DarkVibe Februar 2011

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der Winter macht eine Pause – wir nicht! Und einige Teile der Redaktion sind sogar besonders fleißig. Die gesamte Redaktion gratuliert dem Fräulein Doktor Venus zur erfolgreichen Promotion – wir freuen uns mit ihr über die wohlverdienten Früchte ihrer Arbeit! Für diese Ausgabe hat Frl. Dr. Venus sich mit Herrn Dr. Benecke zum kollegialen Gedankenaustausch getroffen. Ansonsten bieten wir euch in diesem Heft wieder sehr viel, nämlich SCHÖNGEISTiges, (Combi) CHRISTliches und SPECTRA*les - und über die Sinnlosigkeit von Gewalt macht sich Philipp Blömecke Gedanken. Wir nehmen euch aber auch mit in die Niederungen – damit man uns da auch hört und sieht, haben wir die Hupen im Gepäck und das Vibe of the Moment stellt sich in Positur. Und während das Gruftorakel verbindlich mitteilt, ob es sich lohnt, den Februar zu überleben, gibt’s auch noch ein paar modische Tipps vom Leo-Store und das ultimative In & Out für diejenigen, bei denen der Lebens-wille dann gesiegt hat. Wer sich übrigens demnächst in Richtung Osten aufmacht, weil er der Wärme in der Mitte Deutsch-lands überdrüssig ist, dem sei ein Besuch in der Knochenkirche empfohlen. Shan Dark hat sich das Werk des Knochenkünstlers František Rint für euch angesehen Immer in Bewegung bleiben, Eure DarkVibes!

CHARTS

Editorial Reviews Clubcheck Stylecheck Vibe of the Moment SCHÖNGEIST W:E Comic Die Knochenkirche Bodymodification COMBICHRIST Dark Styles News Historisches SPECTRA*PARIS Starfocus In & Out Blömeke – prügelwürdig Band-Contest Dr. Venus & Dr. Benecke Gruftorakel Impressum

KW 5 Top Ten Alben

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Inhalt

1 . Covenant - Modern Ruin 2. Various Artists - Advanced Electronics Vol. 8 3. Wynardtage - A Flicker Of Hope 4. toxic•N•blue - Charm Noir 5. Leaether Strip - Dark passages + Seasons Change - I Don't 6. amGod - Dreamcatcher 7. F.O.D. - Maschinentanz 8. Various Artists - Voices From The Underground 9. Soman - Noistyle 1 0. Stereomotion - Stolz und Demut

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Review:

AND ONE – Zerstörer

Acht Tracks auf einer CD – davon ‚Military Fashion Show‘ und ‚Zerstörer‘ gleich in doppelter Ausführung, und einige Live-Acts sind sicher als Zuckerle für die Fans gedacht, um die Zeit bis zum richtigen Album zu verkürzen. Mit minimalistischem Artwork präsentiert Steve Naghavi in der Zwischenzeit ein paar Appetithappen.

Besonderer Leckerbissen: Die als RockabillyVariante angekündigte Ver-sion der Military Fashion Show. Der Track kommt völlig unerwartet und ist der eigentliche Höhepunkt der Veröffentlichung.

Besonders launig ist der Pressetext, den wir euch nicht vorenthalten möchten, denn er trägt besonders dazu bei, die neue Veröffentlichung wirklich genießen zu können: „Hallo! Dies wird auf keinen Fall wieder so ein einseitiger Pressetext, der ausschließlich aus Lobpreisungen oder völlig übertriebenen Behauptungen besteht. Denn das hat die mit Abstand erfolgreichste Band Europas nun wirklich nicht nötig! Und mit diesem Meilenstein der Pop-Geschichte erst recht nicht! Wozu auch? Es kann sich sowieso keiner mehr dem Bodypop-Style von Steve Naghavi und seinen mehr als genialen Weltklasse-Musikern entziehen. Alle anderen Bands sind doof und AND ONE beweisen es. „Warum ‚F****n S****r keine T****n’ und wo zum Teufel liegt dieses ‚PEINE’???“, fragen sich alle schlauen Forumsbesucher zu Recht und werden, wie immer, keine Antwort bekommen. Wer den Bonustrack “Sex Drive” versteht, muss definitiv schon mit einem der Bodypopper in der Falle gewesen sein, und so herrlich verlogen verletzlich wie in “No Song For You” wird dir Naghavi bestimmt nie wieder eine Synthie-Ballade vorheulen. Hat man die erste Hälfte der 30 Minuten-Single heil überstanden, wird’s laut und live, und das gleich dreimal. Aber bevor deine neue LieblingsMaxi mit einem von Naghavi selbst angerührten “Zerstörer”-Remix (nach eigenen Angaben “hackedicht und lieblos dahin gerotzt”) zu Ende geht, bekommst du die echte und originale Rockabilly-Version von “Military Fashion Show” um die Ohren gehauen, die der brandneuen und gepimpten Live-Version für die DJ’s in nichts nachsteht. AND ONE – Grosse Fresse – du dahinter!“

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Alana Abendroth


Schöngeist – Keine Zeit

“Keine Zeit” - das ist das neueste Werk der orientalischen IndustrialRocker von Schöngeist. Der erste Blick auf das Cover lässt bereits den dunklen, rockigen Charakter der Songs auf diesem Album erahnen; der charismatische Frontmann Timur Karakus präsentiert sich im schwarzen Mantel mit finsterer Miene.

Kritik an der Gesellschaft lässt sich auch an anderen Songs wie z.B. „Schalt ein! Schalt aus!“ erkennen, der den Fernsehkonsum in die Mangel nimmt, ein Thema, das schon von vielen Bands musikalisch umgesetzt wurde, es dennoch nachdenkenswert bleibt. Die Singleauskopplung „Sonne der Finsternis“ ist wieder betont rockig mit einer Melodie, die im Kopf bleibt. Jedoch könnte man hieran bemängeln, dass Text und Musik partiell klischeehaft erscheinen.

Doch dieser erste Eindruck trifft nicht auf alle Songs dieser CD zu. Romantik und Melancholie kommen nicht zu kurz. „Nie mehr allein“ ist dafür ein gutes Beispiel: ein ruhiges Stück, das zum Nachdenken anregt. Das orientalische Flair lässt sich schon zu Beginn an „Auge um Auge“ erkennen: Traditionelles wird mit Modernem perfekt vermischt. Mein persönlicher Favorit dieses Albums ist „Halbmondfinsternis“, da hier besonders der orientalische Charakter dominiert, während textlich der Islam kritisch thematisiert wird: Das Gegensätzliche zerfließt in einem außergewöhnlichen Zusammenspiel.

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Alles in allem muss einem diese eigenwillige Musikrichtung natürlich gefallen, aber der Großteil dieses Albums hat keine negative Kritik verdient: Daumen hoch!

Annika Baltrusch


Clubcheck:

Für schwarze Szenegänger in Essen ist die Zeche Carl am ersten Samstag im Monat immer besonders interessant. Dort gibt es seit nunmehr 1 6 Jahren die G.I.P. (Gothic Industrial Party). Auf dem alten Zechengelände werden zudem viele Konzerte veranstaltet, es werden gelegentlich auch 80er Parties geboten. Auf der G.I.P gibt es neben den StammDJs auch immer wieder GastDJs, die für frischen Wind und Einblick in andere Musikrichtungen sorgen. Der Check:

Getränkepreis:

Da die Gastronomie in fremden Händen liegt, ist das Preisniveau etwas höher. (7|10)

Musikvielfalt:

Durch die verschiedenen Floors ist für jeden Geschmack etwas dabei und die DJs geben sich alle Mühe, ihr Programm jeden Monat frisch und vielfältig zu gestalten. (10|10)

Erreichbarkeit:

Sowohl mit den öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto bestens zu erreichen. Ausreichend Parkplätze sind immer vorhanden. (9|10)

Ambiente:

Der Club bietet 3 Floors, auf denen fast alle Arten der dunklen Musik geboten werden. Das alte Zechen-Flair ist erhalten geblieben.

(10|10)

Eintrittspreis:

Mit 6 Euro liegt die G.I.P. zwar im oberen Mittelfeld, das Angebot und die vielen Specials, die es immer wieder gibt, rechtfertigen den Preis durchaus.

