mehr vernachlässigt, sagt Therapeut Hofmann. „Der pathologische Gamer versucht, Zeit zu sparen, wo es geht, er braucht sie fürs Spielen.“ Die Süchtigen verhalten sich ähnlich wie andere Suchtmittelabhängige: Sie essen nicht mehr richtig, schlafen zu wenig und zu ungewöhnlichen Zeiten, Körperpflege wird unwichtiger. Gamer verbringen so viele Stunden wie möglich allein in einem abgedunkelten Raum vor ihrem Bildschirm. Manche bekommen Augenkrankheiten wegen des Starrens auf den Monitor. Der Körper, kaum noch bewegt, wird zunehmend fremd. „Einige sind übergewichtig, manche sehr schmal“, sagt Hofmann. Es gibt Jugendliche mit Hüftproblemen vom vielen Sitzen, andere haben einen unsicheren Gang. „Es betrifft auch alltägliche Fertigkeiten wie das Miteinandersprechen, Fußballspielen oder Kochen – das wird, wenn man es denn konnte, eher wieder verlernt“, so der Therapeut. Die pathologischen Spieler vernachlässigen Hobbys, Freunde, Familie, auch in die Schule oder zur Arbeit gehen viele nicht mehr. Im fortgeschrittenen Stadium der Sucht schaffen Ga-
mer es kaum noch, das Haus zu verlassen. Sie verlieren ganz die Kontrolle über das Suchtmittel. „Kann man sagen, ab wie vielen Stunden das Spielen gefährlich wird?“, frage ich den Therapeuten. „Bei der Frage, ob jemand süchtig ist, spielt nicht nur die Dauer, wie lange jemand online ist, eine Rolle“, sagt er. „Es kommt vor allem darauf an, was man alles nicht mehr tut, um lieber in der virtuellen Realität zu sein. Wenn jemand mal viele Stunden exzessiv spielt, es aber dann wieder lässt, weiter zur Schule geht, zum Sportverein und seine Freundschaften im echten Leben pflegt – dann ist das nicht zwangsläufig problematisch“, so der Psychologe. „Gefährlich wird es, wenn jemand aus dem real life regelrecht flieht, weil er sich in der virtuellen Realität besser aufgehoben fühlt.“ Die Jugendlichen werden angefixt
Genau darauf – nämlich das Leben in der virtuellen Welt so attraktiv wie möglich zu machen – legen es die Designer der Spiele an: Am Anfang erfahren die Gamer regelmäßige Belohnungen. Mit ihrer Spielfigur, dem Avatar, bewegen sie sich in der Fantasiewelt, erfüllen zunächst ganz einfache Aufgaben (Quests). Sie jagen anderen Wesen etwa Trophäen ab oder töten sie und erhalten dadurch zusätzliche Intelligenz oder Kraft für ihre Figur. Der Avatar wird so kontinuierlich aufgewertet, er wird stärker, schlauer, widerstandsfähiger. Über seinen Avatar erfährt der Spieler eine Stärkung des Selbstwertgefühls. Später, bei fortgeschrittenen Spielern, greift ein unregelmäßiges Belohnungssystem: Wer auf höheren Levels des Spiels „Feinde erlegt“, weiß vorher nicht genau, ob ihm dies einen Vorteil bringen wird. Die Belohnung scheint zufällig zu sein, sie wird viel seltener – und damit umso wirksamer. Diese beiden Arten der Belohnung, schreibt die Spieleexpertin Regine Pfeiffer, sorgen dafür, dass der Spieler stets bei der Stange bleibt. Auch dafür, dass soziale Kontakte sich innerhalb der virtuellen Welt anbahnen, sorgen die Designs der Onlinespiele: Viele Aufgaben sind so angelegt, dass man sich Hilfe von anderen holen muss, um sie zu bewältigen, etwa um als Gruppe (Gilde) gegen Monster zu kämpfen. So lernt man sich online kennen und erfährt ein Gemeinschaftsgefühl. Suchtfördernd wirkt außerdem, dass das Spielen in der Gruppe bestimmte Anwesenheitspflichten verlangt. Das birgt Probleme, gerade wenn Onlinespieler aus aller Welt und über verschiedene Zeitzonen zusammenspielen: Wer würde den Groll seiner Gildefreunde riskieren und seine Gruppe bei einer Aufgabe hänPSYCHOLOGIE HEUTE
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genlassen, bloß weil in der Schule zur selben Zeit eine Mathearbeit geschrieben wird? Wer ist gefährdet?
Für viele üben solche Onlinespiele einen Sog aus, aber nicht alle Spieler werden süchtig. Wer trägt ein besonderes Risiko? „Onlinesucht ist eine Form der Weltflucht“, sagt der Sozialpädagoge Patrick Portmann. Er sieht besonders Kinder und Jugendliche als gefährdet an, die in ihrem Umfeld mit Widrigkeiten zu kämpfen haben. „Oft liegt eine schwierige Familiensituation vor. Vielleicht hat es gerade eine Scheidung gegeben, und die Eltern sind stark mit sich selbst, mit eigenem Leid und Frust beschäftigt.“ Das schüre den Wunsch, sich aus der „echten“ Welt auszuklinken. Andere Risikofaktoren liegen in der Persönlichkeit. Ängstliche, unsichere Menschen mit Selbstzweifeln werden eher onlinesüchtig, schreibt der Psychotherapeut Holger Feindel. Online fällt es vielen leichter, auf Menschen zuzugehen, man muss anderen beispielsweise nicht in die Augen sehen, kann Kontakte jederzeit mit einem Klick beenden. Langfristig sei dies aber keine Lösung, im Gegenteil: Wer sich in so einen Schonraum mit virtuellen Light-Kontakten zurückzieht, übt die Begegnung nicht, sondern vermeidet sie. So riskiere man eher, dass sich die Ängstlichkeit zu einer Angststörung ausweitet, schreibt Feindel. „Es gibt junge Menschen bei uns, die zusätzlich zur Onlineabhängigkeit depressiv sind oder soziale Ängste haben“, sagt Magnus Hofmann. „Wir können aber schwer beurteilen, was zuerst da war. Ob bestimmte psychische Krankheiten mit Mediensucht einhergehen, was jeweils Ursache und was Folge ist – das sind noch offene Fragen.“ Einig sind sich die Experten, dass einer Onlinesucht immer auch ein starkes Selbstwertproblem zugrunde liegt. „Es ist manchmal bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft“, sagt der Psychotherapeut. Zusätzlich sieht er bei den Süchtigen ein Selbstwirksamkeitsproblem. „Die Jungs glauben nicht, dass sie in der echten Welt etwas bewirken können, dass sie Kontrolle über ihr Leben haben.“ Die Welt diesseits von WOW und LOL
Ein Leben ganz ohne Internet ist nicht das Ziel in der Wohngruppe. „Medien sind überall präsent, da hätte es keinen Sinn, ein abstinentes Leben anzustreben“, sagt Hofmann. Deshalb verläuft die Therapie bei Auxilium Reloaded nach einem Stufenmodell. „Zuerst können die Jungs zwei Wochen lang ihre PSYCHOLOGIE HEUTE
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Medien nutzen, wie sie wollen. Spielkonsolen sind nicht erlaubt, aber das Smartphone“, erläutert Hofmann. „Wir schauen dann gemeinsam, Therapeut und Bewohner, wie der Medienkonsum aussieht. Dann entscheiden wir, wie es weitergeht.“ Das Kuriose sei, so Portmann: „Wenn die Jungs hier ankommen, sind sie gleich viel seltener online als zu Hause.“ Das liegt daran, dass in der Einrichtung viel los ist: Hier sind Gleichaltrige, sie gehen zusammen ins Kino, an die Kletterwand, auf Geocachingtour, kicken, besuchen den Zoo, kochen täglich gemeinsam, spielen Spiele – offline. „Damit werden die Neuen vor allem am Anfang dauernd vom Onlinesein abgelenkt“, sagt Portmann. „Sie sehen hier, dass die Welt noch andere spannende Dinge außer WOW oder LOL zu bieten hat.“ Nach den zwei Wochen der Eingewöhnung wird der Medienkonsum auf eine Stunde täglich reduziert. „Das ist für manche hart, aber eben nicht unmöglich“, fährt Portmann fort, „sie haben ja erlebt, dass sie auch ohne Internet können.“ Dann wird die Medienzeit in Stufen erweitert, je nach individuellem Verhalten, das Thema in der Einzeltherapie ist. Ziel ist, dass der junge Mensch bis zum Auszug aus der Wohngruppe eine Balance zwischen realem und virtuellem Leben erreicht hat. Und dass er selbst auf seine Medienzeiten achten kann. Bei Auxilium Reloaded befindet sich der vielleicht wichtigste Raum im Souterrain des Gebäudes. Neben Sport- und Werkräumen gibt es dort den „Medientrainingsraum“. 14 PC-Plätze, wie in der Schule angeordnet, vorne ein Platz für den Therapeuten. „Der Raum ist bewusst karg gehalten“, erklärt Hofmann. „Denn hier wird gearbeitet, nicht gespielt.“ Und das läuft so: Die Bewohner tragen vor, welches Spiel sie spielen, die anderen gucken zu und stellen Fragen. Es ist der beste Zugang, um nachvollziehen zu können, was die Jungs so fasziniert. Fragt man sie sonst, was am Spielen toll ist, sind sie einsilbig. „Sie sagen nur ‚ist cool‘ oder ‚weil es geil ist‘. Aber wenn wir hier beim Spielen darüber reden, leuchten
Ein Leben ganz ohne Internet ist nicht das Ziel. Deshalb verläuft die Therapie nach einem Stufenmodell
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die Augen, dann erzählen sie. Dann versteht man auch als Außenstehender, was sie daran so ankickt“, sagt Portmann. Die Gilde führen – im real life!
Und hier setzt die therapeutische Arbeit an: „Zum einen sehen wir im Spiel, was die Jungs alles können“, erklärt Hofmann. „Da ist einer, der kann eine ganze Gilde organisieren und anführen – das kann er dann auch im Leben, er weiß es nur nicht! Ein anderer baut sich mit viel Liebe und Akribie einen ganz besonderen Avatar. So einer kann im Leben auch einen Job gut machen, der Detailliebe und Kreativität erfordert, zum Beispiel Autolackierer oder Bühnenbildner.“ Zum anderen werden durch das Spiel und den Avatar, mit dem sich der Spieler identifiziert, die Wünsche und Sehnsüchte deutlich: „Der Avatar ist vielleicht groß und stark. Ja, der Spieler möchte auch gerne ein starker, großer Kerl sein. Warum ist das wichtig? Will der Junge sich oder andere beschützen? Was vermisst er in diesem, im echten Leben? Wovor fürchtet er sich? Was bekommt er in der Spielewelt, was er im real life vermisst? Wie kann er sich seine Wünsche in der Welt verwirklichen? Hier setzen wir an, und wir lernen den Spieler als Persönlichkeit
besser kennen und er sich selbst auch“, erläutert Magnus Hofmann, der Psychologe. Es ist fast 16 Uhr, mein Zug fährt bald. Ich will mich von Klaus verabschieden. „Was machst du heute noch?“, frage ich ihn. „Ich geh raus, ein bisschen laufen.“ Richtig joggen? „Nee, so die Gegend angucken, ich kenn mich ja noch nicht aus. Vielleicht noch kicken mit den anderen.“ Was Jungs halt nachmittags PH so tun, wenn sie nicht online spielen.
LITERATUR Christoph Möller (Hg.): Internet- und Computersucht. Ein Praxisbuch für Therapeuten, Pädagogen und Eltern. Kohlhammer, Stuttgart 2015 (2. Auflage) Isabel Willemse: Onlinesucht. Ein Ratgeber für Eltern, Betroffene und ihr Umfeld. Hogrefe, Bern 2016 Holger Feindel: Onlinesüchtig? Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Patmos, Ostfildern 2015 Alexander Markowetz: Digitaler Burnout. Warum unsere permanente Smartphone-Nutzung gefährlich ist. Droemer, München 2015 Catarina Katzer: Cyberpsychologie. Leben im Netz: Wie das Internet uns verändert. Dtv, München 2016
WAS KÖNNEN ELTERN TUN? Eltern sind Vorbilder, Kinder schauen sich Verhaltensweisen bei ihnen ab. Für Eltern ist es daher hilfreich, wenn sie sich ihr eigenes Medienverhalten einmal – wie ein neutraler Betrachter – vor Augen führen: Wie verbringen Sie die Wochenenden? Kommt es vor, dass Sie viele Abende über Stunden allein am PC sitzen? Liegt bei den Mahlzeiten das Handy mit auf dem Esstisch, wird zwischendurch draufgeguckt? Regeln sind hilfreich, um einer Onlinesucht vorzubeugen. Sie regulieren den Medienkonsum. Zum Beispiel: Onlinezeit findet immer erst nach den Hausaufgaben statt, für maximal eine Stunde. Solche Leitplanken helfen Kindern und Jugendlichen, sich in den verlockenden Weiten der Onlinewelten nicht zu verlieren. Und klare Abmachungen helfen auch Eltern, das Thema nicht täglich neu diskutieren zu müssen. Wichtig ist, dass beide Eltern an einem Strang ziehen. Halten Sie die Regeln schriftlich fest. Eine Vorlage finden Eltern unter www.mediennutzungsvertrag.de. Suchen Sie sich einen ruhigen Moment, um diese Regeln mit dem Kind zu besprechen – nicht, wenn es gerade online ist. Es spielt auch der wohlwollende Tonfall
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eine Rolle. Sie können die Regeln beispielsweise bei einem Familienrat ins Spiel bringen. Dort darf miteinander diskutiert und ausgehandelt werden. Aber das Ergebnis soll eine feste Regel sein, eine kurze, klare und konkrete Ansage der Eltern. Werden Regeln nicht eingehalten, sollen Eltern den Onlinezugang nicht abrupt kappen – davon raten viele Experten ab. Medienexpertin Isabel Willemse schlägt vor, den Zugang zum Internet am nächsten Tag zu unterbinden und ihn erst wieder freizuschalten, wenn der Jugendliche zusagt, sich künftig an die Vorgaben zu halten. Falls die Regeln immer wieder nicht eingehalten werden, Eltern sich insgesamt überfordert fühlen oder die heftigen Reaktionen ihres Kindes fürchten: Holen Sie sich professionelle Hilfe. Informationen gibt es zum Beispiel hier: www.fv-medienabhaengigkeit.de, www.rollenspielsucht.de, www.klicksafe.de, www.onlinesucht.de. QUELLE Isabel Willemse: Onlinesucht. Ein Ratgeber für Eltern, Betroffene und ihr Umfeld. Hogrefe, Göttingen 2016
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Das Glück der Berührung
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ange Zeit habe ich auf das Phänomen der Berührung gar nicht geachtet: Es gab sie halt, oder es gab sie nicht. Welche Bedeutung sie für Menschen hat, fiel mir erst auf, als ich zeitweilig als Philosoph in einem Krankenhaus arbeitete, viele Gespräche führte und interessante Beobachtungen machte. Da waren beispielsweise alte Menschen, an deren Bett ich saß und die meine Hand, die ich ihnen gab, nicht mehr loslassen wollten. Oder ich beobachtete Ärzte, die Patienten aufmuntern wollten, indem sie ihnen die Hand auf den Oberarm legten. Die Nähe oder Distanz zwischen Menschen war deutlich erkennbar an der Bereitschaft zur Berührung, etwa mit einem Handschlag zur Begrüßung oder einer Umarmung. Diese Beobachtungen und Erfahrungen bei meiner Arbeit im Krankenhaus haben die Idee reifen lassen, das Phänomen der Berührung zu thematisieren. Es entpuppte sich umgehend als ein „Stich ins Wespennest“. Denn Berührung wirft – nicht nur im Krankenhaus – heikle Fragen auf: wann, wie viel, bei wem, von wem, mit welchen Entbehrungen, wenn es zu wenig ist, mit welchen Grenzen, wenn es zu viel wird? Die Sehnsucht nach Berührung ist überwältigend groß, aber sie wird konterkariert durch eine ebenso deutliche Scheu oder gar Abscheu vor Berührung. Gerade wir im nördlichen Europa leben 34
nicht in einer Berührungskultur, solche Kulturen sind eher am Mittelmeer zu finden. Was uns dabei entgeht, können wir allenfalls erahnen, wenn wir eine Berührung erfahren, die uns gefällt. Menschen aus anderen Ländern vermissen sie in unserem Land, sie vermissen die Wärme, für die Berührung im alltäglichen Umgang sorgen kann. Ist es denn zu erwarten, dass wir uns künftig mehr anfassen? Kaum vorstellbar. Was aber wird aus Menschen, wenn sie zu wenig Berührung erfahren? Entsteht so die menschliche Kälte, die wir selbst oft beklagen? Ich berühre, also bin ich
Die Wiederentdeckung der Berührung könnte zu einer neuen Körperkultur beitragen. Das wäre wohl die beste Antwort auf den ausufernden und sinnlos erscheinenden Körperkult. Um der Berührung die Bedeutung zu geben, die ihr zukommt, bedürfte es einer Kunst der Berührung als Teil einer umfassenden Kunst des Lebens. Welche Aspekte der Berührung bedeutsam sind, wird bereits auf der körperlichen Ebene erkennbar: Sie hat den Effekt, die Energien eines Menschen zu aktivieren. Die tastende Berührung der fünf Millionen Nervenenden der Haut wirkt belebend, und das geschieht bei wechselseitiger Berührung weit mehr noch als bei bloßer Selbstberührung. Es ist die Berührung eines anderen, durch die ein Mensch sich spüren und sich zu
sich selbst positiv in Beziehung setzen kann. Selbstverständlich immer in den Grenzen, die aus Berührung nicht Übergriffigkeit werden lassen. Die Lebenskunst als bewusste Lebensführung und Ethik der Sorge für sich und andere kommt ohne dieses Thema nicht aus. Am besten fassbar ist die Bedeutung der Berührung im Körperlichen, denn jeder Mensch weiß aus eigener Erfahrung, dass Berührung geradezu elektrisieren kann. Da sie von Anfang an und vermutlich das ganze Leben hindurch maßgeblich am Aufbau des Immunsystems beteiligt ist, ist es auch denkbar, dass so manche Krankheit aus einem Mangel an Berührung resultiert. Menschen kennen die beglückende, beruhigende Wirkung einer streichelnden Hand und die leidvolle Erfahrung ihres Fehlens. Der Hunger nach Berührung kann eine Triebfeder für Erotik und Sex sein, körperliche Berührungen aktivieren zugleich die Energien der Seele und halten sie in Bewegung, ein Element der Gesundheit und des Wohlbefindens, das demjenigen Sinn des Menschen zu verdanken ist, der durch die Haut geht. Diese Berührung anderer und das Berührtwerden durch sie ist durch das Tupfen und Wischen auf Displays nicht so recht zu ersetzen. Außergewöhnliche Erfahrungen können mit Berührungen einhergehen, die einem Menschen erlauben, den bedrückenden alleinigen Bezug zu sich selbst PSYCHOLOGIE HEUTE
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ILLUSTR ATIONEN: ASUK A GRÜN
Ob sinnlich, seelisch oder geistig: Berührung stellt Beziehungen und Zusammenhänge her. Wenn aber Berührungen fehlen, kann eine Sinnleere die Folge sein: Wer nicht berührt wird, wird seiner selbst unsicher. Ein philosophischer Essay von Wilhelm Schmid
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zu überwinden. Die Berührung erzeugt eine Sinnfülle, indem sie die Sinnlichkeit aktiviert, die das Ich mit anderen und aller Welt verbindet, sodass es sagen kann: „Ich berühre, also bin ich“, tango ergo sum, in Analogie zum berühmten „Ich denke, also bin ich“. Und nicht nur sinnlich, sondern auch seelisch und geistig stellt Berührung Beziehungen und Zusammenhänge aller Art her, sodass ein Mensch sich in ein Netz eingebettet sehen kann und nicht mehr metaphysisch einsam fühlen muss, bis hin zur Einbettung in eine Dimension, die eine umfassende Antwort auf die Frage nach dem Sinn zu geben vermag. Wenn aber die Sinngebung durch Berührung wegfällt, ausbleibt und verweigert wird, kann eine schreckliche Sinnleere die Folge sein, die das Leben schwermacht: Wer nicht berührt wird, wird seiner selbst unsicher und weiß nicht mehr, wer er ist. Nähe und Distanz zwischen zwei Menschen werden zunächst vielleicht unabsichtlich und ganz sicher häufig unbewusst über Berührung reguliert. Die Berührung entfaltet ihre weiterreichende Bedeutung, wenn der jeweils andere sie nicht abweist, sondern geschehen lässt und passiv annimmt, sie möglicherweise aktiv beantwortet. Dann kann das Glück der Berührung die Beteiligten durchströmen, denn willkommene Berührungen machen das Leben schöner und erfüllter. Das geschieht über alle Sinne, keineswegs nur über den Tastsinn: Berührt werden Menschen auch vom Anblick eines Gesichts, vom Hören einer Stimme, vom Geruch, der in der Luft liegt, vom Geschmack einer Speise, berührt auch durch Bewegung und erst recht durch alles, was zu spüren ist, mit einem Gespür, das nicht so einfach zuzuordnen ist und dessen Existenz doch unbestreitbar ist. Zauberhaft ist zweifellos, wenn die Aktivität des Berührens und die Passivität des Berührtwerdens miteinander verschmelzen, ein Verschmelzen von Selbst und anderem, von berührendem Subjekt und berührtem Objekt. Das scheint beim Kuscheln der Fall zu sein, wenn Haut an Haut geschmiegt wird. 36
Es ist eine Kunst, Berührung herbeizuführen, eine weitere Kunst aber, sie geschehen zu lassen. Beides spielt sich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch ab. Seelisch wird ein Mensch beispielsweise durch den Charme berührt, den ein anderer ausstrahlt. Wie das vor sich geht, ist nicht ganz klar und demzufolge kaum zu erklären, offenkundig überlagern sich dabei Körper und Seele, wenn die Seele als der diffuse Raum einer Energie verstanden wird, die den Körper zeitlebens trägt und ihn mit dem Tod endgültig verlässt, aber als Energie erhalten bleibt: Ein Funke der Unendlichkeit im endlichen Wesen. Sich geistig berühren lassen
Über das körperliche und seelische Berühren und Berührtwerden hinaus ist ein geistiges für das menschliche Leben von Interesse. Unter diesem Begriff sind alle gedachten, vorgestellten, virtuellen, ideellen und potenziellen Berührungen zusammenzufassen: Das Berührtwerden von einem Gedanken, einem Traumbild, einer Ahnung, einer Idee, einer Fantasie. Nicht nur Wirkliches kann Menschen berühren, erfassen und bewegen, sondern
auch Unwirkliches, beispielsweise eine erfundene Geschichte oder eine philosophische Abhandlung. Wie das Seelische könnte auch das Geistige als eine Verdichtung von Energien verstanden werden, die keiner Endlichkeit unterliegen, sodass es ein Leben des Geistes geben kann, das nicht vom Tod tangiert wird. Wie sonst wäre es erklärbar, dass Gedanken längst verstorbener Autoren auch noch nach langer Zeit Menschen berühren können? In diesem Fluidum von unabsehbarer Reichweite in Raum und Zeit ist geistige Weite erfahrbar. Am Beispiel der Lektüre lässt sich genauer betrachten, was bei einem geistigen Berühren und Berührtwerden geschieht: Unweigerlich ist eine sinnliche Berührung damit verbunden, sei es beim Zurhandnehmen eines Buches und dem Umblättern der Seiten oder beim Tupfen und Wischen auf dem Display, das ein Buch in elektronischer Form darstellt. Indem der Leser Buchstaben aufsammelt, die ihm in verführerischer Klarheit vor Augen stehen, wird er von ihnen aus der Welt der Wirklichkeit in die Welt der Möglichkeiten entführt, in der andere Wirklichkeiten PSYCHOLOGIE HEUTE
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Werden Sie, wer Sie sein können vor seinem geistigen Auge aufscheinen. Er wird selbst bearbeitet, während er sich durch den Text arbeitet, und er bleibt auf diese Weise nicht derselbe, der er vor der Lektüre war: Die gedankliche Berührung der Buchstaben bewirkt eine Veränderung des Selbst, mag es sich auch nur um eine Winzigkeit handeln, die nicht weiter auffällt, sich aber mit anderen Winzigkeiten summiert. Mit dem Lesen entwickelt ein Mensch, was in ihm ruht. Darin besteht ein guter Teil der Bildung, die immer schon mit dem Lesen verknüpft war. Letzten Endes geht es dabei gar nicht um das Lesen eines Buches, sondern um das Lesen des eigenen Selbst, des Lebens und der Welt, der Wirklichkeit und aller Möglichkeiten, die zeichenhaft aufgenommen und gedeutet werden: Geistige Berührung sorgt für Orientierung in einem größeren Horizont des Lebens. Wenn das Wesentliche berührt
Eine weitere Berührung aber ist diejenige, die mit einem Überschreiten der menschlichen Endlichkeit im Fühlen und Denken einhergeht, um sich von einer möglichen unendlichen Dimension, einer Transzendenz berühren zu lassen. Welche Bedeutung hat diese Berührung und dieses Berührtwerden für Menschen? Davon erzählt die Geschichte der Religion. Mit Religion ist dabei nicht in erster Linie eine bestimmte Glaubensgemeinschaft oder Kirche gemeint, sondern das religiöse Phänomen selbst, der Rückbezug („ich binde mich zurück“, religo im Lateinischen) auf etwas, das für wesentlich gehalten wird. Was könnte das Wesentliche sein? Das, ohne das alles andere nichts ist. Ist der Körper das Wesentliche? Nein, denn jeder Körper zerfällt irgendwann, er ist nur erkaltete Energie. Was ihn beseelt, ist heiße Energie, die gemäß Energieerhaltungssatz bestehen bleibt, also wesentlich ist. Es ist die Gesamtheit der Energie, die allem Leben und aller Welt zugrunde liegt. In der Geschichte wurde das Wesentliche meist als göttlich oder Gott bezeichnet. In der Moderne aber wollen viele Menschen davon nichts mehr wissen, weil sie hastig auf die Begriffe blicken statt geduldig auf die PSYCHOLOGIE HEUTE
Phänomene. Entgeht ihnen damit das Wesentliche ihrer Existenz, das sie leben lässt und auch über sie hinaus existiert? Entscheidend ist, was die vorgestellte oder wirkliche Berührung der Transzendenz und das Berührtwerden durch sie bewirkt: Ein Mensch öffnet sich für die Energie, sodass er von ihr durchflutet wird. Michelangelo hat bei der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle versucht, dieser dynamischen Bewegung eine konkrete Gestalt zu geben und die Geschichte vom Berührtwerden des endlichen Menschen durch die Dimension des Unendlichen darzustellen, die Berührung Adams durch die göttliche Energie: Von Fingerspitze zu Fingerspitze scheint der Funke überzuspringen, der Adam leben macht. Oder ist es Adam, der durch seine Berührung die göttliche Energie zum Leben erweckt? Aber vielleicht lassen sich die beiden Seiten der einen Berührung in der Tat nicht voneinander trennen. Sich für das Göttliche zu öffnen legt den Zugang zu dieser unerschöpflichen Kraft frei, sodass sie zur Quelle eines sinnerfüllten Lebens werden kann. Dann spürt ein Mensch die allem zugrunde liegende Energie im eigenen Ich und fühlt sich als Teil eines umfassenden Ganzen. Es könnte sein, dass ohne diese Öffnung mehr Lebensstress entsteht, weil der Mensch in der materiell bestimmten und zeitlich begrenzten Wirklichkeit nur wenig Platz zur vollen Entfaltung hat. Ein energetisches Leben über die Endlichkeit hinaus anzunehmen entlastet davon, das angeblich einzige, wirkliche Leben mit zu vielen Projekten überfrachten zu müssen. Diese Perspektive eröffnet der Glaube an ein immer wieder anderes und letztlich ewiges Leben, der allerdings ein Glaube bleiben muss PH und nie Wissen werden kann. Wilhelm Schmid, geb. 1953, lebt als freier Philosoph in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt. Gerade eben neu erschienen: Das Leben verstehen. Von den Erfahrungen eines philosophischen Seelsorgers. Suhrkamp, Berlin 2016. Website: www.lebenskunstphilosophie.de.
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2016. 291 Seiten mit farbigen Illustrationen von Nicole B. Gnägi Dietrich, kartoniert € 25,– D ISBN 978-3-525-40271-9
Jeder hat Visionen von eigenen Veränderungen. Dieses Buch bietet sich als Begleiter an, um in sich Fähigkeiten zu entwickeln, mit denen ersehnte Veränderungen gelingen. Dabei helfen hypnosystemische Methoden.
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Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht
www.v-r.de
PSYCHOLOGIE NACH ZAHLEN
ABSCHIEDNEHMEN 10 Themen, die Sterbende, ihre Angehörigen und Behandler beschäftigen VON THOMAS SAUM-ALDEHOFF
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auf die letzte Phase des Lebens richtet, etwa auf die verbleibenden Behandlungsoptionen und die Lebensqualität. Die Patienten hingegen haben mehr den Tod selbst im Visier – und das, was danach kommen könnte.
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DAS STERBESZENARIO
In allen Studien kamen die Patienten und Angehörigen auf eine spezifische Szenerie zu sprechen, in der sie sich den Tod idealerweise vorstellten, etwa zu Hause, im Kreise der Liebsten, bei klarem Bewusstsein. Viele wünschten sich ein Dahinscheiden im Schlaf. Zu dem Szenario zählte auch das Vorbereitetsein, das Bewusstsein, vom Testament bis zum Begräbnis alles arrangiert zu haben, „sodass du deinen Frieden damit hast“, wie es ein Patient ausdrückte. Die Sterbeszenarien, die Ärzten und Pflegern vorschwebten, waren oft etwas anders beschaffen. Einem war wichtig, dass „der Patient zu einem Zeitpunkt stirbt, an dem genügend Personal bereitsteht“, eine andere wünschte sich, dass er „still dahinscheidet, ohne dass an-
dere Patienten aufgeschreckt werden“. Diese pragmatische Abgeklärtheit wirkt vielleicht nur auf den ersten Blick kaltherzig.
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SCHMERZFREIHEIT
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EMOTIONALES WOHLBEFINDEN
„Schmerz ist meine größte Furcht“, bekannte ein Patient. „Ich möchte nicht unter Schmerzen sterben.“ Da ist er sich mit Angehörigen und Behandlern einig. Ein leidfreies Sterben, die bestmögliche Kontrolle von Schmerzen und peinigenden Symptomen ist allen ein Hauptanliegen.
