CVmag Ausgabe N°1

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INHALTSVERZEICHNIS ALLGEMEINES Seite 4 Editorials Seite 10 Kontibutoren Verzeichnis Seite 12 Holly von Hoyningen Huene

HEFTTHEMA EISERN

Kommentierter Lebenslauf

Seite 15 Expats

Interview mit Zoë und James von überlin

Seite 22 Wer ist Berlin Mitte? Ein Stadtportrait in Tweets

Seite 44 HRS App Seite 50 DHL - Infografik

AUSBILDUNG 58 - 71 Downhill Interview mit Mountainbiker

Hermes Schade

72 - 83 East Side Gallery Eine Situation aus drei Perspektiven 84 - 99 Gerontologie Ein Studiengang stellt sich vor


ARBEITSERFAHRUNG

102 - 115 Ein Beruf - Drei Länder Zimmermann

116 - 117

Produktcollage Holz

118 - 129 Die See ist meine Berufung Interview mit Johnny Wikström

130 - 137 Heinz-Jürgen Gerdes Werkzeugmacher, Bildhauer, Designer, Strategieberater

138 - 149 Vollzeit Freiberufler Interview mit Bloggerin Anne Ditmeyer

FÄHIGKEITEN 152/210

Vergessene Berufe Meister an der Schallplatte

Produktcollage Analog

166/210

Eiserne Drahtesel

168/210

Pitango Bikes London

INTERESSEN

Seite 184

Der Nachfolger

Seite 194

Baiba Skride

Seite 206

Nachgeschlagen

Interview mit Winzer Dominik Sona

Interview mit der Violinistin

Eisern


HERAUSGEBER

EDITORIAL

Allgemein

Im Januar 2013 haben wir zu dritt Carry-On Publishing gegründet, einen Verlag für rein digitale Zeitschriften. Unser Ziel ist es, Magazine herauszugeben, die relevante Themen in moderner Aufbereitung bündeln und deren Lektüre auf Tablets Spaß macht. Unser erstes Format sisterMAG ist nun seit rund einem Jahr live und wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz ebenso gelesen wie in UK und den USA, in Italien und in Frankreich. Das hat uns Mut gemacht, nun ein zweites Magazin herauszugeben. Im CVmag möchten wir Menschen vorstellen, die beruflich oder privat etwas Spannendes erlebt haben, Herausforderungen meistern konnten oder noch dabei sind - und die unkonventionell an Dinge herangehen. Diese Portraits sollen Inspiration sein und vermitteln, wie viel Spaß es macht, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und Dinge aktiv anzugehen. In Zeiten steigender Ansprüche an stromlineare Lebensläufe wollen wir ein bisschen Druck nehmen und zeigen, dass es (fast) nie zu spät ist und dass alles die Grundlage für manches sein kann. Die Erwartungen ans Leben sind andere als früher, Perspektiven ändern sich schneller und ehe man sich versieht, wird aus einem Banker ein Barista und aus einem Theologen ein Unternehmer. Und während manche sich alle 3 Jahre neu erfinden, üben andere jahrzentelang, bis sie schließlich ihre Leidenschaft zum Beruf machen können, mit dem eigenen Boot in See stechen oder in den Orchestergraben klettern. Tolle Zeiten für Menschen mit Verve, mit Elan und Flexibilität. Tolle Sujets für das CVmag. CV-mag.com / 4


Editorial

Genau wie das sisterMAG wird auch das CVmag kostenfrei verfügbar sein. Die Kosten für unsere Kontributoren und Designer, die Illustratoren, Fotografen und die Redaktion sollen gedeckt werden durch die Integration von Partnern, die ihre Marken und Produkte im CVmag gemeinsam mit uns präsentieren. Wir machen keine Schleichwerbung und kennzeichnen alle gesponserten Strecken. Unser Anspruch ist eine Einbindung, die nicht langweilt oder den Lesefluss stört. Vielleicht können wir im ein oder anderen Fall zeigen, dass Markenkommunikation interessant und lesenswert, spielerisch und abwechslungsreich sein kann? Wir wünschen uns sehr, dass das CVmag ähnlich international wahrgenommen und so intensiv gelesen wird, wie das sisterMAG. Dass wir nun neben den Damen auch männliche Leser gewinnen und dass wir viele tolle Portraits zeigen können. Und nicht zuletzt, dass wir viel Rückmeldung von Euch bekommen, damit wir uns anhand von Lob und vor allem Kritik weiterentwickeln, so dass das CVmag zu einem guten Magazin wird! Viel Spaß beim Lesen wünschen Thea, Alex und Toni

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Herausgeber


Allgemein

EDITORIAL

REDAKTIONELLE LEITUNG Die schönste Art, einen Menschen kennenzulernen, ist ein Gespräch. Beim offenen Austausch gibt es keine klaren Regeln, keine Kästchen zum Ausfüllen und keine Boxen zum Ankreuzen. Und mit genau jener Offenheit und Freude sind wir an die Gestaltung des CVmags heran gegangen. Das Konzept ist einfach und neu: Im Gegensatz zu vielen Portrait-Magazinen konzentrieren wir uns nicht auf eine einzelne Arbeitsfelder oder Charaktere, sondern wollen viele Berufe, Lebensabschnitte und –entwürfe abbilden. Außergewöhnliche Menschen im Interview, spannende Jobs und Ausbildungen unter der Lupe, unkonventionelle Blickwinkel – weit weg von jeglichen Schubladen. Gefunden haben wir diese Menschen überall: mit Heinz-Jürgen Gerdes konnte ich einen guten Freund unserer Familie, dessen Arbeit ich schon lange bewundere, portraitieren. Israelische Freunde stellten mir den Pitango-Gründer Ilan Harari vor, den ich in seiner Werkstatt in London kennen lernte. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir erst in letzter Sekunde den Fotografen Kris Elliott für das Feature gefunden haben, der sich bei uns auf einen Aufruf via Twitter meldete. Für manche Artikelidee - z.B. »1 Beruf – 3 Länder« - schien es manchmal unmöglich, Kontakte zu knüpfen. Doch dann fand ich über CV-mag.com / 6


Editorial

Redaktionelle Leitung

eine gute vernetzte Freundin doch noch Mohammad, der den Schreiner Mohammad Atiya in Kairo interviewte. Über Skype wiederum sprach ich mit einer Professorin in Japan. Mein eMail-Postfach quillte häufig über mit den Abstimmungen und Nachrichten aus aller Welt! Besonders wichtig sind uns natürlich auch die Kontributoren dieser ersten Ausgabe: eine Schulfreundin von Herausgeberin Thea schrieb den wunderbaren Artikel über Mountainbiker Hermes Schade und verbrachte mit zwei sportlichen Jungs – Hermes und Photograph Thomas Dietz

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Allgemein

– einen aufregenden Tag im Wald. Die atemberaubenden Bilder seht ihr ab Seite 58. Auch Emelie Ekborg machte sich für uns mit ihrer Kamera und Notizblock auf und sprach mit Johnny, dessen Leben sich zu einem Großteil auf dem Meer abspielt. Für die verschiedenen Perspektiven auf die East Side Gallery fanden sich meine Studienfreundin Sophie, mein ehemaliger Arbeitskollege Ingo und meine kleine Schwester Fiona. Eine besondere Aufgabe war es, trotz all Vielfältigkeit einen roten Faden durch die Ausgabe zu ziehen. Dieses Mal haben wir das Thema »Eisern« gewählt und das Wort in unterschiedlichste Richtungen interpretiert: eiserne Disziplin einer Freelancerin, eiserne Muskeln, der eiserne Ge-

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Editorial

schmack des Weines, das Alter oder das Material. Also keine Sorge: es handelt sich nicht um ein Magazin für Handwerker oder Extremsportler. Unser Motto zieht sich eher subtil durch so manche Lebensgeschichte unserer Protagonisten. Für all diese Geschichten sollte man sich ein wenig Zeit nehmen, die Links nachverfolgen und die vielen Projekte, die unsere Portraitierten umsetzen, anschauen. Die Ausgabe ist aber auch bestückt mit Appetithäppchen, wie dem kommentierten Lebenslauf der Interior Design Bloggerin Holly. Wie im wahren Leben haben wir versucht, die Ausgabe – unseren »Lebenslauf«/CV – spannend und abwechslungsreich zu gestalten, euch mit einzubeziehen wie im Twitter-Feature über Berlin Mitte und kleine Gimmicks zu bieten (z.B. pin-bare Sektionsseiten oder die Word-Lebenslauf-Vorlage unseres Inhaltsverzeichnisses). Wir wünschen viel Lesevergnügen mit unserer ersten Ausgabe. Für Vorschläge und Porträt-Ideen haben wir ein offenes Ohr und freuen uns auf Euer Feedback via Facebook, Twitter oder eMail. Und natürlich freuen wir uns über jeden geteilten Artikel (dafür findet ihr am Ende jeden Beitrags die passenden Social-Media-Buttons). Eure Victoria

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Redaktionelle Leitung


Allgemein

KO N T R I B TEXT & PHOTO

und Forum für Floris- Der Mode-, Editorialten aus aller Welt. Thea Neubauer Mitgründerin

und Celebrity-Fotograf ist von

Carry-On Publishing und hat für die erste Mohammad Al Bdewi ist ein junger syrischer

Kris Elliott

schaute

im Norden Londons den Fahrradherstellern Pitango Bikes bei der

Arbeit über die Schul- Cristopher Santos Ausgabe geschrieben ter. ist seit der ersten Ausund fotografiert. gabe Unterstützer des sisterMAG und jetzt

Fotograf. Nachdem er

sind seine Bilder auch

während einer fried-

im

lichen Demonstration

se-

wohnt aber in Berlin.

wurde, ist Mohammad nach Kairo geflohen. Frieden und Freiheit –

zu

hen. Cris ist Kanadier,

in Syrien angeschossen

Dort sucht er nach

CVmag

PHOTO

TEXT Sophie Gobrecht wohnt

und gibt die Hoffnung Thomas Dietze fotografiert und studiert in nicht auf.

in Berlin und berei-

Emelie Ekborg

examen vor. Der Text

Leipzig. Sein Spezialge-

ist biet sind Biker-Fotos, eine Floristin aus Gö- vor allem Dowhill und Ashley Ludaescher teborg, Schweden. Ihr Slope. ist Hochzeits- und Blog ist Inspiration ­Lifestylefotografin aus Kalifornien, hat sich aber in ihre Wahlheimat Berlin verliebt. Wir freuen uns, mit ihr für sisterMAG und CVmag zusammenzuarbeiten.

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tet sich gerade auf ihr 2. Juristisches Staatsfürs CVmag war für sie eine willkommene Abwechslung.


Kontributoren

B U TO R E N rin der ersten Stunde aller Art, Vino, Kaffee Judith de Graaff aus Berlin. Sie widme- und frische Luft.

ist ­Graphikdesignerin

te sich CVmag mit Be-

und lebt mit ihrem

geisterung.

Mann und drei Katzen in Frankreich. Neben Fotos und Text­

Ingo Hartmann

lei-

en hat Thea Neubauer

tet die Kreation bei der

ein Auge für Graphik

PlusQuadrat Projects

und Design.

DESIGN

GmbH in Berlin und

UBERSETZER

ist seit seiner Jugend

Tina Bergs

von der East Side Gal-

in Leipzig Verlagswirt-

lery begeistert.

schaft. Für CVmag hat

Fiona Kau studiert in

sie, gestärkt von Waf- Tina Bergs feln und Kaffee, in Berlin am Layout gearbei- Kathrin Geyer

München

Englisch

und Schulpsychologie. Die East Side Gallery beeindruckte sie seit ihrem ersten Besuch in Berlin.

tet. Alex Sutter

, Mit-

gründer von Carry-On Publishing, hat sich für diese Ausgabe einem seiner Lieblingsthemen

Sabrina Bäcker

Victoria Kau Sarah Müller Antonia Neubauer Thea Neubauer

gewidmet: Wein.

Donata Proske

Sandra Wolff lebt in

Tanja Timmer

Leipzig, schreibt derzeit an ihrer Masterarbeit im SportmanageVictoria Kau

studiert

ist Me- ment. Downhill Biken

dienmacherin, und sis- gehört nicht zu ihren terMAG-Kontributo- Hobbies, dafür Sport CV-mag.com / 11

PROOF Amie McCracken Antonia Neubauer


Allgemein

Holly von Hoyningen Huene Holly zeigt uns ihren Lebenslauf - mit Kommentaren zu den wichtigesten Stationen ihres Lebens. Ursprünglich komme ich aus Kanada, bin aber 2009 nach Deutschland gezogen. Auszuwandern war das Aufregenste und Furchterregenste, was ich je getan habe. Ich habe gelernt, kulturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten offen gegenüberzustehen und dass mein Mann unglaublich unterstützend und geduldig ist.

Das Wichtigste, was ich daraus mitnehmen konnte, ist der Wert des Teilens und Verbindens. Ich weiß nun, dass ich einfallsreich und wirklich motiviert bin.

Persönliches Nationalität kanadisch, italienisch Geburtstag

14. August 1981

E-Mail hollyvonhuene@me.com Website

www.hollyvonhuene.com

Twitter

@hollyvonhuene

Arbeitserfahrung Seit 2013 Search und Social Media Manager Fashion for Home Seit 2010 Blogger bicyclebabbly.tumblr.com, thedesignchef.com, hvhinterior.com, wehearthome.com, homedsgn.com, busyboo.com 2009 - 2010 Kindermädchen für eine Familie, Berlin, Deutschland

Hier habe ich erfahren wie wunderbar Kinder sind und wie viel sie uns Erwachsenen noch über uns selbst beibringen können. Es hat mich bescheiden werden lassen. CV-mag.com / 12


Kommentierter Lebenslauf

Holly von Hoyningen Huene

Ich habe meine Leidenschaft für wissenschaftliches Arbeiten entdeckt und wie man Methoden des kritischen Denkens im täglichen Leben anwendet.

2008-2009 Wissenschaftliche Mitarbeiterin Center for Research in Human Development und Center for Studies in Neurobiology der Concordia University, Montreal, Kanada 2003-2008 Kellnerin Restaurant Solaia, Newtown, The Claremont, Chateu Vaudeuil, Restaurant Clementine, Montreal, Kanada

Durch diese Jobs habe ich gelernt, wie wunderbar es ist, Teil eines Teams zu sein, zusammen hart zu arbeiten und einander zu helfen. Ich weiß, guten Service wertzuschätzen. Außerdem, dass man zu seinen Fehlern stehen sollte und ein Lächeln viel ausmachen kann.

Ausbildung 2010-2011 Certificate in Interior Design Limperts Academy of Design, Richmond, Großbritannien 2005-2009

BA Psychology (Spec. Behavioural Science Concordia University, Montreal, Kanada

2000-2002 DEC Hotel & Restaurant Management Lasalle College, Montreal, Kanada Ich habe gelernt, Brühe zu kochen und Fisch zu filetieren. CV-mag.com / 13

Ich habe gelernt, dass Innenarchitektur über einen hübschen Raum hinausgeht - es geht um die Umgebung, die man erschafft und welchen Effekt sie auf die Bewohner hat.

Hier habe ich realisiert, wie stark unsere Wahrnehmung unsere Wirklichkeit formt.


Allgemein

Sprachen Englisch

Muttersprache

Französisch Muttersprache fließend

Deutsch

fließend

EDV Microsoft Office

4/5

iWork

3.5/5

Photoshop

3.5/5

Live Interior 3D Pro 4/5 Blogger, Wordpress 4.5/5 Tumblr

3.5/5

Magento

3/5

Sonstige Fähigkeiten Teamarbeit

5/5

Kommunikation 5/5 Organisiation 4.5/5 Kreativität

4.5/5

Initiative

5/5

Interessen Design, Bloggen, Kaffee, Fotografie, Neurobiologie, Tanz, das Teilen von Geschichten

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Ich nahm jahrelang Tanzunterricht - Jazz, Klassik und Modern. Tanz hat mir am meisten über das Leben und mich beigebracht. Ich habe viel über Sebstbewusstsein, Disziplin, Zielstrebigkeit gelernt, wie man Emotionen wortlos ausdrücken kann, wie wichtig die Verbindung zwischen Körper und Geist ist und auch viel über Kreativität und Scheitern. Es gibt noch so vieles mehr, zu viel um hier alles aufzuzählen. Aber auf diese Lektionen greife ich bis heute ständig zurück.

Italienisch


Expats

Zoë and James

NEWCASTLE - LONDON - BERLIN

expats

ZOË & JAMES Zoë und James sind von Newcastle über London nach Berlin gezogen und dokumentieren ihr neues Leben im Ausland auf dem Blog überlin . Zoë ist Fotografin, während James als Community Manager für factory - einem Co-Workingspace in Berlin und als Content Manager für überlin tätig ist. James erzählt uns im CVmag, warum sie sich für den Umzug entschieden haben. CV-mag.com / 15


Allgemein

WAs isT ÜBerlin? Diesen Blog haben wir an dem Tag gestartet, als wir vor beinahe drei Jahren nach Berlin gezogen sind. Meinen ersten Eintrag habe ich im Flieger verfasst. überlin erzählt die Geschichte unserer Berlin-Erfahrung. Zoë und ich machen den Blog zusammen, aber ich erledige die meiste Schreibarbeit und die Kommunikation mit PR- und Presseanfragen, Social Media und Webpräsenz. Zoë ist für alles Visuelle wie Fotos und Design zuständig.

Wo Kommt ihr her? Wir kommen beide aus Newcastle im Norden Englands. Wir haben uns kennen gelernt, als Zoë noch zur Uni ging und ich - bereits mit Abschluss - Freunde besuchte. Es war wirklich ein Zufall, dass wir uns in unserem Heimatort begegnet sind. Nachdem Zoë ihren Abschluss gemacht hatte, gingen wir für fünf Jahre nach London, bevor wir dann nach Berlin zogen.

Warum Berlin? Das größte Argument ist wohl, dass Berlin günstiger ist als London. Es ist eine sehr kreative Stadt und damit einfach ein interessanter Ort zum Leben. Diese Stadt zieht spezielle Menschen an, die mit viel Leidenschaft an interessanten Projekten arbeiten wollen. Sie haben vielleicht einen guten Job, verbringen aber

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Expats

ihre Nächte mit etwas völlig anderem. Es fühlt sich einfach wie ein Ort an, an den Leute kommen, um genau das zu machen, worauf sie Lust haben. Wenn man hier jemanden trifft, fragt man nie sofort: Wo arbeitest du? Was arbeitest du, womit verdienst du dein Geld? Hier fühlt sich alles ein wenig offener und freier an als in London.

Wart ihr Vorher schon mal in Berlin? Sechs Monate, nachdem wir nach London gezogen sind, haben wir Berlin zum ersten Mal besucht. Das war an einem Wochenende im Winter und es war wirklich kalt, aber wir haben uns trotzdem sofort in die Stadt verliebt. Also kamen wir jedes Jahr zurück

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Zoë and James


Allgemein

und spürten jedes Mal mehr, dass dies der Ort war, so wir leben wollten. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir nach Deutschland, sondern dass wir nach Berlin gezogen sind. Diese Stadt ist einfach so anders als der Rest von Deutschland, ein bisschen so, wie auch London ganz anders ist als das restliche England.

Was war die Grösste Herausforderung? Die Sprache. Wir haben schon viel Deutsch gelernt, sind aber immer noch weit davon entfernt, es fließend zu sprechen. Es ist schwierig, Deutsch zu lernen, wenn alle anderen Englisch sprechen. Wir fühlen uns sehr integriert und haben viele Freunde. Dennoch sind wir noch immer in einer isolierten Position. Unabhängig davon haben wir Glück gehabt, einen Job zu finden, denn davon gibt es nicht viele und sie sind auch nicht gut bezahlt. Ich glaube nicht, dass wir umgezogen wären, wenn wir nicht einige Aufträge aus England mit rüber gebracht hätten.

Wer war Die Wichtigste Person in dieser Zeit? Das klingt jetzt etwas kitschig, aber ich würde sagen Zoë – und ich hoffe, dass beruht auch auf Gegen-

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Expats

seitigkeit. Obwohl sie vielleicht ihre Familie nennen würde. Wir haben wirklich viel durchgemacht, nicht nur den Umzug, sondern auch große berufliche Veränderungen. Wir hatten keinen festen Job und das hat uns zunächst wirklich Angst gemacht. Und ich war viel ängstlicher als Zoë. Sie hatte zwar auch Angst, ist aber viel stärker als ich. Ohne sie hätte ich das alles nicht machen können.

