ICF Bern Magazin 2014

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No. 8 | 2014

Magazin BERN, BIEL, THUN & INTERLAKEN

NERVTÖTER

Was in der Beziehung am meisten auf den Sack geht.

SCHEIDUNG

Was, wenn der Traum vom Happy End platzt?

— Seite 39

— Seite 25

LOVESTORY

GÖTTLICH

Sie heiratet ihn. Obwohl er bald sterben könnte.

Wie die Liebe von Jesus Menschen geprägt hat.

— Seite 19

— Seite 30

Wenn Amors Pfeil im Köcher bleibt. Der Single-Rapport — Seite 35


Editorial

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Also schmeissen wir für ICF Bern eine fette Geburtstagsparty zum 15. Wiegenfest. Mit der Jesus-is-more-Conference feiern wir nicht nur ICF Bern, sondern vor allem Jesus. Jesus ist mehr. Mehr als ein Religionsstifter. Mehr als eine gekreuzigte Statue in einer dunklen Kirchenecke. Mehr als «dr lieb Gott» mit grauem Bart. In diesem Magazin findest du Geschichten von Menschen aus unserer Kirche, für die Jesus «mehr» geworden ist. In schwierigen Lebensumständen, in einer Beziehung oder schlicht im Alltag. Wir freuen uns auf die nächsten Jahre mit ihm. Darauf, dass Jesus weiterhin Geschichten mit und in unserer Kirche schreibt. Dass Wunder passieren, er uns mit seiner Gnade berührt, Menschen befreit und sie aus der Fülle seiner Kraft beschenkt.

Chlöisu & Andrea Burkhalter Senior Pastor ICF Bern


Inhalt

Happy Birthday ICF Die Geburtstagskarte.

Lovestory: Ein bisschen Hollywood in Bern.

Seite 4

Barbara Hänni sagt Ja zur Beziehung mit einem Todkranken.

Zusammen geblieben! Wie Mirjam und Franco Capellos Ehe gerettet wurde. Seite 40

Seite 19

15 Jahre ICF Bern Wer ist wie lange schon dabei. Und warum? Seite 5

Pimp My Meal

Suppen sind nicht nur für Puppen. Eine Männerrunde schlürft heiss.

Worship mit Haltung.

Geschieden, aber nicht gebrochen.

Die Moves zur neuen CD.

Andreas Weg vom Altar zum Notar und zurück ins Leben.

Internationale Beziehungen

Seite 25

Seite xx

Seite 8

Gempi erklärt die Welt:

Das Rivella-Farbspektrum im historischen Wandel der Zeit.

Theo-Logisch: Ein Theologe sagt, was die Bibel sagt.

Nicht studiert, sondern ausprobiert. Seit 1976 sind Tanakas verheiratet. Seite 47

Zu Scheidung, Sex und Ehe. Seite 31

71 Fragen an... Daniela Duske.

Seite 12

Best of Bücher.

Spital- und ICF-Angestellte. Seite 54

Zum Nachlesen und Nachkaufen.

Me & My Jesus Fünf Menschen über ihre persönliche Begegnung mit Jesus. Seite 13

Jesus is... more.

Zum Beispiel Frauenrechtler.

Seite 34

Leidiges Ledig. Singles über Wunschlisten, Datingplattformen und die ungewisse Zukunft.

Rom retour. Ein Jahr versuchten Familie Gassmann und ICF, in Rom Fuss zu fassen. Seite 58

Seite 35

Seite 16

Die ICF-Kolumne. Nervtöter in der Ehe

Warum will sie vor dem Sex immer noch die Welt besprechen? Seite 39

Voll versäulet. Seite 63


Text: David Gemperli

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Jubiläum

Text: Adina Opprecht Fotos: Debi Gerber

15 ICF Bern

Von den alten Hasen bis zum knackigen Frischling. Zum grossen Jubiläum haben wir aus allen Jahrgängen eine kleine Kostprobe zusammengestellt.

2 Jahre Marina & Andreas Brunner Sie: Das ICF fordert mich immer wieder heraus – und es wird garantiert nie langweilig! Ich liebe es, wie auf Gottes Zusagen beharrt wird und Jesus immer wieder in den Mittel-

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punkt gestellt wird. Er: Ich erlebe hier den produktivsten Mix aus Verbindlichkeit und Eigeninitiative!

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1 Jahr Barbara Baumgartner

3 3 Jahre Samuel Amstutz Ich habe drei Gegenstände mitgebracht, welche ich mit dem ICF verbinde. Das Wichtigste für mich ist die Gemeinschaft im Youthplanet oder im GenX. Dies symbolisiert für mich

4 Jahre Stefan Pfister Vom Celebration-Besucher via College ins Web-Team und heute am WelcomePoint. Viel hat sich verändert, doch eines ist geblieben: Gott war stets mit dabei, sowohl im ICF wie auch privat.

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5 5 Jahre Phillip & Sabrina Fischer Seit der Taufe im Camp ist unsere Beziehung mit Gott

Ich schätze die vielen Mög-

das Bier. Der Me&My-

lichkeiten (z.B. Wine&Dine,

Jesus-Kleber erinnert mich

immer tiefer geworden.

mum2mum, Get Free) und

daran, immer wieder Zeit

dacht, dass ich Leitereigen-

die Freude, die der Glauben

mit Jesus zu verbringen,

schaften habe.

an Jesus mit sich bringt.

um mehr von seiner Liebe

Sie: Seit der Taufe habe ich

Das auszuleben, auszutau-

und seinem Frieden zu erle-

viel mehr gelernt, Dinge

schen, weiterzugeben finde

ben. Das ICF-Shirt steht

loszulassen und auf Gott

ich genial!

für Kirche Bauen und meine

zu vertrauen.

Er: Früher hätte ich nie ge-

Begabungen weiter in Gottes Reich zu investieren.

2014

2013

2012

2011

2010


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Jubiläum

6 Jahre Nancy Hähni Ich liebe die kreative Art meiner Kirche und die Gemeinschaft mit meinen Freunden. Mein Glaubensleben wird positiv gestärkt und meine Talente werden gefördert. Seit ich ins ICF gehe, kann ich aufblühen und mich zu einer Persön-

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lichkeit entwickeln.

8 Jahre Debora Strasser

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10 Jahre Fabio Matzinger 10 Jahre ICF stelle ich mir vor wie zehn Jahre Ehe mit einer wunderbaren Frau. Es war nicht immer einfach, aber trotzdem bin ich mehr

Das ICF ist meine geistliche

denn je von dieser Kirche be-

Familie. Hier erlebe ich tiefe

geistert. Aus einem Grund:

Gemeinschaft und Unterstü-

Sie weist auf Jesus hin.

zung im Gebet, auch ausserhalb der Celebrations und in

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meiner Smallgroup. So kann ich mein Leben mit anderen teilen.

7 Jahre Peter & Janice Allenbach Durch ICF haben wir uns kennen gelernt. In dieser Zeit haben wir Gott sehr nahe erlebt, vor allem, indem er uns vor Krankheiten bewahrt hat.

2009

2008

8 2007

9 Jahre Thomas Moser Ich liebe das ICF, weil Gott und der Mensch immer im Zentrum bleiben und trotzdem eine durchgeknallte Gemeinschaft herrscht, die die Menschen am Puls der Zeit persönlich weiterbringt!

2006

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Jubiläum

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14 Jahre Esther Siegenthaler Was mich am ICF begeistert, ist das geistliche Wachstum, die Offenheit für das Gebet und den Heiligen Geist. So wächst auch mein persönlicher Glaube durch Jesus im

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ICF. On and on.

12 Jahre Denise Danz Ich habe ein JA zum ICF. In guten wie in schlechten Zeiten – HIS love never fails!

11 Jahre Adrian Stutz In der Smallgroup werde ich immer wieder herausgefordert und unterstützt. Es ist für mich ein Ort, wo Freundschaften gebaut und gelebt werden.

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13 Jahre Angela Jucker Ich bin im Durchgangszentrum-Ministry dabei. Mich bewegen die Geschichten

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15 Jahre Mathias Becher Was mich an ICF fasziniert

der Flüchtlinge. Mit unserem

ist der «Charakter». Wie ein

Besuch möchte ich ihnen

Pionier. ICF hat das Streben nach dem Weiterkommen, und will die Welt erreichen. Das liebe ich.

Wertschätzung, Liebe und Hoffnung geben. Die Dankbarkeit dieser Menschen ist jedes Mal spürbar und die Begegnungen sind unglaublich bereichernd.

2004

2003

2002

2001

2000


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Pimp My Meal

Text: Res Hubler Fotos: Simon Schaller

Suppen sind super. Die Smallgroup von Ändu Zürcher trifft sich abwechslungsweise bei einem der Jungs. Der jeweilige Gastgeber ist verantwortlich dafür, dass nebst der Seele auch der Magen etwas zu verdauen hat. Das funktioniert! Alle kochen nämlich recht gut und gerne und einen gesunden Appetit bringt sowieso jeder mit. Heute gibt es ein heisses Suppenspecial, passend zu den kühlen Herbsttagen. Die Suppen werden in der WG von Nate gekocht.

Ändu Zürcher, Mättu Bürki und Joel Steinle kochen:

Vietnamesische Nudelsuppe mit Poulet Rezept für 4 Personen (ca. 1.2 lt) 100 g — 1 50 g — 250 g 1.2 lt 1 St 1 St 1 St 1 dl 1 2 St

Reisnudeln kleine Zwiebel mit Schale, halbiert Ingwer frisch

Pouletfleisch Wasser Sternänis Nelke Zimtstengel Sojasauce Kikkoman halbe Chilischote, fein geschnitten Frühlingszwiebeln, in feine Rondellen geschnitten 2 St Rüebli, in feine, esslöffelbreite Streifen geschnitten 200 g Sojasprossen 20 g Frischer Koriander, grob geschnitten 20 g Frischer Basilikum, grob geschnitten —

Dazu empfiehlt das Nudelsuppe-Team Sandwiches aus Vollkornbrot, gefüllt mit Rahmquark, Ei und Basilikum.

Saft von einer halben Limone Salz und Sojasauce zum Abschmecken


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Pimp My Meal

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6 Poulet herausnehmen, in dünne, Esslöffel breite Streifen schneiden

7 Sternänis, Nelke und Zimtstengel in die Suppe geben, nochmals 10 Min. ziehen lassen, durch Sieb passieren

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Nudeln in ca. 5 cm lange Stücke brechen, Wasser 7 Min. kochen, abgiessen und kalt abspülen

2 Die Schnittfläche der Zwiebelhälften in der Bratpfanne ohne Fettstoff braun rösten

Ingwer, ohne zu schälen, zerquetschen

Sojasauce, Chili, Frühlingszwiebeln, Rüebli, Sojasprossen, Nudeln und Pouletstreifen in Suppe geben, aufkochen, evtl. etwas Wasser nachgiessen

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Zwiebel, Ingwer und Poulet in Suppentopf geben, mit kaltem Wasser aufgiessen, sorgfältig aufkochen. Dabei den aufsteigenden Schaum ständig abschöpfen

5 15 Min. unter dem Siedepunkt ziehen lassen

Zuhause ist Ändu (m.) der Koch und seine Andrea, im Bank Business zuhause, jongliert die Finanzen. «The Chef 's Special» ist Poulet Cordon bleu. — Mättus (r.) Leidenschaft sind Smoothies. Ob süss oder salzig, seine Kreationen sind gewagt und gelungen, z.B. Rote BeeteTomaten-Smoothie mit einer Tranche Räucherspeck oben drauf. — Joel (l.), frisch verliebt und verheiratet, überrascht seine Frau gerne mit spontanen «Freestyle»-Gerichten, wie beispielsweise mit gefüllter Pouletbrust.

Koriander, Basilikum und Limonensaft beigeben, mit Salz und Sojasauce abschmecken


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Pimp My Meal

Nate Schmid, Benu Baumann und Mänu Holdener kochen:

Kürbiscremesuppe mit Amaretto Rezept für 4 Personen (ca. 1.2 lt) 60 g Kochbutter 2 Msp Currypulver 2 Zehen Knoblauch, gehackt 1 kleine Zwiebel, gehackt 2 EL Mehl 6.5 dl Wasser 20 g Orangensaft 20 g Süssmost 350 g Kürbis geschält, in grobe Würfel geschnitten 20 g Gemüsebouillonwürfel 1.5 dl Rahm 1 KL Zucker weisser Pfeffer aus der Mühle 20g Amaretto Einlage nach Belieben: 2 EL 1 dl

Dazu empfiehlt das Kürbissuppe-Team Sandwiches aus getoastetem Toastbrot, gefüllt mit Rauchlachs und Meerrettichschaum.

geröstete Kürbiskerne, grob gehackt Rahm geschlagen


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Pimp My Meal

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Mixen. Rahm, und Zucker beigeben, nochmals aufkochen

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Butter schmelzen, Curry, Knoblauch und Zwiebeln darin anziehen

2 Mehl einrühren, mit Wasser, Orangensaft und Süssmost auffüllen, unter Rühren aufkochen

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Kürbis und Bouillonwürfel beigeben, 20 Min. unter zeitweiligem Rühren köcheln lassen

Trotz Hochzeitsvorbereitungen und Prüfungsstress hat Nate (m.) für seine Ste etwas Süsses zum Geburtstag gebacken: Dampfnudeln mit echter Vanillesauce. — Früher kochte sich Benu (l.) öfter etwas Feines. Zur Zeit beschränkt er sich eher auf «Überlebenskost». Einfach und schnell muss es sein, zum Beispiel etwas aus dem WOK. — Mänu (r.) macht den Kühlschrank auf, fischt an Gemüse und Fleisch heraus was in etwa zusammen passt und haut es mit ein paar Eiern in die Pfanne. Bauernpizza nennt er das. Und Dank seinem kulinarischen Talent, schmeckt sie jedes Mal genial.