(8|10)

Fazit: 9 Sterne

Anschrift: Wilhelm-Nieswandt-Allee 1 00 45326 Essen zechecarl.yolasite.com Öffnungszeiten:

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Jeden 1 . Samstag im Monat G.I.P. ab 22 Uhr


Stylecheck

– Rockabilly

Jedem seinen Billy Das Bemerkenswerteste am Rockabilly ist, dass erstmals Musik und Mode eine Verbindung eingehen und eine Jugendkultur hervorbringen. Die eigentliche Hoch-Zeit des Rockabilly lässt sich auf zwei Jahre in den 50ern des 20. Jahrhunderts beschränken. Der nicht nachlassende Einfluss und die sich ständig neuerfindenden RockabillySeitenströmungen in Mode und Musik halten aber schon seit Jahrzehnten an – und ein Ende ist nicht abzusehen! Rockabilly ist die Rock’n’Roll-Version des jungen, großstädtischen, weißen Musikers aus den amerikanischen Südstaaten und beginnt in den frühen 50er Jahren. Die Musik trägt Elemente des Rhythm and Blues, aber auch der Country- und Hillbilly-Musik. Und da mit Hillbillies gern die Dorfjugend, sozusagen die Landeier beschrieben wurden, wollten sich die Anhänger des Rockabilly davon absetzen und städtischer und moderner wirken. Ein Beispiel für frühe Rockabilly-Musik ist Elvis Presleys „That’s Allright, Mama“ (http://trimr.de/Qx4). Er hat diesen Song im Sommer 1 954 bei Sun Records eingespielt, und der neunzehnjährige Elvis hat auch optisch für die Rockabilly-Mode Standards gesetzt. Hierzu gehörte eine ausladende Haartolle, die mit Pomade in Form gehalten wurde, seitliche Koteletten. Modisch wahlweise enge Jeans in der ersten Zeit, aber auch noch weite Tuchhosen, die beinahe in Form von Karottenhosen, nach unten schmaler zuliefen. Dazu wurden schmale, spitz zulaufende Halbschuhe oder Creepers getragen. Obligatorisch war die Lederjacke, wahlweise ein locker sitzendes gerade geschnittenes Sakko, in Form eines Dinnerjackets. Ein modisches Vorbild war neben Elvis auch der 1 955 verstorbene Schauspieler James Dean. Die weiblichen Teenager trugen Tellerröcke, seltener auch Faltenröcke (Plissee- oder

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Kellerfalten) mit Petticoats. Neben Pepita-Karo war das als „Polka Dot“ bekannte Tupfenmuster das modische Nonplusultra. Auch großflächig mit Obst bedruckte Stoffe waren en vogue. Man trug Kirschen, Ananas, Bananen, Orangen, selbst eine aufgeschnittene Melone war noch ein hübsches Muster für einen Rock. Die Nichtrockträgerinnen waren mit Fischerhosen, den sogenannten Capri-Hosen modisch ganz weit vorne. Die Caprihose hat eine Dreiviertellänge und endet unterhalb des Knies in Wadenmitte. Der Saum hatte einen Schlitz (damit man mit dem Fuß hineinkam.) CapriHosen waren einfarbig oder auch gern in VichyCaro, dazu wurden Ballerinas getragen. Die Trendfrisur dieser Zeit war der Pferdeschwanz mit geradem Pony. Immerhin musste die Frisur tanztauglich sein. Komplizierte Hochsteckfrisuren waren hier eher nicht geeignet. Die Zeit des historischen Rockabilly kann auf die fünf Jahre von 1 953 bis 1 958 festgelegt werden. Mit Elvis Einberufung in den Militärdienst erfuhr der Rock’n’Roll eine neue, kommerziellere Richtung und Rockabilly verschwand in der Versenkung. Ein erstes Revival erfuhr Rockabilly in den 70ern und ist seitdem auch als Modetrend nicht mehr wegzudenken. Untergruppen des Rockabilly entwickelten sich ab den späten Siebzigern. Dieser NeoRockabilly – geprägt von Bands wie The Stray Cats – teilt sich im Wesentlichen nochmal in drei relativ ähnliche Richtungen auf. Psychobilly - auch Punkabilly genannt – nahmen musikalisch und modisch Stilelemente des Punk mit dazu, so dass sie die 50er Modeelemente mit dem 70er Punk mischten und dadurch einen ganz neuen optische Eindruck erzielten. Hauptvertreter dieser Musikrichtung waren die Cramps und auch die Nekromantix . Bei Gothabilly sind verständlicherweise schwarze und GothEinflüsse unverkennbar. Musikalisch sind hier „Fields of the Nephilim“ stilbildend. Modisch kann man zur Rockabilly-Attitüde noch Einflüsse aus B-Horror-Filmen mit dazu nehmen. Hellbilly hat zusätzlich noch Heavy Metall-Einflüsse. Allen „Billy-Formen“, die sich ab den frühen Neunzigern entwickelt haben, ist gemein, dass Piercings und eine gewisse Bandbreite sowie eine bestimmte Bildsymbolik bei Tattoos eine große Rolle spielen. Mittlerweile sind wir übrigens bei der dritten Revival-Welle angekommen.

Alana Abendroth


Vibe of the Moment Model Name: Kemi Wohnort: Schloss Holte-Stukenbrock Alter: 24 Kontakt: kemi1 91 @black-rainbow.net Fotografenwebseite: Eli11 38 - www.schwarzweissmedia.de



SCHÖNGEIST

“Für Liebe KEINE ZEIT” So heißt es im Song „Immer lockt das Weib“ aus SCHÖNGEISTS Album „Liebeskrieger“. Doch auch für Ruhe hat das Sextett um Sänger Timur Karakus KEINE ZEIT, wie das am 25. Februar diesen Jahres erschei-nende neue Album beweisen wird. Orientalisch anmutende Klänge treffen hier auf gitarrenlastigen Gothicrock mit Industrial-Einflüssen. Was sich auf den ersten Blick wenig harmonisch liest, entpuppt sich beim Hören als perfekte Mischung aus Tradition und Moderne, die es schafft, den Hörer sofort in ihren Bann zu ziehen

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Obwohl das Konzept der Band neu ist, wurde ihre Musik vor physischem Ersche-inen ihres ersten Werkes „Liebeskrieger“ bereits mit der von Szenegrößen, wie zum Beispiel OOMPH!, verglichen, was durchaus für kommenden Erfolg sprechen könnte. Doch der ganz eigene Stil dieser Formation kommt nicht von ungefähr, denn der türkischstämmige Timur weiß seine musikalischen Einflüsse stets mit einzubringen. Manchem Szenekenner dürfte er seit längerem schon als Filmschaffender bekannt sein, da er beispielsweise das Musikvideo von EISBRECHER zu „Schwarze Witwe“ mitproduzierte. Auch musikalisch ist er schon lange kein Neuling mehr, jedoch hielt er sich in diesem Bereich bis zur Entstehung von SCHÖNGEIST relativ im Hintergrund und widmete sich u.a. auch dem Filmgenre. Von Zurückhaltung kann aber seit Erscheinen des

Debuts im Jahre 2009 überhaupt keine Rede mehr sein: Timur Karakus zeigt der Welt nun offener als je zuvor sein Talent, wahrscheinlich sehr zur Freude der Damenwelt der Szene. Der hübsche Frontmann ist aber weder musikalisch noch lyrisch ein ober-flächlicher Romantiker, denn auch ernstere, sozialkritische Themen sowie rockige Härte sind im Repertoire von SCHÖNGEIST zu finden. Der Themenbereich ist auch beim neuen Album „Keine Zeit“ wieder sehr viel-schichtig und textlich gesehen haben die Songs einen tieferen Sinn, den es zu entdecken gilt. Songs wie „Schalt ein! Schalt aus!“ zeigen eindeutige Gesell-schaftskritik in Bezug auf den Fernsehkonsum, doch auch Ro-mantik und Melancholie kommen nicht zu kurz, was sich an ruhigeren Stücken, wie „Nie mehr allein“, erkennen lässt. Etwas düster-elektro-metal-lastiger geht es bei „Sonne der Nacht“ zu, der Single-auskopplung des Albums, die am 28. Januar erschie-nen ist. Hieran ist besonders der poppige Charakter im Refrain auf-fällig, der Song geht direkt ins Ohr und kann dort auch eine Weile verbleiben; eine positiv anzusehende Ohrwurm-gefahr also. Sänger Timur Karakus hatte Zeit, dem DarkVibeMagazin etwas mehr über das neue Album, die Resonanz auf bisherige Erfolge von SCHÖNGEIST und die Zukunftspläne für das Projekt zu erzählen. DV: Zunächst einmal Dankeschön, dass du dir Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Wie würdest du das Projekt SCHÖNGEIST einem Außenstehenden vorstellen?

Timur: SCHÖNGEIST ist moderne deutsche Rockmusik, die Freude macht. SCHÖNGEIST interpretiert seine Texte in deutscher Sprache und ist musikalisch von zart bis hart, härter und auch mal am härtesten mit einem gesunden PopAppeal. Düster-traurige Harmonien und Elemente aus Wave und Gothik oder von mir aus auch Dark-Genre, fließen ebenso mit ein, wie auch orientalische und

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elektronische. Die teils orientalisch-mittelalterliche Seite ist unser Alleinstellungsmerkmal.