Dazu zählt, sich aufgehoben zu fühlen, seelischen Beistand zu haben, Menschen um sich zu wissen, denen man sich anvertrauen und mit denen man über Gott und die Welt, Leben und Tod reden kann. Diese psychologische Unterstützung, die auch von den Ärzten als wichtig empfunden wird, komme in den Kliniken noch viel zu kurz, kommentieren Emily Meier und ihre Kollegen. PSYCHOLOGIE HEUTE
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ILLUSTR ATION: STEFAN BACHMANN
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ir alle erhoffen uns einen „gnädigen Tod“, aber was genau das sein soll, darüber denken wir nicht allzu gerne nach. Diesen Luxus der Ignoranz können sich Menschen, die dem Tod tatsächlich ins Auge sehen, und auch ihre Familien und Behandler nicht leisten. Was macht für sie einen „gelungenen“ Sterbeprozess aus, wie stellen sie sich den bestmöglichen Tod vor? Psychologen und Mediziner der University of California in San Diego haben 36 qualifizierte Studien aus den Jahren 1996 bis 2015 analysiert, in denen sterbenskranke Patienten, deren Angehörige sowie Ärzte und Betreuer in der Klinik zu diesem Thema befragt wurden. Emily Meier und ihre Kollegen identifizierten dabei zehn Kernthemen. Die ersten drei von ihnen – Sterbeszenario, Schmerzfreiheit, emotionales Wohlbefinden – wurden von allen drei Gruppen (Patienten, Familie, Klinikpersonal) als vordringlich empfunden. Doch ansonsten gab es Unterschiede in der Gewichtung. Auffällig ist, dass sich das Hauptaugenmerk der Angehörigen
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REMEMBER Wir machen die Welt ein bisschen bunter.
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MIT DER FAMILIE IM REINEN SEIN
Die Furcht, „den Angehörigen zur Last zu fallen“, der Wunsch, „Unterstützung bei der Familie zu finden“, die Sorge, ob der Partner und die Kinder „auf den Tod vorbereitet sind“ und sie „den Tod akzeptieren“: All diese Themen werden von den Sterbenden selbst gar nicht so häufig angesprochen: Mag sein, dass die meisten ohnehin die Anteilnahme ihrer Liebsten spüren. Es sind eher die Angehörigen, die sich um die Familiendimension des Sterbens Gedanken machen.
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STERBEN IN WÜRDE
Im Sterben seine Würde nicht zu verlieren, das bedeutete für die Befragten, dass der Sterbende so viel Unabhängigkeit wie möglich bewahrt und dass man den Menschen auch in seiner Hinfälligkeit als Individuum respektiert, statt über ihn zu verfügen. Zur Überraschung der Forscher schien auch dieser Aspekt den Familien und Behandlern wichtiger zu sein als den Patienten. Da dies anderen Erfahrungen und Befunden widerspricht, vermuten Emily Meier und ihr Team, „dass es Patienten in dieser Zeit vielleicht schwerfällt, den Wunsch nach Würde und ihre Vorstellungen davon anderen gegenüber auszudrücken“.
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BEHANDLUNGSPRÄFERENZEN
Dem Sterbenden „keine exzessiven oder nutzlosen Behandlungen“ zuzumuten, das war einem der befragten Ärzte ein wichtiges Anliegen – und so sahen es auch seine Kollegen, ebenso wie die Patienten und deren Angehörige. „Das Leben nicht unnötig verlängern“, aber ebenfalls die „Überzeugung, dass alle verfügbaren Behandlungsoptionen genutzt wurden“, zählten zu den genannten Präferenzen. Die Patienten wünschten sich Kontrolle über die medizinischen Maßnahmen, einige auch ärztliche Sterbehilfe.
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LEBENSQUALITÄT
Die Aussagen dieser Kategorie thematisieren die Phase vor dem Tod: Vor allem den Angehörigen war wichtig, dass der Patient sein gewohntes Leben so gut wie möglich weiterführen konnte und ihm oder ihr noch Raum für Hoffnung, Vergnügen und Lebensbejahung blieb. In 70 Prozent der Familienbefragungen wurden solche Anliegen vorgetragen. Bei den Patienten, also den Adressaten der guten Wünsche, tauchte das Thema aber nur in 35 Prozent der Umfragen auf.
LEBENSBILANZ
Den anderen Lebewohl sagen, den Tod akzeptieren, vom Leben scheiden mit dem Gefühl, es gut gelebt zu haben: Erstaunlicherweise wurde auch dieses Thema zwar in 80 Prozent der Studien von den Familien angesprochen – aber nur in 55 Prozent von den Patienten (und in 56 Prozent von den Ärzten und Pflegern).
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fen. Viele hatten das Bedürfnis, über den spirituellen Aspekt des Todes zu reden, etwa mit einem Geistlichen.
RELIGION UND SPIRITUALITÄT
Dafür beschäftigten sich die Sterbenden selbst stärker mit Fragen nach dem Sinn, mit der Bedeutung des Sterbens und mit dem Unbekannten jenseits des Todes. In 65 Prozent der Interviewstudien wurden diese Fragen von Patienten aufgeworPSYCHOLOGIE HEUTE
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IN GUTEN HÄNDEN
Wie war die Versorgung in der Klinik? Machte die Ärztin, der Pfleger, die Sozialarbeiterin einen guten Job? Diese Frage lag offenbar vor allem dem Klinikpersonal selbst auf dem Herzen. Bisweilen bedauerte ein Arzt selbstkritisch, einen bestimmten Behandlungsweg versäumt zu haben, oder eine Stationsschwester schämte sich dafür, dass eine angemessene Pflege nicht möglich gewesen sei. Die Sterbenden selbst hingegen lobten oder tadelten ihre Betreuer selten. Ihnen gingen offensichtlich ganz andere Dinge durch den Kopf.
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Emily A. Meier u. a.: Defining a good death (successful dying). The American Journal of Geriatric Psychiatry, 24/4, 2016, 261–271
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Begabung ist nicht alles Herausragende Leistungen sind nicht allein eine Frage von Talent, sagt Angela Duckworth. Laut der Psychologieprofessorin basieren Erfolge zu einem großen Teil auf Grit. Diese Form von Hartnäckigkeit lässt sich lernen – wenn man seine wahre Leidenschaft kennt
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Ich war nicht die Einzige, die das zu hören bekam. Er war auch enttäuscht, dass mein Bruder und meine Schwester keine Einsteins waren. Meiner Mutter, einer Künstlerin, sagte er: „Du bist kein Picasso.“ Irgendwie verstand ich, dass er eigentlich über sich selbst redete. Er arbeitete im Bereich Autofarben und war enttäuscht, dass er nicht der Chemiker war, der er gern sein wollte, dass er nicht den Nobelpreis gewinnen würde. Deshalb war ich nicht entmutigt, wenn er so etwas sagte, eher motiviert. Ich reagierte rebellisch und dachte: „Klar bin ich kein Genie, aber ich werde trotzdem etwas Großartiges erreichen.“
Frau Professor Duckworth, es ist nicht ganz leicht, den Begriff Grit ins Deutsche zu übersetzen. Was verstehen Sie darunter?
Grit ist eine Kombination aus zwei Elementen: erstens der Beharrlichkeit, ein Ziel dauerhaft und über einen langen Zeitraum zu verfolgen, und zweitens, leidenschaftlich im Hinblick auf dieses Ziel zu sein. Das Hauptmerkmal ist Beständigkeit, in der Anstrengung und im Interesse. Es hat also weniger damit zu tun, zu einem Zeitpunkt unmenschlich schwer für ein bestimmtes Ziel zu arbeiten, als vielmehr damit, dranzubleiben und sich Tag für Tag und Jahr für Jahr damit zu befassen.
Sprach Ihr Vater über die Wichtigkeit von Hart-
In diesem Forschungsfeld haben Sie prominente
näckigkeit?
Vorgänger.
Nein, das nicht, aber er brachte mir durch sein Vorbild bei, was Grit ist. Er arbeitete sein Leben lang sehr hart und offensichtlich sehr leidenschaftlich. Er brachte oft Arbeit mit nach Hause.
ILLUSTR ATIONEN: K ARSTEN PETR AT
Schon 1869 in der ersten wissenschaftlichen Studie über Höchstleistungen folgerte der englische Forscher Francis Galton: Neben Talent seien es Inbrunst und die Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum hart zu arbeiten, die Menschen besonders auszeichnen, die in Sport, Musik oder Jurisprudenz herausragen. Dies sind genau die Qualitäten, die ich Beharrlichkeit und Leidenschaft nenne. Damit wir uns richtig verstehen: Ich glaube nicht, dass Grit allein bestimmt, wie viel Erfolg jemand hat. Die Umstände, unter denen man aufwächst, und welche Möglichkeiten man bekommt, sind ebenfalls wichtig. Auch Gewissenhaftigkeit und Selbstkontrolle spielen eine Rolle. Aber auf lange Sicht ist Grit ein enorm wichtiger Faktor.
Das Interesse für das Thema Grit resultiert also aus Ihren Kindheitserfahrungen?
Absolut. Mein Vater hatte einen Ringordner mit der Aufschrift „Erfolge“. Darin sammelte er alle Errungenschaften, jede Beförderung, jeden Brief des Vorstandsvorsitzenden. Ich glaube, ich bin mit der Frage aufgewachsen, die auch ihn sein Leben lang verfolgt hat: Woher kommt Leistung? Mich interessierte besonders: Wenn man kein Genie ist, was kann man dann tun? Welcher Teil von Erfolg basiert nicht auf angeborenem Talent?
Heutzutage steht Talent sehr im Fokus. Wir sind
Bevor Sie Psychologin wurden, arbeiteten Sie ein
von Genies und hochbegabten Kindern fasziniert,
paar Jahre als Mathematiklehrerin. In Ihrem Buch
Firmen kämpfen um die begabtesten Absolven-
beschreiben Sie, dass auch Sie zunächst vom As-
ten. Sie halten dies für schädlich. Warum?
pekt Talent abgelenkt waren.
Ich glaube, Talent wird überbetont. Oft wird angenommen, dass Begabung die Leistungen eines Menschen ermöglicht. Der Schauspieler Will Smith hat einmal sinngemäß gesagt: Die meisten Leute verwechseln Talent und Können. Sie glauben, es sei das Gleiche, aber das stimmt nicht. Können muss man sich verdienen. Es sind die zahllosen Stunden, die man in sein Handwerk steckt. Smith hat vollkommen recht. Die natürlichen Anlagen spielen eine Rolle, keine Frage, aber man muss sein Talent auch anwenden, damit man besser wird. Wenn man nur die Begabung ins Rampenlicht stellt, besteht die Gefahr, dass man im Schatten lässt, wie wichtig Anstrengung und Einsatz sind. Oft brechen Menschen eine Sache ab, weil sie denken: „Ich habe einfach kein Talent dazu“ – und geben deshalb womöglich zu früh auf.
Als ich zu unterrichten anfing, nahm ich an, dass Kinder, die in Mathe begabt waren, am Ende des Schuljahres die Besten sein würden. Für manche traf das zu, für andere aber nicht. Und dann gab es auch Schüler, denen das Fach nicht leichtfiel, die aber sehr gute Noten erzielten, weil sie so gewissenhaft und hartnäckig waren. Das zeigte mir eindringlich, dass Begabung nicht alles ist. Aber ich muss zugeben, dass ich selbst heute noch, als 46-jährige Forscherin, die seit 14 Jahren Grit untersucht und viel über die wahren Zusammenhänge von Leistung und Erfolg weiß, ein ambivalentes Verhältnis zu Talent habe. Wenn ich jemanden sehe, der herausragend ist, sage ich leicht: „Oh, der oder die ist so talentiert.“ Es ist eben eine einfache Erklärung, und es hat auch etwas Erleichterndes zu sagen: „Das ist gottgegeben. Das kann man nicht lernen.“ Denn dann braucht man sich nicht mit dem anderen zu vergleichen und sich schlecht fühlen, dass man selbst nicht so exzellent ist.
Sie kennen die Fixierung auf Talent seit der Kindheit. Ihr Vater sagte Ihnen oft: „Du weißt, du bist kein Genie.“ Welche Wirkung hatte das? PSYCHOLOGIE HEUTE
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Angela Duckworth ist Professorin für Psychologie an der University of Pennsylvania. Dort forscht sie unter anderem zu den Themen Grit und Selbstkontrolle. Ihr Buch Grit. The power of passion and perseverance (Scribner 2016) soll im Frühjahr 2017 auf Deutsch erscheinen.
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Eine Ihrer bekanntesten Untersuchungen fand in der berühmten US-Militärakademie West Point statt. Sie begleiteten Rekruten durch das sogenannte Beast, ein mörderisches siebenwöchiges Training zu Beginn der vierjährigen Ausbildung. Warum wählten Sie dieses Setting?
West Point hat ein sehr strenges Bewerbungsverfahren. Von den 14 000 jungen Männern und Frauen, die sich jährlich bewerben, werden nur 1200 angenommen. Das sind Leute, die unbedingt dorthin wollen – und trotzdem scheiden innerhalb der ersten zwei Monate einige aus. Ich wollte herausfinden, ob Grit vorhersagen kann, wer geht und wer bleibt. Und?
Das Militär rechnet für jeden Kandidaten einen Gesamtwert aus, in den Schulleistungen, Noten für Collegezugangstests, Werte für die physische Fitness sowie psychologische Bewertungen des Führungspotenzials einfließen. Dieser sagte nichts darüber aus, ob es jemand durch das Beast schafft – aber der GritScore tat es. Das war schon bemerkenswert und hat auch die Verantwortlichen in West Point überrascht. Seitdem setzen sie die Grit-Skala jedes Jahr ein. Beharrlichkeit und Leidenschaft sind aber nicht nur wichtig, um durch ein militärisches Training zu kommen, wie Ihre Forschung zeigt.
Grit sagt auch voraus, wer das erste Jahr in einem Vertriebsjob übersteht – die Drop-out-Raten dort liegen typischerweise bei 50 Prozent. Leute, die einen hohen Grit-Score haben, erzielen ein höheres Ausbildungsniveau. Sie zeigen eine höhere Konsistenz in ihrer Laufbahn und schwenken seltener zu einer völlig anderen Karriere um. Generell hat Grit die höchste Vorhersagekraft, wenn es um langfristige, persönlich bedeutsame und herausfordernde Ziele geht. Nehmen Sie mich als Beispiel: Mein Lebensziel besteht darin, als Psychologin das Leben von Kindern zu verbessern. Dies ist ein langwieriges, schwer zu erreichendes Vorhaben, das mir sehr wichtig ist. Wie erfolgreich ich dabei sein werde, hängt stark davon ab, wie beharrlich und leidenschaftlich ich bin.
Grit hilft uns erstens, aus Talent Können zu machen, und zweitens, Können in Leistungen zu verwandeln
noten und Grit, aber der Zusammenhang mit Selbstkontrolle und Gewissenhaftigkeit ist höher. Grit kann höherrangige Lebensleistungen erklären, das war auch mein Ziel – aber es erklärt nicht jegliche Art von Leistung und Erfolg. In Ihrem Ansatz ist Talent durchaus ein Faktor für Erfolg, aber der Einsatz, den man in eine Aktivität steckt, zählt doppelt. Können Sie das erläutern?
Talent ist die Geschwindigkeit, mit der man in einer Sache besser wird. Kinder, die talentiert in Mathe sind, lernen mathematische Zusammenhänge schneller. Aber man muss auch Arbeit investieren, um überdurchschnittliches Können zu entwickeln, zum Beispiel immer wieder Rechenaufgaben lösen. Großes Talent und hoher Einsatz führen zu hohem Können. Einsatz zählt aber noch ein zweites Mal. Denken Sie ans Schreiben: Man kann ein sehr kunstfertiger Autor sein, aber dann nie wieder etwas zu Papier bringen. Wenn man aber schreibt, verbessert man nicht nur sein Können, sondern produziert auch etwas. Jeder Artikel, jedes Buch ist eine Leistung. Einsatz zählt doppelt in dem Sinn, dass er uns erstens hilft, aus Talent Können zu machen, und zweitens Können in Leistungen verwandelt. Bei den meisten Aktivitäten passiert das gleichzeitig. Die Mühe, die ich aufbringe, um einen Artikel zu produzieren, macht mich gleichzeitig zu einem besseren Autor. Grit besteht, wie Sie anfangs erläuterten, aus den beiden Komponenten Beharrlichkeit und Leidenschaft. Man könnte meinen, Beharrlichkeit sei das Schwierigere von beiden, aber Sie sagen: Das Gegenteil trifft zu.
In unseren Daten für die Grit-Skala sehen wir oft, dass Leute für Beharrlichkeit höhere Werte erzielen als für Leidenschaft. Das könnte zum Teil daran liegen, wie ich den Test formuliert habe. Aber ich glaube, es geht tiefer. Viele Menschen sagen mir: „Ich weiß, wie man hart arbeitet, und lasse mich von Misserfolgen nicht leicht unterkriegen. Aber ich kann nicht sagen, was ich liebe, was mir wirklich wichtig ist.“ Ich kenne das auch aus eigener Erfahrung.
Was ist mit Zielen wie regelmäßig Sport treiben,
Sie sind doch sehr leidenschaftlich, wenn es um
ein gesundes Gewicht halten oder seine Steuer-
Ihre Arbeit geht.
erklärung pünktlich abgeben?
Aber auch mir fällt es leichter, hart zu arbeiten, als zu wissen, wofür ich hart arbeiten soll. Das Problem liegt darin, dass es ein Prozess ist, im Leben eine Leidenschaft zu entwickeln. Bei den meisten Leuten, die ich befragt habe, entwickelt sich das über Jahre und beinhaltet Ausprobieren und eine Menge Fehlversuche. Ich beispielsweise habe immer hart gearbeitet, aber in meinen 20ern habe ich sehr viele unterschiedliche Dinge gemacht. Ich war Lehrerin,
Dabei sind andere Dinge wichtiger, wie gut man sich unter Kontrolle hat etwa oder wie pflichtbewusst man ist. Für viele Leute mag es wichtig sein, gesund zu leben, aber es ist meist kein Ziel, das identitätsstiftend ist. Das Gleiche gilt für Schulnoten. Klar, die meisten Schüler hätten gerne bessere Zensuren, aber das ist für sie kein langfristiges, persönlich bedeutsames Ziel. Es gibt zwar eine gewisse Korrelation zwischen Schul42
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studierte Neurowissenschaften, leitete eine Non-Profit-Organisation und arbeitete bei einer Unternehmensberatung. Das Promotionsstudium in Psychologie habe ich erst mit 32 Jahren begonnen. Eine Leidenschaft zu verfolgen ist auch nicht unbedingt vergnüglich. Der Regisseur Martin Scorsese sagte neulich in einem Vortrag: „Leute, die jeden Tag zum Set kommen, versichern häufig, dass sie lieben, was sie tun. Aber wenn man sie anschaut, sieht es nicht so aus, als hätten sie Spaß. Es ist hart. Es ist eine andere Art von Befriedigung.“ Und was sind die Schwierigkeiten und Fallen, wenn es um Beharrlichkeit geht?
Zum einen gehen wir wie alle Lebewesen gerne den Weg des geringsten Widerstands. Wir versuchen von Natur aus, Energie zu sparen. Beharrlichkeit ist auch deshalb schwierig, weil wir oft nicht sehen, wie hart andere für ihre Erfolge arbeiten. Leute, die Herausragendes leisten, haben häufig die Tendenz, den Prozess des Entstehens zu verschleiern. Man lässt sich lieber für sein Talent bewundern, als zu offenbaren, wie hart man arbeiten muss. In unseren Interventionen an Schulen ist deshalb wichtig, den Schülern klarzumachen, dass große Leistungen nur möglich sind, wenn man vorher viele Frustrationen, Kämpfe und Rückschläge auf sich nimmt. Ist dies auch der Grund, warum Sie den jungen Wissenschaftlern in Ihrem Labor die Ablehnungs-
Man lässt sich lieber für sein Talent bewundern, als zu offenbaren, wie hart man arbeiten muss
briefe zeigen, die Sie von Fachzeitschriften für Ihre Artikel bekommen haben?
Ich erzähle ihnen auch von meinen Schwächen, dass ich mich frustrieren lasse, die Geduld verliere, zu viel heule. Ich will, dass sie die ganze Wahrheit sehen, die Siege und die Niederlagen und schwierigen Seiten. Sie betonen, dass man Grit lernen kann. Manche Wissenschaftler aber meinen, es sei naiv, Hartnäckigkeit gezielt entwickeln zu wollen.
Studien zur Erblichkeit zeigen immer wieder, dass Charakteristika wie Grit sowohl von Genen als auch von Erfahrungen beeinflusst werden. Lauren EskreisWinkler, eine Forscherin in meinem Labor, hat eine Untersuchung durchgeführt, die demonstriert, dass Schüler, die in die Technik des überlegten Übens eingeführt werden (siehe Kasten auf Seite 44), dem Üben mehr Zeit widmen und bessere Noten erzielen. Das gilt insbesondere für jene, die zuvor unterdurchschnittlich abgeschnitten hatten. Andere Forscher haben gezeigt, dass man eine Orientierung am Gemeinwohl über die eigenen Interessen hinaus fördern kann, genau wie eine Haltung, die menschliches Wachstum für möglich hält. Das sind zwei Attribute, die stark mit Grit korrelieren. Keiner dieser Wissenschaftler legt nahe, dass kurze Interventionen eine Wunderwaffe wären oder Armut und ungleiche Startchancen ausgleichen könnten. Aber die Arbeiten zeigen, dass Menschen ein enormes Potenzial haben, zu lernen und zu wachsen. Grit bedeutet, sich langfristig auf ein Ziel festzulegen. Ist das in der heutigen Welt, in der es darauf ankommt, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, überhaupt sinnvoll?
Ich bin davon überzeugt, dass es hilfreich ist, eine Lebensphilosophie zu haben. Mein Ziel beispielsweise, Kindern durch psychologische Forschung ein besseres Leben zu ermöglichen, ist ziemlich abstrakt. Es gibt eine Menge Wege, wie man es erreichen kann. Man kann als Professorin arbeiten oder eine Technologiefirma gründen, und man kann auch ganz verschiedene Arten von Forschung betreiben. Für mich ist es ein sehr hilfreicher Kompass, der mich leitet und mir hilft, produktiver zu arbeiten und besser zu werden. Natürlich kann man fragen: Ist das nicht zu rigide, gebe ich dadurch etwas auf? Es ist sicher gefährlich, wenn jemand sich beispielsweise zu sehr auf einen bestimmten Job konzentriert. Aber sofern das Ziel abstrakt genug ist, sehe ich keinen Nachteil. Ich glaube nicht, dass ich meines jemals aufgeben oder verändern werde. INTERVIEW: ANNETTE SCHÄFER
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SO ENTWICKELN SIE MEHR GRIT Durch ihre Studien und Interviews
asiegern, Schachgroßmeistern und
sein, wenn man sie entsprechend de-
mit herausragenden Persönlich-
Primaballerinen beobachtet hat. Die-
finiert. Duckworth erzählt die Para-
keiten hat Angela Duckworth vier
se Weltklasseleute definieren ein
bel der drei Maurer, die gefragt wer-
zentrale Qualitäten identifiziert, die
klares, relativ eng gefasstes Ziel und
den, was sie tun. Der erste antwortet:
hartnäckige Menschen auszeichnen:
setzen es so hoch an, dass sie es zu-
„Ich mauere.“ Der zweite sagt: „Ich
hohes persönliches Interesse, eine
nächst nicht erreichen können. Dann
baue eine Kirche.“ Der dritte aber
bestimmte Übungspraxis, ein Gefühl
machen sie sich mit ungeteilter Auf-
versichert: „Ich baue Gottes Haus.“
von Sinnhaftigkeit sowie Hoffnung
merksamkeit und gesamter Kraft
Fazit: Man kann die gleiche Tätigkeit
oder Optimismus – Qualitäten, die
daran, sich der Vorgabe anzunähern.
als reinen Job und Broterwerb sehen,
sich fördern und entwickeln lassen.
Dabei verlassen sie sich nicht nur auf
als Karriere, die einen persönlich wei-
die eigene Wahrnehmung, sondern
terbringt, oder aber als Berufung, die
1. INTERESSEN PFLEGEN
fragen andere: Was mache ich falsch?
dem Leben Bedeutung gibt.
Leidenschaft für eine Beschäftigung
Und danach fangen sie wieder von
oder ein Thema ist wichtig, damit
vorne an, wiederholen und verfei-
4. HOFFNUNG HABEN
man es hartnäckig verfolgt. Doch
nern, bis sie ihr Ziel erreichen – und
Stehvermögen setzt voraus, dass
man darf nicht erwarten, dass man
ihnen das sogar leichtfällt.
man auch weitermacht, wenn es
von Anfang an ohne weiteres weiß,
schwierig wird. Das fällt leichter,
was man liebt. Interessen müssen ge-
wenn man das hat, was Carol Dweck
pflegt werden. Der erste Schritt: sich
von der Stanford-Universität ein
genug Zeit lassen, um herauszufin-
growth mindset nennt. Menschen mit
den, was einen anspricht und inspi-
dieser auf Wachstum ausgerichteten
riert. Das gelingt nicht durch Intro-
Denkweise sind überzeugt, dass man
spektion, sondern indem man expe-
schlauer und fähiger werden kann,
rimentiert und die Interaktion mit der
wenn man sich anstrengt und genug
Welt sucht. Zudem sollte man an-
Unterstützung bekommt. Leute mit
fangs nicht zu ernsthaft vorgehen.
einem fixed mindset dagegen halten
„Vor der harten Arbeit kommt das
Talent und Intelligenz für etwas Sta-
Spiel“, sagt Duckworth. Wichtig ist
tisches, das man nicht ändern kann.
auch, Gleichgesinnte zu finden, die
Wer die eigene Entwicklungsfähig-
einen ermutigen. Wenn man etwas
3. EINEN TIEFEREN
keit optimistisch sieht, wird mit Rück-
identifiziert hat, das einen fasziniert,
SINN SEHEN
schlägen besser umgehen und
heißt es, das Interesse immer wieder
Die meisten Menschen können einer
Selbstzweifel im Zaun halten können.
neu zu wecken, also nicht aufhören,
Beschäftigung nicht über eine lange
Um dem nachzuhelfen, rät Duck-
Fragen zu stellen und die Antworten
Zeit nachgehen, wenn sie keinen
worth Folgendes: 1. althergebrachte
zum Ausgangspunkt für weitere Fra-
tieferen Sinn in ihrem Tun sehen.
Vorstellungen über Bord werfen und
gen zu machen, immer tiefergehen
Deshalb sei es unbedingt erforder-
nachlesen, was die Forschung heute
und im Bekannten bislang überse-
lich, so Duckworth, dass neben einem
über die Entwicklungsfähigkeit von
hene Nuancen entdecken.
persönlichen Interesse das Gefühl
Intelligenz und die Veränderbarkeit
vorhanden ist, etwas für das Wohler-
des Gehirns weiß; 2. sich in optimis-
2. RICHTIG ÜBEN
gehen anderer zu tun. Die meisten
tischen Selbstgesprächen üben, da-
Hartnäckige Menschen üben nicht
Menschen entwickeln den Blick auf
mit die innere Stimme einen nicht
nur viel, sondern auch auf eine be-
andere allerdings erst, nachdem sie
ständig zurückhält und blockiert; 3.
stimmte Weise. Angela Duckworth
ihr Interesse jahrelang gepflegt und
Menschen finden, die einen anfeuern,
empfiehlt eine Technik, die der
praktiziert haben. Wie findet man
beraten und unterstützen.
schwedische Psychologe Anders
einen tieferen Sinn? Das kommt auf
Ericsson deliberate practice (über-
die Sichtweise an: Selbst eine an sich
legtes Üben) nennt und bei Olympi-
profane Tätigkeit kann bedeutsam
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PH
ANNETTE SCHÄFER
Angela Duckworth: Grit. The power of passion and perseverance. Scribner, New York 2016
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KOMPETENT
in Sachen Beziehung?
Manchmal brauchen wir Nachhilfe, um einen Menschen auf Dauer zu
LIEBEN.
ALS H C U A APP
DAS BEWEGT MICH!
