curt Magazin München #73 // Danke für Nichts

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curt Stadtmagazin mßnchen # 73 // September– november 2012


.. Naturlich Vogl!

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Die Spezialisten beim Drucken auf Naturpapier.

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Eine Initiative der Druckerei Vogl.


vorwort

Der sprechende Affe im Cordanzug war neulich wieder da. Immer wenn es wichtige Infos gibt, schickt der Chef diesen Schimpansen. Er findet das, glaube ich, theatralisch. Jedenfalls saß der Affe, eine glühende Zigarre im Mund, auf meinem Sofa, als ich abends nach Hause kam; er muss wohl durch ein offenes Fenster hereingeklettert sein. „Thomas“, sagte er, ohne mich zu begrüßen, „Spezialauftrag“. Er zog an der Zigarre und blickte mich an, als ob ich jetzt wissen müsste, was er damit meint. „Spezialauftrag?“, fragte ich. Er seufzte. „Ja, spezial. Anderes Wort für Sonderauftrag.“ Wieder zog er an der Zigarre und blies den Rauch langsam aus. Er genoss diese Kunstpausen. „Der Chef schickt dich nach Brüssel“, sagte er und riss die Augen weit auf, als hätte er mir gerade eine große Offenbarung gemacht. „Brüssel?“, fragte ich. „Mann, Brüssel! Hauptstadt von Belgien?“ Er klang genervt. „Hauptstadt von EU-RO-PA? (bei jeder Silbe deutete er mit der Zigarre in meine Richtung) Klingelts? Wer von uns beiden ist hier eigentlich der Primat?“ Wieder ein Zug an der Zigarre. „Menschen …“, schnaubte er verächtlich. Bei Schimpansen muss man ruhig bleiben. Sie wirken zwar unheimlich drollig, sind aber leicht reizbar (zum Beispiel, wenn man ihnen ins Gesicht sagt, dass sie drollig wirken) und um ein Vielfaches stärker als wir Menschen. „Ich weiß, was Brüssel ist“, sagte ich daher so ruhig ich konnte, „aber was soll ich da?“ „Mensch Thomas, muss man dir alles erklären? In Brüssel spielt die Musik! Alles, was dort entschieden wird, kann Einfluss auf unsere Geschäfte haben, und der Chef braucht jemanden vor Ort, der diese Infos abgreift, bevor andere das tun. Alles klar? Wissen ist Macht und so; eine Art Agentenjob. Was sagst du dazu?“ „Das klingt so, als wären wir bei der Mafia, aber Entschuldigung, wir machen hier ein Stadtmagazin ...“ Er blickte mich mitleidig an und zog eine Augenbraue hoch. „Wirklich, Thomas? Nur ein Stadtmagazin? Ich liebe deine Naivität, ehrlich. Ein weniger kluger Affe würde das für Dummheit halten, ich aber nicht.“ Jetzt lächelte er. Ich wollte nachhaken, aber mehr würde ich aus ihm jetzt nicht mehr herausbekommen. Ich dachte kurz nach und beschloss, dass mir eine Luftveränderung gut tun würde. Ich klatschte in die Hände. „Wann solls losgehen?“ „Jetzt!“ „Jetzt? Sofort? Mach mich nicht fertig, ich habe eine Wohnung zu kündigen, einen Umzug zu organisieren, ich muss Leuten Bescheid geben, ich kann jetzt nicht einfach abreisen! Wie wärs mit in einem Monat mehr Zeit?“ „Wir kümmern uns um alles. Du wirst in 30 Minuten abgeholt, viel Spaß in Brüssel.“ Mit dem letzten Satz steckte er sich die Zigarre wieder zwischen die Lippen, sprang vom Sofa auf und mit einem Satz aus dem Fenster und war verschwunden. Ich stand noch eine Minute reglos da und starrte durch das offene Fenster in die Nacht. „Danke“, murmelte ich und begann, meine Tasche zu packen. Ich schicke Pralinen, euer Thomas


curt # 73 // danke für alles. danke für nichts. 32 // gott sei dank curt auf der Suche nach unterschiedlichen Glaubensmodellen

08 // es is‘ so wie‘s is Der dankbare Typ

42 // nachtgestalten Christian Heine, Mark Zimmermann Christian Kiesler, Andreas Höpfl

10 // danke tanke Eine Ode 16 // Oh, mein München Danke für alles. Danke für nichts. Kultur, nein danke Grazie, Luigi Munschen, ick libbe dick! Danke für den Müll

48 // musik Albenreviews Bilderrätsel: Blumentopf curt präsentiert: Konzerttermine Beatsteaks Walk off the Earth Serj Tankian

HEFT 7 · SPIELZEIT 2012/13 04.09.12 22:46

curt Stadtmagazin münchen # 73 // September– november 2012

Cover

Idee und Umsetzung: Felix Wichert, Michael Dengler

64 // auf ein memory ... mit den Donots

82 // berlin korrespondenz Grüße von drüben

68 // curt stellt vor on3 Lesereihe Kultur für alle

84 // im ausland Brasilien

72 // luc Luc träumt und streunt 76 // Waschdls grantnockerl Eine Abrechnung 78 // 5 fragen an Josef Hader Hannes Ackermann

90 // wiesn gschichten Rosa Wiesn 92 // curt gibt einen aus Ein Experiment 94 // impressum Die Redaktion sagt: Dankeschön! 96 // hinten raus

Freundliche Illu von Felix Dahlmanns

04 // zufallsgenerator Wofür wurde dir zum letzen Mal gedankt?



blabla


zufallsgenerator // curt 5

wofür hat man dir das letzte mal gedankt? Ist Danke nur noch eine Floskel, die man aus Höflichkeit aus der Schublade holt? Einfach so dahingesagt und erst recht nicht von Herzen gemeint? Ist Danke zu einer standardisierten Aussage im Alltag geworden ist, obwohl hinter diesen fünf Buchstaben doch eine ganz andere Qualität steckt? Wir haben dem Dank nicht nur diese Ausgabe gewidmet, sondern auch Münchner gefragt, wofür ihnen zuletzt gedankt wurde.

INTERVIEWS UND FOTOS: michael dengler

Ulli, 29 Jahre Vertrieb und Marketing

Mein Hund ,Knopf‘! Dafür, dass ich ihn als griechischen Findling von einer Pflegefamilie aufgenommen habe.

Manuel, 26 Jahre Motorradmechaniker

Meine Mutter hat sich bedankt, dass ich endlich einen Tanzkurs mache, da ich anscheinend echt übel war.

Laura, 22 Jahre Studentin der Tiermedizin

Für meine Blutspende.


6 curt // zufallsgenerator

Flavia, 27 Jahre* Studentin der Tiermedizin

Dafür, dass ich den Müll meines Vermieters runtergebracht habe.

Andreas, 28 Jahre Ingenieur

Meine Freundin, als ich ihr den riesigen Einkaufskorb in den 4. Stock getragen habe.

Franziska, 24 Jahre Studentin

Für das Bier, dass meine Freundin vorhin von mir bekommen hat.

Sarah, 25 Jahre Trainee bei einer Tageszeitung

Dafür, dasseine Freundin bei mir schlafen durfte.

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Neu RoSenThal neU eRleben

Rosenthal im Schäfflerhof | Theatinerstraße 1 | 80333 München | T 089 / 222617 montags–freitags 10.00–19.00 Uhr | samstags 10.00–18.00 Uhr | www.rosenthal.de


8 curt // es is‘ so wie‘s is

der dankbare typ

Bevor der weinbrandt sich in seinen dreiwöchigen Urlaub in den St. GotthardTunnel verabschiedet, präsentiert er mir prustend eine lapidare Szene aus seinem Lieblings-Weinfilm „Sideways“: Mimose Miles sitzt mit Chickolo Jack in einem Restaurant, der wiederum die wulstige Quarkstelze von Bedienung anbaggert und danach Mr. Valium Miles prophezeit: „Bet ya that chick‘s two tons of fun. You know, the grateful type?“

durch erkenntlich zeigt, indem man ihr eine beachtliche Abspackprämie in Form von faden Verdauungsschnäpsen bezahlt. Beziehungsweise die massige Mundhaar-Monika, die es weit über unsere Dorfgrenze hinaus zu mit Vorsicht zu genießendem Ruhm gebracht hat. Summa summarum sämtlich überflüssig wie (Achtung, nix für zarte Gemüter, denn jetzt wird’s abgesehen von lausig misogyn zusätzlich derbe xenophob!) ein Fundbüro in Polen.

Herrgott, wie ich diese scherzlindernden Sticheleien sukzessive satt habe! Sogar mein ehemaliger Spezl weinbrandt schwört nun darauf, dass ich alles andere als ein süperber Schnittensammler auftrete und nur bei dankbaren Kampfpralinen zum erlösenden Stich komme. Ich dagegen würde mich durchaus als erfreulicher Anblick bezeichnen. Wenn ich mich in meinem Stammzappelschuppen auf Freiwildjagd begebe und dabei die übrigen Y-Chromosom-Träger arglistig anstarre, fühle ich mich, als leide ich an Tinnitus im Auge: überall bloß Pfeifen.

Frauen sind alle gleich – aber jede einzelne auf ihre ganz eigene Weise. Ihnen Komplimente zu machen, ist sowieso mit Topfschlagen auf einem Minenfeld zu vergleichen, aber hier stellt es sich ausnahmsweise als auswegloses Unterfangen dar. Allerdings, was nützen mir bei der horizontalen Herausforderung die hübschesten Euter, wenn eine dumme Kuh dranhängt? Oder wenn ich später missachtet und lediglich für die Empfängnisvergütung missbraucht werde? Meine Zukünftige darf mir gerne auf jegliche sonstige Art zu Dank verpflichtet sein, am liebsten wäre mir jedoch eine ausgebuffte Checkerbraut. Es soll ja schicke Mädels geben, die um einiges intelligenter als wir Männer sind, aber davon wird kaum die Küche sauber. Und ob sich das wirklich lohnt, steht in einem weitaus anständigeren Stadtmagazin.

Doch wer feixt mich aus der dunkelsten Ecke an? Weder ein heißer Apparat mit passablem Penetrationshintergrund, noch die malerisch männerfressende Gelegenheitsnymphomanin oder die eierleckende Vollwildsau. Mitnichten! Es ist eher ein terribles Tuningdesaster, die offenkundig rein mit ihrem Gesicht verhütet. Respektive ein plüschartiges Plastelinchen, der man sich einzig da-

TEXT: CHRISTOPH BRANDT // ILLU: ANDREAS WEIXLER UND LUKAS MILLINGER



10 curt // danke tanke

Danke Tanke!

FOTOSTRECKE UND TEXT: FRANK ACHIM SCHMIDT


Esso // innsbrucker ring


12 curt // danke tanke

AGIP // innsbrucker ring


Liebe Tanke, in Dunkelheit du leuchtest hell, bist meiner großen Freude Quell; denn in der Nacht du spendest Bier, komm ich am Weg vorbei an dir. Geh’n anderswo die Lichter aus, muss ich dank dir noch nicht nach Haus; kann schnell noch Rast bei dir einlegen, meiner Gelüste mich hingeben. Ob Cognac, Korn, ob lecker Wein, bei dir, da lauf ich gerne ein; du spendest Sprit auf viele Weise und schickst mich voller auf die Reise. Zum Muttertag hast du den Strauß, der Mama Freude macht zu Haus; die Flasche Schnaps am Vatertag, damit mich auch der Papa mag. Woll’n wir spontan uns niederbügeln, hast du für uns Wodka mit Flügeln. Und beim spontanen Tête-à-tête? Auch hier werd’ ich gerettet-et!

Aral // richard-strauss-straSSe


14 curt // danke tanke

bรถhringer // baaderstraSSe


Mundwasser, Gummis, Blumen, Wein – kauf ich bei dir, oh Tanke, ein! Und bleibt das Herzblatt über Nacht, hast du Croissants zum Frühstück g’macht! Das Wetter ist so richtig schön? Man könnt am Flaucher grillen geh‘n! Longpapers, Kohle, Chips und Bier – schon kann es losgeh’n – nur dank dir! Zum Abschluss lass mich dir noch sagen: Du rettest mich an vielen Tagen; ob Sprudel, Bockwurst, Katzenstreu – ich bleibe dir, oh Tanke, treu! Doch nun kommt der Gesetzeshüter und verbietet Flüssiggüter in den schönen Abendstunden abzugeben an den Kunden Autofahrer dürfen tanken und mit Sprit zum Auto wanken. Doch die Geher bleiben trocken, müssen nachts mit Cola rocken. Vater Staat will uns so raten, mit dem Trinken nicht zu warten; so fang ich nun schon an um vier, der frühe Vogel fängt das Bier!

shell // innsbrucker ring


Oh, mein M端nchen!


Danke für alles. Danke für nichts. Danke für die Taxis, die mich immer betrunken nach Hause bringen. Danke, dass ihr dann immer einen Umweg fahrt und ich es nicht check. Danke für die Münchner Bierkultur. Danke liebe Hessen, dass ihr das Bier mit Bananensaft mischt. Danke Eisbach für die schönen Damen, die du jeden Sommer anlockst. Danke, dass dahinter immer zehn gaffende fettleibige Typen stehen. Danke für das leckere Wiesn Hendl. Danke für den stolzen Preis. Danke liebe Polizei, dass du für Recht und Ordnung sorgst. Danke, dass du dafür eine sehr penible Wahrnehmung hast. Danke mittlerer Ring für die schnelle Verkehrsführung. Danke, dass sie nie funktioniert. Danke für den goldenen Herbst. Danke für die Weihnachtsschokolade bei Aldi. Danke ihr Szenehefte in München, dass ich immer weiß, wo ich feiern kann. Danke für den exzellenten Content. Danke für meine schicke Wohnung. Danke, dass sie keine Dusche hat. Danke Immobilienmakler, dass ihr immer sofort eine Wohnung für uns habt. Danke, dass sich kein Mensch eure Provision leisten kann. Danke Sommer, dass du jedes Jahr aufs Neue kommst. Danke, dass du dich inzwischen als Winter tarnst. Danke für MTV. Danke, dass es vor 10 Jahren zuletzt um Musik ging. Danke Bikini, dass es dich gibt. Danke, dass du immer genau von den Falschen getragen wirst. Danke für das Rauchverbot im stickigen Zelt der Wiesn. Danke, dass mein Dirndl stattdessen Kotze, Bier, Schweiß und Käse riecht. Danke Kondom, dass du die Welt vor meinen Nachkommen schützt. Danke, dass du trotzdem immer wieder platzt. Danke Fastfood, dass du immer für mich da bist. Danke, dass du auf dem Bild immer besser aussiehst als auf meinem Tablett. Danke an die Leute, die die Isarkultur mit Bässen bereichern. Danke, dass man sich immer vor der Polizei fürchten muss. Danke Müller für jahrelanges Brötchenbacken. Danke für die kostenlose Fleischbeilage. Danke Jutebeutel, dass du umweltfreundlich bist. Danke, dass Statusmeldungen mich nun auch analog verfolgen. Danke Handy, dass man notfalls anrufen kann, wenn man es nicht pünktlich schafft. Danke, dass nun alle glauben, zu spät kommen wäre elegant. Danke Minidisk, dass ich der Erste sein durfte, der dich als Medium der Zukunft entdecken durfte. Danke, dass ich der Einzige blieb. Danke Alkohol, dass du mir immer zur Seite stehst. Danke, dass du mich daran auch jeden Morgen danach erinnerst. Danke an den Regen, dass er die Blumen gießt. Danke, dass er immer da ist, wenn ich keinen Regenschirm dabeihabe. Danke an die Leberkässemmel, die mich zwischendurch nährt. Danke, dass ich genau weiß, was drin ist. Danke an Löwenbräu, einfach, dass es dich gibt. Danke, dass man durch dich schmeckt, dass Augustiner besser ist. Danke curt, dass du immer wieder sehr viel Spaß bereitest. Danke, dass Spaß mit Arbeit verbunden ist.