DV: Wer sind die übrigen Bandmitglieder und was sind ihre Aufgaben? Damit wir uns ein Bild von der Instrumentierung und dem allgemeinen Entstehungsprozess machen können. Timur: Henriette Becker an der Violine, Daniel Beutner an der ersten Gitarre, Michael Hirschberger an der zweiten Gitarre, Andreas Kellner am Bass und last but not least Till Wollenweber am Schlagzeug alles hervorragende Ausnahmemusiker. Mein Produktionsteam besteht im kreativen und handwerklichen Kern mittlerweile aus vier Personen inklusive meiner Wenigkeit. Da ist zum einen Robert Gagl (Groove2Groove), mit dem ich „Liebeskrieger“ geschrieben und coproduziert habe. Seit Ende 2009 ist auch Günther Hausner (thatisfaction) dabei, mit dem ich schwerpunktmäßig an Album Nr. 2 seit Ende der Tour mit Letzte Instanz gearbeitet habe. Als Supervisor haben wir nach wie vor Ex-YELLO Carlos Perón und Alexx Wesselsky von Eisbrecher mit an Bord, die uns den letzten Schliff verpasst haben. Was die Groove-Sektion angeht, ziehe ich natürlich auch ab und an unseren Drummer Till zu Rate, der wertvolle Tipps zum Programming beigesteuert und auch den einen oder anderen Track eingespielt hat. Bei der Live-Produktion lege ich sehr viel Wert auf die Meinung meiner Band. Sie haben innerhalb des vorgegebenen Rahmens nahezu jedwede kreative Interpretations- und Entfaltungsfreiheit. Das spürt man auch energetisch.

DV: Wie habt ihr die positive Resonanz eures Debutalbums „Liebeskrieger“ aufgenommen? Welche kleineren oder größeren Erfolge könnt ihr bereits jetzt verzeichnen? Timur: Positive Resonanzen nimmst du naturgemäß immer mit Freuden auf. Mit dem Debut haben wir, denke ich, eine ordentliche Duftmarke hinterlassen und vielleicht sogar auch einen kleinen neuen Trend in der modernen deutschen Rocksparte gesetzt. Ein schöner Erfolg war beispielsweise die anschließende Support-Tournee mit der Band Letzte Instanz, die uns die Möglichkeit bot, SCHÖNGEIST einem größeren Publikum vorzustellen. Das hat wunderbar funktioniert und war ein sehr spannendes Erlebnis. Positiv waren auch internationale Buchungsanfragen, unter anderem zu Festivals in den Niederlanden. Das Ausland reagiert uns gegenüber äußerst aufgeschlossen, gerade weil wir deutschsprachig sind. Wir stellen uns aber genauso gut und gern

konstruktiver Kritik. Das ist mir sehr wichtig, denn die Reflexion über etwaige Schwächen und das Abstellen dieser Schwachpunkte, beeinflusst unter Umständen auch die weitere Entwicklung von SCHÖNGEIST.

DV: Würdest du dich selbst in gewisser Weise als „Frauenschwarm“ ansehen? Timur: Nein ich bin „nur“ Musiker und kein Model. Ich trinke ja auch keinen Nespresso. DV: Was waren eure Beweggründe für SCHÖNGEIST? Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit? Timur: Also unser wichtigster Beweggrund war, endlich wieder gute Musik zu machen. Erst dann haben wir uns Gedanken darüber gemacht, was wir inhaltlich ausdrücken wollen, welche Themen uns berühren und bewegen, wofür wir stehen etc. Dann fiel mir unsere Hauptidee wie Schuppen von den Augen, nämlich den Orient musikalisch selektiv mit dem Okzident zu verschmelzen.


Es erschien mir nur allzu logisch und überfällig im deutschsprachigen Rock-Sektor, und schon war die Basis geschaffen, den Act und die Musik glaubwürdig miteinander zu verschmelzen. Und – Gott sei Dank – kennt Musik keine Grenzen.

DV: Wofür steht euer Bandname? Timur: Dafür, dass ich dem Einen oder Anderen ganz schön auf den Geist gehe. Ich habe immer gesagt, dass für mich ein Schöngeist jemand ist, der in erster Linie mit Intuition und dem Glauben an die guten Werte in den wenigen emotional Gebildeten dafür arbeitet, die Welt ein kleines Stückchen menschlicher, respektive entspannter zu machen. Eine Art intellektueller Luzifer, heute nur noch genutzt als Kontrapunkt und Abschreckung zur inzwischen vergöttlichten Ignoranz und dessen Kreuzzug unter dem Banner “Liegt allein im Geiste des Betrachters” bzw. es gibt nichts jenseits von Wikipedia, Google und mir.

bekanntermaßen Menschen unterhalten, ihnen Freude bereiten, und ich hoffe es gelingt uns, sie zum Nachdenken und Reflektieren anzuregen und vielleicht sogar zum Weinen zu bringen. Denn sobald die Uhr zu ticken beginnt, entscheiden letzten Endes Medien und Fans über Erfolg oder Misserfolg. Sie sind unser Spiegel.

DV: Welche Themen behandelt das neue Album primär? Zieht sich eventuell ein roter Faden durch euer neues Werk? Timur: Ja, der Album-Titel spiegelt auf den Punkt gebracht das Wertesystem wider, für das SCHÖNGEIST im Kern steht. Sich wieder intensiver mit menschlichen Werten zu befassen und sie auch im Alltag in erster Linie gegenüber sich selbst und anderen zu leben. Inne zu halten und einfach nur den Moment auszuleben, auch wenn viele kleine Teufel uns allen immer wieder ins Ohr flüstern, dass man dies und das nicht darf. Sich wieder mündiger zu machen und auch gegen das destruktive Fremdgesteuertsein anzukämpfen ist unser eigener Blickwinkel, sprich die Perspektive, aus der wir als Kreative die üblichen Themen wie die Liebe, das Leid, die Gesellschaft und auch die Politik betrachten. Der Rock 'n' Roll war von jeher die musikalische Ausdrucksform von Rebellion und Reflexion und hat in der Musikgeschichte sehr viel bewegt. Ich finde, diesen Kern sollte man auch weiterhin bewahren. DV: Wie kam es zum Albumtitel „Keine Zeit“?

DV: Was sagst du zu den Vergleichen mit Szenegrößen wie OOMPH!? Timur: Ich freue mich immer darüber, wenn man uns konstruktiv mit Prominenteren vergleicht und uns dadurch so viel Potenzial zuspricht, dass man meint, dass wir oben mitmischen sollten. DV: Euer neues Album „Keine Zeit“ wird im Februar erscheinen. Inwiefern habt ihr euch vom letzten bis zum jetzigen Album weiterentwickelt? Timur: Wir haben unser musikalisches und textliches Konzept aus dem Debütalbum "Liebeskrieger" noch klarer, kantiger, kompakter und ausgereifter weiterentwickelt. Auch die Produktionsbedingungen waren wesentlich aufwändiger und leider eben auch kostspieliger. Unsere Zielsetzung war, eine Scheibe abzufeuern, an der man nicht vorbeikommt. Ich denke "Keine Zeit" ist ein Werk mit ganz klarer kompromissloser Kontur und Linie geworden, trotz seiner reichhaltigen und spannenden Facetten, das in deutschen Landen keinen Vergleich auf höchstem Niveau zu scheuen braucht. Mit Musik kann man ja

Timur: „Keine Zeit“ ist beispielsweise ein Song, der unter anderem auch in Zusammenarbeit mit Alexx von EISBRECHER entstanden ist. Ich finde, dass uns hier ein exzellenter Titel auf höchstem Single-Niveau gelungen ist. Als wir dann alle Songs fix und fertig auf dem Tisch hatten und ich die berühmte Qual der Wahl hatte, wurde mir und uns dann aber relativ schnell klar, dass dieser Song der perfekte Kandidat für den Albumtitel ist. Er spiegelt perfekt unseren Zeitgeist und gleichzeitig eben auch die Quintessenz wider, wofür wir inhaltlich mit SCHÖNGEIST stehen.

DV: Welche weiteren Pläne habt ihr nun für die Zukunft? Timur: Wir werden ab Ende März und im April nach der Veröffentlichung von "Keine Zeit" auf DeutschlandTournee gehen. Die Termine dafür geben wir dann natürlich noch rechtzeitig bekannt. Danach steht eventuell noch ein Support-Slot bei einem "dickeren Fisch" an, und dann stehen wir ja auch schon mitten in der Festival-Saison. 2011 soll insgesamt von einer verstärkten Live-Präsenz geprägt werden, nachdem wir in 201 0 auch durch die Produktion ein wenig unterrepräsentiert waren.

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http://www.schoengeist-music.com/

Annika Baltrusch



dekoration entworfen, wenn auch etwas einfacher. Ich habe nicht herausgefunden, warum er die Entwürfe nicht verwirklicht hat. Vielleicht hatten erst die neuen adligen Besitzer (Schwarzenberger) das Geld, die Pläne umzusetzen. Sie setzten sich damit ein Denkmal. Vier Jahre nach dem Kauf beauftragten sie den angesehenen Holzschnitzer und Schreiner František Rint aus Skalice. Er schuf mit seiner Familie ein einzigartiges Kunstwerk aus Schädeln und Gebeinen: die sogenannte “Knochenkirche” von Kutná Hora, die eigentlich ein Beinhaus ist.