PSYCHOLOGIE HEUTE PSYCHOLOGIE HEUTE
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WWW.PSYCHOLOGIE-HEUTE.DE 45
In eine fremde Sprache eintauchen Mehr Menschen denn je erlernen lange nach der Schulzeit noch eine Fremdsprache. Doch wie bemächtigt man sich einer Sprache, die einem in Klang und Bedeutung völlig unvertraut ist? VON MARGIT SCHLESINGER-STOLL
M
ama!“ „Papa!“ „Ball!“ Noch bevor Kleinkinder das erste Wort aussprechen, lallen und probieren, prusten und schmatzen sie Wortähnliches, das sie aufgeschnappt haben oder vorgesprochen bekamen. Schnell, sehr schnell geht es mit dem Nachahmen von Wörtern immer besser, nach dem ersten Schwall erlernter Wörter folgen Zweiund Drei-Wort-Sätze und im Folgenden immer komplexere. Ein Wunder für jedes Elternpaar, ein besonderes Phänomen auch für Sprachwissenschaftler: Beim Erwerb der Muttersprache wird diese intuitiv und als Ganzes „implizit“ erfasst, ohne dass Strukturen hinterlegt und Regeln erklärt werden müssten. Geht das auch mit zwei Sprachen gleichzeitig? Ja, das geht. Wenn das Kind sich tagsüber in der ersten Sprache verständigt und der Vater – oder die Mutter – abends konsequent in der zweiten Sprache mit ihm redet, lernt es, auch diese akzentfrei zu sprechen. Selbst im Schulalter bis etwa zwölf Jahre können Kinder eine Sprache noch muttersprachlich erlernen. In diesem Alter klappt das allerdings bereits effizienter mit Unterstützung expliziter Lernmethoden, also schriftlicher Übungen, Analyse von Satzstrukturen, Regelfindung und -anwendung, Ausspracheübungen. Wer erst in der Pubertät in eine fremde Sprache einsteigt, kann diese immer noch auf Universitätsniveau erlernen, doch meist bleibt dann ein Akzent. Sich als Erwachsener auf das Abenteuer einer Fremdsprache einzulassen bedeutet, einige Hürden mehr zu nehmen. Fast mit ein wenig Neid beobachten Eltern, wie bei längeren Auslandsaufenthalten ihre Kinder, die vielleicht nur mäßige 46
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Jugendliche auch verstärkt offen für Neues. Sie haben, sofern sie im Ausland eine Regelschule besuchen, meist viel mehr Kontakte und Gelegenheiten zum Anwenden der Zweitsprache als Erwachsene. Für junge Leute ist der Bezug zum früheren Heimatland in der Regel weniger präsent und weniger wichtig als für die Eltern, die sich neue Sozialkontakte häufig mühsam erarbeiten müssen. Die Sprachdidaktikerin Imke Mohr vom Goethe-Institut legt gleichwohl Wert darauf zu betonen, dass „der Mythos vom
sich schließenden Fenster für das Sprachenlernen so nicht haltbar ist“. Erwachsene verfügen über Kompensationsstrategien, die Kindern und Jugendlichen verschlossen sind. Sie haben bessere analytische Fähigkeiten, können beispielsweise Sprachstrukturen vergleichen, Übereinstimmungen und Divergenzen auffinden, Schlüsse ziehen. Jede bereits erlernte Sprache bereichert diese Möglichkeiten und erst recht das „Weltwissen“, das sich Erwachsene im Laufe des Lebens angeeignet haben und das enorm bei der Überbrü-
ILLUSTR ATION: PETER K AHRL
Schüler sind, sie in der Fremdsprache schnell überholen, obwohl sie selbst regelmäßig und mit Fleiß Sprachkurse besuchen. Doch dass die „im Sprachbad“ erlernte Zweitsprache (so heißt die im Ausland erlernte Fremdsprache) vom Nachwuchs schneller erfasst wird, ist ganz normal und hat mehrere Ursachen: Innerhalb einer „kritischen Phase“ bis etwa zwölf Jahre sind Kinder wegen ihres noch formbaren, sich entwickelnden Gehirns besonders effizient in der Lage, Sprachen zu erlernen. Daneben sind Kinder und
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ckung von Lücken und Unsicherheiten helfen kann, so Mohr. Auch der Fremdsprachendidaktiker Dietmar Rösler, der zu Deutsch als Fremdund Zweitsprache an der Justus-LiebigUniversität Gießen forscht und lehrt, bestätigt, dass die Komplexität der bereits erlernten Sprachen sowie der Einfluss von Lehr- und Lernkultur mitentscheidend sind für den Umgang mit dem Lernstoff. Das ist eine Herausforderung für Lehrende, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten und es dabei aktuell mit extrem heterogenen Gruppen zu tun haben, von der Angestellten einer Firmenniederlassung aus Südkorea bis zum Flüchtling aus Afghanistan. „Der Fokus auf Korrektheit“, so Rösler, „ist beispielsweise bei vielen Lernenden asiatischer und osteuropäischer Herkunft stärker als bei anderen.“ Die Gründe sind vielschichtig. Einer davon ist wohl die Komplexität der eigenen Muttersprache: Das Polnische beispielsweise hat wie das Deutsche drei Geschlechter, dazu gleich sieben Fälle – da werden die vier deutschen Kasus als verkraftbar empfunden. Für US-Amerikaner hingegen mit nur einem Artikel und ohne Kasus in der Muttersprache ist dies naturgemäß ganz anders.
Auch wenn ihre Voraussetzungen und Motive sich unterscheiden: Heute wollen und müssen Menschen fast aller Nationen Fremdsprachen erlernen (oder die Schulkenntnisse auffrischen), mehr als je zuvor. Das größte Hindernis dabei ist nach Aussage vieler Lernender die Bezwingung des „inneren Schweinehundes“, die Selbstüberwindung. In Kursen, die in der Freizeit besucht werden, gibt es keine Noten oder Einträge ins Klassenheft. Eine Kursanmeldung unterschreiben ist die eine, regelmäßig zum Kurs gehen und sich auch zu Hause mit dem Lernstoff beschäftigen schon eine ganz andere Sache. Im Tandem geht’s leichter
Verbindlichkeiten helfen dabei, am Ball zu bleiben: Wenn eine Freundin oder ein Bekannter mit zum Kurs kommt, fällt es schwerer, Stunden ausfallen zu lassen, weil jemand auf einen wartet. Wer im Französischkurs eine Rumänin kennenlernt, hat womöglich schon eine Lernpartnerin gefunden, mit der sogar hauptsächlich in der Fremdsprache kommuniziert wird. Auch Tandempartner aus dem Land der Zielsprache sind hilfreich. Das GoetheInstitut, Universitäten und andere Institutionen vermitteln Tandems. Über Platt-
formen oder per E-Mail wird abwechselnd in der eigenen und in der Muttersprache des Partners oder der Partnerin kommuniziert, die Häufigkeit der Kontakte und die Bedingungen innerhalb eines Tandems sind individuell auszuhandeln. Auch konkrete, möglichst nicht zu hoch gesteckte Ziele sind gute Haltegriffe beim Sprachenlernen. Für den nächsten Italienurlaub kann man sich beispielsweise vornehmen, dort nach Wegen fragen, bestimmte Dinge einkaufen, Essen bestellen und übers Wetter reden zu können. Ein halbes Jahr später sollte der Anspruch höher sein und beispielsweise darin bestehen, sich mit einem Tandempartner über Erlebnisse bei der Arbeit und im Urlaub auszutauschen (und sich somit auch der Vergangenheitsformen zu bedienen). Ein nächster Schritt kann sein, den Lernpartner persönlich kennenzulernen und nach dem schriftlich Erprobten sich dem viel schnelleren Tempo der mündlichen Kommunikation auszusetzen – im Italienischen, aber nicht nur dort, eine echte Herausforderung! Dabei hilft es auch, „schwimmen“ zu lernen, das heißt, nicht jedes Wort verstehen zu wollen, sondern möglichst den Zusammenhang zu erfassen. Zur Erholung
TIPPS ZUM SPRACHENLERNEN Peilen Sie ein Ziel an, konkret, nicht
abwechselnd in Deutsch und der
der Fremdsprache auf eine Karte ge-
zu hochgesteckt, und überprüfen Sie
Fremdsprache mit dem Tandem-
schrieben. Am besten sollte auch ein
zum Beispiel bei einer Reise, ob Sie
partner.
Beispielsatz dazu. Auf die Rückseite
es erreicht haben.
Lernen Sie „schwimmen“, das heißt,
kommt das Wort in der eigenen Mut-
Trainingsmaterial: Suchen Sie sich
versuchen Sie nicht, jedes Wort zu
tersprache. Und dann: täglich lernen!
neben einem passenden Sprachkurs
verstehen, sondern sich Zusammen-
Wenn neue Wörter dreimal richtig
zusätzliche Lehr- und Lernmateri-
hänge zu erschließen. Das geht be-
erinnert werden, wechseln sie in Ab-
alien wie zum Beispiel interaktive
sonders gut beim Lesen.
teilung 2, die nur einmal wöchentlich
Audiodateien (die man sogar im Au-
Gehen Sie humorvoll mit den eige-
wiederholt wird. Sitzt auch dies si-
to nutzen kann), Filme, Kinderbücher
nen Fehlern um, ärgern Sie sich nicht
cher, kommt das Wort in Abteilung
oder Zeitschriften.
über Defizite, sondern freuen Sie sich
3, die nur noch einmal monatlich in
Suchen Sie einen Tandempartner,
über Ihre Fortschritte.
Angriff genommen wird. Am Ende ist
der Deutsch lernen möchte. Das
Benutzen Sie eine Lernkartei mit
die Karte überflüssig und kann ver-
Goethe-Institut, Universitäten und
drei Abteilungen: Ein neues Wort
nichtet werden.
andere Institutionen vermitteln Tan-
wird mit Artikel, Plural, passender
dems. Sprechen und schreiben Sie
Präposition und eventuell Kasus in
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PSYCHOLOGIE HEUTE
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nach einem vielstimmigen Sprachbad, wenn die Ohren zum Glühen gebracht wurden, ist das Lesen von Nachrichten, Zeitungen und Zeitschriften in der Fremdsprache bestens geeignet. Hier kann das Tempo wieder selbst bestimmt und etwas sorgfältiger entschieden werden, welches Wort man nachschlägt und welches nicht. Welcher Lerntyp sind Sie?
Neben dem Schwimmenlernen hilft auch, über die eigenen Stärken beim Lernen nachzudenken und womöglich die Methoden und Materialien anzupassen, um effizienter zu lernen. Bereits 1975 unterschied der Systemforscher Frederic Vester „Lerntypen“ und folgerte: Der visuelle Typ lernt nicht nur gut mit Bildern und Videos, ihm helfen auch Grafiken und klar aufgebaute Tafelbilder, die er abspeichern kann. Für den auditiven Typ ist Frontalunterricht kein Problem, er nimmt gerne und gut hörend auf, macht Fortschritte mit Audio-Lern-CDs und Filmen. Der haptische Lerntyp fasst gerne an, was er lernt, ihm hilft auch aktives Aufschreiben. Der motorische Typ sitzt nicht gerne 90 Minuten auf einem Stuhl; durch den Raum gehen und dabei rhythmisch sprechen ist für ihn eine effektive Lernmethode. Der kommunikative Typ lernt am besten in Interaktion mit anderen Menschen – Diskussionen, Rollenspiele, Projektgruppen sind sein Ding. Hingegen kommt der medienorientierte Typ, der gern und oft online ist, gut ohne Gruppendynamik aus, Üben am Computer liegt ihm mehr. Natürlich gibt es Menschen, die sich dieser Kategorisierung entziehen und gerne durch Einsicht und auch mit Regeln und Strukturen lernen. Wie auch immer: Um die Vokabeln kommt niemand herum! Christoph Bürgel, der an der Universität Paderborn Didaktik des Französischen und Spanischen lehrt, beklagt: Die Wortschatzkompetenz der Studenten entspreche oft nicht dem, was eigentlich im Abitur verlangt werde. Seine Kollegen der Anglistik teilten diese PSYCHOLOGIE HEUTE
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Einschätzung, so Bürgel, obwohl deren Studenten im Durchschnitt zwei bis drei Jahre länger in der Sprache unterrichtet wurden. Mit Tandems und Tutorien steuern sie gegen – und mit einem Wegkommen von rein grammatischen Lösungen, hin zu mehr chunks, also dem Lernen fertiger Worteinheiten. Zwei Beispiele: Wer die Ellipse „Ohne mich!“ lernt, braucht nicht unbedingt zu wissen, dass die Präposition „ohne“ den Akkusativ verlangt. „Nimm dir Salat!“ enthält den Imperativ, kann aber auch als Phrase erlernt werden. Chunks sind auch für Sprachlernende außerhalb von Schulen und Universitäten erreichbar. Wer beispielsweise fremdsprachliche DVDs ausleiht, möglichst mit Untertiteln in derselben Fremdsprache, erhält Sprachunterricht mit vielen idiomatischen Redewendungen aus dem Alltag; gerade im Englischen und Amerikanischen, die viele Idiome enthalten, ist das sinnvoll. Die Untertitel, die neben dem Hören den Lernkanal des Lesens bedienen, sorgen dafür, auch Verschliffenes verständlich zu machen und falsch Gehörtes zu korrigieren. Motivation ist ein weiterer, hoch einzuschätzender Antrieb fürs Sprachenlernen. Wer sich in einen ausländischen Partner verliebt hat, einen Job im Ausland anstrebt oder das Ziel hat auszuwandern, lernt eine Fremdsprache in der Regel ausdauernder, als dies „just for fun“ der Fall ist. Viele Erwachsene mit Migrationshintergrund besuchen dann wieder einen Deutschkurs, wenn sie bemerken, dass sie den Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen können. Andere treibt der Ansporn, mit dem über eine Hilfsorganisation gewonnenen Patenkind in Kontakt zu treten. Oder sich an Balzac im Original zu versuchen. Da wird der Satz von Goethe ganz praktisch und aktuell: „Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen.“ PH
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REDAKTION: THOMAS SAUM-ALDEHOFF
Ein Rhythmus, wo jeder mitmuss Immer wenn wir Musik hören, haben wir so einen Hang zum Zappeln. Dann wippen und tippen wir im Takt (oder was wir dafür halten) mit dem Fuß, trommeln mit den Fingern auf der Tischplatte herum oder schnipsen mit denselben, nicken mit dem Kopf oder wiegen den Oberkörper hin und her. Besonders Ambitionierte führen ein Stepptänzchen auf. Warum nur tun wir das alles? Rolf Inge Godøy und seine Kollegen von der Universität Oslo vertreten die Theorie, dass wir Musik unwillkürlich in Motorik übersetzen: Wann immer wir eine Melodie hören oder uns an sie erinnern, simulieren wir zumindest im Ansatz jene rhythmischen Schläge, Streich- oder Schüttelbewegungen, mit denen Menschen traditionell Musik erzeugen. Neben der akustischen Spur läuft in unserem Geiste stets eine Bewegungsspur mit, und erst diese doppelte Kodierung ermöglicht es uns nach dieser Theorie, die Form und Struktur der Musik wirklich zu erfassen. Wie Klangeigenschaften in Bewegung übersetzt werden, studierten Godøy und sein Team unter anderem mit Tänzern, aber auch in sogenannten sound 52
tracing-Experimenten. Dabei hörten die Probanden jeweils drei Sekunden lange Klangmuster, die sich unter anderem in ihrer Dynamik unterschieden und darin, ob die Tonhöhe anstieg oder abfiel. Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe, diese Klänge ganz nach Belieben mit Handbewegungen zu begleiten. Über Reflexleuchten in den Griffen, die die Teilnehmer dabei umklammerten, registrierten und speicherten die Forscher diese Bewegungsabfolgen. Wie sich herausstellte, waren die Handtänze einander erstaunlich ähnlich: Die Übereinstimmung unter den Probanden betrug 70 Prozent. Auch zwischen den Eigenschaften der Musik und denen der Bewegungen fanden sich regelhafte Verknüpfungen. Zum Beispiel korrespondierte die Höhe, in der die Teilnehmer ihre Hände hielten, mit der Tonhöhe. Die Forscher aus Oslo wollen ihre Studien mit dem Ziel fortsetzen, eine Art Datenbank all der Regeln zu erstellen, nach denen wir Musik in Bewegung übersetzen.
Musik und Bewegung: Irgendwie gehört das zusammen!
DOI: 10.1080/09298215.2016.1184689
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Besondere Glücksmomente Vielleicht kennt ja jede Kultur ihre ganz speziellen Momente des Wohlbefindens, die wir voneinander abschauen könnten, sagte sich Tim Lomas von der University of East London. Im Journal of Positive Psychology stellte er nun eine Liste mit „unübersetzbaren Wörtern“ zusammen, die solche ganz besonderen Glückserlebnisse beschreiben. Hier eine Auswahl: Sobremesa: Spanisch für den Augenblick, da man das gemeinsame Mahl gerade beendet hat, aber noch plaudernd vor den leeren Tellern beisammensitzt. Mbukimvuki: Bantu für „sich aus den Kleidern schälen, um zu tanzen“. Schnapsidee: Deutsch für einen aus der Trunkenheit geborenen Einfall, den sein Urheber in diesem Augenblick für schlicht genial hält. Volta: Griechisch (typisch!) für gemächliches Durch-die-StraßenSchlendern. Gökotta: Schwedisch für „früh aufwachen, um den Vögeln zuzuhören“. Suaimhneas croi: Gälisch für die Freude, wenn man eine Aufgabe abgeschlossen hat. Iktsuarpok: Inuit für die Vorfreude, wenn man auf jemanden wartet. Gumusservi: Türkisch für den Schimmer des Mondlichts auf der Wasseroberfläche. Wu Wei: Chinesisch (wörtlich: Nichtstun) für den beneidenswerten Zustand, ohne innere Anstrengung und Überwindung zu tun, was zu tun ist.
ALSO SPRACH ÄSKULAP
„Was ist aus dem Anspruch geworden, mit Psychosomatik und ‚sprechender Medizin‘ aufklärerisch zu wirken, die Mediziner herauszureißen aus ihrer technokratischen Verblendung, die Patienten ‚heranzubilden‘ zu mündigen Subjekten ihrer eigenen Geschichte und ihres Körpers? So eine Formulierung, heute gebraucht, nimmt die Antwort natürlich schon vorweg: Aus diesem Anspruch ist gar nichts geworden. Aber das gehört ja zu unseren Lernprozessen der letzten 35 Jahre: Wer so pauschal daher- und darüber wegredet, setzt sich irgendwann selbst ins Unrecht.“ Peter Henningsen, Facharzt für psychosomatische Medizin und Professor an der TU München, in einem Beitrag für die Zeitschrift Dr. med. Mabuse (Juli/August 2016)
DOI: 10.1080/17439760.2015.1127993
232 Seiten, Klappenbroschur, 22 € (D)
KARYL McBRIDE I Werde ich jemals gut genug sein?
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Narzißtische Mütter bringen ihren Töchtern bei, daß sie nur dann geliebt werden, wenn sie sich den mütterlichen Erwartungen und Launen entsprechend verhalten. „Werde ich jemals gut genug sein?“ ist ein bewegendes Buch für Töchter, die unter dem schädlichen Einfluß ihrer egoistischen und egozentrischen Mütter gelitten haben. Es enthält die detaillierte Hilfe, die betroffene Frauen brauchen, um
schädliche Einflüsse zu überwinden und ihr Leben für sich selbst zurückzuerobern. Es ist kein Buch über Schuld, sondern über Heilung! „Wenn wir unsere Mütter und was ihr Narzißmus mit uns gemacht hat, nicht verstehen, können wir nicht von den Nachwirkungen dieses Einflusses geheilt werden.“ – Dr. Karyl McBride
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Dünne behandeln Dicke oft unfair, besonders dann, wenn die Dünnen gerade „unterzuckert“ sind, also zu wenig Glukose in ihrem Blut haben. Das beobachteten Forscher der Unis Lübeck und Jena, als sie in Kooperationsspielen 20 schlanke gegen 20 beleibte Männer antreten ließen. Magermänner sollten also genug essen, wenn sie mit runderen Kollegen zusammenarbeiten.
Die illegale Einnahme verschreibungspflichtiger Psychopharmaka ist in Europa ein größeres Problem als gedacht. Von 22 000 Befragten in fünf EU-Ländern hatten im Vorjahr 5 Prozent Opioide, 5,8 Prozent Sedativa und 2,8 Prozent Stimulanzien ohne Rezept eingenommen. In Deutschland lag die Quote niedriger als in Großbritannien, Spanien und Schweden. Besonders gefährdet waren Schmerzpatienten. DOI: 10.1186/s12888-016-0909-3
DOI: 10.1038/ijo.2016.134
Bloß kein Stresshormon! Das besonders bei Männern reichlich vorhandene Hormon Testosteron hilft dabei, in der Hierarchie nach oben zu klettern – bei Affen, Männern und Frauen. Aber das klappt nur, wenn ihm nicht ein anderer Stoff in die Quere kommt: das Stresshormon Kortisol. Das haben Gary Sherman und sein Team von der Harvard University nach Experimenten im Labor jetzt auch gewissermaßen in freier Wildbahn nachgewiesen – bei 78 Führungskräften im Staatsdienst. Die Teilnehmer, sämtlich Männer, gaben die Anzahl ihrer Untergebenen zu Protokoll und lieferten zwecks Hormonbestimmung Speichelproben ab. Tatsächlich durften die Testosteronpakete unter den Teilnehmern deutlich mehr Rangniedere kommandieren. Doch wenn 54
die Chefs auch viel Kortisol im Blut hatten, bestimmten sie unabhängig vom Testosteron über eine mittlere Zahl an Mitarbeitern. Die Forscher nennen Kortisol daher einen Gleichmacher – ein Wort, das US-Amerikaner sonst gerne für eine ordentliche Schusswaffe verwenden. Es ist noch nicht klar, auf welche Weise Kortisol seine gleichmacherische Wirkung entfaltet. Vielleicht liegt es daran, dass es Testosteron rein biologisch hemmt. Es könnte aber auch die psychologischen Wirkungen des Testosterons unterdrücken: Aggression, Machtstreben, Angstminderung und Risikobereitschaft. JOCHEN PAULUS
DOI: 10.1037/pspp0000063
PSYCHOLOGIE HEUTE
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Die vielen Gesichter der Depression Überall Stagnation: Trotz intensiver Forschung lassen Durchbrüche in der Therapie der Depression seit Jahrzehnten auf sich warten (siehe Heft 10/2016). Bislang ergebnislos verlief auch die Fahndung nach einem eindeutigen biologischen Mechanismus, der der Krankheit zugrunde liegt, oder wenigstens einem Biomarker, der sie anzeigt. „Haben wir bei dieser Störung etwas Grundlegendes missverstanden?“, fragt der Depressionsforscher Eiko Fried von der Universität Amsterdam in einem Debattenbeitrag für das Journal The Psychologist. Er meint: ja. Den grundlegenden Irrtum sieht er darin, dass Diagnosemanuale die Logik medizinischer Krankheiten auf psychische Störungen übertragen: In der Medizin listet man Symptome auf – etwa Hautausschlag, Fieber, Lichtempfindlichkeit – und schließt aus deren Häufung auf eine Krankheit, die all dies verursacht: Masern. Die Symptome sind dabei nur austauschbare äußere Zeichen dieser Grunderkrankung. Bei psychischen Störungen wie Depressionen aber ist diese Grunderkrankung nicht eindeutig identifizierbar, und die Symptome führen eine Art Eigenleben. „Der Gedanke, dass in einer Stichprobe von depressiven Menschen jeder dasselbe Leiden hat, steht im Widerspruch zu Jahrzehnten klinischer Erfahrung“, schreibt Fried. „Jüngste Studien haben die dramatische Heterogenität des depressiven Krankheitsbilds bestätigt, und wir haben unlängst bei 3703 depressiven Patienten 1030 eigenständige Symptomprofile ermittelt.“
Zusätzlich kompliziert werde das Ganze dadurch, dass all diese Depressionssymptome miteinander in Wechselwirkung stehen: „Schlaflosigkeit kann Erschöpfung verursachen, Grübeln bedingt Konzentrationsprobleme, und Appetitmangel führt zu Gewichtsverlust.“ Auch lösen unterschiedliche Lebensereignisse jeweils andere depressive Symptomkonstellationen aus, Trauer etwa hat ein anderes Gesicht als die Entmutigung eines Gemobbten. Mit Studien, in denen Patienten über den Tag hinweg per Smartphone protokollieren, was ihnen widerfahren ist und wie sie sich fühlen, will Eiko Fried dieses Geflecht aus Auslösern und Symptomen besser verstehen. Ihm schwebt vor, psychische Störungen wie die Depression nicht als Kategorien, sondern als „dynamische Systeme“ zu beschreiben, ähnlich wie in den Wirtschaftswissenschaften oder der Ökologie.
Ist die Depression überhaupt eine einheitliche Krankheit? Forscher ermittelten mehr als 1000 eigenständige Symptomprofile der Störung
Eiko I. Fried: Depression – more than the sum of its symptoms. The Psychologist, 29/1, 2016, 42–43
496 Seiten, Klappenbroschur, 36 € (D)
BESSEL VAN DER KOLK I Verkörperter Schrecken Dieses Buch erschließt ein faszinierendes neuartiges Verständnis der Ursachen und Folgen von Traumata und schenkt jedem, der die zerstörerische Wirkung eines solchen Erlebnisses kennengelernt hat, Hoffnung und Klarheit. PSYCHOLOGIE HEUTE
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%HUHLWV LQ $XÀ DJH „Das Buch ist von atemberaubendem, geradezu epischem Ausmaß, ein Grundlagenwerk, geschrieben von einem der wichtigsten Pioniere der Erforschung und Behandlung von Traumata.“ – Peter A. Levine
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Das „metabolische Syndrom“, die gefürchtete Kombination von Übergewicht, Bluthochdruck, hohem Cholesterin und Diabetes, raubt Frauen jenseits der Wechseljahre die Lust. Laut einer Studie an der University of California hatten diese Frauen nicht nur weniger Sex, sondern empfanden auch weniger Verlangen, Erregung und Befriedigung als andere. DOI: 10.1016/j.amjmed.2016.03.039
1966 Vor 50 Jahren erschien im Bostoner Verlag Little, Brown ein Sachbuch mit dem nüchternen Titel Human Sexual Response (Deutsch: Die sexuelle Reaktion). Es wurde ein Bestseller. Der Gynäkologe William Masters und seine Assistentin Virginia Johnson schilderten darin mit Grafiken und Tabellen, was sie über die Psychophysiologie des Sex herausgefunden hatten – empirisch wohlgemerkt, mit Dutzenden für die Forschung kopulierenden Versuchspaaren. Idealerweise durchschritten sie dabei, was das Sexforscherpaar den „sexuellen Reaktionszyklus“ taufte: Erregung, Plateau, Orgasmus, Rückbildung.
Deftig seit der Renaissance Unsere Vorliebe für üppiges Essen ist gar nicht so neu. Seit mindestens einem halben Jahrtausend verlangt es die Bewohner des Abendlandes nach Speisen, die weder der Figur noch der Gesundheit besonders zuträglich sind. Fett und Kohlehydrate mit viel, viel Salz: So haben sich schon unsere Vorfahren das Mahl ihrer Wünsche ausgemalt. Ernährungsforscher der Cornell University analysierten 750 Essensgemälde der letzten 500 Jahre, mit einem besonderen Augenmerk auf 140 Bilder, die Familienmahlzeiten zeigen. Sie stießen auf viel Fleisch und wenig Vitamine. Besonders die Darstellungen aus der Renaissancezeit „waren mit Nahrungsmitteln beladen, vor denen uns moderne Ernährungslehren warnen – Salz, Würste, Brot und nochmals Brot“, erläutert Studienleiter Brian Wansink. Von den Gemälden aus dieser Periode zeigen 86 Prozent Brot, 61 Prozent Fleisch und nur 22 Prozent Gemüse. Interessanterweise waren die am häufigsten gemalten Speisen nicht diejenigen, die in der betreffenden Zeit 56
Floris van Schooten: „Frühstücksstilleben mit einem Ochsenbraten“, 1640
am meisten verbreitet waren. Die Künstler hatten eine Vorliebe für das Exklusive. So waren Artischocken das meistporträtierte Gemüse, Zitronen waren der Star unter den Obstsorten, und die beliebteste Fleischkategorie stellten Meeresfrüchte, vor allem Hummer. Just in Deutschland, das über vergleichsweise wenig Küste verfügt, wimmelten die Bilder von erlesenem Meeresgetier. Schon vor einem halben Jahrtausend hatten die Leute also ein Faible für etwas dekadente „Statusspeisen“, schließt Museumskurator Andrew Weislogel, der an der Studie mitwirkte. DOI: 10.1177/2158244016654950
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Jeder Mensch hat ein Anrecht auf einen Ort, an dem er gesund und sicher leben und sich wohlfühlen kann. Doch was braucht es zum Wohlfühlen? Gar nicht so furchtbar viel, sagt die Architekturpsychologie VON BARBARA KNAB
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ILLUSTR ATIONEN: SILKE WEISSBACH
Hier lässt sich’s wohnen!
präzisiert, wie groß, wie hell, wie laut, wie komfortabel die Behausung denn sein soll. Wohnen als Menschenrecht meint einen Rückzugsort, an dem man gesund und sicher leben und sich wohlfühlen kann. Gut schlafen auch. Rein statistisch könnte man denken, das sei in Deutschland längst gewährleistet, wächst doch die Wohnfläche pro Kopf seit Jahrzehnten. 2013 betrug sie im Mittel 46,3 Quadratmeter, gut 15 Prozent mehr als im Jahr 2000. Dennoch hielt 2016 jeder dritte der 123 befragten deutschen Oberbürgermeister das Wohnen für eine der „drängendsten Aufgaben“. Ein Jahr zuvor war es jeder zehnte gewesen, wie das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) berichtet. Dabei haben Boomstädte kaum mehr Flächen für Neubauten. Neubürger können sie fast nur auf drei Weisen unterbringen, und auch das wird immer teurer: dichter bauen, höher bauen, zusammenrücken. Diese Rechnung scheint einfach. Doch die Menschen sollen sich auch wohlfühlen in ihrer Wohnung. Was brauchen sie dafür? Zuerst auf jeden Fall die Wohnung selbst. Die planen Architekten, allerdings erforschen sie nicht unbedingt, was Bewohnern besonders guttut in den eigenen vier Wänden. Zu wenig Interesse an Architekturpsychologie? Möglich, immerhin fragte der Dortmunder Architekturprofessor Benedikt Schulz im Zunftblatt der architekt: „Warum ist es keine selbstverständliche Anforderung an Architektur, Menschen glücklich zu machen?“ Wie sieht die Idealwohnung aus?
I
n der Münchner Maximilianstraße ballt sich der Luxus. Autos, Geschäfte, das Hotel Vier Jahreszeiten. Gleichzeitig sind hier die Kammerspiele zu Hause, Münchens Stadttheater, definitiv kein Luxus. Als wollte Intendant Matthias Lilienthal das unterstreichen, eröffnete er seine erste Spielzeit 2015/16 mit einem vierwöchigen Wohnexperiment. 23 dürftige Hütten ließ er in der reichen Stadt aufstellen, vier davon an der Maximilianstraße selbst, Dreierzeltgröße, MateriPSYCHOLOGIE HEUTE
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alkosten bis 250 Euro. In den Kleinjurten, Bretterzelten, Badewannenkonstruktionen oder Brunnenaufbauten konnte man Schlafplätze als „Hotelbetten“ mieten. Die Absteigen hatten weder Wasser noch Strom. Neben ihren undichten Wänden tobten Nachtleben und Autoverkehr, die Straßenreinigung dröhnte vor Sonnenaufgang. Lebensqualität geht anders. Unterkünfte dieser Art hatte die UN eher nicht im Blick, als sie 1948 im Artikel 25 der Menschenrechtscharta das Recht auf Wohnen verankerte. Dennoch ist nicht
Es sind Psychologen und Soziologen, die das erforschen, und sie nennen dieses Glück „Wohnzufriedenheit“, housing satisfaction. Sylvia Jensen aus dem niederländischen Delft etwa befragt immer wieder Menschen nach ihrer Wohnung und ihren Wohnwünschen. Kürzlich waren es 732 Haushalte, die Hälfte von Familien bewohnt, gehobene Mittelschicht. Diese Personen wollen vor allem viel Platz, fünf Räume soll die Wohnung haben, einer davon 40 Quadratmeter groß. Sie soll bequem sein und baulich hoch59
Pflanzen in der Stadt: Da geht es um mehr als Optik. Denn Grünes wirkt sich positiv auf die emotionale Verfassung von Städtern aus
wertig. Zwei von drei Befragten wünschen sich ein freistehendes Haus mit Garten, Vorort oder Land. Nur drei Prozent können sich mit belebten Stadtgebieten arrangieren, die hochverdichtet sind und laut. Mit der Architektur, der man überall begegnet, sind erstaunlich wenige einverstanden: Gerade mal jeder vierte Befragte möchte in „moderner“ (18 Prozent) oder gar „innovativer“ (7 Prozent) Architektur wohnen. Weit mehr als die Hälfte bevorzugt ausdrücklich, dass es von außen „traditionell“ aussieht, den übrigen ist die Architektur egal. „Wohnglück durch Architektur“ scheint wirklich nicht selbstverständlich. Liegt es daran, dass Bauherren und spätere Bewohner oft nicht identisch sind? Eins dürfte immer mitspielen: Geld. Schon die optimale Raumhöhe können sich nur betuchte Leute leisten: Eine Immobilie, deren Decken drei Meter hoch sind, gilt als Luxus. Das aber ist die Wohlfühlhöhe schlechthin, wie man nicht nur aus Befragungen, sondern auch aus Experimenten mit beweglichen Deckenhöhen weiß. Bis 3,04 Meter gilt: Je höher, umso angenehmer, noch höher ist dann aber wieder ungemütlicher. Vorgeschrieben sind in Deutschland 2,40 Meter; die wirken etwas höher und damit zuträglicher, wenn sie weiß gestrichen sind. 60
Auf die Umgebung kommt es an!