Wann ist Berlin euer ZuHAuse Geworden? Das ist ein bisschen kompliziert. Grundsätzlich fühlt sich Berlin genauso nach unserem Zuhause an wie jeder andere Ort. Zoë und ich kommen beide aus Newcastle, aber sowohl unsere Eltern als auch unsere Freunde sind von dort weggezogen. Also fühlt sich dieser Ort nicht mehr nach Heimat an. London hat sich nie wirklich danach angefühlt. In Berlin fühlen wir uns willkommen. Ich denke aber nie über die Zukunft nach oder könnte sagen, wie lange wir noch hier bleiben. Tatsächlich ist für mich das Konzept des Zuhauses schwierig. Aber wenn wir von einer Reise zurückkommen und aus dem Flieger steigen, habe ich das Gefühl, dass wir nach Hause kommen.

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Zoë and James


Allgemein

3 Produkte ... ... die ihr aus Grossbritannien vermisst:

Zoe: Nars, Barry M Nagellack, Twinings Tee.

James: Irn Bru (Schottischer Energy Drink), Murdoch London Hair Doh, Uni Qlo ...

die ihr in Deutschland: liebt:

Zoe: Bionade, Barcomis, Club Mate.

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Expats

James: Sternburg Bier, Rhabarberschorle, Wunderlist

Eure TipPs für angehende Auswanderer? Lern die Sprache. Wir haben ein paar Monate etwas planlos sehr viel aufgesaugt und dann angefangen, die Sprache zu lernen. Für alle, die irgendwie freiberuflich arbeiten: Häufe Kunden und Projekte zu Hause an und nimm die Arbeit mit. Sei offen dafür, Menschen kennenzulernen und Netzwerke zu knüpfen. Wenn ich mir selbst eine Botschaft mit auf den Weg geben könnte, dann hieße diese: »Entspann dich!« Das Meiste ergibt sich von selbst und man kann es nicht kontrollieren. Also einfach die Dinge nehmen, wie sie kommen.

ÜBERLIN

TWITTER

FACEBOOK TEILE

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ZOË DIESEN

JAMES ARTIKEL:

Zoë and James


Allgemein

n i l r e B ? e t t i M

Wer i st

ine Person rlinMitte e Wenn #Be u würdest D wäre, wie eiben? sie beschr

her c s ä d u L y e Fotos: Ashl

st i s l e t r e i v t s Stad e n i e t ä r t r fühlt r e d e Das Po j n n e sen, d s a f r e v u z onen i t a i schwierig z o s s A dere n a t a h , n e e von b a g s u A verschied e t ie ers d r ü F . n e g ter t i w T r e und Meinun b ü shalb e d r i w n e t nd u n i , s u a CVmag frag n sche n e M n e t s n ede on s r e P s l a e die verschi t inMit l r e B # e i s wie end g e G r e d um Berlin, n nn a e d , n e d r ü nw rten a g r e i T beschreibe d n nen u n u r b d n u s e In . r e t s i e G zwischen G e i lich d t n n a k e b h c er i d s n n r e e d i d l e i h B c s n und e h c i e Z 0 4 us 1 eht so t s t n e Aussagen a r e h c daes u L y e l h s A Fotografin rät. t r o P s e g i t ch ein vielschi

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Stadtviertel

Berlin Mitte

@cvmag_ Kreativ, chic, und mit genug Geld, um noch ein zweites Appartment in New York zu besitzen! ¨j @uberlinblog

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Allgemein

Kaffeetrinkend, bio-fleisch-essend, wohneigentumbesitzend, Job: was m Medien oder Politik.

@untenistoben

Jung, hipp & sich immer wieder neu erfindend

@eventsofa

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Stadtviertel

mit .

n

h

a

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Berlin Mitte


Allgemein

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Stadtviertel

Kunst- und Modeliebhaber/ in, die gern in jeder Ecke etwas Neues entdeckt.

@angelillaOchoa

Wie eine Kreuzung zwischen Metrosexuellem und Hipster? Gute Frage! @parhaminc

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Berlin Mitte


Allgemein

Sie inte Ein mi ne ge

@

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Stadtviertel

(22), politisch eressiert, nsteinkaffeetrinkerin it Hang zur Profil­ eurose, Kiezlos, shoppt erne im Lafayette

@jurischnoeller

Hmm schwierig – schnittig, charmant, kreativ, zufrieden, kontaktfreudig. @mysugarthumb

Hmmmmm... #hip & #trendy mit einer kreativen Ader. @BotanicArtHB

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Berlin Mitte


Allgemein

gekleidet, t u G . g ti h c 端 s e n o h artp Coffee to go- und sm . in e S ls a in e h c S r h e m , immer n fe u la m a t k je o r P in immer e #ichliebemitte ;)

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Stadtviertel

g @minamokablo

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Berlin Mitte


Allgemein

Sie w端rde was Wichtiges mit Mode/Medien machen, schwarze Leggings/enge Hosen tragen, Boots, Dutt, denken ihr Style sei einzigartig. @MeSuperMom CV-mag.com / 32


Stadtviertel

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Berlin Mitte


Allgemein

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Stadtviertel

Berlin-Mitte ist m채nnlich, Ende 20 / Anfang 30, kauft bei COS ein, arbeitet in 'nem Startup und kommt aus dem S체dwesten der Republik.

@sebastianwaters

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Berlin Mitte


Allgemein

Eine schick 40ern mit ei Kopf und gem Herz

@afr

Berlin schw채 Jutebe m

@ja

Blass u mir no

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Stadtviertel

ke Frau in den iner Narbe am unbarm­herzi­m Kummer im zen. Lächelnd.

rokakarue

n ist politisch, äbisch, homo, eutel, Hipster, mobil, kreativ, Electro...

anmussran

und dünn fiele och ein. @plpppr

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Berlin Mitte


Allgemein

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Stadtviertel

Berlin-Mitte ist die Glamour-Diva aus dem Promimagazin, trifft man sie persÜnlich, trägt sie Jogginghose & Lockenwickler, und 'ne Teetasse! @tanjastweets

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Berlin Mitte


Allgemein

>> Sportlich, multilingual, mit Rennrad, Kopfhörern + SojaLatte in den Startup-Alltag :) @nadinika

Ich selbst denke dabei an hipsters mit Laptops in Designer-Cafés oder Coffee ­»afficionados« zB in »The Barn«. @jennifuchs

Eine hübsche und irgendwie merkwürdig angezogene angelsächsische Kaffeeverkäuferin mit ­Augenringen. @S_ Pfeffer CV-mag.com / 40


Stadtviertel

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Berlin Mitte


Allgemein

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Stadtviertel

Berlin Mitte

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Vielen Dank an alle Twitter-Freunde, die in dieser Ausgabe dabei waren. Im n채chsten Heft nimmt uns Sivan Askayo mit nach TEL AVIV. Schickt uns Eure Beschreibung per Twitter und erscheint im n채chsten Heft.

@cvmag_ CV-mag.com / 43


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UN NE

W R TE

S R H UE

S G E

H ZU

Ü F P AP

E S AU

H P I S A D R

Die Zeitumstellung Ende Oktober bedeutet für Daniel Kleinbauer eine Stunde mehr Schlaf. Die kann er gut gebrauchen, denn in der Regel klingelt der Wecker mehrmals pro Woche unerbittlich vor 5 Uhr am Morgen. Der 35-jährige Manager baut für den Infrastrukturprovider Media Broadcast den Bereich New Media auf. Schon heute unterhält das Unternehmen als Partner aller großen deutschen Fernsehsender die technische Basis für DVB-T TV und erzielt mehr als 400 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Nun bauen Daniel und sein Team u.a. die Internet TV-Plattform »multithek« auf. Als Bereichsleiter sitzt Daniel am Hauptsitz von Media Broadcast in Unterföhring bei München. Seine Mannschaft ist auf die Standorte München, BerCV-mag.com / 44

. E ON


Anzeige What?

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HRS Who?


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lin, Bonn und Hamburg verteilt. »Im Rahmen des ›multithek‹-Projekts muss ich mehrmals pro Woche zwischen unseren Standorten pendeln und darüber hinaus Projektbeteiligte wie das Fraunhofer-Institut regelmäßig in Berlin besuchen. In der heissen Phase kommt es häufig vor, dass ich morgens noch nicht weiss, ob ich es abends noch heim nach München schaffe«, berichtet Daniel. Früher hätte ein solcher Alltag ein intaktes und belastungsfähiges Verhältnis zu einer rund um die Uhr erreichbaren Assistentin vorausgesetzt. Heute gibt es die HRS App, mit der Daniel jederzeit und einfach über sein iPhone Hotels suchen und zu den marktgünstigsten Konditionen buchen kann. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in Paris, dem Hauptsitz der Kon-

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HRS


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zernmutter der Me dia Broadcast, oder in Asien. Dort konnte Daniel im Frühjahr studieren, wie man in Kuala Lumpur das Thema Internet TV umsetzt. »Jedenfalls strande ich nicht irgendwo, wenn mal wieder eine IT-Session ausufert«, lacht Daniel. Untergekommen ist er bisher immer - besonders schätzt er die HRS exklusiven Zusatzleistungen wie z.B. Gratis-WLAN oder kostenlose Parkplätze am Hotel für HRS Kunden. Mit der neuen iOS 7 App, die im AppStore kostenlos heruntergeladen werden kann, ist HRS auf dem iPhone jetzt noch schneller und komfortabler geworden. Und Daniels Frau bucht inzwischen auch schon die Familienurlaube bequem vom Sofa mit ihrem iPad bei HRS mobil.

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FÄ N

HRS

E S I E R P S P T A F L Ä I B H C O S M E N E G S D R E A H H L C E S I I I E T D R A G R L G O T F Z . R T N E E A J E N E EI N H C U B M L: I E K E I B RT A T N E G T

I D E L EI

ES

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Der Zusteller

Wie leben Menschen? Wie verbringen sie ihren Alltag? Diese Frage stellen wir im CVmag jeder porträtierten Person. Besonders interessant ist dabei der Blick hinter die Kulissen unseres eigenen Alltags. DHL ermöglichte uns genau dies und in unserer ersten Ausgabe dürfen wir Paketzusteller Toni Tusche durch seinen Tag begleiten, welcher bereits um 5 Uhr morgens beginnt, wenn es draußen noch dunkel ist und die meisten Menschen noch schlafen. In dem kurzen Film (hier anschauen ) könnt ihr Toni auf seiner täglichen Fahrt durch »sein Revier« – Gelsenkirchen Resse – folgen. CV-mag.com / 50


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Das Kaufverhalten wandelt sich und immer mehr wird übers Internet bezogen. Somit werden auch die Mengen an Paketen, die in Deutschland und weltweit zugestellt werden, immer größer. CVmag hat sich durch die verfügbaren Daten von Deutsche Post DHL gearbeitet und für Euch in einer übersichtlichen Infografik aufbereitet. Die gesamte Grafik gibt’s hier auf Pinterest

.

DHL in Zahlen

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DHL


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DHL


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Ausbildung

Downhill Interview mit Mountainbiker

Hermes Schade Text: Sandra Wolff Photos: Thomas

Dietze

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Downhill

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Hermes Schade




Ausbildung

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Downhill

Leipzig an einem milden, wolkenfreien Freitagmorgen im Juni. Es ist Punkt 08:00 Uhr, als Hermes die Haustür eines adretten Leipziger Altbaus in kompletter Montur und mit einem fast furchteinflößenden Downhill-Bike über der Schulter öffnet. Er hat ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen, während er den Verlauf des vorangegangenen Abends schildert: »Eigentlich wollte ich zeitig in der Koje verschwinden, aber dann kamen doch ein paar Bier und dieses DJ Battle dazwischen!« Trotz bescheidener vier Stunden Schlaf fehlen von Katerstimmung und Müdigkeit jede Spur. Das Ziel unserer Reise: der Rochlitzer Berg. Die bevorstehenden 60 Kilometer sind ganz Hermes und seiner Passion, dem Downhill-Fahren, gewidmet. Fußball hat Hermes nie gespielt und wird es vermutlich auch in Zukunft nicht: »Mein großer Bruder und die Kumpels in meiner Heimat sind immer Fahrrad gefahren und irgendwann bin ich dann eben auch Fahrrad gefahren.« Stinknormales Fahrradfahren wurde aber schnell langweilig, also mussten die Strecken anspruchsvoller, die Geschwindigkeiten schneller und die Räder professioneller werden. Exkursionen an den Wochenenden zu attraktiven Spots, um seine Fähigkeiten auf dem Rad zu verbessern oder zu Wettbewerben, um sein Talent unter Beweis zu stellen, wurden zur Regel. Für Hermes unschlagbar und sehr bedeutend ist die Atmosphäre bei solchen Wettkämpfen: »Die gute Laune bleibt nie auf der Strecke. Auch wenn uns der Ehrgeiz packt und wir um das schnellste Ergebnis kämpfen, genießen wir alle die gemeinsame Zeit und machen das,

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Hermes Schade


Ausbildung

worauf wir am meisten Bock haben: mit dem Rad den Berg runter heizen.« Nach seinem Abitur im Jahr 2006 ging Hermes nach Leipzig, um an der dortigen Universität Mathematik und – Überraschung! – Sport auf Lehramt zu studieren. Trotz neuem Studentenleben sind die Wochenenden weiterhin voll und ganz für das Downhill-Fahren reserviert. Rochlitz. Ein 6000-Seelen-Dorf und imposante 353 Höhenmeter an der Zwickauer Mulde warten auf uns. Der Rochlitzer Berg ist für die lokalen Downhill-Fahrer Trainingsareal und Spielwiese zugleich. Hermes entdeckt eine geeignete Strecke, inspiziert ihren Verlauf aufmerksam. Danach werden die notwendigen Klamotten und Protektoren angelegt, die letzten Schrauben am Rad fest gedreht. Helm aufsetzen. Stille. Konzentration. Stille. Und dann: Karacho! Kraftvoll tritt Hermes in die Pedale, um Geschwindigkeit zu gewinnen. Drei Minuten geht es bergab, über große und kleine, feste und lose Steine, über herausragende Wurzeln, über natürliche Kicker. Hermes versucht, sein Tempo zu maximieren, dennoch ist er achtsam und überwindet kontrolliert die gefährlichen Hindernisse. Obwohl Hermes weder einen festen Trainer oder noch einen strikten Trainingsplan hat, sind seine Ergebnisse bei Wettkämpfen sehr gut: »Sobald ich bei einem Rennen an den Start gehe,

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möchte ich natürlich auch gewinnen. Wenn es nicht klappt, bin ich zwar enttäuscht, aber dann klappt es eben beim nächsten Mal.« Diese unbefangene Leichtigkeit und seine bewusste Entscheidung gegen den Schritt in die Professionalität bewahren ihn vermutlich davor, den Spaß an seiner Sportart zu verlieren. Dennoch: Alle technischen Fragen zu Strecken, Rädern, Equipment oder aber zum Regelwerk bei Wettkämpfen werden sachlich, ausdauernd und mit einer ungewohnten Ernsthaftigkeit beantwortet.

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Ausbildung

Den Rochlitzer Berg geht es bis in die frühen Abendstunden immer wieder rauf und runter, wieder rauf und runter. Hermes verliert nie seine gute Laune, schiebt sein schweres Vehikel den Berg nach oben, erzählt Witze und fährt im nächsten Moment mit mächtig Zunder seine Linie ins Tal. Nach zehn Stunden treten wir unsere Rückreise nach Leipzig an. Es dauert nicht mehr lang und Hermes beendet sein Studium, beginnt sein Referendariat und wird Mathe- und Sport-Lehrer an einem Gymnasium irgendwo in der Bundesrepublik. Er beschreibt, wie er neulich am Frühstückstisch darüber nachgedacht hat, ob er als Lehrer überhaupt noch Zeit und Lust für sein großes Hobby hat: »Ich habe dann zwar weniger Zeit, aber viel mehr Kohle, um zu den ganzen Spots in Europa zu fliegen und Wettkämpfe zu fahren. Das eine Wochenende hier, drei Wochenenden später dort.« Diese Erkenntnis war für ihn ein echter ­Glücksmoment. In den verbleibenden Monaten, bis das alltägliche Erwerbsleben beginnt, schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Für Specialized, ein US-amerikanischer Hersteller von Fahrrädern und Fahrradzubehör, testet er neue Modelle in den Alpen und bereitet seinen Geldbeutel auf seine bevorstehende große Reise vor. Im nächsten halben Jahr ist Hermes in Neuseeland anzutreffen und reist mit eigenem Bully durch dieses landschaftlich atemberaubende Land. Natürlich ist er nicht CV-mag.com / 68


Downhill

Hermes Schade

allein unterwegs, auch wenn seine Reisebegleitung kein Wort mit ihm wechseln wird: »Nur ich, ein Bus, meine beiden Fahrräder und ­Kernseife.«

Steckbrief

Name: Hermes Schade Gerburtstag: 10. Dezember 1987 Wohnort: Leipzig Beruf: Student (Lehramt Sport und Mathematik) Freizeit: Downhill, Bouldern, Rennrad, Freunde, Spaß

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Ausbildung

Rahmen Sitz Sattelst체tze Sattel

Ober- u. Unterrohr Sitzrohr Kettenstrebe Hinterradbremse Zahnkranzpaket Schaltwerk

Kette Umwerfer Kettenbl채tter

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Lenker (bügel) Vorbau Steuersatz Steuerrohr

Stoßdämpfer Vorderradbremse Gabel(scheide)

Rad Ventil Speiche Nabe Felge Reifen

Pedal Pedalalarm (Tretkurbel) Innenlager

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Ausbildung

EAST SIDE GALLERY Redaktionell betreut von Victoria Kau

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3 Jobs. 3 Menschen. 1 Situation. Perspektivenwechsel.


Perspektivenwechsel

East Side Gallery

Stellt euch vor, ihr habt Schulden und erzählt drei Freunden davon. Der eine ist Psychologe und macht sich Sorgen, ob ihr nachts noch schlafen könnt. Der zweite ist Anwalt und möchte noch einmal genau über den Kaufvertrag schauen. Der dritte ist Mafiaboss und bietet dir an, das Geld bis morgen a­ ufzutreiben. Ein Sachverhalt kann je nach Berufsgruppe völlig verschieden ausgelegt werden. Wir schauen uns dieses Mal die East Side Gallery in Berlin an. Im Frühjahr wurde viel Aufheben um den angeblichen Abriss des Bauwerks zugunsten eines Bauprojektes gemacht. Das ehemalige Stück der Berliner Mauer ist ein wichtiges Monument und Touristenmagnet für die Hauptstadt. Dazu haben sich Sophie Gobrecht, Juristin, Ingo Hartmann, ­ Designer und Fiona Kau, Psy­cho­­login, Gedanken gemacht.

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Ausbildung

Dem Anrücken der Bagger im Frühjahr 2013 ging ein langes behördliches Verfahren voran. Zunächst wurde ein Bebauungsplan verabschiedet, der das Gebiet, auf dem sich große Teile der East-Side-Gallery befinden, als Wohnfläche auszeichnet. Auf dieser Grundlage wur-

DESIGNER

ANFANG

JURISTIN

START

Am Morgen des 28. März 2013 begann der Abriss der East Side Gallery – dem prominentesten und längsten Teil der noch vorhandenen Berliner Mauer – und ein Sturm der Entrüstung fegte durch die Stadt. START

Die Mauer als greifbares Mahnmal zur Erinnerung an ein ge-

teiltes Deutschland, an das unsagbare Leid vieler über Nacht getrennter Berliner Familien, die unzähligen Fluchtversuche mit tödlichem Ausgang. Die Mauer als Symbol für ein eingesperrtes terrorisiertes Volk – das sich Jahrzehnte später das Recht auf Freiheit zurückerobert hat. Soll

Warum reißen wir Gebäude ab? Wir finden keine Verwendung mehr für sie, sie sind baufällig und nicht mehr zu retten, sie gefallen nicht mehr, sind lästig oder sie müssen für eine »höhere Verwendung« Platz machen. Wir alle kennen diese Gründe, manche verstehen wir, andere bemängeln wir mit einem Kopfschütteln. Kim Jong-un ließ im letzten Jahr die Luxusvilla seines Vaters abreißen. Um ein Zeichen zu setzen? Oder gefiel sie ihm lediglich

PSYCHOLOGIN

START

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Perspektivenwechsel

de 2008 eine Baugenehmigung erteilt.War es nicht abzusehen, dass dieses symbolträchtige Mauerstück nicht unbehelligt von der Öffentlichkeit abgerissen werden kann? Hätte die Behörde die Öffentlichkeit, also uns, auf irgendeine Art und Weise beteiligen müssen? Was das rein rechtlich vorgesehene Verfahren bis hin zu einer solchen Baugenehmigung angeht, muss die Öffentlichkeit dann miteinbezogen werden, wenn städtebaulich Festsetzungen getroffen

sie spurlos verschwinden wie manch anderes geschichtsträchtige Bauwerk? Kann das Auslöschen schmerzhafter Erinne­ rungen als positives Zeichen für den Fortschritt gewertet werden, oder wird die Stadt eines Stücks seiner prägenden Geschichte beraubt?

nicht? Häufig hören wir auch von ganzen Dörfern oder Städten, die aus wirtschaftlichen Gründen dem Erdboden gleich gemacht werden, ohne dass dabei auch nur ein Gedanke an die Betroffenen verschwendet wird. Der Abriss eines Gebäudes, Denkmals oder Wahrzeichens, aus welchen Gründen auch immer, bleibt nie ohne Folgen. Zunächst sehen wir die gewaltigen Gerätschaften, welche die Objekte peu à peu abtragen

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East Side Gallery

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JURISTIN

Ausbildung

werden; in diesem Falle also die Auszeichnung der Mühlenstraße als Wohngebiet. Die entsprechenden Entwürfe müssen dann öffentlich ausgelegt werden. Ist der Bebauungsplan verabschiedet, ist der Weg grundsätzlich offen für einen Bauantrag, der alleine durch die zuständige Behörde geprüft wird und lediglich den Antragsteller betrifft.