Mit Pfeffer, Amaretto und wenn nötig Salz abschmecken


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Gempi erklärt die Welt

Die Rivella Familie Text: David Gemperli

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ivella Rot, der bodenständige, urchige und molkenartige Mann, lernte seine Frau fürs Leben am kantonalen Schwingfest im Zürcher Oberland kennen. Die sportliche und gesellige Rivella Blau war hin- und hergerissen. Einerseits war da der grosse und mächtige Coca-Cola-Mann mit einem riesigen Vermögen. Andererseits sah sie die bulligen, durch das Milchserum gekräftigten eidgenössischen Oberarme von Rivella Rot. Sie entschied sich für den Einheimischen. Im Nachhinein eine kluge Wahl. Im örtlichen «Chäsblatt» stand später, dass der Coca-Cola-Mann sich mit dem Flittchen Coca-Cola light im Sägemehl vergnügt haben soll. Kurze Zeit später läuteten bei den Rivellas bereits die Hochzeitsglocken. Was war das für ein Fest! Es kamen Gäste aus der ganzen Welt. Dr Pepper aus den USA reiste an, Familie Mivella aus der Nachbarschaft, Schweppes Tonic aus London war ohne seine verstorbene Gattin Lemon da – bitter. Elmer Citro und Ovomaltine übertrieben beim Fest masslos. Elmer spritzte zusammen mit Fendant permanent die süssen, kleinen Kinder nass und Ovomaltine platschte mit Rivellas Grossvater «Milch» zusammen und löste sich komplett auf. Glücklich und verliebt verliessen die frisch vermählten Rivellas das Fest – eher blau als rot – Richtung Flitterwochen nach Riva San Vitale. Hier im romantischen

Tessiner Dorf liebten sie sich hemmungslos. Sechs Monate später (ja, Getränkeschwangerschaften dauern in der Regel 5 bis 6 Monate) kam die wunderschöne Tochter Rivella Grün zur Welt. Alle freuten sich. Nur der Mann im Hause Rivella wünschte sich noch einen Sohn. Ein halbes Jahr später erblickte Rivella Gelb das Licht der Welt. «Gratuliere! Ein Mädchen!», frohlockte der Arzt Dr. Barth. Rivella Rot brummte etwas vor sich hin und kratzte sich am Deckel. Rivella Blau jammerte und sagte: «Ich muss nach dem Stillen unbedingt wieder mehr Sport treiben sonst bleibe ich so dick.» «Jaja», erwiderte der frischbegossene Vater. Die vierdecklige Familie war mittlerweile so bekannt, wie die Federers aus Wollerau. An jedem Volksfest, Sportanlass und in jedem Coop oder Migros erkannte man sie. Rivella Grün war schon immer ein wenig anders. Schon der Vorname «Grün» alleine ist sonderbar. In der Schule fiel sie mit ihrer alternativen Kleidung und Meinung eher negativ auf. Während andere Kinder Red Bull tranken, brühte sie sich ihren eigenen, ungesüssten Grüntee. Sie schmeckte niemandem besonders, sogar im Turnen wurde sie öfters als Letzte gewählt. In ihrer Freizeit war sie gerne im Kulturzentrum Reitschule in Bern. In der eigenen Familie war sie die grosse Unverstandene und nur in profilierungsneurotischen Kreisen beliebt die, die gerne mit ihrer Exotik angaben: «Aso i ha ds Grüene am liebschte, äs isch so speziell haut». Ihr wisst, was ich meine. Rivella Gelb war vom Verhalten her mit dem alkoholhaltigen Getränk «MileyCyrus» zu vergleichen. Sie rebellierte permanent und war in der Bevölkerung nicht so beliebt. Es machte den Anschein, als hätte in der Schweiz niemand auf sie gewartet. Sie schmeckte niemandem besonders, obwohl sie optisch viel schöner als Mutter und durch den häufigen SojaKonsum die Schlankste in der ganzen Familie war. Rivella Blau, der eigentlichen Königin, gefiel diese Entwicklung gar nicht. Eines Tages war Rivella Gelb weder im Migros noch im Coop anzutreffen. Sie war spurlos verschwunden! Mivellas vermuten, dass

Rivella Blau ihre eigene Tochter aus purer Eifersucht eiskalt im Kühlschrank ermordet hatte. Die Beerdigung fand im kleineren Rahmen statt. Zusammen mit der Familie Ricola, die ebenfalls ihr Kind «Ricola Kaugummi» zu Grabe tragen musste. Ein paar Jahre später, Rivella Grün war längst ausgezogen, wurde Blau erneut unerwartet Mutter – diesmal von den schmucken Zwillingen Cliq Pfirsich und Cliq Rhabarber. Zur Einsegnung wurden die beiden Söhne gleich mit Tablets und Smartphones ausgestattet, damit sie mit Lenny und Leo Federer «connecten» konnten. Facebook, Playstation 4, Twitter, WhatsApp ist ihr Leben. Permanent posten sie Selfies von sich und schreiben dazu: «Mmh, fresh! Enjoy me! Yolo!» Sie probieren alles, um mindestens so beliebt zu sein wie ihre Eltern. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass die «Cliq Brüder» jemals populärer werden. Da hätte man sie eher nach Christianstucki Pfirsich und Matthiassempach Rhabarbar nennen müssen. Aber vermutlich hat das beliebteste Getränkeehepaar der Schweiz bewusst ihre Söhne so getauft. Oder kennst du jemanden, der erfolgreich ist und Cliq heisst? Eben. Soviel zur inoffiziellen Familiengeschichte des offiziellen Schweizer Durstlöschers.  ●

David Gemperli, der Rivell-aaahhh mit Rhabarber durchaus mag. Über ein Dahinscheiden der Pfirsichvariante wäre er hingegen weniger traurig.


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Me & My Jesus

Jesus is more. Jesus ist mehr als eine gekreuzigte Statue in einer Kirche. Immer wieder berichten Menschen davon, dass sie ihn gehört oder gar gesehen haben. Fünf von ihnen erzählen von einem Gott, der ihnen persönlich begegnet ist. Interview: Katrin Scheidegger Fotos: Kevin Frank

Joshua Bleuer (20) Hattest du ein Erlebnis, bei dem Jesus dir begegnet ist? Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, war aber ein so genannter Sonntags-Christ. Mit 16 litt ich an einer Depression. Am tiefsten Punkt wollte ich meinem Leben ein Ende setzen. Plötzlich umgab mich eine wärmende, liebende Stimme und sagte zu mir: «Es ist noch nicht vorbei, jetzt geht es erst los!». Genau ab da hat mein Glaube an Jesus extrem zu wachsen begonnen. Es war nicht sofort alles gut, aber mir war klar: Jesus ist lebendig und kann direkt zu uns sprechen.

Wie lernst du Jesus besser kennen? Ein wichtiges Erlebnis war der Big Day im ICF Thun. Ich hörte seine Stimme wieder, lernte ab da wieder zu lachen, wurde gesund. Der graue Vorhang war endlich weg. Seither habe ich meinen Lifestyle geändert, versuche Jesus als Freund in mein Leben einzubeziehen. Durch die Celebrations kann ich gestärkt in die folgende Woche starten.

Jesus ist… ...the Hope. Ich merke immer mehr, wie stark Jesus in die Situation eingegriffen hat, auch wenn mir mein Gefühl manchmal etwas anderes sagt.

Wenn Jesus dir heute im Tram vis-à-vis sitzt, was würdest du von ihm hören wollen? Ich würde ihn fragen ob er mit mir einen Kaffee trinken kommt, und dann würde Was hast du neu ich ihm einige Fragen stellen. Zum Beiüber Jesus gelernt? spiel: Was sind die nächsten konkreten Auf Jesus kann ich vertrauen und bauen, Steps, um in meine Berufung zu wachsen? denn er hat alles im Blick, sieht alles von Wie kann ich ihm ähnlicher werden? Anfang bis zum Ende. Wir selber sehen nur einen kleinen Teil des Ganzen.


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Me & My Jesus

Petra Kaluthotage-Jaun (40) Hattest du ein Erlebnis, bei dem Jesus dir begegnet ist? Jesus war immer da und wird immer da sein. Er begegnet mir Tag für Tag in der wunderbaren Schöpfung, im Alltag. Beim Aufwachen begrüsst er mich und begleitet mich in den Tag.

Was hast du neu Jesus ist… über Jesus gelernt? ...meine Tankstelle. Jesus plant perfekt. Er hat die Fäden mei...die Liebe meines Lebens. nes Lebens in der Hand und zieht zum Ich kann nicht ohne ihn. richtigen Zeitpunkt am passenden Faden. Er macht keine Fehler. Ich kann ihm beWenn Jesus dir heute im Tram dingungslos vertrauen. Nie mehr möchte vis-à-vis sitzt, was würdest du ich ohne ihn und seinen für mich perfekvon ihm hören wollen? Wie lernst du Jesus ten Plan leben. Dass er mich von Anfang an genau so gebesser kennen? liebt hat wie ich bin. Und dass ich nichts Bei mir läuft oft Radio Life Channel. Durch tun muss, um seine Liebe zu erhalten, da die Beiträge, Diskussionen, Lebensberichich ihm einfach genüge. te, Musik, lerne ich immer wieder Neues. Ganz wichtig ist mir auch das Hören und Singen von Worship-Musik.

Regine Brill (30) Hattest du ein Erlebnis, bei dem Jesus dir begegnet ist? Ich bin mit Jesus gross geworden. Er ist in meinem Leben immer präsent. Nie war und bin ich alleine. Doch gerade in den letzten zwei Jahren, als ich aus meiner Komfortzone herausgetreten bin, wurde die persönliche Beziehung zu Jesus noch intensiver und umfassender. Er begegnet mir in letzter Zeit vor allem auch in prophetischen Bildern.

Wie lernst du Jesus mehr kennen? Jesus ist… Jesus fordert mich heraus, meine Kom- ...mein Erlöser. Er macht mich von allen fortzone zu verlassen, ihm voll und ganz Sorgen frei. Mein Ziel ist eine andere Welt, zu vertrauen. Er legt mir immer wieder die Ewigkeit. neue Themen vor die Füsse – durch Inputs aus Messages, Büchern, durch Prophetien, Wenn Jesus dir heute im Tram durch Beziehungen mit Menschen… vis-à-vis sitzt, was würdest du von ihm hören wollen? Was hast du neu Dass er mich liebt, so wie ich bin. über Jesus gelernt? Jesus ist mein Versorger – in allen Bereichen meines Lebens. Ich kann und soll ihm bedingungslos vertrauen. Das erlebe ich zur Zeit ganz praktisch.


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Me & My Jesus

Micael Hunziker (20) Hattest du ein Erlebnis, bei dem Jesus dir begegnet ist? Gerade letzthin, als ich im Auto unterwegs war und meinen Gedanken nachhing, wurde ich plötzlich von einer unbeschreiblichen Liebe durchflutet – von Seiner Liebe. Diese Gegenwart von Jesus liess mich lachen und weinen gleichzeitig.

Was hast du neu über Jesus gelernt? Ich habe Gott die Führung über mein Leben übernehmen lassen – zu 100 Prozent. Und seit diesem Entscheid sprengt er immer wieder Grenzen und ich darf Wunderbares erleben. Natürlich gibt es auch immer wieder Momente des Zweifels,

Wie lernst du Jesus besser kennen? Ich lerne vor allem durchs Bibellesen, durch Predigten, durch den Austausch in der Smallgroup und durchs Hören auf den Heiligen Geist…

dann muss ich mich wieder neu entscheiden, ihm voll und ganz zu vertrauen. Aber dieser Prozess lohnt sich. Gott wird es richtig machen! Jesus ist… ...unendlich gütig. Wenn ich Fehler mache, gegen eine Wand renne, dann ist er immer schon da um mir zu vergeben. Ich erhalte immer wieder eine Chance – jeden Tag neu. Wenn Jesus dir heute im Tram vis-à-vis sitzt, was würdest du von ihm hören wollen? Jesus, wer wird mal meine Frau?

Stefan Schüpbach (38) Hattest du ein Erlebnis, bei dem Jesus dir begegnet ist? Seit ich mich in meinem täglichen Leben mit Jesus auseinandersetze, ist mir bewusst geworden, dass er mich schon manchmal in Situationen bewahrt hat. Er wollte immer nur das Beste für mich. Im Nachhinein denke ich, ich bin ihm immer wieder begegnet, habe ihn aber damals nicht wahrgenommen. Wie lernst du Jesus besser kennen? Ganz wichtig ist mir der Austausch mit Menschen. Deren Erfahrungen schärfen mein Bewusstsein für Jesus. Alleine bin

ich schnell abgelenkt. Ausserdem lese ich Jesus ist… Bücher, Erfahrungsberichte. Hilfreich sind ...Anwalt der weniger Privilegierten. Dieauch die Predigten. So reflektiere ich und ses Bild beeindruckt mich und beeinflusst erhalte Klarheit über sein Tun. mich in meinem Leben und Handeln. Was hast du neu über Jesus gelernt? Jesus ist Einfachheit, in seinem Sein, in seinem Tun, in seinen Worten. Es geht nicht darum, Gesetze einzuhalten. Es geht um die Herzenshaltung. Er hat es als Menschensohn vorgelebt – Nächstenliebe, Vergebung, Bescheidenheit, Selbstlosigkeit. Damit ist er mir ein grosses Vorbild. Würden wir alle so leben wie Jesus, gäbe es keine Verurteilung, bräuchte es keine Gesetze.

