DAIMLER TECHNICITY 02-2012 Deutsch

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ausgabe 02 2012

MASSSTAB MENSCH Die Bedürfnisse und Ansprüche des Menschen stehen im Zentrum der Daimler-Mobilitätsforschung.

Sharing soci ety Von Gebrauchsgegenständen bis zu Mobilitätslösungen – die Zukunft liegt im Teilen.

Innovation Technologie Mobilität

Powered by Mercedes-Benz


TecHnicity <engl.> die, das; -ys (1, 2), -ies (3, 4); (Abk. T) 1. Eigenname als Zusammensetzung der Begriffe q Tech•no•log’ie (1) und q Ci•ty (2) 2. Magazin, das sich mit der Anwendung von (1) und speziell Mobilität im urbanen Umfeld und in weltweiten Metropolregionen befasst 3. <engl.> für q Tech•ni’zi•tät (3) 4. der technische Charakter einer q In•no•va•ti’on (4)

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M ASSSTA B MENSCH Gegenstand der Mobilitätsforschung von Mercedes-Benz ist und bleibt das Wohlbefinden und die Sicherheit des Menschen. Er ist der entscheidende Faktor bei der Entwicklung und Evaluierung neuer Technologien, wie beispielsweise innovativer Fahrzeugsitze. So sorgt in den neuen Sitzen der Mercedes-Benz SL-Klasse eine Kombination aus Sinusfederkernprinzip mit Gummihaarmattenauflage und einer Schaumschicht für höchsten Insassenkomfort.

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Der MENSCH im Mittelpunkt

Seit über 125 Jahren ist der Dienst an der Mobilität Kern unseres Geschäftsmodells. Und wie kein anderes Unternehmen sehen wir uns als Erfinder des Automobils in der Pflicht, diese Aufgabe ganzheitlich und konsequent zu verfolgen. Heute stehen wir vor einer zweiten Erfindung des Automobils, ausgelöst durch die technologischen Möglichkeiten der digitalen Welt und die Notwendigkeit alternativer, emissionsfreier Antriebskonzepte. Grundlagenwissen über die Bedürfnisse der Menschen im Hinblick auf die Mobilität gehört unbedingt dazu, wenn man sich über die Fahrzeuge und die Mobilität der Zukunft Gedanken macht. Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie unsere Forscher und Entwickler den Kundenbedürfnissen wissenschaftlich und systematisch auf die Spur kommen. Auch die unterschiedlichen Bedürfnisse in den verschiedenen Regionen und Kulturen der Welt sind ein Faktor, den wir mehr denn je mit Nachdruck berücksichtigen. Wir befassen uns intensiv mit den Wachstumsregionen, aber auch mit den Innovationszentren der Welt. Finden Sie auch zu diesen Themen spannende Beiträge in dieser Ausgabe. Welche Möglichkeiten die Vernetzung von Mobilitätsangeboten in urbanen Regionen bietet, zeigt die Mobilitätsplattform moovel, über die wir in dieser Ausgabe berichten. Anbieterübergreifend und transparent bündelt moovel die Angebote unterschiedlichster Mobilitätsanbieter und präsentiert passende Fahrtoptionen per App und mobiler Webseite. Sie verbindet alle Verkehrsmittel virtuell in einer App. Egal wann und wohin Sie unterwegs sind: Mit moovel kommen Sie optimal und schnell von A nach B. Mobilität wird in Zukunft also noch mehr Facetten und Möglichkeiten bieten als heute schon. Wir werden mit Leidenschaft und Pioniergeist diese Entwicklungen vorantreiben und an der Gestaltung der Mobilität der Zukunft aktiv mitwirken. Bleiben Sie mit uns mobil und erfahren Sie mehr über diese und weitere Themen! Viel Freude bei der Lektüre von TECHNICITY wünscht Ihnen Ihr Thomas Weber Vorstandsmitglied der Daimler AG, verantwortlich für Konzernforschung und Entwicklung Mercedes-Benz Cars

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INDEX M ASSSTA B Mensch 12 Die wissenschaftliche Erforschung von Kundenbedürfnissen ist die Grundlage einer innovativen Automobilentwicklung.

Spektrum 18

Sha r ing Society 24 Die Gesellschaft von morgen basiert auf intelligentem Teilen und flexiblen, dynamischen Beziehungen.

Zeichensysteme der Mobilität 30 Die Wahrnehmung von Mobilität im öffentlichen Raum basiert auf ikonenhaften Zeichensystemen und Designsprachen.

Metropol 38

Innovationsr egion São Paulo 40 Die brasilianische Megacity steht vor großen Herausforderungen in Sachen Stadtund Verkehrsplanung.

Digital 50 IMpressum UND KONTAKT 50 PROJEKTOR 51

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12 Themenfelder und MeSSmethoden der Daimler-Mobilitätsforschung: 01 ERGONOMIE: • exakte Vermessung der menschlichen Körpermaße, • systematische Bewegungserfassung mit Motion Capturing

02 Konditionssicherheit: biochemische Messung von Stresshormonen (Cortisol)

03 Haltungskomfort: rechnergestützte Insassensimulation RAMSIS zur virtuellen Überprüfung, z. B. für gezielte Untersuchungen in Schlüsselmärkten wie Europa, Nordamerika und China

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HIRNFORSCHUNG  In simulierten Fahrsituationen zeichnen die Daimler-Forscher Gehirnströme von Probanden mittels EEG (Elektroenzephalografie) auf. Mit dieser Methodik lassen sich unbewusste Verhaltensmuster am Steuer analysieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können Assistenzsysteme zur Unterstützung des Fahrers weiter optimiert werden.

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Emotionsforschung  In der ersten wissenschaftlichen Fahrspaßstudie erfassten Experten der TU München, des Fraunhofer-Instituts und der Kundenforschung von Mercedes-Benz die menschliche Mimik als Indikator für den Fahrspaß.

04 Gemütszustand: Befund mittels Stimmanalyse und Mimikerfassung während der Fahrt (Abtastung von 140 Punkten im menschlichen Gesicht)

05 Fahrqualität: psychologische Tests zur Erfassung der „User Experience“ und detaillierte Tiefeninterviews

06 Akzeptanzuntersuchung: Cockpit, Innenraum, neue Materialien und Technologien

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07 Akustik: Psychoakustik, wie das Fahrzeug übers Gehör wahrgenommen wird

08 Ermüdungsgrad: Hirnstrommessung mit Elektroenzephalogramm (EEG)

09 Sitz- und Federungskomfort: neurologische Erfass­ung von Muskelspannungen mit Elektromyografie (EMG)

10 Sicht: Analyse der Sichtverhältnisse im Fahrzeug

11 Fahrerprobung: Erfassung der Qualität des Fahrverhaltens in konkreten Situationen

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ErgonomieFORSCHUNG   Der modulare Ergonomieprüfstand (MEPS) von Daimler mit seiner 200-Grad-Projektionswand ist ein wesentliches Werkzeug, um ergonomische Fragestellungen zu neuen Fahrzeuginnenräumen schon in frühen Entwicklungsphasen unter realistischen Bedingungen zu klären.

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MASSSTAB MENSCH Text Rüdiger ABELE

FOTOGRAFIE Rafael KROETZ

Mobilität ist ein wichtiger Wert für den Menschen. Er ist mit der Gestaltung seines Lebens, mit Freiheit, mit Selbstständigkeit verbunden. Fahrzeuge sind ein Mittel der Mobilität – in vielen Ländern der Erde sogar das zentrale Mittel. Kein Wunder, dass der Mensch immer wieder im Mittelpunkt für das Fahrzeug von morgen steht.

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Schlüsselwörter

Forschung Entwick lung Customer Resea rch Ergonomie Inter ieur konzepte

O

b groß oder klein, Personenwagen oder Nutzfahrzeug, mit Verbrennungsmotor oder Elektroantrieb, ob eigenes Fahrzeug oder Teil eines Mobilitätskonzepts: Die Möglichkeiten des Menschen, um sich von einem Ort zum anderen zu bewegen, waren noch nie so vielfältig wie heute. Mobilität ist eine Qualität des Menschen. Er bewegt sich durch sein Leben. Kein Wunder, dass das Fahrzeug namens Automobil einen Siegeszug sondergleichen hinter sich hat. Es ist auf allen Kontinenten ein zentrales Mittel der Alltagsgestaltung. Daimler wird dem gerecht und berücksichtigt die Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse der gesamten Weltbevölkerung bei der Entwicklung neuer Produkte, auch unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede. Kaum jemand weiß zum Thema Mobilität mehr als Daimler. Denn seit der Erfindung des Automobils im Jahr 1886 hat sich das Unternehmen ohne Unterbrechung in den Dienst der Mobilität des Menschen gestellt, in einer Breite und Tiefe wie kaum ein zweiter Technologiekonzern. Sicherlich gab es in manchen Jahren schon längst nicht mehr gültige Verästelungen in die ein oder andere Richtung – doch der Hauptfokus war und ist die Mobilität. Und sie wird es auch weiterhin sein: „Wir stehen vor einer zweiten Erfindung des Automobils“, sagt Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von Daimler, mit Hinblick auf die neuartigen Antriebskonzepte – und unterstreicht damit, dass das Unternehmen sich der Herausforderung stellt. Diese Ausrichtung auf die Mobilität des Menschen hat einen einfachen und doch sehr komplexen Maßstab: den Menschen selbst. An ihm orientieren sich alle Aktivitäten in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen des Unternehmens für nichts anderes als die besten Produkte von morgen. Das ist weit mehr als Erfinden: „Innovationsmanagement ist das Gebot der Stunde“, sagt Prof. Dr. Thomas Weber, Vorstandsmitglied von Daimler und zuständig für Konzernforschung und ­Mercedes-Benz Cars Entwicklung. „Denn es geht darum, bei einer Vielzahl von Fragen präzise und schnell Antworten auf unterschiedliche Fragen zur Zukunft der Automobilität und damit unserer Produkte zu finden.“ Daimler unterhält verschiedene Standorte auf der Welt, um Wissen zu sammeln und zu bündeln. Die Internationalität ist bewusst gewählt, um eine möglichst große Bandbreite von Aspekten abzudecken. Zwei Beispiele: So hat das konzerneigene Forschungszentrum

in Palo Alto im Silicon Valley in Kalifornien/USA eine starke Nähe zu Informations- und Entertainmentthemen – die dann international umgesetzt werden; oder die Außenstelle in Indien greift die wichtigen Trends des Subkontinents auf und macht sie allen Forschern und Entwicklern im Unternehmen zugängig. Ortstermin in Sindelfingen bei Stuttgart, im Labor für anthropometrische Ergonomie: Es ist in unmittelbarer Nähe zum größten Pkw-Werk und zu wichtigen Entwicklungsabteilungen des Konzerns angesiedelt. Ergonomieuntersuchungen sind hier ein Schwerpunkt: Ein Mann hat einen „Motion Capturing“-Anzug übergestreift, versehen mit 17 Sensoren, die jede auch noch so kleine Bewegung in Echtzeit erfassen. Er stellt sich neben den Prototypen eines neuen Fahrzeugs. Start der Aufzeichnung am Computer: Der Mann geht einen Schritt zur Fahrertür, öffnet sie, setzt sich hinter das Lenkrad, schließt die Tür. Er öffnet sie, steigt aus, schließt die Tür und stellt sich wieder neben das Auto. Was auf den ersten Blick vollkommen unspektakulär aussieht, ist für die Forscher eine vielschichtige Erzählung: Wie gut kann der Mann in das Fahrzeug steigen? Macht er, vielleicht unbewusst, kleinere Ausgleich- oder Ausweichbewegungen, weil beispielsweise ein Karosserieholm ihm etwas zu nahe ist? Das gelte es dann für das Serienfahrzeug zu ändern – schließlich ist das Ein- und Aussteigen ins eigene Auto eine oft praktizierte Übung. „Das Motion Capturing ist genauer als jeder Film“, erläutert der Ergonomieingenieur Richard Sauerbier, „denn es liefert uns nicht nur eine Animation, sondern zugleich die kompletten digitalisierten Bewegungsdaten.“ Diese können die Forscher am Computer exakt analysieren. Derartige Untersuchungen werden nicht nur einmal gemacht: Die Liste der Probanden umfasst Männer und Frauen, große und kleine Menschen, schmale und beleibte, und alle dürfen sie in den Prototypen ein- und aussteigen. Insgesamt dauern die Untersuchungen mehrere Tage – und damit wird gerade mal eine Fragestellung zum neuen Auto geklärt.

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SIMULATION   Mit dem weltweit leistungsfähigsten Fahrsimulator von Daimler im süddeutschen Sindelfingen lässt sich praktisch jede Fahrsituation über die gesamte Modellpalette von Daimler hinweg nahezu perfekt simulieren. Unter Extrembedingungen kann die Reaktionsfähigkeit von Testfahrern dabei gefahrlos virtuell getestet werden.

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„Derartige Aufgaben rund um Interieurkonzepte haben in den vergangenen Jahren einen großen Bedeutungssprung erfahren, daher ist es essenziell Innovationen zügig und kundennah in die Serienfahrzeuge zu bringen“, erläutert der Ingenieur Dr. Klaus-Dieter ­Debschütz, innerhalb der Daimler-Forschung unter anderem für Interieur und Ergonomie verantwortlich. Und er ergänzt: „Neuerungen etwa bei Licht- und Klimatechnik heben das Thema Interieurgestaltung zusätzlich auf ein ganz neues Niveau.“ Ebenfalls in Sindelfingen befindet sich das Customer Research Center (CRC). Der Name ist Programm: Es geht um Kundenuntersuchungen. Dazu nutzt es ein großes Arsenal von Methoden, um mithilfe von Menschen – den späteren Nutzern der Produkte – neue Ideen zu prüfen und Verfeinerungen vorzunehmen. Die Liste der Untersuchungs- und Messverfahren des CRC ist lang, wenn es darum geht, vom Menschen für die Autos von morgen zu lernen. Beispielsweise Herzschlagmessungen, Hirnstromuntersuchungen, Reaktionstests, Lichtsensibiliät, Hormonspiegeluntersuchungen, Hauttemperatur – kaum etwas bleibt unberücksichtigt. Für einige Körperfunktionen zeigt Lars Galley, Diplom-Psychologe im CRC, einen Biosignal-Rekorder, ein Gerät ungefähr so groß wie ein Smartphone. An dieses lassen sich diverse Sensoren anschließen, die ihrerseits wiederum auf dem Menschen verteilt werden. „Damit ausgestattet, werden die freiwilligen Probanden mit einem Fahrzeug auf eine ausgearbeitete Testrunde und damit in eigens konzipierte Situationen geschickt. Anschließend wird ausgewertet: Welche Auffälligkeiten sind erkennbar, gab es an einigen Stellen erhöhten Stress, oder blieb der Herzschlag entspannt niedrig“, erklärt Galley. „Wir machen Kundenforschung aus einem Guss, fokussiert auf die Anforderungen von Fahrzeugen, beginnend mit der ersten Fragestellung bis hin zu den Ergebnissen“, bringt der Psychologe Dr. Goetz Renner die Ausrichtung des CRC auf den Punkt und betont: „Das ist einzigartig in der Automobilindustrie.“ Dabei umfasst das Themenspektrum sämtliche Fahrzeuge des Konzerns, vom Zweisitzer bis hin zum Sattelzug. In symbiotischer Zusammenarbeit können im CRC – wie auch in den anderen Forschungseinrichtungen – sämtliche Forschungs- und Entwicklungsbereiche Aufträge platzieren, deren Ergebnisse auf direktestem Weg in die Konstruktion neuer Produkte fließen. Immer wieder gefragt: Grundlagenwissen rund um den Umgang des Menschen und seiner Mobilität – schließlich geht es bei innovativen Produkten darum, gewohnte Grenzen zu verschieben und ganz neuartige Konzepte anzubieten. Somit verschieben auch die Forscher mit ihren Methoden immer wieder Grenzen. Sie sind ständig am Puls der Zeit und ihr manchmal sogar etwas voraus. Der Mensch selbst liefert letztlich wichtige Daten, um sein zukünftiges Auto bauen zu können. Je nach Fragestellung interessiert Galley sich auch für den ­Musculus corrugator supercilii oder den Musculus zygomaticus major – der eine menschliche Muskel ruft Stirnrunzeln hervor, der andere feines Lächeln. Elektroden 14