DESIGNER

ANFANG

Im Nachhinein gibt es keine Möglichkeiten, gegen das Bauprojekt vorzugehen. Eine Klage gegen das

Die East Side Gallery ist mehr als ein Bauwerk ihrer Zeit. Sie zeugt nicht nur von den unfassbaren Ereignissen der DDR, wie beispielsweise der bereits abgerissene Palast der Republik. Sie steht auch für die Verarbeitung der damaligen Ereignisse. Sie steht für die Verbindung von Kunst und Politik, für Freiheit, Kreativität und den Wandel der Präsentation von Kunst im offenen Raum.

PSYCHOLOGIN

Graffiti und Street Art waren in Berlin schon wäh-

oder zerstören. Danach folgt eine Lücke, die uns in der Regel sehr lebhaft daran erinnert, was sich zuvor noch an diesem Ort befand. Irgendwann wird diese Lücke gefüllt mit einem neuen Gebäude, einem Park oder Ähnlichem und plötzlich wird es schwierig, sich in Erinnerung zu rufen, was vor-

her diesen Ort prägte. »Da stand doch mal...«, heißt es dann und die nächste Generation wird dieses Etwas vielleicht gerade einmal erahnen können. Ein Abriss bringt also Veränderungen mit sich und diese können auch gut tun. Ein Staat, der sein Regime oder seinen Dikta-

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Perspektivenwechsel

Bauprojekt würde voraussetzen, dass jemand durch den Bau in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Auch Bürgerbegehren sind gegen eine behördliche Entscheidung, wie die Erteilung der Baugenehmigung, nicht vorgesehen.

East Side Gallery

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Inhaltlich betrachtet hat die zuständige Behörde bei ihrer baurechtlichen Prüfung zu erwägen, ob Gründe des Denkmalschutzes einem Vorhaben entgegenstehen. Im Ergebnis hat sie das verneint. Dies

rend der 80er Jahre ein beliebtes Mittel zur Installation von Kunst im öffentlichen Raum. Die Stadt galt lange Zeit als das Graffiti-Mekka Europas. Auch die vom Westen aus erreichbaren Teile der Mauer dienten manchem sprühendem Künstler schon früh als überdimensiona-

tor gestürzt hat, möchte möglichst schnell die düstere Vergangenheit hinter sich bringen. Erinnerungen lassen sich nicht so einfach löschen, dafür allerdings die Dinge, die unsere Erinnerungen aufleben lassen, so wie die Architektur. In der Architektur, so wie in anderen Künsten, lebt der Geist einer Zeit und sie hält ihn wie ein Spiegel vor. Ein Abriss zur Zeichensetzung ist eine schwierige Gratwanderung. Möchten wir alles »schlechte« aus der Vergangen-

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Ausbildung

DESIGNER

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JURISTIN

ist juristisch sicherlich vertretbar, ob man es als die »richtige« Entscheidung ansieht, ist eine andere Frage. Es bleibt offen, ob es nicht andere Wege einer breit angelegten Beteiligung der Berliner hätte geben können. Die zuständigen Behörden waren sich sicherlich der Bedeutung

le Leinwand. Kurz nach der Wiedervereinigung war die Mauer auf beiden Seiten kaum an Buntheit zu übertreffen. Die East Side Gallery entstand im Frühjahr 1990, als sich 118 Künstler aus 21 Ländern auf einer Länge von 1.316 Metern auf der Ost-Seite mit ihren Kunstwerken ver-

ewigten. Die zur Spree gekehrte Seite wurde zum Treffpunkt der Berliner Graffiti-Szene. Als Jugendliche pilgerten wir dort hin, um die neuesten Werke unserer Vorbilder zu betrachten. Gleichzeitig wurden wir zur Auseinandersetzung mit der Berliner Mauer als Instrument eines Re-

PSYCHOLOGIN

heit zerstören oder soll es erhalten bleiben als Teil der Geschichte, als Zeichen? Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 wurde sie größtenteils abgerissen, sechs Abschnitte blieben als Mahnmal zunächst erhalten, heute besteht als einziger davon die East Side Gallery. Die Entscheidung, ob Abriss oder Denkmalsetzung, fiel somit bereits vor mehr als zwanzig Jahren. Seit dieser Entscheidung kommen jährlich tausende Menschen, um sich

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Perspektivenwechsel

East Side Gallery

gimes und der reflektierenden Kunst hinsichtlich der aktuellen politischen Veränderungen angeregt. Der Bruderkuss war wohl das Bild, das sich visuell am ­stärksten eingeprägt hat, aber es waren und sind viele kleine und große Interpretationen auf beiden Seiten, die zum Nachdenken auffordern.

die East Side Gallery anzuschauen, sie zu fotografieren, sie zu erleben. Denn sie ist ein authentisches Stück aus der Vergangenheit. Blendet man die anderen Touristen, den regen Verkehr und die o2-Arena aus, so kann man sich ungefähr vorstellen, wie es hier vor mehr als zwanzig

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Jahren aussah: Welche Massen an Beton die Menschen in ihrem Land halten sollten, was dies für Auswirkungen auf das alltägliche Leben hatte und welches Leid die Menschen in der DDR erfuhren. Authentizität ist dabei das Stichwort. Denn wir Menschen lernen durch Erfahrungen. Diese

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Ausbildung

der East-Side-Gallery sowohl als Mahnmal an das geteilte Berlin und die Wiedervereinigung, als auch als Touristenmagnet bewusst. Zudem mutet der »Einriss der Mauer« zugunsten von luxuriösen Eigentumswohnungen als Paradebeispiel der rasanten Gentrifizierung und der Missachtung

Neben Graffiti, das eine Nischen-Kunst geblieben ist, erfreut sich die Street Art heute größerer Akzeptanz und Beliebtheit in der Öffentlichkeit. Satirische Plakate an Hauswänden, mit Schablonen gefertigte Porträts und Aufkleber mit polarisierenden Aussagen prägen heute

können aus erster Hand sein, etwa, wenn wir persönlich etwas erleben, oder aus zweiter Hand, wie zum Beispiel durch Erzählungen, Bilder oder virtuelle Nachbildungen. Jeder, der von seinen Eltern als Kind immer wieder gewarnt wurde, nicht an die heiße Herdplatte zu fassen, weiß, wie viel eindrucksvoller die Erfahrung war, als man sich tatsächlich einmal die Hand verbrannte. Genauso verhält es sich mit Lernen aus erster und zweiter Hand: Der

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Perspektivenwechsel

East Side Gallery

von Bedürfnissen der breiten Bevölkerung in Berlin an. Aus meiner Sicht hätte diesen Aspekten mehr Gewicht beigemessen werden müssen, jedenfalls eine bessere Kommunikation stattfinden sollen. Jenseits der Parolen gegen einen Abriss der East-Side-Gallery sollten jedoch ebenfalls die

weite Teile des Berliner Stadtbildes. In der Street Art finden wir häufig die Verschmelzung von künstlerischer Kreativität mit politischem Engagement oder gesellschaftskritischer Haltung. Aber auch naiv wirkende Zeichnungen von Tieren, fiktiven Gestalten und anderen oft comicartig anmutenden Wesen schmücken heute Stromkästen, Toilettenhäuschen oder Häuserfassaden – ohne die Absicht ein Statement abzugeben. Ihren Ursprung fand diese unpo-

Mensch muss seine Umgebung erfahren. Am eindrucksvollsten lernen wir, wenn dabei mehrere Kanäle angesprochen werden, das heißt, wenn wir zum Beispiel zugleich hören, sehen, fühlen und riechen. Das Gehirn erstellt dabei mehr Verknüpfungen, als wenn nur einer der Kanäle ver-

wendet wird, das Erlernte wird besser abgespeichert und somit zuverlässiger gelernt. Der Besuch eines historischen Bauwerks ist somit immer eindrucksvoller, als der Besuch eines Museums. Egal, wie viel Mühe sich bei der Gestaltung der Ausstellung gegeben wurde, der Besuch des Ortes, an

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DESIGNER

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Ausbildung

litische Form ebenso wie die der politisch, gesellschaftskritisch oder satirisch orientierten Kunst in der East Side Gallery, die unbestritten einen starken Einfluss auf die junge Berliner Kunst hat. So ist mittlerweile das Flanieren in einigen Stadtteilen zum Outdoor-Galeriebesuch geworden.

Was Bruderkuss und Parolen auf der Mauer für die Einen sind, ist beispielsweise Keith Haring für die Anderen. Der Berliner beschwert sich gerne über den Wandel seiner geliebten Mutterstadt. Ohne Veränderung gäbe es jedoch keinen Fortschritt. Berlin kennt kei-

dem tatsächlich Geschichte stattgefunden hat und an dem wir diese noch sehen können, wird sich dem Besucher stets stärker einprägen, da er diesen über mehr Kanäle aufnimmt. Die East Side Gallery wurde vor vielen Jahren geschaffen und erhalten, um ebendies zu sein: ein authentischer Ort, der uns an die Vergangenheit erinnern und sie spürbar nahe bringen soll. Es stellt sich die Frage, warum dies nun vergessen wurde. Glaubt

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Perspektivenwechsel

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man tatsächlich, man könne das gleiche Gefühl erschaffen, wie es zurzeit besteht, wenn man beispielsweise einzelne Mauerstücke wie Kunstwerke in einem Park aufstellt? Denn die East Side Gallery ist mehr als Kunst, sie ist ein Beweisstück aus der Vergangenheit, das wir sehen, berühren und erleben können. Doch wie viel kann sie davon mit an einen anderen Ort nehmen? ENDE

ZUR NÄCHSTEN SICHT WEISE

ne Stagnation. Und das ist auch gut so. Aber Berlin darf bei all dem progressiven Wandel weder an Identität noch seine Geschichte verlieren. Kein Museum könnte je das Gefühl vermitteln, das auf dem authentischen Boden der East Side Gallery entsteht. Mit ihrem Abriss wird Deutschland nicht nur einen Teil seiner Geschichte, sondern auch seiner KunstENDE geschichte verlieren.

ZUR NÄCHSTEN SICHT WEISE

Fakten und Alternativen in den Blick genommen werden. Handelt es sich hier tatsächlich um einen Abriss oder wohl eher nur um eine Umsetzung der Mauerteile? In diesem Falle ist der Zusammenhang der Mauer zwar zerstört, jedoch nicht die Kunstwerke, die 1991 auf die Mauer gemalt wurden. Wie groß ist der betroffene Teil der Mauer also wirklich? ENDE

East Side Gallery


Ausbildung

Studiengang-

Gerontologie Die Wissenschaft des Alterns wird als Gerontologie bezeichnet. In Deutschland bietet lediglich die Universität Vechta sowohl einen Bachelor- als auch einen Master-Studiengang an. In anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA oder Japan, ist diese ­Studienrichtung bereits etablierter. Nach ­einer Definition der Altersforscher Paul B. Baltes und Margret Maria Baltes beschäftigt sich Gerontologie »mit der Beschreibung, Erklärung und Modifikation von körperlichen, psychischen, sozialen, historischen und kulturellen Aspekten des Alterns und Alters, einschließlich der Analyse von alternsrelevanten und alternskonstituierenden Umwelten und sozialen Umwelten.« Diese Thematik ist vor allem für Gesellschaften, die sich demographisch rapide verändern, interessant. Deutschland und Japan nehmen hier Spitzenpositionen an: In diesen beiden Ländern gibt es durch die Bevölkerungsalterung und den Geburtenrückgang immer mehr alte Menschen. CVmag hat mit Professoren der Gerontologie aus Vechta und Tokyo gesprochen – ein Studiengang stellt sich vor.

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vorstellung


Gerontologie

Dr.Akiyama

Dr. Akiyama

w

Gerontologin, Tokio, Japan

ie wurden Sie Professorin für Gerontologie?

Vor fast 40 Jahren kam ich an die Universität von Michigan in den Vereinigten Staaten. Ich hatte in Tokio meinen Master in Sozialpsychologie gemacht und mich in der Abschlussarbeit mit den psychologischen Aspekten des Alterns beschäftigt. Bevor ich nach Michigan kam, wusste ich nicht, dass es das Forschungsgebiet der Gerontologie überhaupt gibt. Es entwickelte sich zu dieser Zeit auch in den USA gerade erst. So blieb ich bis 1997 dort und arbeitete an vielen Forschungs- und Studienprojekten mit. Nach meiner Rückkehr nach Japan besprach ich mit dem Leiter der Universität von Tokio die Einrichtung eines Fachbereiches Gerontologie, da die Bevölkerung in Japan rasch altert und wir die höchste Lebenserwartung der Welt haben. Natürlich befassten sich bereits zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler, Mediziner und

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Ausbildung

Es ist für ältere Menschen selbstverständlich, auf andere – z.B. die Familie – angewiesen zu sein, wenn man alt wird. andere Wissenschaftler mit diesem Thema, - z.B. mit der Wohn- und Arbeitssituation, Krankheiten etc. – aber es gab kein gerontologisches Institut an der Universität. Aber dann, vor 9 Jahren, entschied der Präsident der Universität von Tokio, dass die Uni zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme, die eine alternde Gesellschaft mit sich bringt, beitragen sollte. Im Jahr 2006 wurde ich offiziell beauftragt, das Institut für Gerontologie einzurichten. Welchen persönlichen Hintergrund, abgesehen von Ih­ rer Kompetenz als Psychologin, hatten Sie auf diesem Gebiet?

Ich wuchs in einem Drei-Generationen-Haushalt auf und war das erste Enkelkind. Meine Mutter sagte stets, dass meine Großeltern mich gestohlen hätten. Sie lebten im gleichen Haus wie wir, jedoch in ihrem eigenen Bereich. Wir aßen zusammen und unternahmen auch andere Dinge gemeinsam, aber eigentlich wuchs ich bei meinen Großeltern auf. So war ich immer in der Gesellschaft älterer Menschen: meiner Großeltern und ihrer Freunde und Verwandten. Ich habe mich schon immer sehr für deren Angelegenheiten interessiert. Ich kannte ihre Sorgen und Freuden und habe mich seit meiner Kindheit immer wohl gefühlt in der Gesellschaft älterer Menschen. Als ich Sozialpsychologie als Hauptfach wählte, gab es die Gerontologie noch nicht. Ging

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Gerontologie

Dr.Akiyama

man nach den Lehrbüchern hatte man den Eindruck, jegliche Art menschlicher Entwicklung sei im Alter von 20 Jahren abgeschlossen. Würden Sie uns etwas über das Altern und ältere Men­ schen in Japan erzählen?

Verglichen mit einige europäischen Ländern oder den Vereinigten Staaten würde ich sagen, dass wir in Japan mehr Respekt vor älteren Menschen haben. Aus der Tradition heraus ist es für ältere Menschen selbstverständlich, auf andere – z.B. die Familie – angewiesen zu sein, wenn man alt wird. Wenn man Kinder hat, die sich um einen kümmern, kann man sich glücklich schätzen. Aber das ist längst nicht mehr der Normalfall. Heutzutage leben die meisten älteren Menschen allein oder mit ihren Ehepartnern. Sie sind mehr und mehr stolz darauf, unabhängig zu sein und für sich selbst sorgen zu können. Sie wollen gar nicht von ihren Kindern oder irgendjemand anderem abhängig sein. Natürlich wollen sie immer noch respektiert werden, aber die tatsächlichen Erwartungen haben sich ­gewandelt.

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Ausbildung

In Europe hat die Wirtschaftskrise die Si­ tuation der Familien verändert. Viele junge Menschen ziehen zu ihren Eltern oder Großeltern zurück, da sie es sich nicht mehr leisten können, alleine zu leben. Verändert sich durch diese Gegebenheiten auch der Wert der Familie?

Auf jeden Fall. In Japan geschah durch den Tsunami 2011 etwas ganz Ähnliches und zwar nicht nur in den tatsächlich von Erdbeben und Fluten betroffenen Gebieten. Nach dem Tsunami war die Familie plötzlich wieder wichtig. Dadurch dass Haushalte zuvor kleiner und kleiner wurden und die Zahl der unverheirateten Menschen stieg, war das Konzept »Familie« zurNebensache geworden. Aber nach der Katastrophe zogen die Menschen wieder zusammen. Die Verbindung der Menschen zu- und untereinander hat sich verändert und der Familie wird wieder mehr Wert zugeschrieben und Aufmerksamkeit gewidmet.

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Gerontologie

Wie stellt sich Ihr Her­ausforderungen der

­Institut den alternden Gesellschaft?

Meine Herangehensweise als Psychologin war es immer, die alternde Person oder die Gesellschaft zu verstehen – das Verstehen ist dabei die Hauptsache. Als Gerontologin beschäftige ich mich jetzt aber mehr mit praktischen Lösungen. Ich habe große, nationale Studien durchgeführt und Daten analysiert, was natürlich auch sehr wichtig ist. Jetzt aber arbeiten wir mit der Gesellschaft, der Regierung und der Industrie zusammen. Es ist eine ganz andere Arbeit als die, mit der ich mich früher beschäftigt habe, aber es ist aufregend und lohnend. Unser Institut hat 80 Mitarbeiter und es sind zahlreiche Disziplinen vertreten wie Medizin, Ingenieurwesen, Wirtschaft, Erziehungswissenschaften – es ist wirklich interdisziplinär! Wir führen gesellschaftliche Experimente durch, die auch Eingriffe in Gemeinden, sowohl im ländlichen Bereich als auch in Städten einschließen. Das setzt eine hohe Kompetenz in allen betroffenen Gebieten voraus, seien es Wohnungsbau, Finanzsysteme, das Gesundheits- oder Arbeitswesen. Viele meiner Kollegen haben gar keinen Abschluss in Gerontologie; sie erwerben sozusagen einen Doppelabschluss, mit dem sie auch auf dem Arbeitsmarkt besonders gute Chancen haben. Können Sie uns von einem konkreten Projekt berich­ ten?

Aktuell bin ich für ein Stadtprojekt 30 km Wir schufen v o r neue, fußläufig oder mit dem

Fahrrad erreichbare Arbeitsplätze. CV-mag.com / 89

Dr.Akiyama


Ausbildung

Tokio verantwortlich. Vor Jahren pendelten 80% bis 90% der dort lebenden Menschen nach Tokio. Wir nennen diese Orte »Bettenstädte«, da die Menschen sie am frühen Morgen verlassen und erst spät in der Nacht zurückkehren. Die Menschen gehörten zur japanischen Baby Boomer-Generation, und als sie das Rentenalter erreichten, gab es in ihrer Stadt nichts zu tun. Dazu kam tragischer Weise, dass die Stadtbewohner sich untereinander kaum kannten. Die meisten blieben den ganzen Tag zu Hause, schauten fern und verließen die Wohnung höchsten für einen kurzen Spaziergang pro Tag. Wir haben dort das Programm »Arbeitsplätze für das zweite Leben« gestartet, das fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichende Arbeitsmöglichkeiten bietet. Wann und wie lange sie dort arbeiten, entscheiden die Bewohner selbst. Das Programm funktioniert sehr gut. Die Menschen haben einen Grund, ihre Wohnungen zu verlassen, arbeiten und erhalten Lohn. Der Unterschied zum früheren Arbeitsleben besteht darin, dass Jobs hier geteilt werden. Fünf bis sechs Rentner bilden ein Team und teilen sich einen Job. Es fällt besonders auf, wie gut sich der soziale Zusammenhang entwickelt hat, obwohl sich die Bewohner vorher kaum kannten. In einem Team traten bei einem Mitglied frühe Anzeichen von Demenz auf. Das Team behielt jedoch den Arbeitsplan bei und so entstand auf natürliche Art eine Lösung, bei der das Team die betroffene Person vertrat. Wir konnten durch dieses Projekt zeigen, dass es um mehr geht als nur um die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und den Erhalt der Gesundheit. Die gesamte Gesellschaft entwickelt so mehr Mitgefühl CV-mag.com / 90


Gerontologie

und Sanftmut – die Menschen überwinden den Individualismus und kümmern sich umeinander. Das hat mich wirklich beeindruckt! Abgesehen von Forschungsprojekten und Universitä­ ten – wo arbeiten Ihre Studenten nach dem Abschluss typischerweise?