Wenn Jesus dir heute im Tram vis-à-vis sitzt, was würdest du von ihm hören wollen? Ich möchte ihm vor allem etwas sagen. Dass ich es bewundere, wie konsequent er hier auf der Erde seine Werte gelebt und gegen alle Widerstände standhaft geblieben ist. So wurde er zum Vorbild.


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Jesus is

Sozialreformer Der Grösste unter euch soll euer Diener sein.

Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht. Matthäus 23, 11-12

Ökonom Matthäus 6, 19-20

Kraftort Jesus merkte sofort, dass

eine heilende Kraft von ihm Er wandte sich um und fragte: «Wer hat meine Markus 5, 30

Lehrer Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.

Draufgänger «Er frisst und säuft, und seine

Freunde sind die Zolleinnehmer und anderes Gesindel!» Lukas 7, 34

Coach Und er rief die Zwölf zu sich und fing an, sie auszusenden je zwei und zwei, und gab ihnen Macht über die unreinen Geister und gebot ihnen, nichts mitzunehmen auf den Weg als allein einen Stab, kein Brot, keine Tasche, kein Geld im Gürtel, wohl aber Schuhe, und nicht zwei Hemden anzuziehen. Und er sprach zu ihnen: Wo ihr in ein Haus gehen werdet, da bleibt, bis ihr von dort weiterzieht. Und wo man euch nicht aufnimmt und nicht hört, da geht hinaus und schüttelt den Staub von euren Füssen zum Zeugnis gegen sie. Markus 6, 7-11 — weiterführende Stelle: Johannes 21, 15-19

Frauenrechtler Als Jesus ihren Ärger bemerkte, sagte er:

Warum kränkt ihr die Frau? Sie hat etwas Gutes für mich getan. Matthäus 26, 10

Johannes 3, 2 Wenn du mehr über Jesus wissen willst, besuche nach der ICF Celebration (Gottesdienst) den Welcome Point. Hier erhältst du eine Bibel geschenkt, in der du die angegebenen Stellen nachlesen kannst – und ausserdem alle Infos zu Kursangeboten rund um Gott und die Bibel.

Recherche: Res Hubler

Kleider berührt? »

Bald wurde überall von ihm gesprochen, selbst in Syrien. Man brachte viele Kranke zu ihm, die grosse Qualen litten: Besessene, Menschen, die Anfälle bekamen, und Gelähmte. Jesus heilte sie alle. Matthäus 4, 24

Häuft in dieser Welt keine Reichtümer an! Ihr wisst, wie schnell Motten und Rost sie zerfressen oder Diebe sie stehlen! Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, die unvergänglich sind und die kein Dieb mitnehmen kann. Wo nämlich eure Schätze sind, da wird auch euer Herz sein.

ausgegangen war.

Arzt


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Jesus is

Richter Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.

Mediator Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Römer 12, 17-18

Finanzberater «Gebt dem Kaiser, was ihm zusteht, und gebt Gott, was ihm gehört!

Matthäus 25, 31-33

Therapeut

Matthäus 22, 21 Weiterführende Stelle: Lukas 12, 18-21, Lukas 18, 18-30

Pazifist

Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat. Matthäus 6, 34

Bioheiler

Anwalt Die Aufgabe eines

Hohen Priesters ist es,

Jesus nahm den Blinden an der Hand und führte ihn aus dem Dorf hinaus. Dann spuckte er dem Mann auf die Augen, legte ihm die Hände auf und fragte: «Siehst du etwas?» Markus 8, 22-28

andere Menschen vor Gott zu vertreten. Hebräer 5, 1a Weiterführende Stelle: Johannes 17, 10-26

Zimmermann Ist er nicht der Zimmermann, Marias Sohn, und der Bruder des Jakobus und Josef und Judas und Simon? Sind nicht auch seine Schwestern hier bei uns? Und sie ärgerten sich an ihm. Markus 6, 3

Theologe

Matthäus 26, 52

Exorzist An diesem Abend wurden viele Menschen zu Jesus gebracht, die von Dämonen besessen waren. Auf sein Wort hin verschwanden alle Geister, und er heilte auch alle Kranken. Matthäus 8, 16 Weiterführende Stellen: Matthäus 8, 32; Matthäus 9, 33

Wahrheit Jesus sagte zu ihm:

«Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.»

Der zwölfjährige Jesus im Tempel: Er sass bei den Schriftgelehrten, hörte ihnen aufmerksam zu und stellte Fragen. Alle wunderten sich über sein Verständnis und seine Antworten. Lukas 2, 46-47

«Steck dein Schwert weg», befahl ihm Jesus. «Wer das Schwert benutzt, wird durchs Schwert umkommen.»

Johannes 14, 6


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Lovestory

Aufgezeichnet von: CHA Fotos: Hélène Jordi-Marguet

Die Entscheidung Statistisch ist ihr Ehemann in zwei Jahren tot, Barbara Hänni selbst dann rund 30-jährig Witwe. Trotzdem entscheidet sich die Pflegefachfrau für eine Beziehung mit Markus, der an Cystischer Fibrose leidet. Eine Liebesgeschichte, die sie so nicht erwartet hatte.

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L

ange sagte ich mir: Markus ist kein Thema. Ich habe mich schlicht nicht damit auseinander gesetzt, dass ich so was freiwillig eingehen würde. Ein Mann, der statistisch in zwei Jahren sterben wird. Dessen Alltag vorwiegend daraus besteht, zu schlafen und Therapien zu machen. Der im Minimum zwei, drei Mal pro Jahr wegen Infektionen ins Spital muss und somit wochenlang lahmgelegt ist. Ein Mann mit Cystischer Fibrose (CF). Und dann plötzlich ist man mitten drin. Man verliebt sich. Und stellt sich die Frage: Ist die Krankheit wirklich ein Grund zu sagen, dass man keine Beziehung mit ihm möchte? Ich kannte Markus schon lange. Wir waren zusammen in der Smallgroup, arbeiteten im selben Team. Wir wurden beste Freunde. Bald hatte ich den Verdacht, dass er sich in mich verliebt hatte. Sofort habe ich klargestellt, dass da nichts wird. Dieses Statement hat er heroisch entgegengenommen. Doch ab dem Moment, als ich das ausgesprochen hatte, fing ich plötzlich an mir Gedanken zu machen. Ich überlegte, warum denn eigentlich nicht? Ich habe mich entschieden: CF ist kein Grund, diese Beziehung nicht einzugehen. Jeder Partner könnte frühzeitig sterben. Natürlich ist das Risiko nicht so hoch wie bei Markus. Aber ich habe auch bei niemand anderem die Garantie, dass er 70-, 80-jährig wird. Ich entschied mich für Qualität vor Quantität. Doch was es dann wirklich heisst, mit jemandem zusammen zu leben, der CF hat, habe ich nicht realisiert damals. Es ist nicht die Liebesgeschichte, die ich erwartet hätte. Überhaupt nicht. Am Anfang war ich schon verliebt, aber dann lief lange alles über den Verstand. Unsere Liebe war sehr errungen. Nicht so romantisch. Ich denke, manchmal ist Weisheit ganz praktisch. Dorthin gehen, wo eine Türe offen ist. An einer Entscheidung festhalten. Zweifel an unserer Beziehung hatte ich bis kurz vor der Hochzeit. Allerdings rückte dabei die Krankheit erstmal in den Hintergrund. Vielmehr fragte ich mich, ob Markus der Richtige ist. Der Mann, der mich wirklich glücklich machen wird. Mein Horror war, dass wir mit vierzig todunglücklich vor dem Fernseher sitzen und uns nichts mehr zu sagen haben. Wenn wir uns stritten – und das war häufig – rüttelte ich sofort am Fundament unserer Beziehung und stellte Markus in Frage. Das war sehr schwierig für ihn. Und wir kamen nie weiter. Wenn man bei jedem Streit zurück zum Fundament geht, kann man nichts aufbauen. Dadurch war unsere Beziehung stark von Unruhe geprägt. Es war so anstrengend. Es war so dramatisch. Oft kam es vor, dass Markus am Ende

Lovestory

«Mein Glück hängt nicht davon ab, ob er lebt, ob er ein guter Ehemann sein wird oder nicht, es hängt nicht an ihm.»

eines Streits aus meiner Wohnung stampfte, «Jetzt gani hei» rief und ging. Ich sprang dann in das Auto meiner Eltern und fuhr ihm nach. Natürlich habe ich gebetet und gehofft, dass mir Gott ein klares Ja zu der Beziehung gibt. Ich glaubte, das würde alles einfacher machen. Dieses Ja kam nie wirklich. Aber Gott hat uns Ruhe geschenkt. Als ich wieder einmal nach einem Streit bei meiner Schwester im Wohnzimmer sass, hat sie mir die Leviten gelesen. Da habe ich bemerkt, dass meine Frage «Wird er mich glücklich machen?» eigentlich total egoistisch ist. Plötzlich habe ich verstanden: Hey, es ist doch nicht Markus, der mich glücklich macht. Mein Glück hängt nicht davon ab, ob er lebt, ob er ein guter Ehemann sein wird oder nicht – es hängt nicht an ihm. Schlussendlich ist es meine Entscheidung, ob ich dankbar und glücklich bin. Ich glaube nicht mehr daran, dass es den Mann fürs Leben gibt. Man hat in jeder Beziehung Probleme, Herausforderungen. Bei uns ist das halt die Krankheit und noch einige andere Dinge. Und mir wurde klar, dass wir zusammen eigentlich die beste

Keine Frau mit sanftmütigem Charakter: Barbara Hänni in ihrer Wohnung im Berner Länggasse Quartier.


Lovestory

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Lange hatte Barbara kein Ja zu der Beziehung. Auch von Gott nicht.

Grundlage haben, um glücklich zu werden. Wir haben den Glauben an Gott, gemeinsame Werte, Vertrauen, gegenseitigen Respekt. Dieses Gespräch war für mich der Turning-Point. Zwar war im nächsten Streit die Erkenntnis wieder weg. Aber irgendwann ist sie mir ins Herz gerutscht. Und ab da kam auch die Ruhe. Ich bin überzeugt, dass es sich lohnt, in die Beziehung zu investieren. Egal, welche Schwierigkeiten man hat. Ob das heisst, dass man in einen Partner investiert, der krank ist, oder ob andere Herausforderungen da sind. Unsere Ehe funktioniert, weil wir beide unsere Herausforderungen kennen. Und alles geben, damit es funktioniert. Markus gibt mir sehr viel Anerkennung und Annahme. Er ist jemand, der mich sehr hoch wertet und mich das immer wieder spüren lässt. Das motiviert mich, noch besser zu werden. Mich faszinierte von Anfang an, dass er kein Fähnlein im Wind ist. Sondern treu und verlässlich. Er hat viele Eigenschaften – vielleicht gerade durch seine Krankheit, die ich bewundere. Seine eiserne Disziplin zum Beispiel. Das ist etwas, von dem sich viele ein Stück abschneiden können. Oder die Werte, die er hat. Er ist sehr menschenliebend, sehr geduldig und einfühlsam. Das löst in mir grossen Respekt ihm gegenüber aus. Lange hatte ich Mühe damit, ihn zu respektieren. Ich dachte beispielsweise: Ich habe die Matur, er hat das KV, jetzt bezieht er 100% IV. Zudem bin ich extrem ungeduldig. Gerade auch was Markus' Einschränkungen betrifft. Seine Erkrankung ist im Alltag mega präsent. Er macht täglich mehrere Stunden Therapie. Wenn es ihm nicht gut geht, schläft er viel. An einem schlechten Tag schreibt er vielleicht eine einzige Email. So etwas hat mich früher richtig fest genervt. Ich bin sehr leistungsfähig und habe ihn dann an meinem Massstab gemessen. Ich dachte: «Du leistest nichts, also bist du nichts.» Ich bin keine Frau mit sanftmütigem, geduldigem Charakter. Da habe ich mich sehr verändert. Ich habe angefangen, diese anderen Dinge zu sehen, seine Charaktereigenschaften, die er hat und die ich nicht habe. Inzwischen bin ich sogar die, die ihn bremst. Ich habe auch gemerkt, wenn er könnte, würde er. Gott hat mich im Laufe der Zeit gnädiger gemacht. Markus' Krankheit ist bei uns sehr präsent. Obwohl sie zu unserem Alltag gehört und wir unseren Alltag darum herum planen müssen, versuchen wir,

uns nicht davon dominieren zu lassen. Wir sprechen auch nicht jeden Tag darüber. Ich will nicht, dass das immer ein Thema ist. Das ist nicht ein Verdrängen, sondern der Versuch, der Krankheit nicht mehr Raum zu geben als nötig. Dass sich trotzdem ein grosser Teil um CF dreht, versteht sich von selbst. Es sind nicht nur die Symptome, die belasten. Wir müssen uns auch sonst Fragen stellen, die man mit einem gesunden Partner nicht hätte. Bezüglich Geld haben wir das Glück, dass wir durch unsere Familie finanziell abgesichert sind. In dem Bereich müssen wir uns nicht Sorgen machen, selbst wenn ich mal weniger arbeiten würde, weil wir Kinder hätten. Menschen haben häufig das Gefühl, sie haben ein Recht auf irgendetwas. Das Recht darauf, gesund zu sein, Karriere zu machen. Da weiss ich inzwischen, dass ich kein Recht auf rein gar nichts habe. Im Leben ist einem alles als Leihgabe geschenkt. Das hilft mir, die Dinge ins richtige Licht zu rücken. Zu sehen, es könnte mir auf tausend verschiedene Arten viel schlechter gehen. Ich probiere dann häufig, dankbar zu sein. Dass ich ganz


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Lovestory

Im Spital kann Barbara helfen. Zuhause fällt ihr der Umgang mit Krankheit und Tod schwerer. Sie fühlt sich hilflos.