18 curt // bericht

Kultur, nein danke curt fragt sich, warum eigentlich alle Münchner mit selbsterklärt subkulturellem Leben gen Norden pilgern, um dort Party, Hipness und Streetart aus der Konserve zu konsumieren. Und sich dann noch darüber freuen, bebrillt, bebeutelt und neon-beschuht in einer Einheitssuppe mit vielen anderen Nüdelchen zu schwimmen. Derweil gibts in München viele Ecken, wo die Leute Kultur für alle praktizieren. TEXT UND COLLAGEN: PATRICIA BREU

Wie ist die Lage der Kultur kleiner Münchner Leute aus Sicht der Veranstalter? Auf dem Schwere-Reiter-Gelände an der Dachauer Straße fand im Juli die Neueröffnung des Kulturschutzgebietes als Auftaktveranstaltung der Gelände-Neugestaltung statt. Es sollen 900 Wohnungen, aber auch Raum für zeitgenössische Künstler geschaffen werden. Das Import Export aus der Goethestraße war für diesen Zeitraum dort hingezogen, die Halle 6 war eh schon vor Ort, dazu kamen Künstler aus München und der ganzen Welt sowie viele Helfer, die teils im Vorbeigehen hängenblieben: Für zehn Tage gabs Kunst, Party und Erholung mit den Menschen. curt hat sich mit Christian Schnurer von der Halle 6, den Organisatoren Tuncay Acar und Michael Schild vom Import Export, sowie mit Katharina Walpoth und Nadja Belg, die als Performance-Künstlerinnen tätig sind, unterhalten. Und: Ja, es gibt wohl recht gute Aussichten. Und ein Danke ist auch bei allen drin!


grüne Wiesen, damit die Hunde besser kacken können Christian Schnurer hat gemeinsam mit Christian Schuberth und Marco Beier ein Konzept für die Neugestaltung der Jutier- und Tonnenhalle auf dem Schwere-Reiter-Gelände eingereicht. Mit der „Stiftung Kulturschutz“ sind sie in die letzte Runde des Ideenwettbewerbs gekommen, aus der bis Anfang 2013 der Siegerentwurf gewählt wird. Euer Standpunkt? Christian SCHNURER: Wir brauchen dieses Gelände gegen die unkultivierte Verdrängung der einfachen Lebensformen in der Stadt. Auch wenn das Konzept fälschlicherweise oft als Biotop verstanden und angezweifelt wird. Es läuft eine brutale Selektion nach wirtschaftlichen Interessen ab, immer weiter in eine wohlhabende Monokultur, die nur hohes Kapital und international praktikable Kultur akzeptiert. In der Ausschreibung war Voraussetzung, den kreativwirtschaftlichen Prozess für die Künstler und Künstlerinnen auf dem Gelände zu ermöglichen ... Christian: In der Großstadt gehts immer ums Geld, ein gewisser kommerzieller Aspekt muss mit hinein in das Konzept. Wie verarbeitet euer Konzept die kommerzielle Seite der städtischen Entwicklung? Christian: Wir versuchen eigentlich die Umkehrung der Wertschöpfung. Unser Vorschlag ist die Errichtung einer Stiftung, die Räume vermietet und den Gewinn daraus in die Grundlogistik des Kunstsystems zurückführt. Die Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Stadt auf hohe Margen im Immobiliengeschäft verzichtet und das Nutzungsrecht der Stiftung überlässt. Danke an ... Christian: ... die Entscheidungsträger in den Referaten, dass sie einen Sonderstatus des Geländes in Erwägung gezogen haben. Dies ist eventuell die letzte Chance, der Stadt zu einer überlebensfähigen Subkultur zu verhelfen. Orte wie die Halle 6 oder das Import Export sind wichtig für den sozialen Zusammenhalt und das kulturelle Befinden. Nein danke ... Christian: Clique sind. Gewinnbringendes Bauen, grüne Wiesen, damit die Hunde besser kacken können, ein Kulturschutzgebiet nur für den Kommerz. Des brauch i ned.


20 curt // bericht

Ich bin aus München rausgezogen, weil ich dachte, es gäbe keinen Platz für mich Tuncay Acar und Michael Schild haben vor zwei Jahren aus einem ehemaligen Gemüseladen in der Goethestraße das Import Export geschaffen, ein offener Raum für wachsende Kultur. Nun ist der Mietvertrag abgelaufen. Vielleicht gibt es Platz für sie auf dem neuen Schwere-Reiter-Gelände? Wie steht es um die Subkultur in München? Michael: Mit dem Namen Subkultur kann ich nicht viel anfangen, er bezeichnet etwas Abgekoppeltes, den Unterschied zwischen Subkultur und Hochkultur. Ich würde mich eher als Kulturschaffender benennen. Klar bin ich niemand, der ein 50-Millionen-Theaterstück inszenieren wird. Das sind die Unterschiede zur subventionierten Hochkultur, die einfach ein immenses Budget hat. Ein Begriff wie „freie Kulturszene“ wäre besser. Wir arbeiten ja auch mit teils professionellen Leuten, die es aber schätzen, nicht in einer festen Organisation mitzuarbeiten, sondern dass Freiraum vorhanden ist, der in großen Kulturhäusern nicht mehr da ist. Tuncay: In München ist es sehr schwierig, mit dem Begriff Subkultur zu agieren. Worauf wir hinauswollen, ist eine natürlich gewachsene Form von urbaner Kultur anstatt einer installierten, im Vorneherein durchdachten Form von kommerzieller Kulturwirtschaft. In München dominiert die Kultur, die in Form von Kulturwirtschaft funktioniert. Bei der Clubkultur geht’s vorwiegend um Geld. Alles, was nebenbei an kulturellen Inhalten abfällt, ist ein nettes Nebenprodukt. Das ist in München der Standard. Priorität hat die wirtschaftliche Absicherung des Betriebs, alles darüber hinaus ist purer Luxus und wird nicht als existenziell wichtiges Element betrachtet. Bei uns ist es umgekehrt:


Wir betrachten den Inhalt als existenziell wichtig. Ich finde es sehr interessant, aus dem Konzept von Prozess und Produkt auszubrechen, diesen Sicherheitsanker bewusst aus der Hand zu lassen, sich auf seine Intuition zu verlassen. War die Zwischennutzung ein bewusster Teil? Tuncay: Der Abschnitt der Goethestraße, in dem wir uns befinden, ist kein Ort, an dem man eine Bar oder offene Bühne erwarten würde. Insofern sind wir dort in einem fremden Bereich. Keiner dort kann von uns etwas Bestimmtes erwarten und wir haben dadurch mehr Freiheiten. Wir müssen uns nicht an einem festgefügten Klientel ausrichten wie z. B. im Glockenbachviertel. Wir können uns unsere Klientel selber generieren. Das ist ein großer Luxus. Und Gott sei Dank haben wir nur einen kurzfristigen Mietvertrag gehabt. Deshalb hat es sich nie gelohnt, dort groß zu investieren. Das hat den Charme des Ortes ausgemacht. Gibt es Veränderung, wenn ihr umzieht? Tuncay: Wir stellen uns auf den Ort ein, so wie er ist, stülpen ihm kein Konzept über, bringen in ihm nur neue Inhalte unter. MICHAEL: Die Grundphilosophie wird sich nicht ändern. Es gibt kein geschriebenes Konzept, sondern über Jahre hinweg ist alles gewachsen, hat sich modular erweitert und auch mal reduziert. Sind mehr vorgegebene Projekte in München nötig? MICHAEL: Raum für neue Kulturprojekte mit bezahlbaren Mieten gibt es zu wenig. Allein schon, weil die Stadt viel kleiner ist als z. B. Berlin. München ist eine gefragte Stadt, vom Arbeitsmarkt und auch Lebensstandard her, sodass Nutzungsraum relativ dünn angesiedelt ist. Tuncay: Ich glaube, es gibt gar nicht so wenige Leute, die eine Immobilie besitzen und Lust auf ein solches Projekt hätten. Es fehlt einfach der Mut. Und es herrscht eine Kommunikationslosigkeit zwischen der Kreativszene und den Immobilienbesitzern. Da hat man sehr viel Scheu voreinander. Wenn man das mal ablegen würde, könnte man viele gemeinsame Projekte generieren.


Und das Problem mit den Nachbarn? Tuncay: Mit den Leuten kann man sich einigen. Mit Rücksichtname, einem aufrichtigen Aufeinanderzugehen und einer Opferbereitschaft wie z. B. Schallisolierung kann man schon viel bewirken. Danke? Tuncay: Ich danke den Menschen, die uns in unterwarteten Momenten mit einer Wahnsinnsenergie zur Seite standen, mit dabei waren, denen es einfach um die Sache ging. Die einfach da waren und sich angeboten haben. Eltern mit Kindern, Dozent(inn)en, der Personalstamm und Helfer, die Gäste. Gäste, die heulend aus den Abschiedsveranstaltungen rausgegangen sind. Das betrachten wir nicht als alltäglich. MICHAEL: Ich bin dankbar, dass ich ein Teil davon sein kann und erfahren darf, dass München eigentlich anders sein kann. Denn ich bin vor 12 Jahren eigentlich aus München rausgezogen, weil ich dachte, es gäbe keinen Platz für mich. Welches Danke kann man sich sparen? MICHAEL: Ein Danke muss nicht tiefgründig und schwer sein, es gibt auch ein höfliches Danke. Ich finde, man kann öfter am Tag einfach mal Danke sagen, wenn man nicht aus den Augen verliert, was Danke eigentlich bedeutet, wenn es ehrlich gemeint ist. TUNCAY: Es gibt ein Danke, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich aufrichtig gemeint war. Das „Danke“ zum 50-jährigen Jubiläum des Abwerbeabkommens mit der Türkei. Das ist ein gebrochenes Danke, das hätte man sich sparen können. Die Migranten hier erwarten, glaube ich, nicht ein Danke als Floskel, sondern als Anerkennung. Wenn man noch nicht so weit ist, Danke sagen zu können, dann bringt das Aussprechen nichts. Man ist leider im Generellen immer noch nicht soweit. Das Danke ist das Tüpfelchen auf dem i, das i an sich fehlt. Es ist nur halb aufgebaut, wird beschossen von Sarazzin, von Terrorgruppen vom BND und Angela Merkel mit ihrer Aussage, Multikulti sei tot. Schnell ein i aufzubauen wegen des Jubiläums, kann ja nur eine Fassade sein. MICHAEL: Die Basis für den i-Punkt ist das Danke im kleinen Radius, nicht von oben im Kollektiven.


BERICHT // curt 23

schau vorbei die schau ist vorbei Katharina Walpoth und Nadja Belg haben beide an der Bozener Fakultät für Design und Künste studiert, sich aber erst in München getroffen und gehen zum gleichen Gemüsemann am Hauptbahnhof. Bei der Neueröffnung performten sie das Vertikale Konfetti Szenario, das aus 40.000 in eine Wand gedrückten Reisnägeln besteht. Was ist das Konzept der Performance? Katharina: Ich wollte gerne eine Arbeit machen, die auf dem Bezug zum Gelände basiert. Wir haben überlegt, wie lang man wohl eine Tätigkeit ausführen, eine Bewegung immer und immer wiederholen kann. Die Reißnägel in Form der Konfettiwolke in eine Wand zu drücken, ist eine sehr mühsame und langwierige Arbeit und hält diesen einen kurzen Augenblick fest, auf unbestimmte Dauer. Wir befinden uns damit mit unserer Bewegung zwischen dem kurzen und dem ewigen Moment. Die Arbeit machen wir stundenlang, in monotonen Bewegungen. Irgendwann verfällt man in einen Rauschzustand und kann nicht mehr aufhören. Dadurch ist sie sehr schmerzvoll. Außerdem haben wir uns dazu entschieden, die Arbeit barfuß zu machen und die heruntergefallenen Reißnägel auf dem Boden liegen zu lassen. Dadurch mussten wir uns sehr bewusst bewegen. NADJA: Ich finde die Arbeit ist noch ausbaufähig. Sie könnte als Kunstperformance noch einmal durchgeführt werden, und zwar noch viel bewusster. Wir haben drei Tage mit Unterbrechungen daran gearbeitet. Wenn man den Prozess des Erstellens nicht unterbricht und sich mit Ruhepausen abwechselt, bleibt man im meditativen Modus und die Arbeit könnte sich intensiver entwickeln. Im Kopf und im fertigen Bild. Und der Performancecharakter ist ja schließlich ein wichtiger Teil der Arbeit. Deshalb auch der Untertitel „Schau vorbei/Die Schau ist vorbei“. Die meisten Besucher sind still geworden und haben sich darauf eingelassen: auf die Geräusche der Arbeit, das Rascheln, Reindrücken, Herabfallen der Reißnägel. Danke, dass ich nicht reingetreten bin? NADJA: Ich bin nur in zwei Reißnägel getreten. Am Anfang nur leicht, am Ende nochmal so richtig schön tief in den Fußballen. Aber dadurch, dass du barfuß bist, schaust du, wo du hinläufst. Die Besucher mit ihren Schuhen hatten alle mindestens 20 Reißnägel in jedem Schuh. Welches Danke kann man an den Nagel hängen? KATHARINA: Ich habe nie das Gefühl, dass es überflüssig ist, wenn jemand Danke zu mir sagt. Die Menschen in meiner Umgebung sagen bewusst Danke. Manche sollten es vielleicht auch mal öfter sagen.


24 curt // münchner details

Grazie, Luigi! Ludwig war König von Bayern und seines Zeichens Erster. Der erste König namens Ludwig zumindest – im jungen Königreich, das gerade seine Volljährigkeit gefeiert hatte, als er 1825 zum Regenten gekrönt wurde.

Text: Christian Gretz // illus: Sandra Ribbeck


Irgendwie war Ludwig zunächst erstmal Zweiter, denn der erste König der Bayern war sein Vater Max. Dem redete sein Sprössling schon als Kronprinz so sehr in die Regierungsgeschäfte hinein, dass Vater Max ihn genervt zum Auslandsstudium nach Italien schickte. Wie sich schnell herausstellte, sollte es nicht sein einziger Aufenthalt südlich der Alpen bleiben. Über dreißig Mal reiste der spätere König in seinem Leben nach „bella Italia“. Reisen, die sich mit den heutigen kaum vergleichen lassen, denn die Erfindung des Flugzeuges oder Automobils erlebte Ludwig nicht mehr. In Italien verliebte sich „Prinz Luigi“. Nicht etwa in eine Frau. (Eine einzige Frau war dem Wittelsbacher Playboy bis ins hohe Alter nicht genug, was ihn letztlich auch seinen Thron gekostet hat. Doch das ist eine andere Geschichte, in der er übrigens auch, ganz nebenbei, das Oktoberfest erfand.) Er verliebte sich in die Poesie und in die italienische Kunst und Architektur. Und er brachte sie mit nach München, in Form unzähliger wertvoller antiker Skulpturen, die er sowohl als Prinz wie auch später als König mit profundem Insiderwissen und für viel Geld von seinen Agenten kaufen und nach München schaffen ließ. Aber auch mit Bauprojekten für seine zwei Lieblingsarchitekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner, die seine eigene Prachtstraße, die heutige Ludwigstraße, über Jahrzehnte hinweg mit Prachtbauten im italienischen Baustil bestückten, sorgte Ludwig für italienisches Flair in München. Sogar die Prachtstraße seines Vaters, die Briennerstraße, machte Ludwig zu dem, was wir heute kennen, indem er den Königsplatz klassizistisch und den Karolinenplatz in der Maxvorstadt monumental gestalten ließ. Ludwig I. wollte Kunst seinem Volk zugänglich machen, im Gegensatz zu seinen Wittelsbacher Vorfahren, die zwar auch Kunst sammelten, die Schätze jedoch in ihren Palästen aufbewahrten. Er baute prachtvolle Kunstgalerien, die Pinakotheken, und holte die Universität von Ingolstadt nach München. Titel wie „Isar-Athen“, „Kunsthauptstadt Deutschlands“ oder „nördlichste Stadt Italiens“ gehen auf die Gestaltung der Stadt unter seiner Herrschaft zurück. König Ludwig war kein geborener Münchner. Er erblickte 1786 in Straßburg das Licht der Welt. Also im heutigen Frankreich, dem Land, das er wegen Napoleon verabscheute wie


26 curt // münchner details

wenig anderes. Aber er ist der beste Beweis, dass man nicht in Minga geboren sein muss, um diese Stadt zu lieben. Luigi war sehr selbstbewusst und sein Lebensmotto „gerecht und beharrlich“, das man mehr als einmal in München an alten Bauwerken und Statuen verewigt findet, könnte man auch mit „eigensinnig und stur“ übersetzen. Für viele war er sicher kein angenehmer Zeitgenosse, aber er war ein Mann mit Visionen. Während seine Zeitgenossen ihn für das Projekt Ludwigstraße verspotteten und mutmaßten, dass München in den nächsten hundert Jahren nicht über das Siegestor hinauswachsen würde, erklärte er: „Ich will aus München eine Stadt machen, die Deutschland so zu Ehren gereicht, dass niemand sagen kann, er kenne Deutschland, wenn er München nicht gesehen hat!“ Heute wissen wir: Mission erfüllt! Und trotzdem kennen die wenigsten Münchner und Besucher den Schöpfer des neuen Münchens, das im 19. Jahrhundert entstand. Wenn Touristen von König Ludwig sprechen, dann meinen sie für gewöhnlich Luigis Enkel, Ludwig II., der es durch sein Märchenschloss Neuschwanstein zu weltweiter Bekanntheit gebracht hat. Und auch der monarchisch-patriotische Teil der oberbayerischen Landbevölkerung hat für gewöhnlich „a Buidl“ von Ludwig II. in der Stube oder auf dem Latz der Lederhose, der über dem Bierbauch thront. Wir Münchner können über diesen „Träumerkönig“ nur schmunzeln. Ludwig I. war der Macher! Ludwig II. zeigte München die kalte Schulter, hätte die Stadt am liebsten „an allen Ecken anzünden“ lassen und nahm schließlich im Starnbergersee den letzten Atemzug eines jungen exzentrischen Lebens. Sein Opa hingegen hat die Gestalt unserer Stadt geprägt wie kaum ein anderer vor oder nach ihm. Von der Feldherrnhalle bis zum Siegestor, der ersten Eisenbahn bis zum Stadtwappen, der Bavaria bis zur Residenz – wo immer man hinschaut: Ludwig, Ludwig, Ludwig. Ob am Monopteros im Englischen Garten, unter den Arkaden im Hofgarten, in der Staatsbibliothek, am Königsplatz, auf den Stufen der Bavaria oder irgendwo in der Ludwigvorstadt: Wir Münchner haben allen Grund, Ludwig dem Ersten zu danken: Grazie Luigi! Grazie mille!