Hierzulande lebt mehr als jeder Dritte in einer Stadt, weltweit sogar jeder Zweite. Dort reicht der Platz oft nur für Etagenwohnungen, und vor der Haustür liegt die Stadt, kein eigener Garten. Welche Eigenschaften machen die städtische Umgebung lebenswert? „Die Menschen heute schätzen so etwas wie ein kleines Stadtmodell“, sagt Regine Keller, Professorin für Landschaftsarchitektur und öffentlichen Raum an der TU München. „Diese europäische Stadt ist in Quartiere eingeteilt, quaderförmige Raster mit Seitenlängen von 100 bis 150 Metern, die durchgehend bebaut sind. Die Versorgung des täglichen Lebens funktioniert zu Fuß, in den Erdgeschosszonen gibt es Geschäfte, Cafés oder auch mal eine Töpferwerkstatt. Ab und zu wird dieses Raster von kleinen Stadtplätzen oder Grünflächen unterbrochen. Man kann nach außen treten und dort anderen Leuten begegnen, und gleichzeitig kann man sehr privat leben. ‚Mein Block, mein Kiez, meine Nachbarschaft‘, das ist es, was die Menschen für identifikationsfähig halten.“ Landschaftsarchitekten planen und gestalten Räume zwischen den Häusern und Straßen, also Parks, Plätze, Wasserflächen oder Gärten. In Europa kann man sich dort vielerorts zwanglos aufhalten, ande-
ren Menschen begegnen, sich wohl- und auch im weiteren Sinn daheim fühlen. Nachbarschaften sind das und klassisch öffentlicher Raum. Doch das beschriebene Ideal gibt es noch nicht lange, bis in die 1970er Jahre wollten alle das Vorstadthäuschen. Das neue Faible für die City kam erst auf, als man die Innenstädte zu sanieren begann. „Die gründerzeitliche Stadt, auf der unsere Idee von Stadt aufbaut“, erklärt Keller, „war extrem eng, vor allem dort, wo auch die Hinterhöfe dicht bebaut waren. Das war klimatisch und hygienisch unerträglich, da haben Krankheiten gewütet.“ Es war so gedrängt, dunkel, laut und stickig, dass der Berliner Zeichner Heinrich Zille diesen Stadtstress der Gründerzeit in die bekannten Worte fasste, man könne einen Menschen statt mit einer Axt auch mit einer Wohnung erschlagen. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gelten strengere Vorschriften, man wohnt weit weg von jedem Gewerbe. Damit die Leute dorthin kommen, baute man die Städte „autogerecht“ um, mit der Folge, dass Lärm, Dreck und Stress jetzt vom Straßenverkehr verursacht werden. Zwischen den neuen Wohngebäuden ist viel Platz, dafür sind sie manchmal ziemlich in die Höhe gewachsen. Die berüchtigten Trabantenstädte entstanden. PSYCHOLOGIE HEUTE
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Das senkt die Temperatur. Außerdem binden Gehölze oder begrünte Dächer eine Menge Feinstaub.“ Beides verbessert die Luft und reduziert Umweltstress. Vor allem aber wirken sich Pflanzen und Bäume auf die emotionale Verfassung der Städter aus. Wenn Keller und ihre Mitarbeiter Freiflächen neu anlegen, achten sie darauf, „wo es möglich ist, die alte, authentische Vegetation zu würdigen und zu retten. Es gibt Fälle, in denen wir um einen alten Baum herum planen. Ich vertraue auf seine archetypische Wirkung und füge nur wenig hinzu.“
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Der Stress der Verdichtung
Es ist stressig, in einer dicht bebauten, wenig begrünten Stadt zu leben, und jeder starke Sinnesreiz verstärkt das Unbehagen, Lärm vor allem, Hitze, Gestank, Vibration oder Nachtbeleuchtung. Eja Pedersen aus Lund in Schweden hat nun herausgefunden, dass Wohnzufriedenheit und Lebensqualität sogar schon von leichteren Stressoren beeinträchtigt werden, falls sie gleichzeitig auftreten. Städtische Dichte macht auf zwei Weisen Stress. Eine bezieht sich auf Menschen pro Flächeneinheit, in der Stadt oder in der Wohnung. Das nennt sich crowding. Je dichter man wohnt, umso schlechter werden etwa Schulleistungen, und umso höher ist die Aggressionsneigung. Was Menschen als zu wenig Platz empfinden, ist allerdings ziemlich individuell. Im sozialen Wohnungsbau stehen Singles maximal 50 Quadratmeter zu, und das nimmt mit der Haushaltsgröße ab; bei vier Personen sind es 22,5 Quadratmeter pro Kopf, bei zehn nur noch 14. Der zweite Dichtefaktor bezieht sich darauf, wie viel Fläche versiegelt, also irgendwie bebaut ist. Was ist da gut, wo beginnt der Stress? Keller findet, man müsse das diskutieren, „das ist eine unserer vornehmsten Aufgaben. Wie viel Verdichtung verträgt Stadt? Wie viel potenziellen Erholungsraum brauchen wir? Wie viel Freiraum müssen wir schaffen, damit die Menschen von der Stadt weniger gestresst sind und nicht erst weit fahren müssen, um sich in ihrer Freizeit zu
Eigene Wege
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:LH PDQ VLFK VHOEVW ]XIULHGHQ XQG JO FNOLFK VHLQ OlVVW Sie – und nur Sie selbst! – besitzen die Kompetenzen, die für Ihr Glück notwendig sind. Dieses Buch dient Ihnen als Kompass, um Ihren individuellen Glücksweg zu finden. Es zeigt in vielen Übungen, was in Ihnen steckt, um Ihr Leben für Sie persönlich gelingen zu lassen. Der erfahrene Coach und BestsellerAutor Thomas Bergner erklärt mit einer einzigartigen Mischung aus Wissen, Humor und Tiefgang … wie Ihre drei wichtigsten Glücksfaktoren funktionieren: Interesse, Selbstwirksamkeit und Liebe, warum das kleine Glück oft viel wirksamer ist als irgendein großes, wie Sie Unglück vermeiden, welche Einstellung zum Beruf und welcher Umgang mit Geld Ihnen wirklich nutzt, u.v.m. Ein inspirierender „Fraggeber“, der den Weg zu einem guten Leben ebnet. Irrtum und Preisänderungen vorbehalten.
In Kellers Beschreibung der lebenswerten Stadt kommt das Hochhaus nicht vor, in der modernen Stadt sehr wohl. Baurechtlich ist es so definiert: Im obersten Geschoss liegt der Fußboden mehr als 22 Meter höher als der Boden draußen. Mindestens acht Stockwerke sind das. Ob man Hochhäuser in der eigenen Umgebung schön findet oder darin wohnen möchte, darüber kann man streiten. Wie Menschen allgemein emotional auf Hochhäuser reagieren, war bisher kaum bekannt. Dann kamen Yannick Joye und Siegfried Dewitte, zwei Forscher aus Groningen und Löwen. Fast 600 Personen nahmen an ihren pfiffigen Experimenten teil. Alle betrachteten Bilder von vierstöckigen Gebäuden oder Hochhäusern, teils gezeichnet, teils als Foto. Die Betrachter der Hochhäuser fühlten sich auffällig klein, ehrfürchtig und ein wenig erstarrt oder eingefroren – Englisch freezed –, vor allem wenn die Perspektive so angelegt war, als stünden die Probanden direkt vor dem Bauwerk. Die Gruppen drei und vier bearbeiteten Geschwindigkeitsaufgaben am Computer. Die liefen auf der unteren Bildschirmhälfte, oben erschien durchgehend eines dieser Gebäude. Handelte es sich um ein Hochhaus, vor dem ihre Mitstreiter erstarrt waren, dann arbeiteten sie deutlich langsamer. Der Schluss: Wer sich vor dem Hochhaus klein fühlt und in Ehrfurcht erstarrt, wird sogar körperlich träger: Die Muskeln arbeiten langsamer. Wer allerdings aktiv sein und sich engagieren möchte, sollte nicht regelmäßig dem freezing anheimfallen, wenn er zu Hause aus dem Fenster schaut. Insofern sparen Hochhäuser zwar Platz, doch bei zu vielen in einer Nachbarschaft müsste man damit rechnen, dass die Bewohner schwerfällig würden. Joye und Dewitte diskutieren, ob der ganze Effekt verschwände, würde man die Hochhausfassaden begrünen. Sie verallgemeinern damit das, was man generell über Pflanzen in der Stadt weiß. Da geht es klar um mehr als Optik, sagt Regine Keller, „zum Beispiel erhöhen bepflanzte unversiegelte Flächen die Luftfeuchtigkeit.
2016. 199 Seiten, 9 Abb., 40 Übungen, kart. ¼ 24,99 (D) / ¼ 25,70 (A) ISBN 978-3-7945-3222-3
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Mit ihrer Wohnung sind die Leute meist recht zufrieden. Vorausgesetzt, sie bietet Privatheit, ist nicht zu klein und baulich in Ordnung
erholen?“ Eins ist gut belegt: Wenn Stadtgrün verschwindet, empfinden es die Anwohner emotional als Verlust, und das stresst. War es in ihrer Umgebung noch nie grün, klagen sie zwar nicht ausdrücklich darüber, ihre Lebensqualität ist aber trotzdem schlechter als in gutbepflanzten Quartieren. Wie Freiflächen die Wohnzufriedenheit verändern können, zeigte 2014 eine deutsch-amerikanische Arbeitsgruppe um McKenzie Jones-Rounds. Sie analysierte Daten aus dem LARES-Projekt, in dem die Weltgesundheitsorganisation in acht europäischen Städten 5605 Personen befragt hatte. In Mitteleuropa waren das Genf, Bonn, Bratislava und Budapest. Die Forscher verglichen, wie sich Bewohner in unterschiedlichen Wohnsituationen fühlten. Es ging um bauliche Qualitäten der Wohnung selbst – Beschädigungen etwa, Baumängel oder Vandalismus – und um 22 Qualitäten der Umgebung oder Nachbarschaft. Die reichten von der Entfernung zum nächsten Stadtgrün über Verkehrsanbindung und Lärm, Spielplätze für Kinder und Treffpunkte für Jugendliche oder Erwachsene bis hin zur allgemeinen Sauberkeit und der Frage, wie sicher sich die Bewohner nachts fühlten. Was den baulichen Zustand betrifft, ist den meisten Leuten in einer guten Wohnung genauso behaglich zumute wie in einer sehr guten. Offenbar genügt der normale Standard, der Rest ist Geschmackssache. In beiden Fällen nimmt das Wohlbefinden etwas zu, wenn auch die Umgebung gut in Schuss ist. Ist eine Wohnung jedoch baulich heruntergekommen, dann gewinnt die räumliche Umwelt ein unerwartet großes Gewicht dafür, wie wohl sich die Leute fühlen und wie es um ihre psychische Gesundheit bestellt ist. Wer in einer 62
schäbigen Wohnung mitten in einer verwahrlosten Umgebung lebt, dem geht es psychisch schlechter als allen anderen. Steht dasselbe Haus hingegen in einer Qualitätsumgebung, dann geht es den Bewohnern dort erheblich besser. Das Risiko, psychisch zu erkranken, ist bereits dann größer, wenn man in einem Quartier mit niedrigem Durchschnittseinkommen lebt, wie ein Berlin-Potsdamer Forschungsteam um Michael Rapp kürzlich nachgewiesen hat. Lebensqualität im Wohncontainer
Schlaf ist ein wichtiger Faktor beim Wohnen. Wer regelmäßig schlecht schläft, büßt nicht nur gute Laune ein, sondern auch geistige Fitness beim Konzentrieren und Denken. Eine argentinisch-kanadische Arbeitsgruppe um Guido Simonella befragte Slumbewohner in Buenos Aires, wie sie schliefen und sich insgesamt fühlten. Eingebettet war das in ein Hilfsprojekt, bei dem 150 Gettobehausungen jeweils durch ein 18-Quadratmeter-Fertigwohnmodul ersetzt wurden, kleiner als eine Sozialwohnung, aber mit Zinkdach und zum Abschließen. Schliefen ursprünglich drei von vier Bewohnern schlecht, so war es ein halbes Jahr nach der Aufwertung nur noch einer. Sie selbst erklärten das damit, dass sie sich jetzt sicherer und innerlich ruhiger fühlten. All dies steigerte die Lebensqualität. Wer Slums kennt und dort forscht wie Regine Keller, blickt vielleicht schneller kritisch auf die neuen Flüchtlingsunterkünfte hier in Deutschland. Die sind technisch in Ordnung, aber eng, laut und ohne Privatheit, sodass auch ihre Bewohner manche Anforderungen vermutlich schlechter bewältigen als nötig. Einiges davon könnte eine gute Umgebung vielleicht abfangen.
Im Sommersemester 2016 jedenfalls gab Keller ihren Studenten die Aufgabe, sich Flüchtlingsunterkünfte vorzunehmen. Aufgabe: den Freiraum optimieren, ob im Containerdorf, in der Kaserne oder im Baumarkt. „Da haben die Studenten erst einmal intensive Gespräche geführt“, sagt sie, „mit Verantwortlichen, Betroffenen, Sozialarbeitern. Auf dieser Basis haben sie die Situation analysiert.“ Dann wurde umgeplant. Wohncontainer etwa stellt man normalerweise in Reih und Glied auf. Wer sich da zwischen den Containern bewegt, wird unweigerlich gesehen, da gibt es auch draußen keine Privatheit. Um das zu ändern, stellten die Studenten „erst mal im Modell die Container intelligenter auf. Da sind kleine stadtartige Gebilde entstanden, deren Freiräume eben nicht überall einsehbar sind. Dort kann man etwas arbeiten, man kann andere Leute treffen, mit ihnen grillen oder tanzen. Man kann sich sogar im Freien zurückziehen. Woanders können sich Kinder austoben, ohne dass ihr Lärm gleich alle stört.“ Architektur, die glücklich macht? Die Menschen in den Städten, nicht nur die in den Villenvierteln? Unmöglich ist es nicht. Mit ihrer Wohnung sind die Leute meist recht zufrieden, sobald sie ihnen Privatheit bietet, nicht zu klein und baulich zeitgemäß in Ordnung ist. Entscheidender für das Glück scheint die Qualität der Umgebung, des halböffentlichen und öffentlichen Raums, des Grüns, der Plätze, der Treffpunkte und der Gebäudeansichten. Wie das am besten aussieht, dafür gibt es Anhaltspunkte. Trotzdem ist jeder konkrete Fall ein work in progress. Dispute mit allen eingeschlossen. PH
Literatur zu diesem Artikel finden Sie auf unserer Website: www.psychologie-heute.de/literatur
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Niels Birbaumer neigt zum Selbstversuch – und zu gewissen Extremen. Der Biopsychologe von der Universität Tübingen hat sich, immerhin unter Aufsicht eines Narkosemediziners, das Pfeilgift Kurare spritzen lassen, um eine Lähmung am eigenen Leib zu spüren – und eine „sofortige Muskelentspannung“ bemerkt, „gegen die man sich nicht wehren kann“. Er ist mit einem Fallschirm gesprungen und hat eine „vollständige Leere“ gefühlt, wie er sagt. Diese Erfahrung faszinierte den gebürtigen Österreicher so sehr, dass er ein Buch darüber geschrieben hat, um mehr Menschen zur Leere zu bekehren.
„Die Leere gibt uns einen freien Blick auf die Welt“ Ein Gespräch mit Niels Birbaumer über den wunderbaren Zustand, wenn das Gehirn auf Durchzug schaltet
Herr Birbaumer, was ist für den Durchschnittsbürger der größte Feind der Leere?
Das Effektgehirn. Im üblichen Modus unseres Gehirns ist alles auf Ziele ausgerichtet. Wir haben Wünsche, wir wollen etwas erreichen. Immer. Fast alle unsere Gedanken sind darauf ausgerichtet. Das zielgerichtete, willensbetonte Effektgehirn sichert zwar auf der einen Seite unser Überleben. Aber gerade in der schnellen Welt unseres Jahrhunderts, in dem wir ständig etwas nachlaufen, ist dieser andere Modus unseres Gehirns, die Leere, fast völlig unter die Räder gekommen. Das senkt unsere Lebensqualität. Wir fühlen uns schlechter, weil wir zu viel wollen und vieles von dem, was wir uns wünschen, sich nicht erfüllt. Wer dagegen öfter Leere erlebt, ist zufriedener. Denn Leere gibt uns einen freien Blick auf die Welt. So lautet meine Hypothese, die man wissenschaftlich belegen muss. Dabei wissen Sie noch nicht einmal genau, was Leere ist, oder?
Ja, wir hüten uns noch vor einer Definition und beschränken uns darauf, diesen Zustand zu umschreiben. Aber wenn Sie sich einer Definition mal annähern:
FOTOS: STEFAN BLUME
Was sind unverzichtbare Zutaten?
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Die wichtigste zwingende Zutat ist, die Menge der zielgerichteten Gedanken in unserem Gehirn zu reduzieren, wobei Gedanken für mich nichts weiter sind als Verhaltensweisen, die nicht ausgeführt werden. Oder noch genauer gesagt: die emotionale Intensität zu senken, die mit den vielen Gedanken einhergeht. Wer weniger zielgerichtete Gedanken hat, kann weniger enttäuscht werden. Dazu gehört, das Verteidigungssystem zu beruhigen. Dann tritt eine eigenartige Offenheit der Sinnessysteme auf, Denken in Worten und Sätzen nimmt ab, das Getriebene verschwindet. Weitgehend frei von Wünschen zu sein erscheint mir der entscheidende Punkt. Die Leere kann uns eine Pause verschaffen und für Entlastung 65
sorgen. Durch sie verlieren die Dinge an Bedeutung und damit auch ihre Problematik – und so gibt es keine Veranlassung, das Verteidigungssystem sofort wieder zu aktivieren. Die Schwierigkeit einer Definition liegt auch darin, dass Leere das Fehlen von etwas ist, von Struktur, Form, Inhalt, Bedeutung und allen anderen Dingen, die wir als Krücken für unser Denken brauchen. Wie soll man so etwas definieren?
Wie kommen Sie darauf?
Das heißt, Sie wissen nicht sicher, ob Leere die
Wir haben es geschafft, mit den verstummten Patienten über Neurofeedback (siehe Kasten unten) auf ganz basale Weise zu kommunizieren. Man kann sagen, wir haben ihr Gehirn zum Sprechen gebracht. Und da hat sich gezeigt: Je weiter die Patienten in ihrem eingeschlossenen Zustand fortgeschritten sind, desto positiver reagieren sie auf Fragen zu ihrer Lebensqualität. Wir haben dazu mehrere Kontrollversuche mit gesunden Personen gemacht. Und es gibt für mich keinen Zweifel an dieser Aussage: Von Depression und Resignation kann bei diesen Patienten im fortgeschrittenen Stadium keine Rede sein. Dazu kommt, dass die Gehirne dieser Menschen nachweislich stärker auf positive Reize – zum Beispiel lachende Säuglinge – und schwächer auf negative – zum Beispiel entstellte Kinder – reagieren als Gehirne der Kontrollprobanden.
Mehrheit der Menschen zufriedener oder glück-
Was hat das alles mit dem Zustand der Leere zu
licher macht?
tun?
Genau. Ich vermute es aber, wegen der Erfahrungen mit unseren Locked-in-Patienten.
Wenn wir die Hirnströme der Patienten mit dem EEG aufzeichnen, finden wir einerseits im wachen Zustand die für den Zustand der Leere ganz typischen Alpha- und Thetawellen. Das zeigen auch Untersuchungen bei asiatischen Mönchen, die meditieren. Andererseits sehen wir im Gehirn der Locked-inPatienten Aktivierungen, die auf eine Blockade des sogenannten Verteidigungssystems deuten. Dazu gehören verschiedene Hirnregionen, die möglichst früh Gefahren aufspüren sollen. Sie sorgen für ein „katastrophisches Gehirn“, wie mein Kollege Martin Seligman es genannt hat. In der heutigen komplexen Welt ist das Verteidigungssystem im Dauereinsatz, was an den Kräften zehrt. Dieses System muss heruntergefahren werden, um positive Leere, um Spaß an Bedeutungslosigkeit empfinden zu können. Im Alltag schaffen das gesunde Menschen ohne bestimmte „Entleerungstechniken“ meistens nicht. Der Locked-in-Patient aber hat alles hinter sich gelassen. Die Leere kommt zu ihm, ohne dass er sie suchen müsste.
Ist diese Form der Gedankenlosigkeit gut?
Unter bestimmten Umständen ist es für die Lebensqualität besser, das zielgerichtete Denken loszuwerden. Und ein gewisses Maß an Leere scheint mir wichtig zu sein, um kreativ neue Assoziationen zu bilden. Ob das moralisch, für die persönliche Entwicklung der Menschen oder für die Evolution vorteilhaft ist oder nicht, das kann ich gegenwärtig nicht sagen.
Diese Menschen sind vollständig gelähmt und können nicht einmal mehr sprechen. Das erscheint fast allen Menschen als Horror. Sie behaupten, solche sogenannten Locked-in-Patienten seien glücklich.
Ganz richtig. Sobald diese komplett eingeschlossenen Patienten sich der Hoffnungslosigkeit ergeben, und das passiert früher oder später, haben sie eine hohe Lebensqualität. Höher als wahrscheinlich die vieler anderer Menschen.
NEUROFEEDBACK Mit dem Neurofeedback lassen sich die eigenen Gedanken kontrollieren. Die Menschen liegen dabei entweder in einem Hirnscanner, oder ihnen werden Elektroden am Schädel angebracht. In jedem Fall stehen ihre Gedanken unter Beobachtung: Die Probanden bekommen einen Bildschirm mit einer Art Thermometer gezeigt, der ihren momentanen Hirnzustand veranschaulicht. Wenn sie dann bestimmte Gedanken und Gefühle „trainieren“, können sie auf dem Thermometer ihre Fortschritte live verfolgen. Sie sehen so, ob und wie stark durch diese oder jene Gedanken die Aktivität in bestimmten Hirnregionen steigt. Mit der Methode lassen sich – in sehr begrenztem Rahmen – auch Gedanken lesen. Zum Beispiel ob ein komplett gelähmter Patient, der auch nicht mehr sprechen kann, eine Frage bejaht oder verneint.
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Wohl niemand wird mit diesen Patienten tauschen wollen. Wobei Leere sicher etwas ist, was wir gestressten Menschen uns oft sehnlichst wünschen.
Prinzipiell bietet unser Gehirn dafür auch alle Möglichkeiten. Studien zeigen, dass unser Gehirn in den verschiedenen Leerezuständen mit Alpha- und Thetawellen arbeitet. Unser Gehirn aktiviert seinen Leeremechanismus ausgesprochen gerne, was wir daran ablesen können, dass diese Zustände tagsüber, vor allem aber im Schlaf stets wiederkehren. PSYCHOLOGIE HEUTE
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Aber fürchten sich die Menschen nicht auch davor, gerade in unseren modernen Erlebnisgesellschaften? Viele Menschen, vor allem Jugendliche, können es kaum ertragen, wenn sie mal fünf Minuten von ihrem Smartphone getrennt sind oder das Internet streikt.
Sie haben recht. 70 Prozent der jungen Frauen und 60 Prozent der jungen Männer würden lieber eine Woche auf Sex verzichten als auf ihr Smartphone. Aber diese Angst vor Leere ist kein Phänomen der Internetgesellschaft. Viele Ältere schaffen es nicht, auf den Fernseher zu verzichten, und zappen von einem Kanal zum nächsten. Eine Studie des US-Psychologen Timothy Wilson mit 18- bis 77-jährigen Versuchsteilnehmern beweist eindrücklich, dass Beschäftigungslosigkeit für viele Menschen aller Generationen kaum erträglich ist. Sie leiden, wenn sie nichts zu tun haben. Das geht so weit, dass sich zwei Drittel der männlichen Probanden in einem Experiment lieber freiwillig einen kleinen elektrischen Schlag versetzten, als beschäftigungslos ihre Zeit in einem Raum abzusitzen. Aber auch Frauen verlieren schnell die Geduld. Die Leute leiden besonders dann am drohenden Gefühl der Leere, wenn sie davon ausPSYCHOLOGIE HEUTE
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Wir dürfen keine Angst vor der Leere haben, aber auch nichts von ihr erhoffen
gehen, dass es noch eine Alternative für sie gibt. Die Erlebnisgesellschaft bietet unzählige Alternativen. Fürchten sich die Menschen, in der Leere etwas zu verlieren?
Die Konsequenzen unserer willentlichen und auf Absichten bezogenen Gedanken befriedigen uns ja auch. Sie kriegen über Ihre Wünsche ja nicht nur Enttäuschungen vermittelt, sondern auch Belohnungen. Und die Angst rührt natürlich daher, dass in der Leere die Belohnungen wegbleiben. Diese Angst wollen wir den Menschen nehmen. Das hat Timothy Wilson in seinen Versuchen auch gesehen: Je länger die Probanden im Raum bleiben, umso leichter verlieren sie die Angst vor der Leere. Das Effektgehirn zumindest phasenweise auszuschalten braucht Zeit. Muss man als gesunder Mensch wie Sie mit einem Fallschirm springen, um in einen tiefen Zustand der Leere zu kommen?
(Lacht.) Nein, dass muss man nicht. Aber ich habe beim Fallschirmspringen am eigenen Leib erlebt, wie schnell und wie ausgiebig man diese Leere haben kann. Da war zwar zuerst extreme Angst, Panik. Doch dann ist der Zustand der Hemmung des Willenssystems außerordentlich schnell eingetreten. Nach wenigen 67
Sekunden. Und die Folge war am Ende, dass ich gar nicht mehr auf irgendetwas reagiert habe und in einem Baum gelandet bin. Es gibt Sportler, die beim Bergsteigen, Rudern oder Marathonlauf in einen Leere-Flow geraten. Anderen reicht dafür das Bügeln. Manche Drogen fördern ebenfalls die Leere, doch ihre Nebenwirkungen sind zum Teil beträchtlich. Welche Wege zur Leere sind am besten?
Oh, es gibt viele Wege zur Leere, um also das System des Willens im Gehirn zu dämpfen oder zu blockieren. In diesem Sinne haben zum Beispiel Sex, Fußball und Militärparaden viel gemein. Wer im Gleichschritt marschiert, hat sich der Welt entrückt und durchaus ein Stück Leere erreicht. Das gemeinsame Im-TaktBrüllen in Fußballstadien wirkt ähnlich. Und eine Technoparty auch. Das liegt daran, dass bei diesen Tätigkeiten die Hirnströme rhythmisch zusammenarbeiten. Verschiedene Hirnregionen laufen über größere Distanzen synchron. Und je langsamer dieser Gleichtakt schwingt, desto mehr schwinden Wachheit und Bewusstsein.
Ich höre sehr oft bewusst Musik, das ist ja wie eine Meditation, wenn man sich darauf konzentriert, eine sehr sinnliche Art der Meditation.
Prof. Dr. Niels Birbaumer, Psychologe und Neurobiologe, leitet das Institut für medizinische Psychologie an der Universität Tübingen. Sein Buch Denken wird überschätzt. Warum unser Gehirn die Leere liebt (Koautor: Jörg Zittlau) erschien vor kurzem bei Ullstein.
Genau, exakt. So ist es. Das kann man auch im EEG sehen, dass sich die Rhythmizität in den Hirnzellen fortpflanzt und immer tiefer geht. Musik synchronisiert unheimlich viele Teile unseres Gehirns. Sehr eindrücklich. Gibt es eine bestimmte Form der Musik, die besonders gut geeignet ist, um Leere auszulösen?
Wir haben das untersucht. Das hängt sehr von den musikalischen Vorlieben ab. Liebhaber von Popmusik sind primär durch Rhythmus zu aktivieren. Da geht der Effekt der Willensunterbrechung sehr viel schneller vonstatten, als wenn man denen klassische Musik zum Hören gibt. Aber bei denen, die klassisch geschult sind, da spielt der Rhythmus fast gar keine Rolle. Der Floating-Tank ist übrigens auch ein wunderbares Mittel, um in die Leere zu treiben. Das ist dieses kleine, abgeschlossene, abgedunkelte und komplett stille Becken mit körperwar-
Und der Sex?
mem hochkonzentriertem Salzwasser, das einen
Orgasmen funktionieren auch gut, auf die gleiche Weise wie der Gleichschritt. Deshalb ist Sex natürlich ein guter Zugang, weil er alle Sinne erfasst. Zu viel Sex kann aber in die Sucht führen, wie wir wissen. Und leider dauert er meist nicht lange und erfasst kaum Hirnregionen, die aufs Denken ausgerichtet sind. Den gesündesten Zugang bieten natürlich die Entspannung und die Meditation.
schweben lässt. Wie ein Embryo im Mutterleib,
Aber ist es für westlich sozialisierte Leute nicht unfassbar schwer, in einen echten Meditationszustand zu kommen?
Ja, das ist extrem schwierig. Das braucht jahrelange Übung. Das liegt natürlich daran, dass wir vom ersten Lebenstag an für das Denken von Absichten und Zielen belohnt werden in unserem westlichen Kulturkreis. Bleibt die Musik. Die scheint wie gemacht dafür zu sein, in die Leere zu fallen. Warum?