«Es ist meine Entscheidung und bei dieser bleibe ich.» bewusst Gegensteuer gebe. Im Kopf eine Liste aufzähle mit Dingen, für die ich dankbar bin. Wie unsere coole Wohnung, die abgesicherte finanzielle Situation. Wir wohnen in der Schweiz, nicht in einem Krisengebiet. Aber die Ungewissheit, welchen Verlauf die Krankheit nehmen wird, ist gross. Das ist für mich manchmal schon stressig. Nicht zu wissen, womit man rechnen kann. Wenn man vom Schlimmsten ausgeht, blockiert man sich auf allen Reihen. Ausblenden kann man die Tatsachen aber auch nicht. Ich will vernünftige Entscheide treffen, solche, die ich verantworten kann. Gerade beim Thema Kinder, da will ich nicht sagen: Jetzt haben wir einfach mal Kinder und dann schauen wir, ob sie dann als Zweijährige Halbwaisen sind. Für mich ist diese Balance schwierig. Einerseits vertraue ich Gott, andererseits muss man medizinisch realistisch sein und dann spielen noch die eigenen Sehnsüchte hinein. Da denke ich mir schon, dass ich mir eigentlich ein viel einfacheres Leben hätte gönnen können. Mit einem anderen Mann stellen sich solche Fragen nicht. Andererseits treffe ich auf der Arbeit im Spital immer wieder Leute an, die ein einfaches Leben hatten – das dann von einem Moment auf den anderen total anders geworden ist. Manchmal ist es vielleicht sogar einfacher, wenn man weiss, dass dies der Weg ist, den man geht. Man beginnt, sich langsam darauf einzustellen und lernt damit umzugehen. Aber warum man das macht? Das kann ich nicht sagen. Seit wir geheiratet haben, ist der Verlauf von Markus' Krankheit auch nicht mehr so optimal. Statt der üblichen zwei, drei Krankenhausaufenthalte pro Jahr musste er plötzlich bis zu sechs Mal pro Jahr ins Spital für eine Antibiotika-Kur. Das ist belastend. Als wir das letzte Mal auf dem Notfall waren, kam schon der Gedanke: Was wenn er stirbt?

Wir können die Statistiken nicht einfach ignorieren und haben deshalb grossen Unsicherheiten. Doch ich habe aufgehört in der Angst zu leben, dass das Schlimmste passiert. Wir erleben viel Schönes zusammen. In unseren Ferien. Oder auch nur mal ein Znacht an einem Abend. Gemeinsam unsere Wohnung einrichten, daran arbeiten, unseren Garten entwickeln. Das würde ich als Glücksmoment bezeichnen. Ich bin nonstop mit Krankheit und Tod konfrontiert. Auf der Arbeit und zuhause. Aber im Spital ist es einfacher, damit umzugehen. Da kann ich aktiv etwas machen, entsprechende Massnahmen einleiten. Zuhause bin ich viel hilfloser. Wenn ich merkte, dass es Markus nicht gut geht und man damit rechnen muss, dass er ins Spital muss – was mache ich da? Für mich ist diese Machtlosigkeit viel schwerer zu ertragen. Da hilft wirklich nur, sich an Gott zu wenden und auch dort wurde ich schon x-mal enttäuscht. Ich bete ja nicht für Heilung – also grundsätzlich schon, aber in solchen Situationen bitte ich ja nicht um viel. Nur dafür, dass er nicht ins Spital muss. Und manchmal beschleicht einen schon das Gefühl, Gott hört es einfach nicht. Es ist immer ein Höhenflug der Hoffnung und die Talfahrt der Enttäuschung. Ich bin eher ein zweifelnder Mensch. Daher bin ich auch erstaunt, dass ich nicht zu hadern beginne, oder Gott mega anklage. Ich sage ihm meinen Schmerz, meine Enttäuschung. Und werfe ihm vor: «Es wäre so einfach für dich, wie kann es sein, dass du das nicht gemacht hast?» Und dann entscheide ich bewusst, dass ich an Gottes Zusagen festhalte. Daran, dass er in der Bibel sagt, dass er es gut mit uns meint. Das gibt mir Frieden. In Zeiten, in denen ich resigniere, habe ich diese Zusagen nicht vor Augen.

Cystische Fibrose Rund 1000 Menschen sind schweizweit von dieser unheilbaren Erbkrankheit betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 35 Jahren. Bei diesen Menschen ist der Stoffwechsel gestört, was zur Folge hat, dass sich statt normaler Körpersekrete zäher Schleim bildet. Dadurch funktionieren Organe wie Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm nur eingeschränkt. Die Nahrung kann schlecht verdaut werden, zudem sind häufige und schwere Infektionen der Atemwege die Folge. Langfristig wird die Lunge zerstört, können Leber- und Knochenschäden auftreten. Dank Krankengymnastik, Inhalationen und Medikamenten hat sich die Lebensqualität der Betroffenen verbessert. Wer heute mit Cystischer Fibrose geboren wird, hat daher eine Lebenserwartung von rund 50 Jahren.


Lovestory

Hochzeit von Markus und Barbara Hänni im Juli 2012. Ein «Happyend», obwohl es so gar nicht die Liebesgeschichte war, die Barbara erwartet hätte.

Ich weiss, dass Gott es nicht dem Zufall überlässt. Dass er mich schlussendlich trägt in allem was passiert. Wenn Markus die nächste Antibiotika-Kur hat. Oder – Worst Case – wenn sein Zustand sich so verschlechtert, dass er stirbt. Dann denke ich: Hier auf der Erde findet ein so kurzer Teil unseres Lebens statt. Wenn es mein Ziel gewesen wäre, möglichst erfolgreich zu sein, oder den am längsten lebenden Mann zu haben, dann bin ich gescheitert. Aber ich glaube nicht, dass dies das Ziel ist auf der Erde. Darum spielt es keine Rolle, wen du heiratest. Das tönt vielleicht blöd. Aber wenn wir mit Jesus unterwegs sind, er immer grösser wird in unserem

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Leben, dann ist es doch Peanuts, wen wir heiraten. Klar, ich hätte andere Entscheidungen treffen können. Doch ich bin überzeugt, es hätte keinen grossen Unterschied gemacht. Weil ich mein Glück nicht abhängig mache, ob ich mit Markus zusammen bin oder nicht. Klar hat man Sorgen, ist man manchmal traurig oder ist es schlimm, wenn er ins Spital muss. Aber ich glaube nicht, dass ich trauriger bin, oder mehr Sorgen habe, als jemand anderes. Es ist nicht einfach Hollywood. So à la «Ich liebe ihn so fest, er ist die Liebe meines Lebens und darum opfere ich mich auf für ihn.» Es ist meine Entscheidung und bei dieser bleibe ich.  ●



Geschieden

Mein Weg zur체ck Im Sommer 2008 zerbricht nicht nur Andreas Ehe, sondern auch ihr Herz. Sie f체hlt sich schmutzig und schuldig. Jetzt, sechs Jahre sp채ter, ist sie geschieden, aber nicht gebrochen.

Aufgezeichnet von: STA Fotos: Debi Gerber

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Mein Name ist Andrea und das ist meine Geschichte. Eine Geschichte von Hochzeit und Trennung, von grossem Perfektionismus und noch grösserer Gnade und davon, wie Gott mir persönlich begegnet ist.

D

ie Liebe zur Musik hat mich mit meinem zukünftigen Ehemann verbunden. Er war charmant, humorvoll und alle mochten ihn, während mir Menschen oft skeptisch begegneten. Seine Beliebtheit hat mir Identität gegeben. Wir hatten bis zur Hochzeit eine Wochenendbeziehung geführt. Daher hatten sich viele der später auftauchenden Herausforderungen bis dahin nicht gestellt. Freunde hatten mir vorgeschwärmt, wie toll es sei, verheiratet zu sein. Ich freute mich darauf, dies auch zu erleben und so heirateten wir am 31. August 2002. Als Team funktionierten wir auch nach der Hochzeit bestens: Wir haben zusammen Lager geleitet und Musik gemacht. Ich liebte die Identität, die es mir gab, seine Frau zu sein. Im Laufe unserer Ehe wurde es jedoch immer schwieriger von unseren Problemen wegzuschauen. Mein Ehemann war in eine Online-Sucht hineingerutscht: Sobald er zuhause war, verbrachte er die freie Zeit am Computer. Er nahm sich nur noch wenig Zeit, um mit mir zu reden und kümmerte sich kaum um meine Anliegen. Ich fühlte mich vernachlässigt, war aber fest entschlossen, diese Ehe auf die Reihe zu kriegen. Ich war getrieben von Perfektionismus, leistete wahnsinnig viel und war bemüht, alles im Griff zu haben. Ich war sehr selbstgerecht und darauf bedacht, keine Fehler zu machen.

Ich dachte dies sei richtig so. Insgesamt hielt ich mich für glücklich. Meine Herausforderungen besprach ich immer öfters mit einem Arbeitskollegen. Ich fühlte mich von meinem Kollegen als ganze Person erkannt und ernstgenommen, ein Gefühl, das mir in meiner Ehe fehlte. Und so geschah das für mich bis dahin Unvorstellbare: Ich bin fremdgegangen. Ich, die bisher dachte, keine Fehler zu machen. Das war im August 2008. Es dauerte drei Tage, bis ich es meinem Ehemann unter Zittern beichtete. Er war sehr verletzt und zugleich ausser sich vor Wut. Schliesslich verliess er aufgebracht die Wohnung. Ich hatte Angst, was bei seiner Rückkehr passieren würde. So packte ich einige Sachen und zog zu einer Freundin. In den Wochen nach meinem Auszug aus der ehelichen Wohnung fühlte ich mich wie in einer Waschmaschine. Ich bereute zutiefst, was ich gemacht hatte. Ich wusste nicht, ob unsere Ehe noch eine Zukunft hatte und war meinem Ehemann gegenüber sehr hin- und hergerissen. Da ich nicht wusste, wie es weitergehen würde, mietete ich als Zwischenlösung eine kleine Wohnung im Breitenrain. Hier lebte ich spartanisch: eine Matratze am Boden, sonst nicht viel. Es war ein Sinnbild dafür, wo ich im Leben angekommen war: Alles war am Boden zerstört. Ich habe nur noch gearbeitet und geschlafen. Das

hat mir Halt und Struktur gegeben. An einer Beziehung zu Gott hatte ich kein Interesse mehr, weil ich tief drinnen davon ausging, dass Gott mich verurteilte und kein Interesse mehr an mir hatte. Ich dachte, dass Gott gar keinen Kontakt mehr zu mir haben kann nach dem, was ich gemacht hatte. Denn es gibt ja diese «Liste der Sünden» unter Christen: Zuoberst ist Mord, dann Ehebruch und zuunterst kommt noch das Lügen oder so. Also hatte ich von den Leuten, die frei herumlaufen, das wahrscheinlich Schlimmstmögliche begangen. Ich fühlte mich einerseits schmutzig und schuldig und zugleich geriet auch mein ganzes Gottesbild ins Wanken. Ich hatte in dieser Ehe alles gemacht, von dem ich glaubte, dass Gott es von uns wollte: Wir hatten keinen Sex vor der Ehe, haben uns in der Kirche eingesetzt und ich habe mich bemüht, ein guter Mensch und Christ zu sein. Wie konnte es also so weit kommen? Der Glaube, wie ich ihn bisher kannte, hatte nicht funktioniert, also konnte ich es ebenso gut selbst an die Hand nehmen. Neun Monate nach der Trennung zeichnete sich immer noch keine Lösung in der Beziehung zu meinem Ehemann ab. So entschied ich mich, in eine gemütlichere Wohnung in Thun zu ziehen. Als mich meine Eltern eingeladen haben, mit ihnen nach Israel zu reisen, fing bei mir ein neuer Prozess an. Dort in der Wüste war mir besonders wohl, weil es das war, was mein Leben zu der Zeit widerspiegelte: Es war brach und dreckig, aber zugleich ruhig und echt. Dort in der Wüste hat Gott zu mir gesprochen. In einem Teaching von unserem Reiseleiter ging es darum, dass Zeiten der Wüste ihre Berechtigung haben und auch Jesus in der Wüste auf seinen Dienst vorbereitet wurde. Das hat mich so berührt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Gott noch etwas mit mir vorhaben könnte nach allem, was passiert war. Und doch spürte ich eine Wahrheit darin. In diesen Ferien überlegte ich mir zum ersten Mal, dass es für mich vielleicht doch einen Weg zurück zu Gott geben könnte. An meinem Lebensstil änderte sich jedoch nicht viel, bis ich mich einige Monate später entschied, eine christliche Gesprächstherapie anzufangen. Ich merkte, dass ich Hilfe brauchte und nicht so stehenbleiben konnte. Mein ganzes Beziehungsnetz war von der Trennung betroffen: Eltern, Freunde, Kirche, Patenkinder. Ich hätte mir das Ausmass nie vorstellen können. Von vielen Leuten, insbesondere von Christen, hatte ich mich während zwei Jahren bewusst zurückgezogen. Ich habe die Leute nicht mehr ausgehalten. Nicht weil ich etwas Negatives mit ihnen erlebt hätte, sondern einfach, weil sie Christen waren. Weil sie auf mich so perfekt wirkten und ich mich nicht mehr würdig fühlte.