Zum Autor: Christian Gretz liegt die Weltstadt mit Herz mindestens genauso sehr am Herzen wie dem alten Wiggerl. Deshalb weiß er auch ganz gut über all das Bescheid, was hier die letzten 854 Jahre so alles passiert ist. Wenn ihr auch mehr über München erfahren wollt (z.B. wie das so war mit Luigi und den Frauen), dann begleitet ihn auf einem seiner Rundgänge durch die Stadt. www.ui-muenchen.com



28 curt // münchner details

Munschen, ick libbe dick! München im Spätsommer: Sonne und Regen spielen Verstecken auf weiß-blauem Himmel, hier und da weht ein wohlbekanntes Bierfähnchen durch die Luft und bei den kleinsten Symptomen eines lauen Lüftchens wird hastig alles auf die Straßen geschafft, was vier Beine hat. Für uns Alltag, für die lieben Touris Urlaubsvergnügen. curt stieg für eine Nacht lang im Wombats Hostel ab, quatschte mit den Reisenden und machte sich auf die Suche nach den kleinen Dingen, die München lebenswert machen. Ein gelungener Abend, der ein erfrischendes Bild von unserer Stadt hinterließ: eine Sicht, die dem Alltagskarussell entsprungen ist. IDEE UND UMSETZUNG: CARINA NEUMANN


Welche deutschen Wörter hast du als erstes gelernt? Scheiße, Maß, Dankeschön. (Luca, 21 Jahre, Lateinamerika) Nach was schmeckt München? Nach zu viel Salz auf den Brezeln. (Adam, 31 Jahre, Canada) München – Beatles oder Rolling Stones? The Rolling Stones. Die Leute gehen hier in die Clubs, wenn sie bei mir zu Hause schon dichtmachen. Gestern war ich im Palais. Das erinnert mich irgendwie an den Song „Sympathy for the Devil“. (Byron, 21 Jahre, Canada) Daumen runter für ...? Die nackten Männer im Englischen Garten. (Jaap, 26 Jahre, Holland)

Das Kurioseste an München? Dort, wo ich herkomme, darf man nicht mit der Bierflasche durch die Gegend spazieren und sich danach nackig in einen öffentlichen Stadtpark hocken. Man wird für beides knallhart verknackt! (Garrell, 24 Jahre, USA) Das schönste Erlebnis, das du hier hattest? Mein Umtrunk im Biergarten. Die Art, wie wildfremde Menschen aus verschiedensten Nationen an einem Tisch sitzen, sich zuprosten und einfach nur die Sonne und das Leben genießen, finde ich faszinierend. Das werde ich vermissen. (Louisa, 23 Jahre, Schweden)

wie betrunken ich war, brachten sie mich dorthin. Keine Ahnung, wer diese Typen waren, aber ich bin ihnen bis heute dankbar! (Klahan, 22 Jahre, Thailand) Dein Lieblingsfoto aus München? siehe großes Foto links (Alina, 21, Österreich)

Welches Souvenir nimmst du mit heim? siehe Foto (Ale, 21 Jahre, Neuseeland & Eugene, 30 Jahre, Australien)

Für was möchtest du München danken? Für die netten Locals. Ich habe meine Kumpels beim Feiern verloren. Ich fragte zwei junge Typen nach dem Weg ins Hostel und als sie merkten,

Fazit: Wir sollten öfter in München Urlaub machen. Denn im Urlaub hat man einen Blick für die schönen Dinge im Leben. Und davon gibt es in unserer Stadt verdammt viele! Darum: Weg mit der grauen Alltagsröhre! Die lässt niemanden gut aussehen, und obendrein raubt sie den Glanz. Wer also bald mal wieder granteln und über München schimpfen will, sollte sich lieber in einen Sight-Seeing-Bus hocken und unter die Touristen mischen. Denn München ist wunderbar – wenn man es nur lässt.


30 curt // bericht

danke für den müll Wer viel hat, der hat auch viel zum Wegwerfen: z. B. Lebensmittel. TEXT: Julia Fell // FOTOS: STefan von glahn

Es ist ökologisch gesehen das wohl größte Dilemma unserer Zeit: Die einen haben so viel, dass sie es wegwerfen; die anderen verhungern, weil sie es sich nicht leisten können. Ein Jahrzehnte altes Problem, aufrechterhalten vom ewigen Konflikt „Überproduktion vs. Unterversorgung“. Im März 2012 präsentierte Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung und Verbraucherschutz, die erschreckenden Ergebnisse einer Studie über Lebensmittelabfälle in Deutschland. Resümee: Ganze 11 Mio. Tonnen Essen landen jährlich in der Tonne – fast 82 kg pro Bundesbürger. 61% dieser Abfälle stammen aus privaten Haushalten, der Rest teilt sich auf Großverbraucher, Industrie und den Einzelhandel auf. Supermärkte nehmen also eine relativ kleine Rolle in der Statistik ein – dafür eine besonders prekäre. Denn kaum ein Privathaushalt würde noch genießbares Obst, Gemüse, Brot, Fleisch, Milchprodukte, teils sogar noch eingeschweißt, kiloweise wegwerfen. Diese Mengen verschwendeter Lebensmittel landen nur in den Müllcontainern von Aldi, REWE und Co. Weltweit gibt es immer mehr Leute, die diese Wegwerfware wieder aus dem Müll fischen, sogenannte Dumpster Divers (Mülltaucher). Die wenigsten tun das aus Bedürftigkeit – meistens steckt Überzeugung dahinter. Wir haben einen Mülltaucher aus München getroffen: den Philipp.


Wie bist du zum Mülltauchen gekommen? Seit einiger Zeit bin ich im Umweltschutz aktiv, dadurch bin ich auf das Ausmaß der Lebensmittelvernichtung aufmerksam geworden. Als ich mich dann in den einschlägigen Foren etwas genauer informiert habe, war bald klar, dass ich mich auch mal nachts aufmachen würde. Dein erstes Mal war ... Lange. Wir hatten keine Ahnung, wo wir anfangen sollten, klapperten mit einer ausgedruckten Karte alle Supermärkte in der Umgebung ab und waren ständig nervös. Am Ende hatten wir nicht viel gefunden, aber es war ein echtes Abenteuer. Wie oft bist du mittlerweile unterwegs? Ungefähr eine große Tour pro Woche, so kommt man ganz gut aus, wenn man ausschließlich davon lebt. Wenn mal eine Party ansteht oder Gäste zu Besuch sind auch öfter. Deine Tauchausrüstung? Ein 60-Liter-Trekking-Rucksack, eine Taschenlampe, ein paar Extra-Tüten und Handschuhe. Welche Lebensmittel findest du so? Obst, Gemüse, Pasta, Reis, Brot, Mehl, Fertiggerichte, Snacks, Gewürze ... Kurz gesagt, findet man fast alles, was es im Supermarkt gibt, irgendwann auch mal in der Tonne. Natürlich nie alles auf einmal, sondern oft viel von einer Sorte, je nach Saison. Manchmal auch wieder gar nichts. Was war das Bemerkenswerteste, das du jemals gefunden hast? 35 Kilo Erdbeeren und eine schöne alte Kommode.

Stichwort Ekel – jemals ein Problem für dich? Vor allem im Sommer kann es vorkommen, dass man den Deckel schnell wieder zumacht, wenn alles nur noch Matsch ist und dementsprechend riecht. Aber dann geht man eben zum nächsten Laden. Sind Mülltaucher schamlos? Schamlos sind diejenigen, die in Anbetracht der weltweiten Hungersituation noch essbare Lebensmittel in solchen Massen wegwerfen – und die Leute, die im Supermarkt alles anfassen, sich nur das am besten Aussehende raussuchen und somit das Ganze noch fördern. Juristisch gesehen ist Containern in Deutschland Diebstahl. Da immer mehr Supermärkte ihre Müllräume abschließen, begeht man obendrein auch noch Hausfriedensbruch. Gibt das der Sache einen gewissen Kick? Die ersten Male auf jeden Fall, da wird man auch schnell paranoid und meint, bei jedem Geräusch gleich erwischt zu werden. Je öfter man aber unterwegs ist, desto entspannter bleibt man dabei. Bist du mal erwischt worden? Wir wurden einmal von Anwohnern für Einbrecher gehalten, was dazu geführt hat, dass über 20 PolizeiStreifen alarmiert wurden. Wir haben unsere politischen Motive erklärt und sie haben erkannt, dass wir harmlos sind, Personalien aufgenommen und uns gehen lassen. Damit war die Sache auch erledigt. Wir durften sogar unsere Funde noch mitnehmen. DIE LINKE forderte im März, das Containern zu legalisieren. Utopie oder durchaus möglich?

Eine Utopie ist es auf jeden Fall nicht, in anderen Ländern ist es schließlich auch legal und es gibt keine nennenswerten Probleme damit. Allerdings fürchte ich, dass unsere jetzige Regierung nicht mal versuchen wird, das durchzusetzen. München – eine Hochburg des Konsumwahns – ist mit Sicherheit kein einfaches Pflaster für Containerer. Oder doch? Gerade der Konsumwahn ist Schuld daran ist, dass so viel weggeworfen wird – über das Angebot kann man sich nicht beschweren. Mir wäre es aber lieber, man würde nicht so viel wegwerfen und ich müsste einkaufen gehen. Es geht nicht um Bereicherung, sondern den Überschuss, der andernorts so viel Leid anrichtet, nicht auch noch zu unterstützen. Haben die Münchner Supermärkte schon in irgendeiner Weise reagiert? Einige sperren alles erst recht weg, andere lassen die Schlösser bewusst offen, manche stellen sogar Kisten mit besser erhaltenen Sachen bereit – das ist je nach Markt unterschiedlich, tendenziell sind Bioläden uns noch am ehesten wohlgesonnen. Bist du der Wegwerfgesellschaft dankbar? Nein. Viele Menschen verhungern, weil wir aus ihren Ländern Nahrungsmittel zu Dumping-Preisen importieren, die dann bei uns in der Tonne landen. Dafür soll man auch noch dankbar sein? Kurzfristig profitieren Containerer von der Wegwerf-Mentalität. Aber wenn man sich mal das ganze Bild ansieht, gibt es weitaus gewichtigere Gründe, in diesem kaputten System nicht mitzuspielen.


Gott sei Dank!


gott sei dank // curt 33

Wie ist denn das nun in unserer schönen Stadt? Sind die Münchner eher fromm und erzkatholisch? Ungläubig, freigeistig – oder gar gottlos? Wir wollten es genau wissen und haben uns auf die Suche begeben nach den unterschiedlichsten Glaubensmodellen. Dabei haben wir jede Menge interessanter Menschen kennengelernt und extrem spannende Dinge herausgefunden. Ja, was glaubst! Text: Petra Kirzenberger, Fotos: Frank Achim Schmidt


Chính Tâm Alter unbekannt (seine Augen sagen ca. 120 Jahre) Praktiziert die Bambuswald-Zen-Tradition, eine authentische und lebendige Tradition, die Buddhas Lehre als ein einheitliches Ganzes anerkennt.


gott sei dank // curt 35

Chính Tâm

ZEN-BUDDHIST Seit wann praktizierst du Zen-Buddhismus? Seit über 20 Jahren. Seit 2007 folge ich dem Auftrag, den Zen-Buddhismus hier in München zu verbreiten. Und davor? In Vietnam wurde uns der Buddhismus quasi in die Wiege gelegt. Was ist das Besondere am Zen-Buddismus – was macht ihn aus? Es gibt im Buddhismus 20 verschiedene Traditionen, die jedoch alle dasselbe Ziel haben. Zen reduziert alle religiösen Elemente: Es gibt keine Niederwerfung, kein Gebet, keinen Gesang. Was zählt, ist der eigene Geist. Denn wenn man seinen eigenen Geist nicht versteht, dann versteht man niemanden – und erst recht nicht die Welt. Der Zen-Schüler versucht deshalb, anhand von Zen-Legenden – das sind kurze, essenzielle Parabeln zu verschiedenen Themen – seinen Geist zu erforschen. Es ist also eine Erfahrungswissenschaft, keine Religion. Die menschlichen Köpfe sind zwar nur etwa so groß wie eine Grapefruit, aber diese Frucht beinhaltet das ganze Universum. Es gibt also eine Menge zu entdecken!

kennt. Denn wer seinen Geist nicht kennt, bleibt in seiner Verblendung stehen. Es gibt keinen erleuchteten Geist außerhalb des gewöhnlichen Geistes. Alle Lebewesen sind erleuchtungsfähig. Jeder, dem ein Geist innewohnt, trägt einen Buddha in sich und ist somit in der Lage, seinen eigenen Bodhi-Geist zu erblicken und Erleuchtung zu verwirklichen. Der wichtigste Tag im Jahr oder ein wichtiges Fest für Zen-Buddhisten? Jeder Tag ist ein guter Tag. Und ein ganz normaler Tag? Wie integriert ihr eure Praxis in den Alltag? Der ganze Tag IST Praxis. Wir versuchen bei allem, was wir tun, immer im reinen Geist – im Zen – zu verweilen. Im Hier und Jetzt. Doch was ist das sogenannte Hier und Jetzt? Die Vergangenheit ist vergangen, die Gegenwart ist unbeständig und die Zukunft ist noch nicht gekommen ...

Was ist Zen? Zen ist der kürzeste Weg zum wahren Geist. Oder anders gesagt: Es ist ein kurzer, aber sehr, sehr steiler Weg zum Wesenskern von Buddhas Lehren.

Wonach suchen die Menschen in der Religion? Es gibt nichts, was man im Außen finden kann. Wir suchen nur im Inneren. Buddha ist der Weg zur Heilung. Er gibt den Menschen die Verantwortung zurück für ihr Heil oder ihr Leiden. Der Buddhismus ist weder Religion, noch Philosophie. Buddha hat die Wahrheit erkannt, sie aber nicht für sich allein beansprucht, sondern sie geteilt, um den Menschen zu helfen und ihr Leid zu lindern.

Ein Vorurteil, mit dem du aufräumen möchtest? Wenn jemand Vorurteile hat, so heißt dies lediglich, dass er seinen Geist nicht

Deine Botschaft? Das Motto des Zen: Frieden des Geistes ist Frieden in der Welt.