Weil vor allem Rhythmus ein Weg ist, um alle Assoziationsbereiche des Gehirns zu erfassen. Vor allem wenn Sie selbst musizieren, aber auch wenn Sie hören. Mit Musik werden weite Teile des Gehirns synchronisiert. Und damit werden natürlich andere Systeme, unter anderem diese willentlichen, uns vorantreibenden Systeme, die eben nicht rhythmisch funktionieren und nicht viele Bereiche des Gehirns erfassen, gehemmt. Und die Folge ist, dass man durch Musik extrem stark gefangengenommen wird. Das ist eine Art von Leerezustand, der das partikuläre Vorantreiben unterbricht. 68
mit einem völligen Reiz- und Sinnesentzug.
Genau. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum das gut funktionieren kann. Weil wir durch das Schweben und den Reizentzug auch ein Sinnessystem loswerden, das ich gerne als sechsten Sinn bezeichne. Dieses System teilt dem Gehirn in jeder Sekunde mit, wie sich der gesamte Körper samt Muskeln, Organen und so weiter fühlt. Es misst Kräfte, Druck, Dehnungsund Entspannungszustände, Gelenkstellungen und vieles mehr. Es dient unserer Selbstwahrnehmung. Um in die Leere zu kommen, müssen wir dieses System dimmen. Das kann im Tank gut gehen. Sofern man die Angst vor dem kleinen abgeschlossenen Raum verliert. Damit verbunden die letzte Frage: Muss ich der Leere vertrauen?
Auf jeden Fall. Wer nicht vertraut, bleibt vorsichtig und kann, egal welchen Zugangsweg er wählt, keine Leere erreichen. Positive Leere kann eben nur dann eintreten, wenn wir uns einer Situation kompromisslos und vertrauensvoll hingeben und nicht betrauern, was wir durch die Leere verlieren. Wir dürfen keine Alternative zu ihr sehen, keine Angst vor ihr haben, aber auch nichts von ihr erhoffen, kein Aha-Erlebnis, schon gar nicht Erleuchtung oder Ekstase oder absolutes Bewusstsein. Denn Leere lässt sich nicht wollen. Im Gegenteil: Je energischer man nach ihr greift, umso mehr entgleitet sie uns. Räumen Sie ihr PH einfach etwas Zeit ein! INTERVIEW: KLAUS WILHELM
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Macht ist ein Geschenk Machiavellisten haben schlechte Chancen. Und wer Macht missbraucht, muss auf der Hut sein. Denn wie die psychologische Forschung zeigt, kann man heute Macht nicht mehr ergreifen – sie wird einem verliehen
ILLUSTR ATIONEN: ANJA STIEHLER
VON DACHER KELTNER
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I
ch habe William Goldings Buch Herr der Fliegen gelesen, als ich 15 war. Am Anfang der Erzählung von den schiffbrüchigen Jungen, die ins Verderben geraten, steht eine Wahl. Die Jungen können zwischen Ralph und Jack wählen. Ralph ist respektvoll, ruhig und körperlich beeindruckend, während Jack besessen von Waffen und Stammeszeichen ist. Die Jungen wählen Ralph und fangen an, eine Gesellschaft mit demokratischen Diskursen, Regeln, Plänen und Aufgabenverteilungen aufzubauen. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis Jack die Macht ergreift. Er bringt immer mehr Jungen auf seine Seite, die von der Kriegsbemalung seines Clans fasziniert sind. Jack erzieht seine Anhänger mit Schlägen. Seine Schreckensherrschaft eskaliert. Goldings Buch fußt auf einem Gedankenexperiment, das sich mit dem menschlichen „Naturzustand“ befasst und zuerst von Thomas von Aquin
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Für alle, die es wissen wollen.
Macht haben, Mensch bleiben
Es sind nicht die Ellenbogen, es ist unser Gemeinsinn, der uns Macht verleiht. Doch sobald wir Macht haben und ihren Verführungen erliegen, geht uns die soziale Kompetenz schnell wieder verloren. Wir alle sind Opfer dieses Macht-Paradoxes, sagt der renommierte Psychologe Dacher Keltner. In seinem neuen Buch zeigt er, dass Machtmissbrauch in jedem Winkel unseres sozialen Lebens vorkommt. Erst wenn wir einen Blick durch die Brille der Macht werfen, lässt sich dieses Paradox auflösen. Damit die Guten nicht nur an die Macht kommen, sondern empathisch bleiben und sie behalten. 2016. 240 Seiten. Gebunden. € 22,95 ISBN 978-3-593-39907-2 Auch als E-Book erhältlich
campus.de 72
vor 800 Jahren beschrieben wurde: Was wird aus Menschen, die man aus ihrem zivilisatorischen Kontext reißt und sich verhalten lässt, wie es die Natur fordert? Für viele zeigen die Ergebnisse solcher Gedankenexperimente, dass Machiavelli recht hat: Ohne die Strukturen und Einschränkungen der Gesellschaft setzen sich unsere tiefsitzenden Gewalttendenzen durch. Tatsächlich wird das Machtverständnis unserer Kultur stark und nachhaltig von dem Florentiner Niccolò Machiavelli bestimmt, der 1513, also im Zeitalter der Renaissance, ein Buch mit dem Titel Il Principe (Der Fürst) verfasst hat. Dort argumentiert er, dass Macht im Wesentlichen mit Stärke, Betrug, Unbarmherzigkeit und strategischer Gewalt zu tun hat. In der Nachfolge Machiavellis setzte sich die Haltung durch, Macht mit Akten von Zwang und Härte gleichzusetzen. Macht ist demnach das, was die „großen“ Diktatoren ausüben. Macht verkörpert sich in Generälen, die auf dem Schlachtfeld ihre Befehle geben, in Geschäftsleuten, die feindliche Übernahmen planen, in Mitarbeitern, die auf Kosten ihrer Kollegen ihre eigene Karriere vorantreiben, und in Raufbolden auf dem Spielplatz, die kleinere Kinder quälen. Dieses Bild der Macht lässt sich allerdings bei sorgfältiger Analyse heute nicht mehr halten. Es hat sich in der Forschung als falsch erwiesen. Vor etwa 20 Jahren hatte ich die Gelegenheit, in einem Internat an der University of Wisconsin ein Feldexperiment mit Collegestudenten im ersten Studienjahr zu initiieren. Einige der Studenten stammten aus reichem Hause, andere gehörten zur Mittelschicht, und einige waren arm – ein Querschnitt der Bevölkerung. Mein Plan war, analog zu den Gedankenexperimenten zum „Naturzustand“, auf empirischem Weg herauszufinden, wer von den frisch zusammengewürfelten Internatsbewohnern Macht erlangte und welche Eigenschaften dazu beitragen. Am Anfang des Semesters besuchte ich das Internat und befragte die Studenten darüber, wie viel Einfluss jeder bei ihnen
hatte. Sie füllten auch einen Fragebogen aus, der die fünf großen Persönlichkeitsdimensionen (Big Five) erfasste. Nach vier und neun Monaten kam ich zurück, um die Teilnehmer ein weiteres Mal nach der Macht ihrer Kameraden im Internat zu befragen. Ich fand heraus, dass die Macht sehr schnell bestimmten Studenten zufloss. Schon nach zwei Wochen hatten diese Studenten mehr Macht als die anderen. Und ich stellte fest, dass alles im Fluss war: Bei allen Internatsbewohnern fluktuierte während des Studienjahrs das Niveau der Macht im Spiegel der Kommilitonen. Enthusiasmus, Ruhe, Zuwendung
Wer aber erlangte Macht? Wem verlieh die Gruppe Einfluss und Ansehen? Wir haben die tief verankerte Vorstellung, dass nette Menschen zuletzt ans Ziel kommen, dass man nach unten treten muss, um aufzusteigen, und dass Machterwerb damit verbunden ist, kaltblütig alle Rivalen und sogar die Freunde abzuservieren. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein! Bei meiner Studie war Enthusiasmus das stärkste Anzeichen dafür, wer unter den Internatsneulingen in der ersten Woche an die Spitze rücken würde und wer diese Stellung über das gesamte Studienjahr behielt. Auch die anderen der fünf großen Persönlichkeitsmerkmale spielten eine Rolle und trugen zur Macht bei: Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Entspanntheit (geringer Neurotizismus) sowie Offenheit. Andere Sozialpsychologen haben in Finanzinstituten, Kliniken und Fabriken die Spuren derer verfolgt, die in Positionen im höheren Management aufstiegen oder als effiziente Führungskraft eingeschätzt wurden. In Colleges haben sie analysiert, wer im Studentenparlament mitarbeitete, wen die Mitstudenten als Anführer ansahen und wer beliebt war. Beim Militär untersuchten sie, welche Rekruten Offizier wurden. Die gewählten Szenarien unterschieden sich in sozialer Klasse, Geschlecht und ethnischer Herkunft der Teilnehmer. Doch die Ergebnisse waren ähnlich: Über alle 70 Studien hinweg PSYCHOLOGIE HEUTE
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erlangten diejenigen eine Machtposition, die über bestimmte Persönlichkeitseigenschaften verfügten. Gruppen verleihen uns Macht, wenn wir begeistert und enthusiastisch sind, das Wort ergreifen, starke Aussagen machen und uns für die anderen interessieren. Unsere Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, nimmt zu, wenn wir freundlich sind, andere anerkennen, kooperieren und achten, was andere sagen und tun. Es ist wahrscheinlicher, dass wir etwas in der Welt verändern können, wenn wir konzentriert sind, klare Ziele und Handlungsweisen haben und andere bei der Stange halten. Wir steigen zu mehr Macht auf, wenn wir Ruhe und Gelassenheit verbreiten, den anderen in Stresszeiten den Tunnelblick nehmen und sie an die übergeordnete Perspektive des Ganzen erinnern, wenn wir Geschichten erzählen, die inmitten der Anspannung beruhigen, und wenn wir uns bemühen, höf lich zu sprechen. Unser Einf luss wächst, wenn wir offen sind und große Fragen aufwerfen, wenn wir anderen aufmerksam zuhören und wenn wir spielerische Ideen und Sichtweisen entwickeln. Während nach Machiavellis Vorstellung die Einzelnen ihre Macht mit Gewalt, strategischen Täuschungen und dem Untergraben der Position der anderen erreichen, zeigen diese wissenschaftlichen Untersuchungen, dass in einer Gruppe die Macht nicht ergriffen, sondern von den anderen Gruppenmitgliedern verliehen wird. Unsere Möglichkeiten, in der Welt etwas zu bewirken, hängen davon ab, was die anderen von uns denken und wie sehr sie uns vertrauen. Unsere Macht ist das Ergebnis der Urteile und Handlungen der anderen. Viele Experimente zum „Naturzustand“ zeigen, dass sich – anders als im Herr der Fliegen – Jacks Mobbing, seine Gewalt und seine aufgezwungenen Strategien letztlich nicht durchsetzen. Stattdessen zeigen Gruppen eine instinktive Tendenz, denen Macht zu verleihen, die der Gruppe und damit allen den größten Nutzen und den geringsten Schaden brinPSYCHOLOGIE HEUTE
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Gewalt und aufgezwungene Strategien setzen sich nicht durch. Die Macht gehört den Freundlichen
gen, die also das Gemeinwohl fördern. Um Machtmissbrauch weniger wahrscheinlich zu machen, beschränken Gruppen die Einflussmöglichkeiten eines Gruppenmitglieds, indem sie sein Ansehen in dem Maß wachsen lassen, in dem er zum Gemeinwohl beiträgt. Gruppen belohnen die, die gut für die Gruppe sind, indem sie ihnen einen höheren Status verleihen und ihnen mehr Achtung entgegenbringen. Und wenn ein Einzelner gegen das Gemeinwohl handelt, also gegen die Vorstellungen der Gruppe vom kollektiven Wohlergehen, wird die Gruppe zu Klatsch und anderen Mechanismen greifen, die sein Ansehen und damit seinen Einfluss vermindern, und ihn bestrafen. Klatsch, das Kontrollinstrument
Klatsch ist ein uraltes und universelles Mittel, mit dem Gruppen Macht verleihen und entziehen, indem sie bestimmte Mitglieder als Zielscheibe aussuchen und die Machtinhaber unter Kontrolle halten. Klatsch besteht darin, die Fähigkeit einer Person, für das Gemeinwohl zu sorgen, zu formulieren und dies den anderen mitzuteilen. Klatsch ist die Art und Weise, wie ein soziales Netz die Reputation einer
Person beurteilt und herausbildet. Er zielt insbesondere auf die, die nach Macht streben und Einfluss im Sinne Machiavellis nehmen wollen. So sind beispielsweise die Kampagnen zur amerikanischen Präsidentschaftswahl von sorgfältig abgestimmten, mithilfe von Gerüchten ausgetragenen Schlachten bestimmt, die jeden Kandidaten in Atem halten und schließlich auch jeden Präsidenten in irgendeiner Weise aufs Korn nehmen. Der politische Klatsch schießt sich darauf ein, ob ein Politiker Dinge tut, die gegen die Kultur und damit die Grundlage des Gemeinwohls gerichtet sind. Während der Prohibition beispielsweise forschten die Verbreiter von Klatsch nach Alkoholismus und zielten damit auf die Scheinheiligkeit beim Verbot von Alkohol. Während des war on drugs unter Reagan, Bush senior, Clinton und Bush junior wurde aufgedeckt, wer von den Politikern süchtig war. Thomas Jefferson hatte klare Vorstellungen davon, wie machtvoll Gerüchte den politischen Ruf beeinflussen. Er kam zu dem Schluss, dass es bei dem vernichtendsten Klatsch um Selbstsucht, Verrat und um sozial zerstörerische Handlungen 73
Klatsch und Ausgrenzung sind effektive soziale Praktiken, die Macht derer zu beschränken, die gegen das Gemeinwohl handeln
geht. Um Jeffersons Überlegungen auf eine soziale Gruppe des 21. Jahrhunderts zu übertragen, habe ich die Strukturen von Klatsch in einer Studentinnenvereinigung an der University of California in Berkeley untersucht. Ein häufiges Ziel von Klatsch waren, wie sich herausstellte, junge Frauen, die das Wohl der Vereinigung bedrohten: Alle kannten sie, und die Betreffenden hatten in der Eingangsbefragung auch keinen Hehl daraus gemacht, grausam und höchst machiavellistisch gesinnt zu sein. Nach eigener Aussage würden sie nicht zögern, anderen weh zu tun, zu lügen und zu manipulieren, um mehr Macht zu gewinnen. Die meisten von uns waren schon einmal das falsche Ziel von Klatsch und haben darunter gelitten. Soziale Mechanismen wie Klatsch, Beschämung und Ausschluss sind in der Tat schmerzhaft und können leicht missbraucht werden – insbesondere von denen, die die Macht haben. Sie sind aber auch machtvolle soziale Praktiken, die es in allen Kulturen gab und gibt, mit denen die Gruppenmitglieder den Status derer heben können, die für das Gemeinwohl wirken, und gleichzeitig die anderen, die gegen es handeln, daran hindern, Macht zu erlangen. Wer dient dem Gemeinwohl?
Im Allgemeinen haben die Menschen ziemlich ausgeprägte Vorstellungen davon, ob Handlungen für das große Ganze gut oder schlecht sind. Jede Handlung, die jemand ausführt, kann mit einer „Maßzahl des Gemeinwohls“ markiert werden. Das ist der Grad, in dem die Handlung anderen nützt (oder zumindest 74
nicht schadet). Diejenigen, die bessere Wertungen erhalten, fördern die Interessen vieler und verursachen wenig Leid: eine ältere Frau, die eine lokale Recyclingaktion gründet, ein Kind, das ein anderes Kind tröstet, das tyrannisiert wird, ein Manager, der die Ressourcen so steuert, dass damit die Ausdehnung und Gewinnerwartung seines Unternehmens verbessert wird. Umgekehrt erzielen Handlungen, die vielen Leid zufügen und nur wenigen nützen, niedrige Wertungen: Hasspredigten, ein ins Netz gestelltes beleidigendes Video, ein Finanzprodukt, das bewusst die Ersparnisse vieler vernichtet. Agieren Individuen so, dass das Gemeinwohl gefördert wird, statt ihren eigenen Profit auf Kosten der anderen zu maximieren, geht es ihren Gruppen besser. Solche Aktionen führen zu größerem Vertrauen zwischen den Gruppenmitgliedern, ermöglichen eine verlässliche Kooperation, erlauben sachkundige Aktionen und machen Gruppen konkurrenzfähig. Menschen mit Macht, die das Gemeinwohl fördern, bewirken in der Regel auch, dass die von ihnen Beeinflussten erfolgreich sind – seien es kleine Gruppen (Schulfreunde, Komitees, Arbeitsgruppen, Teams oder Nachbarschaftsinitiativen) oder größere (Parteien, Verbände, Staaten, Nationen). Gruppen aller Art geht es letztlich besser, wenn ihre Mitglieder so handeln, dass es dem Gemeinwohl dient. Mehr überrascht, wie ausschlaggebend die Förderung des Gemeinwohls für die Verteilung von Macht innerhalb von sozialen Gruppen ist: Sie ist der zentrale Faktor, wenn es darum geht, einzelnen
Gruppenmitgliedern Macht zu verleihen. Alle in einer Gruppe achten argwöhnisch auf machiavellistische, Zwang ausübende Gestalten wie Jack in Herr der Fliegen. Der Grund für dieses Misstrauen ist einfach: Werden diese Personen nicht ausreichend kontrolliert, untergraben sie das reibungslose Funktionieren der Gemeinschaft. Gruppen nehmen Machtmissbrauch aufmerksam wahr und sind sich bewusst, dass Menschen, die Macht haben, schnell zu „Maschinen“ werden, die nur ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen und für das Erreichen ihrer Ziele auch anderen Leid zufügen. Macht ergreift man nicht
Ausbeuterisches, selbstsüchtiges und gewalttätiges Handeln vernichtet den Zusammenhalt starker Gruppen. Gruppen wissen das und kennen auch Geschichten von Menschen, die die Macht missbraucht haben und habgierig und unbeherrscht handelten. Gruppen verleihen die Macht daher an die, die Begeisterung verbreiten und freundlich, zielorientiert, ruhig und offen sind. Mit dem Ansehen, das sie einer Person verleihen, zeigen sie an, dass diese fähig ist, für das Wohl der Gruppe zu handeln. Gruppen verlassen sich auf diesen Ruf, wenn es darum geht, zusammenzuarbeiten, zu kooperieren, Bündnisse zu schließen und starke Bindungen einzugehen. Gruppen erhöhen den Ruf derer, die bereit sind zu teilen, und sie schädigen mit deftigen Klatschgeschichten den Ruf derer, die selbstsüchtig sind und sich als Machiavellisten aufführen. Macht ergreift man PH nicht, sie ist ein Geschenk.
Dacher Keltner ist Psychologieprofessor an der University of California in Berkeley. In seinen Arbeiten untersucht er die Bedeutung von Emotionen für die moralische Intuition und den sozialen Zusammenhalt. Dieser Text ist ein redigierter Auszug aus Keltners neuem Buch, dessen deutsche Ausgabe soeben beim Campus-Verlag, Frankfurt erschienen ist: Das MachtParadox. Wie wir Einfluss gewinnen – oder verlieren (204 Seiten, € 22,95).
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DER PSYCHO TEST Folge 8
Vielleicht ist Rechtschreibung doch nicht so wichtig? VON JOCHEN METZGER
Manchmal finden psychologische Experimente ihren Weg in die Popkultur. Und nicht immer bleiben sie dabei ohne Schaden. Ein Test aus dem Internet – und was herauskommt, wenn man ihn ein wenig genauer überprüft
L
esen – das ist eine wunderliche Sache. Die allermeisten Menschen in Deutschland beherrschen diese Kulturtechnik zumindest auf grundlegende Weise. Dennoch streiten Forscher noch immer darüber, was genau dabei in unserem Kopf geschieht. Noch heftiger debattieren wir im Alltag darüber, wie streng wir uns beim Schreiben an orthografische Regeln halten sollten. Der allgemeine Respekt vor der Rechtschreibung hat letzthin arg gelitten – vor allem durch neue Formen der Kommunikation via Internet und Smartphone. Als Beitrag zu dieser Debatte kursiert im Web seit einigen Jahren folgender Text in unterschiedlichen Variationen. Aber lesen Sie selbst: Können Sie die folgenden Sätze entziffern? „Gmäeß eneir Sutide der Cmabirdge Uinertvisy ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid, das ezniige, was wcthiig ist, ist, dass der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als Gseatems.“
bar nur auf den ersten und letzten Buchstaben eines Wortes ankommen soll. Aber stimmt das wirklich? Probieren Sie es doch noch einmal. Was bedeutet der folgende Satz? „Im Busestwiesn sieenr Vwnnuoaterrtg vor Gtot und den Mchsneen, von dem Wllein bleeest, als gtgchrbchtleiieees Geild in eenim veieenrtn Eproua dem Feierden der Wlet zu deeinn, hat sich das dschetue Vlok kafrt seenir vsssggredbfauneenen Gwlaet dseeis Geegdstrunz gbgeeen.“ Vermutlich war dieser Text für Sie deutlich schwerer zu entziffern. Dabei wurde er nach genau denselben Regeln bearbeitet, die der erste Rätseltext vorgegeben hat: Der erste und der letzte Buchstabe haben ihre Position behalten. Die restlichen Buchstaben wurden beliebig durcheinandergewürfelt. Immerhin: Es wurden keine Buchstaben hinzugefügt, weggelassen oder durch wortfremde Buchstaben ersetzt. Was also ist dran an der Behauptung? Die Lösung finden Sie auf der nächsten Seite.
Wenn es Ihnen schwerfällt, den Text zu verstehen, dann haben Sie vermutlich zu genau gelesen, sozusagen von Buchstabe zu Buchstabe. Die Sache wird deutlich leichter, sobald man die Sätze nur überfliegt. Und es ist kein Wunder, dass dieses Zitat im Internet so fleißig geteilt wird: Wir sind verblüfft von unserer eigenen Lesefähigkeit und wundern uns, dass es schein-
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Auswertung Reden wir zunächst über die beiden Texte. Der erste lautet natürlich folgendermaßen: „Gemäß einer Studie der Cambridge University ist es nicht wichtig, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort sind, das einzige, was wichtig ist, ist dass der erste und der letzte Buchstabe an der richtigen Position sind. Der Rest kann ein totaler Blödsinn sein, trotzdem kann man ihn ohne Probleme lesen. Das ist so, weil wir nicht jeden Buchstaben einzeln lesen, sondern das Wort als Gesamtes.“ Bei Text Nummer zwei handelt es sich um nichts Geringeres als die Präambel unseres Grundgesetzes: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Was ist also dran an der angeblichen Regel mit dem ersten und letzten Buchstaben? Fest steht: Als der Text anfing, durchs Internet zu geistern, hatte an der Cambridge University nie jemand eine derartige Studie durchgeführt.
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Der US-Psychologe Keith Rayner machte sich den Spaß, die im Netz aufgestellte Behauptung zu überprüfen. Das Ergebnis: Tatsächlich sind manche Sätze trotz umgestellter Buchstaben relativ leicht zu lesen. Andere werden dagegen komplett unverständlich. Das liegt an mehreren Faktoren: Wie weit liegen die Buchstaben von ihrer ursprünglichen Position entfernt? Wie lang sind die Wörter, die man durcheinanderwirblet? Wie viele Wörter mit nur zwei oder drei Buchstaben kommen in dem Satz vor? In jedem Fall, so konstatiert Rayner, verursachen die vertauschten Buchstaben Kosten: Die Lesegeschwindigkeit sinkt dabei immer. Umgekehrt ausgedrückt: Eine korrekte Rechtschreibung macht das Lesen leichter. Was genau in unserem Kopf geschieht, wenn wir lesen, ist übrigens noch immer umstritten. Für unser visuelles Worterkennen existiert eine gazne Reihe von Modellen. Eines davon geht so: Erfahrene Leser haben für jedes Wrot eine Art Muster im Kopf gespeichert. Dieses Muster besteht aus den relevanten Buchstaben und ihrer ungefähren Position innerhalb des Wortes. Beim englischen
Wort „STOP“ lautet das Muster etwa so: Das „S“ kommt zuerst, das „P“ kommt zuletzt, das „T“ steht eher am Anfang, das „O“ eher am Ende. Wenn wir in einem Satz das falsch geschriebene Wort „SOPT“ lesen, dann passt das noch immer ziemlich gut zu diesem gespeicherten Muster. Wenn dann auch noch der Kontext stimmt, können wir das Wort deshalb recht leicht entziffern. Geschieht dasselbe bei einem Wort wie „Fußbodenschleifmaschinenverleih“, liegen die Dinge natürlich völlig anders. Übrigens: Sind Ihnen die drei Wörter mit verdrehten Buchstaben aufgefallen, die in diesem Antworttext versteckt sind? Sie lauten „durcheinanderwirbelt“, „ganze“ und „Wort“.
LITERATUR K. Rayner, S. J. White, R. L. Johnson, S. P. Liversedge: Raeding wrods withjubmled lettres: There is a cost. Psychological Science, 17, 2006, 192–193 ZUM WEITERLESEN 89 Tests und ihre Auflösungen – ein unterhaltsamer Reiseführer durch das Reich der modernen Psychologie. Ben Ambridge: Das Psycho-Test-Buch. Knaur, € 19,99
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PEHNTS ALLTAG
ÜBER DAS SCHENKEN Es ist leicht zu schenken und so schwer, beschenkt zu werden. Warum das so ist, weiß ich nicht. Aber an jedem Geburtstag erlebe ich es von neuem. Der Gabentisch liebevoll geschmückt, die Päckchen im Halbkreis um den Frühstücksteller, der Gesang ist verhallt, alle schauen mich an. Die Morgenluft ist durchzogen von Erwartungen. Nun muss ich eine Vorführung bewältigen, die zugleich echt, gut gemeint und gespielt ist, eine schwierige Mischung. Hauptdarstellerin: ich. Erster Akt: Papier abstreifen (nicht zu langsam, nicht runterfetzen). Zweiter Akt: Augen aufreißen, Luft heftig einsaugen, ein langsames Strahlen blüht auf, die ganze Mimik ist durchsonnt. Die Augen suchen den Schenkenden, der sich vor Stolz windet, leise murmele ich: „Woher wusstest du …?“ Dritter Akt: Geschenk loben, dankbar seufzen. Nichtfreude ist verboten, genau wie mangelnde Konzentration, Enttäuschung oder Empörung. Dem Schenkenden noch einmal zunicken, nächste Vorführung. Kein Wunder, dass man am Ende eines solchen Parcours erschöpft ist und Kuchen in sich hineinschaufelt. 78
Die Schriftstellerin Annette Pehnt (u. a. Briefe an Charly, Piper 2015) schreibt jeden Monat in PSYCHOLOGIE HEUTE über ihre Alltagsbeobachtungen www.annette-pehnt.de
Der Gipfel einer solchen Anstrengung war ein runder Geburtstag, ein Haufen Leute im Haus und ebenso viele Geschenke. Ich hatte mir vorgenommen, das Auspacken auf später zu verschieben, wenn das Haus wieder ruhig wäre und niemand mir über die Schulter schauen würde, wenn ich ganz in Ruhe ein Päckchen nach dem anderen öffnen und mich mal freuen und mal wundern könnte, ohne Publikum und ohne schlechtes Gewissen. Einer der Gäste machte mir aber einen Strich durch die Rechnung. Er zog mich zum Gabentisch, rief die Feiernden zusammen und verkündete, die Freude, mir beim Auspacken zuzusehen, lasse er sich jedenfalls nicht nehmen und sicher auch kein anderer. Die Gäste klatschten, nach und nach wurde der Beifall zu einem rhythmischen Stampfen, und alle riefen im Chor: „Aus-pak-ken! Aus-pak-ken!“ Jegliche Gegenwehr war zwecklos, ich arbeitete mich mit einem Dauerstrahlen durch den Geschenkestapel, und jedes Weledafläschchen, jede selbstgebrannte CD und jeder Fotokalender wurde mit tosendem Applaus bedacht. Nicht, dass ich mich nicht gefreut hätte. Aber wenn die IntenPSYCHOLOGIE HEUTE
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Annemarie Jakob Heilpraktikerin für Psychotherapie Praxis für Psychotherapie Langenaustr. 54, 56070 Koblenz info@annemarie-jakob.de
sität der Freude als Messlatte für die Innigkeit der Freundschaft gilt, wird es schwierig. Ich versuche, diese Erfahrung beim Selberschenken zu beherzigen. Ich weiß ja, wie anstrengend es ist, sich angemessen zu freuen. Ich weiß auch, wie unwahrscheinlich es ist, genau das Richtige zu finden. Eine winzige Enttäuschung beim Beschenkten ist eigentlich gar nicht zu vermeiden, es sei denn, er hat das Geschenk vorher selbst gekauft oder so genaue schriftliche Angaben gemacht, dass man nichts mehr falsch machen kann. Wie mein Bruder, der als Kind im MärklinKatalog die gewünschten Lokomotiven mit dickem Filzstift markierte, inklusive Preis und Bestellnummer, damit auch ja nichts schiefging. Die Geschenke öffnete er gelassen und mit nüchterner Zufriedenheit: „Ah ja, da ist sie ja – danke.“
ILLUSTR ATION: MAGDA WEL
„Jetzt freu dich doch mal!“
Überhaupt ist das Schenken bei kleinen Kindern eine eigene Erfahrung. Ungeübt in sozialen Ritualen und erstaunlich resistent gegen die vibrierenden Erwartungen im Raum, zeigen sie ihre Gefühle relativ unverstellt und schonungslos. Kunstvolle Verpackungen mit farbigen Bändern, knisterndem Spezialpapier und liebevollen Kärtchen stören sie, die halten ja nur vom Geschenk ab und müssen rasch entfernt werden. Ein Blick auf das Kuscheltier oder die Kaufladenkasse, ein sachliches Nicken oder sofortiges Bespielen, fertig ist die Sache. Ich brachte einmal dem Kind von Freunden ein winziges mexikanisches Sorgenpüppchen mit, das man gegen Kummer unter das Kopf kissen legen konnte. Ich fand es hinreißend mit seinem schwarzen Minizöpfchen und dem fingernagelgroßen geblümten Kleid. Aber das Kind beugte sich fassungslos über das winzige Ding und brach sofort in Tränen aus. Erschrocken fragte die Mutter, ob ihr das Geschenk denn nicht doch gefalle. Das Kind schüttelte heftig den Kopf und rief: „Aber es ist viel zu klein! Und ich hab gar keinen Kummer!“ Oft müssen die Eltern dann stellvertretend den komplizierten Akt des DanPSYCHOLOGIE HEUTE 11/2016
kens, Freuens und Würdigens übernehmen, oder sie denken, sie müssten es. Es dauert eine ganze Weile, bis auch Kinder dieses vielschichtige Ritual beherrschen, ermahnt und bedrängt von gut trainierten Erwachsenen: „Jetzt freu dich doch mal! Oder sag wenigstens mal danke schön. War nicht so leicht zu finden, weißt du?“ Gerne werden dann ausführliche Geschichten von der schwierigen Beschaffung des Geschenks erzählt: nächtelang gegoogelt, mit dem Bus ins entlegene Industriegebiet gefahren, nur um den Laden, schon lange geschlossen, mit Brettern vernagelt vorzufinden, aber irgendwie hat es dann doch noch geklappt – und freust du dich? Ich tue all das auch ständig, als Schenkende und als Beschenkte, und ich liebe Geschenke. Für mich sind sie, unbelehrbar, wie ich manchmal sein kann, auf jeden Fall ein Indikator, das lasse ich mir nicht ausreden. Wer hat an mich gedacht, und was haben sie sich einfallen lassen? Dahinter schimmert die bange Frage: Was bin ich ihnen wert? Eine alte Verwandte bat mich als Lieblingsgroßnichte immer eine Woche vor Weihnachten zu sich an den Kaffeetisch, als Privataudienz. Nur unter vier Augen, fernab vom weihnachtlichen Geschenkestrudel, bekam ich von ihr ein kleines, aber kostbares Geschenk feierlich überreicht, und meine Freude war so sorgfältig choreografiert wie ihr würdevoller Stolz. Irgendwann wartete ich dann vergeblich auf die Einladung. Ich rief sie an, besorgt, weil Abweichungen bei ihr sonst nicht vorgesehen waren. Sie hatte es vergessen. Und fing am Hörer an zu weinen. Das war noch niemals vorgekommen, und ich wusste nicht, wie ich sie trösten sollte. Schließlich besuchte ich sie mit einem Geschenk. Ich dachte, man könne das Ritual einfach umstülpen. Aber so war es nicht, sie freute sich nicht und tat auch nicht so. Das nächste Weihnachten hat sie dann nicht mehr erlebt. Deswegen bin ich bis heute froh, wenn alle drauflosschenken. Denn solange wir schenken, spielen wir mit im großen Spiel des Gebens und Nehmens.