DerKnochenkünstlerFrantišekRint Schon auf dem Weg nach unten wird man von derskurrilen Knochenkunst überwältigt. Zunächst trug František Rint zwei der sechs Pyramiden ab,

Das Beinhaus in Kutná Hora Sedlec Was macht man mit einem gerade erworbenen Klostergrundstück, in dessen Kapelle sich sechs Pyramiden mit menschlichen Knochen stapeln? Diese hatte ein halbblinder Zisterzienser-Mönch etwa 350 Jahre zuvor aus 40.000 Skeletten errichtet. Die Knochen waren systematisch sortiert und stammten von aufgelösten Gräbern des Klosterfriedhofs Sedlec in Kutná Hora – von Pestopfern oderGefallenen in den Hussitenkriegen. Was macht man nun mit solch einer Fülle von Schädeln und Gebeinen? Vor dieser Frage stand die böhmische Fürstenfamilie Schwarzenberg von Orlík, als sie 1866 in Kutná Hora Sedlec das Klostervermögen samt Kapelle kaufte. Sicher wussten die Fürsten, dass sie etwas ganz Besonderes erworben hatten (man macht sich ja schlau, bevorman ein Klosterkauft). Bereits im 18. Jh. existierten Pläne für das Knochenmeer vom Architekten, Baumeister und Maler Jan Blasius SantiniAichl. Er hatte die Kapelle im Stil der Barockgotik umgebaut und auch die künftige Innenausstattung inklusive Gebein-

die der Mönch vor mehr als drei Jahrhunderten aufgetürmt hatte. Von diesen ca. 10.000 Knochen nutzte Rint den überwiegendenTeil fürdie Innenraumgestaltung. Die restlichen vier Pyramiden verblieben zu einer Glockenform aufgeschichtet in den Ecken des Gewölbes. Prinzipiell behandelte er alle Schädel und Gebeine aufwendig mit Chlorkalk und machte sie dadurch bis heute ‚haltbar’. František Rint gestaltete aus den Knochen überwiegend kirchliches Inventar, sogenannte sakrale Geräte: Kelche, Altar- und Prozessionskreuze, Monstranzen, Leuchter und eben die Schädelpyramiden in Glockenform. Aber auch wenn „Kirchengegenstände“ jetzt erstmal laaaangweilig klingt: aus Knochen geformt sind sie einfach nurfaszinierend.

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Ich habe der Ausstattung das “Kirchliche” gar nicht so angemerkt – dank meiner Unkenntnis in solchen Dingen und dank der vielen liebevollen, oft auch morbid-humorigen Details.

Da stapelt sich was ... Die Verwendung von Knochen nimmt dem Kirchlichen die Strenge, es zeigt die Vergänglichkeit und manchmal mutete es für mich sogar wie eine Parodie auf kirchliches Inventar an. Vielleicht ging es ja auch nur mir so – beabsichtigt war das damals natürlich nicht. Was dieses skurrile Werk mit dem katholischen Glauben verbindet, wird in der Broschüre zum Beinhaus Kutná Hora Sedlec erklärt: Dieses Werk ist kein Selbstzweck, jahrzehntelang demonstriert es den Besuchern die Beschränktheit des menschlichen Lebens und den Tod und fördert somit das harmonische Zusammenleben der Menschen und führt die Menschen dazu, das Leben zu achten und sich seiner Verantwortung dem Gott gegenüberbewusst zu werden.

Alles ist stimmig und trotzdem gegensätzlich:

Barockleuchter in Form eines gotischen Turmes mit Schädeln aufjeder„Etage“ und obendrauftrompetende Engel. Schädel, denen Schlangen durch die Augen kriechen. „Girlanden“ aus Totenschädeln und Knochen. Gebein-Fächer. Die Pyramiden in den Ecken haben Himmelskronen über sich. Manchmal schauen unverhofft Schädel von der Decke aufmich herab. Die zwei interessantesten Werke in der Knochenkirche von Kutná Hora sind der Knochenlüster und das Wappen der Schwarzenberger. Der Lüster ist ein riesiger Kronleuchter, der in der Mitte des Beinhauses hängt. In ihm sind – angeblich – sämtliche der 206 Knochen eines Menschen verarbeitet. Das Wappen der Fürsten von Schwarzenberg von Orlík trägt als skurriles Detail einen Türkenkopf, dem ein Rabe das Auge auspickt. Das war keine Laune von Frantisek Rint, sondern im Jahre 1598 siegte Adolf von Schwarzenberg in Ungarn über die einfallenden Türken und gewann so die Stadt Györ (zu deutsch: Raab) zurück. Dafür wurde er von Kaiser Philipp II. in den Reichsgrafenstand erhoben und durfte mit kaiserlichem Recht das Schwarzenberger Wappen um einen Türkenkopf mit einem Raben erweitern.

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Ich gebe zu: Ich hatte mir die Knochenkirche viel größer vorgestellt. Eigentlich ist es ein Gewölbekeller in Kreuzform und nur circa. 60-70qm groß – trotzdem kann man locker mehr als eine Stunde darin verbringen, wenn man alles aufmerksam betrachtet und fotografiert. Ich kann nur empfehlen, das Beinhaus gleich morgens um 8 Uhr, kurz nachdem es aufgemacht hat, zu besuchen. Denn ab 9.30 Uhr wird die Knochenkirche geflutet – meist von Prag-Touristen, die einen Ausflug in die Umgebung machen. Mittlerweile ist das Kutna Hora-Beinhaus ein beliebtes, weil skurriles Ausflugsziel. Daher auch leider kein Geheimtipp mehr für Gothics. Selbst Marilyn Manson war schon in Kutna Hora, was euch aber einfach nur sagen soll: Scheut keine Entfernungen oder Mühen, um die Knochenkirche mit eigenen Augen zu sehen. Es lohnt jeden Aufwand und jeden Euro!

Ehrfürchtig vorso viel Liebe zum Detail ...

Apropos: Der Eintritt kostete uns 60 Kcs pro Person (= 2,50 Euro – das war 2007), und für die Fotoerlaubnis zahlt man noch mal was extra, aber immerhin ist es erlaubt. Ich finde das tausendmal besser als totales Fotoverbot, nur damit die ihre Postkarten verkaufen können. Wer will, der kann sich mittlerweile auch eine SchädelReproduktion im “Kostnice-Ossuary-Beinhaus-Shop” für umgerechnet circa 20 Euro (490 Kcs) kaufen. Sieht ziemlich gut aus. Das Beinhaus ist ein Gesamtkunstwerk, es lässt einen staunend und überwältigt herauswanken. Alles ist noch surrealer, weil die Kapelle von außen total harmlos aussieht. Auch der Friedhof ist jetzt nicht mehr sonderlich schaurig. Nur der mit skull-and-bones gestaltete Zaun um Friedhof und Kapelle lässt darauf schließen, dass sich hinter diesen Mauern etwas Ungewöhnliches befindet. Shan Dark

http://der-schwarze-planet.de


BODYMODIFICATION Hautmalereien kommen zurück nach Europa Seemannstattoos Wer in früheren Jahrhunderten zur See fuhr, der hatte meist auch sonst nichts mehr zu verlieren, der konnte nur gewinnen. Seefahrt war gefährlich – immer ging man davon aus, dass große Ungeheuer in den Weltmeeren schwammen, die nur auf ein leckeres, rumgetränktes Raubein warteten, um ihren Speiseplan zu erweitern. Hinzu kam noch der immerwährende Kampf gegen die Natur und,n ach ja: selbst Mitte des 1 8. Jahrhunderts hatten die großenn Seefahrernationen noch keine verlässlichen

die Tahitianer es „tattow“ nannten. Die Besatzung der Endeavour war unendlich neugierig auf diese Technik, und ein nennenswerter Teil der Mannschaft konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich ebenso verzieren zu lassen wie die Tahitianer. Es verstand sich jedoch von selbst, dass sie mit den Strichen, Kreisen, Dreiecken und geschwungenen Linien der Ureinwohner nichts anfangen konnten. Und sie begannen sich Zeichen zu überlegen und aufbringen zu lassen, die mehr zu ihrem Leben passten. Als James Cook und seine Mannen im Juli 1 769 zu weiteren Reisen aufbrachen, war ein nennenswerter Teil der Mannschaft tätowiert. Zu den ältesten Tattoos der Neuzeit – also, den ersten Seemannstattoos – gehören typische Symbole aus dem nautischen Alltag. Seile, nautische Sterne, die Windrose, um Schutzsymbole für ihre gefährliche Arbeit auf See zu haben, bei der man den Naturgewalten schutzlos ausgeliefert ist. Weitere frühe Tätowierungen sind vierbuchstabige Wörter, die die Matrosen sich auf die Finger tätowieren ließen. Um ihre Arbeit sicher zu verrichten und die Seile immer gut zu vertäuen, ließen sich viele Seeleute die Worte „hold fast“ auf die Fingerknöchel oder die Fingeransätze tätowieren, was so viel wie „mach’s gut fest“ bedeutet. So sollte die Zugehörigkeit des Trägers zur Seefahrt verdeutlich werden, und die Tätowierungen unterschieden ihn vom Rest der Bevölkerung aber auch von anders tätowierten Matrosen. Aber dazu im nächsten Heft mehr.