Caitanya Rasa Das 33 Jahre Madhavi Sakhi Devi Dasi 28 Jahre Beide leben und arbeiten in M端nchen und erwarten in K端rze ihr erstes Kind.


gott sei dank // curt 37

Caitanya Rasa Das & Madhavi Sakhi Devi Dasi

HARE KRISHNA DEVOTEES Wie nennt ihr euch selbst? Hare Krishnas? Wir praktizieren Bhakti-Yoga im Rahmen der ISKCON, die 1966 von Swami Prabhupada gegründet wurde. Jemanden, der diesem Pfad folgt, nennt man Devotee. Was ist das Besondere am Pfad des Bhakti-Yogas? Madhavi: Ich habe vor dem ersten Kontakt mit den „Hare Krishnas“ intensiv nach „Etwas“ gesucht. Ich hatte etliches ausprobiert – von Qigong bis ZenMeditation. Doch ich spürte eine Leere in mir, trotz erfolgreichen Studiums, toller Wohnung und guter Freunde. 2005 lernte ich beim Rainbow-Spirit-Festival Devotees und die Philosophie des Bhakti-Yoga kennen und wusste: Das ist es! Es war, als würden sich die Teile des Puzzles meines Lebens endlich zusammenfügen. Caitanya: Mit 16 begann ich nach dem Sinn im Leben zu fragen. Meine Suche führte mich bis nach Afrika, wo ich eine Zeit lang als Rastafari lebte. Aber es zog mich weiter. Schließlich gab es zwei intensive Momente, in denen ich wusste, dass ich richtig war: Als ich zum ersten Mal das Maha-Mantra hörte und zum zweiten Mal, als ich die Bhagavad Gita las, die mir ein Bekannter geschenkt hatte. Mir war klar: Das ist es! Was ist für euch der wichtigste Tag im Jahr? Caitanya: Es gibt einige größere Feste im Jahr, zu denen viele Freunde Krishnas zusammenkommen. Aber im Grunde ist jeder Tag besonders. Wir machen täglich eine Puja (Darbringung von Räucherstäbchen und Blumen am Altar) und chanten das Maha-Mantra auf einer Mala (Gebetskette). Zudem lesen wir regelmäßig in den vedischen Schriften. Bhakti-Yoga besteht aber nicht nur aus

Ritualen, vielmehr geht es um die Intention und das Bewusstsein, das man hat – bei allem, was man gerade tut. Was hat es mit den Zeichen auf eurer Stirn und dem Zopf am Hinterkopf auf sich? Man erzählt sich, der Zopf diene dazu, dass Krishna einen erwischt, falls man weglaufen will ... Caitanya: Das Zeichen nennt sich Tilak und wird zur morgendlichen Praxis mit heiliger Erde aufgetragen. Es erinnert daran, dass der Körper Tempel der Seele ist. Der Zopf heißt Sikha und ist Symbol für die Praxis in der Linie der Brahma Madhva Gaudiya Vaishnavas. Die Geschichte hab ich aber auch gehört und finde sie sehr lustig! Wie wichtig ist Spiritualität in eurer Beziehung? Madhavi: Es ist wundervoll, eine gemeinsame spirituelle Praxis zu haben. Wenn Gott im Zentrum der Beziehung steht, wird es schwerer für die jeweiligen Egos, dieses Zentrum einzunehmen. Neben der standesamtlichen Hochzeit in Deutschland hatten wir eine vedische Hochzeitszeremonie in Indien. Diese hat unsere Beziehung bestärkt und ihr den spirituellen Rahmen gegeben. Im Moment nehmen wir gemeinsam eine Kirtan-CD auf, die Ende des Jahres erscheint. Ein Vorurteil, mit dem ihr aufräumen möchtet? Madhavi: Ich denke, dass sich manche Leute fragen, was es mit den Devotees auf sich hat, die in orangefarbenen Gewändern auf der Straße tanzen und singen. Meist handelt es sich um Mönche, die ihr Leben der Praxis des KrishnaBewusstseins im Tempel widmen, wozu das intensive Studium der Schriften und eben auch das Singen in den Straßen gehört.


Vivian 36 Jahre Betreut als Sozialp채dagogin in M체nchen Migranten beim Berufseinstieg und tourt zwischendurch als S채ngerin von zwei Big Bands durch Bayern.


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VIVIAN

Jüdin Was ist besonders am jüdischen Glauben? Ich mag die Herzlichkeit, Moral und Menschlichkeit. Wir haben ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich glaube nach wie vor an Gott, aber der Glaube hat mich vor allem in meiner Kindheit und Jugend stabilisiert. Ich habe mich im Judentum immer gut aufgehoben gefühlt. Wurdest du schon mal aufgrund deines Glaubens diskriminiert? Oh ja. Das hatte viele Gesichter. Manchmal war es fast schon Mobbing. Ein Mitschüler hat z. B. jahrelang nicht mit mir gesprochen, weil ich Jüdin bin. Gerade junge Menschen haben oft hören lassen, dass es jetzt auch mal gut ist mit den ewigen Geschichten vom Holocaust. Diese Art Ablehnung wirkt für mich wie Verdrängung. Ein ehemaliger Vorgesetzter wollte sogar von mir, dass ich meinen Glauben verschweige, weil das eben „nicht so gut ankommt“. Das hat mich sehr getroffen, weil gerade in meinem Beruf als Sozialarbeiterin Glaube und kulturelle Unterschiede nicht bewertet werden sollten. Ein Vorurteil, mit dem du aufräumen möchtest? Die großen Nasen sind auf jeden Fall ein Klischee! Und dass Juden allgemein geschäftstüchtig sind. Auf mich trifft das jedenfalls nicht zu! Gibt es ein Klischee, das sogar seine Wahrheit hat? Die Mama in der Serie „Die Nanny“ ist schon ziemlich der Wirklichkeit nachempfunden. Bei uns haben definitiv die Frauen das Zepter in der Hand! Welches ist das wichtigste Fest für dich? Der Sabbat ist offiziell sehr wichtig – den halte ich allerdings selten ein, weil ich

als Sängerin da oft Auftritte habe. Ich mag das Pessach-Fest und die Geschichte dahinter sehr gerne. Aber auch Chanukka, das Lichterfest, ist besonders für mich. Wie integrierst du deinen Glauben in den Alltag? Ich versuche, die Ernährungsregeln einzuhalten – kein Schweinefleisch, kein Fleisch mit Milch etc. Ich tu mein Bestes – fühle mich aber eben auch als moderne Europäerin. So bin ich z. B. tätowiert – das sollte man als Jüdin normalerweise nicht tun. Der Körper gilt als Leihgabe und sollte unversehrt bleiben. Ist Religion ein Thema in deinem Freundeskreis? Mehr als früher. Die Kommunikation ist schwierig, weil viele nicht nachvollziehen können, was das jüdische Volk mitgemacht hat. Mein Opa war in einem Arbeitslager, meine Oma hat Auschwitz überlebt. Solche Traumen sind kaum zu beschreiben – sie hat dort viele ihrer Geschwister verloren und einiges erlebt, das einen sprachlos und wütend macht. Ich selbst bin seit dem Irakkrieg zionistischer geworden – vor allem, weil Antisemitismus seitdem deutlicher spürbar wurde. Wir haben im Freundeskreis viel diskutiert, aber irgendwann auch wieder damit aufgehört, weil manche Standpunkte eben unvereinbar sind. Schlimmer ist es in Sachen Familie: Meine Mutter spricht seit einem Jahr nicht mit mir, weil ich einen katholischen Freund habe. Wie war es für dich, in einem katholischen Umfeld aufzuwachsen? Ich fand das ganz cool. Ich war erst auf einer jüdischen Schule, ehe ich mit einigen jüdischen Freunden aufs Gymnasium gewechselt bin. Religion war bei der Wahl meiner Freunde nie ein Kriterium.


Assunta 51 Jahre Unternehmerin und Betreiberin der Kulturb체hne Hinterhalt, lebt mit ihrem Lebensgef채hrten und zwei Kindern in Wolfratshausen.


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Assunta

ATHEISTIN Seit wann bist du Atheistin? Ich bin mit 17 aus der Kirche ausgetreten, weil ich das alles abartig fand: Der Vater lässt seinen eigenen Sohn kreuzigen, mit der Hostie isst du den Leib Gottes, die Jungfrauen-Empfängnis, Noah mit hunderten Viechern auf einer Arche ... Jetzt mal im Ernst: Das ist doch beknackt! Glaubt man als Atheist nicht zumindest daran, dass es NIX gibt? Es gibt für mich keinen vernünftigen Grund, an Gott zu glauben. Monotheismus ist so ziemlich das Fürchterlichste, was die Menschheit hervorgebracht hat. Wie viele Kriege gab und gibt es, nur weil jeder „seinen“ Gott für den einzig wahren hält? Ich bin keinesfalls für ein Verbot von Religion, aber klar für die Trennung von Staat und Kirche. Woran glaubst du? Gott kann nicht bewiesen werden. Insofern ist die Wissenschaft greifbarer – weil eben beweisbar. Ich bin froh, dass ich das, was so manche Religion verzapft, nicht glauben MUSS. Ich bin frei und lebe zum Glück in einem freien Land, in dem man für eine andere Meinung nicht gesteinigt wird. Ich engagiere mich sozial, bin mir bewusst, dass ich’s gut habe, und dankbar dafür. Ich bin gesund, meine Familie hat genug zu essen – was will ich mehr? Das Leben hat keinen Sinn. Wenn ich heut sterbe, geht’s einfach weiter. Wir sind nicht mal für unsere Kinder unersetzbar! Woher beziehst du deine Kraft? Kraft kann man aus vielen Dingen schöpfen: aus der Natur, Freundschaften, dem Vertrauen in die eigene Stärke. Man muss einfach lernen, mit gewissen

Dingen zu leben. Wenn z. B. deine Liebe nicht erwidert wird, kannst du niemanden dafür verantwortlich machen. Du musst es aushalten! Als mein erster Sohn Mario im Alter von acht Monaten starb, wär ich am liebsten vor Kummer gestorben. Das geht aber nicht. Also hab ich gelernt, die Trauer zu akzeptieren und mich stattdessen um andere Kinder gekümmert. Ich hab z. B. Hausaufgabenhilfe für Migranten angeboten. Im katholischen Bayern ist dein Standpunkt sicher nicht gern gesehen. Musst du dich oft erklären? Permanent! Der Bürgermeister unseres Ortes kommt nicht mal zu den Aufführungen unserer Kulturbühne. Er findet, dass Atheisten nicht das Recht haben sollten, ihre Meinung zu propagieren. Dabei kann einem Gläubigen nichts Besseres passieren, als eine wie mich kennenzulernen. Das ist der ultimative Test für seine Glaubensfestigkeit! (lacht) Im Grunde sollten alle froh und glücklich sein, die ihren Glauben gefunden haben! Stattdessen kommen mir vor allem Katholiken oft freudlos vor und wenig lebensbejahend. Nur weil die zu wenig Sex haben, müssen doch nicht alle schlecht drauf sein! Was würdest du gern ändern? Wir klagen seit fünf Jahren gegen das Feierverbot an stillen Feiertagen. Warum darf ich als Anders- oder Nichtgläubige an diesen Tagen keine Musik in meiner Kneipe spielen? Ich bin für mehr Toleranz und Freiheit – in jeder Hinsicht. Die Moslems z. B. rufen vom Minarett, dass sie an Allah glauben. Das ist ja schön und gut, aber: Was geht’s mich an? Oder frei nach Hagen Rether: „Stehe ich mit der Trompete auf dem Turm und rufe: Ich glaube an Kant?“


Nachtgestalten Gestalten die Nacht


iDEE UND UNSETZUNG: MICHAEL DENGLER

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Mร NCHEN Ostbahnhof

GEselligkeit & Livemusik Trinken & Trรถdel

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Eintritt Euro Infos: www.NACHTKONSUM.com oder 089 16 52 44

umwerk

kalaydo.de das regionale Findernet


schallereignisse


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Yeasayer – Fragrant World VÖ: 17. August // Label: Mute Artists Ltd.

How To Dress Well – Total Loss VÖ: 14. September // Label: Good2Go

instrument – olympus mons VÖ: 17. august // Label: instrument Village

John Tejada – The Predicting Machine VÖ: 10. September // Label: kompakt

Muntere Klänge und quietschvergnügte Stimmung in jedem Beat: Das waren Yeasayer, wie wir sie auf der letzten LP „Odd Blood“ erleben durften und bis heute in Erinnerung haben. Auf dem Debüt war das noch anders: Die Stimmung war nebliger, die Songs waren kryptischer. Dahin hat das Brooklyner Trio zurückgefunden: Die Synthesizer werden aus dem Keller geholt und den Gitarren wird auf „Fragrant World“ eine Pause gegönnt. Die Bässe sind bis zum Anschlag aufgedreht, die Tracks pumpen, und mit „Reagan’s Skeleton“ haben Yeasayer sogar einen Kandidaten auf die Top10-Songs des Jahres.

Als How To Dress Well kreiert Tom Krell auf „Total Loss“ erneut seine eigene Version von R’n’B: Vergeistigung statt körperlicher Nähe. „Total Loss“ handelt von Krells Trauer nach dem Verlust seines besten Freundes. Dabei ist das Album eine Reise in seine Gefühlswelt. Dass diese nicht nur tieftraurig ist, zeigt sich auch stilistisch: Mal stehen Field Recordings neben wunderschönen Streichern, mal treffen verfremdete SynthieSounds auf orchestrale Arrangements. Und über allem schwebt Krells entrückte Falsett-Stimme. R’n’B für Leute die keinen R’n’B mögen!

Die Münchner Postrock-Jazz-Pop-Experimentalisten haben ein Jahr lang den beschwerlichen Weg zum Gipfel des „Olympus Mons“ auf sich genommen – und ihre beschwerliche Reise hat sich offensichtlich gelohnt. Ein Aufstieg, der das zweite Album von Maximilian Nieberle, Markus Schäfer, Hubert Steiner und Nicolas Sierig mit Raffinesse, Epik und Power bestückt hat. Im Vergleich zum Debüt „Watzmann“ mit mehr Hang zu Jazzelementen, treibt „Olympus Mons“ durch die Essenz aus poppigen Momenten und Progressivität das Hörvergnügen auf die Spitze. Wir sind schon auf das nächste Ausflugsziel der Band gespannt. TEXT: melanie castillo

John Tejada kann man ohne Zweifel seit Jahren zu den versiertesten Elektro-Produzenten zählen. Kurz nach dem epischen „Parabolas“ veröffentlicht das Techno-Genie nun mit „The Predicting Machine“ den zweiten Streich auf dem Kultlabel Kompakt. Die zehn Tracks der recht ruhig gehaltenen Scheibe laden den geduldigen Hörer auf eine divergente Reise durch unterschiedliche Sparten elektronischer Musik ein: vom gemächlich dahinschwebenden Ambient-Track über fast schon loungige Töne bis hin zum Elektro fürs Tanzparkett. Anspieltipp: Stabilizer. TEXT: Christoph brandt

TEXT: Andreas Hänisch

TEXT: Patrick Cavaleiro


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als dankeschön nen blumentopf Da fehlen einem die Worte: Blumentopf hauen uns am 21. September ihr mittlerweile siebtes Album „Nieder mit der GbR“ um die Ohren. Nachdem bereits hinlänglich bekannt ist, wie virtuos die Herrschaften mit Beats und Texten umgehen, wollten wir von Cajus, Schu und DJ Sepalot wissen, ob sie uns ihre neue Scheibe auch ohne Worte schmackhaft machen können. 10 der insgesamt 16 Titel seht ihr hier pantomimisch dargestellt: Ton aus, Kamera an! IDEE UND Text: Petra Kirzenberger // Fotos: frank Achim Schmidt

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bilder rätsel Erratet, wie die Songs heißen, und gewinnt ein Meet & Greet mit Blumentopf beim Konzert am 22. Dezember in der Muffathalle, Gästelistenplätze oder eines der frisch gepressten, handsignierten Alben. Um beim Gewinnspiel mitzumachen, teilt uns die 12 Songtitel mit, die hier von Blumentopf dargestellt werden. Einfach E-Mail an ichwillgewinnen@curt.de mit Betreff „Bilderrätsel Blumentopf“. Die Gewinner werden Ende November gezogen. Viel Glück!

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feine konzertabende Zu jedem Konzert verlosen wir 3x 2 Tickets auf curt.de

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Get Well Soon alias Singer-Songwriter Konstantin Gropper mit Band haut uns sein neues Album „The Scarlet Beast O‘Seven Heads“ in der Theaterfabrik um die Ohren. Wahre Hymnen! BeiruT – das Konzert der elfköpfigen Band rund um den Amerikaner Zach Condon in der TonHalle ist schon seit Wochen ausverkauft. Wer noch keine Karten hat: Auf curt.de verlosen wir 3 x 2 Tickets! Julia Marcell finanzierte ihr Debüt mithilfe von Fans – beim zweiten Album „June“ ging‘s ohne fremdes Zutun. Volle Bässe + Streicher + Wahnsinns-Stimme = einmaliges Hörerlebnis in der Kranhalle!

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FEhlfarben 33 Jahre ist es her, dass sich die Düsseldorfer gefunden haben. 13 Alben und jede Menge Anekdoten später wackeln wieder die Wände im Hansa 39. Aktuelles Album: „Xenophobie“.

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Machine Gun Kelly erfüllt die typischen Rapperklischees: Schwierige Jugend im Ghetto, ein Gangster battled sich einen auf und kommt groß raus. Harte Rhymes, freshe Beats gibts im Ampere. DEAD ELVIS & HIS ONE MAN GRAVE Alleinunterhalter sind ein besonderer Schlag von Mensch, so auch dieser Kandidat hier. Multitasking-Psychobilly-Rock mit Spaßfaktor im 59:1. TEAM ME werden als norwegische Newcomer gefeiert, haben schon etliche renommierte Gigs auf Festivals hinter sich und machen nun mit ihrem irren Pop im Muffatcafé unsere Stadt klar. Sehenswert! GRAVENHURST ist SingerSongwriter, Multiinstrumentalist und Produzent Nick Talbot aus Bristol – was er anfasst, wird zu Gold. Immer anders, aber immer gut. Rock-FolkElektronica im Orangehouse.

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SATELLITE STORIES sind frischer Indie mit Tanzgarantie aus Finnland. Bei so vielen Ohrwurmhits ist das Lieblingslied schnell gefunden. Für Freunde von Phoenix und Wombats. Live zu sehen: im Muffatcafé.