überwachen sie und melden über schon leichte Spannungsänderungen, für den Menschen unbewusst, eine subtile Reaktion beispielsweise auf eine Fahrsituation und damit auch das Auto. Die Forschungs- und Entwicklungsingenieure nutzen einen Teil des CRC für Ideenworkshops. Pro Jahr finden insgesamt 60 bis 80 dieser Kreativworkshops mit insgesamt rund 2.000 Teilnehmern in der gut 500 Quadratmeter großen „Innovationswerkstatt“ statt. Sie bringen eine Fülle von Ideen. In jedem dieser Ideenworkshops geht es um ein bestimmtes Innovationsthema, das im Spannungsfeld zwischen Kundenanforderungen und Akzeptanz bearbeitet wird. Manche neue Idee bleibt dabei auf der Strecke – andere hingegen treten anschließend ihren weiteren Weg in die Serienfertigung an. Beispiel „Attention Assist“, der Müdigkeitswarner von Mercedes-Benz, längst im Serienfahrzeug zu finden: Auch er wurde mithilfe der Innovationswerkstatt immer weiter verfeinert – mit der wichtigen Frage, ob es von den Kunden überhaupt akzeptiert wird, wenn eine Technologie etwas über den Menschen am Steuer aussagt. „Das Auto gibt dem Fahrer mit ‚Attention Assist‘ erstmals ein Feedback über seinen Zustand“, formuliert Renner, „da mussten wir einfach wissen, wie das empfunden wird – und ob das Auto dem Menschen auch zu anderen Aspekten eine Rückmeldung geben kann.“ Ein Beispiel für die vernetzte Arbeit der Forscher ist die Müdigkeitsforschung, die unter anderem in das umfangreiche Projekt „TopFit-Truck“ einfloss, das im vergangenen Jahr der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dabei wurde der Einfluss von Schlafqualität auf die Fahrweise von Truckern untersucht – erstmals mit dem Fokus, den Alltag eines Truckers so zu verbessern, dass er körperlich möglichst fit bleibt. Ein in mehreren Punkten geändertes Kabineninterieur, neuartige Cockpitfunktionen, ein ausgefeiltes Licht- und Klimamanagement: Das sind nur einige Punkte des Schwerlastwagens, der daraufhin aufgebaut wurde, um die Erkenntnisse in der Praxis darzustellen und zu verifizieren. Dabei haben die Forscher

MIKROSKOP Die digitale Testperson  Autos werden zu einem Großteil im Computer entwickelt. Doch sie entstehen für den Menschen – der somit auch Eingang in den Computer finden muss. Daimler nutzt dafür unter anderem „Motion Capturing“-Anzüge. Mit ihrer Hilfe lassen sich alle Bewegungen eines Menschen, der etwa in einem Fahrzeug sitzt und es im Straßenverkehr bedient, exakt erfassen. Der Anzug enthält 17 Sensoren, die jede noch so kleine Bewegung erfassen und an ein Aufzeichnungsgerät schicken. Die Daten werden anschließend ausgewertet, was wichtige Erkenntnisse über den Menschen im Auto ergibt. Besonders bedeutsam: Bewegungsabläufe können in Einzelphasen und auch wiederholt dargestellt werden. Das erleichtert das Festlegen von Details für zukünftige Fahrzeuge.


StressTEST  Mithilfe von Elektroden am Körper messen Daimler-Forscher Stressindikatoren wie Herzfrequenz und Hauttemperatur während der Fahrt. Ein Biosignal-Rekorder am Gürtel des Probanden zeichnet die gewonnenen Daten auf.

12 Konditionssicherheit: • pupillografischer Test zur Messung unwillkürlicher Augenbewegungen (PST), • Herzfrequenzmessung während der Fahrt mit Elektrokardiogramm (EKG), • Stressempfinden: Messung der Hauttemperatur

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Ramsis  Mit der rechnergestützten Insassensimulation Ramsis können die Daimler-Forscher Modelle von Menschen mit ­unterschiedlichstem Körperbau in einen virtuellen Fahrzeuginnenraum setzen.

nicht nur Nutzfahrzeuge im Hinterkopf: Auch künftige Personenwagen können das ein oder andere Merkmal erhalten. Das immense Wissen rund um das Thema Mensch im Auto wird routiniert für bessere Produkte eingesetzt. Der Ergonomieingenieur Bernd Brückner etwa ist Spezialist für die RAMSIS-Familie von Daimler: neun Erwachsene und drei Kinder, vorhanden ausschließlich im Computer. Die Bezeichnung ist ein Akronym aus den Worten „Rechnergestütztes AnthropometrischMathematisches System zur Insassen-Simulation“. „Die Familie bildet sozusagen über ihre Unterschiedlichkeit die gesamte Weltbevölkerung ab“, erläutert Brückner. Sechs Männer, drei Frauen und drei Kinder, jeweils von unterschiedlicher Statur und Körpergröße – sie alle muss ein neuer Personenwagen perfekt beherbergen, um auf allen Märkten verkaufbar zu sein. Der Nutzen von RAMSIS: Die Ingenieure können am Bildschirm einzelne Charaktere der Familie in einen virtuellen Fahrzeuginnenraum setzen und so beispielswiese herausfinden, wie der Haltungskomfort ist, Anzeigen erkennbar und Bedienelemente erreichbar sind, sich die Sichtverhältnisse darstellen, um entsprechende Konstruktionen auf den Weg zu bringen, wenn sich Auffälligkeiten ergeben. Zentral für die diversen Fragestellungen und Aufgaben ist immer wieder der umfassende Komfortbegriff, der sich in Produkten von Daimler zeigt. Er beinhaltet das Federungsverhalten, vordergründig mit Komfort assoziiert, nur als einen Aspekt unter vielen. So zahlt er auch auf das Thema Sicherheit ein – wer angenehm und entspannt fährt, ist weniger häufig in Unfälle verwickelt – oder auf das Thema Zuverlässigkeit – wenn ein Auto in allen Situationen perfekt funktioniert, gibt das ein Gefühl angenehmen Komforts. Doch nicht nur mit dem Menschen direkt beschäftigen sich die Forscher. Sie beobachten auch seine Lebenswelten und -gewohnheiten, um Erkenntnisse für die Mobilität von morgen zu erhalten. Der Soziologe Alexander Mankowsky ist einer der Spezialisten für Trends und „Future Mobility“, wie es unternehmensintern heißt. Kaum eine Frage lockt ihn aus der Reserve. Wie er den Wandel bewerte, dass viele junge Leute in den urbanen Regionen der Erde weniger Wert auf ein eigenes Auto legen? „Wir werden ganz andere Mobilitätskulturen ken16

nenlernen“, sagt er, „der Blick über den Tellerrand zeigt es schon jetzt: Beispielsweise in Indien und China wird eine vollkommen andere Mobilitätskultur gepflegt als bei uns.“ Mobilitätskulturen zu beobachten ist eine Schlüsseltätigkeit der Forscher. Denn nur wer weiß, wie der Mensch sich über den Globus bewegt, kann ihm die entsprechenden Produkte anbieten. So sei es aus europäischer Sicht beispielsweise erstaunlich, wie ruhig sich in Asien riesige Menschenströme bewegen, ohne dass es zu größeren Staus oder Konflikten komme, sagt Mankowsky. Dort bewege man sich im öffentlichen Raum anders als bei uns – er werde mehr als Gemeingut respektiert als in anderen Ländern. Oder das Thema Geschwindigkeit: Ihre Bedeutung sei global gesehen auf dem Rückmarsch, sagt der Forscher, auch, weil die Städte immer voller werden und ein rasches Vorankommen erschwert wird. Andere Werte wären stattdessen im Aufwind, die mit dem Auto direkt nichts zu tun haben müssen. Welche? „Die Poesie der alten Dinge zum Beispiel“, sagt Mankowsky. Es gebe klare Anzeichen für ein Wiederbeleben von Gegenständen und Lebensgewohnheiten aus der früheren rein analogen Welt: So werden beispielsweise Sofortbildkameras wiederbelebt und genutzt, Schreibmaschinen erneut eingesetzt, Plattenspieler zentral im Wohnraum platziert und neue Schallplatten gekauft. Ob der Trend zur Connectivity, der Anbindung des ­Autos an die Außenwelt, das Automobil beeinflussen werde? „Konnektivität mithilfe des Autos ist nicht neu. Straßen vernetzen den Menschen seit jeher. Die Elektronik bietet nur andere Mittel.“ Umweltthemen werden auf künftige Autos einen erkennbaren Einfluss haben, denn „der Mensch wird sich einen neuen Zugang zur Natur und damit zu Umweltthemen eröffnen“. Das sei in Großstädten schon sichtbar, wo mancher das Gärtnern neu entdeckt – winzige Erdflächen können genügen, um ein „Green Thinking“ auszudrücken. „Dieser Trend könnte über Materialien auch im Fahrzeuginnenraum sichtbar werden“, umreißt Mankowsky – und schiebt die Skizze eines neuartigen Interieurs, die er zwecks Untermauerung seiner These kurz gezeigt hat, wieder zurück in einen Umschlag. Die Zukunft des Automobils ist eben schon da: mithilfe des Menschen – und für den Menschen.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag unter: technicity.DAIMLER.com/mensch

• FOTOGALERIE Das Making-of zum TECHNICITY-Fotoshooting. • VIDEO (1) Im Customer Research Center (CRC) von Daimler. (2) Das Müdigkeitserkennungssystem Attention Assist.


MIKROSKOP MEPS – der Modulare Ergonomieprüfstand

Wie

sitzt es sich in einem Fahrzeug, das es noch nicht gibt? Wie gut lässt es sich bedienen? Diese und andere Fragen beantwortet der Modulare Ergonomieprüfstand (MEPS) von Daimler. Er besteht aus einem komplexen System von Komponenten, Schienen und Verstellmotoren. Mit seiner Hilfe lässt sich ein Autoinnenraum simulieren, beispielsweise die Maßverhältnisse auf den Frontplätzen und im Fond, aber auch die Fahrzeugbedienung. Dazu bringt MEPS Lenkrad und Pedale mit, die gleichfalls in der exakten Geometrie des späteren fertigen Fahrzeugs platziert werden. Probanden auf den Sitzen können agieren wie in einem richtigen Auto – und die Forscher und Entwickler schauen genau hin, ob alle Anforderungen erfüllt sind. Stimmt die Geometrie von Sitz, Pedalen und Lenkrad, sind alle Bedienelemente gut zu erreichen? Wie sind die Sichtverhältnisse? Wie ist die Bewegungsfreiheit im Fond? Lassen sich die Ablagen gut erreichen? Wie kann man ein- und aussteigen? Mithilfe von MEPS lassen sich ­nahezu alle Fragen an einen Fahrzeuginnenraum klären. Und der Modulare Ergonomieprüfstand ist so flexibel, dass sich mit ihm sowohl Personenwagen wie auch Nutzfahrzeuge darstellen lassen, bis hin zu Buskonzepten – ein universales Werkzeug für die Fahrzeugentwicklung.

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Fotos y n t h es e

SPEKTRUM

Martin fritz Asien-Korrespondent und Buchautor, seit 2001 für den Norddeutschen Rundfunk (NDR Info) in Tokio

Tokio, Japan

Seoul, Südkorea

QingdaO, China

Bäume, Bakterien oder Blumen können es – jetzt verwandeln auch Forscher Sonnenlicht in Wasserstoff, Zucker oder Öle. Die technische Fotosynthese würde die Energieprobleme der Menschheit lösen. Natürliche Organismen sammeln auf diesem Weg jährlich 1.350 Terawatt an Energie ein. Die gesamte Menschheit verbraucht 16 Terawatt. Eigentlich funktioniert das Naturkraftwerk ganz einfach: Chlorophyll fängt Sonnenlicht ein. Dessen Energie spaltet Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff auf. Letzterer wird zum Aufbau energiereicher Verbindungen wie Zucker genutzt. Aber bisher gelingt die künstliche Nachahmung erst teilweise. Grätzel-Solarzellen verwenden Chlorophyll und andere Farbpigmente, um Sonnenlicht in elektrische Energie zu wandeln. Im Labor kommen sie schon auf einen Wirkungsgrad von 13 Prozent – immerhin fast ein Drittel der besten Siliziumzellen. In der Herstellung sind Grätzel-Zellen sauber

»Die technische Fotosynthese ­würde die Energieprobleme der Menschheit lösen. Aber bisher gelingt die ­künstliche Nachahmung erst teilweise.«

und preiswert. Nur ihre Haltbarkeit über längere Zeiträume hinweg bedarf noch der Verbesserung. Forscher von Panasonic in Japan setzen einen Nitrid-Halbleiter unter Licht, damit er Elektronen für eine Reaktion von Wasser und Kohlendioxid abspaltet. Als Endprodukt entsteht Ameisensäure, aus der sich Wasserstoff für Brennstoffzellen gewinnen ließe. Ein dritter Weg ist die gentechnische Umprogrammierung des kleinsten Organismus, der die Fotosynthese beherrscht. Die Bakterie „Prochlorococcus“ bevölkert jeden Liter Meerwasser zu Millionen und könnte künftig Biotreibstoffe produzieren.

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MELBOURNE, Australien

EINSEN U ND NU LLEN

100 Jahre halten voraussichtlich digitale Speichermedien.

1.0 0 0 Grad Celsius hält der Datenträger aus Quarzglas aus.

1.0 0 0.0 0 0 US-Dollar erhielt LIFX in kürzester Zeit via Crowdfunding.


ASIEN OZEANIEN

L a b- o n-ACh i p

i oca s

Pulsierende Nanospiralen Seoul, Südkorea

Datenspeicher mit Unbegrenzter ­Haltbarkeit Tokio, Japan

Modernstes ­Forschungsschiff QingdaO, China

intelligente, drahtlos steuerbare Glühbirnen MELBOURNE, Australien

Fast alle Substanzen dehnen sich bei Wärme aus und schrumpfen bei Kälte. Genau umgekehrt verhält sich ein spezielles Nanoröhrchen aus symmetrisch angeordneten organischen Molekülen. Wechselnde Temperaturen lassen die winzigen Röhren sogar pulsieren. Dieser Mechanismus könnte nach Aussage koreanischer Forscher für eine temperaturgesteuerte Nanopumpe für einzelne Moleküle genutzt werden. Mögliche Anwendungsfelder sind Lab-on-a-Chip-Systeme, in denen mit winzigen Substanzmengen beispielsweise biochemische Reaktionen kontrolliert durchgeführt werden.

Die tatsächliche Haltbarkeitsdauer vieler moderner, digitaler Speichermedien wie DVDs oder Festplatten kann heute nur geschätzt werden. Länger als 100 Jahre werden aber kaum einem Medium zugetraut, danach droht der Datenverlust, wenn die gespeicherten Informationen nicht rechtzeitig auf ein anderes Medium übertragen werden. Das japanische Elektronikunternehmen Hitachi hat jetzt einen neuen ultrarobusten Datenträger aus hauchdünnem Quarzglas vorgestellt, der für mindestens hundert Millionen Jahre sicher sein soll. Der nur 2 Millimeter dicke Chip, der auch wie ein kleines Stück Glas aussieht, soll Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius über mehrere Stunden widerstehen können sowie unempfindlich gegenüber Wasser sein. Außerdem weist der Quarzglas-Chip eine hohe Beständigkeit gegenüber Chemikalien auf und wird von kaum einer Säure angegriffen. Die Daten werden auf dem Chip in binärer Form gespeichert und können mit einem gewöhnlichen Mikroskop wieder ausgelesen werden.

