Sparten | 23.04.2015
http://www.versicherungsbote.de/id/4817636/Krankenkasse-AOK-Gesundheits-App-Tracker-Datenschutz/
Produktinnovation
AOK nutzt App zum Sammeln von Fitness-Daten können praktisch jede Sportart ausüben und Ihre Erfolge dokumentieren - und das momentane Wohlbefinden ein, sondern ebenfalls die Lebensführung wie Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum, Stresssituationen oder Schlafphasen.“ Damit soll der Anreiz gesteigert werden, „regelmäßig sportlich aktiv zu sein und die eigene gesunde Lebensweise zu optimieren“. AOK will eigene App herausbringen und prüft Vergünstigungen Vielleicht liegt es an der Brisanz der erhobenen Informationen, dass der Eine Frau joggt in der Dämmerung (Symbolbild). Die AOK könnte bald gesundheitsbewusstes Verhalten mit PrämiZuspruch zu wünschen übrig lässt. en belohnen. Foto: skeeze@Pixabay.com Ganze 760 AOK-Versicherte nutzen Die AOK Nordost kooperiert bereits riert die AOK bereits seit 2012 mit dem die App derzeit, berichtet die Mittelseit drei Jahren mit dem App-Ent- Schweizer App-Entwickler Dacadoo. deutsche Zeitung. Auch wird die freiwickler Dacadoo, um Gesundheits- Seit dieser Zeit gibt es auch die Ge- willige Weitergabe der Gesundheitsdaten ihrer Mitglieder zu sammeln. sundheits- und Fitnessplattform „AOK daten bisher nicht mit Ersparnissen Winken jetzt auch in der gesetzli- mobil vital“, mit der die Krankenkasse belohnt. Der Vorstand der AOK Norchen Krankenversicherung Rabat- ihre Mitglieder bei einer gesunden Le- dost, Frank Michalak, erklärt: anders te, wenn Patienten einen gesunden bensweise unterstützen will. Mit Hilfe als in der PKV seien in der gesetzliLebenswandel nachweisen? Aktu- einer Tracker-App werden individuelle chen Krankenversicherung nur kleine ell ist das Interesse der AOK-Ver- Gesundheitsdaten gemessen, aufge- Vergünstigungen durch Prämienprosicherten gering. Doch die Kran- zeichnet und an eine Gesundheits- gramme erlaubt. kenkasse prüft bereits, ob sie die plattform übertragen. Dort werden die Weitergabe von Gesundheitsdaten Messzahlen zu einem Gesundheits- Aber das muss nicht so bleiben. Noch mit Prämien belohnen kann. wert zwischen 1 (schlecht) und 1.000 in diesem Jahr will die AOK eine eige(hervorragend) zusammengefasst. ne App herausbringen und prüfen, ob Sage mir, wie gesund du lebst – und die Erfassung von Gesundheitsdaten ich sage dir, wie viel du sparen kannst! AOK misst hochsensible Daten an ein Prämienprogramm gekoppelt Für Privatpatienten könnte dieses werden kann. Das hätten auch andeMotto bald Realität werden. Versi- Die Daten, die mit Hilfe der Da- re Krankenkassen gemacht, erklärt cherungen wie die Generali und Axa cadoo-App erfasst und weitergeleitet Michalak der MZ. Allerdings gehe die erproben bereits Modelle, bei denen werden, lassen aufhorchen. Nicht nur App der AOK schon weiter als die anihre Mitglieder mittels Smartphone wird mit Hilfe von GPS gemessen, derer Kassen. „Dort können sie maund Apps ein gesundheitsbewusstes wann und wo der Versicherte joggt, nuell bestimmte Aktivitäten eingeben. Leben nachweisen können. Als Be- Rad fährt oder sich anderweitig sport- Bei uns aber wird real life gemessen.“ lohnung gibt es Rabatte bei der Ver- lich betätigt. Auch andere hochsen- Im Umkehrschluss heißt das auch: sicherungsprämie oder Prämien wie sible Angaben soll der freiwillige Nut- Bei Nutzung der App kann der Versikostenlose Gesundheitskurse. zer von sich Preis geben. cherte nicht beeinflussen, welche Daten er weitergeben will. Doch wie sieht es mit derartigen Mo- Auf der AOK-Webseite heißt es hierdellen in der gesetzlichen Kranken- zu: „Die Berechnung erfolgt anhand “In Wahrheit werden wir manipuversicherung aus? Laut einem Bericht verschiedener Daten. So fließen nicht lierbar und unfrei“ der Mitteldeutschen Zeitung koope- nur der aktuelle Trainingsstand - Sie 1
Sparten | 23.04.2015
Während die Versicherungen fast ausschließlich die Vorteile solcher Apps betonen -etwa die Unterstützung bei einer gesunden Lebensweise- gibt es auch mahnende Stimmen. Die Schriftstellerin Juli Zeh warnt vor einer Diktatur der Selbstoptimierung, in der jede Abweichung von einer gesunden Lebensführung sanktioniert wird. Dies könnte spätestens dann eintreten, wenn derartige Angebote nicht mehr freiwillig sind – sondern für alle Krankenversicherten verpflichtend. „Wir folgen dem Irrglauben, unser Schicksal, sprich unsere Zukunft beherrschen zu können, indem wir ständig alles „richtig“ machen und uns unentwegt selbst optimieren – auf der Arbeit, bei Gesundheit und Ernährung, selbst bei Liebe und Sex“, sagt die studierte Juristin im Interview mit der Süddeutschen. „Alles ist
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Leistungssport. Wir glauben, dadurch Kontrolle über unser Leben zu gewinnen. In Wahrheit werden wir manipulierbar und unfrei“. Auch die Versicherung als Solidargemeinschaft stehe auf dem Spiel, wenn die Tarife immer individualisierter werden.
durchhängt, muss mit Konsequenzen rechnen. Totalüberwachung im Sinne der Leistungsbereitschaft? Derartige Methoden kämen bereits in Anwaltsund Wirtschaftskanzleien zum Einsatz, auch in Telekommunikationsunternehmen.
Überwachung der Gesundheit durch Arbeitgeber
Für Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist die Überwachung der Fitnessdaten durch Arbeitgeber kein Problem, solange sie ohne Zwang stattfindet. „Die Nutzung solcher Anwendungen und Produkte soll und darf nur im beiderseitigen Einvernehmen und mit Einverständnis des Beschäftigten erfolgen“, sagte ein Nahles-Sprecher. Kann von Freiwilligkeit gesprochen werden, wenn von der Bereitschaft, sich überwachen zu lassen, der Arbeitsplatz abhängt?
Dass Juli Zehs Ängste mehr sind als nur düstere Utopie, zeigen aktuelle Entwicklungen in den USA und in Großbritannien. Laut Recherchen des ARD-Magazins Panorama statten Arbeitgeber dort ihre Angestellten mit Fitnessarmbändern und Smartwatches aus, um fortwährend ein gesundes Verhalten zu überwachen. Sogar der Schlaf werde kontrolliert: Wer dann nachts durch die Kneipen zieht und am nächsten Tag auf Arbeit
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