Ich bin Mitglied im VFP weil: . . . alternative Heilmethoden offen diskutiert werden . . . ich gut über die Abrechnung mit Privatversicherungen aufgeklärt werde . . . die Betreuung durch das Serviceteam sehr ermutigend ist . . . ich kompetent über Praxiseröffnung und Öffentlichkeitsarbeit informiert werde Informationen über den VFP erhalten Sie hier: Verband Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater e.V. Lister Str. 7, 30163 Hannover Telefon 05 11 / 3 88 64 24 www.vfp.de | info@vfp.de
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Die Lust am Unterrichten wieder entdecken!
Dieses Buch hat eines zum Ziel: IHR Glück. Sie finden probate Anleitungen zur persönlichen und beruflichen Erfüllung. Schule und Klassenraum werden wieder als Motivationsraum betrachtet. Auch der Blick auf eine Balance im privaten Lebensbereich kommt nicht zu kurz. Simone Roemer: Unterrichten Sie sich glücklich! Mit Herz und Begeisterung in den Schulalltag 176 Seiten. ISBN 978-3-407-62997-5. € 19,95
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BUCH&KRITIK
REDAKTION: KATRIN BRENNER-BECKER
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Talentlose Meister Was wir für angeborene Talente halten, ist meist nichts anderes als das Ergebnis konsequenten Übens
Der Mythos vom Wunderkind hält sich hartnäckig. Mit seiner musikalischen Begabung soll der siebenjährige Wolfgang Amadeus Mozart seine Zuhörer geradezu bezaubert haben. Ein Ausnahmetalent mit einem absoluten Gehör. Nur einer von 10 000 Menschen wird mit dieser Gabe geboren. Soweit der Mythos. Der Psychologe K. Anders Ericsson fordert unser Verständnis von Talent und Begabung in seinem Buch Top. Die neue Wissenschaft vom bewussten Lernen heraus. Er erzählt etwa von dem Versuch der japanischen Psychologin Ayako Sakakibara. Sie hat 24 Kindern zwischen zwei und sechs Jahren monatelang bestimmte Akkorde vorgespielt, die die Knirpse erkennen sollten. Die Kinder übten jeden Tag einige Minuten lang: Sie lauschten den Klängen und identifizierten sie. Einige konnten die 14 von Sakakibara ausgesuchten Akkorde bereits nach wenigen Monaten fehlerfrei nennen. Andere brauchten über ein Jahr. Bei anschließenden Tests stellte die Musikpsychologin fest: Alle 24 Kinder – selbst die, die ein wenig länger als ihre Altersgenossen brauchten – hatten ein absolutes Gehör entwickelt. „Inzwischen wissen wir, dass es so etwas wie ein vorgegebenes Talent nicht gibt. Das Gehirn ist anpassungsfähig, und durch Üben kann man sich Fähigkeiten erwerben – wie das absolute Gehör –, die vorher nicht vorhanden waren“, schreibt Ericsson. Diese Erkenntnis verdankt der gebürtige Schwede, der an der amerikanischen Florida State University unterrichtet, nicht zuletzt dem Bestsellerautor Malcolm Gladwell. In seinem Buch Überflieger hat dieser die 10 000-Stunden-Regel vorgestellt, der zufolge ein Amateur mit rund 10 000 Übungsstunden zum Profi wird, egal auf welchem Gebiet. Gladwell PSYCHOLOGIE HEUTE
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hatte sich dabei auf Ericssons Studien berufen, sie jedoch grob vereinfacht. Bei manchen Menschen dauere es kürzer, bei manchen länger, schrieb Ericsson in einem Artikel von 2012, in dem er Gladwells Interpretation seiner Studien kritisierte. Doch die Quintessenz ist geblieben: Das menschliche Gehirn ist bemerkenswert gut darin, sich an neue Erfordernisse anzupassen. Es lernt und wird zunehmend besser. Bis wir – mit genug Übung – eine Aktivität oder Aufgabe optimal ausführen können. Ericssons Buch ist kein Ratgeber. Er ist Wissenschaftler und teilt seine Erkenntnisse mit uns. Dank des Koautors Robert Pool, eines amerikanischen Wissenschaftsjournalisten, vermittelt Ericsson die Beobachtungen auf unterhaltsame Weise. Die Übersetzung ins Deutsche hat einige Fehler – so wird die Psychologin Ayako Sakakibara als Mann vorgestellt –, aber der Zugkraft von Ericssons Forschungsergebnissen tut dies keinen Abbruch. Das Buch ist ebenso interessant wie nützlich und bietet jedem Leser neues Wissen – und neue Motivation für das Erlernen weiterer Fähigkeiten.
„Gezieltes Üben erfordert das Verlassen der eigenen Komfortzone“ K. AnDERS ERICSSOn, ROBERT POOL
AnnA GIELAS
Karl Anders Ericsson, Robert Pool: Top. Die neue Wissenschaft vom bewussten Lernen. Aus dem Amerikanischen von Gabriele Gockel, Barbara Steckhan und Claus Varrelmann. Pattloch, München 2016, 384 S., € 19,99
Leseprobe in der App
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Wider die Förderwut Überehrgeizige Eltern wollen nur das Beste – machen sich selbst und ihre Kinder aber oft unglücklich. Zwei Bücher plädieren für eine entspanntere Erziehung
Wenn es um die Erziehung des Nachwuchses geht, fahnden die meisten Eltern nach den besten Möglichkeiten. Was aber ist das Beste? Frühförderung schon im Säuglingsalter, früher oder später Medienkonsum, staatliche Schule oder Privatschule? Oder gedeihen Kinder vielleicht auch ohne maximale Optimierung in einem Klima der Geborgenheit und Stabilität? „In jeder Generation gibt es Entwicklungen, die für die Elterngeneration ängstigend oder abstoßend sind. Wenn wir heute darüber lächeln, dass es eine Zeit gab, in der Eltern hochgradig besorgt waren über die Musik der Beatles und die dazugehörigen langen Haare, dann sollten wir … innehalten und überlegen, wie es uns mit den Smartphones unserer Kinder geht“, so Michael Schulte-Markwort. Der Kinder- und Jugendpsychiater plädiert für Gelassenheit, sieht aber auch die Nöte der Eltern. Kindererziehung sei anstrengend, denn Kinder und Eltern gestalten ihre Be82
ziehung dynamisch, also auch spannungsgeladen. Das Buch beschreibt alltägliche Erziehungsprobleme, reflektiert gesellschaftliche Zwänge und versucht im letzten Drittel, „statt eines Rezeptbuches“ Anregungen und Vorschläge für eine zeitgemäße Erziehung zu vermitteln. Der Universitätsprofessor legt kein wissenschaftliches Buch vor, es geht ihm darum, „die Dimension von Beziehung und Bindung etwas aufzuschlüsseln“. Dabei schöpft er aus seiner psychiatrischen Praxis. Immer wieder werden Fallgeschichten präsentiert, um das komplexe Elterndasein und die Probleme von Kindern zu schildern. Darüber hinaus lässt Schulte-Markwort den Leser an seinem beruflichen Alltag teilnehmen, etwa wenn er beschreibt, wie er Gespräche führt oder einfühlende Briefe an seine jungen Patienten schreibt. Nicht selten werde er von Eltern als „Familienoptimierer“ wahrgenommen. Der Selbstoptimierungswahn sei ein „Dämon,
dem man sich nicht wirklich entziehen kann“. Das Bild von den „Helikoptereltern“, die wie ein Hubschrauber über ihren Kindern kreisen, um sie zu beobachten, sei nicht völlig falsch, aber dieses Phänomen sei eine Ausnahme. „Wir sollten den Eltern, die um die Entwicklung unserer Kinder ringen, daher eher Anerkennung zollen, als sie allgemein abzustrafen, nur weil es tatsächlich einige Auswüchse gibt, die ich nicht verleugnen will.“ Auch er lebe im Optimierungszwang, sei ständig gehalten, nach aktuellsten Methoden zu behandeln. Niemand, der heute Kinder hat, könne sich dem entziehen. Und es mute vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund schon „zynisch an, Eltern aufzufordern, ihre Kinder einfach ‚nur‘ liebzuhaben“. Es gelte jedoch, Grenzen zu beachten, beispielsweise den Sicherheitswahn nicht zu übertreiben. „Wenn Eltern auf dem Handy ihrer Kinder eine App installieren, mit der sie jederzeit nachschauen können, PSYCHOLOGIE HEUTE
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Worte können Fenster sein wo sich ihr Kind gerade aufhält, so ist das eine unzulässige Grenzüberschreitung.“ Kinder könnten sich nur mit einem Vertrauensvorschuss der Eltern gut entwickeln. Voller Empathie versetzt sich der Autor in die Lage von Eltern und Kindern, beschreibt sensibel die Konflikte und wahrt so die Chance, dass sie seinen Anregungen folgen. Margrit Stamm wirkt da strenger. Die Erziehungswissenschaftlerin verlangt von den Eltern, dass sie sich emanzipieren, sich dem gesellschaftlichen Druck widersetzen. Nur so könnten sie dem Zwang zur Perfektion entkommen. Perfekte Eltern erkenne man an ihrer Förderwut, Überbehütung in Verbindung mit Überwachung, die zu Unselbständigkeit und Ängstlichkeit der Kinder führe. Perfekte Eltern wünschten sich hochbegabte Kinder. „Dafür rennen sie von einem Psychologen zum nächsten, bis dieses Ergebnis vorliegt.“ Tatsächlich aber währe der Vorsprung von wirklich hochbegabten Kindern oft nicht lebenslang. Viele zeigten im Erwachsenenalter nicht mehr die überragenden Leistungen, „die von ihnen aufgrund der frühen Exzellenzen erwartet worden waren“, so die Forscherin. Sie hat ein informatives, gut lesbares Sachbuch geschrieben, das auf Studien basiert, die sie in den vergangenen zehn Jahren durchgeführt hat. Die Autorin setzt sich mit unseren Idealen zur Kindererziehung auseinander, stellt sie der heute gültigen Kultur und ihren Normen gegenüber. Jenseits eines pädagogischen Richtungsstreits plädiert sie für einen Mittelweg zwischen autoritärer und antiautoritärer Erziehung. Die Autorin erkennt eine „gesellschaftlich provozierte Angstkultur“, die das Bild
vom Kind verändert habe. Galten Kinder noch in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als grundsätzlich stabil und stark, so „überwiegt heute die Vorstellung, sie seien gefährdet und zerbrechlich“. Dieser Verwundbarkeitsgedanke werde kräftig von Experten angeheizt. Die Eltern befänden sich in einer paradoxen Situation. Zum einen würden sie für alles verantwortlich gemacht, zugleich sprächen ihnen immer öfter Experten die Kompetenzen ab. Erziehungsratgeber spielten eine problematische Rolle, weil sie Eltern das Vertrauen in ihre Fähigkeiten raubten. Eltern sollten ihren Wahrnehmungen wieder trauen, sich Fehler gestatten und selbstkritisch reflektieren. Heute sei es sinnvoll, „autoritativ“ zu erziehen. Dieser Mittelweg zwischen Strenge und Laissezfaire in der Erziehung verbinde Zuwendung und Aufmerksamkeit mit klaren Regeln, basierend auf Autorität. In vielen Studien habe sich dieser Erziehungsstil als erfolgreich erwiesen. Was ist nun das Beste für das Kind? Der Kinder- und Jugendpsychiater ist sich sicher, dass Kinder keine weitere Optimierung, sondern mehr Einfühlung brauchen. Die Erziehungswissenschaftlerin plädiert dafür, sich nicht zu sehr mit dem Kind zu identifizieren, die Ambivalenzen der Liebe zu erkennen. Sie entlastet gestresste Eltern, indem sie auf eine These des englischen Psychoanalytikers Donald Winnicott (1896–1971) verweist, der nicht die beste, sondern „eine hinreichend gute Mutter“ als förderlich ansah. Jede Erziehung, so die Autorin, beginne damit, „sich selbst zu erkennen und bei sich zu CHRISTINE WEBER-HERFORT beginnen“.
Jetzt in überarbeiteter und erweiterter Neuauflage:
Marshall B. Rosenberg Gewaltfreie Kommunikation Eine Sprache des Lebens 224 S., kart. • € (D) 23,90 • ISBN 978-3-95571-572-4 Auch als E-Book
Ingrid Holler Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation 256 S., kart. • € (D) 23,90 • ISBN 978-3-95571-573-1
Michael Schulte-Markwort: Superkids. Warum der Erziehungsehrgeiz unsere Familien unglücklich macht. Pattloch, München 2016, 272 S., € 19,99
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Margrit Stamm: Lasst die Kinder los. Warum entspannte Erziehung lebenstüchtig macht. Piper, München 2016, 284 S., € 24,–
Wir liefern versandkostenfrei: www.junfermann.de
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AUFGEBLÄTTERT
Die große Mehrheit der 1,357 Milliarden
men auf, die die Welt bewegen: Gerechtigkeit, Toleranz,
Einwohner Chinas kann nicht schwimmen.
Armut, Krieg und Glück. Man findet in dem Buch nicht nur
Das ist aber offensichtlich kein Grund, auf
250 Luftbildaufnahmen und Porträtfotografien, sondern
den Besuch eines Schwimmbades zu ver-
auch Infografiken über Todesstrafe und Flüchtlingsströme
zichten, wie die Luftbildaufnahme von
sowie Beiträge internationaler Journalisten. Thematisch
Yann Arthus-Bertrand zeigt. Während sei-
sind diese äußerst breit gefächert und reichen von „nutz-
ner dreijährigen Projektreise interviewte
losen Jobs“ über Autismus bei Kindern und Frauenrechte
und fotografierte er mit seinem Team etwa 2000 Menschen.
bis hin zu Homophobie in Afrika. Der gleichnamige Film ist
In seinem Band Human (Knesebeck, € 24,95) versucht er
unter www.human-themovie.org zu sehen.
sich an einem „Porträt der Menschheit“. Er greift darin The-
Was ist Persönlichkeit? Ist sie „in Stein ge-
Muss man jedes Buch, das man
meißelt“ oder veränderbar? Stehen Persön-
angefangen hat, auch zu Ende
lichkeitseigenschaften in Zusammenhang
lesen? Lese ich, um meine Sicht
mit einem langen Leben? Christian Montag
auf die Welt zu bestätigen oder um
versucht, in dem kleinen Buch Persönlich-
sie infrage zu stellen? Können Bü-
keit. Auf der Suche nach unserer Individua-
cher denn überhaupt irgendetwas
lität (Springer, € 19,99) den aktuellen Stand
verändern? Mit der Frage Worüber
der Forschung zusammenzutragen. Der Leser erfährt etwa,
wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen
dass gewissenhafte Menschen offenbar länger leben.
(Kunstmann, € 20,–) hat sich Tim Parks beschäf-
Selbstdisziplin als wesentlicher Bestandteil von Gewissen-
tigt. Der Autor, Übersetzer und Kritiker zitiert
haftigkeit scheint demnach von großer Bedeutung, um ein
Schopenhauer, der viel übers Lesen nachgedacht
gesundes Leben zu führen und alt zu werden. Montag geht
hat und zum Schluss gekommen ist, dass das Le-
auch der Frage nach, ob Tiere eine Persönlichkeit haben.
ben zu kurz sei für schlechte Bücher. Daher sei es
Interessanterweise führt er eine Studie von Samuel Gosling
auch völlig in Ordnung, das Buch wieder ins Regal
an, bei der das menschliche Fünf-Faktoren-Modell der Per-
zu stellen, sofern es nach ein paar Seiten nicht
sönlichkeit auch bei Hunden zuverlässig gemessen werden
überzeugt. „Sie hat etwas Tyrannisches, unsere
konnte – mit Ausnahme des fünften Faktors „Gewissenhaf-
Besessenheit mit dem Ende“, findet Parks. Aber
tigkeit“. Diese Eigenschaft kann dem Forscher zufolge nur
auch bei richtig guten Büchern verspürt er häufig
bei Menschen und Schimpansen beobachtet werden. Wuss-
nicht den Drang, sie zu Ende zu lesen. Er hat dann
ten Hundehalter ja längst, dass ihr Vierbeiner sich in den
einfach das Gefühl: Es reicht. Und so empfiehlt er
Eigenschaften Offenheit, Verträglichkeit, Neurotizismus
dem Leser generell, auszusteigen, wann und wo
und Verträglichkeit von anderen unterscheidet.
er will.
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)DV]LQDWLRQ 3V\FKRORJLH
Brust raus! Hilft es, eine selbstbewusste Haltung einzunehmen, auch wenn man sich gar nicht selbstbewusst fĂźhlt?
Amy Cuddy ist so erfolgreich in den neuen Medien, die gar nicht mehr so neu sind, dass man sich fragt: Warum noch dieses Buch? Es heiĂ&#x;t vielsagend Dein KĂśrper spricht fĂźr dich. Wobei das Werk nichts weiter ist als die populärwissenschaftlich ausgewalzte Fassung ihres TED Talks auf YouTube. Er ist mit Ăźber 33 Millionen Klicks der zweitpopulärste Ăźberhaupt. Emotional aufgeladen, von Anfang an kurzatmig und mit seltsam weinerlicher Stimme erzählt uns die US-Psychologin in diesem Talk den Kernpunkt ihrer Forschung – das, was uns alle in nur wenigen Minuten erfolgreicher machen soll. Sie rät: Mensch, begib dich kurz vor einem wichtigen Vorstellungsgespräch oder Date einfach in eine Pose der Dominanz! Und du wirst so selbstsicher und toll wirken wie Cristiano Ronaldo vorm FreistoĂ&#x;! Und dein Leben wird sich verändern. Oder wie Cuddy schreibt: “Fake it till you become it.â€? (Etwa: Täusche es so lange vor, bis du erreichst, was du willst.) Sieben Kapitel braucht sie, um uns ihre Leitthese zu verklickern. Sie gibt uns einen so eindrucksvollen wie ausufernden Einblick in das, was Ausstrahlung ausmacht und wie sie uns hilft, erfolgreicher zu werden. Sie versucht uns klarzumachen, dass wir dafĂźr an unsere eigene Geschichte glauben mĂźssen und wie wir das schaffen kĂśnnen. Und sie zelebriert geradezu die Qualität von persĂśnlicher Macht und Stärke: Macht kann uns schĂźtzen, sie kann unser Denken befreien und unser Handeln effektiver machen. Macht beeinflusst unsere Physiologie und erweitert unsere KĂśrpersprache. Ihren Stoff bringt die Harvard-Professorin parlierend und unterhaltsam aufs Blatt – und fast immer verständlich. Dickes Plus! Damit wir nicht vor dem Stoff kapitulieren, lässt sie Mails und Botschaften ihrer Fans einflieĂ&#x;en, deren Leben sich PSYCHOLOGIE HEUTE
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durch ihren YouTube-Auftritt so dermaĂ&#x;en verbessert habe. Und da ist er wieder, der TED Talk und die Botschaft der Psychologin, auf die alles hinausläuft: Wir kĂśnnen mit KĂśrpersprache dominieren, mit Posen der Macht präsent sein. Die Werkzeuge dafĂźr hat uns die Natur gegeben. Was die Machtposen bewirken, hat Cuddy 2010 in einer der meistbeachteten Studien weltweit ermittelt: Wer nur zwei Minuten lang Posen der Macht einnimmt, drĂźckt das Stresshormon Kortisol und hebt das Männlichkeitshormon Testosteron, das auch Frauen geringfĂźgig produzieren. Und das „power posing“ lässt einen risikofreudiger werden. Die Botschaft des Buchs in Kurzform lautet: Beine auseinander, Brust raus, Schultern nach hinten, Hände in die HĂźfte stemmen, Arme zurĂźckgelehnt im Nacken verschränken. Immer wieder betont Cuddy die Wissenschaftlichkeit ihres Ansatzes. Doch genau die ist seit 2015, während sie ihr Buch schrieb, zu einem profunden Problem geworden. Denn ein Team europäischer Wissenschaftler hat Cuddys Experiment mit 200 statt nur 40 Probanden wiederholt. Ergebnis: Zwar wird die eigene Wahrnehmung von Macht beeinflusst, nicht aber die Risikobereitschaft, wie Cuddy behauptet. Und auch bei den Hormonen passierte nichts. Momentan sieht es also aus, als ob weitaus weniger bis nichts an den Power-Posen dran ist als kolportiert. Das ist dann ein dickes Minus!
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Die Stiftung Psyche gibt in ihrer Wissenschaftsausstellung Einblicke in die Ursachen unseres Verhaltens. Oft ist uns gar nicht bewusst, wovon wir uns im Alltag beeinĂ€ussen lassen. Was allein ein GrafÂżti an der Wand oder ein weiĂ&#x;er Kittel bewirken kĂśnnen, sehen Sie bei uns.
?hh[ 9Whjeedi &RPLFV XQG 3V\FKRORJLH Ab zeigen wir in einer Ausstellungserweiterung, wie sich Cartoonisten mit dem Thema Psychologie auseinandersetzen.
KLAUS WILHELM
Amy Cuddy: Dein KĂśrper spricht fĂźr dich. Von innen wirken, Ăźberzeugen, ausstrahlen. Aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner. Mosaik, MĂźnchen 2016, 400 S., â‚Ź 19,99
(,7(1 g))181*6= hr u.n.V. 0 – 18:00 U
'L – 'R 14:3 0 Uhr z) 14:30 – 17:0 6R (Nov. bis Mär FKH 6WLIWXQJ 3V\ D‰H -RKDQQHVVWU JDUW :HVW 6WXWW J SV\FKH GH ZZZ VWLIWXQ
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Für alle, die es wissen wollen.
Wenn es ein Leben vor dem Tod gibt …
… warum leben wir es dann eigentlich nicht? Warum lassen wir vieles in unserem Leben einfach geschehen, nutzen unser Potenzial nicht ganz aus, sind fremdbestimmt und unzufrieden? Der Bestsellerautor und Top-Coach Hermann Scherer macht uns in seinem neuen Buch klar: Es ist an der Zeit, unsere selbst gesetzten Grenzen zu überwinden und unser Leben zu einem Meisterstück zu machen! »Der Autor scheut sich nicht, von unangenehmen Dingen wie Angst oder Selbstbetrug zu erzählen, er hält seinen Lesern einen Spiegel vor und verpasst ihnen so einen motivierenden ›Schubs‹ in die richtige Richtung, den man nur allzu oft benötigt.« BusinessBestseller
2016. 296 Seiten. Gebunden. € 19,95 ISBN 978-3-593-50602-9 Auch separat als E-Book und Hörbuch erhältlich
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Das Nähehormon Wir sollten Körperkontakt und Beziehung pflegen, weil sie die Ausschüttung von Oxytocin stimulieren Kinder, die in einer Kindertagesstätte in der Mittagspause zehn Minuten massiert werden, sind weniger aggressiv. Kinder, die während der Bombardierung von London bei ihren Eltern blieben, waren nachher ruhiger als evakuierte Kinder. Denn Berührung und Nähe stiften Ruhe. Körperkontakt zu pflegen ist die Botschaft des kleinen feinen Buches der schwedischen Forscherin Kerstin Uvnäs Moberg über Oxytocin, das Hormon der Nähe, das der Körper beim Streicheln, Kuscheln, Stillen oder beim Sex ausschüttet. Werden von der Haut ausgehende sensorische Nerven durch Wärme und Berührung stimuliert, wirft der Hypothalamus, ein Teil des Gehirns, die Produktion von Oxytocin an, das dann von der Hirnanhangdrüse in die Blutbahn gelangt. Dort entfaltet es seine wohltuende Wirkung: Wir werden entspannt und wenden uns gerne anderen Menschen zu. Mit leichter Hand vermittelt die Autorin einen Ausschnitt aus der Psychoneuroendokrinologie, der Lehre von den Zusammenhängen zwischen psychischen, neuronalen und endokrinologischen Prozessen. Beim Oxytocin heißt dies: Der Körper setzt eine Kaskade von Prozessen in Gang, wenn wir hautnah wohltuende Nähe erfahren. Oxytocin im Blut aktiviert das parasympathische Nervensystem, was die Muskeln entspannt und die Gefäße weitet. Oxytocin erzeugt körperliche Reaktionen, die mit dem angenehmen Erleben von Nähe verbunden sind. Darauf beruht seine Langzeitwirkung. Denn das Hormon selbst wirkt im Blut nur wenige Minuten. Häufige Oxytocinstöße aber impfen den Organismus gegen Stress. Deshalb bekommen stillende Mütter später seltener einen Herzinfarkt. Die kurzfristige Wirkung von Oxytocin zeigt sich in Experimenten: Spritzt man Männern Oxytocin in die Nase, haben sie in einem Com-
puterspiel mehr Vertrauen in ihre Teamgefährten oder erkennen besser die emotionale Bedeutung von Gesichtsausdrücken, als Männer das gemeinhin können. All das erfahren wir in diesem Buch, dessen deutsche Herausgeber es sich leider nicht verkneifen konnten, in den Text der Autorin einzugreifen und ein Werbekapitel für ihr eigenes Buch über Körperkontakt einzuschieben, das man wegen mancher Wiederholungen des eigentlichen Textes überspringen kann. Was Uvnäs Moberg schreibt, ist interessant genug. Sie berichtet auch von Überlegungen, Oxytocin als Arzneimittel bei Angsterkrankungen, autistischen Störungen oder Schizophrenie einzusetzen, weil das Hormon die Angst vor anderen Menschen abbaut. Die wichtigste Schlussfolgerung aber ist für sie, das Leben so einzurichten, wie es dem „Oxytocinerbe“ entspreche: als ein Leben, in dem man Nähe pflegt. Denn das sei unser Säugetiererbe. Alle Säugetiere bringen ihren Nachwuchs lebend auf die Welt, und sie schaffen Bindung, indem sie ihn pflegen. Natürliche Geburten und Stillen sind ein Teil dieses Erbes. Bei einem Kaiserschnitt hingegen würden Nervenverbindungen gehemmt, die sonst die Freisetzung von Oxytocin auslösen. Liebevoller Kontakt, der an der Haut gespürt wird, ist die beste Muttermilch. Und Väter haben einen höheren Oxytocinspiegel, wenn sie sich um Kinder kümmern. Ein weiterer Grund, sich so zu verULFRIED GEUTER halten. Kerstin Uvnäs Moberg: Oxytocin, das Hormon der Nähe. Gesundheit – Wohlbefinden – Beziehung. Aus dem Englischen von Martina Wiese, herausgegeben von Uta Streit und Fritz Jansen. Springer, Heidelberg 2016, 273 S., € 24,99
PSYCHOLOGIE HEUTE
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Sagen Sie mal, Frau Rohwetter: Wie geht „Leben nach der Therapie“? Wie merke ich, dass das Ende einer Therapie erreicht ist?
Das ist nicht ganz eindeutig. Wenn ich einfach „heute keine Lust“ habe, kann das einen Widerstand gegen das aktuelle Thema in der Therapie ausdrücken. Sollte diese Lustlosigkeit öfter auftauchen, verbunden mit dem Gedanken „Eigentlich brauche ich meine Therapeutin nicht mehr“, ist das schon ein deutlicher Hinweis. Noch hilfreicher ist die Erfahrung, im Alltag etwas ohne therapeutische Unterstützung bewältigt zu haben. Das angstbesetzte Gespräch mit dem Vorgesetzten muss stattfinden, bevor die Therapeutin aus dem Urlaub zurück ist. Wenn es gut läuft, entwickelt sich das Gefühl der Selbstwirksamkeit: „Ich kann mein Leben bewältigen.“ Oder jemand schafft es, sich in einer traurigen Stimmung selbst zu trösten, Stichwort Selbstbemutterung. Dann kann die Therapie langsam beendet werden. Warum ist die Zeit nach einer abgeschlossenen Therapie für viele Menschen schwierig?
ILLUSTR ATIOn: JAn RIECKHOFF
Nach der Therapie geht es darum, neue Erfahrungen, neue Erkenntnisse und einen veränderten Umgang mit Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen in den Alltag zu integrieren. Das erfordert Veränderungen in den Beziehungen, bringt bestehende Systeme ins Ungleichgewicht – mit entsprechenden Unruhen und Konflikten. Außerdem fehlt erst einmal ein Gefühl von Sicherheit: „Das kann ich ja mit meinem Therapeuten besprechen, bevor ich mich entscheide!“
Angelika Rohwetter, Diplompsychologin, arbeitet als Psychotherapeutin in eigener Praxis in Bremen.
Was hat es mit dem „Notfallkoffer“ auf sich?
