Mexico City, Distrito Federal.
John Tiffany?
Nein.
ich glaube doch. Sie wissen ja, dass 800.000 Dollar auf ihren Kopf ausgesetzt sind.
Und auf ihren Unterleib ist eine 8-mm gerichtet. Wem geben Sie die besseren Chancen?
ich bin nicht gekommen, um mich zu duellieren, Mr. Tiffany. Nur um Sie wissen zu lassen, dass ich Anspruch auf diese Belohnung zu erheben gedenke. Und dass ich mich von nun an ständig in ihrer Nähe aufhalten werde.
Meine Eltern waren arm, Mr. Tiffany. ich habe früh erkannt, wie wichtig es ist, sich satt essen zu können. ich kann ihnen jedoch nicht versprechen, dass ihnen genug Zeit für die Verdauung bleiben wird.
Seit wann sind Sie schon Kopfgeldjäger? Und auf welche Summe schätzen Sie die von ihnen erzielten Einnahmen?
Seit drei Jahren. Und es sind wohl etwas über 600.000 Dollar.
ich übe dieses Gewerbe seit einem Jahrzehnt aus und dürfte an die 60 Millionen Dollar kassiert haben. Glauben Sie nicht, dass ihr Verdauungssystem mit mir überfordert wäre?
Bis gleich. Bevor ich Kopfgeldjäger wurde, war ich be‑ reits geraume Zeit im Geschäft mit Drogen und Waffen tätig, Mr. Tiffany. Glauben Sie mir, es ist wesent‑ lich angenehmer, Jäger als Gejag‑ ter zu sein!
Als ich einmal nicht so gut in Form war, zeigte mir ein befreundeter Psychologe ein fabelhaftes Verfahren, das ich meistens anzuwenden versuche.
Es geht dabei darum, in solchen Augenblicken des Zweifels das Positive und das Negative gegeneinander abzuwägen. ich fange immer mit dem an, was gut läuft. So muss man an Menschen denken, die einen lieben.
Das Positive ist, dass es vier wichtige Personen in meinem Leben gibt. Liebe, Freundschaft, starke Gefühle. Beziehungen, die zählen.
Chronologisch wäre da natürlich zunächst Reverend Lovejoy.
Ein Mensch, der massgeblichen Einfluss auf mich hatte. Er brachte mir bei, mein Geld zu lieben.
Die Sadduzäer und Pharisäer waren überzeugt, dass sie ins Paradies eingehen würden, wenn sie sich nur genau ans Gesetz hielten. Und dann kam dieser unglaubliche Typ, Jesus.
Hör zu … Er sagte ihnen: ihr könnt machen, was ihr wollt – was zählt, ist die Absicht.
John, du verdienst deinen Lebensunterhalt damit, Schuften hinter‑ herzujagen. Manchmal bringst du sie um. Du steigst mit Huren ins Bett, du schreckst vor nichts zurück.
John, tu, was du tun musst. Aber vergiss nie: Deine Absichten müssen gut sein! Und Jesus, John, erklärte ihnen, dass das Gesetz nicht alles ist.
An zweiter Stelle kommt dann mein Freund Wan Chao. Meine Schnittstelle zur Aussenwelt.
Er ist der Prototyp des neokapitalistischen Chinesen und imstande, einem so ziemlich alles übers Telefon oder internet anzudrehen. Der ideale Mensch, um für mich die Köpfe zu finden, auf die das schönste Sümmchen ausgesetzt ist.
Man gebe ihm einen internetanschluss und Wan kommt in Minutenschnelle an jede beliebige information. Doch seit er Judith Zilbauer kennen‑ gelernt hat, weiss ich, dass er auch ein Herz hat.
Seit zwei Jahren studiere ich nun die Kommentare der grossen Rabbiner. ich verstehe nichts davon, aber ich schwöre dir, dass ich einer der ihren werde. Und dann kann ich Judith Zilbauer heiraten!
in ein paar Monaten wirst du für mich nur noch ein Goi sein, John. Aber wir können weiterhin zusammenarbeiten, wenn du willst.
Rassistisch und autoritär. Sie ist gegen vorehelichen Sex. Sie hat George W. Bush und John McCain gewählt. im Auftreten eifert sie Sarah Palin nach.
Die dritte Person. Dorothy Parker. Dorothy, die alle Fehler in sich vereint.