Viele gehen in die Wirtschaft oder Industrie, sei es im Finanzbereich, Wohnungs- oder Automobilbau. Diejenigen, die Jura studiert haben, entscheiden sich oft für den öffentlichen Dienst und werden Politiker. Manche befassen sich auch mit dem individuellen Altern, wie ich es in den USA erlebt habe. Ich denke aber, dass eine Konzentration auf die Gesellschaft wichtiger ist, auf die alternde Bevölkerung. Im Jahr 1950 waren lediglich 5% der Japaner über 65 Jahre alt. Aktuell sind es 24% und im Jahre 2030 werden es 33% sein. Unsere soziale Infrastruktur, Gebäude, Transport-, Arbeits- und Schulsysteme wurden alle in einer Zeit entwickelt, als die Bevölkerung sehr viel jünger war. Die momentane Infrastruktur erfüllt die Bedürfnisse einer überalterten Gesellschaft also nicht. Das muss geändert werden und das ist die Aufgabe unseres Institutes. Deshalb ist es so wichtig, mit Experten aus all den verschiedenen Disziplinen zusammenzuarbeiten.

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Dr.Akiyama


Ausbildung

Prof. Dr.

Frerich

Gerontologe, Uni Vechta, Deutschland

eit wann gibt es den Studiengang Geronto­ logie in Vechta?

In seiner jetzigen Form gibt es ihn seit dem Wintersemester 2004/05, doch neu ist der Studiengang nicht. Seine Ursprünge hat er in den 1980er Jahren, als es ihn in Form einer Fort- und Weiterbildung für Berufstätige in der Altenarbeit gab. Aufgrund des wachsenden Bedarfs wurde Mitte der 1990er Jahre ein Diplomstudiengang ins Leben gerufen, der mittlerweile ein Bachelor- und Masterstudiengang geworden ist. Dieser Prozess spiegelt im Prinzip die Professionalisierung der Altenarbeit wider. Und auch die Auseinandersetzung mit dem Alter auf gesellschaftlicher Ebene rückt als Thema immer stärker in den Vordergrund. Da waren wissenschaftliche Erkenntnisse zunehmend erforderlich.

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Gerontologie

Aus welchem wissenschaftlichen Hinter­grund kom­ men Sie?

Ich habe in den 1980er Jahren Soziologie und Psychologie an der Freien Universität Berlin studiert. Während meines Studiums vermisste ich einen auf Gerontologie spezialisierten Studiengang. Ich besuchte stattdessen entsprechende Kurse der einzelnen Disziplinen, die sich auf das Alter spezialisiert hatten. Damals war die Auseinandersetzung mit der demographischen Entwicklung zwar unter Experten ein Thema, es gab aber noch keine breite gesellschaftliche Debatte. Welche Stationen haben Sie in Ihrem (Berufs)-Leben geprägt?

Zuerst mein Zivildienst, den ich im Altenheim geleistet habe. Angesichts der teilweise schlechten Zustände dort – die älteren Menschen lebten zum Teil in Vierbettzimmern und es bestand z. B. kaum Zeit für Gespräche und Zuwendung - habe ich erkannt, dass dieser Umgang mit alten Menschen keine zukunftsträchtige Entwicklung sein kann und dass sich etwas ändern muss. In meinem Studium hat sich mein Interesse am Umgang mit dem Thema Alter dann deutlich heraus kristallisiert. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 1990 hatte ich glücklicherweise die Gelegenheit, in einem neu gegründeten Forschungsinstitut für Gerontologie in Nordrhein-Westfalen zu arbeiten. Dort wurde sehr praxisorientiert Einfluss auf die Situation von Älteren genommen, indem wir uns etwa mit dem wirtschaftlichen Potential des Alterns befassten.

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Dr.Akiyama


Ausbildung

Muss sich der Um­ in Deutschland ändern?

gang mit dem Altern

In Deutschland sollte eine ausgewogenere gesellschaftliche Debatte stattfinden. Es gibt bisher zwei Extreme: Einerseits wurde das Altern lange Zeit als ein defizitärer Prozess angesehen. Mittlerweile jedoch geht es viel mehr in die Richtung des erfolgreichen Alterns. Ich wünsche mit einen Mittelweg: Die Potentiale und Fähigkeiten des Alterns sollten anerkannt und genutzt werden, etwa wenn es um das Ehrenamt oder den Einsatz von älteren Menschen in Betrieben geht. Aber es muss auch darum gehen, die Lebenslage älterer Menschen, sofern sie kritisch ist, zu verbessern. Dass das teilweise nötig ist, sehen wir bei der Debatte um Altersarmut: In Zukunft wird es sehr viele Ältere geben, die eben nicht »positiv« altern können, sondern auf lange Berufstätigkeit und nur geringe Einkommen angewiesen sind. In Japan wird ebenfalls intensiv im Bereich Gerontolo­ gie geforscht. Gehen die Japaner anders mit dem Al­ tern um?

Die Japaner haben eine andere gesellschaftliche Blickrichtung auf das Altern. Dort wird nicht von einer (über)alternden Gesellschaft gesprochen, sondern von einer Gesellschaft des langen Lebens. Das ist eine viel positivere Ausdrucksweise, denn es besagt, dass ein Mehr an Lebensjahren gewonnen wird, das genutzt und wertgeschätzt werden kann.

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Gerontologie

Welche praxisbe­ zogenen Projekte an Ihrer Uni­ versität unterstützten einen solchen mögli­ chen Wandel im Umgang mit dem Altern?

Im Bachelor zum Beispiel gibt es drei Praxisfelder: Erstens das klassische Praktikum, in dem die Studierenden in berufliche Einrichtungen gehen. Zweitens gibt es das Lehrforschungsprojekt, in dem es um praxisnahe Forschung geht. In diesem Semester zum Beispiel beschäftigen wir uns damit, wie Reise- und Bildungsanbieter ihre Angebote für Ältere gestalten, ob diese den Bedürfnissen von Älteren entsprechen und was sich noch ändern sollte. Und drittens gibt es das Studienprojekt, in dem Studierende selber Angebote für eine moderne Altenarbeit entwickeln. Hierbei kommt es zu einem engen Austausch mit älteren Interessenvertretern in Bezug auf Bildungsangebote, Internet, Medien oder Politik.

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Prof. Dr. Frerich


Ausbildung

In Japan wird nicht von einer (über)alternden Gesellschaft gesprochen, sondern von einer Gesellschaft des langen Lebens. Welchen Hintergrund bringen Ihre Studenten für das Studium mit?

Ich beobachte drei verschieden Typen von Studierenden: Zum einen sind es Personen, die mit dem Thema schon beruflich zu tun hatten, etwa im Bereich Pflege oder Soziale Arbeit. Sie möchten eine wissenschaftliche Grundlage aufbauen, um anschließend im Berufsleben eine größere Gestaltungsmacht zu haben. Zweitens gibt es Studierende, die aus familiären oder privaten Gründen eine positive Beziehung zum Altern haben und das im Studium verfolgen wollen. Drittens werden einige vor allem von der Interdisziplinarität des Studiums angesprochen. Sie können zwar ihren thematischen Fokus auf die Gerontologie legen, sich darin aber breit orientieren. Warum gibt es in Deutschland bisher nur eine Universität, an der ein Abschluss in Gerontologie erlangt werden kann?

In der Gerontologie gibt es, im Gegensatz zu Soziale Arbeit oder Pflegewissenschaften, kein eindeutiges Berufsfeld. Das hat natürlich Nachteile, aber auch viele Vorteile, da den Absolventen am Ende ein breites Spektrum an Berufsfeldern zur Verfügung steht. Die Absolventen sind z. B. als kommunale Altenplaner, Qualitätsbeauftragte bei Trägern von Pflegediensten oder als Referenten für interkulturelle Altenhilfe tätig. Letztendlich ist es aber ein wechselseitiger Prozess: Je stärker die Universitäten bei dem Thema mitziehen, desto mehr Jobs werden auch entwickelt.

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Gerontologie

Inwiefern verändert versität Ihre persönliche Altern?

Ihre Arbeit an der Uni­ Einstellung zum Thema

Ich selber bin nun über 50 Jahre alt, gehöre also schon zu den sogenannten Silver Agern. Die Merkmale des Alterns, die ich bisher aus der Theorie kannte, zeigen sich nun an mir persönlich. Doch durch die Arbeit wird einem bewusster, wie kostbar der Altersprozess ist. Zeige ich meinen Studenten, wie stark die Lebenserwartung von der Bildung, der sozialen Schicht oder der Ernährung abhängt, dann ist es kein abstraktes Thema, sondern hat mit mir selber sowie meinen Mitmenschen zu tun. Schaut man sich etwa die Ernährung oder Bewegung junger Menschen an, sieht man ihnen schon an, wie sie altern werden. Das macht einen sensibler. Alter geht jeden etwas an! Welche Herausforderungen, aber auch Chancen er­ wartet das Thema Altern in der Zukunft?

Betrachten wir die steigende Lebenserwartung in vielen Ländern, wird es bald immer mehr Menschen geben, die weit über 100 Jahre alt werden. Für eine Gesellschaft wird dies eine starke Bereicherung sein, weil diese Menschen einen sehr viel längeren Erfahrungsschatz und daher eine andere Perspektive haben werden. Momentan noch sind wir sehr gegenwartsbesessen bzw. vergangenheitsvergessen. Ein produktiver Austausch mit Zeitzeugen kann da nur förderlich sein.

In der Gerontologie gibt es kein eindeutiges Berufsfeld. CV-mag.com / 97

Prof. Dr. Frerich


Ausbildung

Karin

Buchholz Studentische Hilfskraft, Gerontologie, Uni Vechta, Germany

M

ich faszinieren alte Menschen und der Umgang mit ihnen. Früher habe ich in Pflegeeinrichtungen gearbeitet und wollte diese Tätigkeiten dann wissenschaftlich untermauern. Lange Zeit wurde das Altern nur aus der Perspektive der Pflege betrachtet, aber es ist es zu einem medien- und forschungswirksamen Thema geworden. Während meines Studiums war ich für einen Workshop zwei Wochen in Tansania. Dort stand der wissenschaftliche Austausch über Forschungsmethoden im Fokus und wir haben Einblicke in die Lebenswelt Älterer in Tansania erhalten. Der demographische Wandel schreitet dort ähnlich voran wie in Deutschland was zu V ­ eränderungen im Zusammenleben der Generationen führt. Ich lernte über die unterschiedlichen Wege mit diesen Themen – ob gesellschaftlich oder individuell – umzugehen.

Es sollte positiver über das Altern nachgedacht werden. Bei einer einseitigen Defizitperspektive auf das Alter sollten immer auch mögliche Potentiale betrachtet werden, wie bspw. das ehrenamtliche Engagement Älterer. Ich ärgere mich, wenn in Diskussionen über das Alter(n) unterschiedliche Einflussfaktoren nicht berücksichtigt werden, denn durch einseitige Perspektiven können Missverständnisse entstehen. Vor allem ältere Menschen wundern sich oft, dass ich mich an der Universität mit dieser Thematik befasse und mich als junger Mensch schon so intensiv mit der Lebensphase »Alter« beschäftigte. Ich denke, dass man sich auch im jüngeren Alter mit der Lebensphase Alter beschäftigen sollte, da das Alter nicht erst ab 60, 70 oder 80 Jahren beginnt, sondern jeder einzelne jeden Tag etwas altert. Wie wir mit den unterschiedlichen Generationen umgehen, welche Rahmenbedingungen wir für die Lebensphase Alter schaffen, das betrifft uns alle. Ich wünsche mir, dass Menschen das Alter auch als positive Lebensphase wahrnehmen, in der sich neue Perspektiven eröffnen können. TEILE DIESEN ARTIKEL:

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Ein Beruf

Drei Länder

Ein Beruf - Drei Länder ZIMMERMANN Betreut von Victoria Kau , Photos: privat, Ägypten: Mohammad AlBdewi

MOHAMMAD ATIYA ZIMMERMANN IN KAIRO, ÄGYPTEN

DIETER STAHL ZIMMERMEISTER & RESTAURATOR IM ZIMMERERHANDWERK IN DORNSTETTEN, DEUTSCHLAND

ALEXANDER WAALER ZIMMERMANN IN OSLO, NORWEGEN

In Deutschland gibt es Schwarzbrot, in Indien Naan oder Poppadoms und in Frankreich Baguette – jeder Bäcker backt eben anders! Im CVmag beschäftigt uns die Frage, inwiefern sich andere Berufe – ob akademisch, pädagogisch oder handwerklich – in verschiedenen Ländern voneinander unterscheiden. Zum Beispiel aufgrund von geographischer Lage, Finanzen oder der politischen Situation im Land. In dieser Ausgabe haben wir drei Zimmermänner in Deutschland, Norwegen und Ägypten interviewt.

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NORWEGEN

DEUTSCHLAND

ÄGYPTEN

FRAGE

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WARUM SIND SIE ZIMMERMANN GEWORDEN?

Ehrlich gesagt, das Lernen hat mir nicht gelegen, deshalb habe ich die Schule verlassen. Ich wollte Zimmermann werden! Ich habe sogar oft geschwänzt und bin zu einem Zimmermann in der Nähe gelaufen, um ihm bei der Arbeit zuzusehen. Ich war vom Holz und von den schönen Dingen,

die er daraus fertigte, fasziniert und habe mich in den Beruf verliebt. Als ich die Lehre anfing, gefiel es mir sogar noch besser, da ich jeden Tag etwas Neues lernte. Darum arbeite ich immer noch als Zimmermann und liebe den Beruf auch nach mittlerweile 37 Jahren sehr.

Da mein Vater einen Zimmereibetrieb hatte, bin ich sozusagen in den Beruf rein gewachsen. Das Arbeiten mit Holz hat mir schon immer Spaß gemacht. Auch ist es ein gutes Gefühl, wenn ein neuer Dachstuhl oder ein Holzhaus aufgerichtet wird, das man selber gezimmert hat. Das Haus und der Dachstuhl sind Bauwerke, wo man sagen kann: das habe ich gebaut. Ich konnte mir keinen Job vorstellen, bei dem ich den ganzen Tag hinter dem Schreibtisch sitze. Nach meinem Schulabschluss s­ tudierte ich sechs Monate lang Wirtschaft, konnte mich jedoch nicht gut konzentrieren. Deshalb wollte ich nicht riskieren, einen Job zu haben, bei dem ich den ganzen Tag am Computer verbringen würde. Etwas zu bauen hat mir schon immer Spaß gemacht und ich wusste, dass ich in dem Bereich leicht Arbeit finden würde. Aber im Grunde war ich einfach nie gut darin stillzusitzen.

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Ein Beruf

Drei Länder

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Ich habe die Schule nach der sechsten Grundschulklasse verlassen, meinen Beruf also nicht dort erlernt. Ich hätte in Ägypten eine Berufsschule besuchen können. Diese Schulen haben einen guten Ruf und die Ausbildung ist kostenlos, aber mir war Praxis wichtig, so habe ich den Beruf durch die Arbeit selbst erlernt. Ich lernte direkt von einem Zimmermann und habe zwölf Jahre mit ihm in Kairo gearbeitet. Am Anfang bedeutete das natürlich die Im Jahr 1974 bestand meine dreijährige Ausbildung aus etwa 40% Schule und 60% Praxis. Heute ist dieses Verhältnis umgekehrt. Als Lehrling musst du nichts bezahlen, die Ausbildung wird von allen Zimmerei-Betrieben mit einer Umlage finanziert. Im ersten Lehrjahr geht man durchgehend

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ÄGYPTEN

2

WIE LANGE HAT IHRE AUSBILDUNG GEDAUERT, W »SCHULE/PRAXIS« VERTEILT UND WIE VIEL HAT ES I BZW. EINGEBRACHT?

DEUTSCHLAND

FRAGE

Arbeitserfahrung

Es gibt zwei Wege, auf denen man Zimmermann werden kann: Entweder man besucht die Berufsschule für zwei Jahre, worauf zwei Jahre Praxis in einem Betrieb folgen, bevor man seinen Abschluss bekommt. In den zwei letzten Jahren bekommt man als Lehrling zunächst ein sehr niedriges

Gehalt. Dieses wird jedoch alle sechs Monate erhöht. Ich hatte schon meinen Schulabschluss als ich mich zu der Ausbildung entschloss. Daher bestand der Ausbildungsweg fast gänzlich aus vier Jahren Praxis. In einem Jahre geht man einmal die Woche zur Berufsschule. Das

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Ein Beruf

Drei Länder

WIE WAR DER ANTEIL IN ETWA GEKOSTET

Werkstatt aufzuräumen und Tee zu kochen, aber danach durfte ich auch einfache Arbeiten erledigen. In den zwölf Jahren habe ich mich stetig weiterentwickelt und nun besitze ich meine eigene Werkstatt. Dies ist die übliche Methode, einen Ausbildungsberuf in Ägypten zu erlernen: Wenn man einen Beruf

wirklich lernen will, muss man von der Schule abgehen. Ich habe so gelernt und glaube, dass es der richtige Weg war. Ich habe bereits eigenes Geld verdient, als meine Schulfreunde noch Taschengeld von ihren Eltern bekamen.

zur Schule und hat nur einmal pro Woche Betriebspraktikum. Im zweiten Lehrjahr arbeitet man neben der Berufsschule für ca. 850 Euro Lohn pro Monat in einem Betrieb. Im dritten Lehrjahr bekommt man für dieselbe Arbeit ca. 1100 Euro Lohn. Nach der Lehre bekommt ein Geselle ca. 13,50 Euro Stundenlohn.

­usbildungsprogramm zahlt in A diesem Jahr sowohl die Berufsschule als auch das Gehalt, was zum Leben ausreicht (etwa 1800 Euro pro Monat). Nach diesem Jahr legt man eine theoretische Prüfung ab. Und nach vier Jahren muss man die Lehrabschlussprüfung bestehen, für die man in

einer Woche an einem besonderen Projekt arbeiten und darüber schreiben muss, z. B. über das Gebäude, an dem der Lehrbetrieb gerade arbeitet. Ich hatte außerdem das Glück während meiner Ausbildung an einem vierwöchigen Austauschprogramm in Berlin teilnehmen zu können. NÄCHSTE FRAGE

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NORWEGEN

DEUTSCHLAND

ÄGYPTEN

FRAGE

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WIE WÜRDEN SIE DEN RUF IHRES BERUFS BESCHREIBEN? WIRD ER AUSREICHEND VERGÜTET?