Chinas Hightech-Forschungsschiff „Kexue“ wurde am 29. September an seinen Eigner in Qingdao, einer Hafenstadt in Shandong, übergeben. Das „bewegliche Meereslabor“ ist laut Sun Song, dem Direktor der Chinese Academy of Sciences (IOCAS), mit deutlich höherer Robustheit, mehr Wendigkeit und einer größeren Laborfläche ausgestattet als alle vergleichbaren anderen Forschungsschiffe. Für die nächsten 10 bis 20 Jahre wird Kexue für ozeanografische Zwecke eingesetzt, unter anderem für die Erforschung von Wasserkörpern, die Klima- und Tiefseeforschung und Verifizierung von Geodaten.

Der App-Entwickler Ben Hamey entwickelte zusammen mit einem Team in Melbourne und San Francisco eine intelligente Glühbirne, die über das Smartphone zu bedienen ist. „LIFX“ (ausgesprochen Life X) ist eine WLAN-fähige, energieeffiziente und mehrfarbige LED-Lampe, die auf Signale von einem iPhone- oder AndroidSmartphone-App reagiert. Innerhalb kürzester Zeit erreichte LIFX über eine Million US-Dollar auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter – und könnte damit das Kickstarter-Projekt werden, das am fünftschnellsten eine Million US-Dollar erreicht hat. Programmiert und hergestellt wird LIFX in Shenzen (China), bereits im März 2013 erwartet man die erste Projektlieferung.

wissenschaft-aktuell.de

techinasia.com

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newsonjapan.com

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SPEKTRUM

C ycle Ch ic Jochen WITTMANN Seit 1993 freier Auslandskorrespondent für das Newsforum Eurotopics und zahlreiche deutsch­ sprachige Tageszeitungen mit Sitz in London

Dresden, Deutschland

SENSOR EN NET Z

München, Deutschland

Eine Stadt wird zum Labor Santander, Spanien

Sheffield, Großbritannien

Santander, Spanien

High TECH-­ Fakt en

3. 000 Sensoren wurden in Santander bereits verteilt.

4 00 Prozent soll der Radverkehr in London steigen.

12 „Cycle Superhighways“ will Boris Johnson bauen.

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Die nordspanische Hafenstadt Santander mit rund 180.000 Einwohnern wird zum großflächigen Experimentierfeld für die intelligente Stadt der Zukunft. Über 3.000 von geplanten 12.000 Sensoren sind bereits im Stadtgebiet verteilt worden und erfassen eine große Bandbreite von Echtzeitdaten, von freien Parkplätzen über die Luftqualität bis hin zum Lärmpegel. Die gesammelten Daten werden via Internet an einen Zentralrechner übermittelt und können von den Bürgerinnen und Bürgern über einen digitalen Stadtplan abgerufen werden. Zugleich wurde ein offener Aufruf gestartet, Ideen für neue Anwendungen auf Basis der Daten einzureichen, an dem sich bislang vor allem Forscher und Unternehmen beteiligt haben. Die permanente Transparenz und Ergebnisoffenheit sollen „SmartSantander“ gegenüber anderen Smart-City-Projekten auszeichnen. Durch die öffentliche Information zu jedem Entwicklungsschritt soll außerdem die Akzeptanz für den weiteren Ausbau des Sensorennetzwerks in der Bevölkerung gesteigert werden. smartsantander.eu

Es hat nicht erst den Sieg von Bradley Wiggins im Juli gebraucht, als zum ersten Mal ein Engländer die Tour de France gewann. Großbritannien erlebt zurzeit eine veritable Fahrradrevolution, deren Ursprünge einige Jahre zurückliegen, aber die von Jahr zu Jahr stärker zu werden scheint. Vielleicht etwas verspätet im Vergleich zu den europäischen Nachbarn, aber besser spät als nie: Das Land ist dabei, den Lifestylefaktor Fahrrad (wieder) zu entdecken. Besonders deutlich ist diese Revolution in London zu sehen.

»Großbritannien ist dabei, den Lifestylefaktor Fahrrad zu entdecken. ­Besonders deutlich ist diese Revolution in London zu sehen.«

Die Einführung einer Citymaut ließ viele Pendler aufs Rad umsteigen. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Zahl der Radfahrten mehr als verdoppelt. Heute werden in der Hauptstadt täglich eine halbe Million Fahrten per Rad unternommen. Im Internet sind Shops wie cyclechic.co.uk entstanden, die vom Designerhelm bis zur edlen Laptopsatteltasche auf modische Accessoires für Radfahrer spezialisiert sind. Und der Bürgermeister Boris Johnson führte 2008 einen Fahrradverleih ein, der zum vollen Erfolg und daher in diesem Jahr kräftig erweitert wurde. Die Fahrradrevolution soll weitergehen. Boris Johnson will sie bis 2015 mit dem Ausbau von zwölf sogenannten „Cycle Superhighways“ vorantreiben – breit dimensionierten Radwegen, die Pendler sicher von den Außenbezirken in die Innenstadt bringen sollen. Gegenüber dem Jahr 2000 will man so den Radverkehr um 400 Prozent steigern.


Europa

3 - D -Pl a n Navigieren in

ForSCHER entwicklen

Gebäuden

­druckbaren Magnetsensor

München, Deutschland

Dresden, Deutschland

Die punktgenaue Navigation unter freiem Himmel stellt dank GPS und mobiler Endgeräte heute nur noch selten ein Problem dar. Im Innern großer Gebäudekomplexe sieht dies anders aus, vor allem, wenn detaillierte Lagepläne fehlen. Wissenschaftler der Technischen Universität München haben ein kleines Datenfahrzeug entwickelt, das mithilfe eines Laserscanners und einer Kamera einen 3-D-Plan von Innenräumen erstellen kann. Nutzer der zugehörigen SmartphoneApp müssen dann nur noch ihre Umgebung fotografieren. Die Software gleicht dann das Bild mit ihrer Datenbank ab und teilt dem Besucher seinen Standort sowie den Weg zu seinem gewünschten Ziel mit. Der Vorgang nimmt dabei nur wenige Sekunden in Anspruch und liefert Ortsangaben mit einer Genauigkeit von rund einem Meter.

Künstliches Bienengehirn soll fliegen lernen Sheffield, Großbritannien

Forscher der Universität von Sheffield haben unter dem Namen „Green Brain“ ein ambitioniertes Projekt gestartet, das die kognitiven Fähigkeiten einer Honigbiene in ein Computergehirn und schließlich in einen autonom operierenden fliegenden Roboter übertragen soll. Dazu werden etwa die Sehfähigkeit und der Geruchssinn der Bienen mithilfe von Hochleistungsprozessoren exakt simuliert, sodass der kleine Roboter im Flug genauso agieren kann wie sein Vorbild in der Natur. Angesichts schwindender Bienenpopulationen könnte laut den Forschern sogar die Bestäubung von Pflanzen in Zukunft durch die künstlichen Bienen erfolgen. shef.ac.uk/news

rcs.ei.tum.de

Ein Großteil der für elektronische Anwendungen erforderlichen Bauteile sind inzwischen im Druckverfahren herstellbar. Ein weiteres Element im verfügbaren Baukasten der gedruckten Elektronik – die etwa in der Produktion von Displays und Solarzellen zum Einsatz kommt – haben Forscher des Leibniz-Instituts für Festkörperund Werkstoffforschung Dresden (IFW) zusammen mit der TU Chemnitz entwickelt: einen druckbaren Magnetfeldsensor, der als Schalter in elektronische Mikrosysteme integriert werden und zum Beispiel auf Papier und Folien aufgebracht werden kann. Dadurch sollen in Zukunft neue Anwendungen im Bereich gedruckter Schaltkreise, wie intelligente Verpackungen oder Bücher, die mit ihrer Umgebung kommunizieren können, ermöglicht werden. Die Vision einer integrierten, vollständig druckbaren Elektronik rückt damit einen großen Schritt näher. ifw-dresden.de

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Robot ik

SPEKTRUM

Steffan HEUER USA-Korrespondent für brand eins und die deutsche Ausgabe von Technology Review, ­Fachgebiete: Hightech und Ökonomie

Madison, USA

Berkeley, USA

Toronto, Kanada

Wenn sich Hollywood des Themas Roboter annimmt, entwickeln die Maschinen oft menschliche Züge, dabei arbeiten die rund 8,6 Millionen Roboter, die weltweit im Einsatz sind, meist fernab ihrer Kollegen aus Fleisch und Blut. Robotervisionären wie dem ehemaligen MIT-Professor Rodney Brooks schwebt eine andere Zukunft vor, in der die Maschinen gesellschaftsfähig geworden sind und sich als günstige Arbeitskräfte nützlich machen. Deshalb hat Brooks’ Firma Rethink einen wissbegierigen Roboter namens „Baxter“ entwickelt, den eine Handvoll US-Firmen bereits im Alltag getestet hat. Baxter lernt von menschlichen

Austin, USA

»2013 kommen Roboter auf den Markt, die mit ihren künstlichen Augen und feinfühligen Greifhänden der Vision von ­Science-Fiction-Filmen nahekommen.«

Kollegen, anstatt nur monoton Handgriffe zu verrichten. 2013 könnte das Jahr des kleinen Roboters werden. Firmen mit Namen wie AnyBots oder Smart Robots bringen Maschinen auf den Markt, die mit ihren künstlichen Augen und feinfühligen Greifhänden der Vision von Science-Fiction-Filmen nahekommen. Im Silicon Valley haben sich Tüftler zu einem Robotik-Dachverband zusammengetan. Programmierer bieten im ersten AppStore für Roboter ihre Software an. Pioniere wie Bossa Nova wollen den „persönlichen Roboter fürs 21. Jahrhundert“ bauen, der sich beliebig modifizieren lässt. Der 1,50 Meter große PR2-Roboter von Willow Garage etwa kann sich in einem Büro zurechtfinden, selbstständig Türen öffnen oder ein Getränk aus dem Kühlschrank holen.

Strom aus Wellendämpfern am Meeresboden Berkeley, usa

Wellenkraftwerke müssen nicht auf der Wasseroberfläche schwimmen, sie können auch am Meeresboden effizient die Wellenenergie in elektrischen Strom umwandeln. Denn schlammige Meeresböden können den Wasserwellen signifikant Energie entziehen. Das brachte einen kalifornischen Maschinenbauingenieur auf die Idee des Meeresbodenkraftwerks. In flachen Küstengewässern bis etwa 20 Meter Tiefe kann am Meeresboden ein Teppich – beispielsweise aus einer stabilen Kunststofffolie – ausgelegt werden. Unter diesem Teppich nehmen Federn oder Dämpfer die Energie der Wellen auf. Die stetige Bewegung der Dämpfer lässt sich über Generatoren in elektrischen Strom umwandeln. Ein weiterer Vorteil: Bei Sturm und hohem Wellengang liefert das Meeresbodenkraftwerk besonders viel Strom. Zudem kann es den Wellen einen Teil ihrer Energie entziehen und damit sogar die Wucht eines Tsunamis dämpfen. Von einer praktischen Anwendung ist dieses Konzept allerdings noch entfernt. Nun gilt es, einen kleinen Prototypen mit möglichst langlebigen Dämpfern und flexiblen Folien zu entwickeln. news.sciencemag.org

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Nordamerika

Humaner Avatar Software überzeugt mit Menschlichkeit Austin, usa

In einer Abwandlung des berühmten Turing-Tests zur Bewertung der Qualität einer künstlichen Intelligenz ist es einem von Wissenschaftlern der Universität Texas in Austin geschriebenen Programm zum ersten Mal gelungen, in mehr als 50 Prozent aller Fälle für einen echten Menschen gehalten zu werden. Im Gegensatz zum kommunikationsbasierten Turing-Test setzt der „BotPrize“-Wettbewerb auf das anonyme Treffen von menschen- und softwaregesteuerten Avataren in der virtuellen Welt des Videospiels „Unreal Tournament“. Dabei steht anstatt ihrer kommunikativen Fähigkeit vor allem das räumliche Denkvermögen der Programme im Vordergrund. Der von der Software „UT^2“ gesteuerte Avatar wurde von den mitspielenden Menschen dabei in 51,9 Prozent aller Fälle als ebenfalls menschlich identifiziert. Das Programm „Mirrorbot“ eines französischen Teams erzielte sogar 52,2 Prozent. Der beste tatsächliche Mensch schnitt mit 53,5 Prozent dabei nur wenig besser ab. Das Geheimnis des Erfolges lag für beide Programme in der Nachahmung: Sie analysierten die Bewegungen ihres jeweiligen Gegenübers in der Spielumgebung und wurden bei der Imitation der erkannten Verhaltensweisen von der Jury häufig als ebenso menschlich eingeschätzt.

Mit Tesafilm vom

Sonnenblumen als

Halb- zum Supraleiter

Vorbild für Solarparks

TORONTO, Kanada

madison, USA

Normalerweise lassen sich Verbindungen zwischen Supraleitern und Halbleitern nur mit komplexen Verfahren und großem Aufwand herstellen. Kanadische Physiker zeigten nun, dass sich mit schlichtem Klebestreifen Materialien mit bisher unerreichten Eigenschaften erschaffen lassen. Diese einfache Fertigungsmethode verwandelt Halbleiter-Material in einen Hochtemperatur-Supraleiter. Lediglich die Nähe reicht aus, um die widerstandslose Stromleitfähigkeit des Supraleiters auf den Halbleiter zu übertragen. Ausgehend von diesem Experiment lassen sich neue Werkstoffe entwickeln, die beispielsweise für zukünftige Quantencomputer genutzt werden könnten.

Sonnenblumen richten ihre Blüte nach der Sonne aus – dieses Prinzip übertrugen amerikanische Materialforscher auf Solarzellen. Ein Prototyp steigerte die Stromausbeute um etwa zehn Prozent. Verantwortlich dafür ist ein lichtaktiver Kunststoff mit der Eigenschaft, sich bei Wärme zusammenzuziehen und bei Kälte auszudehnen. Damit der Kunststoff die Wärme des einfallenden Sonnenlichts gut aufnehmen kann, fügten ihm die Forscher Nanoröhrchen aus Kohlenstoff zu. Das neue System funktioniert völlig autark, ohne elektrisch betriebene Mechanik. Für ein Pilotprojekt arbeiten die Forscher aktuell an einem stabileren und größeren Nachführsystem aus den lichtaktiven Kunststoffen. Gelingt es, das neue Material kostengünstig zu produzieren, könnte die Stromausbeute von ganzen Solarparks signifikant erhöht werden.

news.utoronto.ca

news.wisc.edu newscientist.com

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Sharing Society Text Steffan Heuer

ILLUSTRATION Iassen MARKOV

Neue internetbasierte Kommunikationsplattformen sorgen dafür, dass Ressourcen vom Arbeitsplatz über Dienstleistungen bis hin zum Fahrzeug flexibler und effektiver genutzt werden können – ohne sie selbst besitzen zu müssen.

Intelligentes Teilen Die Sharing Society basiert auf flexiblen, dynamischen Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen.