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FIVA & das Phantom Orchester ist das Projekt der Münchner Rapperin und Moderatorin Nina Sonnenberg sowie dem Bassisten der Sportfreunde Stiller Rüdiger Linhof. Also ab ins Ampere! CAFÉ JAZZ müssten streng genommen Café Pop heißen, aber das sächsische Quintett bezieht sich mit dem Wort Jazz wohl eher auf die locker-flockige Leichtigkeit ihrer Musik. Überzeugt euch selbst – im Ampere. SERJ TANKIAN, Sänger von System of a Down ist seit 2007 solo unterwegs und macht im Rahmen seiner Harakiri World Tour einen Halt in der TonHalle. curt hatte Serj vorab im Interview. Siehe S. 60 Patrick wolfs Musik reicht von romantischem Folk bis zu abgefahrenem Techno-Pop. Für seinen Auftritt im Herbst in der Freiheizhalle macht er einen komplett auf Akustik. Wir sind gespannt! John Cale ist seit Velvet Underground eine lebende Legende – aber auch als Produzent von Stooges, Nick Drake, Patti Smith und Happy Mondays nicht ohne. Der Meister gastiert in der Freiheizhalle!


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CRIPPLED BLACK PHOENIX ist ein stetig wechselndes Konglomerat auf höchstem Niveau mit Bandmitgliedern u.a. von Iron Monkey, Mogwai, Electric Wizard etc. Live in der Kranhalle! honig kommt ins Muffatcafé! Der Singer-Songwriter Stefan Honig bündelt mit dem aktuellen Album „Empty Orchestra“ musikalische Beiträge exzellenter Gastmusiker. Läuft runter wie Honig. Kilians wurden von Thees Uhlmann beim Toursupport von Tomte 2006 entdeckt. Nach dem Support von Babyshambles und Coldplay sind die Jungs aus Dinslaken nun im Ampere alleine am Start. MOVITS! Swing & Hip-Hop auf Schwedisch im Ampere. Wir wissen nicht wirklich, was die Songs uns sagen wollen, aber die schön-schräge Musik überzeugt. Und eine Augenweide sind die Herren auch! BINDER & KRIEGLSTEIN Mastermind Rainer Binder-Krieglstein kommt aus Graz und nun mit seiner Elektroakustik-Folk-Popmusik ins Hansa 39. Im Gepäck: das fünfte Album „Jugend“.

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Caravan Palace Gypsy, Swing Jazz und elektronische Beats: Das ist die Musik von Caravan Palace aus Paris. Mit schönem Support von Alice Francis ist die Kombo live in der Theaterfabrik! WHY? Der unübertreffliche Rapper, DJ, Songwriter und Multiinstrumentalist Yoni Wolf ist mit Band und neuem Album im Hansa 39! Bester Mix aus Indie-Elektro-Hip-Hop-Folk. Wärmstens ans Herz gelegt! Beach house Der Mix aus Dreampop und Elektronik des Duos aus Baltimore sorgte bislang für massig ausverkaufte Konzerte. Nun kommen sie ins Hansa 39. Auch ausverkauft? Wir haben Tickets für euch! PURITY RING Wiegenlieder für den Club – angeregt aus lässigem R‘n‘B der 90-er Jahre, Dreampop und modernem Hip-Hop. Geile Scheiße! Das Duo kommt in die Kranhalle – überzeugt euch selbst! KAT FRANKIE Man kennt und liebt sie, die dunkle Stimme der Singer-Songwriterin aus Berlin, die an Annie Lennox oder PJ Harvey erinnert. Hammer! Kat Frankie ist live in der Kranhalle zu Gast.

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Caspian Das vierte Album der Postrocker aus Boston wird frisch gepresst im Hansa 39 vorgestellt. Für Freunde von Explosions in the Sky, Mogwai und We will destroy you. Ein Traum! THEE SILVER MT ZION MEMORIAL ORCHESTRA 1999 von den „Godspeed You! Black Emperor“-Mitgliedern gegründet, ist dieser PostrockFolk eine Wucht. Episch und kraftvoll! Live im Hansa 39. Deichkind Meine Fresse, sie kommen schon wieder! Und wieder werden wir einen der krassesten Abstürze erleben. Ist ein Befehl von ganz unten. Die Deichkinder sind dieses Mal live im Zenith. calexico Das mit dem Musikstil ist bei Joey Burns and John Convertino so eine Sache: TexMex, Folk- und Country-Rock, Mariachi-Sound, Mood-Music, Desert-Gringo-Rock? Das alles und mehr gibts in der Muffathalle. fest van cleef kommt auch endlich nach München mit einem super Lineup: Kettcar, Jukebox the Ghost, John K Samson solo, Käptn Peng, Patrick Richardt etc. All area Muffatwerk. Juhu!


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Beatbuletten mit Schlagzeuger端berschuss Beatsteaks


Seit nunmehr 17 Jahren sind die fünf Berliner musikmäßig unterwegs. Dieses Jahr holten sie sich mit einem zweiten Schlagzeuger noch Verstärkung für ihre „Two Drummer Summer Tour“. Auf dem Chiemsee Rocks trafen wir uns mit Thomas Götz und Thorsten Scholz und sprachen über selbstgestochene Tattoos und Pläne für das neue Album. TEXT UND FOTO: MICHAEL DENGLER

Zweieinhalb Jahre sind seit der letzten Platte vergangen: Wie viel Bock habt ihr, euch an neue Songs zu setzen? Thomas: Wenn wir von der Tour zurückkommen und jeder sich zwei Wochen auskuriert hat, fangen wir an, uns Sachen vorzuspielen. Ich glaube, davon hängt viel ab, wie schnell es dann weitergeht. Torsten: Der Wille ist da! Was nehmt ihr von eurem „Two Drummer Summer“ mit zwei Schlagzeugern mit? Thomas: Tinnitus! Thorsten: Und ganz viele schlechte Tätowierungen. Wir haben uns eigentlich den ganzen Sommer nur damit die Zeit vertrieben, uns gegenseitig zu tätowieren. Wer musste als erstes herhalten? Thorsten: Icke. Nee, Dennis, der Neue musste als erstes ran. Und dann hab ich an mir geübt. Wie man das so macht, wenn man mit 12 Jungs auf der Stube hockt und Langeweile hat. Zur letzten Platte, die ihr im Proberaum aufgenommen habt: Fühlt man sich im Nachhinein bestätigt, dass es gut war, nicht ins Studio zu gehen? Das Album hat ja schon einen sehr eigenen, sehr direkten Sound bekommen. Torsten: Die klingt deshalb so gut, weil ein toller Soundmann die Platte noch mal gemischt hat. Der Typ hat aus Scheiße Bonbons gemacht!

Thomas: Arnim hat mal gesagt, er hat uns mit seinem Sound eine goldene Garage gebaut. Und das trifft es ganz gut. Aber ich glaube, zu dem Zeitpunkt hätten wir auch nirgendwo anders ne Platte aufnehmen können. Wir waren in Studios und es hat nichts funktioniert! Da waren Leute, die Essen für uns gekocht haben, Schlagzeuge tagelang gestimmt haben, und das war alles für die Katz! Wir sind nicht vorwärtsgekommen .... Torsten: Das kann ja keine Sau bezahlen, wir waren ja quasi ein Dreivierteljahr im Proberaum. Die Platte konnten wir nur mit der Idee machen, im Proberaum zu bleiben. Tourleben: Wie sehr geht man sich da auch mal auf den Sack? Thomas: Überhaupt nicht. Torsten: Gar nicht. Null. Thomas: Es ist nicht so, dass wir an freien Tagen getrennte Wege gehen, weil wir echt mal kurz allein sein wollen. Sondern ich hab das Gefühl, wir hängen an freien Tagen noch enger aufeinander drauf. Und das ist echt schön! Kein Grund zur Klage. Torsten: Word! Seh ich genauso. Irgendwelche Erinnerungen an München? Thomas: Jennerwein, Englischer Garten, Atomic, Optimal Plattenladen ... Thorsten: Früher auch gerne Kunstpark, aber das ist ja jetzt wohl eher so ballermannmäßig geworden. Aber als wir unsere ersten eigenen Konzerte gespielt haben, war das da eigentlich immer ganz toll.

Kurz vor Druckschluss erreichte uns noch die Nachricht, dass Thomas einen schweren Unfall hatte und die Tour abgebrochen werden musste. Wir wünschen auf diesem Weg, dass alles gut ausgeht und wir die Beatsteaks 2013 wieder voll genesen erleben dürfen.


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Walk off the earth – Walk off the wer?


Inzwischen kennt sie wohl wirklich jeder. Zwar nicht unter ihrem Namen, aber sobald man „fünf Leute spielen auf einer Gitarre“ und dazu noch Joko und Klaas sagt, fällt der Groschen. 133.000.000 Klicks hat die Band inzwischen auf ihre Coverversion von Gotyes „Somebody that I used to know“. Wir dachten uns, bei denen geht sicher noch mehr, und trafen Gianni und Joel vor ihrem Konzert in München. TEXT UND FOTO: MICHAEL DENGLER

Eure erste Tour in Deutschland. Die ersten Erfahrungen? Joel: Ich mag das Essen. Gianni: Und die Mädchen sind sexy. Irgendwelche Klischees, bevor ihr zu den Krauts gekommen seid? Joel: Bier und Schnitzel. In Deutschland sagt jeder, das beste Schnitzel gäbe es in Wien. Wiener Schnitzel, oder? Wir hatten heute schon eins und es war wirklich gut – morgen geht’s nach Wien. Wir werden sehen, wie gut sie wirklich sind. Erklärt eure Musik der Nicht-Youtube-Welt? Gianni:Wir sind eine Band, die versucht, mitgehende Lieder mit vielen organischen Instrumenten zu spielen. Wir mischen gerne Einflüsse von verschiedenen Gegebenheiten im Leben. Wir machen Musik, die glücklich macht. Ist es ein komisches Gefühl, dass euer erfolgreichster Song ein Cover ist? Gianni: Nicht wirklich. Viele große Stars haben Coverversionen gemacht. Die größten Lieder von Elvis waren Coverversionen. Die Bands, die ich in meiner Jugend mochte, wie zum Beispiel Limp Bizkit, haben Covers gespielt. JOEL: Und Nirvana hat als eine CCR-Coverband angefangen. Es ist das Natürlichste der Welt, wenn du jung bist und Songs spielst, die du liebst. GIANNI: Es wäre etwas anderes, wenn wir die Songs wie der eigentliche Künstler spielen würden. Aber wir versuchen immer, etwas Neues zu erschaffen und es zu unserem Song werden zu lassen. Wie auch in dem Video. Ich denke nicht, dass jemand da draußen so etwas schon einmal gesehen hat. In euren Videos sieht man, dass ihr fünf völlig verschiedene Charaktere seid. Irgendwelche Auswirkungen? JOEL: Ich denke, dass ist der Grund, weswegen uns so völlig verschiedene Leute mögen. Wir sind keine Popband oder Boyband mit fünf Klonen. Keiner von uns ist austauschbar und jeder bringt seine eigene unterschiedliche Persönlichwalkofftheearth.com

keit mit. Wir sind eine komische Band. Aber die Leute mögen komische Dinge. Vor allem in Deutschland. GIANNI: Es ist schon komisch. Auf unseren Shows sind Teenager, Eltern, Großeltern. Es kommen teilweise ganze Familien. Normalerweise sagt man doch immer: „Oh Gott, meine Mutter hört die selbe Musik wie ich.“ Aber bei uns kämpfen sie eher darum, wer uns mehr mag. JOEL: Es gibt Metalheads und Punkrocker, die unser Zeug auch mögen. Diese Mischung ist wirklich cool. Ihr habt also eine starke Verbindung zu euren Fans? JOEL: Das kann man so sagen. Wir verbringen die Hälfte des Tages nur damit, um mit unseren Fans auf Facebook in Verbindung zu sein. Die schreiben uns wirklich viel und sind sehr dankbar, für das, was wir tun. Neulich schrieb jemand, dass er durch uns angefangen hat, Ukulele zu spielen, und vorher total unmusikalisch war. Ich meine, wie cool ist das denn? Ihr habt eine unglaubliche musikalische Qualität, vor allem live. Was ist das Geheimnis? GIANNI: Wir geben immer 100 % und wollen, dass dieses ganze Ding besser und besser wird. Wir haben Pläne für uns und geben immer alles. JOEL: Sobald man bequem wird, wird man faul und es wird langweilig. Man macht immer dasselbe und es ist nicht aufregend. Es ist gut, sich selbst gegenüber herausfordernd zu bleiben. Letzte Frage: Für was seid ihr dankbar? GIANNI: Für jeden Tag. Dankbar für gute Freunde und mit diesen auch noch in einer Band zu spielen. Gesund zu sein, das alles ... JOEL: Ich bin echt dankbar, gerade nicht in der Schule sein zu müssen und stattdessen meinen Traum zu leben.



MUSIK // curt 61

Serj Tankian ist schon längst nicht mehr nur der Sänger von System of a Down. Neben seinen politischen Aktivitäten wie z. B. die Gründung der gemeinnützigen Organisation Axis of Justice, in der sich Musiker, Fans und politische Aktivisten im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit engagieren, oder mit seinem Film Screamers, der den Völkermord an den Armeniern thematisiert, hat er in den letzten Jahren seine künstlerischen und musikalischen Fühler weiter ausgestreckt. TEXT: CHRISTINA SCHUSTER

Seit 2007 ist Serj Tankian solo unterwegs. Für sein erstes Album „Elect the Dead“ ließ er für jedes der zwölf Titel ein eigenes Video drehen. Dass ihm Rock als Genre nicht mehr ausreicht, wurde spätestens mit der Version „Elect the Dead Symphony“ klar. Seinen Ausflug in die Orchesterwelt hat er auch im zweiten Album „Imperfect Harmonies“ einfließen lassen. Zudem hat Serj sein eigenes Label, mit dem er Musiker und Bands unterstützt, die im Mainstream-Musikmarkt keine Chance hätten. Zusätzlich zu all diesen Projekten schrieb er die Musik für das Rock-Musical Prometheus Bound. Außerdem widmete er sich seiner Poesie-Leidenschaft und veröffentlichte zwei Gedichtbände „Cool Gardens“ und „Glaring Through Oblivion“. Nach einer kurzen Reunion-Tour 2011 mit System of a Down sorgt Serj derzeit für Aufregung mit vier neuen Solo-Alben. Jedes davon steht im Zeichen eines anderen Genres. Mit „Harakiri“, das im Juli erschien, kehrt er zurück zu seinen musikalischen Wurzeln im Rock und Punk-Rock. Die Texte sind eine Anklage gegen die moderne Menschheit, gegen Massentierhaltung und den schleichenden Mord an Mutter Erde. Es folgen mit „Jazz-Iz-Christ“ ein Jazz-Werk, ein Abstecher in die elektronische Musik mit „Fuktronic“ und mit „Orca“ seine erste Symphonie. Für die Neugierigen unter euch gibt es Hörproben auf seiner Seite.

Ab September geht Serj Tankian auf Tour, darunter sind vier Termine in Deutschland. curt präsentiert das Konzert am 16. Oktober in der TonHalle. Vorab hat Serj uns ein paar Fragen kurz und knackig per E-Mail beantwortet. „Harakiri“ ist das erste von vier neuen SoloAlben. Warum ist „Harakiri“ das erste, das du veröffentlicht hast? Eigentlich nur aus dem Grund, weil wir bereits einen Deal mit Warner für „Harakiri“ hatten. Für die anderen drei („Jazz-Iz-Christ“, „Fuktronic“ und „Orca“) und auch für meinen Film „My Year“ sind wir noch dabei, unsere Release-Partner zu finden. Welches der vier Alben ist dein persönliches Lieblingsalbum? Die Kombination aller vier wäre mir am liebsten. Bisher sind zwei Gedichtbände von dir erschienen. Für alle, die sie nicht kennen: Wovon handeln sie? „Cool Gardens“ und „Glaring Through Oblivion“ haben persönliche, politische, humoristische und sozialkritische Themen.


62 curt // musik

Wann schreibst du Gedichte und wann eher einen Songtext? Ich schreibe beide zu unterschiedlichen Zeiten, nutze aber das eine für das andere. Aus meinen Gedichten habe ich einige Zeilen für meine Songtexte übernommen. Nachdem du dich in den letzten Jahren in vielen neuen Sounds und Genres ausprobiert hast: Worauf können wir uns als nächstes freuen? Ich vertone gerade Elemente aus einem Sci-Fi Shooter fürs iPad. Außerdem würde ich gerne mehr Filme machen. Mit welchem Genre hast du gar nichts am Hut? Cuntry (nicht Country), aber auch das werde ich wohl eines Tages in Angriff nehmen.

curt präsentiert Serj Tarkian am 16. Oktober in der TonHalle Wir verlosen 3x2 Tickets // Schreibt uns eine E-Mail mit Betreff „Serj Tankian“ an ichwillgewinnen@curt.de

Deine Alben sind eine mühevolle Zusammenstellung von Sound-Experimenten und mehreren Sound-Layern. Wie bringst du diesen Anspruch in einer Live-Tour unter? Das kommt natürlich auf das Album an. Zusammen mit The F.C.C. (der Tourband) können wir die rockigen Songs von „Elect the Dead“ und „Harakiri“ abdecken. Für „Imperfect Harmonies“ dagegen haben wir noch zusätzlich ein achtköpfiges KlassikEnsemble dabei, unterstützt von Samples und ein paar Elektronik-Tracks. „Elect the Dead Symphony“ und „Orca“ hingegen brauchen ein komplettes Symphonie-Orchester.