Andrea bereute zutiefst, was sie getan hatte. Sie wusste nicht, ob ihre Ehe überhaupt noch eine Zukunft hatte.


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«Dort in der Wüste war mir besonders wohl, weil es das war, was mein Leben zu der Zeit widerspiegelte: Es war brach und dreckig, aber zugleich ruhig und echt.»

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es mit unserer Ehe wahrscheinlich anders gekommen. Aus meiner heutigen Sicht würde ich viel früher Grenzen setzen und klarer kommunizieren. Ich würde mehr sagen, was ich will und zu mir stehen. Ich weiss nicht, ob mein Ehemann mich überhaupt richtig gekannt hat – weil er sich nicht viel Zeit genommen hat, aber auch, weil ich ihm nicht die Chance gegeben habe, mein wahres Ich kennenzulernen. Das würde ich jetzt anders machen. Denn durch diese Offenheit entsteht auch ein viel grösseres Vertrauen: Das Vertrauen, dass ich ich selbst sein kann und trotzdem geliebt werde. Es war ziemlich genau ein Jahr nach der Scheidung, als Gott durch einen Text in Jesaja 54, der eigentlich an das Volk Israel gerichtet ist, auch zu mir gesprochen hat. Dort heisst es, dass er die Ruinen wieder aufbauen und mit Saphiren schmücken und nicht nur «zusammenkleben» wird. Dies war der Zeitpunkt, in dem ich mich ganz wiederhergestellt fühlte. Ab 2011 habe ich das ICF Bern wieder regelmässig besucht. Als ich das erste Mal wieder ins ICF kam, hat mich das extrem Vor meiner Trennung hatte ich Gott als einen sehr richtenden viel Überwindung gekostet. Aber man hat mich sehr herzlich und harten Gott gesehen, der schaut, dass die Menschen richtig aufgenommen. Die Leute hatten echte Freude, dass ich zuleben. Und ich hatte das Gefühl, ich müsse Gott dabei helfen, rück bin. Dass Gott wieder Ja sagte zu mir, war für mich das schliesslich seien wir ja seine Hände und Füsse hier auf der Welt. eine, aber dass Menschen wieder Ja sagten zu mir, war für mich Ich hatte wahnsinnig viel geleistet und geschaut, ob alle alles nicht selbstverständlich. richtig machen. Ich dachte, ich mache kaum Fehler und Gnade Heute bin ich Single und wohne in Belp. Ich arbeite in der sei etwas für Verlierer. Jetzt hatte ich Gott nichts mehr zu Personalabteilung eines Grosskonzerns und mache ein Nachbieten und musste einfach mal nehmen. diplomstudium in Betriebswirtschaft. Das Alleinsein war am Da ich meinen Freundeskreis auf zwei, drei Personen redu- Anfang sehr schwierig für mich, weil ich es nicht gewohnt war. ziert hatte und auch in keine Kirche mehr ging, hatte ich viel Inzwischen brauche ich es in einem gewissen Ausmass. DenZeit alleine. Ich bekam auch immer mehr Lust, einfach Zeit mit noch möchte ich nicht Single bleiben. Ich wünsche mir eine FaGott zu verbringen. In dieser Zeit habe ich wirklich erlebt, dass milie und Kinder und ich glaube auch daran, dass Gott mir dies Gott all meinen Mangel stillt. Das musste ich mir weder ein- schenken wird. Nicht weil ich es verdient hätte, sondern weil er reden noch mir Mühe geben dafür. Es war nicht mehr nur eine gnädig ist. fromme Übung – was es vorher oft gewesen war. Er schenkte mir Ruhe und ich merkte, dass Gott jedes meiner Bedürfnisse zur richtigen Zeit ausfüllt. Durch diese Gewissheit sind meine Mängel fast verschwunden. Mein Name ist Andrea. Ich bin 34 Jahre alt und geschieden. Während vielen Jahren hatte ich das Gefühl, Ich habe gemerkt, dass das Beste, was ich in diesem Leben habe, Gott zu kennen. Aber erst nach meiner Scheidung habe Gott an meiner Seite ist und dass er in jeder Situation neben ich verstanden, was es wirklich bedeutet, eine Beziemir steht. hung zu ihm zu haben. Erst dann habe ich angefangen zu verstehen, wer er wirklich ist und dass er sich nicht Die Beziehung zu Gott wurde zum Zentrum meines Lebens meine Leistung und Perfektion wünscht. Ich habe und die Auswirkungen dieser Beziehung sind unglaublich weitgemerkt, dass ich zu schlimmeren Fehlern in der Lage reichend. Dadurch hat sich auch meine Beziehung zu Menschen bin, als ich je gedacht hätte. Aber auch, dass Gottes verändert. Ich hatte Gnade nötig und habe die Gnade Gottes auch Gnade unendlich grösser ist als meine grössten Fehler. erlebt. Dadurch konnte ich Menschen plötzlich nicht mehr verDie Beziehung zu ihm ist das Beste, was mir auf dieser urteilen. Zudem habe ich viel von meiner Menschenfurcht verWelt passieren kann. loren, denn etwas Schlimmeres als Ehebruch kann mir ja kaum mehr passieren. Im Februar 2010 war die Scheidung. Ich hatte meinen Mann gefragt, ob er noch eine Chance für unsere Ehe sehe oder ob er die Scheidung wolle. Er sandte mir die Scheidungspapiere unterschrieben zurück. Das war der ernüchternde Abschluss unserer Ehe. Hätten wir an unserer Beziehung arbeiten können, wäre

Die grosse Wende kam im November 2010. Ich besuchte ein «Lebensseminar» von Maria Prean in Imst. Als ich dort ankam, war ich total bockig. Es ist mir noch heute nicht klar, weshalb ich überhaupt an dieses Lebensseminar gegangen bin. Eine Frau begrüsste mich am Anfang des Seminars als «Prinzessin Gottes». Darüber wurde ich wütend, weil ich nichts damit anfangen konnte und mich dermassen schmutzig fühlte. Einfach alles andere als eine Prinzessin. Aber kaum hatte ich mich gesetzt, fing Gott an, an meinem Herzen zu arbeiten. Ich habe nur noch geheult. Mein ganzes Leben war «am Arsch» und das habe ich in der Vorstellungsrunde auch gleich so gesagt. Das Seminar war sehr heilsam: Es ging um Gottes Vaterherz, Vergebung, Versöhnung. Danach wusste ich wirklich, dass es einen Weg zurück zu Gott gibt. Und als ich nach Hause ging, war mir zum ersten Mal auch klar, was damit gemeint ist, dass ich in Gottes Augen eine Prinzessin bin. So fühlte ich mich nun auch.

Es gibt einen Weg zurück zu Gott. Andrea ist ihn gegangen, und hat dabei zum ersten Mal gefühlt, was es bedeutet, in Gotttes Augen eine Prinzessin zu sein.


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Interview: CHA Fotos: ICF Basel


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Theo-Logisch

Wie sieht Gottes Bund mit uns aus?

Liebe, Sex und Scheidung: Was die Bibel dazu sagt, weiss Manuel Schmid, bald Doktor der Theologie und Senior Pastor von ICF Basel. Er weicht heiklen Fragen nicht aus, stellt sich der Komplexität des Menschseins und spricht trotzdem Klartext. Manuel Schmid, deine Predigten zu Sex, Ehe und Scheidung sind legendär. Was ist dabei deine grundlegende Erkenntnis?

Am meisten bewegt hat mich die Vision Gottes für die Ehe. Dass die Ehe in der Welt etwas sichtbar macht von seiner kompromisslosen Liebe, Hingabe und Treue zu uns Menschen. Wie muss man sich das vorstellen?

Eine Ehe ist für mich ein Wunder. Jeder Mensch bringt seine eigene Zerbrochenheit mit hinein. Also alles, was es braucht, um sie zu zerstören. Dass zwei zerbrochene Menschen miteinander die Liebe hochhalten können, das ist alles andere als selbstverständlich. Das hat wirklich mit Gott zu tun. Warum ist denn eine Heirat so wichtig? Reicht da blosse Liebe nicht?

Natürlich kann auch eine Freundschaft Gottes Liebe reflektieren. Bei der Ehe kommt aber noch die Dimension des Bundes dazu. Und das hebt sie qualitativ von allem anderen ab. Bund ist ein altertümliches Wort. Was meinst du damit genau?

Ein Bund im Alten Testament ist eine gegenseitige Verpflichtung oder Vereinigung von zwei Personen. Nicht einfach ein Vertrag, bei dem man ein Papier unterschreibt und Klauseln einhalten muss.

Als Gott den Bund mit Abraham geschlossen hat, ist er selbst als Feuer durch diese Tierhälften hindurch gegangen (1. Mose 15). Damit sagt er: Du kannst mit mir rechnen, ich gehe mit dir einen Bund ein. Später folgte dann der neue Bund durch Jesus (Lukas 22, 20 / Hebräer 10, 9ff ). Dieser Bund von Gott mit den Menschen ist ein Vorbild für den Ehebund, den zwei Menschen miteinander schliessen. Bei der heutigen Scheidungsrate müsste es aber vielen Leuten so gehen wie den geteilten Tieren.

Auf eine Art passiert das ja auch. Wenn man mit Leuten spricht, die eine Scheidung erlebt haben, ist häufig etwas in den Personen kaputt gegangen. Der Zerbruch des Ehebundes ist oft wie ein Stück Tod im Leben eines Menschen. Ich glaube, gerade dabei spürt man, wie existenziell so ein Bündnis eigentlich ist. Wenn Menschen nach dem Bruch eines Bundes wiederhergestellt werden, Gott ihnen wieder Leben einhaucht, ist es ein Zeichen von seiner Gnade. Ist es dann nicht besser, man bleibt im Bund und kämpft bis ans Lebensende?

Wenn nicht Vertrag, was dann?

Der Bundesbeschluss wurde im frühen Alten Testament als Zeremonie vollzogen. Dabei nahm man ein Tier, teilte es in zwei Hälften und dann gingen beide Bundespartner zwischen den Tierhälften durch. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht: Wenn ich den Bund breche, soll es mir so gehen wie diesem Tier. Und was hat das mit der Ehe zu tun?

Die Ehe ist der einzige Bund in unserer Zeit, den zwei Menschen miteinander eingehen und der kompromisslos verpflichtend und auf Lebzeiten geschlossen wird. Darin spiegelt sich der Bund von Gott mit uns.

Es lohnt sich, alles daranzusetzen eine Ehe zu retten. Leute, die leichtfertig hinausgehen oder in der Bibel eine Exit-Türe suchen, haben nicht verstanden, wie kostbar und einzigartig eine Ehebeziehung in Gottes Augen ist. Ein Paar, das gerade eine lange Dürrezeit erlebt, soll alles daran setzen, die Liebe und das Vertrauen zurück zu gewinnen. Und auf jeden Fall Hilfe annehmen, es nicht alleine probieren. Aber ich glaube, es gibt einen Punkt, an dem die Ehe wirklich stirbt. Wo ein Bund zerbrochen wird. Woran merke ich, dass eine Ehe wirklich zu Ende ist?

Logischerweise gibt es keine Antwort auf diese Frage. Das Leben ist zu komplex und jeder, der das gerne anders haben möchte, muss sich mit den Pharisäern zusammenschliessen. Die hatten genaue Regeln. Aber damit wird das Problem dahinter nicht wirklich ernst genommen.


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Theo-Logisch

Was ist denn das Problem ‹dahinter› ?

Ein Extrembeispiel: Wenn ein Mann seine Frau körperlich misshandelt, bin ich überzeugt: Jedesmal, wenn er das macht, spuckt er auf sein Trauversprechen. Er versetzt seiner Ehe ein Stück mehr den Todesstoss. Es gibt viele solcher Verhaltensmuster. Wenn ein Partner keine Bereitschaft zeigt, daran zu arbeiten, sich zu ändern, sondern sein Verhalten fortsetzt, dann kommt die Ehe an einen Punkt, an dem sie irreparabel geschädigt ist. Wo man sagen muss: So ist keine Fortsetzung der Ehebeziehung möglich. Es gibt Leute, die sagen, das Paar solle sich wenigstens nicht scheiden lassen.

Aber das ist doch keine Ehe mehr. Eine solche Ehe ist tot. Und sie retten ihre Ehe nicht, sondern vermeiden nur eine formale Scheidung. In einem solchen Fall ist die Scheidung nicht der Grund, weshalb die Ehe zerbricht. Sondern gestellt schlicht den Zerbruch fest. Wie bei einem Totenschein. Wenn der ausgestellt wird, ist der Tote auch schon tot. Was sagt die Bibel zum Thema?

Das ist nicht einfach. Es gibt sehr wenige Bibelstellen dazu. Die klassische Stelle ist in 5. Mose 24, 1. Im Neuen Testament gibt es die Stellen in Matthäus 5, 27ff und 19, 1ff, in denen Jesus Bezug nimmt zum Thema. Das Problem ist: Wenn man diese Aussagen nicht im Hintergrund der damaligen Zeit versteht, kommt man nicht zu einer vernünftigen Scheidungstheologie. Was war denn in der damaligen Zeit anders?