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Die Amerikanerin Lisa Gansky gilt als eine der prominentesten Vordenkerinnen der Sharing Society. Ihr Buch „The Mesh“ (zu Deutsch: Das Geflecht) legt auf 250 Seiten die Entstehung und das Potenzial der neuen Kollaboration dar. Gansky argumentiert, dass die Sharing Society der bestehenden Eigentümer-Gesellschaft in sechs Punkten überlegen ist:

Schlüsselwörter

Intelligentes Teilen Kommunik ationspl at tfor m Cloudbasiert Peer-to -Peer-Netzwer k e neue kundenbeziehungen

S

tellen Sie sich vor, Sie sind in Stuttgart auf einem Geschäftstermin und wollen vom Hauptbahnhof in den nordwestlich gelegenen Stadtteil Feuerbach fahren. Früher hätten Sie sich ein Taxi gewunken oder einen Einheimischen nach einer Busverbindung gefragt. Jetzt haben Sie die freie Wahl. Sie starten die mobile App moovel und können auf einen Blick sehen, wann ein Bus kommt, ob die Stadtbahn besser geeignet ist oder ob es eine passende Mitfahrgelegenheit gibt. Oder sie sehen, dass ein car2go-Fahrzeug, ein smart electric drive, direkt am Bahnhof frei ist. Nach dem Meeting fahren Sie zu Coworking0711 in der Ossietzkystraße, wo Sie online ein Tagesticket gekauft haben, um für den Rest Ihres Aufenthaltes so produktiv wie möglich zu sein. In Stuttgarts erstem Coworking-Space treffen Sie andere Geschäftsleute und Gründer, die Ihnen Tipps für den Abend in der Stadt geben können. Nach erledigter Arbeit geht es nicht in ein Hotel, denn Sie haben sich per Smartphone über Airbnb ein Zimmer gebucht. Immerhin bieten an diesem Tag mehr als 100 Privatleute in und um Stuttgart ein Gästezimmer oder sogar ein ganzes Haus für andere Mitglieder des Sharing-Netzwerkes an. So finden Reisende nicht nur eine Bleibe, sondern bauen ihr persönliches Netzwerk weltweit aus. Willkommen in der Sharing Society – einer Welt, in der sich immer mehr ums intelligente Teilen dreht. Die Gesellschaft von morgen basiert auf flexiblen und dynamischen Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen, die abhängig von Zeit, Standort, Bedürfnissen, Fähigkeiten und der Reputation jedes einzelnen Nutzers ausgehandelt und ausgepreist werden. Das mobile Internet und allgegenwärtige Smartphones ermöglichen den Übergang von einer Wirtschaft und Gesellschaft, in der Eigentum im Mittelpunkt steht, zu einem Modell, das Kollaboration und gemeinsame Nutzung von Gütern und Dienstleistungen prägen. Der Schlüssel dazu liegt bei der Mobiltechnologie, die die effizientere Auslastung von Hardware, Software, Zeit und Wissen antreibt. Noch ist diese neue Welt im Entstehen begriffen. Doch erfolgreiche Ansätze wie beispielsweise die Daimler-Initiativen car2go und seit Kurzem moovel sowie Hunderte anderer Firmen in aller Welt zeigen, wo die Reise hingeht: Kleine und große Dienstleister verkaufen Güter oder Dienstleistungen nicht mehr nur noch einmal, sondern schaffen und nutzen intelligente Plattformen, auf denen Individuen und Unternehmen kostengünstigen, reibungslosen, verlässlichen und nachhaltigen Handel und Wandel treiben.

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Mobiltechnologie plus GPS-Ortung ermöglichen den bequemen Zugang zu Gütern und Dienstleistungen genau dort, wo man sie braucht. Steigender Bevölkerungsdruck und zunehmende Verstädterung verlangen nach einem intelligenteren Umgang mit knappen Ressourcen. Wer Güter und Dienstleistungen teilt, insbesondere durch Car- und Ridesharing wie etwa car2go oder mitfahrgelegenheit.de, kann Anschaffungs- und Betriebskosten für Hardware und Software reduzieren und sogar neue Einkommensquellen erschließen. Sharing legt den Grundstein für langfristige Geschäftsbeziehungen, da Kunden die Marke mit jeder Transaktion besser kennen- und schätzenlernen sowie Anbietern Hinweise zur Produktinnovation liefern. Kunden haben in der Sharing Society ein besseres Erlebnis, da sie nicht einmalig ein Produkt konsumieren, sondern kontinuierlich Services nachfragen, die immer besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die Sharing Society schafft mehr Vertrauen unter den Marktteilnehmern und gibt ihnen die Freiheit, sich auf Werte jenseits der Gewinnmaximierung zu konzentrieren.

Der Umbruch hat gerade erst begonnen, sagt Gansky: „Wer sich genau umsieht, wird überall Sharing-Plattformen entdecken. Ihre Gründer und Betreiber haben erkannt, dass sich viel Geld verdienen lässt, wenn man Menschen einen bequemen Zugang zu gemeinsam genutzten Gütern gewährt. Das Mesh ist keineswegs eine Universallösung“, gesteht sie ein. „Aber ein Netzwerk, das Sharing-Transaktionen abwickelt, kann mit der Zeit einen Konkurrenten überflügeln, der sein Produkt nur einmal an einen Abnehmer verkauft. Das Mesh ist die nächste große Chance, neue Geschäftsmodelle zu kreieren und alte zu erneuern.“


MIKROSKOP

Moovel ist ein Pilotprojekt von Business

Mobilität und Agilität

Innovation, dem Daimler-Lab für innovative Geschäftsmodelle. Der Dienst liefert Nutzern ein integriertes Mobilitätskonzept direkt auf das Smartphone oder auf eine mobile Webseite. moovel ist seit Juli 2012 in Stuttgart live, seit Ende Oktober 2012 auch in Berlin. Die App zeigt auf einen Blick den optimalen Weg, um von A nach B zu gelangen, und präsentiert die Optionen transparent, nutzerfreundlich und gleichwertig. Grundlage der Empfehlungen sind die Angebote der lokalen Mobilitätsanbieter. Zu den nahtlos integrierten Transportmitteln gehören der öffentliche Nahverkehr, Taxis, Carsharing und Ridesharing. Lokale Mobilitätspartner in Berlin sind die Verkehrsbetriebe Berlin-Brandenburg, in Stuttgart die Stuttgarter Straßenbahnen AG, der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart GmbH und die Stadt Stuttgart. In Berlin integriert Daimler zum ersten Mal das Tochterunternehmen car2go in die Mobilitätsplattform. Ende 2012 wird car2go auch in Stuttgart eingebunden sein. Ridesharing-Partner in beiden Städten ist mitfahrgelegenheit.de, ein Dienst des Ridesharing-Pioniers carpooling.com. Das Unternehmen ist mit über vier Millionen registrierten Nutzern der weltweite Marktführer für die Vermittlung von Fahrgemeinschaften.

Auch Wilfried Steffen, Leiter Business Innovation bei Daimler, sieht viel Potenzial in der Sharing Society und führt als Beispiel das moovel-Pilotprojekt in Stuttgart und Berlin an. „Damit setzen wir voll auf die intelligente Verknüpfung verschiedener Mobilitätsangebote – vom öffentlichen Nahverkehr über Mitfahrgelegenheiten bis zum Carsharing. Die moovel-App zeigt dem Nutzer nicht nur, wie er optimal von A nach B kommt, sondern hilft, bestehende Ressourcen besser zu nutzen.“ Auch an der Optimierung der SharingPlattform werden die Nutzer aktiv beteiligt. „Wir binden sie gezielt in die Weiterentwicklung ein, sodass moovel mit jedem Update attraktiver wird.“ Die beiden treibenden Kräfte hinter Angeboten wie moovel heißen Mobilität und Agilität. Dank immer schnellerer Datenerfassung und -verarbeitung in der Cloud lassen sich Güter und Dienstleistungen in immer kleinere Einheiten aufbrechen. So kann jeder Verbraucher und jedes Unternehmen maßgeschneiderte Angebote abrufen, oft über ein Smartphone oder Tablet. Sensoren, Ortungsdienste und Echtzeit-Inventarsysteme zeigen verfügbare Fahrzeuge an und erlauben das Mieten, Leihen oder die Nutzung von Parkplätzen oder freien Schreibtischen und Konferenzräumen. Was früher nur große Unternehmen leisten konnten, steht jetzt sogar dem einzelnen Verbraucher zur Verfügung – etwa seinen Stellplatz oder seine Arbeitskraft auf einer Sharing-Plattform gegen das höchste Gebot zu verkaufen. Dazu kommt eine veränderte Erwartungshaltung der jungen Generation, sagen Forscher von Daimler Research in Berlin. Eigener Besitz hat als Statussymbol und Ausdruck der Persönlichkeit an Bedeutung verloren. Urbaner Lebensstil drückt sich zunehmend durch die Präsenz in sozialen Medien und vorgelebten nachhaltigen Konsum aus. Deswegen ist es für Millennials sogar erstrebenswert, das Fahrzeug regelmäßig wechseln zu können und vor Freunden und Bekannten zu demonstrieren, dass man immer den Kontakt zu neuesten Trends hält. Wer Teil der Sharing Society wird, sitzt am Puls der Zeit, denn der Umschwung vom Kauf zur Miete heißt für den Verbraucher: mehr Transparenz, mehr Flexibilität und schnellerer Zugang zu den innovativsten Produkten und Dienstleistungen, deren Entwicklung man aktiv vorantreibt. Anbieter profitieren von geringen Anlaufinvestitionen, schnellerem Innovationstempo, direktem Feedback und langfristigen Kundenbeziehungen. TECHNICITY.DAIMLER.COM

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Dabei unterscheidet man streng genommen zwischen zwei verschiedenen Modellen des Sharing: einmal ein zentralisiertes Modell, bei dem ein Anbieter wie car2go die Betriebsmittel besitzt und gegen eine Nutzungsgebühr oder Mitgliedschaft vermietet, und zweitens Peer-to-Peer-Modelle (P2P), bei denen die Betreiber lediglich eine Plattform schaffen, die als Katalysator für die individuellen Teilnehmer – Verbraucher wie Firmenkunden – dient. Der Gedanke eines Peer-to-Peer-Netzwerkes an sich ist nicht neu. Der Begriff weckt zwar oft Assoziationen an das meist illegale Teilen von Musikdateien, dabei verlassen sich Wissenschaftler schon seit Langem auf Netzwerke, um Forschungsaufgaben schneller zu lösen. Prominentestes Beispiel ist SETI@home. Dazu poolten Forscher der Universität Berkeley seit 1999 die ungenutzte Rechnerleistung auf mehr als fünf Millionen PCs in aller Welt, um Messungen von Radioteleskopen nach Hinweisen auf intelligentes Leben im Weltall auszuwerten. Neu ist die Möglichkeit, dank mobiler Netze und Apps jeden Konsumenten in einen Produzenten zu verwandeln. Ob zentral verwaltet oder P2P, beide Marktsegmente der Sharing Society boomen. Nach Ganskys Erhebungen gibt es bereits mehr als 7.600 Firmen in 413 Städten und 36 Ländern, vom kleinen Einmannbetrieb, der lebende Weihnachtsbäume vermietet, über mit Wagniskapital finanzierte Start-ups wie Airbnb aus San Francisco bis zu Wimdu aus Berlin. Die Branchen, in denen Sharing und Kollaboration Fuß gefasst haben, reichen von Car- und Bikesharing über Büroplätze auf Stunden- oder Monatsbasis bis hin zu Diensten wie TaskRabbit, bei denen man spontan Arbeitskräfte für Gelegenheitsarbeiten buchen kann, vom Rasenmähen bis zur Besorgung im Supermarkt. Ein weiteres zentrales Element der Sharing Society sind neue Finanzierungsnetzwerke wie Kickstarter in den USA und Startnext in Deutschland. Diese Crowdfunding-Plattformen, gepaart mit Zahlungssystemen wie Square, die statt einer Kasse nur noch ein Smartphone erfordern, bieten auch Einzelpersonen die Chance, Startkapital einzusammeln und sogar Kreditkarten zu akzeptieren. Selbst SharingPlattformen zum Austausch von Kleidung, Werkzeugen oder dem eigenen Garten florieren. „Zwei Dinge machen Sharing für Menschen attraktiv“, resümiert Adam Lesser vom Investmenthaus Blueshift Research, Autor eines Reports zu Chancen und Risiken der Share Economy: „mehr Komfort und niedrigere Kosten“. Diese Erfahrung werden Sie sicher bestätigen können, wenn Sie mit Ihrem Termin in Stuttgart fertig sind. Die Bewertungen des Coworking-Büros und der Unterkunft, die Sie auf der Heimfahrt per Smartphone abschicken, bauen die Sharing Society Klick für Klick weiter auf.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag unter: technicity.DAIMLER.com/sharing-society

»Sharing-Konzepte bieten zusätzliche Flexibilität.« Wilfried Steffen, Leiter des Bereichs Business Innovation bei Daimler, über die Potenziale der Sharing-Idee. Erfahrung  Herr Steffen, haben Sie selbst schon Erfahrungen mit der Sharing Society gemacht, beruflich oder privat? Ja, ich nutze regelmäßig car2go und schätze jedes Mal die Flexibilität, die mir der Dienst bietet.

Prioritäten  Wie würden Sie den Begriff Sharing Society definieren? Sharing Society steht für mich für einen Trend bei Verbrauchern, die gezielt überlegen, welche Güter sie wie nutzen, so dass sich eine Anschaffung lohnt. Das hängt natürlich davon ab, um was es jeweils geht und welche Motive mit einem Kauf verbunden werden.

Unabhängigkeit  Aus welchen Gründen findet diese Vision Ihrer Meinung nach bei Unternehmen wie Verbrauchern Anklang? Bei Unternehmen hat es betriebswirtschaftliche Gründe. Die betrachten kritisch den Nutzungsgrad von Maschinen, Gebäuden, Parkplätzen, Fuhrparks. Bei Verbrauchern ist es eher das Streben nach Unabhängigkeit. Sharing-Konzepte bieten sowohl für Unternehmen als auch Verbraucher zusätzliche Flexibilität. Sharing hat sich im Musikbereich zum ersten Mal populär durchgesetzt. Das ist – Stichwort Napster – mehr als zehn Jahre her. Vor allem jüngere Leute haben sich schnell mit diesem Gedanken angefreundet: Musik zu teilen, bevor ich sie kaufe, und wenn ich etwas habe, teile ich es gerne mit anderen in der Community. Etwas Interessantes beobachten wir bei car2go. Entgegen der landläufigen Meinung, Carsharing werde vor allem von Jüngeren genutzt, hat car2go Kunden von 18 bis 70. Die Altersgruppen von 18 bis 24, 25 bis 35 und 36 bis 49 sind gleich stark vertreten.

Konzepte  Warum ist das Thema Sharing Society • VIDEO Der offizielle Trailer zu moovel, der neuen Mobilitätsplattform von Daimler. • HINTERGRUND (1) Elektronisches Bezahlen: Finanzplattformen ermöglichen den

Handel der Sharing Society vom Smartphone aus.

(2) Kickstarter und Co. – die Crowd finanziert es.

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für einen Automobilkonzern wie Daimler interessant? Wir schauen uns gesellschaftliche Trends genau an, die Auswirkungen auf unser Geschäft als Mobilitätsanbieter haben. Sharing ist einer dieser Trends. Da liegt es nahe, dass wir – ergänzend zu unserem Kerngeschäft – Angebote entwickeln, die flexibel und temporär Zugang zu Mobilität ermöglichen. Neben dem reinen Sharing eines Gutes wie dem Auto arbeiten


wir auch an weiterführenden Konzepten wie Ridesharing. Hier erlaubt uns die Kooperation mit mitfahrgelegenheit.de, beispielsweise die Grundidee von car2gether auf eine deutlich breitere Basis zu stellen.

die sagt: Ich brauche so etwas nicht, da ich mich in meiner Stadt auskenne. moovel ist jedoch ein sehr interessantes Angebot für diejenigen, die sehr mobil sind. Der Mobilitätswunsch in den Gesellschaften wird nicht abnehmen, sondern sich über die eigenen, unmittelbaren Lebensbereiche hinaus ausweiten. Es ist auch davon auszugehen, dass Menschen zunehmend nach kostengünstigen Lösungen schauen. Das sieht man bei der verstärkten Nachfrage nach Mitfahrgelegenheiten beispielsweise unter Pendlern. Und die Umweltaspekte werden eine größere Rolle spielen.

Moovel  Ein solches neues Konzept ist moovel, das unter anderem auch die Möglichkeit bietet, schnell und unkompliziert eine private Mitfahrgelegenheit zu organisieren. Was ist das Besondere daran? Bei moovel sind wir von der simplen Frage ausgegangen: Wie komme ich am besten von A nach B, ohne mich auf einen Verkehrsträger beschränken zu müssen? Wir zeigen dem Nutzer einen ganzen Strauß von Optionen. Das kann car2go, Bus und Bahn sein, eine Mitfahrgelegenheit oder auch das Taxi sein. Wir verstehen moovel als offene Plattform, die grundsätzlich allen Anbietern urbaner Mobilität offen steht.