„Notfallkoffer“ ist ein Begriff, der aus der Traumatherapie kommt. Es gibt ihn in materieller und nichtmaterieller Art. Er enthält Ideen und Mittel zur Selbstberuhigung. Im ideellen „Koffer“ sind Übungen, die entspannen, Ängste mildern oder Stimmungen aufhellen können, also Meditations-, Entspannungsund Bewegungstechniken, aber auch eine Liste mit Telefonnummern für den Notfall, etwa von der besten Freundin oder der Telefonseelsorge. In dem anderen Koffer befinden sich reale Dinge. Hilfreich bei der Zusammenstellung sind die Fragen: „Was tut mir gut? Was hat mir als Kind gutgetan?“ Da kommt dann etwas zusammen wie Malzkaffee, Schokolade, ein Teddybär, ein Springseil, ein duftendes Badeöl, Kinderbücher oder Kassetten, Lieblingstees – all das sollte immer im Haus sein. enden einer Therapie mit auf den Weg geben? Was hat sich in den letzten Therapiestunden mit Patienten als hilfreich oder wirkungsvoll erwiesen?
zum „Leben danach“ erleichtern?
Wichtig ist, die Übertragungsbeziehung behutsam aufzulösen. Ein gestärktes Selbstwirksamkeitsgefühl hilft beim Verzicht auf eine regelmäßige Begleitung ebenso wie der Hinweis auf die Resilienz und die Ressourcen, über die ein Patient verfügt. Wichtig ist auch ein Hinweis darauf, dass nicht für immer alle Probleme gelöst sind. Es gilt, Strategien für den Umgang mit zu erwartenden Konflikten und Widerständen zu erarbeiten. Außerdem ist es oft eine große Hilfe, zu hören: „Und wenn es nötig wird, können Sie sich wieder Hilfe holen!“
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Leseprobe in der App
Welche Anregung können Sie Kollegen beim Be-
Wie kann man den Übergang von der Therapie
Indem man sich am Ende der Therapie noch einmal deutlich macht, in welcher Weise man sich verändert hat und was man zurücklässt – an Sorgen, ängstlichen Gefühlen und Verhaltensweisen. Und sich mit Geduld wappnet, wenn die Umgebung nicht mit Freuden an diesen Veränderungen teilnimmt. Gleichzeitig ist es wichtig zu wissen: Es sind nicht für immer alle Probleme beseitigt. Es werden neue Konflikte auftreten, ich werde wieder unangenehme Gefühle haben. Der Unterschied ist, dass ich jetzt besser damit umgehen kann.
Angelika Rohwetters Buch Es gibt ein Leben nach der Therapie. Therapieerfolge stabilisieren und Resilienz stärken ist bei Klett-Cotta erschienen (€ 16,95).
InTERvIEw: KATRIn BREnnER-BECKER
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Elternschaft als spirituelle Reise Lisa Miller will Spiritualität als genetischen Persönlichkeitsfaktor fördern Die an einer New Yorker Universität lehrende Psychotherapeutin Lisa Miller geht in ihrem Buch The Spiritual Child, das jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt, von einer angeborenen Veranlagung zur Transzendenz aus und will Eltern anleiten, diese genetische Anlage für psychische Gesundheit und Wohlbefinden bei ihren Kindern zu fördern. Dabei soll, so betont sie in der Einführung ihres New York Times-Bestsellers, niemand missioniert werden, sie wolle lediglich informieren. Um es gleich vorab zu sagen: Das Buch ist in weiten Teilen anregend und informativ, überschreitet aber an zentralen Stellen die Grenzen der herkömmlichen Psychologie. Ohne Umschweife stellt sich Lisa Miller ihrer Leserschaft auf Seite eins ihres Buches als führende Wissenschaftlerin auf dem Forschungsgebiet von Spiritualität und Psychologie vor. Das stimmt, denn sie ist Mitherausgeberin einer neuen Fachzeitschrift, die spirituelle Interventionen in der Psychotherapie wissenschaftlich untersucht. Sie versteht sich als Pionierin einer neuen, spirituellen Psychologie, die Erziehung zu einer spirituellen Reise machen möchte. Spiritualität versteht die Autorin als Wahrnehmung, Teil von etwas größerem Ganzen zu sein. Es sei elementare Aufgabe der Erziehung, Kinder beim Aufbau einer „lebendigen Verbindung zu einem uns leitenden und letztendlich liebevollen Universum“ zu unterstützen. Die höhere Macht, von der die Psychologin ausgeht, könne Namen tragen wie Gott, Natur, Universum, Schöpfer, universeller Geist. Unabhängig vom „Labeling“ definiert sie, dass „Spiritualität unsere Beziehung zu diesem höheren Wesen und einen Dialog mit ihm umfasst“. Was wohl Buddhisten davon halten? 88
Die Forscherin glaubt belegen zu können, dass der Mensch von Geburt an darauf vorbereitet sei, ein spirituell geprägtes Leben zu führen. „Bevor die Sozialisation zuschlägt“, komme das Kind vollkommen erleuchtet auf die Welt. Dadurch könnten Kinder zu Wegweisern ihrer Eltern werden, was sie mit Beispielen ihrer drei eigenen und anderer Kinder veranschaulicht. Obwohl viele Fallbeispiele das Buch durchziehen, bleiben die meisten wegen des amerikanischen Kulturkontextes fremd. Als die großen Aufgaben der Spiritualität nennt Miller neben der Selbstwerdung die spirituelle Selbstfindung. Dabei sei die persönliche Spiritualität im Jugendalter der wirkungsvollste Schutz vor Drogen und Alkohol. Diese „Abkürzungen“ auf dem Weg zu transzendenten Erfahrungen seien Sackgassen. Die weitverbreitete Depressionsneigung von Jugendlichen könne häufig als ein normaler entwicklungsbedingter Impuls zu spirituellem Wachstum verstanden werden. Ob das besorgten und ratlosen Teenagereltern weiterhilft? Miller versteht ihre Arbeit als ein Sprungbrett in die neue Wissenschaft vom spirituellen Gehirn und vom transzendenten Kind. Häufig beschwört sie die Wissenschaftlichkeit ihrer Aussagen. In ihrem Buch referiert sie allgemeinverständlich Studien renommierter ReligionspsychoLisa Miller, Teresa Barker: Die spirituelle Intelligenz unserer Kinder. So fördern Sie das entscheidende Potenzial, das stark macht fürs Leben. Aus dem Amerikanischen von Beate Brandt. VAK, Kirchzarten 2016, 357 S., € 21,80
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logen wie Kenneth Pargament mit zum Teil bemerkenswerten Ergebnissen. Was der Laie so schnell nicht unterscheiden kann: In gleicher Weise werden Geistheilung, Neurotheologie und Quantenmedizin als Indizien für ein spirituell beseeltes Universum angeführt. Die Autorin hält es wissenschaftlich für plausibel, dass Bewusstsein nicht an ein funktionierendes Gehirn gebunden ist und auch außerhalb des Körpers existiert. Ihr Referenzmodell ist die transpersonale Psychologie, durch die der Mensch zum Einssein mit der Welt angeleitet werden soll. Ihre theoretische Grundlage deutet sie nur an, immerhin verweist sie mit einer Fußnote auf ihren Gewährsmann Ken Wilber. Bei den 120
Quellenangaben mischen sich jedoch seriöse mit pseudowissenschaftlichen. Allgemeinverständlich und praxisbezogen transportiert Miller ihre wissenschaftlich verpackte Weltanschauung in die Pädagogik. Problematisch ist die Tatsache, dass die psychologischen Einzelbefunde in eine transpersonale Wirklichkeitsdeutung eingebettet werden, die sich von der empirischen Psychologie verabschiedet hat. Und so anregend viele Einzelbefunde und Gedanken sind – ihr transpersonales Entwicklungsmodell hätte sie transparenter machen müssen, weil erst von daher ihre Erziehungsratschläge nachvollziehbar werden. MICHAEL UTSCH
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KINDER IN DER FREMDE Wie kann eine respektvolle und unterstützende Integration der zu uns kommenden Schutzsuchenden aussehen? Im Alltag wird zunehmend deutlich, dass wir bei dieser Frage noch ziemlich am Anfang stehen. Da kommt ein Buch zum Thema Migration, Flucht und Kindesentwicklung genau richtig. Grundlage der psychoanalytisch orientierten Beiträge dieses Sammelbandes sind praktisch-therapeutische Erfahrungen und die Überzeugung, dass Integration nicht allein sozioökonomische Teilhabe bedeutet, „sondern auch als reflexive Auseinandersetzung mit verfestigten kollektiven und individuellen Identitätsmustern – und zwar auf beiden Seiten –“ zu verstehen ist. Ziel des Buches ist unter anderem, Flüchtlingsfamilien und Migranten zu unterstützen, damit sie „größere Selbstwirksamkeit im Hinblick auf die Erziehung ihrer Kinder entwickeln können“. Da das Buch sprachlich und gedanklich auf einem hohen Niveau angesiedelt ist, dürfte es sein Ziel eher indirekt erreichen: durch Information und Sensibilisierung von Therapeuten, die mit Kindern und Familien mit Migrationshintergrund arbeiten. Die größtenteils anschaulichen Fallpräsentationen machen das Buch jedoch auch für Laien zu einer anregenden und hilfreichen Lektüre. Allerdings setzt es eine gewisse Vertrautheit mit psychoanalytischer Theorie und Terminologie voraus. Doch wer sich von begrifflichen Hürden nicht abschrecken lässt, wird belohnt, auch durch die Geschichten selbst, die bestürzende, aber auch beeinGABRIELE MICHEL druckende Schicksale bezeugen.
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Claudia Burkhardt-Mußmann, Frank Dammasch (Hg.): Migration, Flucht und Kindesentwicklung. Das Fremde zwischen Angst, Trauma und Neugier. Brandes & Apsel, Frankfurt a. M. 2016, 271 S., € 24,90
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Karen Zoller Schwierige Mitmenschen. So gehen Sie souverän mit ihnen um. Rowohlt, 256 S., € 12,99
Stephan Gosepath, Matthias Remenyi (Hg.) „… dass es ein Ende mit mir haben muss”. Vom guten Leben angesichts des Todes. Mentis, 240 S., € 32,–
Julia Tomuschat Das Sonnenkind-Prinzip. Selbstliebe, Leichtigkeit und Lebensfreude wiederentdecken. Kailash, 250 S., € 19,99 Thorsten Otto Die richtigen Worte finden. Ein Radiomoderator erklärt, wie Sie mit jedem jederzeit gute Gespräche führen können. Mvg, 203 S., € 16,99 Brené Brown Laufen lernt man nur durch Hinfallen. Wie wir zu echter innerer Stärke finden. Kailash, 352 S., € 19,99 Cornelia Schwarz, Stephan Schwarz Schluss mit Psychospielchen. Dtv, 236 S., € 14,90 Carola Kleinschmidt Burnout und dann? Wie das Leben nach der Krise weitergeht. Kösel, 240 S., € 17,99 Jo Marchant Heilung von innen. Die neue Medizin der Selbstheilungskräfte. Rowohlt, 416 S., € 16,99
Philip E. Tetlock, Dan Gardner Superforecasting. Die Kunst der richtigen Prognose. S. Fischer, 336 S., € 23,– Siegfried Macho Wissenschaft und Pseudowissenschaft in der Psychologie. Hogrefe, 263 S., € 24,95 Hanna Milling Storytelling – Konflikte lösen mit Herz und Verstand. Eine Anleitung zur Erzählkunst mit hundertundeiner Geschichte. Metzner, 268 S., € 34,95 Jörn Müller, Andreas Nießeler, Andreas Rauh (Hg.) Aufmerksamkeit. Neue humanwissenschaftliche Perspektiven. Transcript, 242 S., € 29,99 Theodor Itten, Ron Roberts Politik der Erfahrung. Kritische Überlegungen zur Entwicklung von Psychologie und Psychotherapie. Psychosozial, 340 S., € 36,90
KINDER UND FAMILIE Hans Piron Das Leben leben! Der Weg zu einem l(i)ebenswerten Leben. Kamphausen, 247 S., € 16,99
PSYCHISCHE GESUNDHEIT Ghita Benaguid, Stefanie Schramm Hypnotherapie. Junfermann, 164 S., € 16,90 Thomas Melle Die Welt im Rücken. Rowohlt, 352 S., € 19,95 Ulrich Stangier, David M. Clark, Denise M. Ginzburg, Anke Ehlers Soziale Angststörung. Hogrefe, 123 S., € 26,90 Petra Wiegers Nur die Liebe fehlt. Von Depressionen nach der Geburt und Müttern, die ihr Glück erst finden müssen. Patmos, 180 S., € 16,99 Kurt Theodor Oehler Das Loch im Ich. Warum so viele Menschen unglücklich sind, obwohl sie wie in einem Paradies leben. Frank & Timme, 216 S., € 28,–
Prithvi Perepa Autismus im Kleinkindalter. Grundlagenwissen für Eltern und professionelle Helfer. Junfermann, 142 S., € 16,90 Helmut Lukesch Auffälligkeiten im Erleben und Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Handlungsmöglichkeiten für Lehrkräfte. Hogrefe, 440 S., € 39,95 Kirsten Boie, Jesper Juul, Katharina Saalfrank Was tun, wenn der Hamster den Löffel abgibt? Beltz, 218 S., € 12,95 Stuart Shanker Das überreizte Kind. Wie Eltern ihr Kind besser verstehen und zu innerer Balance führen. Mit der weltweit bewährten Methode der Selbstregulierung. Mosaik, 384 S., € 21,99 Jochen Baier Adoptiert – mein Leben lang. Herbig, 280 S., € 22,–
SCHULE UND BILDUNG Helmut Heyse Was Lehrerinnen und Lehrer stark macht. Ein Lesebuch für ein erfüllendes Berufsleben. Hep, 200 S., € 24,–
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Monika Brunsting Legasthenie zwischen Comingout und keiner merkts. Wie man mit Dyslexie zurechtkommen kann: Erwachsene Betroffene berichten. Haupt, 198 S., € 36,–
ARBEIT UND BERUF Harlich H. Stavemann, Yvonne Hülsner Integrative KVT bei Frustrationsintoleranz. Ärgerstörungen und Prokrastination. Beltz, 230 S., € 36,95 Karin Dölla-Höhfeld Selbstbewusst, stark – und souverän im Berufsleben. Herder, 187 S., € 14,99 Ruth Urban, Tanja Klein Erfolg durch Positionierung. Im Traumberuf Coach und Trainer auf dem Markt bestehen. Junfermann, 208 S., € 25,90 Rosmarie Barwinski Resilienz in der Psychotherapie. Entwicklungsblockaden bei Trauma, Neurosen und frühen Störungen. Klett-Cotta, 280 S., € 34,95 Kristina Geue, Bernhard Strauß, Elmar Brähler (Hg.) Diagnostische Verfahren in der Psychotherapie. Hogrefe, 545 S., € 79,95 Marcel Schär Paarberatung und Paartherapie. Partnerschaft zwischen Problemen und Ressourcen. Springer, 168 S., € 29,99 Robin Youngson Time to Care. Wie Sie Ihre Patienten und Ihren Job lieben. Mabuse, 315 S., € 24,95
KULTUR UND GESELLSCHAFT Gustav A. Ungerer Forschungen zur Biographie Wilhelm Wundts und zur Regionalgeschichte. Verlag Regionalkultur, 454 S., € 34,80 Tilmann Moser Kleine politische Texte. Psychosozial, 123 S., € 16,90
Farhad Khosrokhavar Radikalisierung. CEP Europäische Verlagsanstalt, 224 S., € 22,– Frank J. Robertz, Robert Kahr (Hg.) Die mediale Inszenierung von Amok und Terrorismus. Zur medienpsychologischen Wirkung des Journalismus bei exzessiver Gewalt. Springer, 203 S., € 29,99 Matthias Völcker Fan-Sein. Die Identität des Star Wars Fans. Springer VS, 291 S., € 39,99 Jürgen Pörtl Tierisch beste Freunde. Mensch und Hund – von Streicheln, Stress und Oxytocin. Schattauer, 282 S., € 19,99 Christiane zur Nieden Sterbefasten. Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Eine Fallbeschreibung. Mabuse, 171 S., € 19,95 Johannes Hirsch Narrationen der Fälschung. Von Kunstfälschung und Erzählkunst bei Wolfgang Beltracchi, Eric Hebborn und Elmuyr de Hory. Psychosozial, 195 S., € 22,90 Marc Hill Nach der Parallelgesellschaft. Neue Perspektiven auf Stadt und Migration. Transcript, 252 S., € 34,99 Karen Hamann, Anna Baumann, Daniel Löschinger Psychologie im Umweltschutz. Handbuch zur Förderung nachhaltigen Handelns. Oekom, 144 S., € 19,95
HUMOR Stadtbekannt.at Schimpfen wie ein echter Wiener. Holzbaum, 127 S., € 9,99 Paul Hawkins Erwachsenwerden für Anfänger. Die besten Tricks für Kindsköpfe, Chaoten und Spätzünder. C. H. Beck, 175 S., € 9,95
Dennis Roth Kriminelles Verhalten im Alter. Eine gerontologische Annäherung. Mabuse, 250 S., € 34,95 Byung-Chul Han Die Austreibung des Anderen. Gesellschaft, Wahrnehmung und Kommunikation heute. S. Fischer, 110 S., € 20,– Wilhelm Schmid Das Leben verstehen. Von den Erfahrungen eines philosophischen Seelsorgers. Suhrkamp, 382 S., € 22,–
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MEDIEN
REDAKTION: ANKE BRUDER
SEHEN
Mein Freund, der Alkohol Tobias ist Architekt, er ist verheiratet und hat drei Kinder. Aber er hat auch einen Freund, Flasche, der überall dabei ist und Tobias immer wieder zum Trinken verführt. Der Film Alki Alki zeigt, was die Sucht mit einem Menschen machen kann. Unterhaltsam, aber schonungslos demontiert Filmemacher Axel Ranisch die vermeintliche, mühsam aufrechterhaltene Normalität des alkoholkranken Tobias. Sein Freund Flasche tritt im Film als reale Person auf, der Zuschauer kann sich so gut in die „Beziehungsdynamik“ zwischen den beiden hineinversetzen. Dabei kommt der Film mit ordentlich Wumms daher, von Anfang an herrscht eine mitreißende Intensität, der man sich nicht entziehen kann. Das ist keine leichte Kost – und unter anderem auch deshalb von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung ausdrücklich empfohlen und von der Deutschen Filmund Medienbewertung mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet worden. Alki Alki. DVD, missingFILMs, 2016. Laufzeit: 102 Minuten. € 17,99
HINGEHEN
Vortrag mit Frühstück Einmal im Monat treffen sich in vielen Städten auf der ganzen Welt Interessierte zu einem morgendlichen Vortrag. Die Veranstalter der Reihe CreativeMornings laden ein, sich vor Arbeitsbeginn von einem guten Vortrag – kombiniert mit einem kleinen Frühstück – inspirieren zu lassen. Ins Leben gerufen wurden die CreativeMornings von der New Yorkerin Tina Roth Eisenberg. Mittlerweile gibt es die Vortragsreihe auch in Deutschland, unter anderem in München und Berlin. Die Themen und Veranstaltungstreffpunkte wechseln von Monat zu Monat, die Termine werden vorher auf der Website bekanntgegeben. Bislang gab es zum Beispiel Vorträge zu den Themen Empathie, Scheitern und Liebe. https://creativemornings.com
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HÖREN
Bloggen für die Integration
Doch lieber leben
Jugendlichen das Bloggen beibringen, einheimischen und geflüchteten – das ist das Ziel der Blogger-Schule in München. Die rund 20 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bieten Workshops an Schulen an, in denen die Jugendlichen alles lernen, was man zum Bloggen braucht. An den Workshops können Flüchtlinge ab 15 Jahren teilnehmen, hinzu kommen gleichaltrige deutsche Schüler, um die Integration zu fördern. www.blogger-schule.de
Matt Haig ging es so schlecht, dass er schon auf der Klippe stand, um sich umzubringen. Er hat es nicht getan. Dafür gibt es verschiedene Gründe, zum Beispiel die Liebe seiner Eltern und seiner Freundin. Der britische Erfolgsautor erkrankte bereits mit 24 Jahren an Depressionen und kämpfte sich mühsam zurück ins Leben. Darüber hat er das Buch Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben geschrieben. Ein sehr persönliches, aber auch informatives Buch über die Volkskrankheit Depression, das jetzt als Hörbuch vertont wurde. Barnaby Metschurat liest die Geschichte sensibel und lebensnah – und man nimmt ihm und Haig tatsächlich ab, dass frische Luft, Speckbrötchen und die Liebe eines guten Hundes definitiv Gründe sein können, am Leben zu bleiben. Matt Haig: Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben. 4 Audio-CDs. Der Audio-Verlag 2016. Laufzeit: 4 Stunden und 25 Minuten. € 19,99
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LESERBRIEFE
k.brenner@beltz.de
„Wenn ich mich ändere, ändert sich das gesamte System der Partnerschaft“ Dr. Wolfgang Krüger, Berlin
(Der Psychotherapeut Arnold Retzer sprach mit uns unter anderem über sein Konzept der „resignativen Reife“, das er paartherapeutisch nutzt. „Es gibt keine Probleme, es gibt nur Tatsachen“. Heft 8/2016)
Das Interview mit Arnold Retzer war wunderbar, weil er mit Recht den Machbarkeitswahn unserer Zeit kritisiert. Aber das Interview ist auch deshalb so wunderbar, weil man Retzers einseitigen Thesen immer widersprechen möchte, vor allem den zur reifen Resignation. Die Resignation kann dazu beitragen, dass wir uns nicht in unerreichbaren Zielen verlieren und vielmehr eine heitere Ruhe erreichen. Doch Resignation bedeutet eben auch Kapitulation, Verzweiflung und Ergebenheit. Der Paartherapeut Michael Mary forderte schon vor einiger Zeit, man solle sich in der Liebe damit zufriedengeben, was man hat. Und das ist leider die Grundstimmung unserer Zeit, die fast depressiv wirkt. Wo ist die Aufbruchsstimmung, die noch die achtziger Jahre geprägt hat? Wo die Suche nach einem besseren Leben? Warum sind wir so mutlos, kraftlos, unentschlossen? Mich beschäftigt seit vielen Jahren vor allem das Thema Partnerschaft. Über 60 Prozent der Frauen würden gern ihren Mann ändern, 90 Prozent der Männer lehnen dies ab. Insofern stimme ich Ret92
Dr. Wolfgang Krüger, Psychologischer Psychotherapeut, Berlin
Alkohol: WHO-Grenzen (Wir berichteten von einer Studie, der zufolge die Empfehlungen zum risikoarmen Alkoholkonsum je nach Land stark differieren. „Einen Standarddrink, bitte!“ Heft 8/2016)
Die WHO hat schon vor Jahren Empfehlungen ausgesprochen – und zwar aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungsergebnisse. Danach verträgt ein Durchschnittsorganismus einer Frau pro Tag etwa 10–12 g Alkohol und ein Durch-
schnittsorganismus eines Mannes doppelt so viel, Berlin ohne Gefahr körperlicher Schäden. Warum Sie in Psychologie Heute den Eindruck erwecken, alles sei willkürlich, beliebig und nicht so ernst zu nehmen, verstehe ich nicht. Die WHO-Grenzen tolerierbaren Alkoholkonsums werden jedenfalls von PH überhaupt nicht erwähnt. Der Artikel endet auch noch ohne Problembewusstsein mit „Wohlsein!“. Sachverstand, Gesundheitsbewusstsein und Achtsamkeit wären wünschenswert. Dr. Klaus Mucha, Diplompsychologe, Fachkunde Suchtpsychologie, Berlin
Entscheiden Linkshänder vorschnell? (In unserer Titelgeschichte analysierte Annette Schäfer die Sehnsucht nach raschen Antworten. „Mut zur Unsicherheit“. Heft 7/2016)
In Ihrer Titelgeschichte ging es unter anderem um die Neigung vieler Menschen, vorschnelle Entscheidungen zu treffen. Hierzu ein Zitat: „Die kurzen Konzentrationsphasen der umgeschulten Linkshänder spiegeln sich direkt in ihren Verhaltensweisen. Die Betroffenen versuchen schnell ihre Gedanken zu ,platzieren‘ und können nicht abwarten und anderen zuhören. Ansonsten droht ihnen nämlich die Gefahr, dass ihre Gedanken unwiderruflich versickern …“ (Quelle: Johanna Barbara Sattler: Der umgeschulte Linkshänder. Auer-Verlag 2013, 12. Auflage). Wenigstens 20 Prozent der Erwachsenen sind umgeschulte Linkshänder – die meisten, ohne es zu wissen. Auf Seite 95 des obigen Buches werden etwa 20 Persönlichkeitseigenschaften von umgeschulten Linkshändern aufgezählt. Vorschnelle Entscheidungen sind nur ein Merkmal aus dieser Reihe. Seit acht Jahren PSYCHOLOGIE HEUTE
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Die Redaktion behält es sich vor, Leserbriefe zu kürzen
Nicht zu sehr resignieren!
zer zu, dass sich der Partner nicht ändern lässt. Aber es gibt das wirkungsvolle Prinzip der indirekten Veränderung: Wenn ich mich ändere, ändert sich das gesamte System der Partnerschaft. MEFU – meine Entwicklung für uns – nenne ich diese Vorgehensweise, die ich seit über 20 Jahren praktiziere. Über 90 Prozent der Partnerschaften lassen sich dadurch wesentlich verbessern. Aber es setzt voraus, dass wir uns selbst ändern, uns begreifen, eigene Ängste und Hemmungen überwinden. Deshalb müssen wir als Psychotherapeuten immer wieder dabei helfen, sowohl Ängste als auch Bequemlichkeiten zu überwinden. Das geht aber nur, wenn wir selbst leidenschaftlich an die Möglichkeit der Veränderung glauben. Retzer steht für das Erwachsenwerden ein, doch auch die Neugierde, die Aufbruchsstimmung sind wichtig. Wenn wir zu sehr resignieren, wenn wir nicht als Experten die realistischen Möglichkeiten der Veränderung aufweisen, lassen wir die suchenden und mitunter auch verzweifelten Menschen im Stich. Dann haben wir dazu beigetragen, dass sie sich möglicherweise den Scharlatanen zuwenden.
weiß ich, dass ich umgestellter Linkshänder bin. Ich bin heute 75 Jahre alt. Bei Interesse wenden Sie sich an mich: bashir. molly@t-online.de. Bashir Molly, Rosbach v. d. H. (bei Frankfurt)
Fettsucht: Ursachen bekämpfen (Kathrin Burger berichtete über eine kanadische Studie, der zufolge manche Patienten nach einer Magenbypass-Operation mentale Probleme entwickeln. „Erst Schwergewicht, dann Schwermut“. Heft 8/2016)
„Offenbar sehen manche Patienten ihre Erwartung an ein Leben mit schlanker Taille nach anfänglicher Euphorie nicht erfüllt.“ Ja, natürlich nicht. Denn eine schlanke Taille wird die Probleme, die diese Patienten vormals mit Essen (scheinbar) bewältigen konnten, nicht lindern. Natürlich neigen einige früher fettleibige Patienten zu selbstzerstörerischem Verhalten, denn auch das Überessen an Speisen kann in eine Art Rausch versetzen und zerstört Körper und Geist langfristig. Der Ansatz, das körperliche Wohlbefinden durch den Bypass im Magen zu verbessern, ist physisch einwandfrei. Hier wer-
den die körperlichen Beschwerden gelindert. Leider wird anscheinend nicht bedacht, dass das Essen vielleicht das war, was für andere das Heroin ist. Nach der OP ist das dann einfach weg. Die Folge sind dann „Ersatzdrogen“ wie Alkohol und für manche Menschen, die keinen Ausweg mehr sehen, der Suizid(versuch). Fazit meinerseits wäre also, dass man die Ursache für die Fettleibigkeit bekämpft und dann die körperlichen Symptome lindert. Stefanie Runge, per E-Mail Provokanter Titel (In unserer Titelgeschichte zeigten wir, warum es für das eigene Seelenheil manchmal besser ist, auf zu viel Einigkeit zu verzichten. „Die Harmonie-Lüge“. Heft 8/2016)
Als ich durch die Berliner Bahnhofszeitschriftenabteilung schlenderte, fiel mir die Überschrift in Ihrem neuesten Heft auf: „Die Harmonie-Lüge“. Diesen Titel fand ich überaus provokant. Also kaufte ich das Heft und studierte die Beiträge zu dieser Thematik. Mein erstes Gefühl war: „Wenn die Leute nur diesen Titel lesen, und die wenigsten werden das Heft dann kaufen, um
die Detailinformationen zur Kenntnis zu nehmen, dann kommt sehr rasch das Gefühl auf: ,Was ich schon immer sagte, Harmonie ist Müll! Richtig draufhauen, das ist es, was die Leute brauchen. Immer den Wind von vorne geben. Sich bloß nicht unterbuttern lassen!‘ Meinen Sie nicht, dass eine so apodiktische Aussage auf der Titelseite eines Heftes, das sich um die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu sorgen vorgibt, hochproblematisch ist? In Ihrem Beitrag wird dann die zentrale Aussage schon differenziert, aber dass Sie etwa damit beginnen, alle Bemühungen in der Bevölkerung um die Schaffung von Harmonie gleich in Bausch und Bogen madig zu machen, halte ich doch für überDr. Rolf Mengert, Berlin trieben.
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ISSN 0340-1677
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BESSER LEBEN. BESSER STERBEN Der Tod und alles, was damit zusammenhängt, ist ein Thema, das viele Menschen verdrängen. Doch in einer amerikanischen Universität stehen Studenten Schlange, um ein Seminar über das Sterben zu besuchen. Warum? Vielleicht liegt es daran, dass sie durch die Beschäftigung mit dem Tod vor allem etwas über das Leben lernen.
DIE WALDMEDIZIN Wir wissen: Ein Spaziergang im Wald tut uns gut. Aber was genau passiert mit uns, wenn wir uns in der Nähe von Bäumen aufhalten? Neue Studien belegen: Fichten, Eichen oder Buchen können uns vor Krankheiten schützen. Eine wichtige Rolle spielen dabei chemische Verbindungen, die gasförmig in der Waldluft herumschwirren: die Terpene.
OH, DIESE ELTERN! Lehrkräfte an Grundschulen wissen ein Lied davon zu singen: Zunehmend mischen sich Eltern in das Schulgeschehen ein, kritisieren Unterrichtsmethoden und das Verhalten der Pädagogen. Sie wollen für ihr Kind nur das Beste. Und erreichen doch das Gegenteil. Denn die Kinder profitieren vom Engagement ihrer Eltern in der Regel nicht.