Mein Beruf hat einen sehr guten Ruf. Das liegt zum einen daran, dass die Ägypter Holz und Holzmöbel lieben. So hat dieses Handwerk hier eine sehr lange Tradition. Holz übt aber auf alle Menschen eine besondere Anziehung aus und außerdem hat mein Beruf wichtige künstlerische und

kreative Seiten, durch die er mehr geschätzt wird als viele andere Berufe. Was die Bezahlung angeht, so habe ich vor der Revolution gutes Geld verdient. Ich hatte ein schönes Einkommen, von dem ich sehr gut leben konnte und musste mir keine Sorgen um die Lebenshaltungskosten machen. Ich habe

Der Beruf des Zimmerers hat einen guten Ruf, da die Ausbildung sehr anspruchsvoll ist und der ­Zimmererberuf eine lange Tradition hat. Schon mittelalterliche Fachwerkhäuser wurden von Zimmerern gebaut. Leider ist die Vergütung nicht so hoch wie in den Industriebetrieben. Es gibt aber durchaus gute Aufstiegschancen, etwa zum Meister, geprüften Restaurator, Gebäudeenergieberater oder zum Studium als Bauingenieur und Architekt. Viele Menschen idealisieren meinen Beruf. Sie stellen ihn sich schöner und aufregender vor, als er in Wahrheit ist. Ich höre oft so etwas wie: »Wow, Zimmermann! Ich wollte schon immer mal etwas bauen.« Die meiste Zeit ist mein Beruf genauso unspektakulär wie andere. Man genießt aber einen

guten Ruf, sogar einen besseren als Elektriker oder Klempner, obwohl diese mehr Geld verdienen. Das liegt an der allgemein guten Meinung zu Holz: Es ist ein natürliches und ökologisches Material und die Menschen denken, die Arbeit mit Holz ist kreativ, sie bringen Holz mit Häusern und

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Ein Beruf

zwischen 2.000€ und 3.000€ verdient, was viel ist. Mein Einkommen lag sogar über dem vieler Lehrer und Beschäftigter im öffentlichen Dienst. Gott sei Dank, hatte ich einen guten Ruf, der mir viele Kunden einbrachte. Ich habe damals 9 Monate im Jahr gearbeitet, aber jetzt ist alles anders. Ich verdiene immer noch genug, um meine Frau und unsere zwei Kinder durchzubringen, aber wenn es so weiter geht, werde ich nicht mehr genug für mich und meine Familie verdienen können.

Möbeln in Verbindung. Heutzutage besteht ein Haus jedoch nur noch zu wenigen Teilen aus Holz, da Zimmermänner mit vielen anderen Materialien arbeiten. Und was die Bezahlung betrifft – ein Zimmermann verdient ungefähr so viel wie ein Kindergärtner. Grund­sätzlich gilt, je langweiliger

Drei Länder

FORTSETZUNG

ein Job ist, desto besser wird er bezahlt. Als Angestellter wird man für einzelne Projekte und als Freiberufler stundenweise bezahlt. Ein Zimmermann in Norwegen verdient durchschnittlich 4.400 Euro pro Monat (das Durchschnittseinkommen liegt bei 6.200 Euro pro Monat).

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ÄGYPTEN

FRAGE

Arbeitserfahrung

Nach der Revolution waren die Menschen unsicher. Das hat sich bis heute nicht geändert, da die politische Situation seither instabil ist, und es hat die Situation auf dem Arbeitsmarkt insgesamt sehr beeinflusst. Es ist momentan nicht leicht, Arbeit zu finden und alles wird immer teurer. An vielen Tagen habe ich die Werkstatt den ganzen Tag geöffnet, ohne wirklich zu arbeiten. Ich habe aber den Eindruck, dass sich das Land jetzt erholt – langsam, aber sicher.

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Ein Beruf

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Drei Länder

WELCHE FAKTOREN BEEINFLUSSEN IHREN JOB AM MEISTEN?

NORWEGEN

DEUTSCHLAND

Nun, Ägypten befindet sich in einer ganz besonderen Phase. Die fehlende Planungssicherheit beeinflusst alle Berufsgruppen in großem Maße und meine ganz besonders. Auch Tradition spielt in meinem Beruf eine große Rolle, da die Menschen hier lieber ihre eigenen Möbel bauen, statt vorgefertigte Fabrikprodukte zu kaufen. Wenn ein Mann heiratet, schreibt die Tradition vor, dass er ein neues Schlafzimmer besitzt, natürlich aus Holz, Das Wetter beeinflusst am meisten unseren Beruf. Im Winter ist es bei uns im Schwarzwald schwierig, durchgehend zu arbeiten, wenn man keine Arbeit im Ausbau eines Hauses oder in der Abbundhalle hat. Im Sommer müssen wir oft bei hohen Temperaturen 35 – 38°C

im Freien arbeiten. Durch das Gesetz zur Energieeinsparung haben wir auch häufig mit der energetischen Sanierung von Gebäuden zu tun. Dies ist teilweise der höhere Arbeitsanteil als der Neubau von Häusern und Dachstühlen. Es bedarf aber einer ständigen Weiterbildung

Das Wetter in Norwegen, also viel Schnee und Regen, beeinflusst den Baustil in Bezug auf Isolierung und Nachhaltigkeit. Es ist zwar sicherer den Baustil zu wählen, der sich in den letzten Jahren bewährt hat, aber die Materialien haben sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Vor 10, 20 Jahren wurden noch vermehrt Holzplatten für das Innere eines Hauses verwendet. Heute wollen die Auftraggeber weiße, saubere Wände, also arbeiten wir

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FORTSETZUNG


NORWEGEN

DEUTSCHLAND

ÄGYPTEN

FRAGE

Arbeitserfahrung

und die meisten Kunden wollen in diesem Fall etwas Besonderes, das sie von der Masse abhebt und diesem Anspruch versuche ich immer gerecht zu werden. Meine Materialien stehen immer zur Verfügung, aber je nach der

politischen Situation können die Preise stark variieren, was sich wiederum auf das Budget meiner Kunden auswirkt. Aber auch bei begrenztem Budget versuche ich, immer beste Qualität abzuliefern.

und Wissen über die physikalischen Eigenschaften neuer Materialien, um eine funktionierende Sanierung durchzuführen. Viele Betriebsinhaber und angestellte Meister haben sich als Gebäudeenergieberater ein zweites Standbein zur Zimmerei erarbeitet.

mit Gipskarton, was etwas langweiliger ist. Bis in die Neunziger hatten Häuser einen sehr traditionellen Stil. Heute sind Häuser viel individueller und kreativer und somit teurer. Im Allgemeinen verbringen Norweger viel Zeit zu Hause: Der Winter ist lang und Ausgehen ist

ziemlich teuer. Deswegen investieren die Menschen mehr Geld, um ihre Häuser schöner und gemütlicher zu machen.

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Ein Beruf

Drei Länder

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DEUTSCHLAND

ÄGYPTEN

FRAGE

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BITTE BESCHREIBEN SIE EIN REPRÄSENTATIVES PRO KÜRZLICH GEARBEITET HABEN, UM DEN LESERN EI EINEN TYPISCHEN ARBEITSTAG ZU VERSCHAFFEN.

Ich arbeite ausschließlich mit meinen Händen und habe nur wenige elektrische Geräte in meiner Werkstatt. Die letzte Arbeit habe ich für einen Freund erledigt, der noch diesen Monat heiraten möchte. Ich habe fast die gesamte Möblierung für seine Wohnung angefertigt: das Badezimmer, die Küche, Tische und Stühle. Es hat mir sehr viel Freude bereitet und ich war sehr glücklich, dass ihm meine Arbeit gefallen hat.

Im März und im Juni 2013 haben wir an der neuen Sporthalle in Dornstetten eine Holzschindelfassade mit gespaltenen Weißtanne Schindeln angebracht. Im Juni und Juli haben wir ein Massivholzhaus für eine junge Familie in einem Nach-

barort aufgestellt und das Dach abgebunden, aufgerichtet und gedeckt. Durch die Holzwände und Decken hat das Haus eine sehr gute Raumakustik und Atmosphäre. Das hat richtig Spaß gemacht, das Haus wachsen zu sehen.

Diesen Sommer habe ich ein Holzhäuschen um etwa 12 m2 ­ vergrößert, sodass das Wohnzimmer um 30 Prozent größer wurde. Ich hatte viel Spaß bei der Arbeit, sie war etwas traditioneller: Außen und innen habe ich hölzerne Wände errichtet, Böden verlegt, Fenster eingesetzt

und eine neue Terrasse mit einem Geländer gebaut. Ich habe zur Hälfte drinnen und zur Hälfte draußen gearbeitet. Außerdem musste ich ein paar Wochen in dem Häuschen wohnen. Für diese kurze Zeit habe ich es sehr genossen, obwohl man sich schnell einsam fühlen kann.

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Ein Beruf

Drei L채nder

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OJEKT, AN DEM SIE INEN EINBLICK IN

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Arbeitserfahrung

Alles ist Erleuchtet, DVD auf Amazon , € 11,65

HOLZ

Inspiriert von den 3 Zimmermännern wandte sich die Redaktion dem Holz zu. Hier unsere Lieblingsprodukte.

Spiko, Holzradio von Singgih Kartono, über wooden radio , € 200,00

Tastatur, von Orée , ab € 110,00

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Vanille und Zedernholz Bodylotion, von Kiehl's , € 26,00 Schneidebrett mit Gravur, von Richwood Creations, über Scout Mob , € 25, 00


Produkte

Holz

Sonnenbrille Leopold Sandelholz, von Kerbholz, über fab , € 108,00 Arrow Spoon Number 35, von Amelie Mancini , € 33, 00 Geometrische Kette, von Snug , € 24,90

Baumstammschalen, von Loyal Loot , ab € 55,00 Handbemalte Bleistifte, von inkit , € 9,01

Ring mit Kupfer, von about jewelery , € 49, 00

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Arbeitserfahrung

JOHNNY, DER KAPITร N

DIE SEE IST MEINE BERUFUNG

text und photo Emelie Ekborg

interview mit Johnny Wikstrรถm

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Kapitän

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Johnny Wikström


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Mit 19 trat er dem Familienunternehmen bei und arbeitete als Boots- und Schiffsführer. Heute verbindet Johnny Wikström seine Liebe zur See mit seiner Leidenschaft zum Kochen. Es ist noch sehr früh an einem Sommermorgen. Ich warte darauf, dass mich Johnny Wikström mit seiner Fähre abholt kommt. Johnny ist Skipper (Bootsund Schiffsführer) bei Gunnars Båtturer und wird mich heute mit nach Dyrön nehmen, dem Heimathafen der kleinen Fährreederei. Er hat soeben seine morgendliche Runde beendet, die zwischen den drei kleinen Inseln an der schwedischen Westküste etwas nördlich von Göteborg und dem Festland verläuft. Die Fähre legt an, ein Passagier geht von Bord. Es weht eine starke Brise. »Eigentlich wollte ich Fischer werden«, erzählt er mir. »In der Oberstufe habe ich spezielle Fischerkurse gewählt. Wir haben viel auf richtigen Fischerbooten auf dem Meer geübt.« 1999, als Johnny 13 Jahre alt war, kaufte sein Vater Jan Wikström die Fährgesellschaft. »Als ich mit der Schule fertig war, habe ich sofort angefangen, meinen Vater in der Reederei zu unterstützen. Dieser Schritt war für mich ganz selbstverständlich.«

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Kapitän

Nach der Oberstufe studierte er maritime Sicherheit und absolvierte ein Kapitänsausbildung. Er selbst mag allerdings das Wort »Kapitän« nicht sonderlich. »Kapitän? Oh nein!« sagt Johnny und lacht. »Ich verwende lieber den Begriff Skipper. Wenn ich neue Leute treffe und die mich fragen, was ich denn so beruflich mache, sage ich, dass ich Skipper eines kleinen Passagierschiffs bin. Unterhält man sich länger und spricht auch über Details, füge ich eventuell noch hinzu, dass es sich um ein kleines Familienunternehmen handelt. Aber manchmal ist es einfach besser nicht zu viel preiszugeben, da dies meist zu viele neue Fragen aufwirft. Wie zum Beispiel ›Was machst du im Winter?‹ Die Leute glauben überwie-

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Johnny Wikström


Arbeitserfahrung

gend, dass es sich hierbei ausschließlich um ein Sommergeschäft handelt und dass man nur im Sommer raus aufs Meer fahren kann.« Dann erzählt er mit Eifer »Aber gerade im Winter, wenn das Meer zufriert, haben wir alle Hände voll zu tun. Wenn es so kalt ist, dass alles zufriert und es eine Reihe von Kältebrüchen gibt, muss eine Menge an Wartungsarbeiten im Vorfeld getan werden, um dem Ganzen entgegenzuwirken. Außerdem müssen wir uns ständig

»Ein Tag auf See kann im Winter weitaus schöner sein als im Sommer. Aber ein Wintertag kann an einem stürmischen Tag auch richtig scheußlich werden. «

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Kapitän

über die aktuelle Wetterlage und die der nächsten Tage informieren, da sich die Wetter - und Eissituation rasant ändern kann. Darauf müssen wir ständig vorbereitet sein.« Als ich ihn nach den Vorteilen und Nachteilen seines Berufs frage, sagt er entschieden: »Die Nähe zum Meer! Dies ist sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil! Zum Beispiel kann ein Tag auf See im Winter weitaus schöner sein als im Sommer. Aber ein Wintertag kann an einem stürmischen Tag auch richtig scheußlich werden.« Der Wind ist zwar stark, aber kaum einer an Bord bemerkt ihn. Am Horizont sehe ich einen recht

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Johnny Wikström


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JOHNNYS TAG

6:00 Uhr Auslaufen aus dem Hafen Dyrön. 6:30 Uhr Schulkinder werden von zu Hause abgeholt und zur Schule gebracht. 9:20 Uhr Start der morgendlichen Runde zwischen den drei Inseln Älgön, Brattön, Lövön und dem Festland. 10:00 Uhr Ankunft in Rörtången, dem Hafen des Festlandes. Dort werden Passagiere, die Morgenzeitung und die Post der Inselbewohner abgeholt. 11:00 Uhr Zurück in Dyrön: Zeit für etwas Büroarbeit, die Wartung der Boote und die Mittagspause. 14:00 Uhr Zeit, die Kinder von der Schule abzuholen und nach Hause zu bringen. 17:35 Uhr Start der abendlichen Runde zwischen den drei Inseln und dem Festland. 19:00 Uhr Zurück im Hafen von Dyrön - im Sommer folgt jetzt noch eine Chartertour. g­ roßen Leuchtturm. Wir umrunden eine Landzunge und fahren in ein kleines, friedliches Archipel mit vielen Inselchen und Inseln ein. Die Fähre legt an einer Insel an und eine Frau geht von Bord. Johnny liefert eine Menge Zeitungen an und verstaut sie in einer großen Kiste auf dem Steg. Danach hilft er der Dame mit ihrem Gepäck. Sie wird hier den Sommer verbringen und hat daher nicht nur herkömmliches Gepäck, sondern auch eine große Kiste mit Gartenpflanzen dabei.

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Kapitän

»Gunnars Båtturers Aufgabenbereich ist zweigeteilt«, berichtet mir Johnny. »Jeden Tag, das ganze Jahr über stellen wir den öffentlichen Verkehr zwischen den kleinen Inseln Älgön, Lövön und Brattön und dem Festland.« Aber nicht nur Passagiere müssen von einer Insel zur anderen übergesetzt werden, auch der Transport von Post und Zeitungen – morgens und abends - gehört dazu. »Wir bringen auch Kinder zur Schule«, fügt er hinzu. »Häufig wohnen die Kinder nicht auf der gleichen Insel, auf der sich auch die Schule befindet.«

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Johnny Wikström


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FAKTEN

Name: Johnny Wikström Alter: 27

Wohnort: Dyrön, eine kleine Insel an der schwedischen Westküste. Familie: Lebt mit seiner Freundin Kristin Carlsson zusammen. Beruf: Skipper bei und Partner von Gunnars Båtturer Interessen: Angeln, Skifahren, Kochen und verbringt gerne Zeit in der Natur CV-mag.com / 126


Kapitän

Johnny Wikström

Der andere Teil des Geschäfts besteht aus CharterTouren und Veranstaltungen. Johnny, sein Vater und ihre Mitarbeiter richten entlang der wunderschönen Küste Bohuslän Feiern mit 12 bis 95 Gästen aus. Sie arbeiten mit vielen Hotels zusammen und organisieren Schiffstouren für die Hotelgäste. Sogar Geschäftskonferenzen und Hochzeiten finden mitunter an Bord statt. Seit drei Jahren ist Johnny nicht mehr nur Mitarbeiter, sondern auch Partner von Gunnars Båtturer. Zusammen mit seinem Vater Jan Wikström führt er nun das Unternehmen. »2010 haben wir unser größtes Boot Drott gekauft und ich bin als Partner in das Geschäft eingestiegen«, erzählt Johnny.

»Als ich klein war wollte ich Fischer werden. Doch dann kaufte mein Vater diese kleine Fährenreederei und ich wurde stattdessen Skipper.« Die M/S Drott af Dyrön hat Platz für bis zu 95 Passagiere und besitzt eine vollausgestattete Küche mit einer kleinen Bar. »Der Kauf eines solchen Boots war meinerseits Bedingung für die Partnerschaft«, erklärt er. »Kochen ist ein großes Hobby von mir und ich wollte einfach mehr als nur ein gewöhnliches Boot. Dank der Drott kann ich nun beide Hobbies miteinander verbinden.« Als ich ihn fragte, was er tun würde, wenn er sich nicht in der aktuellen Situation befinden würde, sagt er: »Wahrscheinlich würde ich in einem Restaurant oder im Catering-Bereich arbeiten. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich irgendwo arbeiten würde, der nichts mit dem Meer zu tun hat. Der Beruf CV-mag.com / 127


Arbeitserfahrung

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Kapitän

S­ kipper ist Teil meines Lebensstils. Ich bin auf Dyrön aufgewachsen und liebe die Nähe zur Natur und zum Meer. Dieser Beruf gibt mir die Möglichkeit hier an Ort und Stelle zu bleiben, wist aber gleichzeitig auch Bedingung für die Arbeit.« Als wir zurückkehren, liegt der Hafen von Dyrön ruhig vor uns. Zwei alte Männer reparieren ein Boot. Vor einem Bootshaus liegt ein großer Stapel Fischereizubehör und es riecht nach Fisch und Algen. Wir machen noch schnell ein paar Fotos von Johnny vor den Booten. Dann macht er sich auf den Weg zum Liegeplatz der Drott, um den Teilnehmern einer Firmentagung das Mittagessen zu servieren. Vor seiner eigenen Mittagspause hält er noch einen kurzen Plausch mit seinem Vater, um sich auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Noch schnell ein Kaffee in der Sonne auf dem Steg und dann ist es auch schon wieder Zeit für seine nächste Runde und meine Rückkehr. Auf meinem Nachhauseweg denke ich lange darüber nach, was Johnny über seinen Beruf und seinen Lebensstil gesagt hat – dass beide einander bedingen. Er kann sich glücklich schätzen, dass er die Möglichkeit hat, seine Tage dort zu verbringen, wo er sich am liebsten aufhält – auf See. Es scheint mir, als befinde er sich in einer äußerst glücklichen Lage; ein Teil des Puzzles hat sich somit von selbst gefunden.

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DIESEN

ARTIKEL: CV-mag.com / 129

Johnny Wikström


Arbeitserfahrung

G

Ein Mann. Ein Werk. Ein Zeug.

H

HEINZ-JĂœRGEN GERDES Werkzeugmacher

Bildhauer

Designer

Strategieberater

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Heinz-Jürgen Gerdes

Text: Victoria Kau Warum Heinz-Jürgen Gerdes ein außergewöhnlicher Unternehmensberater ist, kann man nicht auf seiner Website nachlesen. Man muss ihn kennen lernen.

Photos: Michael Bahlo, Ewald Freitag Schon seine Berufsbezeichnungen sind so vielfältig, dass man leicht den Überblick verliert. Um diesen Menschen näher zu erleben, sollte man sich Zeit nehmen.