Partner  Welche Erfahrungen haben Sie mit moovel in Stuttgart und Berlin gesammelt? In Berlin haben wir Ende Oktober unser zweites Pilotprojekt gestartet, aber unser Anspruch geht natürlich darüber hinaus. Wenn sich die beiden Pilotprojekte bewähren, folgen im kommenden Jahr sicher weitere Städte. Erfahrungen haben wir beispielsweise auch im Dialog mit potenziellen Partnern gesammelt. Gefreut haben wir uns natürlich gerade auch über die Reaktionen der Nutzer nach dem moovel-Startschuss in Stuttgart – insbesondere für die Benutzerführung auf unserer App. Häufigster Wunsch für die Erweiterung des Angebots war eine Android-App. Und die kommt in Kürze.

Zeitgeist  Wo sehen Sie das größte

curriculum vitae Jahrgang 1955 verheiratet, 2 Töchter und 1 Sohn Diplom-Kaufmann seit fast 30 Jahren bei Daimler 1981–1993 im Controlling bei Daimler-Benz in Bremen 1993–1999 Vice President Controlling und Finanzen bei Mercedes-Benz Nordamerika 2000–2003 Leiter DaimlerChrysler Schweiz von 2003 bis 2011 Leiter der britischen Landesgesellschaft Mercedes-Benz UK Ltd

Nachfrage  Wie wird sich das Mobilitätsverhalten von Menschen in der Sharing Society verändern? Menschen betrachten Mobilität zunehmend als einen Mix mehrerer Optionen. Es wird immer diejenigen geben, die sagen: Ich fahre nur Auto, ich fahre nur Bahn und Fahrrad. Und es wird eine Gruppe geben, TECHNICITY.DAIMLER.COM

Innovationspotenzial in diesem Bereich? Vieles von dem, was heute als Sharing bezeichnet wird, wurde vor zehn Jahren schon einmal probiert und wieder eingestellt, weil der Zeitgeist noch ein anderer war oder die entsprechenden Technologien noch nicht verfügbar waren. Aus unserer Sicht bleibt der Aspekt „jederzeit und überall“ entscheidend wie beispielsweise bei car2go und moovel. Jederzeit und überall Zugang zu flexibler Mobilität ist ein Bedürfnis, das in einer mobilen Gesellschaft immer ausgeprägter wird. Und Smartphones wirken hier wie Katalysatoren.

Innovationen  Werden große, etablierte Unternehmen oder kleine Startups die meisten dieser Innovationen beisteuern? Viele dieser Start-ups werden von Individuen gegründet, die ein Kundenbedürfnis erkennen und eine passende Lösung schaffen wollen. Der Boom im Ridesharing ist ein typisches Beispiel. Das Grundkonzept gibt es seit vielen Jahrzehnten. Kleine, wendige Start-ups machen den Anfang. Dann folgt meist eine Konsolidierungsphase, in der größere Unternehmen besser in der Lage sind, diese Angebote auf eine breitere technische Plattform zu stellen, die skalierbar und damit erfolgreich ist. Da gelten ganz normale Marktgesetze, die wir auch in anderen Onlinemärkten gesehen haben. 29


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­Z eichen syst em e der Mo bili tät

Die niederländischen Staatsbahnen erhielten 1968 eine radikal neue Corporate Identity. Das Büro Teldesign erneuerte die ­Wahrnehmung des Mobilitätssystems Eisenbahn damals vom ­Markenzeichen bis zur Gestaltung der Bahnhöfe. Dieser Prozess gehört zur kulturellen ­Entwicklung der Niederlande in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Text Peter Thomas

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Nederlandse Spoorwegen und Europa: Vor­bildfunktion der regel­ mäSSigen ­Takte  Mit der Einführung regelmäßig getakteter Verbindungen im Personenverkehr haben die Nederlandse Spoorwegen früh Maßstäbe im europäischen Bahnverkehr gesetzt. Die Bedeutung der länderübergreifenden ­Verbindungen machen aber auch Fahrzeuge wie der TransEurop-Express „DE IV“ und der ICE 3 deutlich: Den TEE (Kooperation mit der Schweiz) setzten die niederländischen Staatsbahnen von 1957 bis 1977 gemeinsam mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ein. Er verkehrte unter anderem zwischen Amsterdam, Zürich, Basel, Brüssel und ­Paris. Der Hochgeschwindigkeitszug ICE 3 der Deutschen Bahn (DB) wurde von 1997 an in Dienst gestellt. Für den länderübergreifenden Verkehr hat Nederlandse Spoorwegen vier dieser bis zu 330 km/h schnellen Züge mit M ­ ehrsystemtechnik gekauft, die Lackierung entspricht jener der deutschen ICE-Garnituren.

Amsterdamer Hauptbahnhof Seit den 1980er-Jahren prägt das Design des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) das Amsterdamer Stadtbild mit, wie hier am Hauptbahnhof „Centraal“ in Amsterdam deutlich wird.

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elb und blau, klar und modern: Das ist der neue Auftritt der „Nederlandse Spoorwegen“, mit dem die niederländische Eisenbahn im Jahr 1968 die Signale ihrer öffentlichen Wahrnehmung eindeutig auf Zukunft stellt. Das markante Corporate Design, entwickelt vom Büro Teldesign, holt die Staatsbahn damals nicht nur aus ihrem gestalterischen Nachkriegseinerlei heraus. Vielmehr verändert es ganz allgemein die Sichtbarkeit von Mobilität im öffentlichen Raum der Niederlande.

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Der Schlüssel zu diesem neuen Zeichensystem der Eisenbahn ist das von Gert Dumbar entwickelte Logo. Vom barock anmutenden Flügelrad, dem ursprünglichen Markenzeichen der Nederlandse Spoorwegen, entfernt sich zwar schon Jan de Haan mit dem ersten Nachkriegsemblem der Bahn. Doch erst Gert Dumbar löst sich völlig von dieser Bildmarke, experimentiert mit Pfeilen und abstrahierten Schienen, bis er die Idee des Bahnnetzes im endgültigen Entwurf umsetzt.

Dieses Markenzeichen entspricht denn auch der neuen Vision, die das Verkehrsunternehmen 1968 von seiner eigenen Aufgabe hatte, sagt Professor Dr. Rolf-Ulrich Kunze vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT): „Die Bahn war ein unverzichtbarer Baustein des modernen Lebens geworden – technisch wie sozial.“ Die Botschaft des Netzsymbols, das die Marke Nederlandse Spoorwegen im öffentlichen Raum wieder präsent machte, reichte also tief.


Verkehrsbetriebe amsterdam Auch der visuelle Auftritt der städtischen Verkehrsbetriebe Gemeentelijk Vervoerbedrijf (GVB) in Amsterdam leitet sich von den gestalterischen Grundideen der Nederlandse Spoorwegen ab.

Es war eine Epoche der Konkurrenz zwischen den Verkehrsträgern, in der sich die 1938 aus der Fusion bisher rechtlich eigenständiger Eisenbahnen hervorgegangene Staatsbahn dazu entschloss, mit einer radikal veränderten Corporate Identity ihrem Mobilitätsangebot ein neues Gesicht zu geben. Um die Balance zwischen kollektiver und individueller Mobilität wurde nicht nur in den Niederlanden der 1960er-Jahre politisch und gesellschaftlich hart gerungen. Zu den Folgen des Prozesses gehörte beispielsweise in Deutschland und Großbritan-

nien die Stilllegung vieler Eisenbahnnebenstrecken. Doch im Vergleich zu diesen Ländern gab es in den Niederlanden eine besondere Situation: „Die Mehrheit der Niederländer entschied sich gegen einen Pfad zu einer autogerechten Gesellschaft, in welcher dem ÖPNV und erst recht dem Fahrrad nur noch subsidiäre Funktionen zugekommen wären“, sagt Rolf-Ulrich Kunze. Der kollektive Wunsch nach einem Nebeneinander von motorisiertem Individualverkehr, ÖPNV, Fahrrad und anderen Mobilitätsformen

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sorgte dafür, dass das niederländische Mobilitätssystem bis heute anders kodiert ist als jenes in vielen Nachbarländern. 1968 war das eine fruchtbare Projektionsfläche für die neue CI der Staatsbahn, heute kann es Vorbild für ein zeitgemäßes Mobilitätsdesign sein, das die intelligente Verbindung verschiedener Verkehrsmittel zum Ziel hat. „Das niederländische Beispiel zeigt“, sagt Professor Kunze, „wie so etwas auf einem hohen Niveau des Mobilitätskonsums möglich ist.“

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Gutes Mobilitätsdesign ist auch für den öffentlichen Personenverkehr auf der Straße unabdingbar. Hier entwickeln nicht nur die verschiedenen Verkehrsunternehmen eigene Zeichensysteme, sondern auch die eingesetzten Fahrzeuge führen zu Designsprachen, die für einzelne Länder oder ganze Kulturkreise spezifische Stile entwickeln. So wurde der deutsche Stadtbusverkehr von den späten 1960er-Jahren bis zur Jahrtausendwende durch die VÖVStandardlinienbusse geprägt, zu den Ikonen der Mercedes-Benz O 305 (erste Generation) und der Mercedes-Benz O 405 (zweite Generation) gehören. Von einem ganz anderen Design waren die 1967 eingeführten „Standaard Streekbussen“ der Niederlande geprägt. Zur ersten Generation dieser Stadtbusse gehörten der Leyland-Verheul LVB668 und der DAF MB200. Zu ihren charakteristischen Designmerkmalen gehörten die von einem Rahmen umfassten, runden Scheinwerfer. Typische Elemente der Benelux-Busse dieser Epoche zeigten damals auch Fahrzeuge des belgischen Herstellers Van Hool, der seit 1954 auf dem niederländischen Markt vertreten

Stadtverkehr in London Weltweit bekannt: rote Stadtbusse und das markante Logo der Londoner „Tube“.

Das Logo der „TUBE“  Aus dem historischen Logo, dem „Roundel“, wurde das komplette Gestaltungskonzept des Londoner ÖPNV entwickelt.

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ist. Solche länderspezifischen Designsprachen lassen sich im Bereich der Nutzfahrzeuge bis heute ausmachen, sie verorten ein Fahrzeug oder eine Marke in der Wahrnehmung des Betrachters ganz intuitiv vor einem bestimmten Hintergrund. Angesichts globaler Trends zur Urbanisierung hat Mobilitätsdesign heute ein neues Gewicht als prägendes Element von ­Cityscapes, den modernen Stadtlandschaften. Denn Megacitys und Megaregionen brauchen nicht nur dichte Verkehrsnetze. Sondern diesen Infrastrukturen müssen auch die entsprechenden Zeichensysteme zur Seite gestellt werden, damit sie von den Nutzern möglichst intuitiv erschlossen werden können. Das gilt beispielsweise für dynamische Verkehrszeichen, die mit dem aktuellen Straßenverkehr interagieren. Vor allem aber muss sich die Vernetzung der Verkehrsströme und Modalitätsformen im Design prägnant und greifbar widerspiegeln. Wie das gelingen kann, zeigt unter anderem der Nahverkehr der Großregion London, wo das historische Logo („Roundel“) der U-Bahn „London Underground“ die Vorlage für Markenzeichen und

Beschilderungen einer ganzen Welt des öffentlichen Verkehrs wurde. In seiner heutigen Form wurde das Roundel 1919 von Edward Johnston gestaltet, das Design der mindestens ebenso ikonischen Netzkarte entwickelte Harry Beck 1931. Diese Karte mit ihren abstrahierten Linienverläufen wurde zur Vorlage für Netzpläne in aller Welt. Was London mit dem Design für die U-Bahn in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schaffte, erreichte 1968 auch die niederländische Staatsbahn mit dem neuen Erscheinungsbild: Die Nutzer nahmen das Zeichensystem mit seinen Leitfarben und Formen nicht nur positiv auf, sondern machten den modernen Auftritt der Staatsbahn sogar zum Teil ihrer eigenen Identität. Diesen Prozess beschreibt Wibo Bakker in seinem 2011 erschienenen Buch über niederländisches Firmendesign in der Zeit von 1960 bis 1975. Die hohe Relevanz, die gute Gestaltung in den Niederlanden hatte und hat, lässt sich auch durch die Geschichte des Landes erklären, sagt Rolf-Ulrich Kunze: „In einer Gesellschaft, die seit dem 19. Jahrhundert außerordentlich stark in sozialmoralisch-


faktum Zahlen und Fakten zur Entwicklung der europäischen ­Bahnnetze von den ­frühen Nationalbahnen bis zu den modernen europäischen Korridoren:

1835

1835 kommt die Eisenbahn von Großbritannien auf das europäische Festland: Im Mai des Jahres eröffnet die erste Strecke in Belgien, im Dezember folgt die Premiere der ersten deutschen Strecke von Nürnberg nach Fürth.

Mercedes-Benz O 305  Die erste Generation des Klassikers gehört zu den Ikonen der VÖV-Standardlinienbusse.

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17 Kilometer lang ist die erste Eisenbahnstrecke in den Niederlanden, die von Amsterdam nach Haarlem führt und 1839 eröffnet wird. „Die geografischen Verhältnisse des Landes waren dem Eisenbahnbau nicht förderlich“, schreibt Victor von Röll 1912 in seiner Geschichte des Eisenbahnwesens über diese Epoche. Grund dafür sei vor allem die Notwendigkeit zu zahlreichen Ingenieurbauten gewesen, um Kanäle und Flüsse zu überqueren. Dennoch erteilte

Mercedes-Benz O 405  Auch der

König Wilhelm I. 1836 die Konzession für Bau und Betrieb

Nachfolger in der zweiten Generation ist im Stadt-

der ersten Bahnstrecke.

verkehr weltweit im Einsatz – auch heute noch.

1.945

Für die Breitspur mit 1.945 Millimetern entscheiden sich die Erbauer der ersten niederländischen Bahnen. Doch die schnell zunehmende Vernetzung der europäischen Eisenbahnen sorgt dafür, dass sich auch in den Niederlanden die britische Normalspur mit 1.435 Millimeter Spurweite durchsetzt. Der Umbau wird 1866 abgeschlossen. Wichtig für die länder­überschreitenden Verkehre waren insbesondere Verbindungen zwischen den niederländischen Häfen auf der einen Seite und Märkten sowie Produktionsstätten in den deutschen Ländern.

Züge, LeitSystem und Stationen Der charakteristische rote Farbton ist das Markenzeichen der Londoner Verkehrsbetriebe.

332

332 Kilometer umfasste das niederländische Eisenbahnnetz im Jahr 1857. In den folgenden Jahrzehnten wurden zunächst Hauptbahnen gebaut, von 1878 an verstärkt auch Strecken für den Lokal- und Regionalverkehr. Insgesamt verzehnfacht sich die Streckenlänge innerhalb von 50 Jahren nahezu: 1910 misst das Netz mehr als 3.200 Kilometer. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat das Schienennetz der Niederlande schließlich eine Länge von rund 2.800 Kilometern, es gilt als eines der am intensivsten genutzten in ganz Europa ­( insgesamt rund 340.000 Kilometer).

Produktdesign  Die aktuelle

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Von Rotterdam nach Genua führt der Korridor 24 der trans­europäischen Eisenbahnverbindungen TEN-T. Die ­Strecke führt von den Niederlanden über Deutschland

Generation der ÖPNV-Züge fährt ebenfalls im Look

und die Schweiz nach Italien. Ihre Bedeutung für den ­

der „London Tube“.

Güterverkehr wird nach der Öffnung der Alpenbasistunnel weiter zunehmen.

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Länderübergreifend  Verwendung markanter grafischer Elemente im europäischen Schienenverkehr.