Damals war eine riesige Diskussion am Laufen. Zwei Rabbiner, Hillel und Schammai, diskutierten darüber, wie die Stelle im 5. Mose ausgelegt werden soll. Dort steht, wenn ein Mann an seiner Frau etwas ‹Anstössiges› finde, dürfe er sich von ihr scheiden lassen. Rabbi Hillel hat das liberal interpretiert. Nämlich, dass das Anstössige auch einfach ein verbranntes Zmittag sein konnte. Für Rabbi Schammai war klar, dass hierbei schon Ehebruch im engeren Sinne gemeint ist.

Und was sagte Jesus zur Debatte?

Jesus bezieht in Matthäus 5, 31 klar Position für Rabbi Schammai. Von der Kirche wird das Wort «Unzucht», das er dabei braucht, aber häufig nur sexuell ausgelegt. Soll es anders ausgelegt werden?

Laut dem jüdischen Ehevertrag ist ein Mann verpflichtet, seiner Frau Kleider und Essen, ein Dach über dem Kopf, sowie sexuelle Befriedigung, Liebe und Zuneigung zu geben. Wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, gilt das als Bruch einer Ehe. Wenn ein Mann seine Frau schlägt – um beim Beispiel von vorhin zu bleiben – war das bei Rabbi Schammais konservativer Auslegung ein Verstoss gegen den jüdischen Ehevertrag. Schliesslich sollte er ihr Liebe und Zuneigung geben. Aber das sind umstrittene Themen.

« Zusammen schlafen erhöht die Sicherheit auf das Funktionieren einer Ehe nicht.» Wie kommst du zu deiner Meinung, dass eine Ehe nicht nur wegen sexueller Unzucht geschieden werden darf?

Ich habe jahrelang damit gerungen und bin wirklich überzeugt, dass dies biblischtheologisch verhebt und vor allem praktisch. Alles andere läuft auf so absurde Situationen hinaus und wird der Komplexität von Beziehung und Leben nicht gerecht. Ausserdem gibt es in der Bibel widersprüchliche Stellen. In 1. Korinther 7 sagt Paulus klar, dass eine Ehe nicht geschieden werden soll. Gleichzeitig wirft er einen Fall auf, in dem die gläubige Frau sich von ihrem ungläubigen Mann scheiden lassen darf, wenn sie wegen ihres Glaubens zurückgestossen wird. Oder in

Esra 10, 3 weist Gott alle Israeliten an, sich von ihren heidnischen Frauen zu trennen. Wie soll man mit solchen Widersprüchen in der Bibel umgehen?

Diese so stehen lassen. Denn eine gesetzliche oder formalistische Auslegung der Bibel, die alles klar geregelt haben will, stösst im echten Leben oft an Grenzen. Ich glaube, Gott funktioniert nicht so. Er anerkennt die Komplexität und Verworrenheit des Lebens und ist oft bereit, mit suboptimalen Umständen umzugehen.

Wenn Gott so easy ist, muss man dann überhaupt heiraten? Oder anders gefragt: Warum nicht zusammenleben und erst heiraten, wenn man sich sicher ist?

Das funktioniert ja nicht. Das Zusammenleben und zusammen schlafen erhöht deine Sicherheit auf das Funktionieren einer Ehe nicht. Paare, die vor der Heirat zusammengelebt und zusammen geschlafen haben – also eheähnliche Zustände ausprobiert haben, haben statistisch keine tiefere Scheidungsrate als Paare, die das nicht gemacht haben. Aber dann ist dieser weniger konservative Weg ja nicht schlechter?

Ich glaube, dass schon etwas auf den Kopf gestellt wird, wenn du in einer Beziehung alles von Partner annimmst, was er zu geben hat. Das Körperliche, das Zusammenleben, alles geniesst. Aber im Gegenzug nicht bereit bist, dich deinem Partner gegenüber öffentlich zu verpflichten. Für mich ist das Zusammenziehen, Leben, Tisch und Bett teilen das Feiern der Einheit, die man vorher vor Menschen bezeugt hat. Wenn man diese Reihenfolge auf Kopf stellt, dann fehlt was. Was denn?

Die Bereitschaft und der Mut, sich dem andern gegenüber zu verpflichten. Es ist eine fehlende Ernsthaftigkeit, nicht zu sagen: Ich respektiere dich zu sehr, achte deine Person zu sehr, um von dir schon die ganze Intimität der Ehe anzunehmen, bevor ich mich dir gegenüber auch öffentlich verpflichtet habe. Wenn unsere Freundschaft wider Erwarten zerbrechen


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sollte, dann will ich, dass du mit deinem zukünftigen Ehemann eine erfüllte, unbelastete Beziehung starten kannst. Und ich will dir nichts nehmen, was eigentlich in deine zukünftige Ehe gehört. Das ist ein Liebesbeweis dem anderen gegenüber, der als Segen in die Ehe eingeht. Dass der andere mich respektiert und meine Person achtet, indem er verzichtet. Das ist ein Kapital für eine startende Ehe. Warum findest du diese Verpflichtung so wichtig?

Ich glaube, dass die Kraft, einen Partner auszuhalten und mit ihm schwere Zeiten durchzustehen, viel grösser ist in einer Beziehung, die auf einem Versprechen basiert. Die klassische Frage, auf die alle warten, wurde noch gar nicht gestellt. Du als Dr. theol. musst es wissen: Darf man laut Bibel Sex vor der Ehe haben oder nicht?

In der Bibel steht wenig dazu. Aber es steht so wenig, weil es in der damaligen Kultur als selbstverständlich vorausgesetzt wurde, dass man keinen Sex vor der Ehe hat. Es wird in der Bibel auch nicht gesagt, man soll Kinder nicht misshandeln. Woraus schliesst du, dass das damals so war?

Maria und Josef zum Beispiel waren sogar schon verlobt. Aber selbst da schliefen sie noch nicht miteinander. Schliesslich will Josef Maria verlassen, als er erfährt, dass sie schwanger ist. Er wusste, das Kind ist nicht von ihm. Warum war das so klar? Weil sie nicht miteinander geschlafen haben. Im Alten Testament gibt es zudem die Anweisung, dass ein Mann, der mit einer Frau schläft, verpflichtet ist, sie zu heiraten. Das Gesetz von Mose verpflichtet ihn dazu, ganze Sache zu machen. Im Sinne von: Wenn du mit ihr schlafen kannst, musst du dich zu ihr stellen.

Jetzt hält man sich an all das, freut sich auf den ersten Sex in der Ehe und muss feststellen, dass im Bett der Spass aufhört.

So nach dem Anspruch: «Wir haben gewartet, jetzt wird Gott einiges rauffahren. Jetzt gibt es eine u huere Explosion von Hormonen?» Ich glaube, da verdreht man etwas. Es geht nicht darum, dass ich mir bei Gott etwas verdiene. Es geht darum, dass ich eine gesunde Ordnung einhalte. Dass ich den Bund der Ehe einhalte. Ich nehme das von meiner Frau noch nicht, bevor ich mich öffentlich verpflichtet habe. Provokativ könnte man zurückfragen: Müssen wir von Gott belohnt werden, um genügend Motivation zu haben, das Richtige zu tun? Brauchen wir die Gewissheit, dass es denen schlechter geht, die sich nicht an Gottes Idee halten, um mit unserer Entscheidung zum Gehorsam zufrieden zu sein? Zu guter Letzt ein Praxistipp: Was hat sich in deiner Ehe so bewährt, dass du es allen empfehlen würdest?

Seit wir verheiratet sind – und das sind immerhin schon 15 Jahre – halten wir einen Tag pro Woche als «Sabbat» frei. Egal wie viel Stress und Überforderung der Rest der Woche bringt, an diesem Tag verbringen wir arbeitsfreie Zeit miteinander, entspannen uns und gönnen uns etwas Gutes. Ich übertreibe nicht viel, wenn ich sage, dass uns dieser Tag schon oft gesundheitlich und psychisch gerettet hat.  ●

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Best of Bücher

Literarische Leckerbissen Text: PRS

Bücher mit Tipps zu Paarbeziehungen gibt es wie Sand am Meer. Titel wie «Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest» und «Warum die nettesten Männer bei den schrecklichsten Frauen bleiben und die netten Frauen verlassen» ziehen zweifellos die Aufmerksamkeit von Ratsuchenden auf sich. Frauen, die zu Männerversteherinnen werden möchten, finden vielleicht Hilfe im ‹Mannual›. Männer fühlen sich wohl eher angesprochen von «Schatz, wir müssen gar nicht reden». Doch welche Bücher helfen wirklich weiter? Vier Frauen geben eine Auswahl.

von Esther

von Priscilla

von Hélène

von Damaris

Duett statt Duell

Die fünf Sprachen der Liebe

Das wilde Herz der Ehe

Ungeküsst und doch kein Frosch

Reinhold Ruthe

John & Stacy Eldredge

Gary Chapman Worum geht es ? Das Buch zeigt ganz praktisch auf, wie Eheleute im Alltag mit Herausforderungen und Andersartigkeit umgehen können. Bestehende Konflikte in der Ehe können verringert werden, wenn man will. Die Ehe ist immer ein Miteinander. Durch die Themen wie z.B. «Ergänzungsmuster kennen lernen», «Ich trage für mein Verhalten und Fehlverhalten selbst die Verantwortung», oder «Die Ehe positiv sehen», regt Reinhold Ruthe (Eheund Familientherapeut) zum Reflektieren und zu konstruktiven Gesprächen an. Wer sollte es lesen? Ehepaare, die durch verschiedene Schritte und anhand von Beispielen in der Ehe reflektiert und weitergeführt werden wollen. Wichtigste Erkenntnis? Es gibt keine Hollywood-Ehen. Die Ehe ist wie eine Baustelle, an der es ein Leben lang zu arbeiten gilt. Kurze Info zu dir Ich bin 37 Jahre glücklich verheiratet und mit meinem Mann in der Eheberatung/Seelsorge tätig.

Worum geht es? Es gibt fünf Wege, dem anderen seine Liebe mitzuteilen: Lob und Anerkennung, Zweisamkeit, Geschenke, Hilfsbereitschaft und Zärtlichkeit. Finde ich heraus, welche dieser Liebessprachen meinem Gegenüber am meisten bedeutet, kann ich ihn so lieben, dass meine Liebe auch verstanden und gefühlt wird. Wer sollte das Buch lesen? Jeder, der das Gefühl hat, dass seine Liebesbekundungen beim Partner nie so richtig ankommt. Wichtigste Erkenntnis? Liebe ist eine Entscheidung, die täglich neu getroffen werden muss. Kurze Info zu dir Meine Liebessprache waren während langer Zeit Geschenke, die von Herzen kommen. Seit ich Mutter bin, hat die Liebessprache «Hilfsbereitschaft» für mich an Bedeutung gewonnen.

Joshua Harris Worum geht es? Das Buch erzählt auf sehr authentische Weise von den Höhen und Tiefen, Stärken und Schwächen der Ehe. Was Gott sich dabei gedacht hat und was aus seiner Sicht der wahre Sinn der Ehe für dich und deinen Partner in dieser Welt ist. Mit viel Witz, Leichtigkeit machen die Autoren dieses Buch regelrecht zu einem «Verschlinger» und zu einem echten Augenöffner.

Worum geht es? Der Autor (damals noch Single) ermutigt Singles anhand von vielen persönlichen Beispielen, die Chancen des Single-Daseins zu nutzen, seine Persönlichkeit zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und seine Zeit sinnvoll einzusetzen.

Wer sollte es lesen? Verheiratete Paare, die mit den Schwierigkeiten des Ehealltags konfrontiert sind. Es ist eine Ermutigung, für die Liebe zu kämpfen.

Wichtigste Erkenntnis Ich muss als Single nicht Trübsal blasen, sondern kann die Zeit als Chance sehen, mein Potenzial voll zu entwickeln und einzusetzen.

Wichtigste Erkenntnis Gott hat mich aus einem ganz bestimmten Grund mit meinem Partner zusammengebracht. Er hat nicht nur einen Plan mit mir als Individuum, sondern auch mit uns als Ehepaar. Für mich war es eine Entdeckungsreise, die vieles ausgelöst hat. Unter anderem, diesen Schatz der gemeinsamen Gabe Gottes zu suchen und auszugraben.

Kurze Info zu dir Ich war über 24 Jahre lang Single und das Buch hat mich in einer Zeit ermutigt, wo ringsherum (etwas ältere) Freunde nach und nach geheiratet haben und ich zwischendurch etwas alleine dastand.

Kurze Info zu dir? Ich bin seit fünf Jahren verheiratet.

Wer sollte es lesen? Leute, die unfreiwillig Singles sind.


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Rubrik

Singles

über Singles Text: STA

«Alleine sein ist nicht schwer, Single sein dagegen sehr» und «Oh Herr, lass mich bitte kein Single sein» titeln Zeitschriften. Beschrieben wird typischerweise, wie Singles in einem Café sitzen und Pärchen beobachten. Aber wie viel hat das mit dem wahren Singleleben zu tun?