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Arbeitserfahrung

Das Büro von Heinz-Jürgen sieht fast wie ein Ferienhaus aus. Es liegt in einer kleinen Bremer Straße, umgeben von bunten Fensterläden, einem großen Garten und Bäumen im Wind. Neben den drei Büroräumen im ersten Stock gibt es im Erdgeschoss noch ein Atelier, wo Heinz-Jürgen an seinen Skulpturen arbeiten kann. Nachdem er mich gut gelaunt in seinem »skandinavischen Reich« begrüßt hat, gibt es erst einmal ein zweites Frühstück. Im Jahre 2009 gründete der gelernte Werkzeugmacher sein Beratungsunternehmen »was zukunft hat«. Die Internetseite verrät nicht viel, eigentlich sieht man nur das Meer. Die Kunden sollen neugierig werden und dann das persönliche Gespräch suchen: »Wir beschäftigen uns mit Unternehmen, die in einer sich verändernden Welt Probleme haben, ihren einstigen Erfolg aufrecht zu erhalten und aus ihrer Innenperspektive keine guten Lösungen mehr finden. Das ist jedoch genau das, was ich seit vielen Jahren trainiert habe: Den Blick von außen auf die Unternehmen zu richten und sich zu fragen, wie sie die Weichen auf Zukunft stellen und wieder Innovationen schaffen können.« Das Wort Innovation fällt oft während unseres Gesprächs. Die Suche danach hat Heinz-Jürgen Zeit seines Lebens ganz selbstverständlich beschäftigt – seinem Wesen entsprechend. Völlig neu zu denken, und dabei dennoch bei den grundlegendsten Bedürfnissen zu bleiben, ist seine Stärke: »Themen CV-mag.com / 132


Heinz-Jürgen Gerdes

finde ich dann interessant, wenn ich die Möglichkeit der fundamentalen Innovation in ihnen spüre.« Zu seinem Portfolio gehören radikal gedachte Neuentwicklungen in Sachen Mobilität oder Wohnen, aber auch die Umstrukturierung von Führungsetagen oder Museumsfoyers. »Hauptsache, es ist wirksam. Technisch hoch komplexe Geräte oder Strukturen, CV-mag.com / 133


Arbeitserfahrung

die dann mit Design ästhetisch ertragbar gemacht werden, kann ich nicht ausstehen.« Ein Blick auf seine Biografie verrät, woher diese Ansätze kommen. Bevor er Bildhauer wird, soll Heinz-Jürgen in die Fußstapfen seines Vaters treten und als Werkzeugmacher den Familienbetrieb übernehmen. Doch schnell wird klar, dass dieser Weg nicht sein eigener ist. Da er schon früh sein Talent fürs Zeichnen und Bildhauerei entdeckt, entscheidet er sich für ein Studium in Objektdesign mit den Schwerpunkten Produktdesign und Bildhauerei. Schon während der Zeit an der Hochschule fertigt er Auftragsarbeiten als Bildhauer an. Nach seinem Studium wird eine von ihm gegründete Planungsgruppe mit Entwurfsplanungen zur Umgestaltung des

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Heinz-Jürgen Gerdes

Bahnhofsvorplatzes von Münster beauftragt. Hier gilt es auch, sich Gehör bei dem Großkonzern Deutsche Bahn zu verschaffen. Er klopft an die Tür der Deutschen Bahn, und diese übernimmt ihn prompt als Designmanager. Während dieser Zeit arbeitet er mit vielen renommierten Design- und Architekturbüros zusammen. Ein interessanter, aber auch sehr fordernder Job. Trotzdem – oder gerade deshalb – verbringt er jedes Wochenende als Bildhauer in seinem Atelier. »Wenn es um meine Karriere geht, ist das einfach immer wieder ein ganz klassisches Gegengewicht. Diese Polarität zwischen professionellem Berater und freiem Bildhauer, dieses ›sowohl als auch‹, ist das, was mich in meinem Berufsleben am stärksten geprägt hat.«

Fakten Heinz-Jürgen Gerdes wurde 1962 in Willich, Nordrhein-Westfahlen, geboren. Nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmacher absolvierte er in Münster und Eindhoven sein Studium in Produktdesign und Bildhauerei. Nachdem er unter anderem als Designmanager bei der Deutschen Bahn und als Geschäftsführer bei der Bremer Design GmbH tätig war, gründetet er 2009 sein Beratungsunternehmen »gerdes – was zukunft hat«.Der Unternehmensberater lebt in Bremen, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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Arbeitserfahrung

Bei der Arbeit an einer Skulptur.

Nach drei Jahren bei der Deutschen Bahn reizt ihn die Lust auf Veränderung. Zunächst zieht es ihn zu seiner heutigen Frau nach Berlin und dann nach Hamburg, wo er als freier Designberater und –manager arbeitet. 2003 wechselt er nach Bremen, um die Geschäftsführung der Bremer Design GmbH zu übernehmen. Mit Designern wie Dieter Rams und Reinhard Binder konzipiert er Ausstellungen, fördert junge Designer und initiiert Designkonzepte. Nach sechs Jahren läuft der Vertrag aus. Heinz-Jürgen ergreift die Chance und macht sich selbstständig: »Angestelltenverhältnisse habe ich in Kauf genommen, wenn sie für mich interessant waren. Aber ich habe mich immer als jemand empfunden, der Projekte in großer Eigenständigkeit umsetzt.« CV-mag.com / 136


Heinz-Jürgen Gerdes

Es scheint so, als gäbe es für ihn nichts Natürlicheres. Ob beim Kundengespräch, bei einer Strategieentwicklung oder beim Mittagessen: Man fühlt, dass er alles um sich herum in seiner Ganzheitlichkeit betrachtet. Aus dem Blick des Denkers, des Gestalters, des Verbrauchers – und immer: des Menschen. Für die Jade Hochschule in Wilhelmshaven hat er die Innosphäre entwickelt, einen Wissensraum für Studierende unterschiedlichster Disziplinen, die gemeinsam markt- und zukunftsfähige Innovationen entwickeln. Wie er auf all diese Ideen kommt? Altes in Frage zu stellen und völlig neu zu denken, das war für ihn immer schon ein natürliches Vorgehen. Wenn er sich entschließt, sich einem Problem anzunehmen, fängt er an, zu zeichnen. Die Visualisierung hilft ihm bei der Reduzierung auf das grundlegende Problem. Es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen. Innerhalb von Sekunden entsteht eine Welt auf einem weißen Blatt Papier, die jeden zwingt, inne zu halten und sich auf die Kernbotschaft rückzubesinnen. Von Bewunderung für seinen Lebensweg will er nichts hören – im Gegenteil: »Viele erkennen meinen Lebensentwurf überhaupt nicht als erfolgreich an. Biografien werden oft dann für gut gehalten, wenn sie astrein und stringent sind. Mit meinem ›sowohl-alsauch‹-Prinzip kann nicht jeder etwas anfangen. Seine Kunden schon. Wer will sich schon ernsthaft von jemandem beraten lassen, der nur die eine Seite der Medaille kennt? Heinz-Jürgen Gerdes kennt beide – und ganz bestimmt auch eine dritte. WAS ZUKUNFT HAT.

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Arbeitserfahrung

Anne Ditmeyer VOLLZEIT FREIBERUFLICH Interview mit Anne Ditmeyer Text von Thea Neubauer Photos (diese Seite) von Cristopher Santos

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Freiberufler

Anne Ditmeyer

Als Grafikdesigner, Lehrer, Autor und Berater muss Anne Dittmeyer eine eiserne Disziplin und Organistionstalent haben um ihren Alltag zu managen. Normalerweise schreibt sie für ihren Blog, Prêt à Voyager , über Reisen und Design, für CVmag konzentriert sie sich aber auf ein ganz anderes Thema: ihr Leben als Freiberufler und der Weg dorthin. Bekommt einen Eindruck von Annes Abenteuern rund um die Welt durch die Fotos die sie auf Instagram veröffentlicht,eine kleine Auswahl ist auch in diesem Artikel.

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Arbeitserfahrung

Ich habe immer eher nach dem Ausschlussverfahren Entscheidungen getroffen. Ich habe mich nicht gefragt, was ich gerne machen würde, sondern was ich auf keinen Fall machen möchte. Mein erstes Praktikum in einer Design-Firma hat mir dabei insofern die Augen geöffnet, als dass mir danach klar war, dass ich keinen Beruf ergreifen möchte, in dem ich gezwungen bin, einen Anzug zu tragen und das auch das klassische Unternehmensumfeld nicht das Richtige für mich ist. Ich glaube, dass ich insgeheim immer schon gewusst habe, dass ich anders sein wollte, bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste, dass das tatsächlich möglich ist. Trotzdem habe ich nie erwartet, eines Tages als Freelancer mein Geld zu verdienen. Ich habe zunächst an der University of Virginia Geschichte und Anthropologie studiert und schnell die visuelle Seite verschiedener Kulturen für mich entdeckt. Da

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Freiberufler

ich schon immer eine Schwäche für Bucheinbände hatte, war für mich eine Karriere im Design-Bereich naheliegend. Nachdem ich ein Jahr in Frankreich verbracht hatte, um dort Englisch zu unterrichten, schrieb ich mich also an der University of Baltimore für den Verlagswesen-Master ein. 2007 entdeckte ich dann die rege Blogger-Community und wollte sofort ein Teil davon werden. Noch am selben Tag rief ich meinen Blog ins Leben und seit diesem Tag dreht sich auf meinem Blog alles ums Reisen und um Design. Damals habe ich gerade als Grafikdesignerin für ein Architekturbüro in Baltimore gearbeitet. Als ich um eine Gehaltserhöhung bat – vor allem deshalb, weil mir nur 10 Tage Urlaub pro Jahr zustanden – wurde diese abgelehnt. Das war auch gleichzeitig ausschlaggebend für meine Kündigung, da Reisen für mich immer schon die größte Quelle für neue Ideen und Inspiration gewesen sind. Ich entschied mich wieder nach Frankreich zurückzukehren und dort an der American University in Paris einen Master in Globaler Kommunikation anzuschließen – und das obwohl ich vorher nie einen höheren akademischen Abschluss angestrebt habe. Heute habe ich sogar zwei. Nach meinem ersten Masterabschluss habe ich Vollzeit gearbeitet, inklusive Überstunden und Arbeit an Wochenenden. Aber als ich nach Paris kam, wollte ich nichts lieber als noch einmal Vollzeit-Studentin zu sein. Ich konnte meine Arbeit wieder flexibel einteilen, hatte Zeit für die Massen von Leuten, die mich besucht haben und so wurde dieser Lebensstil ganz schnell zur Gewohnheit und war damit das Sprungbrett in mein Leben als Freelancer. CV-mag.com / 141

Anne Ditmeyer


Arbeitserfahrung

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Freiberufler

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Anne Ditmeyer


Arbeitserfahrung

Meinen ersten Job als Freelancer hatte ich als ich für das Architektenbüro in Baltimore arbeitete. Damals begann ich nebenher für Design Sponge (in Design-Kreisen ein sehr bekannter Blog der Autorin Grace Bonney) zu arbeiten. Neben der Arbeit bat ich Führungen durch Baltimore an, traf dort auf Grace Bonney und führte einige nette Gespräche mit ihr und als sie einen Monat später auf der Suche nach einem Praktikanten war, ergriff ich meine Chance. Wenig später war ich also Redakteurin bei Design Sponge und finanzierte mir damit einen Teil meines Studiums. Als das Studium dann zu Ende ging, arbeitete ich mit einigen kleineren Unternehmen im Tourismus-Sektor zusammen. Die Tatsache, dass ich als Amerikanerin in Paris lebte und somit ein Gefühl für beide Kulturen hatte, war dabei mein Kapital. Paris hatte generell einen großen Einfluss auf mich und mein Leben. Abgesehen davon, dass Paris eine wunderschöne Stadt ist, war sie für mich auch praktisch. Ich wurde so oft nach Empfehlungen und Geheimtipps gefragt, dass ich anfing, selber Führungen anzubieten. Denn in dieser Tätigkeit vereinten sich wieder die beiden Pole, die mir schon immer wichtig waren: Tourismus und kultureller Austausch, denn Paris habe ich CV-mag.com / 144


Freiberufler

Anne Ditmeyer

DIE DREI WICHTIGESTEN PRODUKTE FÜR DICH? IPHONE

Mein iPhone ist wie mein erstes Kind. Ich mache Fotos und erledige eigentlich alles mit ihm. BÜCHER

Ich gebe nicht viel Geld aus, aber sobald ich ein interessantes Buch sehe kaufe ich es mir definitiv. Bücher sind für mich auch Dekoration und hauchen meinem Apartment mehr Leben ein. ZUG TICKET als sehr international kennengelernt. Ein Zugticket, irgendwo hin. Ich Diese Touren machten muss einfach die Welt sehen, dass mir unerwartet viel Spaß. ist mir unglaublich wichtig. Auch weil sie eine willkommene Gelegenheit boten, um einige Stunden abseits meines Computer-Bildschirms zu verbringen. Denn zu dieser Zeit wurden meine Freelance-Jobs immer mehr zur Bürde und machten mich regelrecht krank. Ich wollte immer einen Job haben, der es mir ermöglicht, von übert all in der Welt aus zu arbeiten und bei Bedarf auch in die Staaten zu fliegen, um Kunden zu treffen. Ich weiß zwar nicht wie lange ich noch in Paris bleiben werde, aber im Moment bin ich hier sehr glücklich.

Als Freelancer sehe ich mich oft mit der Schwierigkeit konfrontiert, anderen Leuten erklären zu müssen, was ich eigentlich tue. Wenn mich jemand fragt CV-mag.com / 145


Arbeitserfahrung

»Und was arbeitest du?« sage ich einfach »Oh, c’est compliqué!«. Dabei macht es für mich absolut Sinn, da mein Job alle Teile des Puzzles zusammenfügt: Grafikdesignerin, Autorin und Beraterin in einem. Mein Mantra lautet: »connecting creatives across the continents«. Diese Bezeichnung nutze ich eher, als mich als Reise-Bloggerin zu bezeichnen. Mein Blog behandelt zwar das Reisen, aber unter einem Designaspekt. Die größte Inspiration für neue Reiseziele sind dabei Freunde. Insbesondere auch deshalb, da ich gerne jemanden an meinem Zielort kenne. Neuerdings gehe ich auch verstärkt auf Konferenzen, um dort neue Leute kennenz ulernen und mir Anregungen zu holen. Am schwersten fällt es mir, tatsächlich einen Blog-Eintrag zu verfassen. Normalerweise habe ich einen Rhythmus von zwei bis drei Beiträgen pro Woche, aber ich muss immer auch Rücksicht auf meine Kunden und meine Berater- und Lehrtätigkeiten nehmen, die ich in letzter Zeit stärker vertieft und auch priorisiert habe. Auf Skillshare , einer Online-Lernplattfom, habe ich beispielsweise Kartenund InDesign-Kurse gegeben. Ich finde das Konzept großartig und habe teilweise über 1000 User aus der ganzen Welt pro Kurs, aber die Vorbereitung ist natürlich entsprechend zeitaufwendig. In der Planung meiner täglichen Arbeit räume ich mir immer viel Platz für Flexibilität ein. Als Freelancer ist es nicht leicht die Balance zwischen Arbeit und Sozialleben aufrecht zu erhalten. Ich muss aufpassen, dass ich mir nicht zu viele Projekte aufhalse und muss mich teilweise dazu zwingen, mindestens CV-mag.com / 146


Freiberufler

eine soziale Aktivität pro Tag wahrzunehmen. Die Arbeit von zuhause aus stellt in vielerlei Hinsicht Herausforderungen an mich, aber etwas anderes kann ich mir finanziell nicht erlauben. Auf der anderen Seite gibt es mir die Möglichkeit von verschiedensten Orten zu arbeiten, auch mal in einem Café, wenn mir danach ist. Dadurch kommt keine Routine auf. Im Moment ist Studio Practice mein Lieblingsprojekt. Die Idee dahinter ist, eine Art Wiki oder Online-Bibliothek mit Tipps und Tricks zur UnterCV-mag.com / 147

Anne Ditmeyer


Arbeitserfahrung

nehmensgründung zusammenzutragen. Meine Projektpartnerin ist Lauren O’Neil , die von New York aus arbeitet, weshalb es ein neues aber auch spannendes Arbeitsarrangement ist. Wir arbeiten bereits seit anderthalb Jahren daran und diesen Herbst soll die Seite live gehen. Wir haben natürlich beide einen amerikanischen Hintergrund, aber unser Antrieb ist es, jedem vor Augen zu führen, welche Fragen er sich stellen muss und stellen sollte, bevor er den Schritt in die Selbstständigkeit wagt. Die Kraft, um all meine Projekte zu koordinieren und zu realisieren ziehe ich zu einem großen Teil aus den Ratschlägen und der Unterstützung meiner Eltern. Ich erinnere mich wie meine Mutter schon vor Jahren zu mir sagte: »Anne Ditmeyer, aus dem Alter, in dem du unbezahlt arbeitest, bist du langsam raus!«. Das mag lange her sein, aber die Botschaft dahinter ist immer noch dieselbe. Sie hat mir auch gezeigt, dass es im Leben keine Garantien gibt: ich habe für einige Zeit in Marokko gelebt, um dort

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Freiberufler

Anne Ditmeyer

zu unterrichten und dann erreichte mich die Nachricht, dass Osama Bin Laden ermordet wurde. Das waren natürlich gute Nachrichten für den Rest der Welt, aber es führte dazu, dass mein Unterricht gestrichen wurde. Man kann also nie wissen, was das Leben bringt. MEIN TIPP FÜR (ANGEHENDE) BLOGGER: Wenn ihr einen Blog führt, solltet ihr euch nie Sorgen darum machen, nicht genug Inhalte zu haben. Wichtiger ist, dass die Inhalte, die ihr habt, für sich stehen und einzigartig sind. Lasst euch nicht von anderen verleiten, Dinge zu tun, die ihr nicht tun wollt, denn letztlich ist es eure eigene Stimme und Meinung, die den Blog lesenswert und für Kunden interessant macht. Die Blogger-Community ist großartig und Blogger teilen wahnsinnig viele interessante Inhalte, aber man muss immer auch Vorsicht walten lassen, bevor man Inhalte veröffentlicht, um seine Rechte an diesen Inhalten nicht zu verlieren.

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F채higkeiten


Vergessene Berufe

e m n o T

e s s e Verg

r e d n a r e t is

au K a i r c to i V : t x te

e f u r e B e n

e t t a l p l l a h c S

phot

s o t n a S er h p o t s i os : C r

Emil Berliner Studios


Fähigkeiten

Ein Treppenhaus in Berlin, Köthener Straße, nahe dem Potsdamer Platz. Schlichter Treppenaufgang, schmale Fenster. Tonmeister Rainer Maillard klatscht ein paar Mal in die Hände. »Das ist echter Hall! Den benutzen wir manchmal auch für Aufnahmen.« So einen Hallraum leisten sich nur noch ganz wenige auf der Welt. Zu diesen gehören Rainer Maillard und Evert Menting, Geschäftsführer der EMIL BERLINER STUDIOS – benannt nach dem Erfinder von Grammophon und Schallplatte –, eines der renommiertesten Tonstudios für akustische Musik. Die beiden gut gelaunten Männer führen stolz durch ihre renovierten Räumlichkeiten. Neben dem hall-freudigen Treppenhaus gibt es in der Köthener Straße ein hochmodernes Studio und den prunkvollen Meistersaal, der groß und hoch genug für ganze Orchester ist. Dieser historische Konzertsaal aus dem Jahre 1913, verfügt über eine maßgeschneiderte technische Infrastruktur und erlaubt Orchesteraufnahmen im großen Umfang. Hier las schon Kurt Tucholsky, spielten Zara Leander oder David Bowie. Und dann wäre da noch die mobile Aufnahmetechnik, die in unzähligen Koffern verpackt

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Vergessene Berufe

Emil Berliner Studios


Fähigkeiten

d a r auf wartet, überall auf der Welt mit hingenommen zu werden. Von Caracas, Peking, Turin bis nach London in die legendären Abbey Road Studios. Musik wird heutzutage überall aufgenommen. Mit dem Handy, dem Laptop, der Kamera. Musikproduktion im weitesten Sinne kennt eigentlich keine Grenzen. Während die einen ein Instrument im Orchester spielen, mixen die anderen Tonspuren am Computer zusammen. Und während manche hunderttausende Klicks für ein Cover auf Youtube ernten, tun es andere mit einem Küchen-Acapella-Konzert mit leeren CV-mag.com / 156


Vergessene Berufe

Emil Berliner Studios

d n U n. nz e a n g n in kö e n t e l m e i m p o h s . Da k c i l rk i en w n , n n e kö g n n i e s s s h a c l i r l e k r v i Jor w e d n a n a m n i « s . e s f g hu r t f u u u a a m l i e e ch g i b s e r P e bechern. Der n e n i s l »Hi s a ü n m e r e d Erfolg eines Stücks hängt l A al r re e d dabei nicht unbedingt von der an Aufnahmequalität ab. Auch schlecht aufgenommene »Konzerte« können hunderttausende Youtube-Fans überzeugen. Doch gerade in einer solchen Ära der absolut demokratischen Musikmacherei eröffnen sich Nischen für wahre Musikliebhaber. Und diese Nische haben DIE EMIL BERLINER STUDIOS für sich entdeckt.