Schweizerische bundesBahnen Züge der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im farblich konsequenten Erscheinungsbild.

weltanschauliche ,Säulen‘ nach Konfession und politischer Überzeugung gegliedert ist, sind Zeichen zur Integration und zur Repräsentation der eigenen Zugehörigkeit wichtig.“ Und als zentrale Mittel dieser Selbstdefinition nach außen hin nennt Kunze neben der Architektur eben vor allem Design, die Gestaltung von Gebrauchsgütern und unserer Alltagswelt. Das neue Nederlandse-SpoorwegenDesign von 1968, das auf den ersten Blick vor allem die Akzeptanz eines Mobilitätssystems in einer Phase des Umbruchs stärkte, wird somit auch zum Teil der Verhandlung von Verkehrsentwicklung als gesellschaftlichem Prozess: Dieses Angebot eines neuen Zeichensystems stehe für den diskursiven, sozialkommunikativ ausgerichteten Staat in den Niederlanden der 1960er-Jahre, sagt Technikhistoriker Kunze. Ähnliche Prozesse lassen sich – wenn auch unter anderen politischen Vorzeichen – schon früher beobachten. So entwickelten bereits frühe Eisenbahngesellschaften in Deutschland, England, den USA und anderen Ländern typische Mobilitätsdesigns – vom Markenzeichen über die Gestaltung der Fahrzeuge bis zur Architektur der Bahnhöfe. So entstanden Identifikationsgemein-

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schaften, auch wenn sich deren Mitglieder in den Zügen auf drei und mehr Klassen verteilten. Der Karlsruher Wissenschaftler nennt als Beispiele den London-and-NorthEastern-Railway-Stil, den Reichsbahn- und den Pennsylvania-Railroad-Stil. In einem ganz neuen Stil präsentierten sich 1968 die Nederlandse Spoorwegen: Leuchtendgelbe Fahrzeuge mit blauen Akzenten, eine moderne Typografie und Gestaltung aller Informationsmedien, dazu frische Dienstbekleidung und eine an die Flughäfen der Zeit angelehnte Gestaltung der Bahnhöfe – die modernen Nederlandse Spoorwegen zeigten Nähe, Flexibilität und Transparenz. Und der technisch durchaus moderne Fuhrpark mit seinem hohen Anteil an Triebwagen im Personenverkehr und avantgardistischen Lokomotiven aus französischer Produktion wurde durch das neue Corporate Design plötzlich im Stadt- und Landschaftsbild als in sich stimmiges System sichtbar. Aber Mobilitätsdesign prägt und leitet nicht nur die Wahrnehmung der Fahrzeuge und Infrastruktur durch den Menschen. Auch umgekehrt wird der Blick des Reisenden ganz erheblich davon geleitet, wie man unterwegs ist. „Die Eisenbahn inszeniert ei-

ne neue Landschaft“, beschreibt Wolfgang Schivelbusch dieses Prinzip des panoramatischen Sehens aus dem dahineilenden Zug bereits 1977 in seinem Werk „Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert“. Auch das Automobil hat die Wahrnehmung solcher Panoramen geprägt, wobei hier der Blick vor allem nach vorn durch die Windschutzscheibe fällt. Das Innen- und Außendesign des Fahrzeugs, seine Größe und sein Fahrverhalten sind Rahmenbedingungen im Wortsinne für diese Perspektive, die von den A-Säulen, dem Dach und der Motorhaube begrenzt wird. Auch dieser automobile Blick ist eine Art von Mobilitätsdesign, die verschiedene historische Ausprägungen kennt. In unserer Epoche überlagert sich der Blick auf die Kulturlandschaft des Straßennetzes im Kontext seiner Umgebung immer stärker mit elektronischen Inhalten vom Navigationsgerät bis zu den Anzeigen der Head-up-Displays. Gleichzeitig erweitert die Sensorik des Automobils die Fähigkeit des Fahrers zur Wahrnehmung seiner Umgebung. Das sind Impulse und Herausforderungen zugleich für ein Mobilitätsdesign der Zukunft.


»Unser emotionales Bilderkennungs­ system ist ­komplex.«

wahrnehmung Herr Kunze, prägt unsere Mobilität unsere Wahrnehmung? Ja, da gibt es einen starken gegenseitigen Bezug. Denn wenn wir unterwegs sind, sehen wir die Welt fast immer durch formatgebende Technik. Und dabei hängt viel in unserer Wahrnehmung davon ab, ob wir durchs Fenster eines alten Reisewagens der DDR-Reichsbahn auf die Welt blicken oder durch das Fenster eines ICE, ob sich vor uns die Frontscheibe einer Citroën DS wölbt oder die Windschutzscheibe eines Käfers. Wir projizieren gewissermaßen ein Normalbild auf die Windschutzscheibe, von dem wir Abweichungen registrieren. Verändert sich das Normalbild signifikant, empfinden wir das als kleine, aber vorhandene Störung. Unser emotionales Bilderkennungssystem ist komplex und Wissenschaftler wie mein Kollege Kurt Möser am KIT beginnen gerade erst, das Phänomen in seiner Komplexität zu erfassen.

Rolf-Ulrich KUNZE über Mobilität und Design

Technologieexperte ­Rolf-Ulrich KUNZE ist Professor für neuere und neueste ­Geschichte am Karlsruher Institut für Technologie

curriculum vitae Jahrgang 1968 Historiker Studium der Rechtswissenschaften, Geschichte, Germanistik und Politischen Wissenschaft in Frankfurt am Main und Würzburg seit 2007 arbeitet Kunze am Institut für Philosophie der Universität Karlsruhe (TH), Studiengang Europäische Kultur und Ideengeschichte (European Studies) Schwerpunkte in Forschung und Lehre:

rapide wachsendes Feld industrieller Anwendungen im Lebensalltag – eben auch in der Mobilität – reagiert. Die konsequente Neugestaltung des Corporate Designs der nie­derländischen Staatsbahn in den 1960er-Jahren steht hingegen mehr für einen diskursiven, sozialkommunikativ ausgerichteten Staat: Sein Angebot eines neuen Zeichensystems ist zwar auch ein steuernder Eingriff, lässt sich aber nicht mit regelnden und informierenden Verkehrszeichen vergleichen. Das neue NederlandseSpoorwegen-Design von 1968 dient der Erzeugung von Akzeptanz und ist Teil des Aushandelns gesellschaftlicher Prozesse. Dazu musste der in den Niederlanden schwach entwickelte Zentralstaat starke Zeichen im öffentlichen Raum setzen.

Wissenschafts- und Technikgeschichte, europäisch-atlantische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Geschichte der Niederlande und der USA

Akzeptanz  Ist der Zusammenhang von Zeichensystemen und ­modernem Verkehr ein Phänomen der Moderne? Das gilt insofern, als Verkehrsordnungen und Maßnahmen zur Verkehrsregulierung charakteristische Handlungsfelder für den starken Nationalstaat der Industriegesellschaft sind, der steuernd auf ein

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Chancen  Welche Anforderungen stellen sich heute an das Mobilitätsdesign? Bildmarken des Mobilitätsdesigns sind die zentralen Orientierungsmarken des Mobilitätszeitalters. Dieser Prozess hat mit der massenhaften Nutzung der Eisenbahn begonnen und hat sich im Automobilzeitalter weiterentwickelt. Ein zeitgemäßes Mobilitätsdesign sollte sich auf verschiedene Verkehrsmittel beziehen und die Chancen dieser Vielfalt zum Ausdruck bringen.

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Moskau Russische Hauptstadt und größte Stadt Europas Gründungsjahr circa 1147 Fläche (Stadt) 2.550 km² Einwohnerzahl (Stadt)

Wissenswertes aus Metropolen, in denen sich Urbanität und ­technologische Innovationen auf besondere Weise vereinen.

11,5 Millionen Einwohnerzahl (Metropolregion) 15,1 Millionen Bevölkerungsdichte (Stadt) 4.509 Einwohner/km²

Hongkong Globaler Finanzplatz und Wirtschafts­ metropole Südchinas Gründungsjahr circa 3.000 v. Chr. (erste Besiedlung) Fläche (Stadt) 1.085 km² Einwohnerzahl (Stadt) 7 Millionen Einwohnerzahl (Metropolregion) 63 Millionen (Pearl-River-Delta) Bevölkerungsdichte (Stadt) 6.508 Einwohner/km²

rio de Janeiro Zweitgrößte Stadt Brasiliens, Wirtschaftsund ­Wissenschaftsmetropole Gründungsjahr 1565 Fläche (Metropolregion) 4.557 km² Einwohnerzahl (Stadt) 6,3 Millionen Einwohnerzahl (Metropolregion) 11,9 Millionen Bevölkerungsdichte (Stadt) 5.018 Einwohner/km²

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METROPOL M OSKAU

Europas größte Stadt wächst weiter. Dezentrale S ­ trukturen und der ­Ausbau der ­ erkehrsnetze ­werden ­vorangetrieben. V

stadtentwicklung

technologie

mobilität

Die Hauptstadt an der Moskwa expandiert. Die beiden südwestlichen Verwaltungsbezirke Troizk und Nowomoskowski sind seit Juli 2012 Teil der Metropole. Die Fläche Moskaus hat sich damit mehr als verdoppelt, 230.000 Einwohner sind auf einen Schlag hinzugekommen. Bürgermeister Sobjanin und seine Regierung sehen in der Expansion neue Chancen für einen Paradigmenwechsel in der Moskauer Stadtentwicklung: Stark zentralisierte Strukturen sollen durch kleinere lokale Einheiten abgelöst werden.

Ein kleines Dorf rund 15 Kilometer vor Moskau soll zum russischen Silicon Valley werden. Bis 2015 wird das Innovationszentrum Skolkovo mit staatlichen Investitionen in Milliardenhöhe zum Forschungs- und Industriecluster mit Schwerpunkt auf Energie, IT und Biomedizin ausgebaut. Technologiekonzerne wie Intel, Microsoft und Siemens sind in das Vorzeigeprojekt eingestiegen.

Die Entwicklungsdynamik Moskaus hat die urbane Verkehrsinfrastruktur an ihre Grenzen gebracht. Unter der Woche sind im Stadtgebiet schon Staus mit einer Gesamtläge von 700 Kilometern verzeichnet worden. Bei Wohlhabenden sind HubschrauberTaxis in Mode. Der Entwicklungsplan der Stadt sieht jetzt vor, das Straßennetz bis 2025 um 2.000 Kilometer zu erweitern und auf einer Länge von 380 Kilometern neue U-Bahn-Linien zu bauen.

HONGkong

Die boomende Region um den Perlfluss verschmilzt ­immer mehr zur Megacity und ist Schauplatz gewaltiger ­Verkehrsprojekte.

kultur

infrastruktur

finanzen

Mit dem West Kowloon Cultural District entsteht ab 2013 ein ganzes neues Kulturviertel, das auf einer Fläche von 14 Hektar unter anderem Museen, Galerien und Theater beherbergt. Bei einem internationalen Wettbewerb wurde der Masterplan „City Park“ des renommierten Architekturbüros Foster+Partners ausgewählt.

Mit acht weiteren Millionenstädten im Pearl-River-Delta verschmilzt Hongkong immer mehr zu einer gigantischen Megacity. Eines der spektakulären Projekte, die die Metropolen immer enger miteinander verweben, ist die Verbindung über den Perlfluss zwischen Hongkong, Zhuhai und Macao. Der längste durchgängige Brückenabschnitt wird fast 23 Kilometer lang sein. Die Fahrzeit Hongkong–Macao soll auf rund eine halbe Stunde reduziert werden.

Der Financial Development Report des Weltwirtschaftsforums kürte Hongkong 2011 zum höchstentwickelten Finanzplatz der Welt – noch vor den zweitplatzierten USA und Großbritannien (Platz 3). Nirgends gibt es mehr Börsengänge als in der südchinesischen Sonderverwaltungszone. Von den 100 größten Banken der Welt haben über 70 einen Standort in Hongkong. Auch Daimler Financial Services (DFS) ist mit dem gesamten Leistungsangebot von Finanzierung über Leasing bis hin zu Versicherungen seit 1996 in Hongkong vertreten.

R IO DE JA NE I RO

Mit der Fußball-WM und den Olympischen ­Spielen s­ tehen Groß­ereignisse bevor. Die ­Infrastruktur wird ­massiv ausgebaut.

mobilität

nachhaltigkeit

architektur

In Vorbereitung auf den Besucheransturm zur Fußball-WM 2014 und den Olympischen Sommerspielen 2016 errichtet Rio ein über 150 Kilometer langes Bus-RapidTransit-System (BRT) mit mehreren Korridoren. Der teilweise bereits fertiggestellte Transoeste-BRT-Korridor umfasst: • mehr als 30 Kilometer mit rund 90 Mercedes-Benz Gelenkbussen, • eine geplante Gesamtlänge von 56 Kilometern, • insgesamt 53 Stationen in mehreren Bezirken von Rio de Janeiro.

Die Metropole unterm Zuckerhut war 2012 Gastgeber der Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung. Auf kommunaler Ebene versucht die Stadt mit dem „Low Carbon City Development Program“ ihre Emissionen zu senken. Eine Reduktion um 20 Prozent bis 2020 ist die Zielmarke. Gegenüber 2005 ist der Schadstoffausstoß bereits um 8 Prozent zurückgegangen. Zu den Maßnahmen des Programms gehören die Verdopplung der Radwege, ein BRT-System und ein urbanes Aufforstungsprojekt.

Das Museum für audiovisuelle Kunst zieht in ein faszinierendes Gebäude unmittelbar am Strand von Copacabana. Die Fassade des sechsstöckigen Bauwerks wird von einem „vertikalen Boulevard“ in Form breiter Fußgängerrampen umlaufen. Entworfen wurde es von den New Yorker Architekten Diller Scofidio + Renfro.

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Mobilität in Innovations­ regionen Die Stadtflagge von São Paulo

REPORT   Wo Technologie, Wirtschaft, und Kreativität zusammenkommen, liegen die Innovationsregionen der Welt. Nach Singapur und Vancouver stellt TECHNICITY die südamerikanische Megacity São Paulo vor, die stadt- und verkehrsplanerisch vor großen Herausforderungen steht.


SüdamerikaS Weltstadt

SÃo Paulo Text Markus Wanzeck

KLIMA

S

27 – In São Paulo herrscht ein tropisches Klima mit 19 °C

einer Luftfeuchtigkeit von 78 Prozent im Jahres­

durchschnitt. Die Sommer sind regenreich, bei Tem-

W

peraturen zwischen 19 Grad und 27 Grad Celsius. 19 – Die Winter sind überwiegend sonnig und trocken. 15 °C

Nur selten wird es kälter als 15 Grad. (QUELLE: Cidade de São Paulo)

Fotografie Rafael Dabul

Megacity im Stau

BEVÖLKERUNGSDICHTE

29.380

pro km2

Im Stadtgebiet von São Paulo leben durchschnittlich 7.115 Menschen pro Quadratkilometer. Im 10-Kilometer-Radius um das Stadtzentrum beträgt die Bevölkerungsdichte 10.300 Einwohner pro

E

s dauert sieben Minuten, bis Mario Figueroa und seine Frau Letícia Tamisari ihren Frühstückstisch erreichen. Ihr bevorzugtes Café liegt nur wenige Schritte von ihrer Wohnung entfernt. Bestellen brauchen sie nicht: Kellnerin Aline bringt dem Architektenpaar dasselbe wie jeden Morgen – Pão na chapa, getoastetes Brot mit Butter, dazu ein Glas Orangensaft. Freitagmorgen, halb zehn, im vornehmen Stadtteil Higienópolis: „Wir Paulistanos beginnen den Tag lieber mit einem Frühstück auswärts als zu Hause“, sagt Figueroa, trotz bisweilen drückender Hitze, dichtem Verkehr, schlechter Luft und der hohen Kriminalität, die mit den sozialen Unterschieden in der Stadt zusammenhängt. Sogar der Bürgermeister gibt öffentlich zu: „Die Ungleichheit bei uns ist eine der weltweit größten.“ São Paulo zählt zu den reichsten und teuersten Städten der Welt, ist das wirtschaftliche Zentrum des aufstrebenden Schwellenlandes, doch in den Randbezirken wuchern die Favelas, die Armenviertel Brasiliens. Kaum irgendwo ist die Gefahr größer, entführt zu werden, als in dieser Stadt. In den Hauptverkehrsstraßen sind Polizisten mit schusssicheren Westen postiert. Die Türen der Taxis sind verriegelt, die Fahrer öffnen sie erst auf einen Wink hin. Immer wieder kommt es zu Überfällen. Besonders gefährdet sind wartende Autofahrer an den Ampeln, deshalb ist es inzwischen erlaubt, nachts bei Rot lediglich abzubremsen, anstatt zu halten. Tagsüber steht der Verkehr auch ohne Ampeln still. Auf den Straßen drängen sich rund sieben Millionen Fahrzeuge, darunter mehr als fünf Millionen Pkw und eine Million Motorräder. Allein die Autoflotte wächst Monat für Monat um knapp 10.000 Fahrzeuge. Den Mobilitätsexperten Paulo Sergio Custodio, der früher die Verkehrsplanung der Stadt leitete und heute unter anderem Rio de Janeiro, Mexiko-Stadt und Shanghai beim Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes berät, treiben diese Zahlen zur Verzweiflung: „Man muss die Anzahl der Autos im Stadtgebiet radikal herunterfahren. Wir brauchen dringend Straßennutzungsgebühren – wie in London oder Singapur.“ Immerhin erließ man temporäre Fahrverbote: Für Lkw sind bestimmte Hauptverkehrsstraßen zu den Stoßzeiten generell gesperrt. Für jedes Auto herrscht, abhängig von der letzten Ziffer des Nummernschildes, an einem anderen Wochentag während der Rushhours - 7 bis 10 Uhr und 17 bis 20 Uhr - Fahrverbot. Letztere Maßnahme jedoch zeigte kaum Wirkung, weil sich viele ein Zweitauto zulegten. „Zur Hauptverkehrszeit kann es passieren, dass man zwei oder drei Stunden für eine Strecke von ein paar Kilometern braucht“, sagt Figueroa: 150 Kilometer stockender Verkehr, jeden Tag.

