Die Zeit - 2012

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LEBENSART INTERNETNUTZUNG

Ich messe, also bin ich Die nächste Internetwelle schwappt nach Deutschland über: Sensoren am Körper erfassen das Selbst. VON Catharina

Koller | 09. Februar 2012 - 07:00 Uhr © Patrik Stollarz/AFP/Getty Images

Fiebermessen mit dem iPhone? Kein Problem. Danach kann man die Daten online speichern.

An seinem Gürtel hängt eine daumengroße Klemme, ein "fitbit". Das Gerät zählt jeden der Schritte, die Florian Schumacher durch München geht, zur Arbeit, zum Einkaufen, nach Hause, und übermittelt die Zahl auf die fitbit-Homepage. Mit seinem Mittelwert, 8123 Schritte pro Tag, liegt er in der fitbit-Freundesliste gerade auf dem zweiten Platz. Erreicht er 10.000 Schritte am Tag, belohnt ihn das System mit einem Orden, nur auf dem Bildschirm natürlich. Er versuche, so viel wie möglich zu Fuß zu gehen, sagt Schumacher, dann fühle er sich wohler. Auch seine Waage ist ans Internet angeschlossen. Am Rechner kann er verfolgen, wie seine Diät anschlägt, die er ebenfalls dokumentiert. Schumacher, 31, Produktmanager, gehört zu einem Netzwerk, das vor einigen Jahren in den Vereinigten Staaten entstanden ist. Die Mitglieder wollen mit Elektronik und Statistik der eigenen Person näherkommen: Quantifiedself heißt ihre Homepage, ihr Motto Self knowledge through numbers , Selbsterkenntnis durch Zahlen. Der Urahn des datenbasierten Lebens ist ein gewisser Gordon Bell, Jahrgang 1934. Als Forscher bei Microsoft Research begann er bereits in den neunziger Jahren, sein gesamtes Leben aufzuzeichnen, hängte sich ein Mikrofon um den Hals und eine Kamera, die Foto für Foto seinen Alltag dokumentierte. Darüber hat er ein Buch geschrieben (das es übrigens sogar gedruckt gibt): Your Life, Uploaded: The Digital Way to Better Memory, Health, and Productivity. 1


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