Navigationshilfsmittel, die sie ihre genaue Position auf dem Ozean bestimmen ließ. Die Geschichte, wie und warum James Cook und die Besatzung der Endeavour nach Tahiti kamen, lasse ich heute einfach mal weg und beginne mittendrin – sie kamen an, es war Ende April 1 769 und ihre Reise war aufgrund günstiger Wetterumstände schneller zu Ende, als gedacht, und die Mannschaft hatte viel freie Zeit, die Insel und die Gewohnheiten ihrer Bewohner zu erkunden. Die erste Besonderheit, die den Matrosen auffiel: Die Tahitianer waren alle bemalt. Und zwar so bemalt, dass es sich nicht entfernen ließ. Das hat einen Offizier der Endeavour so beeindruckt, dass er dazu sogar einen Eintrag ins Logbuch machte und genau beschrieb, was er dort sah, wie und mit welchem Werkzeug die Hautbilder gemacht wurden, und dass

Alana Abendroth

In der nächsten Ausgabe: Seemannstattoos Nr. 2

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Mehr zum Thema:

Alana Abendroth Bodymodification ISBN 978-3-86608-11 2-3



Im Banne der Dämonen Dämonen und Monster spielen in der Welt von Combichrist eine große Rolle und die Band selbst bringt übermenschliche Kräfte auf und spielt schon seit Monaten fast jeden Abend in einer anderen Stadt. Die Combichristen sind wirklich eine fleißige Truppe, die neben acht EPs und fünf Alben in ihrer Bandgeschichte auch die körperliche Arbeit auf Tourneen nicht scheut. Andy LaPlegua hatte in einer kleinen Tourpause Zeit mit dem DarkVibe-Magazin ein kleines entspanntes Gespräch zu führen. DarkVibe: Combichrist war Ende 201 0 mit ihrem Programm „Monsters on Tour“ in den USA unterwegs. Jede Nacht in einer anderen Stadt und auf einer anderen Bühne. Was für eine Art von Workout machst Du, um körperlich und mental fit zu bleiben für deine Show, und wie entspannst du nach so einem langen Tourmarathon? Andy LaPlegua: Ich glaube, die Show ist schon Workout genug. Als ich mit Combichrist anfing, war das alles noch nicht so leicht und wir haben auf Tour auch immer sehr viel Party gemacht. Es ist auch nicht der beste Lifestyle, auf Tour zu sein und jede Nacht zu feiern und zu trinken. Das hat sich in letzter Zeit geändert. Wir versuchen unsere Gesundheit zu schonen und auch nicht mehr so viel zu trinken. Die Mitglieder der Tour-Crew haben da ein Auge aufeinander. Ich habe eigentlich kein wirkliches Rezept, wie ich mich nach einer Show am besten entspanne. Ich glaube, es liegt daran, dass ich das Tourleben dermaßen verinnerlicht habe, dass ich mich nach einer Show gern treiben lasse und einfach das mache, was an dem Abend so ansteht. Entweder gehe ich noch zu einer Party oder gehe in den Tourbus

oder mit den anderen irgendwohin, wo etwas los ist. Das ist jeden Tag anders und ich glaube, das gibt uns auch den Antrieb immer weiterzumachen. Das wir ausgepowert sind, merken wir eigentlich immer erst wirklich, wenn eine Tour zu Ende ist.

DarkVibe: Mir ist aufgefallen, dass Du immer, wenn ein neues Album erscheint, ein anderes Styling hast, sei es eine andere Frisur oder Haarfarbe oder einen anderen Kleidungsstil. Hat das einen besonderen Grund? Andy LaPlegua: Hm, weiß ich jetzt gar nicht. Ich kleide mich so, wie ich mich gerade fühle. Ich glaube nicht, dass ich wirklich etwas geändert habe. Aber ich denke, dass es daran liegt, dass man dann immer nur das Foto eines bestimmten Tages sieht. Wir ziehen uns nie etwas Spezielles an für die Fotos oder für Pressefotos. Wir tragen halt das, was wir immer so anhaben. Sicher liegt das aber auch am jeweiligen Fotografen: manche wollen beispielsweise, dass wir ein wenig dunkler und bedrohlicher aussehen. Und so kommt dann unser Image für das jeweilige Album zustande. Ich schwanke eigentlich immer so zwischen Rockabilly-Stile und einem Irokesen. Im Moment hab ich grad wieder einen Irokesen. Aber mit Image hat das nichts zu tun. Mehr mit dem Timing und der Absicht des Fotografen. DarkVibe: Im Moment seid ihr mit der „Making Monsters“ Tour unterwegs. Was für Monster macht ihr da eigentlich und wie sollen wir diesen Monstern begegnen? Sollten wir uns besser verstecken oder ihnen tapfer begegnen? Andy LaPlegua: Es sollten sich unbedingt alle mit unseren Monstern treffen! Als ich anfing Alben zu machen, ging es darin hauptsächlich um Menschen und ihre Ängste, und es ging auch sehr um mein Weltbild. Die letzten beiden Alben sind allerdings noch persönlicher geworden. „Making monsters“, also Dämonen zu kreieren ist nicht zwangsläufig negativ, es macht sie greifbarer. Und es soll den Eindruck wiedergeben, dass das, was in der Welt passiert, viel mit

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Theaterdonner und Kunst zu tun hat. Wir schaffen uns zwar auch Dämonen, aber das ist nicht negativ, sondern positiv. Ihr solltet alle den Dämonen begegnen und sie umarmen!

DarkVibe: Du bist von Norwegen in die USA gezogen und bist jetzt auch schon eine ganze Weile in deiner neuen Umgebung. Inwieweit beeinflusst dein neues Umfeld deine Kreativität und deine Musik? Andy LaPlegua: Ich glaub nicht, dass mein Umzug in die Vereinigten Staaten mich sehr beeinflusst hat. Ironischerweise verbringe ich nun sehr viel mehr Zeit in Europa und zwar mehr als damals, als ich noch in Norwegen gewohnt habe. Was mich aber wirklich inspiriert, ist das Tourleben. In Clubs zu spielen und unterwegs die Musik der anderen zu hören ruft in mir sehr tiefe Empfindungen hervor. Und diesen sehr persönlichen Gefühlen versuche ich mich zu stellen, es geht dabei darum, sich verloren zu fühlen, einsam, aber auch glücklich, und sich als sexuelles Wesen und Partymonster zu fühlen. Also in meinen Songs ist das alles natürlich mit drin. Und je mehr ich auf Tour bin, desto empfindsamer werde ich diesen Dingen gegenüber. Als ich früher noch nicht so viel auf Tour war, war meine Musik mehr von Kinofilmen beeinflusst, mittlerweile inspiriert mein eigenes Leben mich zu meiner Musik.

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DarkVibe: Im Dezember wart ihr im Madison Square Garden in New York die Vorgruppe für Rammstein. Ihr habt schon 2009 und 201 0 europaweit so einige Konzerte zusammen mit Rammstein gemacht. Und jetzt zum

Jahresende 201 0 in New York und Montreal. Wie war das Touren mit Rammstein?

Andy LaPlegua: Es war großartig! Zwischen uns stimmte die Chemie und nicht nur mit der Band, sonder auch mit der Rammstein-Crew. Wir haben 64 Konzerte zusammen gespielt, und ich hoffe sehr, dass wir weitermachen können. Das Tollste an der Zusammenarbeit war aber nicht unbedingt die Show und in diesen großen Arenen zu spielen, sondern mit ihnen zu reisen und sie auf einer persönlichen Ebene kennenzulernen. Wir haben uns gefühlt wie in einer Familie und sie waren wie Brüder zu uns, wir haben uns sehr wohl gefühlt. Und zwar mit der Band und mit der Crew. Das war ein großartiges Erlebnis. Im Moment sind wir ohne Rammstein unterwegs und es fühlt sich an, als wären wir nur mit der halben Band auf Tour. Während des Tourens fühlten wir uns wirklich wie eine und nicht wie zwei Bands. Das hat mich wirklich schwer beeindruckt. DarkVibe: Du machst schon sehr lange Musik. Hast Du eigentlich mal einen anderen Beruf gelernt oder lernen oder ausüben wollen. Und wenn ja, was wäre das für Beruf gewesen. Andy LaPlegua: Ich hab Grafikdesigner gelernt und diesen Beruf auch eine Zeit lang ausgeübt. Aber das einzige, was ich immer tun wollte, war kreativ sein und zwar im weitesten Sinne. Und das lebe ich nicht nur durch meine Musik aus, sondern auch im Entwerfen von Hot Rods und Motorrädern. Diesen kreativen Aspekt mag ich auch in der Rockabilly-Szene. Zum Abschluss der Monsters Tour spielen Combichrist übrigens am 1 2. März 2011 beim 37. Dark Dance Treffen in Lahr und die ganze Band freut sich schon darauf, auch wieder Parties in Deutschland zu feiern.