Das sagst du so, aber eines Tages wird Judiths Vater euch ein Zilbauer-Kaufhaus in Milwaukee oder Walla Walla einrichten. Und dann ist Schluss mit unserer schönen Freundschaft.
ich sage es ihnen lieber gleich, bevor Sie ihre Akten aufschlagen. Ja, ich war während des Kriegs im irak. Ja, ich war einem der Gefängnisse zu‑ geteilt, in denen sich Übergriffe ereigneten.
Und ja, ich habe diese verdammten Terroristen persönlich misshandelt.
Und zwar nicht auf Anweisung irgendwelcher CiA-Agenten. Sondern weil ich meine Gründe habe, jeden zu verabscheuen, der Bomben legt, Flugzeuge entführt, mit Drogen handelt und was weiss ich noch alles.
ich habe mich immer voll und ganz für die Mannschaft eingesetzt. in Angriff und Verteidigung macht mir keiner was vor. Wenn Sie mich einstellen, haben Sie die beste denkbare Kameradin an ihrer Seite!
ich erwarte nicht, dass Sie das gutheissen. Aber Sie sollten wissen, dass ich schon mit fünf Jahren Eishockey gespielt habe.
Und schliess‑ lich Magdalena Prokoviev. Die Hure meines Lebens. Meine grosse Liebe.
Am Anfang buchte ich ihre Dienste für drei Monate. Danach spielte das Geld zwischen uns keine Rolle mehr.
Was ist das denn?
Magdalena ist wundervoll. Sie weiss so viel. Manchmal habe ich den Verdacht, dass sie das wahre Ausmass ihrer Bildung vor mir verbirgt, um mich nicht in Verlegenheit zu bringen.
Das zweite Klavierkonzert von Rachmaninow. Weisst du nicht mehr? Das wurde in Billy Wilders „Das verflix‑ te 7. Jahr” mit Marilyn Monroe gespielt!
Eigentlich hatte ich wissen wollen, was es mit der kleinen Tätowierung auf ihrem Kreuz auf sich hatte. Aber was für ein Konzert, was für ein Körper!
Und das bringt mich zu dem grossen negativen Punkt des Abends. Einer von ihnen hat mich verraten!
Das sind also die vier positiven Punkte meines Lebens. Das, was für mich zählt.
Diese vier sind auch die Einzigen, die wissen, dass ich hier bin, in Mexiko!
Wenn das falsche Polizisten sind, steuere ich direkt auf eine Falle zu. Sind es dagegen echte …
Wer? Verdammte Scheisse! Wer?
… dann sitze ich fest und gebe ein perfektes Ziel ab. Auch nicht besser.
Hijo de puerco! Er fährt zu schnell. So kann ich ihn nicht aufs Korn nehmen …
He! He! He!
Bilde dir nicht ein, dass du so leicht davonkommst, Gringo. Du befindest dich hier in meiner Stadt!
Du hast nicht unrecht. Es ist ange‑ nehmer, der Jäger zu sein. Unser Gewerbe ist eben Kopfsache.
Du sagtest, vorher seist du Schwarzhändler gewesen. Mit Drogen und Waffen. Also …
… kann man davon ausgehen, dass du eine Vereinbarung mit den Federales treffen musstest, um auf den rechten Weg zurückzukehren. Du hast informationen an die Polizei geliefert oder du arbeitest gelegentlich für sie.
Hier in Mexiko bist du damit fast anständig geworden. Strafregister wieder sauber. Aber …
Verdammt!
… die DEA und die Amerikaner haben ein deutlich längeres Gedächtnis. Auch wenn es nur um 50.000 oder 60.000 Dollar geht …
in den USA ist auf seinen Kopf bestimmt noch eine Belohnung ausgesetzt. So was ist immer gut zu wissen!
Schnauze!
Santana! Der Gringo wird uns gl…
Santana, ich sag dir, wenn der Typ 800.000 Dollar wert ist … dann hat das seinen Grund!
Hey, nun geh nicht gleich in die Luft. Wenn ich die Belohnung einstreichen will, muss noch was von dir übrig bleiben!
Autsch!
ich … Noch mehr?
Verflucht! Zielen kann er gut …
Jetzt fehlt nur noch …
… So wie es aussieht, wollen die mir auf jeden Fall ans Leder!
… die Polizei! Ob echt oder nicht …
Er gehört mir. So ein schönes Ziel hab ich noch nie gehabt …
Hasta la vista, Gringo …
Ha! Ha! Ha! SchwachkĂśpfe!
800.000 Dollar also. DafĂźr nimmt man einiges auf sich. Mein lohnendster Auftrag belief sich auf anderthalb Millionen. Hat drei oder vier Monate gedauert.