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Ich bin Ste, 31 Jahre alt, arbeite als Rechtsanwältin und bin Single. Und so habe ich die Aufgabe gefasst, das Singlesein verständlich zu machen. Verständlich für alle, die schon seit Kindesbeinen in einer Beziehung stecken, für alle Frischverliebten, die nicht genau wissen, was sie mit ihren Singlefreunden anfangen sollen und für alle Singles, die sich selbst und die anderen Singles um sie herum (vor allem diejenigen des anderen Geschlechts) manchmal nicht verstehen. Das Problem ist nur: Ob es schlussendlich Spass macht, Single zu sein, ist mir selbst auch nach Jahren des Singleseins oft nicht ganz klar. Da ist einerseits die grosse Freiheit: Reisen, wohin das Herz begehrt, wohnen, wo man will und fast grenzenlos Zeit investieren in Freundschaften und jedes erdenkliche Hobby. Zugleich ist es anstrengend, jede Aktivität, die ich nicht alleine machen will (und als ausgeprägte Nicht-Einzelgängerin sind das viele), vorgängig zu organisieren. Mit wem fahre ich in welche Ferien? Wie strukturiere ich meine Freizeit so, dass ich weder gelangweilt bin, noch völlig erschöpft vor lauter Aktivismus? Gibt es noch andere Singles, mit denen zusammen ich an diese Hochzeit gehen könnte? Und spätestens wenn eine Jugendfreundin vorwarnt, dass an ihrer Hochzeit die Tischordnung nicht «aufgeht», weil ich die einzige unverheiratete Person der Hochzeitsgesellschaft bin, ist bei mir der Spass am Singlesein dann doch für einen Moment vorbei. Zumindest für die Dauer dieser Hochzeit.

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Um dem Thema Singlesein im Allgemeinen gerecht zu werden, habe ich zuerst systematisch herumgefragt, wie andere Leute ihr Singledasein erleben. Ich bekam vorerst etlichen Absagen. Phasenweise ist das Singlesein ein zu schwieriges Thema, um sich in einem Artikel dazu zu äussern. Aber schlussendlich das Ganze in einer Art G6-Gipfel von mutigen Singles seinen Höhepunkt: Sven (32, gelernter Polymechaniker, arbeitet zur Zeit als Heimleiter), Fabio (27, Automechaniker), Chris (30, Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich), Bettle (28, Kindergärtnerin), Sälä (31, kaufmännische Angestellte) und Ka (41, kaufmännische Angestellte) haben sich bereit erklärt, zu ihrem Singlesein Stellung zu nehmen. Ich freute mich auf eine interessante Runde und wurde nicht enttäuscht. Sälä outete sich bereits in der Vorstellungsrunde als «Langzeitsingle aus Überzeugung» outet. Sie erntet damit Gelächter und das Angebot, sie «frei zu beten». Das Eis war gebrochen. Auch wenn der Druck auf die andern stieg, ihr Singlesein ebenfalls unter dem positiven Aspekt der vielen Freiheiten zu betrachten. Im Gespräch und in den nachfolgenden Boxen folgen die wichtigsten Aspekte des Singleseins im Schnelldurchlauf.


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Die (liierten) Freunde

Die Die Störfaktoren Wunschliste

Die Datingseiten

Freunde sind in jeder Lebensphase wichtig, keine Frage. Aber als Single ist ein Leben ohne Freunde kaum vorstellbar. Sie sind nicht eine blosse Ergänzung zu Partner und Kindern. Sie sind für die meisten Singles die zentralen Bezugspersonen. Man fährt gemeinsam in die Ferien, verbringt grosse Teile des Wochenendes zusammen und die Freunde sind die ersten Leute, die man mit guten und schlechten Neuigkeiten überschüttet. Und auch wenn man seinen besten Freunden das Beste wünscht

Viele Singles und kaum neue Paare. Der Singlekuchen im ICF scheint zu stagnieren. Die Männer, so sagte man mir im Vorfeld, seien von starken Frauen schnell eingeschüchtert. Da die Frauen in der Runde zweifellos zu der «starken» Sorte zählen bin ich besonders gespannt. Eine entsprechende Diskussion ergibt sich jedoch nur beschränkt, da Chris von Anfang an mutig einsteigt: «Wir Männer sind halt superschlecht darin, uns einfach mal auf eine Frau festzulegen. Denn es gibt sicher zehn Singlefrauen im

Bei Singles über 25 heisst es häufig: Zu hohe Ansprüche. Das Thema wird schnell emotional, denn Ansprüche runterzuschrauben ist einfacher gesagt als getan. Man hat sich ein Leben aufgebaut, da sollte ein Partner doch dazu passen. Oder wie geht man damit um, wenn er keine Kinder mehr will, einen anderen Glauben hat oder einem optisch nicht gefällt? Am anderen Ende der Schweiz oder gar im Ausland lebt? Welche Kriterien sind denn berechtigt? Chris: «Mit zwanzig war das noch einfacher. Da hat man die Mutter

Sie sind omnipräsent, statistisch gesehen höchst effizient und doch den meisten Leuten unangenehm: Die Datingplattformen. Woher die weitverbreitete Skepsis? Als zutiefst abgeneigt äussert sich in der Runde niemand. Es sei eine legitime Art, jemanden kennenzulernen und ausserdem durchaus denkbar, dass ein Kennenlernen auf diesem Weg funktionieren könnte. Das Problem sei jedoch primär, dass man sich nicht live sehe und die Leute nur ihre positiven Eigenschaften darstellen. Sven: «Auf einer Plattform

und eine neue Partnerschaft von Herzen gönnt, so ist es doch schwierig, weil sich dadurch die Freundschaft verändert. Man hat nicht mehr so viel Zeit füreinander und befasst sich plötzlich mit anderen Themen. Sälä: «Mein Kollegenkreis hat sich sehr verändert in den letzten zehn Jahren. Dies vor allem, weil die Leute geheiratet und Familien gegründet haben. Nicht, dass das dann nicht mehr meine Freunde wären. Aber man hat einen anderen Schwerpunkt. Diese Veränderungen fallen mir nicht so einfach. Das ist für mich ein Nachteil am Singlesein: Man muss immer flexibel sein und sich neue Leute suchen.»

ICF, mit denen du eine Beziehung führen könntest und es würde gut kommen.» Das Problem der mangelnden Entscheidungsfreudigkeit fällt auch den Frauen auf. Sie sind wenig begeistert. Bettle: «Mir ist wichtig, dass ein Mann eine eigene Meinung hat und er sich auch mal für eine Frau oder eine Sache entscheiden kann.» Aus diesem Grund sehen die Frauen im ICF wesentlich weniger Männer, mit welchen sie sich eine Beziehung vorstellen könnten. Wie man die Entscheidungsfreudigkeit erhöhen könnte, bleibt offen. Ebenso, warum Männer so viele und Frauen so wenige Optionen sehen. Hat es mehr Frauen als Männer im ICF? Fokussieren sich alle Frauen auf dieselben Typen? Oder wiegen sich die Männer in zu viel Sicherheit?

angeschaut und gedacht: So wird sie in zwanzig Jahren aussehen. Das war dann auch schon alles. Je älter man wird, desto mehr Gedanken macht man sich.» Seltsamerweise habe ich trotzdem den Eindruck, dass die Kriterienlisten kürzer geworden sind. Nicht wie früher, als noch ‹er darf keine Freitag-Tasche haben› draufstand. Fabio: «Der Glaube ist die Grundlage. Eine Frau muss mir zudem gefallen. Der Rest ist schwierig zu sagen. Wichtig ist, dass sie denselben Humor hat. Sonst wird das Kommunizieren mühsam. Bei allem anderen muss ich sagen sind alle nicht perfekt.» Die Frauen wollen vor allem eins: Einen Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht. Sälä: «Meine Liste war früher lang, jetzt ist sie auf drei Punkte geschrumpft: Gott lieben, ein eigenes Leben haben und Bern.»

aktiv zu sein würde mich überfordern. Die Plattformen sind wie ein überfüllter Supermarkt. Du stehst vor einem Konfitürenregal und es hat zwanzig Erdbeer-, dreissig Himbeer- und auch noch fünfundzwanzig Aprikosenkonfitürensorten. Wie soll ich mich da entscheiden?» Der Vergleich ist plausibel und das Problem nachvollziehbar, zumindest aus Sicht der Männer, die schon im ICF wesentlich mehr Optionen sehen als die Frauen (siehe «Die Störfaktoren»). Für alle, die im ICF nicht sehr viele mögliche Partner sichten, stellt sich dann doch die Frage, ob man nicht lieber einen überfüllten Supermarkt hat als gar keinen Supermarkt?

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Die Nachfrager

Pimp my date

Die ungewisse Zukunft

Im Marzili, auf dem Gurten, im Starbucks: Die ICFler sind in Bern überall. Wer ein Date hat und nicht will, dass dies sofort in aller Munde ist, muss sich sehr genau überlegen, was man macht und wo man sich trifft. Chris: «Ich wurde auch schon von Leuten angesprochen, nachdem ich mich zweimal an einem Sonntag mit der gleichen Frau unterhalten hatte. Und diejenigen, die mich darauf angesprochen haben, waren nicht einmal Personen, mit denen ich viel zu tun habe. Ich glaube, die Leute realisieren gar nicht, dass sie damit auch etwas

Die inhaltlichen Möglichkeiten einer Verabredung müssen sich ja nicht immer auf Kaffee im Starbucks und Spaziergänge auf den Gurten beschränken. Eine Umfrage unter meinen Facebookfreunden hat hier einiges an kreativen Vorschlägen zu Tage gebracht. Besonders durchdacht erscheint mir die Idee, an einem Date ein Jassturnier zu machen oder Brandi-Dog zu spielen. Da findet man sofort heraus, wie es mit dem Ehrgeiz steht, ob jemand ein guter Verlierer ist und wie er mit Fehlern seines Gegenübers umgeht. Und womöglich erlebt man die Person

Ob der oder die Richtige kommen wird und das Singleleben ein Happyend mit Hochzeit und Familie hat, weiss niemand. Dort liegt die wohl grösste Angst vergraben. Ka: «Seit ich mit Gott intensiver unterwegs bin, spüre ich aber eine Leichtigkeit. Wenn ich alleine in der Wohnung bin und mit jemanden sprechen möchte, dann ist er da. Er nimmt einen gewissen Stress aus meiner Lebenssituation und das finde ich cool.» Wie aber plant man das Leben, wenn der Partner noch nicht feststeht, der in diesen Plan hineinpassen sollte? Bettle: «Manchmal wäre es schon

zerstören können. Man hat sich nur einmal zum Kaffee getroffen mit jemandem und weiss selbst noch gar nicht, was man von der Person hält. Da will man sich nicht immer schon dafür rechtfertigen müssen.» Auch ausserhalb dieser Diskussionsrunde ist das ein Thema: Singles sind gestresst über die Nachfragerei von entfernten Bekannten und darüber, dass Informationen immer sehr schnell die Runde machen. Fast alle fühlen sich dadurch extrem unter Druck. Einige treffen sich in anderen Städten. Und nicht wenigen ist aus diesem Grund das Dating innerhalb des ICF ganz vergangen.

auch gleich zum ersten Mal mit einem Wutausbruch. Wer sich in einer Beziehung Action wünscht, sollte sich an den Europaparktest wagen: Ist sie ein Silverstar- oder Monorailtyp? Wie steht’s mit der Geduld beim Anstehen und gegenüber vordrängelnden Kindern? Meldet er sich bei den spanischen Ritterspielen als freiwilliger Gastakrobat oder posiert er lieber auf Fotos mit Schneewittchen und der Euromaus? Hier wird fast alles entlarvt. Wer diese Hürde zusammen überstanden hat, hat Zukunftspotential. Andere Idee: Handwerkliche Begabung und die Ausdauer des Gegenübers testen. So geschehen bei einem Paar, das gemeinsam einen Oldtimer restauriert hat. – Da wurde aus Kollegschaft plötzlich mehr. Und das ideale Hochzeitsauto hat man so auch gleich.

cool, wenn der richtige Mann bald mal auftauchen würde. Damit ich die nächsten Schritte der Zukunft planen könnte: Ob ich noch längere Zeit ins Ausland gehe oder ob ich weiter arbeite. Aber ich glaube an einen Gott, bei dem ich nicht zu kurz komme.» Die Frage bleibt, was denn nun zu tun ist? Weltreise? Eigentumswohnung in der Stadt kaufen? Eine Weiterbildung anfangen? Lieber arbeiten und Geld sparen, damit man sich einem künftigen Partner dann möglichst flexibel anpassen kann? Sälä: «Ich habe einen ganz anderen Ansatz. Ich plane und mache einfach und vertraue darauf, dass Gott mir irgendwann den passenden Mann schicken wird. Ich will mir von meinem Zivilstand nicht diktieren lassen, was ich im Leben will und was nicht. Da drehe ich schon bei den ersten drei Gedanken durch.»


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Umfrage

Die absoluten Nervtöter in der Ehe

Furzen im Bett. Offene Küchenschranktüren. Wir haben nachgefragt, welche Eigenschaft des Partners die Leute zur Weissglut bringt. Zwanzig Frauen und Männer über die häufigsten Nervtöter an der Ehefront. Umfrage: Markus Hänni

Mann

Frau

ärgert sich darüber, dass sie...

ist frustriert darüber, dass er...

—1— gebrauchte Taschentücher im Bett liegen lässt. —2— ihn ständig bemuttert. —3— die ganze Zeit auf Pinterest rumhängt. —4— seine Garderobe stets als ungeschickt kombiniert bezeichnet. —5— vor dem Sex immer noch so viel bereden will. —6— ihre Kleider überall verstreut in der Wohnung rumliegen lässt. —7— die Schuhe so vor dem Eingang platziert, dass er sich zuerst einen Weg zur Türe bahnen muss. —8— in seinem Kühlschrank-System ein Chaos verursacht. —9 — sofort losschimpft, wenn er sich mal nicht an den strikten Recycling-Plan hält. — 10 — will, dass er das doofe Duschmätteli nach dem Duschen immer an die Wand klebt.