Alana Abendroth


Siehe S 1 8 u 1 9





Neue Operationsmethoden aus Rom

Die italienischen Electro-IndustrialMetaller Surgery operieren bereits seit 1 0 Jahren im italienischen Underground. Jetzt wenden sie ihre Behandlungsmethoden erstmals nördlich der Alpen an. Zusammen mit einem äußerst hochwertigen, stylishen Video und diversen DJ-Remixen des Songs, unter anderem von Sebastian Komor (Kanada), Soman (Deutschland) und Xp8 (Italien) ist die EP ab sofort als Gratisdownload über die Bandpage erhältlich. Gleichzeitig wird „Habitat“ dieser Tage die deutschen Clubs erobern ...

Teuflische Verse

Teufel, der Sänger und Dudelsackspieler der Band Tanzwut, hat Mitte Januar 2011 seinen ersten Gedichtband „Des Teufels Phantasien“ veröffentlicht. Neben den Texten für Tanzwut entstanden in dem vergangenen Jahr einige Gedichte, die sich eher für ein unterhaltsames Büchlein eigneten als für Sonngtexte der Band. Dieses kleine Werk soll Teufels Fans zum Schmunzeln oder auch Lachen bringen.

Und hier geht’s zum Download von

„Habitat“:

http://www.surgerycaos.com/download-habitat.htm

Alana Abendroth

Erhältlich ist der Gedichtband bei jedem Konzert der Band, weiterhin im Shop (www.shop.teufel-music.de) von Tanzwut und Teufel und bei Booklooker.

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6. bis 8. Februar - Londonedge und Londoncentral Was auf den ersten Blick wie ein Hinweis auf konspirative Treffen an Londoner Metrostationen aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als eine der beiden wichtigsten Modemessen für Fashion außerhalb des Mainstreams. Zweimal im Jahr, im Februar und im September, zeigen die Designer und Modelabels die angesagtesten Trends aus Gothic, Heavy Metal, Rockabilly, Techno, Punk und Cyber, um die Hauptrichtungen zu nennen. Und nicht nur Mode, sondern auch Schmuck, Haar- und Make up-Trends sowie Geschenkideen werden präsentiert. Auch neue Einflüsse aus dem Tattoo-Sektor und neuer Piercing-Schmuck sind auf diesen Messen zu bewundern. Freut euch auf die neuen Frühjahrskollektionen! Londonedge & Londoncentral, Olympia Center, Hammersmith Road

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Alana Abendroth


Maria Stuart im Alter von 13 Jahren

Es geschah … im Februar

Am 8. Februar 1587, nach julianischer Zeitrechnung*, wird die ehemalige schottische Königin Maria Stuart mit zwei Axthieben geköpft. Maria Stuart ist zu diesem Zeitpunkt 44 Jahre altundhatnach ihrerAbdankung 1567 bereits 19 Jahre in Haft verbracht. Maria Stewart – oder in der von ihr bevorzugten französischen Schreibweise – Stuart ist 1542 in eine Zeit der politischen und religiösen Unruhen hineingeboren worden. Ihr Vater – Jacob V., der Sohn von Margret Tudor, der Schwester Heinrich des VIII. – starb 30jährig eine Woche nach Marias Geburt. So dass Maria, noch nicht einmal ein Jahr alt, im September 1543 zur schottischen Königin

gekrönt wird. Als Nichte von Heinrich VIII. steht sie in der englischen Thronfolge, und um dies zu manifestieren, ist sie bereits vor ihrer Krönung als halbjähriger Säugling mit dem zukünftigen englischen König Eduard VI. verlobt worden. ImAlter von neun Jahren sollte sie mit ihm vermählt werden und ihre Nachkommen sollten über England und Schottland herrschen. Soweit die Theorie. Kurz vor der Krönung der kleinen Maria macht Heinrich VIII. diesen Vertrag wieder rückgängig und entschließt sich, Schottland anzugreifen, weil Schottland sein Defensiv-Bündnis mit Frankreich gegen England nicht aufgeben will. Die Schotten unterliegen und Maria wird zu ihrem Schutz 1548 nach Frankreich gebracht und heiratet 1558 den französischen Thronfolger. 1561 tritt sie als junge Witwe nach dem Tod ihrer Mutter die Rückreise nach Schottland an. Sie hatte sich geweigert, Schottland an England abzutreten, denn auch dort hatten sich die Verhältnisse geändert. Heinrich VIII. lebte nicht mehr, ihr ehemaliger Verlobter, der Thronfolger, warimzartenAltervon16 verstorbenundaufdemThronsaß Elisabeth, unddie UnstimmigkeitenHeinrichs VIII. mitdem Papst im Hinblick aufseine diversen Hochzeiten hatten zur Reformation und einer Spaltung zwischen England und Schottland geführt. Die katholische Kirche hatte die Scheidung Heinrichs von Katharina von Aragon nicht anerkannt hat, und damit hatte Heinrich Elisabeths Mutter Anne Boleyn geheiratet, ohne geschieden worden zu sein. Somit galt Elisabeth (protestantisch) als unehelich und nicht erbberechtigt. Nach demTod von Heinrichs TochterMaria I. („Bloody Mary“!), hatte der König von Frankreich (katholisch) Maria Stuart (katholisch) als englische Königin proklamiert, da Maria als legitimer Urenkelin Heinrichs VIII. der Thron gebühre. Das religiöse und politische Armdrücken zwischen Maria und Elisabeth um den englischen Thron kostet Maria schließlich das Leben. Eine Beteiligung Marias an diversen Komplotten gegen Elisabeth gilt als sicher und gipfelte in einer Verschwörung im September 1586, deren Ziel es war, Elisabeth zu beseitigen. Elisabeth versuchte noch einen Gefängniswärter zu überreden, Maria zu vergiften, unterschrieb dann aber am 1. Februar die Hinrichtungsurkunde wegen Hochverrats. Marias Sohn Jakob VI. (engl.: James, 1566-1625) wird übrigens 1603 als James I. Nachfolger von Elisabeth als König von England. Alana Abendroth

*Die Kalenderreform des Papstes Gregor XIII. von 1582 übernehmen Schottland und England erst 1752, so dass für die Zwischenzeit immer zwei Daten genannt werden. Nach dem alten julianischen und dem neuen gregorianischen Kalender. Nach dem gregorianischen Kalender fand die Hinrichtung am 18.2. statt.

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Du hast neue Ware im Laden und keiner weiß es? Das machst du im nächsten Monat besser!

Und zwar mit einer Anzeige im DarkVibe Magazin, denn hier funktioniert Werbung auch offline!

Anzeigenschluss für die März­Ausgabe: 10. Februar 2011 und für die April­Ausgabe: 10. März 2011 Mail an: anzeigen@darkvibe.de Oder per Telefon: 01727252231


SPECTRA*Paris ­ mit der Lizenz zum Verführen!

Pop, Glam-Rock, Alternative und Elektro und dabei sexy, elektronisch und italienisch, das ist SPECTRA*Paris. Elena Alice Fossi, die Frontfrau der italienischen Kult-Gruppe Kirlian Camera beeindruckt mit ihrer All-Girl-Band SPECTRA*Paris die Clubs in Europa. Und zwischen den vielen Konzerten, die SPECTRA*Paris in Deutschland gespielt haben, hat Elena noch Zeit gefunden mit dem DarkVibe-Magazin zu sprechen.

DarkVibe: SPECTRA*Paris kommen gerade von einer Tour zurück, und ihr wart teilweise für Kirlian Camera die Vorgruppe. Ist es nicht sehr anstrengend, erst als SPECTRA*Paris auf der Bühne zu sein und dann als Frontfrau von Kirlian Camera noch einmal alles zu geben? Elena: Das stimmt, wir hatten wirklich gerade eine sehr abenteuerliche Tour hinter uns und ich habe nahezu an allen Abenden zwei Shows gegeben. Die SPECTRA*ParisAuftritte waren während dieser Tour mehr eine Werbetour für unsere eigene Tour im April und wir konnten schon mal einige Details zeigen, die die Fans auf unserer eigenen Tour dann erwarten können. Angelo Bergamini von Kirlian Camera hat sich sehr um uns gekümmert und es ist wirklich so, dass er SPECTRA*Paris viel Raum und Hilfestellung gegeben hat während dieser Tour. Manchmal durften wir sogar nach dem Headliner spielen, um dann in ein uns sehr freundlich gesinntes Publikum zu blicken. Es war aber teilweise schon eine große nervliche Anspannung, weil ich doch sehr viel Verantwortung auf den Schultern spürte. Das Anstrengendste jedoch, wenn man zwei Shows an einem Abend bestreitet, ist so ein mulmiges Gefühl im Kopf, das daraus resultiert, dass man beide Shows erstklassig abliefern möchte. Bei dieser Tour sind uns allerdings die unmöglichsten Dinge passiert. Angefangen von technischen Problemen, die sich niemand erklären konnte, bis hin zu einem Meniskusriss, den ich mir während einer Show zugezogen habe. Aber wohl gerade diese ganzen außergewöhnlichen Ereignisse, die uns ja auch alle angingen, haben uns noch näher zusammengebracht. Ich denke, dass auch das Publikum etwas davon

mitbekommen haben muss, das uns mit so viel Wärme und Freundlichkeit empfangen hat. Wir haben uns dem Publikum wohl noch nie so nahe gefühlt.