Geführt werden die Studios von zwei ausgebildeten Tonmeistern. Rainer Maillard erlebte noch Ende der 1980er Jahren bei Deutsche Grammophon die Blütezeit der CD, einer Zeit, in der dieses Label noch über 150 CDs jedes Jahr produzierte. Die Aufnahmeabteilung war damals schon ganz vorne bei der digitalen Musikproduktion dabei: 1979 gab es die erste Mehrspul-Digital-Aufnahme, ab 1985 wurde digital gemischt. »Als Tonmann wurde ich absolut digital sozialisiert.« Evert Menting, gebürtiger Holländer, ging es ähnlich. Nach seiner Ausbildung in Den Haag erhielt er sofort eine Festanstellung bei PolyGram und später Universal. Als Ende der 1990er Jahre der Verkauf von CV-mag.com / 157


Fähigkeiten

klassischen Aufnahmen stagnierte, nahm er ein Angebot bei der Deutschen Grammophon in Hannover an und lernte dort Rainer Maillard kennen. Im Mai 2008 führte schließlich ein Management-Buy-Out zur Gründung der »EBS Productions GmbH & Co. KG«. Unter dieser unabhängigen Firma wird der Name »EMIL BERLINER STUDIOS« weitergeführt. Seitdem haben sich die EMIL BERLINER STUDIOS zu einem Produktionsstudio für akustische Musik weiterentwickelt. Kurze Zeit später zogen die Studios dann nach Berlin an den Potsdamer Platz. »Neben dem

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Vergessene Berufe Emil Berliner Studios

Umzug in die Hauptstadt wollten wir in den neuen Räumlichkeiten zusätzlich zur konventionellen Aufnahme etwas anbieten, was heute kaum noch einer kann«, erzählt Evert Menting stolz. »Wir wollen neben professionellen rein analogen Aufnahmen auch eine kaum noch praktizierte Aufnahmetechnik wiederbeleben: den Direktschnitt von Vinyl-Langspielplatten.« Bei einer Direct-to-Disc-Aufnahme wird die Musik in Echtzeit direkt vom Mikrofon auf die Schneidemaschine übertragen, deren Schneid­­­stichel die Schwingungen in die sogenannte Lackfolie »einritzt«. Eine Unterbrechung ist unmöglich, ebenso jegliche Nachbearbeitung bzw. Postproduktion. Die Erfindung des Tonbandes und später die digitale Aufzeichnung ermöglichen zwar den Schnitt und die nachträgliche Bearbeitung, die Berliner Meister Schallplatten verzichten aber ganz bewusst auf diese technische Entwicklung: Je direkter der Weg des akustischen Signals vom Mikrofon zur LP, desto weniger Störeinflüsse und Verfälschung gibt es. Direct-to-Disc-Aufnahmen finden völlig anders statt als digitale. Die Musiker müssen viel besser vorbereitet sein, da nicht beliebig oft eingespielt werden kann. Zudem müssen sich alle Musiker gemeinsam im Studio einfinden, da keine einzelnen Tonspuren im Nachhinein ausgetauscht werden können. Bei digitalen Aufnahmen spielen die Musiker ihre Spur oft so lange einzeln ein, bis sie stimmt – am Ende macht dann der

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Fähigkeiten

»Wenn ich die Werkzeuge für die Musikproduktion einschränke, zwinge ich die Leute, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.«

Tonmeister die Musik, die letztendlich ein künstlich gemachtes Produkt ist. Rainer Maillard: »Heutzutage sind viele Musiker und Sänger auf die digitale Nachbearbeitung angewiesen. Anders bei analoger Aufnahmetechnik, muss man hierbei wirklich singen, wirklich spielen können. Und alle müssen sich aufeinander verlassen können. Da kommt ein ganz anderer Adrenalin-Pegel auf. Und wenn die Aufnahme fertig ist, ist hier erstmal Party!« Hinzu kam, dass die beiden bei ihrem Umzug nach Berlin alte Geräte geerbt hatten: Ein Röhren-Mischpult von 1957, alte Tonbandgeräte, eine Vinyl-Schneideanlage. Und auch die Räumlichkeiten in Berlin mit geräumigen Studios, dem historischem Meistersaal und anderen renommierten Tonstudios wie den Hansa Tonstudios im gleichen Gebäude waren ideal. Doch bevor 2010 die erste Aufnahme in den neu gegründeten EMIL BERLINER STUDIOS gemacht werden konnte, musste grundsaniert werden. CV-mag.com / 160


Vergessene Berufe

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Emil Berliner Studios


Fähigkeiten

Alter Wein in neuen Schläuchen? Die alten Geräte stehen teilweise etwas verloren in den neuen Studios. Doch sobald diese mit Musik erfüllt werden, zieht die Materialisierung der Musik den Zuhörer und –schauer in ihren Bann. Eine Nadel ritzt die Schwingungen direkt auf einen Rohling – so wie es Emil Berliner vor über 120 Jahren erfunden hatte. Dabei entsteht ein Original, was es in der digitalen Welt, in der alles verlustfrei abertausende Male vervielfältigt werden kann, nicht mehr gibt. »Wir leben heute in einer Zeit der Ästhetik des oberflächlich Perfekten«, sagt Rainer Maillard. Alles kann nachjustiert, alles verbessert und verschönert werden. »Wenn ich die Werkzeuge für die Musikproduktion einschränke, zwinge ich die Leute, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.« Ein Gefühl, dass sich auch regelmäßig bei den Musikern einstellt, die hier analog aufnehmen. Denn nur dann entfaltet sich das wahre musikalische Erlebnis, das gemeinsames Musizieren ausmacht. Und das hört man dann auch auf der Aufnahme.

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Vergessene Berufe

Emil Berliner Studios

Die Tonmeister sind sich sicher, dass aus ihrem Schritt zurück in die Vergangenheit ein Schritt in die Zukunft wird. Noch beschränken sich die analogen Produktionen auf ca. 6-8 im Jahr – digitale sind es etwa 30. Hauptsächlich wird hier Klassik produziert, in den letzten Jahren kamen jedoch auch Jazz, Chanson oder Pop-Produktionen hinzu. Doch die Expertise des Berliner Studios spricht sich herum und zieht Musiker aus aller Welt an. Anna Netrebko und Lang Lang waren schon hier und haben ihre Musik für die Ewigkeit materialisiert. »Die LP wird als einziger physikalischer Tonträger übrig bleiben«, so Rainer Maillard. »Die Kassette ist weg und die CD wird auch noch verschwinden. Doch die Stereo-LP ist fast 70 Jahre alt und hat sich nicht ­verändert.«

FACEBOOK

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WEBSITE


Fähigkeiten

DREI FAKTOREN die zur Wiederbelebung der Analogaufnahmen in den EMIL BERLINER STUDIOS beigetragen haben: EMIL BERLINER Emil Berliner als Vorbild, der die Musikindustrie wie kaum ein zweiter prägte und schon vor 113 Jahren in der Markgrafenstraße in Berlin die ersten Aufnahmestudios eingerichtet hat.

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Vergessene Berufe

Emil Berliner Studios

AUTHENTIZITÄT Was man auf der Direct-to-Disc-Aufnahme hören kann ist der Prozess langer Vorbereitungs- und Probenzeit. Es ist nicht der Prozess einer nachträglichen Manipulation und weiteren Veränderungen an Arrangement und Aufnahme. Vermeintliche Fehler und Ungereimtheiten können heute mit moderner digitaler Signalbearbeitung bei herkömmlichen Aufnahmen leicht behoben werden. Warum perfekt spielen, wenn man es hinterher am Computer sowieso richten kann? Diese »Haltung« führt zu einem ganz anderen Aufnahmeprozess als bei Direct-to-Disc-Aufnahmen, bei denen auf diese Möglichkeit bewusst verzichtet wird. Diese Werte wollen die Tonexperten zurück in die Musikproduktion bringen.

ORIGINALITÄT Die Aufnahme erfolgt direkt auf Lackfolie. Diese Lackfolie wird in einem galvanischen Prozess in eine Pressmatrize geformt. Jede gepresste Schallplatte ist somit ein originaler Abzug dieser Aufnahme. Da sich die Lackfolien und die Pressmatrizen bei der Herstellung und Vervielfältigung zerstören bzw. abnutzen, sind die gepressten Langspielplatten letztendlich die höchstwertigen Reproduktionen einer Direct-to-Disc-Aufnahme. Eine Direct-to-Disc-Aufnahme auf einer Platte wird zum echten Sammlerstück und macht die Musik so erst richtig wertvoll.

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Fähigkeiten

ANALOG Für uns ist alles Digitale selbstverständlich, für CVmag lebensnotwendig. Aber manchmal ziehen auch wir den Stecker. Hier die passenden Produkte.

Telegrammservice der Deutschen Post , ab € 15,20 Karte für Geheimbotschaften mit Decoder, von Wit and Whistle , € 3,00

Mechanische Uhr, von Rotor , € 319,00 CV-mag.com / 166

Linea Füllerhalter, von Lamy , € 35,00


Produkte

Analog

Mixtape Print, von Wit and Whistle , € 13,00

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Taschensonnenuhr, von Manufactum , € 46,00

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Fähigkeiten

eiserN text Victoria Kau fotos Kris Elliot

DRAHTESEL Pitango Bikes bauen in London ­spezialangefertigte Fahrräder.

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Fahrräder

NE

Pitango

Fahrradfahren ist eines dieser Dinge, die einem ein gutes Gewissen verleihen. Radfahrer schützen nicht nur die Umwelt, sie verbessern auch ihre Fitness. Politiker, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, sind beliebter und eine Fa h r r a d k l i n g e l macht ein viel netteres Geräusch als die Hupe eines Autos. Seien wir mal ehrlich: Wenn jeder Fahrrad fahren würde, wäre die Welt ein besserer Ort! :)

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Fähigkeiten

London ist nicht gerade für seine Fahrradfreundlichkeit bekannt, aber definitiv für seine Stilsicherheit und das trifft auch bei Fahrräder zu. Ihrer Optik scheint sich nach der aktuellen Mode zu richten: mehr Farben, weniger Schnickschnack. Als ich das Lager von Pitango Bikes in der Hornsey Road in Londons Stadteil Islington betrete, sind Fahrräder das einzig Bunte weit und breit. Abgesehen von einigen leuchtenden Modellen kann ich nur jede Menge Kisten, ein paar Werkzeuge und ein schickes, altmodisches Sofa entdecken. Ilan Harari, einer der Gründer, entschuldigt sich lächelnd: »Wir sind gerade erst eingezogen und hatten kaum Zeit, richtig anzukommen – es kommt ein Auftrag nach dem anderen!« Diese Aufträge kommen nicht von herkömmlichen Fahrradläden. Sie kommen von einzelnen Kunden, die sich die Farbe des Rahmens, die Reifen und sogar die Kette individuell aussuchen. Sie können dabei zwischen verschiedenen Rahmen, Größen und Schaltungen wählen. Und sie entscheiden, ob sie das fertige Modell bei ihrem Fahrradladen um die Ecke abholen oder zu sich nach Hause liefern lassen wollen. Es ist der Traum aller Fahrradfanatiker. Ich bin nicht unbedingt ein Fahrradfanatiker, aber ich liebe meinen Drahtesel. Und ich kenne die Angst, dass einem das Fahrrad gestohlen werden könnte. In Berlin versuche ich immer mein Fahrrad an einem Laternenpfahl oder einem Baum anzuketten. Das jedoch hält Fahrraddiebe selbst am helllichten Tag nicht fern. Ilan und einige seiner Freunde haben genau das letztes Jahr mit einem ausgeklügelten Video bewiesen: Sie haben ihre Fahrräder mit verschiedenen Schlössern CV-mag.com / 170


Fahrräder

Pitango

unterschiedlicher Qualität überall in Tel Aviv verteilt angeschlossen und haben den »Dieb« Ilan die Schlösser knacken lassen – alles unter der Beobachtung von Passanten und sogar Polizisten, denen es scheinbar völlig egal war, dass jemand ein Brecheisen, einen Bolzenschneider oder gar einen Winkelschleifer verwendet, um ein Fahrrad zu stehlen. Eine traurige Geschichte, aber das Video ist auf YouTube ein Hit. »Die Leute lieben Fahrradfahren«, sagt Ilan, »und die meisten möchten ein schönes Fahrrad, haben aber Angst, dass es gestohlen wird. Also wollten wir ein gut aussehendes Stadtfahrrad entwickeln, welches

»Wir wollten ein gut aussehendes CityBike entwickeln, welches nicht soviel kostet, dass es einen umbringt, wenn es gestohlen wird.« Ilan Harari

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Fähigkeiten

»Radfahren ist schon fast eine meditative Tätigkeit und verbessert die Gesundheit.«

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Fahrr채der

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Pitango


Fähigkeiten

nicht so viel kostet, dass es einen umbringt, wenn es gestohlen wird. Gleichzeitig wollen wir unsere Kundschaft über gute Me­thoden aufklären, wie sie ihr Fahrrad am besten anschließen und so einem Diebstahl vorbeugen können, sodass die Wahrscheinlichkeit eines Diebstahls so gering wie möglich gehalten wird.« Als ich mir die Fahrräder genauer anschaue, bin ich mir nicht so sicher, ob ich mich so einfach von einem Pitango-Fahrrad trennen könnte. Wir entschließen uns zu einer kleinen Testfahrt im Hinterhof und es fühlt sich an, als würde ich auf einer Wolke schweben. Die Farben machen CV-mag.com / 174


Fahrräder

»Ich liebe neue Herausforderungen« mich glücklich und die Einfachheit und Leichtigkeit bringen mich ins Grübeln, warum ich zu Hause so ein schweres Fahrrad stehen habe. Mehr oder weniger alles, was Ilan und seine Mitgründer Simon Small, ein Lehrer aus London, und Oriya Levy, ein stellvertretender Küchenchef aus Tel Aviv, im Jahr 2011 zu Beginn ihres Unternehmens über Fahrräder wussten, war, wie man sie fährt und welche Risiken es gab, dass einem das Fahrrad gestohlen wird. Ilan, der in New York geboren wurde und teilweise im Heimatland seines Vaters, Israel, aufwuchs, hat einen Abschluss als Bergführer (»Er war an der Hippie-Universität«, wirft Simon ein) und hat vorher als Zimmermann gearbeitet. Er hatte die Idee für Pitango Bikes im Dezember 2010, als sein Kumpel Simon ihm beim Kauf eines Fixies in London half. »Radfahren ist schon fast eine meditative Tätigkeit und verbessert die Gesundheit. Außerdem wollte ich unbedingt mein eigener Chef sein, weil ich nicht an Dienstverhältnisse glaube. Wenn man in einem Unternehmen tätig ist, wird man immer versuchen, so wenig wie möglich für sein Gehalt zu tun und man ist nicht für seine eigenen Handlung verantwortlich.« Ilan übernahm sofort Verantwortung und flog nur wenige Wochen, nachdem er die Idee hatte, nach Asien, um sich verschiedene Fabriken anzusehen. Oriya, ein Freund von ihm, hörte von Ilans Idee, entschloss sich mitzumachen und unterstützte ihn von Israel aus mit Recherchearbeit

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Pitango


Fähigkeiten

»Wir würden es sehr gern sehen, wenn Pitango eine internationale Marke wird, die für Fahrradfahren im urbanen Umfeld steht.« CV-mag.com / 176


Fahrräder

und dem bürokratischen Aufwand. Simon entschied sich dafür, seine Arbeit als Lehrer aufzugeben und schaffte die Grundlage der Marke in London: »Ich liebe neue Herausforderungen. Wenn du an deinen Aufgaben wachsen möchtest, solltest du entweder eine kluge Person finden, der du dich anschließen CV-mag.com / 177

Pitango


Fähigkeiten

kannst oder ein Projekt, dass deinen Horizont erst einmal übersteigt.« Ilan, der zu diesem Zeitpunkt in Israel lebte, merkte sehr schnell, welches Ausmaß seine Idee annehmen würde: »Wir hatten zu Beginn einige typische Probleme«, verrät er. »Die erste Lieferung an Fahrrädern, die wir bestellten, war nicht die beste – die chinesischen und taiwanesischen Fabrikbesitzer haben mich zunächst überhaupt nicht ernst genommen. Im November 2011, als wir unser Fahrrad endlich perfektioniert hatten, war die Saison in Großbritannien schon wieder so gut wie vorbei.« Im September 2012 erhielt Pitango Bikes große Anerkennung und zahlreiche Geschäftsanfragen auf einer Fahrradmesse in Birmingham. Sie entschlossen sich daraufhin, ihren Fokus zu erweitern und ihre Fahrräder nicht nur Online zu verkaufen, sondern Privatpersonen die Möglichkeit zu geben, in ausgewählten Läden in Tel Aviv und London zu bestellen. »Unsere Idee besteht darin, Fahrräder günstiger in Fachgeschäften zu verkaufen als im Internet, um die örtlichen Fahrradläden zu unterstützen und CV-mag.com / 178


Fahrräder

»Wenn Du an Deinen Aufgaben wachsen möchtest, finde ein Projekt, dass deinen Horizont erst einmalübersteigt.«

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Pitango


Fähigkeiten

Kundentreue zu fördern.« Diese Entscheidung ebnete schließlich den Weg und einen Monat später zog Ilan von Tel Aviv nach London. Jetzt, zweieinhalb Jahre später, ist die Marke Pitango Bikes ein richtiger Erfolg. Seit sie ihren Geschäftsbetrieb im Herbst 2011 nach London verlegt haben, stiegen ihre Verkäufe um etwa 300 Prozent. Pro Woche werden ungefähr 30-40 Fahrräder in die ganze Welt verkauft und eine Expansion nach Europa, in die USA und sogar China ist geplant. »Wir würden es sehr gern sehen, wenn Pitango eine internationale Marke wird, mit der man Fahrradfahren als Lebensstil von Stadtmenschen verbindet und wir hoffen, dass dder aktuelle Trend zur Förderung von Fahrrädern in Städten uns dorthin bringen wird.« Als ich klein war, war eines meiner Lieblingslieder »Mein Fahrrad« von den Prinzen mit dem Text: »Nur Genießer fahren Fahrrad und sind immer schneller da.« Es ist so simpel und doch fast philosophisch. Ilan, Simon und Oriya hatten eine kreative Idee, die Mobilität, Stil und Moral miteinander verbindet. Fast, als hätte jeder ihrer Berufe – Bergführer/ Zimmermann, Lehrer und Koch – das perfekte Objekt gefunden, in dem er sich materialisieren konnte. Ihre Fahrräder halten die Welt in Schwung. Jedes einzelne mit einem individuellen Design, aber alle auf gleicher Mission: die Welt auf zwei Rädern zu erobern.

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Fahrr채der

Pitango

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Interessen

interview mit Dominik Sona text: Alex Sutter

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Winzer

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Dominik Sona


Interessen

Dominik Sona ist Pfälzer von Geburt und aus Überzeugung. Er bewirtschaftet seinen eigenen Weinberg und ist Geschäftsführer eines der traditionsreichsten deutscher Weingüter für Riesling, Spätburgunder und Weißburgunder. Nach einer Winzerlehre und einem Studium an der renommierten Hochschule für Weinbau in Geisenheim im Rheingau absolvierte er praktische Stationen auf Gütern an der Saar, in Frankreich und in Kalifornien. Dann arbeitete er für den Weinvisionär Ernst Loosen auf dessen Weingut J.L. Wolf, bevor er 2010 im Alter von 29 Jahren das Angebot erhielt, das Weingut Koehler-Ruprecht in Kallstadt (Pfalz) in die Zukunft zu führen. Wir sprechen mit ihm über seinen Job als Winzer und als Gutsverwalter, die Erwartungen an den jugendlichen Nachfolger einer Riesling-Weinikone, seine Vermarktungsreisen in globale Metropolen und das Leben auf dem Lande. CV-mag.com / 186


Winzer

Dominik, wenn man sich Deinen Lebenslauf so anschaut, sieht das alles sehr zielgerichtet aus. Es ging von Anfang an um Wein. Warum ist das so? Schon mein Großvater hatte ein paar Weinstöcke hier in der Gegend. Obwohl mein Vater Maurermeister ist und als Hoch- und Tiefbautechniker arbeitet, blieben die Weinberge in der Familie. Fast jeder hier in der Gegend hat ein paar Rebstöcke, meistens für die Selbstversorgung oder den Nebenerwerb. Für mich war schon sehr früh klar, dass ich keinen reinen Bürojob ausüben möchte, sondern mehr draußen sein will und Abwechslung brauche. Deshalb habe ich schon in der Oberstufe beschlossen, mich beruflich dem Wein zu widmen. Das klingt schlüssig und einfach. Aber wie wird man Geschäftsführer eines so renommierten Weinguts wie Koehler-Ruprecht? Eine fundierte Ausbildung, wie Du sie genossen hast, reicht dazu noch nicht aus, oder? Die professionelle Weinszene ist– obwohl sehr international –sehr klein und eng vernetzt. Man muss also Kontakte pflegen und zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Bei mir war es der Manager des Weinguts in Kalifornien, der mich während meiner Ausbildung angesprochen hat: »Du, ich kenne jemanden, der sein Weingut verkaufen möchte. Das ist bei Dir um die Ecke. Das solltest Du Dir mal anschauen«. Das habe ich gemacht und mit den neuen Eigentümern, einer Familie aus Kansas in den USA, gesprochen. Das Gespräch lief gut

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Dominik Sona


Interessen

und ich dachte mir: »So ein gutes Angebot bekommst Du wahrscheinlich nur einmal.« Also habe ich das Weinjahr noch zu Ende gebracht und bin nach der Traubenlese zu Koehler-Ruprecht gewechselt. Nach dem 2. Weltkrieg bis in die späten 1970er Jahre hatten die deutschen Winzer mehr auf Masse, denn auf Klasse gesetzt. So wurden die Rieslinge von Rhein und Mosel, die im 19. Jahrhundert noch als beste und teuerste Weine der Welt galten, zu billiger, international verschmähter Massenware.