Du spielst viele Instrumente. Was würdest du gern noch lernen? Den Lampenschirm! Mal ernsthaft, vielleicht Schlagzeug – aber meine Stärke liegt im Komponieren. Ich muss nicht alle Instrumente spielen können. Gibt es Momente, in denen du auch mal keine Musik hören möchtest? Ja, immer wenn ich an meinen eigenen Sachen arbeite, habe ich kaum ein Ohr für andere Musik. Aber wenn ich Zeit habe oder mit dem Auto fahre, dann höre ich mit Genuss gute Musik. Du bist als Armenier in Beirut im Libanon geboren, in L.A. aufgewachsen und hast mittlerweile auch ein Haus in Neuseeland? Was bedeutet Heimat für dich und welchen Ort würdest du als deine Heimat bezeichnen? Heimat ist ein Ort, von dem man eigentlich nicht weglaufen kann. Ich stamme aus Armenien, aber Neuseeland ist für mich mein spirituelles Zuhause (hier fühle ich eine tiefe Zugehörigkeit), L.A. ist meine Arbeitstätte und Italien meine Küche. Für alle „System of a Down“-Fans: Es gibt Gerüchte über ein neues Album. Was ist dran? Da gibt es bisher noch keine Pläne. Zum Schluss: Wem wolltest du schon immer mal Danke sagen? Ennio Morricone.



64 curt // auf ein memory

auf ein memory mit den donots jan-dirk und ingo


Eine Band, sieben Memorykarten. Zu jeder Karte gibts eine Geschichte. curt lässt aufdecken und erzählen. Dieses Mal spielen wir mit Ingo und JanDirk von den Donots. Nach 18 Jahren, knapp 1.000 Konzerten und 9 Studioalben haben die Alternative-Rocker aus Ibbenbüren so einiges erlebt: von bekifften Busfahrern über verkleidete Pyromanen bis hin zu schnapselnden Eltern am Nachbarszaun ... Idee und umsetzung: Michael Dengler

Ingo: Unsere erste Nightlinertour war Ende 1998 mit zwei US-Bands und wir wurden so was von ins kalte Wasser geschmissen! Gleich am ersten Abend wunderten wir uns, weil der Bus so komisch fuhr. Unser Tourmanager ist zum Busfahrer vor und hat ihn mit einem dicken Joint in der Hand erwischt. Nach einem Rieseneinlauf meinte der nur: „Dann rauch ich halt keine Joints mehr beim Fahren. Aber ich kann das echt einschätzen!“

Jan-Dirk: Das Prinzipalstudio! Ingo: Ne, gar nicht wahr, das ist die Scheune in Ibbenbüren. Jan-Dirk: Verdammt viel Ähnlichkeit mit dem Studio. Abgefahren! Ingo: Die Scheune ist ein ganz kleines Jugendzentrum – da war im Übrigen auch unsere erste Show am 16. April 1994. Ich hatte dort irgendwann das Booking übernommen und so hatten wir in dem Jahr auch Green Day in der Scheune. An einem Dienstag, 130 Leute, nicht mal annähernd ausverkauft! Die haben den ganzen Tag rumgelungert, so viel Grasgeruch und Rauchschwaden hat’s in dem Laden, glaub ich, nie wieder gegeben.

Jan-Dirk: Der Frank! Ingo: Unser Lieblingsmensch des letzten Jahres. Frank Turner ist ein unglaublich ehrlicher, sympathischer und talentierter Typ. Der ist abgefahrenerweise auf der Bühne genauso wie dahinter. Das kann man ja nicht von vielen behaupten. Wir sind wirklich gute Kumpels geworden und er singt den Song „So long“ auf der Platte. Ich könnte mir keinen besseren AlbumEndsong vorstellen!

Ingo: Ein Luftgewehr – yeah! Wir haben zwei! Wir sind ausgesprochene Pazifisten und Vegetarier, aber wer Killer-Videospiele spielt, kann das ja auch im Studio mal in echt machen. Jan-Dirk: Darf man nicht falsch verstehen, aber während des letzten Albums haben wir uns damit belohnt, dass wir draußen alle drauflos schossen, sobald aus einer Demo-Aufnahme ein fertiger Song wurde. Da haben wir auch die Toten Hosen abgezogen, die gleichzeitig mit uns im Studio waren. Und das, obwohl Campino mal gedient hat.


66 curt // auf ein memory

Ingo: In München haben wir oft im Kunstpark Ost gespielt. Babylon, Metropolis ... Diese ganzen kleinen Klitschen. Ich erinnere mich gerne daran. Wir haben oft von anderen Bands gehört: „Die Müchner kommen nicht aus‘m Arsch.“ Ganz ehrlich – kann ich nicht unterschreiben. Jan-Dirk: Gegenbeispiel Georg-ElserHallen mit Millencolin: Es war rappelvoll – kurz bevor wir loslegen wollten, hieß es: „Wir haben ein kleines Problem ... Es ist überall nass.“ Weil die Leute so geschwitzt haben, ist das Kondenswasser hochgegangen und es hat in der Halle richtig geregnet. Ein Stagediver hat sich heftig abgelegt und ist in den Graben gefallen.

Jan-Dirk: Die Charts! Und wir auf Platz 6. Jetzt merkt man, dass unser Cover total gut ist, es sticht total heraus! Ingo: Und das neben Marilyn Manson, der ja sonst sehr heraussticht. Jan-Dirk: Und den Ärzten auf eins. Ingo: Und wir haben’s Mandy Capristo gezeigt! Platz 6 im 18. Bandjahr, unser höchster Chartentry ever. Das sind natürlich alles nur Zahlen, aber am Ende des Tages irgendwie ein schönes Kompliment. Als wir unsere Eltern anriefen, um zu sagen, dass wir in den Top Ten sind, da sind die los und haben das den ganzen Nachbarn erzählt. Und für jeden gab’s einen Schnaps!

Ingo: Ich darf das Letzte umdrehen! Wenn da jetzt keine Brüste drauf sind! Und es sind ... keine Brüste drauf. Jan-Dirk: Das war bei uns der Weihnachtsflop überhaupt. Mein Bruder hat meiner Mutter zu Weihnachten ein Busen-Memory geschenkt. Das kam überhaupt nicht gut an! Ingo: Solitary Man Records – immer noch das beste Labellogo, wie ich meine, deshalb habe ich mir das auch tätowieren lassen. Das ist unsere eigene Plattenfirma, die wir teilweise aus Erfolg heraus, teilweise aber auch aus der Not gemacht haben. Erfolgreich war die Platte, die wir damals in Japan released haben. Damit sind wir

von 0 auf drei in die Charts gegangen, was völlig strange war. Solitary Man haben wir damals unter dem Dach von Nippon Televison, der zweitgrößten Fernsehstation in Japan, gegründet. Wir haben auf unserer Reise in Japan festgestellt, dass kaum eine Band aus Europa, die wir empfehlen würden, in den Läden zu finden war. Oder nur im hintersten Eck, auf dem Importgrabbeltisch für das doppelte Geld. Da haben wir die Idee gehabt, selbst ein interkontinentales Label aufzumachen und den Bands dort mit Tour und Releases zu helfen. Das haben wir dann gemacht und durften am Schluss mit Bands wie Placebo, Dropkick Murphys oder auch den Beatsteaks zusammenarbeiten. Der schlechte Teil war, dass wir uns aus dem Deal mit BMG über eineinhalb Jahre klagen mussten. Dann haben wir Solitary Man aus Japan nach Europa „importiert“ und aus der Not eine Tugend gemacht, nachdem uns niemand mehr haben wollte.

Donots // Wake The Dogs-Tour 2012 // 5.Oktober live im Backstage // curt verlost 2x 2 Tickets für die Show. Einfach E-Mail mit Betreff „Donots“ an ichwillgewinnen@curt.de // Viel Glück!



68 curt // stellt vor

THINK, TIPE, DRINK – Hank Moody machte es vor, machen wir’s nach! „Kamikaze“ – Gustav geht mit on3 auf groSSe Lesereise

curt besucht am 22. Oktober im Provisorium eine ganz besondere Party: Zwölf schreibwütige Neulinge lesen im Rahmen der schon seit sieben Jahren erfolgreichen on3-Lesereihe ihre Texte vor, ausgewählt von der Jury die sich aus dem Jungautor Benedict Wells, der „Soul Kitchen“-Autorin Jasmin Ramadan, der bayerischen Schriftstellerin Katja Huber und Claudius Nießen vom Deutschen Literaturinstitut zusammensetzt. TEXT: SANJA JOKIC Rauf auf die Bühne und ran ans Mikrofon // Zum diesjährigen Thema „Kamikaze“ haben die drei Münchner Teilnehmer ganz unterschiedliche Ansätze: Samuel Langer schreibt über Polizisten und Attentäter, für Matthias Tonon ist „Kamikaze” Rain Man, unnützes Neon-Wissen und ein Codewort für etwas ganz anderes und Lara Hampe, das Nesthäkchen der Gruppe, denkt an lange, blonde Haare und manische Erinnerungsbewältigung. Mehr Bühnenerfahrung hat die österreichische Ausnahmekünstlerin Eva Jantschitsch aka Gustav aus Wien. Sie begleitet die Vorträge mit einem exklusiven LiveSet und liest selbst auch eine eigens für die Lesereihe geschriebene Geschichte. Einen Zweifel an der Qualität ihrer Texte kann man kaum haben – wer ihre Musik kennt, weiß das schon. Für den Rest: Gustav kombiniert Pop-Elektro-Akustiksounds mit satirischer Protestlyrik, und das intelligent, wortgewandt und modern. Vergangenen Sommer komponierte sie „Unterhaltungsmusik zur Suche nach Erkenntnis“, einen 12-teiligen Liederzyklus für den Faust-Schwerpunkt der Salzburger Festspiele. Es dreht sich das Literaturkarussell // München gibt den Auftakt der literarischen Clubtour; der Ausklang findet nach den Haltestellen Regensburg (23. Oktober in der Alten Mälzerei), Würzburg (24. Oktober im Cairo) und Passau (25. im Zeughaus) und am 26. Oktober im Club Stereo in Nürnberg statt, mit großem Final-Lesen der vier Städtesieger und natürlich der Gustav. „Kamikaze“ – on3 Lesereise // Provisorium // 20 Uhr // Eintritt frei // on3.de


12./13. oktober

eintritt frei

gasteig

@wischi alex kahr allez allez! the analog roland orchestra andreas neumeister anton mints articulation avonrim b.o. fashion buzz taser cloneheadz das trojanische pferd digital haze dreschwerk kollektiv ebow x einshoch6 electric ocean people eternit fast forward foehn gabriele gabriel gasteig tv twilight hans im glĂźck hermaniak jandoon & proximal jim fletch kinokultur labarotorium video IV lako leaf lieselweiĂ&#x; lisiena mariemarie maxi becker mergrim mick wills the mustard tubes neonouveaux optms prme opto pussies reflekta reflekta roderich fabian shinto sicovaja trautonium trio v-art lab vj autopilot

mĂźnchens audio-visuelles festival


70 curt // stellt vor

kultur für alle Man kann für so vieles dankbar sein. Eine aufgehaltene Tür, wenn man schwer beladen vom Einkauf zurückkommt. Der (un-)verdiente Sieg der eigenen Lieblingsmannschaft. Aber auch Freikarten für Theater oder Konzert – vor allem, wenn man sonst keine Möglichkeit hätte, die Kultur angebote zu nutzen. TEXT: OLIVER ARmknecht

Dass der Mensch nicht nur von Brot allein lebt, wissen wir ja schon aus der Bibel. Ob es tatsächlich unbedingt auch das Wort Gottes braucht, sei mal dahingestellt. Denn manchmal wären Worte der Kultur auch schon ganz gut. Das Problem dabei ist nur: Kultur ist oft teuer. Egal ob Theater, Zirkus oder Konzert, so eine Eintrittskarte kann ganz schön ins Geld gehen. Und wenn gerade dieses etwas knapper ist, bleibt es dann doch eher beim Brot. Wer sich nicht einmal dieses leisten kann, für den hat vor rund zwanzig Jahren „Die Tafel“ ihre Tore geöffnet. Bei der bekannten gemeinnützigen Hilfsorganisation werden Lebensmittel, die noch voll genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden, an Bedürftige verteilt. Ähnlich funktioniert das Prinzip bei KulturRaum München. Auch dieses Programm richtet sich an Menschen mit niedrigem Einkommen. Mit dem Unterschied, dass es sich bei den Spenden nicht um Lebensmittel, sondern um nicht verkaufte Eintrittskarten für Kulturveranstaltungen handelt. Möglich machen das vielseitige Kulturprogramm die zahlreichen Veranstalter, mit denen der 2011 gegründete gemeinnützige Verein „Kulturloge München e.V.“ zusammenarbeitet. Denn diese sind es, die für Theater, Konzerte, Lesungen, kulturraum-muenchen.de

aber auch Kino und Kabarett Plätze zur Verfügung stellen. Und wie kommt man als bedürftiger, dafür umso interessierter Kulturfreund an diese Karten? Ganz einfach: Die Sozialpartner des Projekts – das sind zum Beispiel Einrichtungen der Caritas oder die Münchner Tafel – bestätigen bei der Anmeldung, ob man die Voraussetzungen für das Projekt erfüllt. Auf diese Weise wird vermieden, dass das Angebot von Unberechtigten missbraucht wird. Die Gründe für das geringe Einkommen sind hingegen unerheblich. Ob Auszubildende, Rentner, Arbeitslose, alleinerziehende Elternteile oder Flüchtlinge: Sie alle sind herzlich eingeladen, sich für das Projekt zu bewerben. Und viele nehmen dieses Angebot gerne an: In den ersten sechs Monaten nach der Gründung meldeten sich über 1.000 Menschen als KulturGast an. Schon bei der Anmeldung hat jeder die Möglichkeit, ein eigenes Interessenprofil zu erstellen. Gehe ich gerne ins Theater? Oder bin ich doch mehr der Typ für Konzerte? Basierend auf diesen Interessen bieten die ehrenamtlichen Mitarbeiter von KulturRaum München passende verfügbare Eintrittskarten an und ermöglichen so jedem, am kulturellen Leben teilzunehmen – unabhängig vom Geldbeutel.


Mehr Menschlichkeit f端r Tiere


72 curt // luc

luc träumt und streunt Luc mochte es, an seinem Schreibtisch zu sitzen. Schließlich gab es über seine Streifzüge eine Menge zu notieren: So wühlte er sich vor Kurzem durch ein Dickicht. Überall blieb er mit seinem Bademantel hängen. Und für einen Moment bemerkte Luc, dass er Gefallen daran fand, wenn ihn die Dornen so sehr kratzten, dass es sogar ein bisschen blutete.


Genauso freute sich Luc (man möge ihm seine Sentimentalität verzeihen) über einen Bienenstich in die nackte Ferse. Denn so konnte er sicher sein, dass das gute Tier noch nicht ganz ausgestorben war. Es passierte, als er über eine endlose Wiese spazierte. Gerade zermarterte er sich das Hirn über das Wesen der Libelle und der Hummel. Da stach die Biene zu.


74 curt // luc

Zum Glück war der Fluss nicht weit. Am Ufer konnte er seinen Fuß abschrecken. Und da sah er, dass die Wasserstraße in Richtung seines Zuhauses bog. Luc legte sich in die kühle Strömung und rührte keinen Finger mehr. Das Wasser war weich und umspülte seinen Bademantel. Es nahm ihn einfach mit. Nach einer Weile war Luc angekommen.


TEXT: Calippo Schmutz // FOTOS: Daniel Cascales, Alexis Coulais und David Junior


76 curt // waschdl grantnockerl

WAschdls grantnockerl

Frühling, Winter, Herbst und ScheiSSzeit? Eine Abrechnung mit dem beliebten Jahreszeitengegrantel

Weil München nicht München wäre

Samma amoi ganz ehrlich: So ein Sommer ist doch immer wieder was Schönes. Knackige Bräune, die man sich an der Isar, auf Sommerfesten und in der Badwann’ (dem Starnberger See) zuzieht, zahllose, unvergleichlich weiche, die Zeit vergessen machende Radlerräusche im Biergarten, die von einer Mischung aus Angst und Heldentum durchsetzten Heimfahrten auf dem Radl, weil man mal wieder die Fahrradlampe vergessen und die Abendzeitung am Morgen was von einer groß angelegten Fahrradsünderrazzia gefaselt hat: Der Sommer in München kann einzigartig sein – wenn er einem denn nicht von den zahlreichen gnaden- und freudlosen Jahreszeitengrantlern vor der Nase kaputtgegrantelt wird.

ohne eine ordentliche Portion Grant, lässt curt Redakteur Sebastian Klug (bayerisch: „Waschdl“) an dieser Stelle in jeder Ausgabe einmal so richtig den Grantler raus und zeigt auf, was schief läuft in der Landeshauptstadt.