DarkVibe: Was hat Dich dazu inspiriert, SPECTRA*Paris ins Leben zu rufen? Elena: Manchmal ist es einfach so, dass man das Gefühl hat, dass bestimmte Dinge gerade getan werden müssen. Und eigentlich hab ich mich nach dieser Möglichkeit gesehnt. Nicht, dass ich bei Kirlian Camera etwas vermisse – es wäre albern, wenn ich diesen Gedanken auch nur in Betracht ziehen würde. Aber ich muss zugeben: Manchmal bin ich unersättlich und kann überhaupt nicht genug bekommen, und dann habe ich das Gefühl, dass die Bühne wohl mein eigentliches Zuhause ist. SPECTRA*Paris ist etwas ganz anderes als Kirlian Camera, aber es stillt meinen Hunger nach Rock ’n’ Roll und ist für mich und mein Publikum ein Jungbrunnen. DarkVibe: Wie wichtig ist es eigentlich für das Selbstverständnis von SPECTRA*Paris, dass die Band nur aus weiblichen Mitgliedern besteht? Elena: Also, ich wollte nicht um jeden Preis, dass die Band unbedingt nur aus Frauen bestehen sollte. Es hat sich nach einigen wilden Jahren einfach so ergeben. Ich hab sie gefunden, und neben vielen anderen Qualitäten, die sie haben, sind sie auch noch großartige Musikerinnen. Sie sind sehr enthusiastisch und gehen unsere gemeinsame Aufgabe mit sehr viel Gefühl an. Und dass wir nur Frauen in der Band sind, macht es auch einfacher, unsere Sinnlichkeit zu zeigen und das zu einem Bestandteil von SPECTRA*Paris zu machen. Ganz besonders gefällt mir auch, dass Alessia, Marianna und Nancy keine nervösen Barbie-Attitüden an den Tag legen, wie es bei so einigen Frauen gang und gäbe ist. Und obwohl meine Mädels klasse aussehen, sind sie zu keinem Zeitpunkt irgendwie snobistisch oder eingebildet. Mir gefällt es unglaublich, ein Projekt zu leiten, bei dem es nicht erforderlich ist, dass wir uns wie Nonnen kleiden, nur um zu beweisen, wie talentiert und professionell wir sind.

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DarkVibe: SPRECTRA*Paris gibt es nun schon mehr als drei Jahre. Wie zufrieden bist Du mit dem, was Du bisher erreicht hast?


Elena: Ich bin sehr zufrieden mit dem Projekt und zwar sowohl im Hinblick auf die Verkaufszahlen, als auch über die Akzeptanz des Publikums. Was mir noch nicht gefällt, dass man glauben könnte, dass das, was ich zeige, nicht wirklich ich bin. Dass man vielleicht glauben könnte, das wäre nicht mein eigentlicher Platz. Ich will mich nicht beklagen, bedaure aber, dass wir unser ganzes Potenzial noch nicht zeigen konnten, denn SPECTRA*Paris hat wirklich noch viel zu erzählen.

DarkVibe: Eure letzte Veröffentlichung „Christmas Ghouls“ bezieht sich auf die Weihnachtszeit. Wenn Du an die Weihnachten Deiner Kindheit denkst, was mochtest Du am liebsten? Und was hat Dich zur CD „Christmas Ghouls“ inspiriert?

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Elena: Als ich noch ein Kind war, hat mein Großvater, ein Zimmermann, für mich und meinen Bruder ein großes Schiff gebaut. Jedes Weihnachtsfest haben mein Bruder und ich dann alle Krippenfiguren auf das Schiff platziert und unter einen kleinen künstlichen Tannenbaum gestellt, der uns damals unglaublich groß vorkam. Und dann in der Weihnachtsnacht konnten wir vor Aufregung überhaupt nicht schlafen und sind immer wieder aufgestanden und zum Weihnachtsbaum gegangen, um zu gucken, ob denn nun endlich der Weihnachtsmann da war und uns wunderschöne bunt eingepackte Geschenke unter den Baum gelegt hatte. Ich mag die Konsumorientiertheit, die zu einem gewissen Missbrauch des Weihnachtsfestes geführt hat, überhaupt nicht, und das Gutmenschentum in der Weihnachtszeit geht mir ganz besonders auf den Geist. Wenn ich jedoch kleine Kinder sehe, wie sie von den vielen bunten Lichtern ergriffen sind und sich noch über einfache Geschenke freuen können, und dann noch ihre Aufregung und freudige Erwartung, das erinnert mich wieder an meine Kindheit und ich hab sofort den Geruch des Mooses in der Nase, das mein Vater für unsere Krippe aus dem Wald geholt hat. In unserer Veröffentlichung „Christmas Ghouls“ haben wir einige dieser Eindrücke verarbeitet – und bei aller Gefühlsduseligkeit aber auch nicht die Tür vor dem Grauen verschlossen. Im Song „Snowy Cross Tale“ beschreibe ich einen Gedanken, der mich immer wieder ereilt: Jesus Christus liegt bewegungslos im Schnee. Blut überall, so dass die Schneedecke ihre weiße Jungfräulichkeit verliert. Schwer zu sagen, ob er noch lebt oder schon tot ist. Menschen laufen an ihm vorbei, sehen ihn. Er tut ihnen leid, sie spüren seinen Kummer – aber sie halten nicht inne, denn sie müssen schnell nach Hause laufen, weil ja dort ihre eigene Familie wartet und mit ihnen Weihnachten feiern will V

Alana Abendroth



STARFOCUS

Name: Teufel Bands: Tanzwut, Teufel Alter: volljährig Wohnort: Berlin Was ist dir das Wichtigste in deinem Leben?

Musik, Gesundheit und echte Freundschaft

Welchen Beruf hattest du eigentlich, bevor du Musiker wurdest?

Ich war als Jugendlicher schon Musiker. Aber eine Lehre hab ich trotzdem gemacht, zum Maschinenbauer. Deine drei besten Eigenschaften?

Ich kann über mich selbst lachen und kann zuhören. Außerdem verfolge ich ehrgeizig meine Ziele. Deine drei schlechtesten Eigenschaften?

Zwei fallen mir da ein: Zerstreut und manchmal zu gutmütig.

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Wovor hast du Angst?

Vor Zungenbrechern.

Wenn du drei Wünsche frei hättest, was würdest du dir wünschen?

Als erstes wünsche ich mir, dass alle meine Wünsche in Erfüllung gehen. Und danach erstmal dreiTage nackt durch Rom und die Taschen voll goldgelber Birnen, saftig und reif. Dein Lieblingsbuch und die Lieblingsmusik?

"On the road" von Jack Kerouac oder Gedichte von Allen Ginsberg. Aber eigentlich gibt’s da noch viel viel mehr was ich gerne lese. Musik ist schwierig. Das ist stimmungsabhängig. Manchmal Rock, manchmal Klassik. Was für ein Auto fährst du?

Volkswagen

Welche Person würdest du gern mal treffen?

Noch einmal meinen Großvater Max.

Was war dein wichtigstes Erlebnis als Künstler?