Exkurs

Bernd Philippi war dann einer der Pioniere, die mit kompromissloser Qualitätsphilosophie ab den 1980er Jahren wieder an die goldenen Zeiten des deutschen Weins anknüpfen konnten. Er verkaufte seine Weine weltweit und betrieb und beriet außerdem Weingüter in Portugal und Südafrika. Er hat nach einem langen Winzerleben in der Szene einen Ruf wie Donnerhall. Dort sollst Du als Nachfolger des Voreigentümers Bernd Philippi das Weingut in die Zukunft führen. Dein Vorgänger gilt als einer der Wegbereiter des trockenen Rieslings von hoher Qualität in Deutschland. Wie ist es, als junger Kerl in die Fußstapfen eines solchen Mannes zu treten? Zunächst ist es keine Frage des Alters, ob man guten Wein produzieren kann. Unser Kellermeister ist erst 25, ich bin Anfang/Mitte 30. Wir sind aber auch beide schon rund 10 Jahre im Geschäft und haben durchaus Erfahrung. Herr Philippi ist bis Ende dieses Jahres auch noch an der Weinbereitung beteiligt und wir arbeiten gut zusammen, um die Charakteristika des Weinguts Koehler-Ruprecht zu bewahren und weiterzuentwickeln. CV-mag.com / 188


Winzer

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Dominik Sona


Interessen

Wie würdest Du den Stil von Koehler-Ruprecht beschreiben und wie bewahrt man so etwas? Das Klima spielt doch eine große Rolle und das wandelt sich ja gerade, wie man immer wieder aus der Wissenschaft und auch von Winzern hört? Tatsächlich haben wir in den letzten Jahren viel mehr Sonne als z.B. in den 1980er Jahren, was dazu führt, dass wir sehr viel reifere Trauben lesen können. Das tut der Qualität der Weine aber durchaus gut. Typisch für Koehler-Ruprecht ist, dass wir die Moste spontan vergären (also keine gezüchteten Hefen zur Gärung zusetzen), die Weine in großen Holzfässern ausbauen und später abfüllen als andere. Wir arbeiten ein bisschen so, wie man das vor 100 Jahren zu Zeiten von Bernd Philippis Großvater gemacht hat. Das Ergebnis sind charakterstarke Weine, die lange lagerfähig sind und sich mit der Zeit sehr schön entwickeln. Einige unserer Spitzengewächse kommen erst 5 Jahre nach Lese in den Verkauf und sind 20 Jahre haltbar. Das ist eine eher ungewöhnliche Vorgehensweise. Heute werden die meisten Weine sehr schnell abgefüllt, direkt verkauft und jung getrunken. Auch unsere Etiketten sind ein bisschen »oldschool«. Das werden wir aber ebenso beibehalten. Weinenthusiasten und alle die es werden wollen können die Weine vor Ort, im Weingut Koehler-Ruprecht, verkosten. Eine Voranmeldung über info@koehler-ruprecht.com ist allerdings sinnvoll. Und wenn der Weg zu weit ist, findet man unsere Weine auch im gutsortierten Fachhandel.

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WeinVerkostung


Winzer

In Deiner Rolle bist Du ja für die Weinbereitung ebenso verantwortlich wie für das Weingut, dessen Verwaltung und den kommerziellen Erfolg. Was wäre für die amerikanischen Eigentümer schlimmer: Mäßiger Wein oder schlechte Verkaufszahlen? Ganz klar: Schlechter Wein. Die Eigentümer haben mir sehr nachdrücklich mit auf den Weg gegeben, dass die Qualität des Weins entscheidend ist und dass der Weinstil »Koehler-Ruprecht« bewahrt und weiterentwickelt werden soll. Abstriche an der Qualität würden uns unsere Kunden sicher auch übel nehmen. Du bist jetzt gerade erst 34 und schon seit 3 Jahren Geschäftsführer hier. Ist das jetzt schon das Ziel aller Ambitionen - der Traumjob, den Du die nächsten 30 Jahre machen wirst? Sagen wir es mal so: Wenn Herr Philippi nächstes Jahr aufhört, ist Kontinuität im Weingut schon mal eine Aufgabe. Darüber hinaus kreieren wir weitere Weinlinien im Stil von Koehler-Ruprecht, kümmern uns um neue Märkte und durch die Herausforderungen, die die Natur jedes Jahr bereithält, wird der Job mit Sicherheit ein Leben lang nicht langweilig. Außerdem wollen wir hier etwas Langfristiges auf die Beine stellen. Da würde es auch nicht passen, wenn Chef, Kellermeister und Team ständig wechseln würde. Ich fühle mich hier sehr wohl und glaube auch, dass ich meinen Job hier sehr lange glücklich machen kann.

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Dominik Sona


Interessen

Zum persönlichen Glück gehört ja für viele nicht nur der Erfolg im Job, sondern auch die sogenannte Work-Life-Balance und ein erfülltest Privatleben. Lassen sich Familie, Freunde und Freizeit mit Deinem Job verbinden und wie lebt es sich hier in Kallstadt, einer Gemeinde mit rund 1.200 Einwohnern?

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Winzer

Ich beschäftige mich sehr gerne mit unseren Weinen und habe in den letzten Jahren zusammengenommen 12 Tage Urlaub gemacht, was sicher zu wenig ist. Andererseits war ich dieses Jahr insgesamt schon 4 Monate weltweit unterwegs, um unsere Kontakte zu Kunden und Händlern zu pflegen. Ich komme also sehr viel herum. Letztes Jahr hatte ich ausgerechnet in Neuseeland einen Bandscheibenvorfall. Seit einigen Wochen trainiere ich nun wieder ein bisschen, fahre Fahrrad und schwimme. Außerdem habe ich mir vorgenommen, mit dem Bogenschiessen anzufangen, das fördert die Konzentration! Aber es gibt eben Phasen, in denen man mal richtig Gas gibt. Dann steht der Job einfach im Vordergrund. Für eine Partnerschaft habe ich deshalb momentan keine Zeit. Ich habe aber gute Freunde, mit denen ich zum Beispiel über andere Weinwirtschaftsweisen diskutiere. Das ist zugegebenermaßen ein sehr berufsnahes ­Hobby. Das Leben hier in Kallstadt ist schon sehr ruhig und die nächste Millionenstadt ist sehr, sehr weit entfernt. Andererseits muss man sich bei der Geräuschkulisse in einer Stadt wie New York erstmal in einen Park begeben, damit man überhaupt nur telefonieren kann. Da würde mir auf Dauer die Ruhe fehlen. Nicht nur akustisch, sondern auch optisch.

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Dominik Sona


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Baiba Skride Violinistin

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Violinistin

Baiba Skride

CVmag trifft die Violinistin beim Musikfestival photos Thea Neubauer in ­Schleswig-Holstein.

text

Victoria Kau

Ehrfurcht und auch ein kleines bisschen Neid. So könnte man mein Gefühl beschreiben, wenn ich hochtalentierten Musi­kern gegenüber stehe. Ich selbst bin musikalisch aufgewachsen, meine Eltern legten viel Wert auf frühen Unterricht. Ich spielte während der Schul- und Studienzeit in mehreren

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Orchestern, doch für mehr als die zweite Geige und ein paar beglückende Minuten bei Familienfesten reichte es nie. Manchmal frage ich mich, warum ich nicht mehr geübt habe. Doch wenn man von der musikalischen Lebensgeschichte von Baiba Skride hört, wird klar: Weil ich zu viele Alternativen hatte.


Interessen

»Wir Musiker sind doch alle heimatlos. Ich reise noch immer unheimlich viel, zur Zeit sind es etwa 60-70 Konzerte im Jahr. Meine ganze Kraft ziehe ich aus der Musik.«

Ich treffe Baiba Skride anlässlich des Musikfestivals Schleswig-Holstein in dem kleinen Örtchen Elmshorn, das 35 Kilometer nord-westlich von Hamburg liegt. Das Konzert am Abend, welches die Solistin gemeinsam mit dem Baltic Youth Philharmonic-Orchester spielt, findet in der alten Reithalle statt. An den großen Raum mit der Bühne grenzen Ställe und Weiden an, es riecht nach Pferd, ab und zu wiehert auch eines. Ich begrüße die Musikerin in ihrer Garderobe, die den Blick auf die neue Fritz-Thiedemann-Halle freigibt. Die Solistin wirkt entspannt. Sie lacht viel und nimmt sich noch bis kurz vor Konzertbeginn aus­reichend Zeit für unser Gespräch. Als ich ihr erzähle, dass es in unserem Magazin weniger um Berufe, sondern vielmehr um Lebensgeschichten und die Darstellung außergewöhnlicher Persönlichkeiten geht, freut sie sich: »Ich bin froh, wenn ich nicht immer über Musik reden muss.« Dabei gibt es in ihrem Leben wohl kaum Momente ohne Musik. Die 1981 in Riga geborene Lettin greift im Alter von drei Jahren zum ersten Mal zur Geige, CV-mag.com / 196


Violinistin

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Baiba Skride


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Violinistin

Baiba Skride

dem Instrument ihrer älteren Schwester. Diese kor­ rigiert ihre Finger und Haltung, doch Baiba lässt ihrem Instinkt freien Lauf – und macht sich beinahe die Finger kaputt. Es dauert Jahre an Übung, bis sie die richtige Technik wieder erlernt; ein notwendiges Übel für ein wirklich freies Spiel. Schon als kleines Kind gibt sie mit ihren beiden Schwestern die ersten Konzerte. »Es gab eigentlich nie eine Alternative für mich. Deshalb bin ich ja auch so dankbar, dass ich Talent habe! Was hätte ich wohl getan, wenn ich mit meiner Geige kein Geld verdient hätte? Zum Glück musste ich mir darüber nie Gedanken machen!« Aufgewachsen in einer musikalischen Familie – die Mutter Pianistin, der Vater Chordirigent – ist Baiba Skride quasi rund um die Uhr von Musik umgeben. Früh ist sie dank ihres

Talents finanziell unabhängig, mit 14 Jahren geht sie an die Hochschule für Musik und Theater Rostock, sechs Jahre später gewinnt sie den 1. Preis des renommierten Königin-Elisabeth-Wettbewerbs in Brüssel – ein Wendepunkt in ihrer Karriere, der ihr Bild auf die Cover von Ma­gazinen in ihrer Heimat bringt. Ein ­turbulentes Leben beginnt, Baiba Skride reist für Konzerte in zahlreiche Länder, ist immer unterwegs. Ihr einziger Hafen ist ein Bett in der Wohnung ihrer Schwester, die damals in Hamburg wohnt. So wird einzig die Musik zu ihrem Anker: »Wir Musiker sind doch alle heimatlos. Ich reise noch immer unheimlich viel, zur Zeit sind es etwa 60-70 Konzerte im Jahr. Meine ganze Kraft ziehe ich aus der Musik.«

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Kraft – aber auch Vertrauen. Denn das zeichnet den Beruf als Solistin aus. Bei den vielen unterschied­lichen Orchestern, mit denen sie spielt, muss sie oft innerhalb von wenigen Sekunden größtes Vertrauen aufbauen. Für lange Proben bleibt meist keine Zeit. »Es ist ein wortloses Verständnis, das sich zwischen den Musikern, dem Dirigenten und mir aufbaut. Eigentlich ist das eine sehr intime Arbeit, denn wenn ich spiele, lege ich meine Seele frei. Im Vergleich zu anderen Berufen muss ich also so schnell wie möglich eine möglichst tiefe Verbindung zu meinen Kollegen aufbauen.« Eine Verbindung, die über alle Landesgrenzen und Sprachbarrieren hinweg funktioniert. CV-mag.com / 200


Violinistin

Baiba Skride

Obwohl heute keines ihrer Familienmitglieder mehr in Lettland lebt, reist Baiba Skride noch immer gern in ihre Heimat. Ihr kleines Geburtsland lebt von seiner Musik- und Kulturtradition. In diesem Sommer besuchte sie wieder einmal das Lettische Liederfest, das alle 5 Jahre stattfindet und in Liedern die Geschichten und Mythen des Landes vermittelt. Und fängt der 17.000-köpfige Chor zu singen an, ist ganz Riga von Musik ergriffen. Wenn Musik das Leben eines Individuums so sehr bestimmt – wie kann es dann die Banalitäten des Lebens ertragen? Bei dieser Frage muss Baiba Skride schmunzeln. »Kann ich manchmal tatsächlich nicht. Meine Steuererklärung mache ich nicht selbst, telefonieren CV-mag.com / 201


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mag ich nicht und das Kochen übernimmt zum Glück auch mein Mann. Dennoch bin ich geerdet, allein schon durch meine Söhne. Früher hat mir der Glamour meines Berufes gut gefallen, da habe ich dann auch den Echo Klassik im Abendkleid besucht. Aber das ist mir heute nicht mehr allzu wichtig.« Wichtig ist ihr neben ihrer Familie vor allem das Reisen. Oft nimmt sie Mann und Kinder mit und versucht, noch ein paar Reisetage an das Konzert anzuhängen. »Es gibt aber auch Orte, die ich mit meinen Konzerten nicht besuchen kann, zum Beispiel Peru oder Kambodscha. Ich hoffe, dass ich diese Länder eines Tages privat bereisen kann. Reisen sind für mich die größte Inspiration.« Ob sie eigentlich noch ein anderes Hobby neben der Musik hat? »Wenn wir am Meer sind, tauche ich gern.« Ihr Mann klopft an die Tür. Es wird Zeit, sich umzuziehen. Ihn lernte sie einst bei einem Musikfestival kennen. Er spielt selbst zwar Klavier und hört gerne klassische Musik, ist jedoch kein Berufsmusiker. Für das Familienmanagement ist das wohl auch besser. Oft

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Violinistin

Baiba Skride

kümmert er sich um die Kleinen, während sie Konzerte gibt. Noch sind ihre Söhne, gerade einmal 5 und ein knappes Jahr alt, zu jung, um zuzuhören. Doch beide haben jetzt schon einen Sinn für Musik. »Der Kleine singt immer ›I follow Rivers‹ von Lykke Li«, erzählt sie lachend, »oder summt zumindest die Melodie.« Kurz vor dem Konzert nimmt sich Baiba Skride noch Zeit für ein kurzes Fotoshooting, in der Hand die kost­bare Stradivari aus dem Jahr 1725. Wenige Minuten später kommt diese zum Einsatz. Das Doppelkonzert

»Früher hat mir der Glamour meines Berufes gut gefallen, da habe ich dann auch den Echo Klassik im Abendkleid besucht. Aber das ist mir heute nicht mehr allzu wichtig.«

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Violinistin

Baiba Skride

a-Moll op. 102 von Johannes Brahms ist ein wahrer Genuss! Nach jedem Einsatz strahlt sie den Cellisten an, mit dem sie einen musikalischen Tanz nach dem anderen hinlegt. Es ist eine Freude, ihr zuzuhören – und zuzusehen. Bewunderung und ein kleines bisschen Seelenverwandtschaft. So könnte man mein Gefühl beschreiben, als ich mich von Baiba Skride verabschiede. Ihre Liebe zur Musik, zum Reisen, zu ihrer Familie – sie scheint eine perfekte Balance im Leben gefunden zu haben, zu welcher der Schlüssel sicherlich ihre Gelassenheit ist. Denn Talent kann auch eine Belastung sein. Baiba Skride war der Berufsweg vorgegeben – und das ist positiv gemeint. Denn gerade heute, da viele vor lauter Freiheit angesichts ihrer Berufswahl verwirrt sind und oft das Gefühl haben, in die falsche Richtung zu lenken, kann eine frühe Berufung Gold wert sein. Und wenn ein Talent so selbstverständlich ist, dass man gar nicht darüber nachdenken muss, ist es ein wahres Geschenk.

Die kostbare Stradivari aus dem Jahr 1725 (...) KOMMENDE kommt zum Einsatz. Das Doppelkonzert a-Moll op. 102 von Johannes Brahms ist ein wahrer Genuss! Nach KONZERTE jedem Einsatz strahlt sie den Cellisten an, mit dem sie einen musikalischen Tanz nach dem anderen hinlegt. Es ist eine Freude, ihr zuzuhören – und zuzusehen. TEILE DIESEN ARTIKEL:

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Interessen

NACHGESCHLAGEN

text: Victoria Kau

Eisern

»Google doch mal« – meine Standard-Ant­ wort, wenn mich jemand etwas fragt, was ich nicht weiß. Da der Titel unserer Aus­ gabe sich mehr oder weniger subtil durch die Artikel und Interviews schlängelt, ma­ che ich es mir zur Aufgabe herauszufin­ den, was das Netz über das Thema weiß - und uns wissen lassen will.

Bei den »verwandten Suchanfragen zu eisern« finde ich die eiserne Hochzeit, die nicht nur für 60, sondern für 6, 41, 60, 65, 70 oder 75 Ehejahre stehen kann.

Auf Seite 5 der Google-Suche finde ich einen Eintrag zu ­Margaret Thatcher, die ja auch die Eiserne Lady genannt ­wurde. Ein Artikel verweist auf die Heavy Metal-Band Iron ­Maiden, die es seit über 38 Jahren gibt und laut der TAZ »Eisern aus der Zeit gefallen« ist.

Ganze 36 Seiten hat die ­Google-Suche, die mit den Lyrics für den Eisern Union-Song aufhört – gesungen übrigens von Nina Hagen.

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Nachgeschlagen

Wie man eisern sparen kann, empfiehlt ein Artikel der FAZ auf Seite 6. Weitere beliebte Wortpaare sind eisern bleiben (die CDU), eisern schweigen (die Staatsanwaltschaft) und eisern kämpfen.

Eisern

Eisenhaltige Lebensmittel sind u.a. Leber, Linsen, Pfifferlinge, Spinat, Erbsen und Rote Beete. Auch gibt es einen Iron Blogger, der »eisern durchbloggen« will. Falls er nicht einmal die Woche bloggt, muss er Strafe zahlen.

Schmelzpunkt: 1.538°C

Siedepunkt: 3.000°C

Massenanteil an der Erdhülle: 4,7 % Spezifische Wärmekapazität: 449 J/(kg · K) CV-mag.com / 207

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Symbol: Fe China stellt am meis Dichte: 7874 kg/m3 ten Eisen her, gefolgt Serie: Übergangsmetalle von Japan und Russland. Ordnungszahl: 26


DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT IM FRÜHJAHR 2014 JETZT KOSTENLOS ABONNIEREN

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IMPRESSUM CVMAG – GELEBTES GESCHRIEBEN www.cv-mag.com eMail mail@cv-mag.com Twitter @cvmag_ Facebook fb.com/ digital.cvmag Redaktionelle Leitung

Victoria Kau

Redakteure (Text) Redakteure (Text & Photo) Redakteure (Photo)

Sophie Gobrecht, Ingo Hartmann, Fiona Kau, Alex Sutter, Sandra Wolff Mohammad AlBdewi, Emelie Ekborg, Theresa Neubauer Thomas Dietze, Kris Elliot, Ashley Ludaescher, Zoe Noble, Cris Santos

Design Logo-Design

Tina Bergs, Theresa Neubauer Judith de Graaff

Übersetzung Korrektur

Sabrina Bäcker, Kathrin Greyer, Donata Proske, Tanja Timmer Amie McCracken,

CVmag erscheint aller drei Monate in der Carry-On Publishing GmbH, Gustav-Meyer-Allee 25, 13355 Berlin, Deutschland. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird

keine Haftung übernommen. Geschäftsführung

Antonia Neubauer, Theresa Neubauer, Alex Sutter

Sales Redaktion & Design

Marketing

Alex Sutter (Sales Dir.) Theresa Neubauer (Art Dir.), Tina Bergs Antonia Neubauer (Marketing Dir.), Donata Proske

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W EB SI TE TW IT TE R FAC EB O O K


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