Dass ein Grantler wie ich über Grantler grantelt, mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, liegt jedoch schon grundsätzlich in der Natur des Grantelns: Wer in diesem Metier nämlich etwas auf sich hält, lässt keinen anderen neben sich gelten. Dazu kommt, dass jeder Grant zum einen seine Berechtigung, zum anderen aber auch seine Originalität braucht – beides Dinge, die den Jahreszeitengrantlern durchweg abgehen. Im Herbst regen sie sich darüber auf, dass das Wetter so unberechenbar sei. Im Winter darüber, dass es so eisig kalt sei, und immer abwechselnd darüber, dass entweder zu viel oder zu wenig Schnee läge. Im Frühling beglücken sie einen mit einer aufgewärmten Resteportion des Herbstgrantes, um dann, am besten schon im Mai, den schlechtesten Sommer aller Zeiten auszurufen. Als in diesem Jahr Ende Mai das bis dahin bombige Frühsommerwetter für einen Moment zusammenzubrechen drohte, erfreute mich beispielsweise mein Freund S. mit dem berechenbaren und zutiefst unoriginellen Facebook-Post „Das war’s dann wohl mit dem Sommer“. Als einige Wochen später eine Hitzewelle auf uns zurollte, rief mein Freund A. in einer Rundmail „die letzte schöne Sommernacht“ aus. Diese „letzte schöne Sommernacht“ habe ich im Übrigen in diesem Jahr gefühlte 30 Mal genossen, zuletzt Mitte August drei Tage am Stück.


Was hat es mit dieser Freude am Schlechtreden des Wetters, das einen umgibt, auf sich? Zugegeben, der erste Tag nach der Hitzewelle, an dem ich meine sonnenverwöhnten Hornhautextremitäten wieder in Schuhe hüllen muss, macht selbst mich jedes Mal aufs Neue sehr traurig. Doch deshalb den ganzen Sommer schlechtreden? Und die anderen drei Jahreszeiten bei der Gelegenheit am besten auch noch? Na, echt ned. Nicht mit mir. Ich genieße den Sommer und übe mich in Dankbarkeit. Zu Schulzeiten hätte ich die Mädchen aus der Hippiejugend immer an die Wand klatschen können, wenn sie sich gegenseitig Sprüche wie „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit’ren Stunden nur“ in die Poesiealben gekritzelt, geschrieben oder kaligrafiert haben. Aber jetzt amoi unter uns: Die hatten recht. Ganz ehrlich. Ich zähle mittlerweile einfach die Sonnenstunden, und das waren in diesem Sommer so viele, dass ich mir die Zahl gar nicht merken konnte. Und den Rest zählen dann meine Jahreszeitengrantlerfreunde. Gut so. Sonst hätte ich am Ende gar nichts mehr zum Granteln.


78 curt // 5 fragen an

Josef hader niemandem sei dank


Sich selbst zu spielen, ohne sich dabei lächerlich zu machen, ist in der Regel entweder unmöglich oder überheblichen Volltrotteln vorbehalten. Josef Hader ist hierbei eine Ausnahme: Der Wiener Jahrhundertkabarettist schafft es scheinbar mühelos, trotz seines schelmisch-bubenhaften Charmes mit oftmals bissigen, manchmal fast bösartigen Charakteren die Bühnen, Fernseher und Kinosäle des gesamten deutschsprachigen Raums zu füllen. Sei es mit seinen Erfolgsprogrammen „Privat“ (über zehn Jahre gespielt) oder „Hader muss weg“, seiner Rolle als Simon Brenner in den bisher drei Verfilmungen der Wolf-Haas-Romane oder mit Fernseherfolgen wie „Aufschneider“ – Josef Hader ist eine lebende Legende. Und dazu, wie sich bei redaktionsinternen Gesprächen immer wieder feststellen lässt, ein absoluter Frauenschwarm. TEXT: sebastian klug Sein Programm „Hader spielt Hader“, das er am 27. und 28. Oktober zum wiederholten Mal im Audimax der LMU spielt, ist weniger ein Best-of als vielmehr Haders einzigartiger Weg, mit einigen seiner Lieblingsgeschichten und -songs auf die Bühne zu gehen, ohne dabei sich selbst oder sein Publikum zu langweilen. Wir durften dem Ausnahmeösterreicher fünf Fragen stellen. Was sagt man denn als Atheist statt „Gott sei Dank“? So gläubig bin ich ja auch nicht, dass ich fix mit keinem Gott rechne. Streng gläubige Atheisten müssten aber auf jeden Fall „Niemandem sei Dank“ sagen, was ein wenig umständlich von den Lippen geht. Falls der Atheismus sie genügend entspannt hat, könnten sie auch sagen: „Eh wurscht“. Für was waren oder sind Sie so richtig dankbar? Das führt zu weit, weil da gibt es zu vieles. Ich bin ja sehr nachtragend, und die Menschen, denen ich dankbar bin, aber auch die Menschen, die ich unversöhnlich als gestorben für mich betrachte, gehen in die Hunderte. Über was können Sie sich so richtig aufregen? Wenn ich selbstverschuldet in Stress komme und in lauten Selbstgesprächen versuche, anderen die Schuld daran zu geben. Sie haben einen unfassbaren Schlag bei den Frauen. Ist das eher Segen oder Fluch? So intensiv, wie Sie das beschreiben, kann ich das leider nicht bestätigen. Generell haben, glaub ich, die Apotheker recht. Die sagen, Segen oder Fluch hängt von der Dosierung ab. Ganz ehrlich: Wie oft sind Sie bereits erfolgreich g’schossen worden? Sehr oft, einmal sogar auf offener Bühne von einem Zuschauer. Ich bin sehr schlecht in diesem Spiel, weil man müsste in jedem Gespräch immer gleichzeitig aufpassen, ob einen jemand schießen will. Und an zwei Sachen gleichzeitig zu denken, das krieg ich nicht fertig. Ich bin schon froh, wenn ich nicht zwischendurch vergesse, worüber ich gerade rede. Wer wissen will, was es eigentlich mit diesem „G’schossen-Werden“ auf sich hat, kann es sich vom Meister selbst erklären lassen: Wir verlosen für den Auftritt von Josef Hader im Audimax der LMU am 28. Oktober 2 x 2 Karten. Das Gewinnspiel findet ihr auf curt.de


80 curt // 5 fragen an

Hannes Ackermann Schlammschlacht auf zwei Rädern

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Am 11. August machten die Red Bull X-Fighters Halt im Münchner Olympiastadion. Beim größten Freestyle-Motocross-Event der Welt mit am Start: Wildcardbesitzer und deutscher Hoffnungsträger Hannes Ackermann (22). Der zweifache Deutsche Meister im FMX ist leider viel zu früh ausgeschieden. Wir hatten trotzdem einen großartigen Abend! TEXT UND FOTOS: MICHAEL DENGLER

Wie kamst du zum Freestyle? 1998 habe ich mit dem Motocross angefangen und zwei Jahre später kam ich zum Freestyle. Und was sagen die Eltern dazu? Die haben versucht, mich vom ersten Moment an zu unterstützen. Hätte auch nicht anders funktioniert. Hab mir damals ja nicht alleine ein eigenes Bike kaufen können. Aber meine Mutter kann nie zuschauen. Das ist aber, glaub ich, normal.

Wo hast du dich schon überall verletzt? Das war schon einiges: dreimal das Knie kaputt gemacht, einmal den Arm gebrochen und einmal drei Wirbel. Was denkt man kurz vor dem Aufprall? Es geht nur noch darum, wie man in diesem Bruchteil einer Sekunde verletzungsfrei aus der Situation herauskommt. Aber sehr uncool.

Wie schmeckt der Schlamm? Nicht gut. Sollte nicht dazu kommen, den Dreck zu küssen.


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82 curt // berlin korrespondenz

GrüSSe von drüben Meisterstücke des Recyclings führen in die DDR Bevor die Reise dorthin geht, wird Station gemacht, bei uns in Berlin. Wer wir sind? Monika und Majken. Ab jetzt curt Berlin-Korrespondentinnen. Wir liefern Geschichten aus Berlin und Umgebung. Monika kommt aus München und leidet seit ihrem Berlin-Umzug 2008 unter curt-Entzug. Ich stamme aus hildesheim und bin seit 17 Jahren in der Hauptstadt. Das Gute an uns ist: wir haben beide den Blick von Außen. Eine eingebaute „Forscherlinse“ sozusagen. TEXT und FOTOS: Majken Rehder // ARTWORK: Monika Schindler

Mit diesem Blick begab ich mich nach der Wende unzählige Male in die Gebiete der ehemaligen DDR, rund um Berlin. Dort machte ich eine Entdeckung: Vor den gleichförmigen graubraunen Eigenheimen prangten quietschbunte, laune-machende, skurrile Gartenzäune, die mit Initialen, Jahreszahlen, Blumen- oder Tiermotiven versehen waren

­ nd keiner glich dem anderen. Aus dem „Westen“ u kannte ich stereotype Jägerzäune, Maschendraht oder Festungsmauern aus Koniferen. Was steckte dahinter? Es handelte sich um Zäune „Marke Eigenbau“, die aus Industrieresten geschweißt waren, 1960 bis1989 gefertigt. Anderthalb Jahre erforschte ich dieses Phänomen, zusammen mit

Nicole Andries. Es entstanden neben 400 Zaunfotos, Interviews mit Zaunerbauern und Materialuntersuchungen. Und eigentlich ging es um mehr als um einen banalen Alltagsgegenstand: Die Menschen erzählten von Nachbarschaftshilfe, Mangelwirtschaft, Eigenheimbau im Kommunismus und dem Bedürfnis nach Abgrenzung und Individualität.


Edith Hesse Maschinenschlosserin „Der Zaun ist so stabil gebaut. Den kriegt keiner klein, der überlebt uns noch. Die Farben waren meine Idee. Blau ist meine Lieblingsfarbe, himmelblau, weil es freundlich ist. Ich tu leidenschaftlich gern malern. Ich bastele und mach und tu. Arbeiten ist mein Hobby. Ich hab sogar die Fliesen an die Wand gemacht. Handwerken, das ist praktisch meine Freizeit. Alles, Zaun und Garten, so wie Sie das hier sehen, ist alles mein Machwerk.“

peter Feldhahn elektroschweiSSer „Für meine Begriffe ist ein Zaun ein Aushängeschild. Ich wollte die Gegend verschönern und wollte, dass andere daran Freude haben. Das Butzenglas habe ich mir vom Glaser aus Resten zuschneiden lassen, das war eigentlich für diese bunten Kirchenfenster mit Ornamenten. Bei diesem Zaunmuster hat mich das Gemisch aus Glas und Eisen gereizt, die Reflexion. Wenn die Sonne darauf scheint, reflektiert es so schön.“

Erika behrend Fleischerin „Das waren die Reste vom Stanzen, die sie für die Minimax Feuerlöscher brauchten. Mit dem Zaun war das so: Wir wollten unser Eigentum präsentieren. Das ist unser Haus! Das ist unser Zaun! So ungefähr, das ist meins! Es gab ja immer sozialistisch, das ist unser! Das ist unser!“ Memory: Auch du erinnerst dich! Herausgeberin: Majken Rehder Bestellung: mrehder@ddr-zaunwelten.de

recyclingzäune // kleine materialkunde

Bremsscheiben von Flugzeugrädern, Produktionsbetrieb unbekannt

Negativformen von Ausstanzteilen, VEB Kranbau Eberswalde (KE)

Moniereisen, Industriereste, VEB Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf

Interviews // Auszug aus: „Zaunwelten. Zäune und Zeitzeugen. Geschichten zur Alltagskultur der DDR“, Nicole Andries/Majken Rehder, Jonas Verlag Marburg, 2005; vergriffen


84 curt // im ausland


Salvador um exemplo da uma cidade brasileira REISEBERICHT UND FOTOS: angela sandweger


86 curt // im ausland

Flughafen Salvador de Bahia. Es ist warm, die Luftfeuchtigkeit hoch. Für die nächsten drei Monate ist Salvador mein neues Zuhause. Mein Domizil liegt in Barra, im „Jardim Brasil“, einem der ältesten Stadtteile Salvadors. Rattanmöbel mit Plastikkissen, winzige Küche mit Minimalausstattung, die Fenster mit Folie abgedunkelt. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, wie der durchschnittliche Brasilianer zu leben. Das Viertel ist pittoresk, mit kleinen, viktorianisch anmutenden Häusern, großen, alten Bäumen. Die meisten Straßen sind eng und mit Autos verstopft. Obdachlose liegen in den Eingängen der Banken, Hunde streunen herum. Ein in ein Bettlaken gehüllter Penner legt sich quer vor den Eingang eines „Kilo-Restaurants“. Man bezahlt dort sein Essen nach Kilopreis. Die Gäste steigen über ihn drüber. Er grinst. Bis ihm ein „Garçom“ etwas zu essen bringt und er sich zufrieden mitten auf die Straße setzt. Ein Autofahrer motzt. Der Penner lacht ihn aus und zieht ab. Zurück in der Wohnung habe ich am Abend die erste Begegnung mit einer Kakerlake. Dass wir keine Freunde werden, ist uns beiden bewusst. Viel mehr Sorgen bereiten mir die Sägemehlhäufchen an den Schränken: Termiten fressen die Einrichtung auf. Schnell beseitige ich die Häufchen, wasche mir die Hände. Das Wasser aus der Leitung ist bräunlich, riecht nach Chlor. Warmes Wasser gibt es nicht, nur in der Dusche. Die Duschköpfe funktionieren mit Heizspiralen und man solle sie, so der Rat des Pförtners, beim Duschen besser nicht berühren. Es seien schon Leute an einem Stromschlag gestorben. Der Fernseher liefert Schneetreiben, das Radio krächzt, die Klamotten kommen grau aus der Waschmaschine. „Willkommen in Brasilien!“, begrüßt mich die Vermieterin.

Es ist Winter. Die Sonne geht um 6.30 Uhr auf. Ich spaziere am Strand entlang, wo die „Polícia Militar“ mit der MP im Anschlag patrouilliert. Türkisfarbenes Wasser, blauer Himmel. Jeder Morgen am Strand ist anders. Mal schwimmen Senioren, mal ist ein Schulsportfest, mal wird Yoga praktiziert oder ein Mann liegt tot am Strand. Ach nein, er zuckt: ein schlafender Penner. Ab 9 Uhr wandelt sich das Bild. Abgenutzte Klappstühle und Sonnenschirme werden aufgestellt, Ghettoblaster aufgedreht. Lautes Bum-Bum beschallt „Porto da Barra“, die Bucht aller Heiligen. Sie liegt fünf Minuten von Barra entfernt, gesäumt vom berühmten „Farol“, dem Leuchtturm, und einer alten Kirche auf einem Hügel. Die Strand-verkäufer sind meist Kinder. Sie schleppen Getränke, Sonnenschutz, Essen, Bikinis oder Cangas, die typischen brasilianischen Strandtücher. Kleine Buden bieten für zwei bis drei Real frische „Coco“ an – mit einer Machete geöffnet und mit einem Strohhalm überreicht. Köstlich! „Pôr-do-sol“: Im Winter geht um 5.30 Uhr die Sonne unter. Touristen und Einheimische klatschen, wenn der Sonnenball quasi ins Wasser fällt. Dann ist es schlagartig dunkel. Wieder wandelt sich „na praia“. Viele der Strandverkäufer, die sich mit Gaffer Tape die mit Getränken gefüllten Styroporkisten umgehängt haben, warten mit ihrer nicht verkauften Ware an den Bushaltestellen. Ein Obdachloser nimmt ein Bad im lauwarmen Meer. Leute gehen von der Arbeit nach Hause. Ab 19 Uhr wird die „Polícia Militar“ abgezogen. Wer noch nach 21 Uhr unterwegs ist, hat ein Auto oder fährt mit dem Taxi. Die Zeitung berichtet, in der Altstadt „Pelourinho“ werde einfach jeder beklaut. Ich bin aufs Schlimmste vorbereitet, scheitere allerdings bereits auf dem Weg dorthin, weil ich das Bussystem nicht blicke. Die Busse rasen an mir vorbei.