Quadratkilometer. In den am dichtesten besiedelten Stadtteilen liegt sie bei bis zu 29.380. (QUELLEN: South American Cities – Securing an Urban Future/Urban Age; Cidade de São Paulo)

Kulturvielfalt São Paulo ist ein Magnet für Einwanderer aus aller Welt. Über 100 verschiedene Ethnien leben in der Stadt. Von den Paulistanos haben schätzungsweise 5 Millionen einen Stammbaum mit italienischen Vorfahren, 3 Millionen haben spanische Wurzeln, 1,5 Millionen sind Nachfahren japanischer Einwanderer, 1 Million Menschen sind deutscher und mehrere Hun­dert­tausend libanesischer Abstammung. (QUELLEN: South American Cities – Securing an Urban Future/Urban Age; Lonely Planet)

Einwohnerentwicklung

pro h São Paulo gehört zu den am schnellsten wachsenden Städten der Erde. Jede Stunde kommen 24 Einwohner hinzu. Mittlerweile leben mehr als 11 Millionen Menschen in São Paulo. (QUELLE: South American Cities – Securing an Urban Future/Urban Age)

Ballungsraum SÃo Paulo Mit rund 20 Millionen Einwohnern ist die Metropolregion São Paulo der sechstgrößte urbane Ballungsraum der Welt, nach Tokio, Delhi, Mexiko-Stadt, New York und Shanghai. (QUELLE: UN Population Division of the Department of Economic and Social Affairs)

Skyline São Paulos Skyline besteht aus 5.672 Hochhäusern. Nur in Hongkong und New York gibt es mehr. (QUELLE: Emporis)

5.672

Politik Dem Stadtparlament von São Paulo steht ein direkt gewählter Bürger­meister vor. Da die realen Stadtgrenzen nicht deckungsgleich mit dem Verwaltungsgebiet sind, müssen die Regierenden der Stadt und des Bundesstaates sich in vielen Belangen - wie ÖPNV, Stadtentwicklung und Bildung – miteinander abstimmen. (QUELLE: South American Cities - Securing an Urban Future/Urban Age)

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MetrÔ  Ohne eigenen Pkw gehört Architekt Mario Figueroa regel­mäßig zu den 4 Millionen Passagieren, die die U-Bahn von São Paulo täglich befördert.

Im Vergleich Status: Gegründet: Fläche (Stadt): Einwohner (Metropolregion): Bevölkerungsdichte: Preisniveau in Punkten*: GroSSkonzerne mit Standort*:

* Quellen: UBS (2011); CB Richard Ellis (2011)

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london

SÃo Paulo

Tokio

Größte Stadt sowie Wirtschafts- und

Hauptstadt und zentraler Verkehrs-

Hauptstadt von Großbritannien und

Finanzzentrum Brasiliens

knotenpunkt Japans

größte Stadt der EU

1554

1457 (als Edo)

47 n. Chr.

1.523 km²

2.187 km²

1.570 km² 13,9 Millionen

19,8 Millionen

35,6 Millionen

7.115 Einwohner pro km²

6.000 Einwohner pro km²

5.206 Einwohner pro km²

71,50

83,40

73,90

52,10 %

63,90 %

63,20 %


An einem besonders schlimmen Nachmittag 2009 stauten sich die Autos fast 300 Kilometer lang. Derzeit wird eine 176 Kilometer lange Umgehungsstraße gebaut, die die zehn wichtigsten Bundesstraßen in der Region São Paulo miteinander verbinden und so die Stadt vom Durchgangsverkehr entlasten soll. Mario Figueroa spricht leise und unaufgeregt über São Paulo, als betreffe ihn das Verkehrschaos der Megalopolis nicht, in deren Zentrum er lebt. Ein bisschen ist es auch so. Vor fünf Jahren hat er sein Auto verkauft. Viele seiner Bekannten sagen: „Du Armer, du hast kein Auto. Wir holen dich ab.“ „Aber in dieser überfüllten Megastadt braucht man einfach keines“, sagt er. Die wichtigsten Wege kann er zu Fuß oder per U-Bahn zurücklegen. Wann immer ihm und seiner Frau der Sinn nach einem Wochenendausflug ins Grüne steht, mieten sie einen Wagen. Der Weg zum Büro ist exakt so lang wie der zum Café. Das Architektenpaar arbeitet im Homeoffice. „In einer verstopften Stadt wie São Paulo ist Zeit Geld“, sagt Figueroa. „Einen kurzen Weg zur Arbeit zu haben ist ein Privileg. Das Büro zu Hause zu haben - das ist Luxus!“ Wohnung und Büro der beiden liegen im 14. Stockwerk eines Hochhauses, davor ein Pool und Palmen, zur Straße hin ein zweieinhalb Meter hoher Stahlzaun, von scharfen Zacken gekrönt, darüber vier Stränge elektrischer Draht. Mario Figueroa klingelt, eine Überwachungskamera nimmt ihn ins Visier, dann öffnet sich das Außentor. Erst als es hinter dem Paar ins Schloss gefallen ist, gibt der Wachmann das innere Tor frei. Vor ein paar Monaten haben sich die beiden selbstständig gemacht und ein Büro mit einem Partner und zwei Angestellten gegründet. „Estudio América“, Figueroas ehemaliges Architekturbüro, hatte 20 Mitarbeiter, es garantierte ihm prestigeträchtige Projekte wie das „Museum der Erinnerung und Menschenrechte“ in Santiago de Chile. „Aber Letícia und ich genießen die Freiheit, die ein eigenes kleines Büro bedeutet.“ Daneben lehrt er an der Mackenzie-Universität und der Escola da Cidade. Als die beiden um kurz nach zehn ihre Wohnungstür öffnen, die nun die Bürotür ist, sitzen ihre Kollegen Marcus Damon, 27, und Guilherme Bravin, 22, bereits mit aufgeklappten Laptops an einem großen, schwarzen Marmortisch. Sie stellen ein Buch mit Stahlbauten aus aller Welt zusammen. São Paulo vibriert. Hin und wieder schwillt der Lärm zu einem Donnergrollen an, das Gespräche unmöglich macht. Ein Helikopter schwebt am Haus vorbei. „Davon gibt’s hier viele“, sagt Marcus Damon, ohne von seinem Laptop aufzublicken, so viele, dass er ihren Rotorenlärm als alltägliches Hintergrundgeräusch ausblendet. Die Flucht nach oben ist die einfachste Möglichkeit, in der Millionenmetropole von A nach B zu kommen, wenn man sie sich leisten kann. Umgerechnet 580 bis 3.900 Euro kostet eine Flugstunde, je nach Größe des Hubschraubers. „Die Branche boomt“, sagt Gabriel Mendonça, der früher als Bankmanager arbeitete, bevor er den Pilotenschein machte und bei der Lufttaxi-Firma LRC anheuerte. „Vor 15 Jahren gab es zu wenige Hubschrauber in Brasilien. Heute gibt es zu wenige Hubschrauberpiloten.“ Etwa 500 Helikopter pendeln über der Stadt, mehr als an jedem anderen Ort der Welt. Das ist ein Rekord, der ein Zeichen des Scheiterns ist, die Kapitulation vor dem Stillstand in den Straßen. „Die Stadt ist extrem gewachsen, geradezu explodiert“, erklärt Mario Figueroa. „Da bleiben Probleme nicht aus.“ Er klappt einen Skizzenblock auf, zeichnet den Lauf der Flüsse Tietê und Pinheiros, dazwischen ein kleines Dreieck: Hier fing alles an. 70 Kilometer vom Atlantik entfernt hatten sich Mitte des 16. Jahrhunderts jesuitische Missionare angesiedelt, dreihundert Jahre später lebten hier gerade TECHNICITY.DAIMLER.COM

Wirtschaftsleistung

US-$

388.000.000.000

São Paulo gilt als das wirtschaftliche Herz Lateinamerikas. Laut einer 2009 veröffentlichten Studie von PricewaterhouseCoopers ist São Paulo die zehntreichste Stadt der Welt. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 388 Milliarden US-Dollar übertraf die Metropolregion São Paulo 2008 etwa die Volkswirtschaften von Belgien oder der Schweiz. (QUELLE: PricewaterhouseCoopers UK Economic Outlook)

Börse

In São Paulo ist die einzige Börse des Landes ansässig: Bolsa de Valores, Mercadorias e Futuros de São Paulo (BM&F Bovespa). Mit einem Marktanteil von 70 Prozent ist sie der bei Weitem größte Aktienhandelsplatz in Latein­amerika. (QUELLE: Kooperation International)

Leben in SÃO PAULO Freizeit In São Paulo gibt es 12.500 Restaurants, 152 Theater, 90 Museen, 77 Einkaufszentren, 55 Kinos, 7 Konzerthallen, 4 Freizeitparks und eine Formel-1-Strecke. (QUELLE: Cidade de São Paulo)

Lebensqualität In der „Economist Intelligence Unit“Rangliste der 140 lebenswertesten Großstädte landete São Paulo

2012

2012, wie schon im Vorjahr, auf dem 92. Platz – zusammen mit Rio de Janeiro und Johannesburg. Gründe für die 2011

mäßige Bewertung sind unter anderem die katastrophale Verkehrssituation und die hohe Kriminalitätsrate.

LEBENSHALTUNGSKOSTEN Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Mercer ist São Paulo die teuerste Stadt auf dem ganzen amerikanischen Kontinent. Weltweit liegt die Stadt auf Platz 12, direkt vor Rio de Janeiro. Nordamerikanische Metropolen wie New York (33), Los Angeles (68) oder Montréal (87) folgen mit einigem Abstand. Die höchsten Lebenshaltungskosten aller Städte hat Tokio. (QUELLE: Mercer Cost of Living Report 2012)

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Verkehr und Bevölkerung in SÃo Paulo Stadtautobahn Eisenbahn Bus U-Bahn S-Bahn Großraum São Paulo Bevölkerungsdichte pro km² > 15.000

Brasilandia

10.000–14.999 5.000– 9.999 < 5.000

SÃo paulo City

SÃo Paulo-Morumbi SÃo Mateus

SÃo Bernardo Do CAMPO Garajau

Rio pequeno

lagao do caneu

Brasìlia Rio de Janeiro SÃo Paulo


Mobilität in SÃO PAULO einmal 25.000 Menschen, aber um 1900, zur Hochzeit des Kaffeebooms, schon eine Viertelmillion. 1950 waren es bereits zweieinhalb Millionen. Stadtplanung ist ein Luxus, für den bei einem solchen Wachstum keine Zeit bleibt. „Als der erste Masterplan für São Paulo erstellt wurde“, sagt Figueroa, „hatte die Stadt schon mehr als eine Million Einwohner.“ Heute ist São Paulo die größte Stadt auf dem amerikanischen Kontinent. Die Kernstadt hat elf Millionen Einwohner. Im Metropolraum São Paulo, der die fünffache Fläche von Greater London umfasst, leben 20 Millionen Menschen. Die Stadt ist ein Schmelztiegel der Kulturen. In São Paulo leben doppelt so viele italienischstämmige Menschen wie in Rom, etwa so viele spanischer Abstammung wie in Madrid, mehr Menschen mit deutschen Wurzeln als in Frankfurt. Mario Figueroa ist in Chile geboren. Mit neun Jahren kam er nach Brasilien, die Familie floh vor Pinochets Diktatur ins Nachbarland. Figueroa blickt vom Balkon auf ein Betonpanorama aus Hunderten von Hochhäusern. Nur im Norden ragt dunkelblau eine Bergkette darüber empor, die Serra da Cantareira. Der zweitgrößte Regenwald der Welt ist inzwischen ein geschützter Nationalpark. „Die Siedler haben einst von dort auf Maultieren und in Krügen das Trinkwasser nach São Paulo gebracht.“ Direkt davor: die stufige Silhouette des Banespa-Wolkenkratzers, 1947 fertiggestellt und mit seinen 161 Metern fast zwei Jahrzehnte lang das höchste Gebäude der Stadt. Daneben liegt das S-förmige Copan-Gebäude, mit 5.000 Bewohnern das größte Wohnhaus der Welt, das seine eigene Postleitzahl hat. Das 1966 fertiggestellte Copan-Haus hat Oscar Niemeyer entworfen, der auch wichtige Bauwerke in der Hauptstadt Brasília gestaltete. Mario Figueroa bewundert den Grandseigneur der brasilianischen Architektur für dessen Lebenswerk und seinen Humor. Als Figueroa 2007 eine Sammlung von Skizzen bekannter brasilianischer Architekten veröffentlichte, reichte Niemeyer für das Kunstprojekt die Zeichnung einer Frau ein – nackt, liegend, nicht ohne die von Niemeyer so geschätzten Kurven. „Ist doch viel ansehnlicher als jedes Gebäude“, erklärte der damals knapp Hundertjährige dem jungen Kollegen. Figueroa ließ das Bild weiß rahmen und hängte es in sein Arbeitszimmer. Es ist kurz vor 13 Uhr, als Mario Figueroa und seine Kollegen zum Mittagessen aufbrechen. Sie haben Glück. Die Fahrt mit dem Taxi ins alte Stadtzentrum dauert heute nur zehn Minuten. Das Restaurant liegt am Nordostende der Avenida 9 de Julho, einer sechs Kilometer langen Hauptverkehrsader, dort, wo sich der Fluss Anhangabaúlag wand, bevor er überbaut wurde. „Als der erste Masterplan beschlossen war, wurden die Täler betoniert, die Flüsse überbaut“, erzählt Figueroa. Eine Fehlplanung: Bei starkem Regen legen Überschwemmungen regelmäßig den Verkehr lahm. „Jeden Sommer steht das Wasser in den Straßen“, lästert Marcus Damon. „Statt über neue U-Bahn-Linien sollte man eher über U-Boot-Linien nachdenken.“ Neue U-Bahn-Linien sind das Sehnsuchtsthema der Stadt, seit Jahrzehnten. „O Estado de S. Paulo“, eine der großen Tageszeitungen Brasiliens, zog Anfang September 2012 zum Jubiläum des 40-jährigen Bestehens der Metrô eine ernüchternde Bilanz. Sie zitierte Experten, die 1972 Dutzende von U-Bahn-Linien für die nächsten 20 Jahre prognostizierten. Heute gebe es gerade einmal fünf. Im Vergleich zu London mit seinem 400 Kilometer langen U-Bahn-Netz für rund acht Millionen Einwohner sei das von São Paulo geradezu mickrig: 78 Kilometer. Jurandir Fernandes, Staatssekretär für Städtischen Transport, lenkt den Blick in die Zukunft und verspricht rasche Besserung: Vier Linien seien derzeit im Bau. Bis 2014 werde die 100-Kilometer-Marke durchbrochen. 2020 schon sei man bei 200 Kilometern. Nicht alle Experten teilen diesen Optimismus. TECHNICITY.DAIMLER.COM

FLUGHÄFEN São Paulo verfügt über die beiden Flughäfen mit dem höchsten Passagieraufkommen in Brasilien. 2011 verzeichnete der Guarulhos International Airport gut 30 Millionen Passagiere, der Congonhas-Flughafen, der nur nationale Flugverbindungen anbietet, knapp 17 Millionen. ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR Das städtische U-Bahn-Netz hat derzeit eine Länge von 78 Kilometern. Es umfasst fünf Linien mit insgesamt 64 Stationen. Dazu kommt ein S-Bahn-Netz mit einer Länge von 260 Kilometern. (QUELLEN: O Estado de S. Paulo; Governo do Estado de São Paulo)

U-BAHN

4.000.000 Täglich nutzen über 4 Millionen Passagiere die Metrô von São Paulo. Die U-Bahnen verkehren von 04:40 Uhr morgens bis maximal 1 Uhr nachts. BUSSE UND TAXIS Auf São Paulos Straßen sind rund 15.000

Busse

der

Verkehrs­gesellschaft

städtischen SPTrans

und

33.000 Taxis unterwegs.

(QUELLEN: SPTrans; Cidade de São Paulo)

ELEKTRISCHE VERKEHRSMITTEL Neben den konventionellen Bussen sind auch einige elektrische Oberleitungsbusse im Einsatz. SPTrans hat einen Fuhrpark von rund 190 O-Bussen, die auf 11 Linien mit einer Oberleitungsgesamtlänge von 200 Kilometern 110.000 Fahrgäste pro Tag befördern. Die Verkehrsgesellschaft EMTU betreibt weitere 80 elektrische Busse auf der BRT-Strecke Corredor Metropolitano ABD. (QUELLEN: trolley:motion; Empresa Metropolitana de Transportes Urbanos de São Paulo)

VERKEHRSVERTEILUNG Rund ein Drittel (32,9 %) aller Wege lePkw

gen die Paulistanos zu Fuß zurück. Ein

zu Fuß

fast ebenso großer Anteil entfällt auf

Bus

Pkw- und Taxifahrten (30,2 %). Ins-

U-Bahn

gesamt 37 Prozent werden mit dem

S-Bahn

öffentlichen Nahverkehr (Bus, U-Bahn, S-Bahn) bewältigt.