DA BIN ICH DAHEIM! WIE FINDEN WIR ORTE, AN DENEN WIR UNS ZU HAUSE FÜHLEN? Heute hier, morgen da: Der Arbeitsmarkt verlangt von uns Flexibilität. Wir müssen für Studium oder Job umziehen oder, wenn wir das nicht wollen, Tag für Tag vom Wohnort zum Arbeitsplatz pendeln. Das hat Folgen. Denn je mobiler wir sind, desto mehr vernachlässigen wir ein wichtiges Bedürfnis: an einem Ort Wurzeln zu schlagen, sich zugehörig zu fühlen. Wir sind gefordert, auch in der mobilen Welt einen Ort zu finden, der uns ein Zuhause ist. Nur: Wo und wie finden wir ihn? Und können wir den Ort lieben lernen, an den es uns verschlagen hat?
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AUSSERDEM ●
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Missbrauchtes Vertrauen: Wie Hochstapler uns hinters Licht führen Unsichtbare Gefährten: Das gespenstische Gefühl, dass da jemand im Raum ist Hirn unter Strom: Elektrotherapie erlebt einen Boom
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PLZ-Bereich 4
40237 Düsseldorf: Andrea Mende, Herderstr. 71b, Tel. (0160) 97985491 40479 Düsseldorf: Sylvia Henkes, Kapellstr. 24, Tel. (0211) 6912572 40479 Düsseldorf: Marion Pahlen, Kapellstr. 24, Tel. (0176) 52024902 40489 Düsseldorf: Ute Grießl, Alte Landstr. 172, Tel. (0211) 4350385 40545 Düsseldorf: Dagmar Krölls, Luegallee 108, Tel. (0211) 52288585 40589 Düsseldorf: Nikolaus Einhorn, An St. Swidbert 31, Tel. (0211) 442074 40591 Düsseldorf: Patricia Kronberg, Kölner Landstr. 259, Tel. (0211) 2106966 40597 Düsseldorf: Thomas Bader, Cäcilienstr. 1, Tel. (0211) 7606424 40723 Hilden: Ulrike EllendtKelzenberg, An den Linden 2, Tel. (02103) 243314 40822 Mettmann: Paul Schlinkert, Klein Goldberg 55, Tel. (0172) 2723744 40822 Mettmann: Heike SchneidereitMauth, Am Freistein 12, Tel. (02104) 517662 40882 Mettmann: Andrea Löffler, Azaleenweg 3, Tel. (0177) 7715347 41063 Mönchengladbach: Susanne Wilms, Am neuen Wasserturm 2, Tel. (02161) 5662486 41460 Neuss: Ursula Schilling, Hermannstr. 39, Tel. (02131) 5126850 41747 Viersen: Max Hartkopf, Gladbacher Str. 79, Tel. (02162) 3650297 42115 Wuppertal: Susanne Rost, Mozartstr. 50, Tel. (0202) 3191937 42781 Haan: Marion Beckershoff, Borsigstr. 10, Tel. (0170) 3584727 44388 Dortmund: Alexander Wilhelm, Werner Str. 8, Tel. (0231) 634784 45130 Essen: Andrea Mende, Emmastr. 57, Tel. (0160) 97985491 45133 Essen: Sabine Fels, Grashofstr. 105, Tel. (0201) 776678 45134 Essen: Ullrich Müller, Grevendieck 19, Tel. (0201) 4088140 45141 Essen: Evelyn Mennenöh, Am Schultenhof 2, Tel. (0201) 215449 45470 Mülheim/Ruhr: Regina Zwirner, Scheifhackenweg 11, Tel. (0208) 37799876 46236 Bottrop: Doris Wagner, Am Eickholtshof 14, Tel. (02041) 977414 47169 Duisburg: Margarete Wösthoff, Roonstr, 48, Tel. (0203) 3634029 47199 Duisburg: Annegret Baaken, Heinrich-Kerlen-Str. 11, Tel. (02841) 8362 47798 Krefeld: Ulrike Struck, Südwall 40, Tel. (02151) 330419 47799 Krefeld: Werner Rabbe, Oppumer Str. 63, Tel. (02151) 396331 47809 Krefeld: Gabriela Wiesner, Trift 104, Tel. (02151) 7670793 48153 Münster: Ulrich Krömer, Südstraße 20, Tel. (0251) 1410473
49074 Osnabrück: Judith WurmBeissel, Hassestr. 29/30, Tel. (0541) 77072379 49076 Osnabrück: Christa UldrichSchartau, Wilhelmstr. 84, Tel. (0541) 3301738 49626 Rees: Sonja Roesgen, Butenesch 4, Tel. (0172) 6225056 PLZ-Bereich 5
50321 Brühl: Matthias Töpfer, An Maria Glück 12, Tel. (02232) 28579 50374 Erftstadt: Monika Barth, Monschauer Weg 7, Tel. (0176) 96525747 50670 Köln: Antje Abram, Melchiorstr. 14, Tel. (02234) 928055 50670 Köln: Dr. Sylvia Blanke, Gereonshof 36, Tel. (0221) 138060 50676 Köln: Elke Baumann, Trierer Str. 4, Tel. (0221) 9322453 50676 Köln: Christiane Scheffler, Mühlenbach 42, Tel. (0176) 20938840 50733 Köln: Tobias Bake, Tel. (0221) 2617801 50733 Köln: Barbara Gramberg, Lohsestr. 53, Tel. (0221) 732451 50765 Köln: Nicola EschweilerTrutzenberg, Köln-Nord, Tel. (0221) 7592710 50823 Köln: Dr. Agnes Büchele, Fridolinstr. 27, Tel. (0221) 553112 50825 Köln: Horst ter Haar, Heinzelmännchenweg 11, Tel. (0221) 464290 50935 Köln: Eva Gierling, Virchowstr. 19, Tel. (0221) 97138577 50935 Köln: Andreas Rothkegel, Virchowstr. 19, Tel. (0178) 3026841 50937 Köln: Susanne Bürger, KölnSülz, Tel. (0163) 7023683 50937 Köln: Erhard Doubrawa, Zülpicher Str. 255, Tel. (0700) 36827292 50937 Köln: Ulrich Fabian, Kaisersescherstr. 14, Tel. (0177) 2013611 50937 Köln: Inge Wuthe, Laudahnstr, 22, Tel. (0221) 16859650 50968 Köln: Jürgen Kramp, Brühlerstr. 27, Tel. (0221) 4302710 50968 Köln: Karla Maria Maaß, Markusstr. 64, Tel. (0221) 383739 51065 Köln: Elisabeth Mehlis, Voltastr. 24, Tel. (0221) 233112 51069 Köln-Dellbrück: Katharina Horak, Tel. (0221) 9687650 51069 Köln: Renate Hüsch, Brambachstr. 65, Tel. (0221) 3008303 51373 Leverkusen: Brigitte Eimermacher, Zeisigweg 19, Tel. (0214) 6027158 52062 Aachen: Lucia Armborst, Komphausbadstr. 6, Tel. (0241) 56862033 52064 Aachen: Theo Schreiber, Am Roskapellchen 1-2, Tel. (0241) 28323 52066 Aachen: Constanza Fest, Oppenhoffallee 97, Tel. (0241) 47664130 53111 Bonn: Dr. Anita Barkhausen, Breite Str. 55a, Tel. (02224) 901315
53111 Bonn: Jürgen Kendziora, Wachsbleiche 8-9, Tel. (0221) 92233947 53111 Bonn: Dr. Annette Standop, Adenauerallee 11, Tel. (0228) 24002858 53115 Bonn: Kerstin Brandes, Rosenburgweg 2, Tel. (0228) 230444 53797 Lohmar: Eliane Schlieper, Fasanenweg 14, Tel. (0175) 8283391 53804 Much: Elisabeth Haas, Hauptstr. 41, Tel. (02245) 610278 53894 Mechernich-Eisenfey: Jürgen Heinrich, Hauserbachstr 9, Tel. (0170) 5895233 53913 Swistal: Angelika Mielsch, Robert-Koch-Str. 7, Tel. (02255) 959670 54290 Trier: Elzbieta Sobotta, Bruchhausenstr. 1, Tel. (0651) 99166625 54295 Trier: Walter Born, Olewiger Str. 16, Tel. (0651) 4633455 55263 Wackernheim: Johanna Koch, Am Graben 8, Tel. (06132) 657772 55278 Mainz-Undenheim: Kathrin Schulz, Staatsrat-Schwamb-Str. 59, Tel. (06737) 712644 56068 Koblenz: Manfred Schnee, Südallee 64, Tel. (0261) 97332444 56626 Andernach: Elisabeth Lenzen, Ekerenstr. 6B, Tel. (02632) 82356 57080 Siegen: Johannes Ufer, Schulstr. 12, Tel. (0271) 399463 57223 Kreuztal: Regine Viehmann, Stephanstr. 13, Tel. (02732) 553850 57632 Berzhausen: Anke Pfeffermann, Mühlenstr. 13, Tel. (02685) 989690 58455 Witten: Martin Partner, Auf den Stücken 4a, Tel. (02302) 1729130 58566 Kierspe: Heidrun Wendel, Höferhof 36, Tel. (02359) 6781 59065 Hamm: Ulrich Krömer, Weststr. 11, Tel. (02381) 3608140 59423 Unna: Dr. Wolf-R. Klehm, Wasser Str. 32, Tel. (02303) 254374 59821 Arnsberg: Gabi Heers, Fuchspfad 16, Tel. (02931) 15244 PLZ-Bereich 6
60318 Frankfurt/Main: Konstanze Streese, Glauburgstr. 67a, Tel. (069) 94419521 60318 Frankfurt/Main: Lilo Uhlendorff, Jahnstr. 56, Tel. (069) 46994352 60385 Frankfurt/Main: Isabel Bommer, Löwengasse 14, Tel. (069) 79309980 60389 Frankfurt/Main: Ute Wirbel, Burgstr. 81, Tel. (069) 459052 60433 Frankfurt/Main: Bärbel Spiegel, Lupinenweg 10, Tel. (069) 95415030 60437 Frankfurt/Main: Gudrun Lessing-Kremer, Im Storchenhain 18, Tel. (069) 506202 60487 Frankfurt/Main: Jutta Gerstadt, Marburger Str. 2, Tel. (069) 61993877 61184 Karben: Marianne Merx, Am Ludwigsbrunnen 54, Tel. (06039) 95275
Ständig aktualisierte Liste im Internet:
Stand 08/16 · Hinweis:
www.therapeutenadressen.de www.gestalttherapie.de
Die Gestalttherapeutinnen und Gestalttherapeuten auf unserer Liste verfügen über eine umfangreiche gestalttherapeutische Ausbildung: ca. 4 Jahre mit ca. 1 050 Stunden bzw. 1 440 Unterrichtsstunden. Der Eintrag in die Liste erfolgt aufgrund der Selbstauskunft der Kolleginnen und Kollegen.
Therapeutenadressen Service · Zülpicher Str. 255 · 50937 Köln 100
PSYCHOLOGIE HEUTE
11/2016
PLZ-Bereich 7
70180 Stuttgart: Lilith Kohrs, Lehenstr. 17a, Tel. (0711) 12250007 70327 Stuttgart: Frida Hahn-Mall, Gehrenwaldstr. 41B, Tel. (0711) 25859993 70599 Stuttgart: Kerstin Bonke, Leypoldtstr. 11, Tel. (0711) 7683991 70619 Stuttgart: Sylvia Straub, Tuttlingerstr. 80, Tel. (0711) 8275833 71336 Waiblingen: Susann Gabriel, Hirschlauf 11, Tel. (07151) 908943 71672 Marbach/N.: Christine Lange, Ludwigsburger Str. 13, Tel. (07144) 831743 72070 Tübingen: Ulrich Saßmann, Herrenberger Str. 23, Tel. (07472) 2790017 72072 Tübingen: Siglinde Schauer, Ruth-Marx Str. 4-8, Tel. (07071) 369483 72581 Dettingen: Hella Ahlborn, Silcherstr. 51, Tel. (07123) 8370 72764 Reutlingen: Renate Frey, Kaiserstr. 50, Tel. (0176) 68260802 72764 Reutlingen: Ulrich Saßmann, Wilhelmstr. 85, Tel. (07472) 2790017 72820 Sonnebühl: Uwe Bauer, Im Gässle 5/4, Tel. (07128) 928155 73527 Schwäbisch-Gemünd: Karin Schwenk, Am Eichenrain 6, Tel. (0175) 6494733 73734 Esslingen: Solveig Hummel, Zollbergstr. 41, Tel. (0711) 3820120
PLZ-Bereich 8
80331 München: Ingeborg Staniek, Oberanger 43, Tel. (089) 85638735 80336 München: Peter Rutkowski, Landwehrstr. 26 , Tel. (089) 537432 80538 München: Christoph Teich, Emil-Riedel-Str. 2, Tel. (089) 293233 80539 München: Claus Stegfellner, Kaulbachstr. 47, Tel. (089) 95993938 80779 München: Gerhard Pfaffinger, Türkenstr. 54, Tel. (089) 28755070 80799 München: Dr. Christiane Kelwing, Barer Str. 48, Tel. (0173) 9250902 80801 München: Brigitte Rasmus, Konradstr. 16, Tel. (089) 345512 81479 München: Christoph Grötzner, Konrad-Witz-Str. 17, Tel. (0176) 45551070 81479 München: Marianne Lorenz, Josef-Schwarz-Weg 41, Tel. (089) 7917979 81545 München: Miriam M‘Bengue, Harthauserstr. 117, Tel. (0177) 4180818 81545 München: Caroline Meiller, Harthauserstr. 93, Tel. (089) 64260741 81669 München: Oliver Fratzke, Rosenheimerstr. 36, Tel. (089) 90476334 82319 Starnberg: Michaela Pröpper, Possenhofener Str. 1, Tel. (08151) 4441850 83071 Stephanskirchen: Joachim Kundmüller, Matthias-Kerer-Str.1a, Tel. (08031) 2474516 83236 Übersee: Helma Thonicke, Badergassl 5, Tel. (08642) 2383298 84028 Landshut: Cornelia Sayda, Obere Ländgasse 49a, Tel. (0871) 64476 84323 Massing: Christa Ackermann, Oberroßbach 21, Tel. (08724) 966715 85221 Dachau: Helmut Geier, Robert v. Haugstr. 1, Tel. (08131) 277035 85221 Dachau: Linda Kolb, Karl-BenzStr. 7A, Tel. (08131) 339911 85368 Moosburg: Ludger Mintrop, Weizenstr. 5, Tel. (08761) 7554878
NEU! Gestalttherapie: Handreichung für Ratsuchende
86150 Augsburg: Dr. Otto Glanzer, Unter dem Bogen 2, Tel. (0821) 519944 86159 Augsburg: Maria Flaig, Imhofstr. 11, Tel. (0821) 9069086 86159 Augsburg: Hildegard Steuer, Alpenstr. 19, Tel. (0821) 311952 86316 Friedberg: Ursula Späth, Fröschweilerstr. 1, Tel. (0821) 2622253 86899 Landsberg am Lech: Harald Preukschat, Münchener Str. 7a, Tel. (08191) 2900641 87700 Memmingen: Michaela Rapp, Roemerhof 33, Tel. (0170) 8147567
88662 Überlingen: Michael Urban, Heiligenbreite 52, Tel. (07551) 857795 88682 Salem: Jutta Jaeger, AbtJohann-Str. 8, Tel. (07553) 8649 89155 Erbach: Roswitha Birk-Becht, Ehingerstr. 31-33, Tel. (07305) 9338956 PLZ-Bereich 9
90419 Nürnberg: Inge Albrecht, Rilkestr. 13, Tel. (0911) 2747299 90419 Nürnberg: Sybilla Mieves, Großweidenmühlstr. 2, Tel. (0911) 3225902 90443 Nürnberg: Irene Nworgu, Gibitzenhofstr. 88e, Tel. (0911) 429551 90562 Heroldsberg: Irene Willuweit, Von-Geuder-Str. 6, Tel. (0911) 5187592 90762 Fürth: Ulrike Eller, Friedrichstr. 10, Tel. (0911) 93990686 91056 Erlangen: Brigitte BauerKuklinsky, Reinschartenweg 17a, Tel. (09131) 450441 91056 Erlangen: Heike-Anne Reuß, Möhrendorfer Str. 3, Tel. (09131) 9295712 91154 Roth: Friedrich Kaeppel, Egerlandstr. 20a, Tel. (09171) 1562 91438 Bad Windsheim: Gertraud Schneider, Friedrich-Herlin-Weg 5, Tel. (09841) 650136 91785 Pleinfeld: Cornelius Voigt, Mannholz 6, Tel. (09177) 4853667 93055 Regensburg: Stephan Borgs, Tegernheimer Schluchtweg 1, Tel. (0941) 44453 94161 Ruderting: Mario Nitsch, Ebental 8, Tel. (08509) 938898 96047 Bamberg: Reiner Dietz, Schützenstr. 27, Tel. (0951) 26377 97082 Würzburg: Martina Müller, Wredestr. 18, Tel. (09306) 983944 Schweiz
CH-4153 Reinach: Ina Kunz, Austr. 6, Tel. (0041-61) 7112179 CH-8266 Steckborn: Martina GräfLehmann, Im Winkel 1, Tel. (0041-52) 6246948
Auf 31 Seiten Informationen zur Gestalttherapie, Literaturempfehlungen, Praxisadressen von GestalttherapeutInnen (mit den Spezial-Listen „GestalttherapeutInnen für Paare“, „GestalttherapeutInnen für Kinder und Jugendliche“ sowie „Supervision durch GestalttherapeutInnen“). Kostenloser Download: www.gestalttherapie.de/handreichung.pdf
Sie suchen GestalttherapeutInnen für fremdsprachige KlientInnen? Wir helfen Ihnen gerne weiter: eMail: service@therapeutenadressen.de oder Fax: (02 21) 4476 52 (Eine telefonische Auskunft ist leider nicht möglich.)
T. A. S. · Zülpicher Str. 255 · 50937 Köln PSYCHOLOGIE HEUTE
11/2016
Ein Klassiker der Gestalttherapie, jetzt als erweiterte Taschenbuchausgabe.
88069 Tettnang: Elisabeth Neimeke, Schillerstr. 8, Tel. (07542) 9396678
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74354 Besigheim: Susanne Denzin, Schwalbenhälde 10, Tel. (07143) 4099580 74523 Schwäbisch Hall: Ursula Altmayer, Alte Steige 3, Tel. (0791) 9541768 78462 Konstanz: Andreas Büche, St.-Johann-Gasse 4, Tel. (07531) 2844580 78462 Konstanz: Margot Hegge, Schulstr. 4A, Tel. (07531) 691935 78628 Rottweil: Hans-Gert Knebuß, Hochturmgasse 3, Tel. (0741) 6416 79098 Freiburg: Klaus Kooistra, Rosastr. 21, Tel. (0761) 31313 79100 Freiburg: Hille Müller, AstridLindgren-Str. 13, Tel. (0761) 4575754 79106 Freiburg: Sandra Klein-Gißler, Engelbergerstr 19, Tel. (07633) 9299396 79194 Heuweiler: Helmut Aatz, Kirchberg 12, Tel. (07666) 8846352
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64289 Darmstadt: Regina Broszeit, Schloßgartenstr. 53, Tel. (06151) 784294 64347 Griesheim: Ursula Pavez Sandoval, Heinrichstr. 2, Tel. (06155) 828163 64521 Groß-Gerau: Franziska Schröder, Bernhard-Lüdecke-Str. 25, Tel. (06152) 8554934 65185 Wiesbaden: Jutta Eifler, Rheinstr. 80, Tel. (0611) 9003778 65193 Wiesbaden: Nikola Knorr, Sooderstr. 45, Tel. (0611) 2056556 66121 Saarbrücken: Cristina Schaaf, Mainzer Str. 145, Tel. (0681) 93587478 66131 Saarbrücken: Peter Bigos, Am Wickersberg 45, Tel. (06893) 9498908 66564 Ottweiler: Alexander Lessel, Im Buchgarten 6, Tel. (06858) 699506 66822 Lebach: Alexander Lessel, Saarbrücker Str. 15, Tel. (06881) 52309 67246 Grünstadt: Sylvia Weiler, Hauptstr. 2, Tel. (06238) 764128 67655 Kaiserslautern: Ulla Jörg, Beethovenstr. 24-26, Tel. (06371) 462881 67697 Otterberg: Sigrid Fuchs, Bergstr. 46, Tel. (06301) 794908 68159 Mannheim: Raymond Trumpfheller, E 7, 25, Tel. (0621) 14000 68165 Mannheim: Lydia Paulik-Rebe, Kleinfeldstr. 48, Tel. (0621) 4014555
L E S E N
Praxisadressen Gestalttherapie
Erhard Doubrawa I Die Seele berühren: Erzählte Gestalttherapie I 105 S. I Erweiterte Taschenbuchausgabe I nur 5,00 c Erhard Doubrawa arbeitet seit vielen Jahren als Gestalttherapeut mit Einzelnen, Paaren und Gruppen. Er ist Gründer und Leiter des Gestalt-Instituts Köln (GIK), wo er auch als Ausbilder tätig ist. Außerdem gibt er die Zeitschrift »Gestaltkritik« heraus. In diesem Buch versammelt der Autor Geschichten, die er vielfach in seiner Arbeit als Gestalttherapeut erzählt hat – einzelnen Klientinnen und Klienten, in Selbsterfahrungs- und in Ausbildungsgruppen. Sie haben schon oft dazu beigetragen, dass Menschen sich wieder öffnen und sich so von anderen seelisch berühren lassen konnten.
Zehn Jahre nach Erscheinen der viel beachteten »Einladung zur Gestalttherapie« – nun als ungekürzte Taschenbuchausgabe.
Erhard Doubrawa und Stefan Blankertz I Einladung zur Gestalttherapie: Eine Einführung mit Beispielen I 96 S. I nur 5,00 c Dieses Buch bietet eine leicht verständliche Einführung in die Gestalttherapie; es zeigt, wie Gestalttherapie heilt und für wen diese Therapieform gut ist. Zahlreiche Beispiele machen das Buch zu einer anschaulichen Einstiegslektüre. Beide Bücher jetzt auch als Kindle-eBook (nur 2,99 e )!
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THERAPIE/BERATUNG
Kraftvolle Lösungen
Meditieren heilt – Vorbeugen und gesund werden durch Achtsamkeit Dr. med. H. Banzhaf & Prof. Dr. Stefan Schmidt – Kreuz Verlag www.dr-banzhaf.de
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29. April – 1. Mai 2017 | Universität WIEN
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www.therapeutenadressen.de www.gestalttherapie.de … oder für 1,45 € in Briefmarken: Therapeutenandressen Service Zülpicher Str. 255, 50937 Köln
Neu
Markus ANGERMAYR • Anna BUCHHEIM • Rupert DINHOBL Doris FISCHER-DANZINGER • Christoph KOLBE Alfried LÄNGLE • Mathias LOHMER • Karin MATUSZAK-LUSS Eckart ROEDIGER • Lilo TUTSCH
INTERNATIONAL
Bild: Margret Künzel
Praxisadressen von Gestalttherapeutinnen und -therapeuten
GLE International www.existenzanalyse.org • gle@existenzanalyse.org
50 Wege zur richtigen Entscheidung Nehme ich an der Fortbildung teil? Soll ich mich auf die Führungsposition bewerben? Oder sollte ich besser gleich kündigen? Sie erhalten 50 Methoden und Techniken, um im Berufsleben die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Auswahl reicht von strategischen und formalen Techniken bis hin zu intuitiven und kreativen Methoden, die anhand von Beispielsituationen konkret erläutert werden.
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PSYCHOLOGIE HEUTE
11/2016
BildungsKongress 2017 in Stuttgart Freitag, 13. – Sonntag, 15. Januar 2017
«Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …» Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung
Dr. med. Mabuse Nr. 223 (September/Oktober 2016) Schwerpunkt:
Vorträge Dr. med. Michaela Glöckler: «Welche geistigen Kräfte wirken im kleinen Kind?» Johannes Greiner: «Das innere Kind und der Quell der Kreativität» Dr. Christoph Hueck: Innere Heimat finden – die verletzenden und die heilenden Kräfte der Kindheit Prof. Dr. David Martin: Wie kann sich der Erwachsene die im Kinde wirksamen Kräfte zu eigen machen?
Berührung • Frühkindliche Bindung • Arzt-Patienten-Beziehung • Kinaesthetics • Achtsame Berührung am Lebensende außerdem:
Klavierkonzert Johannes Greiner: «Das Spiel der Polaritäten und das Kindliche in der Musik» – Klavierabend mit Werken von Bortkiewicz, Schubert u. a.
Fehlverteilung von Arztsitzen – AOK-Institut sieht keinen Ärztemangel • Offene Besuchszeiten im Krankenhaus – Pro und Contra • Voneinander lernen – trotz Demenz • Hebammen an Schulen – Aufklärungsunterricht mit Win-win-Effekt
17 Seminare zum Thema des Bildungskongresses 2017 mit FachdozentenInnen
Informationen und Anmeldung Agentur «Von Mensch zu Mensch» Andreas Neider und Laurence Godard Tel.: 0711 / 248 50 97 E-Mail: aneider@gmx.de Frühbucherrabatt bis 17. 11. 2016, Günstiger ist die Anmeldung im Internet: www.bildungskongress2017.de Veranstalter, Konzeption und Durchführung: Agentur «Von Mensch zu Mensch» in Zusammenarbeit mit: Vereinigung der Waldorfkindergärten, Bund der Freien Waldorfschulen e.V. und der Medizinischen Sektion Dornach / CH
PSYCHOLOGIE HEUTE
11/2016
ist die unabhängige und kritische Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe. Einzelheft 8 Euro. Schnupperabo (6 Ausgaben) nur 32 Euro (statt 44 Euro). Als Geschenk gibt es ein Buch oder einen Büchergutschein über 15 Euro. Weitere Aboprämien und die letzten Ausgaben finden Sie auf unserer Homepage: www.mabuse-verlag.de
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Mabuse-Verlag
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STELLENMARKT
Die B·A·D Gruppe betreut mit mehr als 3.700 Experten europaweit 270.000 Betriebe mit 4 Millionen Beschäftigten in den verschiedenen Bereichen der Gesundheitsvorsorge und der Arbeitssicherheit. Allein in Deutschland betreiben wir 200 Gesundheitszentren. Damit gehören wir mit unseren Tochtergesellschaften zu den größten europäischen Anbietern von Präventionsdienstleistungen.
Teamleiter (m/w)
im Gesundheitsmanagement und der psychosozialen Beratung Zentrale in Bonn, Abteilung Produktmanagement – Vollzeit
»Neben meiner fachlich anspruchsvollen Arbeit als BGM-Berater überzeugen mich vor allem die gute Arbeitsatmosphäre und die netten Kollegen. Schließlich arbeiten wir viel im Team zusammen. Dass auch noch das Gehalt stimmt und viele zusätzliche Sozialleistungen wie selbstverständlich angeboten werden ist ein weiterer Pluspunkt für die B·A·D GmbH als Arbeitgeber.« Nils Langer, Referent für Betriebliches Gesundheitsmanagement, BAD-Zentrale Bonn
Unser Angebot: – Zukunftssichere Beschäftigung in einem modernen Dienstleistungsunternehmen – Flexible Arbeitszeitmodelle – Leistungsbezogene Vergütung – Betriebliche Altersvorsorge – Strukturierte Einarbeitung sowie finanzierte Weiterbildungsmaßnahmen – Innerbetriebliches Gesundheitsmanagement – Kooperation mit dem AWO Elternservice – Car-Rent-Sharing-Modell Ihre Aufgaben: – Weiterer Ausbau der Geschäftsfelder Gesundheitsmanagement und psychosoziale Beratung im B·A·D – Leitung und strategische Weiterentwicklung des Bereichs – Führung eines interdisziplinären Teams, größtenteils bestehend aus systemischen Beratern und Experten
Kennziffer TL
des betrieblichen Gesundheitsmanagements – Eigenständige Leitung von Projekten, u. a. Entwicklung und Implementierung neuer Beratungsdienstleistungen – Enge Zusammenarbeit mit Direktoren, Fachexperten und den operativen Einheiten der Fläche Ihr Profil: – Abgeschlossenes Hochschulstudium, gerne im Bereich Psychologie, Wirtschaftspsychologie, BWL mit Schwerpunkt Personal, im Gesundheitswesen o. ä. – Mehrjährige Erfahrung in der Leitung von Teams, z. B. im Bereich Personal, Psychologie oder Gesundheit – Vertiefende Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit betrieblichen Veränderungsprozessen – Hohe Sozial- und Kommunikationskompetenz – Belastbarkeit und Konfliktfähigkeit – Ausgeprägte Dienstleistungsorientierung gepaart mit analytischer und strukturierter Arbeitsweise – Deutschlandweite Reisebereitschaft
Interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen unter Angabe der o. g. Kennziffer, Ihrer Gehaltsvorstellungen und des frühestmöglichen Eintrittstermins, per E-Mail an bewerbung@bad-gmbh.de B·A·D GmbH – Personalentwicklung/-gewinnung Herr Eggemann, Tel. 0228/40072-189 Herbert-Rabius-Straße 1, 53225 Bonn www.bad-gmbh.de/karriere
Die Verlagsgruppe Beltz zählt zu den führenden Verlagen im Kinder- und Jugendbuch sowie im Sach- und Fachbuch in den Bereichen Pädagogik, Sozialwissenschaften und Psychologie. Für das Magazin Psychologie Heute suchen wir zur Verstärkung des Redaktionsteams zum nächstmöglichen Termin eine/n
Redakteur/in Unser Magazin erscheint monatlich im Abonnement und Kioskvertrieb, zusätzlich bringen wir vierteljährlich ein Sonderheft heraus (Psychologie Heute compact). Neben der klassischen Redaktionsarbeit für die Printausgabe erwarten Sie auch anspruchsvolle Aufgaben im digitalen Bereich. Wenn Sie ein erfolgreiches und renommiertes Magazin mitgestalten wollen, bieten wir Ihnen eine interessante Tätigkeit in einem engagierten Redaktionsteam.
Wir wünschen uns x ein abgeschlossenes Studium in Psychologie x journalistische und redaktionelle Erfahrung x Vertrautheit mit Internet und Social Media, routinierter Umgang mit Office- und Kommunikationssoftware x hohe Medienkompetenz für die weitere Gestaltung unseres digitalen Angebots x Kommunikationsstärke, Organisationsfähigkeit, Termintreue, Stilsicherheit x sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift
Bitte senden Sie Ihre aussagekräftige Bewerbung in digitaler Form an: Personalagentur Sabine Dörrich • Postfach 1165 • 84428 Buchbach • kontakt(at)agentur-doerrich.de
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für die nächste Ausgabe ist der 14. November 2016.
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