88 curt // im ausland

Auch wenn hier keiner Englisch spricht, helfen mir Passanten – irgendwie. Die Leute zwängen sich, nachdem sie bezahlt haben, mit Tüten und Kisten durch ein Drehkreuz in den Bus. Im Affenzahn geht’s bergauf, bergab. Ab und an stöhnen Leute auf. An einer Haltestelle steigt ein als Clown geschminktes Mädchen ein. Bei Lärm und Hitze trägt sie Lieder vor. Die Leute klatschen. Manche geben ein paar Centavos. Sie bedankt sich mit einem Lächeln. In „Pelourinho“ empfangen mich kleine Läden, Buden mit Obst und Gemüse, ein wildes Gedränge, durch das Autos und Mopeds jagen. Händler verkaufen Kunsthandwerk aus Bahia, typisch bahianische Speisen, Zigarren. Viele lungern einfach nur herum. Ein Kind bettelt. Die Armut ist augenscheinlich. Einst war Salvador die Hauptstadt von Brasilien und Hauptumschlagplatz des Sklavenhandels. Der große Einfluss der Kirche in den Kolonien zeigt sich an ihren prachtvoll ausgestatteten Bauten. Doch je weiter wir uns vom Herzen des Weltkulturerbes entfernen, desto heruntergekommener die Häuser. Stromleitungen hängen herab, Grünzeug wächst an den Hauswänden, Müll liegt herum. Es wird dunkel. Ich gehe zur Bushaltestelle nahe „Elevador“, dem Wahrzeichen der Stadt, und schaue auf die „Cidade Baixa“, die untere Stadt, den Hafen und das Meer. Ein sagenhafter Ausblick! Ich habe täglich Portugiesisch-Unterricht bei meiner Lehrerin Sheila. Über schlecht geteerte Straßen, die von der Hitze aufgeplatzt sind, geht’s zur Bushaltestelle. An jeder Kreuzung schaue ich mich um, ob ein Auto kommt, denn die haben hier immer Vorfahrt. Die Autos sind rundherum abgedunkelt wie die Fenster meiner Wohnung. Wie auch die Häuser mit Mauern, Pförtnern, Security oder gar Stacheldraht abgeschirmt sind. Am Eingang der „Universidade Federal da Bahia“ weht ein Banner am Eingang: „em greve!“, im Streik. Ich erfahre,

dass die Universitäten seit Monaten dicht sind. Die Lehrer wollen mehr Geld. Sie bekämen einen Hungerlohn. Die Studenten helfen, obwohl sie wissen, dass sie Zeit verlieren; Zeit, um gutes Geld zu verdienen. Das aufstrebende Land wird zunehmend teuerer. Eine Jura-Dozentin spricht Englisch. Sie erklärt die „Krux“ des Landes. Ihre Studenten seien der eigenen Sprache kaum mächtig. Die Reichen gingen zuerst auf Privatschulen, dann auf die sehr guten staatlichen Unis. Sie nähmen den Armen die Plätze weg. Der Mittelstand hätte zwar mehr Geld, würde die Kinder aber arbeiten schicken. Anstelle von Büchern kauften sie Fernseher. Junge Frauen würden zu früh heiraten, Kinder kriegen und im „Salon de Beleza“, dem Schönheitssalon, über Telenovelas quasseln. Das sei die Krux: Oberflächlichkeit und Bildungsmangel. Musik, betont meine Lehrerin, sei der Schlüssel, um Sprache und Mentalität Brasiliens zu verstehen. Man müsse sich mit ihr auseinandersetzen. Samba ist die Musik, mit der sich die Brasilianer den Frust wegsingen und -tanzen. In der Diktatur, 1965 bis 1985, tauschten sich die Intellektuellen und Musikanten so über Missstände im Land aus und lieferten der Bevölkerung Explosionsstoff. Noch heute kann jeder Brasilianer mitsingen, wenn diese Lieder auf der Bühne interpretiert werden oder im Radio laufen. Ich erlebe das in der Altstadt von Recife, in Porto de Galinhas, Rio de Janeiro und Salvador, auf Straßenkonzerten, in den „Livrarias“, sogar am „Aeroporto“. Ohne Zweifel hat dieses Land kulturell mehr zu bieten als Karneval und Samba. Allein seine einzigartige Natur ist für das Ökosystem der ganzen Welt von großer Wichtigkeit. Ich bin gespannt, wie sich Brasilien bis zur nächsten WM und Olympiade entwickeln wird. Wieder zurück in Bayern, blicke ich auf beeindruckende drei Monate zurück. Und bin dankbar. Unglaublich dankbar.



90 curt // wiesn gschichtn

Auf die Wiesn gehen kann jeder. Auf die Rosa Wiesn nur die Harten. Stramme Burschen in Rosa Hos`n, fesche Madln zu fünfzig-fünfzig im Dirndl oder der braunen Originalvariante der Männertracht. Weniger Schlägerei, weniger Proletentum, mehr Drama. TEXT: NURIN KHALIL // ILLU: Andreas Weixler

„Ja, wer will denn da hin?“, fragt sich der heterosexuelle Bier-Normalverbraucher. Das andere Ufer eh, doch ein überfülltes Zelt um halb acht in der Früh spricht für sich und für mehr als nur eine weitere schwule Party. Der Wecker klingelt um fünf Uhr früh. Finster ist´s, doch hellwach steig ich unter die Dusche, spring ins Dirndl und warte gebannt auf das Läuten an der Tür. Die Mädels müssten jeden Moment zum Weisswurst-Frühstück kommen. Um sechs spätestens ist es soweit: Es wird gezuzelt und die erste Halbe geleert. Und zwar anstatt und nicht zum Kaffee. Gegen sieben bringt uns der Bus Richtung Goetheplatz und von dort die noch brauchbaren Füsse weiter zur Festwiese. Die Fahrgeschäfte noch geschlossen, die letzten Reinigungskräfte am Werk, die müden Budenbesitzer am Zurechtlegen der zwanzig Tonnen Zucker ... Und dann erscheint sie, die nächste Biegung rechts, in ihrer vollen Pracht: die Warteschlange. Es ist halb acht. Um neun wird die Pschorr Bräurosl offiziell eröffnet. Offiziell. Wir reihen uns hinter den knapp ersten 300 ein. Das ausgewogene Frühstück macht sich im engen Gewand langsam bemerkbar. Das nächste Bier muss schnell her, um die zur unmenschlichen Zeit übermütigen Menschen halbwegs zu ertragen. Es bewegt sich was, es geht weiter. Der erste Blick durch eines der Fenster: Alle Tische belegt. Ja, Himmel Herrgott Sakrament, habt‘s ihr alle nix zu tun! Um neun: Jawoll, wir kommen endlich rein! Sofort macht sich Hektik breit, die Suche nach einem Plätzchen beginnt. Zumindest eine Beschäftigung, bis erst eine weitere

rosa wiesn


Stunde später die erste Maß hergeht. Das erste Prosit. Die Stimmung steigt, die Spannungen lösen sich. Hu, schon eins! Wollte Niki nicht schon längst gehn? „Auf ein Bier, ich mag die Wiesn nicht so“, hieß es. Wo steckt sie eigentlich? Wir verlassen die am Morgen hart erkämpften Plätze und begeben uns auf die Suche nach dem ein oder anderen bekannten Gesicht, das sich innerhalb einer Szene ja durchaus leicht finden lässt. Prompt gefunden, da ist ja auch Niki! Fest umklammert sie das Norgerl ihrer zweiten Maß, vertieft ins Gespräch mit ein paar Damen. Es wird drei. Auf der Uhr und auf dem Maß-Konto. Mein Weib Löra kommt grölend mit einem zerknüllten Fuffi vom Klo: „Sch hab Geld gefundääään!“ Der Jubel überträgt sich aufs nähere Umfeld. Die nächsten paar werden schnell bestellt. Niki strahlt um vier heim. Fünf Stunden später als geplant. Passiert halt auf da Wiesn. Fünf Uhr. So guad geht’s ma nimmer. I steuer des am andern Ende glegene Klo o und bin nach 10 Minuten zruck. Wo kimmtn der Krrrug Wossa her? Wurscht, runter damit! Karo läuft vorbei, mei, di hob i ja ummara zwoa s letzte moi gseng! PrRrrRoOsT! Kling! I steig auf´d Bank um die Bänd bässa z‘seng. No a weng zum Rand. No a Stückerl. Dass koana mehr am andern End hockt, merk i erst, ois mir´s hoibe Eck scho am Bodn krrraulend untern Rock schaun ko. A hysterische Bedienung rast herbei, Löra schielt mi o. Ja, merkst wos, Weib? Mi hots higlegt! Ois suppa! Glei wieda auf de Haxn! Robbie, die Beatles und Co. singa uns o, i ko alle Texte! Glaab i jedenfois. S‘rumkuschln geht los, die ersten Tränen fließen. Er, vergebn, hat ean o‘gschaut und da Freind hot´s gseng. Sie mog sie aba ned umkehrt. Aba da gabs doch die Zeichn! Du Oasch, du Schlampn! Versöhnung zwoa Minutn spedda. Mei Weib is eigschnappt, i hob an Scheiß vazejt. Die Sitznachbarn suchn a Bsoffene, die scho lang dahoam is. Ui, i krieg a Norgerl von links von der Hübschn.

Scheißeee, jetz bin i zu bsuffa zum redn. Hui, guad, dass ma die letzte vor a Stund gracht hom und nimmer naus san, koa Einlass mehr trotz Stempl. So a Scheiß, wo isn da die Orga? S schifft, Karos Leidl stehn do zum Teil inna Suppn. Bah, nei, schnöi! Jetz stehst scho a weng o am Klo, eher Doppelbesetzung o‘gsagt! A letzts moi „Hey Jude ... NaAAaaaAaa!“ Scheiße, scho hoib öifi! A unsanfter Rausschmiss. Nur no hoam! Auf´m Weg raus a boor Fundsachn eibackln, draußen a Leberkassemmej, Löra beißt am Fremden in‘d Zuckerwattn. Bus, Bett, Baba! Montag früh. Sie schlägt halt so hart ins Gesicht, die brüchige Erinnerung, die hier und da immer wieder auftaucht, schön verteilt über den Vormittag. Erst Mittags trau ich mich ins blaue soziale Netzwerk, um den Schaden in allen Maßen vor Augen geführt zu bekommen. Kommentar hier, Foto da ... Scheiß Party- Fotografen! Drei neue Freundschaftsanfragen. Wer zur Hölle seid ihr? Das Handy klingelt, eine Rund-SMS vom Freundeskreis außerhalb „meines“ Ufers: „Heute Wiesn?“


92 curt // gibt einen aus

vielen dank für speis und trank!

Was passiert, wenn man an einem unspektakulären Donnerstagabend einfach so in der Stadt Schnittchen und Schnappes verschenkt? Erntet man Miss-trauen oder Dank? Bleiben die Leute stehen und tun so, als wären sie interessiert, um mehr Essen abzugreifen? Oder denken sie, wir wollen sie vergiften? Ohne Erwartungen, aber mit einem Van voller Häppchen, Vodka, Baileys, Kirschlikör und appetitanregenden Beats zogen wir los. curt gibt einen aus!

Die Ergebnisse des Abends Der Kirschlikör ging am besten. Die Schnittchen mit freundlichem Gesicht wurden vor den anderen ohne oder mit nicht ganz so heiterem Gesicht bevorzugt. Schinken ging besser als Käse. Käse ging besser als Lebensmittelglitter auf Frischkäse. Megaphon am Gärtnerplatz = Polizei. 43 x Danke gehört.



Danke 94 curt // impressum

steff Mirjam: Ich bin dankbar für jeden Text mit mindestens 3 Kommas und höchstens 10 Rechtschreibfehlern. Christoph: Ich bin dankbar dafür, dass die Leute manchmal über meine Witze lachen ... Andreea: Ich bin dankbar für die Menschen (und Kätzchen), die ich liebe, das Wochenende und Muttis Kartoffelsuppe. Veronica: Danke an SeaYou Records für die tolle Platten! Martin: Danke für Herz, Niere und Magen. Petra: Ich bin dankbar für das Geschenk des Yoga. Und für meine Freunde. DANKE! Majken & Monica: Danke, dass wir curt sein dürfen. Danke, dass wir keine Männer haben, so können wir besser arbeiten. Angie: Ich bin dankbar, weil ich viele wunderbare Menschen in meinem Leben habe und das auch noch auf der ganzen Welt! Julia: Danke an den alten Mann, der mir neulich an der Gemüsetheke ungefragt ein Kurzreferat zum Thema Druckstellen bei Pfirsichen gehalten hat. Marcus: Danke an Dave Grohl. Für alles. Carina: Danke an die Leute die einem helfen, ohne dass man es merkt! Christian G.: Ich danke dem Sommer, dass er mit einem sintflutartigen Regenschauer dafür gesorgt hat, dass meine Freundin bei unserem ersten Date nach kurzer Zeit feucht wurde und mir unter einem Mini-Schirm sehr nahe kam. Sebastian: Danke für die Fleischeslust in jeder Ausprägung. Sandra: Ich danke meinen Katzen, dass sie mich immer so schön mit ihrem Schnurren beruhigen können, wenn es mal wieder etwas turbulent zugeht. Andreas: Danke für Nichts. Und für alles andere natürlich auch. Patrick: Ich bedanke mich bei meiner Liebsten Ursula, dass sie mich, den Langzeit-Führerscheinlosen, der als Beifahrer in keinem fahrenden Auto eine Karte lesen kann, weil dann sofortige, akute Übelkeit droht, wieder mal über drei Wochen lang durch weite, fremde Lande chauffiert und überhaupt ausgehalten hat – DANKE! Mel: Danke an meine Teamplayer in der Valley! Christian V.: Danke für Augustiner! Margarita: Ich bin meiner Mama sehr dankbar! Michl: Danke für die vielen Trottel auf der Welt, so dass ich jeden Tag etwas zu lachen habe. Felix: Ich danke meiner Oma, dass sie mir ihre Liebe vermacht hat Patricia: Danke für die Indianer, die für ein Minimum an Herausforderung und Gefahr sorgen. Nurin: Danke für Bibel TV in faden Momenten. Lukas: Ich danke Hendrix, Österreich und meinen Eltern. Steff: Danke für Hopfen und Malz. Danke fürs Leben.


impressum // curt 95

curt media gmbh Geschäftsführung Stefan Neukam. steff@curt.de GESTALTUNG UND cvd CURT MÜNCHEN Melanie Castillo. mel@curt.de TEXT online und Schlussredaktion Mirjam Karasek. mirjam@curt.de Druck Druckerei Vogl. druckerei-vogl.de Lektorat Mirjam Karasek

die curt dealer der stadt Südstadt // City Kino // Café Kosmos // Café am Hochhaus // Bergwolf // 59:1 // Trachtenvogl // Substanz // Münchner Volkstheater // Feierwerk // Backstage // Valentin Stüberl // Deutsche POP Akademie Zentraler Hochschulsport (ZHS) ... curt abo für lau: ichwillabo@curt.de

curt Magazin München curt Media GmbH Geschäftsführer: Stefan Neukam (ViSdP) Widenmayerstr. 38, 80538 München Tel. 089 - 520 30 681 // Fax 089 - 520 30 615 E-Mail muenchen@curt.de

an dieser Ausgabe haben mitgewirkt: Andreea Hula, Melanie Castillo, Michael Dengler, Christoph Brandt, Thomas Karpati, Petra Kirzenberger, Christian Vogel, Martin Emmerling, Achim Schmidt, Patrick Widmer, Julia Fell, Christian Gretz, Carina Neumann, Nurin Khalil, Patricia Breu, Sebastian Klug, Max Brudi, Sandra Ribbeck, Sanja Jokic, Oliver Armknecht, Felix Wichert, Majken Rehder, Monika Schindler, Veronica Burnuthian, Christina Schuster, Angela Sandweger, Lukas Millinger, Andreas Weixler, Christian Anzenberger aka mamacat. Danke an Petra für die Mühe und Nerven mit dem Internet – und ach ja, und für die Bildbearbeitung! ;-) curt München erscheint 4 x im Jahr in einer Auflage von 10.000 Stück und liegt kostenlos aus. Das idealistische Projekt ist der Zusammenarbeit kreativer Köpfe zu verdanken – Journalisten, Grafiker, Illustratoren, Künstler und Fotografen, die mit Herzblut ein Stadtmagazin von München für München gestalten. Danke an alle Beteiligten! Du willst auch mitmachen? Dann meld dich bei uns! muenchen@curt.de

die nächste ausgabe # 74 erscheint DezemBER 2012 Bis dahin sind wir online auf curt.de für euch da und lassen nichts anbrennen. Termine, Konzertreviews, Theater, Rezensionen, Verlosungen und anderer geiler Kram!

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curt Magazin Nürnberg Chefredaktion: Reinhard Lamprecht Bogenstr. 43, 90441 Nürnberg Tel. 0911 - 940 58 33 Fax 0911 - 80 15 317 E-Mail info@curt.de

Ein Nachdruck der Texte oder Fotos in curt – auch im Internet – ist nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen.


ILLU: PAtrick Widmer

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HEFT 7 路 SPIELZEIT 2012/13


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