Als ich meinen ersten Dudelsack in der Hand hatte und wußte, dass ich jederzeit Straßenmusik machen und dadurch überleben konnte und somit unabhängig war von allem.


prügelwürdig./?/! liebe eventuelle leser, es ist schon lange lange her, aber es beschäftigt mich nun doch so sehr, dass ich es gerne in diesem rahmen kommunizieren würde. am siebenundzwanzigsten dezember letzten jahres war ich beim „protain“-event mit dem zivilisierten namen „christmas ball“ in köln zugegen. an und für sich kein grund, eine kolumne zu verfassen, zumal das festival selbst keine weltbewegung darstellte. zur besseren vorstellung: der ort des geschehens dürfte den meisten lesern bekannt sein, denn die location des festivals war das theater am tanzbrunnen in köln, geläufig durch das amphifestival. das line-up bestand aus faderhead, agonoize, laibach, project pitchfork und: fields of the nephilim. diese dem informierten leser wohl etwas holprig anmutende mischung deuten wir jetzt natürlich szenepolitisch korrekt als „festivalgewordene repräsentanz der musikalischen und subsubkulturellen vielfalt am beispiel der sogenannten schwarzen szene“ und möchten sie hier nicht länger vertiefen, denn darum geht es auch gar nicht. es geht viel mehr um ein problem, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es jemals in einem atemzug mit der szene nennen müsste. nein, es geht nicht um das problem der rechten bis rechtsrelativierenden tendenzen im schwarzen spektrum, nein, es geht nicht um die wut über buntes volk, über leuchtendes volk oder über volk ohne undercut, nein, es geht um gewalt. und zwar nicht um politische gewalt, defensive gewalt, um wortgewalt schon mal gar nicht (man ignoriere die erfolgten ausrufe „fuck you“, „fuck off“ und „go fuck yourself“, die zwar aus gewaltigen kehlen kamen, aber nicht unbedingt von großer wortgewalt zeugen). es geht um stumpfe, fahrlässige, grundlose und leider seeeehr physische gewalt. denn ca. 10-15 übereifrige fans ausgerechnet der wohl sphärischsten band des abends, nämlich der esoterischen, psychonautischen, legendären fields of the nephilim, befanden das publikum für prügelwürdig.

an dieser stelle möchte ich versichern, dass ich durch meine kulturelle nähe zum punk nicht wenig gewöhnt bin, ich kenne moshpits, pogocircles, walls of death (jaja, metalkonzerte gehören auch zu meinem lebenspraktischen repertoire), ich weiß, wie das geht, wie es aussieht, wie es zugeht, wenn etwas härter getanzt wird. aber was beim fields-set geschehen ist, war kein tanz, war stellenweise evtl. akrobatik, wenn man sich die menschenpyramide noch mal in erinnerung ruft. diese dinge waren wohl eher schlägerei-ähnlich. die viel zu weit oben angesprochenen 10-15 fans (fanatics) begannen ab dem lied „shroud“ (für alle nicht-informierten: seit einiger zeit stets das erste lied) damit, um sich zu prügeln, die umstehenden zu schlagen und mächtig spaß daran zu haben, diejenigen, die sich zur wehr setzten (egal ob männlein oder weiblein, 20- oder 50-jährige) zu beschimpfen (s.o.), zu schlagen und zu quetschen. ma n kann sich vorstellen, welch ein genuss ein fields of the nephilim-konzert ist, wenn man nach vorne keinen bis nichtvorhandenen raum zum atmen hat und nach hinten eine schlägerei ignoranter, halbnackter, glatzköpfiger untiere, die gern mal den ein oder anderen tritt oder faustschlag in richtung x (x=egal) entbehren können. nämlich gar keinen. also ungefähr zwanzig reihen nach hinten (der rückweg war auch nicht sonderlich das, was man hedoné nennen könnte), security informiert und langsam herunterkommen. und das fazit? es gibt keins. das hier war reine information, subjektiv, erfahrungsgeprägt, gefühlsgeladen. man fange damit an, was man möchte. ich fand den abend anstrengend. so was muss ja nicht sein. aber für die, die jetzt eine moralische keule wollen: „böse, böse szene, keiner wäre auf die idee gekommen, zu helfen. was seid ihr nicht gleichgültig geworden.“ so, jetzt hat der artikel für ungefähr 3 leser mehr wenigstens einen sinn. und zwar gewaltig. ratlose grüße.

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bye bye bye my darlings… ph. blömeke.


Newcomer des Jahres 2011

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Frl. Venus

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Gruft­Orakel Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof sitzt eine Kröte am Brunnen, die den ganzen Tag herum orakelt und sich so verschiedene Dinge in den Krötenbart murmelt, weil sie so ein komisches Zeug vom Brunnenrand frisst. Wir haben ihr zugehört, was sie uns für den Monat Februar mit ihrer heiseren Stimme zugeraunt hat.

Dämon 22./23.9 - 23.10.

Werwolf 20./21.3. -19./20.4.

Knoblauchzopf 23.10. - 22.11.

Die Werwölfe erreichen im Job ein langersehntes Ziel. Endlich kommt es zu Machtgerangel und Spannungen. Jetzt kannst du dich auch mehr auf dein Privatleben konzentrieren, denn auch dort spitzen sich die Konflikte zu. Die langersehnte Trennung gibt dir Aufwind.

Ein Verlust erweist sich auf den zweiten Blick als Befreiung, denn wer braucht schon eine leere Geldbörse. Verweise auf diesen neuen Umstand, wenn du dich von deinen Freunden zu Bier und Zigaretten einladen lassen willst.

Grableuchte 19./20. 4. - 20./21.5.

Der Februar ist günstig für Renovierungen. Mach mal wieder eine Gesichtsmaske und kämm dir die Haare. Aber langsam! Stress kann auf die Gesundheit schlagen und du willst doch für die bevorstehende Festivalsaison fit sein!

Fangzahn 22.11. - 21./22.12.

Single-Grableuchten können sich unsterblich verlieben. Zumal sich die Grableuchten für dieses Jahr vorgenommen haben, nicht wieder auf einen leidenschaftlichen, einfühlsamen, fürsorglichen und häuslichen Kerl reinzufallen.

Bei Entscheidungsschwierigkeiten einfach mal zweigleisig fahren. Fledermaus, Ghoul und Sarg machen dir die Entscheidung nicht leicht. Achtung: Mehr Schlaf und zwischendurch immer wieder mal auch Bewegung an frischer Luft, sonst droht Überforderung.

Vampir 20./21.5. - 20./21.6.

Sukkubus 21./22.12. – 20.1.

Vampire finden immer einen Kollegen, der ihre Schwächen ausgleicht. Bei Druck im Job einfach mal die unangenehmen Dinge beim Auszubildenden auf den Tisch legen – der soll immerhin etwas fürs Leben lernen.

Der Single-Sukkubus ist im Februar besonders flirtfreudig. Das nützt ihm leider nichts, denn er findet keinerlei Beachtung. Auch seine viel gerühmte Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit sind zwecklos. Er könnte das zum Frühjahrsputz nutzen oder mal ein Buch lesen.

Pflock 20./21.6. - 22./23.7. Jetzt ist Diplomatie gefragt. Neues Glück bahnt sich an, aber du wirst den Klotz am Bein einfach nicht los. Akuter Gesprächsbedarf. Vieles lässt sich durch ein paar Beleidigungen und Unterstellungen problemlos auflösen.

Wiedergänger 22./23.7. - 22./23.8. Jetzt müssen alte Lebensmuster überwunden werden. Schluss mit fleißig zuhause über den Büchern sitzen und den Pflichten nachkommen. Jetzt ist Zeit für Schwänzen, Party und Fremdgehen! Deine Mischung aus Charme und Stärke ist unwiderstehlich.

Sarg 22./23.8. - 22./23.9.

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Deine Bemühungen im Job werden weder wohlwollend registriert noch angemessen belohnt. Ideal für Menschen mit Helfersyndrom. Alle anderen sollten sich überlegen, ob sie ihr Hobby zum Beruf machen. Leider gibt es keinen Ausbildungsberuf Reality-Shows-auf-dem-Sofa-Gucker.

Ghoul 20. 1. - 18./19. 2. Mit deinem tollen Gespür für Trends probierst du gleich im Februar die angesagtesten Diäten aus. Du treibst ein gefährliches Spiel. Mit der neuen EierDiät siehst du am Ende im Gesicht aus wie der ehemalige ukrainische Präsident. In Verbindung mit schlabbrig hängenden Hosen kommen die neuen Freunde aus Hip-Hop-Kreisen.

Fledermaus 19.2. - 20./21.3. Je gelassener du dich den neuen Herausforderungen stellst, desto egaler können dir die Ergebnisse sein. Wer braucht schon einen Job, Geld oder eine Wohnung. Besitz blockiert nur. Gewinne einen neuen Blick für die Schönheiten der Natur.

Alana Abendroth


IMPRESSUM www.darkvibe.de Redaktion und Verlag: DarkVibe Magazin Alte Bahnhofstraße 77 44892 Bochum E-Mail: redaktion@darkvibe.de Tel.: +49- (0) 1 72 – 725 22 31

Chefredaktion:

Alana Abendroth (V.i. S. d. P.) E-Mail: alana@darkvibe.de

Redaktion dieser Ausgabe: Annika Baltrusch, Dr. Mark Benecke, Philipp Blömecke, Honey, Spike LaCross, Heiko Nolting/DJ No, Frl. Venus, Shan Dark

Fotografen dieser Ausgabe: Spike LaCross, Jörg Rambow, Brain-DrainPhotography, Eli11 38

Lektorat: Jürgen Thein, Alana Abendroth

Anzeigen: Sascha Bahn anzeigen@darkvibe.de Tel.: +49- (0) 1 72 – 7 25 22 51

Layout: Florian Abel Am Franzenbach 1 2 66663 Merzig florian.abel@googlemail.com Tel.: +49- (0) 1 76 - 666 036 25

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