(QUELLE: South American Cities – Securing an Urban Future/Urban Age)

KFZ-ZULASSUNGEN Über 7 Millionen Fahrzeuge drängen sich auf São Paulos Straßen. Im Juli 2012 waren 5.283.095 Pkw, 952.692 Motorräder, 791.644 Kleinbusse und -transporter, 153.012 Lkw und 43.742 Busse registriert. Allein die Autoflotte wächst Monat für Monat um knapp 10.000 Fahrzeuge. (QUELLE: Governo do Estado de São Paulo)

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MOBILOGRAMm

Alltagsmobilität   Persönlich gezeichnete Karte des minutiös geplanten Mobilitätsverhaltens von Mario Figueroa in São Paulos Stadtkern.

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09:20 Uhr

10:15 Uhr

13:00 Uhr

13:55 Uhr

23:30 Uhr

Ein Tag in der Megacity   Mario Figueroa verzichtet auf ein eigenes Auto. Seine alltäglichen Wege legt er stattdessen zu Fuß, mit dem öffentlichen Personennahverkehr oder mit Taxis zurück. Im eigenen Homeoffice arbeiten zu können ist im stau-geplagten São Paulo purer Luxus.

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Auf dem Weg zum „Caffè Giramondo“, wo es, so versichert Figueroa, den besten Espresso der Stadt zu trinken gebe, kauft er sich am Kiosk eine Ausgabe der Sport-Tageszeitung „Lance!“. Figueroas Gesicht strahlt. 4:0 hat sein Team, der São Paulo F.C., die Mannschaft aus Botafogo abgefertigt. „Schönen guten Tag, Herr Professor!“, ruft es aus dem engen, zur Fußgängerzone hin offenen Stehcafé. Aldo, der Inhaber, kommt die zwei Stufen herunter und begrüßt Mario Figueroa per Handschlag. Zu den dampfenden Espressi reicht er kleine Gläser mit Mineralwasser. Am Platz der Republik nehmen Figueroa und seine Kollegen ein Taxi zurück zum Büro. Zwei Blocks weiter, vor dem Copan-Gebäude, halten im Zehn-Sekunden-Takt Busse, 7228-10, 8700, 6690-10, 8705-10, 7272-10. Sie fahren in einer eigenen Spur, die Teil des BusRapid-Transit-Systems (BRT) ist. Auch Busse von Mercedes-Benz sind für das BRT-System von São Paulo im Einsatz, die Dank regelmässigem Servicesupport von Daimler zuverlässig fahren. Die abgetrennten BRT-Fahrbahnen, Corredores genannt, sind bislang eher sporadisch über die Stadt verteilt und oft nur einspurig. Auf einzelnen Strecken fahren elektrische Oberleitungsbusse, von denen es im Stadtgebiet rund 300 gibt. Dabei böte diese Technik die Chance, viel Zeit und riesige Emissionsmengen zu sparen: Insgesamt befördern in São Paulo mehr als 15.000 Busse rund zehn Millionen Fahrgäste am Tag. Silvana Maria Zioni, Professorin für Stadtplanung an der Universidade Federal do ABC (UFABC), fällt ein hartes Urteil über das städtische Bussystem: „Es ist beeindruckend groß, aber auch beeindruckend ineffizient.“ Es gebe viele kleine Lösungen, aber kein integrierendes Gesamtkonzept. Innerstädtischer Busverkehr und der in den Außenbezirken seien nicht aufeinander abgestimmt. „Einer unkontrolliert gewachsenen Megacity wie São Paulo kann man mit einem U-Bahn-Netz nur bedingt beikommen.“ Ein feingliedriges BusRapid-Transit-System könnte da wirkungsvoller sein. Würde man das entschieden anpacken, könnte man relativ schnell positive Ergebnisse erzielen. In diesem Punkt ist sie allerdings wenig optimistisch. Schließlich spiegele das Chaos der städtischen Verkehrsinfrastruktur bloß das Durcheinander auf der politischen Ebene wider. Später Nachmittag: Mario Figueroa blickt vom Arbeitstisch auf. Vor dem Fenster hat sich ein gelbgrauer Smogschleier auf die Skyline gelegt. Dann und wann taucht ein Hubschrauber daraus hervor. Figueroa teilt Zionis Einschätzung, dass die Politik in São Paulo unter ihren Möglichkeiten bleibt. Er sieht aber auch ein anders gelagertes Problem: „Mobilität wird immer erschwinglicher. Andererseits wird es immer enger, auf den Straßen genauso wie in der U- und S-Bahn. Zu manchen Tageszeiten herrscht in den Waggons ein solches Gedränge, das man fast erdrückt wird. Zum Glück mögen Brasilianer Körperkontakt.“ Figueroa nutzt die Metrô fast ausschließlich am Wochenende, wenn sich die Zahl der Berufspendler in Grenzen hält. Sogar Fahrräder mitzunehmen ist dann erlaubt. Morgen wird er mit der U-Bahn ins Stadtzentrum fahren. Ab Santa Cecília drei Stopps mit der Linie 3 bis zur Station Sé, wo sie für die Pendler Verkaufsautomaten mit Büchern aufgestellt haben. Von dort mit der Linie 1 weiter bis São Bento, um in seinem Lieblingsschreibwarenladen Zeichenstifte zu kaufen und sich im Restaurant Feijoada zu gönnen, deftigen Bohneneintopf mit Schweineohren und Reis. Brasiliens Nationalgericht steht vorzugsweise samstags auf dem Speiseplan: „Es liegt so schwer im Magen, dass danach nicht mehr an ein Arbeiten zu denken ist.“ Für den Sonntagsausflug zum Parque Ibirapuera kommt die Metrô nicht infrage. Die größte Grünoase der Stadt liegt zwar zentral. Doch die U-Bahn-Linien schlagen einen großen Bogen um sie, als wäre sie ein unheimlicher Fremdkörper inmitten des Hochhäusermeers. 48

STAU 293 km São Paulo gilt als Welthauptstadt des Verkehrsinfarkts. Im Mai 2012 verursachte ein Streik der U- und S-Bahn-Fahrer Staus mit einer Gesamtlänge von 250 Kilometern. Der bisherige Rekordstau wurde im Juni 2009 während der abendlichen Rushhour gemessen: 293 km. (QUELLE: Reuters)

LUFTTAXIS Die Megastaus der Megacity haben kuriose Folgen: Rund 500 Hubschrauber, die zu über 70.000 Flügen im Jahr abheben, machen den Luftraum über der Stadt São Paulo zum verkehrsreichsten der Welt – vor Tokio und New York. (QUELLEN: Cidade de São Paulo; Emporis)

»Einer unkontrolliert gewach­ senen Megacity wie São Paulo kann man mit einem U-BahnNetz nur bedingt beikommen.« Silvana Maria ZIONI, Professorin für Stadtplanung, Universidade Federal do ABC ZEIT- UND ENERGIEVERLUST

US-$

20.000.000.000

Das schlecht ausgebaute ÖPNV-System von São Paulo ist äußerst kostspielig. Der durch Staus verursachte Zeit- und Energie­ verlust summierte sich 2008 auf schätzungsweise 20 Milliarden US-Dollar. (QUELLE: The Economist Intelligence Unit)

RINGAUTOBAHN Derzeit wird eine 176 Kilometer lange, sechs- bis achtspurige Umgehungsstraße gebaut, die die zehn wichtigsten Bundesstraßen in der Region São Paulo miteinander verbinden und die Stadt vom Durchgangsverkehr entlasten soll. Die Baukosten der Ringautobahn werden auf 5 Milliarden Real geschätzt. (QUELLE: Governo do Estado de São Paulo)

FAHRVERBOT Im Stadtgebiet von São Paulo gilt ein temporäres Fahrverbot für Pkw mit bestimmten Nummernschildern. Autos, deren Kennzeichen auf 1 oder 2 endet, müssen montags während der Hauptverkehrszeiten – 7 bis 10 Uhr sowie 17 bis 20 Uhr – stehen­ bleiben. Entsprechende Regelungen gelten für die Endungen 3 und 4 (Dienstag), 5 und 6 (Mittwoch), 7 und 8 (Donnerstag) sowie 9 und 0 (Freitag).


Um Viertel nach sechs streift sich Mario Figueroa eine dünne Jacke und einen schwarzen Rucksack über. Noch einmal bricht er zu Fuß auf. In einem Buchladen ein paar Blöcke weiter findet eine Podiumsdiskussion über sozial verträglichen Wohnungsbau statt. Es wird bereits dunkel, die Palme vor dem Haus steht grellgrün im Halogenstrahlerlicht. Er geht die abschüssige Straße hinab, unter einer Autobrücke hindurch, die wie ein Schatten aus Beton über eine bestehende Straße gebaut ist. Weder Anfang noch Ende der Brücke sind zu sehen, sie scheint kein Ende zu nehmen. Großer Erdwurm, Minhocão: So nennen die Einheimischen die dreieinhalb Kilometer lange Hochstraße mit dem offiziellen Namen Via Elevada Presidente Artur da Costa e Silva. Auf der vierspurigen Trasse schieben sich täglich rund 80.000 Autos an den Fenstern der Anwohner vorbei, auf Höhe des 3. Stockwerks. Nur nachts und an Sonn- und Feiertagen wird der Verkehr von dem Viadukt verbannt. Dann gehört Minhocão den Fußgängern und Radfahrern. Der Inhaber des Buchladens, ein Mann mittleren Alters mit feingliedriger Brille und steifem Hemdkragen, eröffnet um Viertel nach sieben die Diskussion. Neben Figueroa und einigen Stadtplanern ist auch ein Bürgermeisterkandidat eingeladen. Nachhaltige urbane Mobilität gehört, wenig verwunderlich, zu seinen wichtigsten Wahlkampfthemen. Eine Diskussion lebt von unterschiedlichen Meinungen, und doch ist die Veranstaltung von einer Art Kapitulationskonsens geprägt: Die Stadt verschläft die Stadtplanung. Und sie wird vermutlich weiter ziemlich planlos wachsen. Hin und wieder muss die Debatte unterbrochen werden. Jugendliche fahren in ihren Autos an der Buchhandlung vorbei, die Musikanlage bis zum Anschlag aufgedreht. Es ist kurz vor zehn, als Mario Figueroa aus der Buchhandlung in die unzähmbare Stadt hinaustritt. Der Gehsteig gegenüber ist mit Tischen und Stühlen vollgestellt, unpassierbar. Dutzende junge Menschen trinken, sprechen, lachen im Licht der Straßenlaternen. Die Bars sind voll, die Straßen werden leerer. „Um mal Klartext zu reden: Im Leben geht’s ums Lachen und ums Weinen. Wir müssen die leichten Momente genießen, so lange wir können“, hat Oscar Niemeyer, Figueroas berühmter Kollege, einmal gesagt. Mario Figueroa setzt sich in eine der Bars und bestellt ein Bier. Seine Arbeitswoche ist fast um. Morgen Vormittag wartet noch eine Projektbesprechung mit Architekturstudenten der Mackenzie-Universität auf ihn, anschließend die Fahrt ins Stadtzentrum, Zeichenstifte kaufen, und dann Feijoada: das Feierabendessen.

INNOVATIONSREGION SÃO PAULO TECHNOLOGIESTANDORT Die Metropolregion São Paulo ist Brasiliens Hotspot für die Auto­ mobilindustrie, Luft- und Raumfahrtindustrie, Biotechnologie und Lebenswissenschaften, die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie das Finanzwesen. Die Auto­ mobilindustrie ist vorwiegend in der sogenannten ABC-Region im Süden der Region angesiedelt. Sie umfasst die Städte Santo André, São Bernardo do Campo und São Caetano do Sul. (QUELLE: Kooperation International)

Universität Die renommierte Universität São Paulo ist mit über 86.000 Studenten und rund 15.000 Mitarbeitern die größte Universität Brasiliens und die zweit­größte in Lateinamerika. 2012 wurde die Universität als beste Hochschule Lateinamerikas aufgeführt. (QUELLE: Times Higher Education)

MERCEDES-BENZ IN BRASILIEN MERCEDES-BENZ DO BRASIL

Mercedes-Benz do Brasil ist der größte Nutzfahrzeughersteller Lateinamerikas. Mit rund 7.000 Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2012 hat Daimler seine Position als Marktführer auf dem brasilianischen Busmarkt verteidigt. In der Gewichtsklasse über 8 Tonnen im Stadt- und Überlandbussegment erreicht Daimler damit einen Marktanteil von rund 50 Prozent.

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»Die Branche boomt. Früher gab es zu wenige Hubschrauber in Brasilien. Heute gibt es zu wenige Hubschrauberpiloten.«

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Gabriel MENDONÇA, Pilot für Hubschrauber-Taxis in São Paulo • INTERVIEWS (1) Mit Paulo Sergio CUSTODIO, weltweit tätiger Berater für

SÃO BERNARDO DO CAMPO

urbane und regionale Mobilität, Experte für Bus Rapid Transit.

In São Bernardo do Campo betreibt

(2) Mit Silvana Maria ZIONI, Professorin für Stadtplanung an der

Daimler das größte Werk außerhalb

Deutschlands und das einzige, in

Universidade Federal do ABC (UFABC).

(3) Mit Gabriel MENDONÇA, Pilot für Hubschrauber-Taxis in

dem an einem Standort Lkw, Busfahr-

gestelle und Aggregate wie Motoren,

São Paulo.

• FOTOGALERIE Leben, Arbeit und Fortbewegung in São Paulo.

Getriebe und Achsen sowie Lkw-

• HINTERGRUND Bus-Rapid-Transit-Webseite von Mercedes-Benz.

Fahrerhäuser produziert werden.

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Leben und Fortbewegung in einem der größten Ballungsgebiete der Welt: eine fotografische Rundreise durch das brasilianische São Paulo zwischen chaotischen Verkehrssituationen und grünen Oasen. technicity.daimler.com/serie-sao-paulo

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Eine Publikation der Daimler AG © Stuttgart 2012


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