—1— nach dem Essen, den Tisch nicht putzt. —2— nicht zuhört. —3— ihre Fragen nicht beantwortet. —4— die Küche dreckig hinterlässt. —5— Nacht für Nacht so laut schnarcht. —6— so übertrieben laut seine Nase putzen muss; als wäre ein Elefant im Haus. —7— die Zahnpastatube nass ins Glas zurückstellt. —8— sie beim Fernsehen total ignoriert. —9— immer zweideutige Antworten gibt. — 10 — überall, ob zu Hause, zu Besuch oder im Restaurant, nach dem Essen unappetitlich mit dem Zahnstocher in den Zähnen herumstochert.

Übrigens: Auf die Frage an die Verursacher, ob sie sich nicht der Liebe wegen verändern könnten, kam mehrheitlich die Antwort «I gibe mir ja Müeh» oder «Das isch jetzt halt eso».


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Zusammengeblieben

Wenn Gott die Liebe rettet Ein Traumpaar, eine M채rchenhochzeit, ein Happyend. Doch das Leben nach dem Happyend ging weiter. Und die Ehe von Mirjam und Franco Capello steuerte immer mehr auf den Abgrund zu. Bis zu jener Nacht, in der Gott alles ver채nderte.

Text: Res Hubler Fotos: Marc Studer


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Dass sie nicht getrennte Wege gingen, verdanken Mirjam und Franco Capello einem ganz speziellen Znacht in der Pizzeria.


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Zusammengeblieben

D

as Bänkli an der Schüsspromenade. Wer daran vorbei geht ahnt nicht, welchen Stellenwert es im Leben von Mirjam und Franco Capello hat. Denn dort beginnt ihre gemeinsame Geschichte. Bis in die frühen Morgenstunden sassen sie an jenem Abend darauf. Einige Stunden zuvor hatten sie sich beim Znacht bei einer Freundin kennen gelernt. Der 33-jährige, gelernte Autolackierer erzählt Mirjam von seinem turbulenten Berufsleben. Nach einigen Jahren in der Baubranche arbeitet Franco jetzt als Psychiatriepfleger. Die 22-jährige Solothurnerin ist auf Anhieb fasziniert von diesem Mann mit heissem, sizilianischem Blut. Sie findet ihn lustig, witzig, aufregend. Sie selbst ist Pflegefachfrau, keine Berufswahl aus Leidenschaft. Aber ihre Noten reichten nicht, um den Gymer zu machen und Archäologin zu werden. Nach dieser romantischen Nacht auf der Promenadebank treffen sich Mirjam und Franco einige Monate später wieder per Zufall im Bieler Hangout «No Joke». Und aus dem Funken wird ein Feuer. Schliesslich ziehen sie gemeinsam in eine geräumige Wohnung an der Bieler Mittelstrasse 29. Sie sind ein YUPI Paar von gängigem Modell, beide berufstätig, unabhängig, spassorientiert, leben ein Leben zwischen Job, Freizeit und Hobbys. Heiraten, das kommt für Franco eigentlich nicht in Frage. Erfahrungen aus seiner Kindheit haben ihn geprägt. Der Vater, ein sizilianischer Macho mit blauen Augen und schwarzen Haaren, ging oft fremd und betrachtete seine Frau eher als Dienerin denn als Partnerin. Sie musste ihm sogar das im Nebenjob selber verdiente Geld abgeben und ihn dann darum bitten, dass er ihr das nötige Haushaltungsgeld aushändigte. Es kam vor, dass er sie in Anwesenheit der Kinder schlug. Sie trennten sich, als Franco fünf war. So ist Franco selber von sich überrascht, als er spontan und unüberlegt bei einem Nachtessen in der Beiz Mirjams Vater fragt, ob er sich ihn als Schwiegersohn vorstellen könnte. Dieser antwortet mit Ja. Aus der Idee wird Ernstfall. Franco war aus der katholischen Kirche ausgetreten und auch Mirjam hatte eigentlich schon lange nichts mehr mit Kirche am Hut, wollte aber eine richtige Märchenhochzeit. So kommt es zum Kompromiss. Die beiden, sie im modischen Brautkleid und er in Schale, unterzeichneten nach sechs Jahren «Zämesy»

Hier auf dem Bänkli an der Schüsspromenade beginnt die Lovestory von Mirjam und Franco Capello.


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Zusammengeblieben

«Franco blieb die Luft weg, er geriet in Panik. Er kroch auf allen Vieren aus dem Fond des Cabriolets und brach auf dem Trottoir zusammen.»

am 23. September 2005 auf dem Standesamt die schicksalsträchtigen Papiere. Der Prinz hatte seine Prinzessin erobert. Eigentlich hätte das Märchen hier mit einem Happyend enden können. Doch das Leben geht nach einem Happyend weiter. Als Mirjam 33 ist, kommt Ruben, zwei Jahre später Elio auf die Welt. Schon nach der ersten Geburt quittiert sie ihren Job und widmet sich der Familie. Niemand ahnt, dass dieser Schritt eine verheerende Entwicklung auslösen würde. Ihre berufliche Identität und der damit verbundene Selbstwert, kippen weg. Ein spannendes, abwechslungsreiches Leben wurde vom eintönigen Familienalltag abgelöst. Sie fällt in ein Loch. Das ist der Anfang vom Ende für die Beziehung der beiden. Mirjam ist immer unzufrieden, launisch und fordernd. Bewusst oder unbewusst, in Worten oder nonverbal, fordert sie nun von Franco, dass er ihre Defizite kompensiert. Sie erwartet von ihm Bestätigung, Zuneigung, Verständnis und Komplimente. Doch Franco ist damit völlig überfordert. Erst versucht er, Mirjam zu verstehen. Ihr zu helfen. Aber es gelingt ihm nicht. Wie sehr er sich auch anstrengt, nichts fruchtet. Die beiden drehen sich zunehmend in einem Teufelskreis. Durch ihr Verhalten stösst Mirjam Franco von sich, verlangt aber gleichzeitig mehr Nähe, mehr Liebe. Es kommt zu hässlichen Szenen, zum ehelichen Kleinkrieg. Waffenstillstands-und Verhandlungsgrundlage sind nur noch die Belange der Kinder. Beide haben resigniert, stehen am Ende ihrer Möglichkeiten. Mehr als einmal steht das Wort Scheidung im Raum. Der ultimative Scherbenhaufen scheint unausweichlich. Letztes Jahr, am 9. Februar, einen Tag nach Mirjams Geburtstag, erleben sie ihre zweite Nacht auf «dem Bänkli». Diesmal nicht an der Schüsspromenade, sondern einige Meter weiter weg auf einem Bänkli im italienischen Restaurant. Und wie beim ersten Mal passiert auch diesmal ein Treffen der besonderen Art. Die beiden erleben ihre erste, gemeinsame Begegnung mit Gott. Die Kinder sind zuhause, Franco und Mirjam gehen auswärts essen – ohne Hoffnung auf einen gemütlichen Abend. Und dann, völlig unerwartet, aus ihnen völlig unerklärlichen Gründen, besprechen sie, wie sie ihren Buben Glauben und Werte vermitteln wollen. Es entwickelt sich ein Gespräch in unerwartet wohlwollendem Ton und gegenseitiger Akzeptanz. Das ist ein Wunder. Im Nachhinein sagen beide, dass dieser Abend seit langem von Gottes Hand vorbereitet worden war. Doch damals, da fühlen sie nur, dass etwas anders ist als sonst. Ein Frieden umgibt sie, den sie kaum mehr für möglich gehalten haben. Mirjam und Franco bleiben noch lange sitzen, ins Gespräch vertieft. Diesen

fast ‹unmenschlichen› Frieden kennt Franco bereits von früher. Und da – auf dem Bänkli in der Pizzeria – erinnert er sich daran, wie er als Jugendlicher Gott begegnet ist. Als 20-Jähriger hing er häufig mit einer Clique gleichaltriger Secondos herum, kiffte, machte Girls an. Doch plötzlich wurden einige seiner Kollegen komisch. Sie quatschen von Jesus und waren, allem Spott zum Trotz, nicht mehr bei allem dabei. Sie hatten sich in der «église du réveil» bekehrt und waren jetzt «fromm». Franco brach den Kontakt zu ihnen nicht ab, liess sich sogar einmal zum Essen einladen. Und als bei Tisch gebetet wurde, hatte er erstmals eine tiefe, persönliche Erfahrung mit dem heiligen Geist. Ein ihm bisher unbekannter, tiefer Frieden breitete sich in ihm aus. Er dachte sich nicht viel dabei, beobachtete aber aufmerksam die Veränderungen seine Kollegen. Er war beeindruckt. Ein paar Monaten später war er wieder mal mit ein paar Jungs aus der Clique unterwegs. Wie schon häufig hat Franco auch diesmal gekifft. Doch der Effekt war mega krass. Das Zeug fuhr ein wie nie zuvor. Franco blieb die Luft weg, er geriet in Panik. Er

Plötzlich befinden sich Capellos in einem Teufelskreis. Mirjam stösst Franco von sich, erwartet aber gleichzeitig mehr Liebe und Nähe.


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Neues Eheglück: Capellos Beziehung ist nicht nur gekittet, sondern auf einem neuen Level.

kroch auf allen Vieren aus dem Fond des Cabriolets und brach auf dem Trottoir zusammen. Da kniete sich einer der «Frommen» neben ihn und betete. Plötzlich war der Flash weg, alles war schlagartig okay. Der gleiche Frieden wie damals, als beim Tisch gebetet wurde, durchströmte ihn. Danach war Franco Feuer und Flamme für Gott. Er las in der Bibel, betete und erzählte andern von Jesus. Doch nach einiger Zeit flaute die Begeisterung ab. Als er mit Mirjam zusammen kam, waren beide Gott gegenüber sehr neutral eingestellt. Doch die zweite Bänkli-Nacht änderte das schlagartig. So beschlossen Mirjam und Franco, gleich am nächsten Sonntag in eine Kirche zu gehen. Durch Francos Erfahrungen in der Jugend und diesem «göttlichen Frieden» im Restaurant, fühlen sie sich zu Gott und damit zur Kirche hingezogen. Sie wollen aber nicht in irgendeine Kirche gehen. Und da Mirjam schon zweimal ein Musical von ICF Biel besucht hat, schlägt sie vor, ins ICF zu gehen. Beide kennen eine Familie, die bereits ins ICF geht und haben schon einiges gehört und gelesen von dieser jungen, dynamischen Kirche. Heute erinnern sie sich nicht mehr an die Message von damals und auch nicht daran, wer auf der Bühne stand. Aber sie fühlten sich dort auf Anhieb, wohl, willkommen und geborgen. Das wissen sie noch. Nicht, dass sich mit ihrer Gottesbegegnung alle ihre Probleme in Luft aufgelöst hätten, das nicht. Aber im ICF lernten sie

«Nicht, dass sich mit ihrer Gottesbegegnung alle ihre Probleme in Luft aufgelöst hätten, das nicht.»


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Gott immer mehr kennen und erhielten wertvolle Lebenshilfen. Ein Prozess von Heilung, Verstehen und Vergeben hatte begonnen, der bis heute andauert. Ihre Beziehung wurde nicht nur geflickt oder gekittet, sondern auf ein ganz neues, tragendes Fundament gestellt auf dem seither eine tragfähige Ehe und eine gesegnete Familie am Wachsen ist. Wenn Mirjam wegen den Buben im Roten dreht, rastet sie jetzt nicht mehr aus, sondern setzt sich mit ihnen auf den Boden und betet. Das hilft. Wenn Mami betet, werden die Jungs ruhiger. Es ist dann, als ob eine CD gewechselt und eine andere Melodie gespielt würde. Sie hat dann einen ganz andern Approach zur Konfliktsituation und erfreulich oft auch neue,

kreative Ideen, wie sie damit umgehen kann. Ähnlich läuft es jetzt auch zwischen Mirjam und Franco ab, wenn ein Ehegewitter aufzieht. Die Wellen schlagen zwar manchmal immer noch hoch, aber sie richten keinen Schaden mehr an. Bevor es soweit kommt, nehmen sich die beiden ein Timeout, besinnen sich auf Gott und fokussieren sich auf Jesus, der dem Sturm gebieten und die Wellen glätten kann. Sie investieren neuerdings Zeit in ihre Beziehung, nehmen sich bewusster wahr, ermutigen und stärken sich gegenseitig mit Gesprächen und Gebet. Und Mirjam sucht sich nicht mehr Hilfe in der Kinesiologie, sondern geht in die Seelsorge, wo sie Kraft und Rat aus der Beziehung zu Jesus schöpft. Seit sie Jesus ins Boot geholt haben, gibt es bei Capellos einen «Familienrat», meistens sonntags. Sie nehmen sich Zeit um

zuzuhören und zu erzählen. Jedes Familienmitglied berichtet, was es bewegt, was es nervt und was freut. Gegenseitige Mercis und Bravos stellen auf, aber auch konstruktive Kritik hat Platz. Jesus sagt: «Siehe ich mache alles neu.» Off. 21.5. An der Mittelstrasse 29 ist er mächtig am Werk! Während dem Herbst-Camp 2013 in Spanien, liessen sich Franco und Mirjam taufen und gehören seither zur ICF Family, zu God’s Family. Gott sei Dank!  ●

Nach der Geburt von Elio und Ruben fällt Mirjam Capello in ein tiefes Loch. Doch Gott selbst begegnet ihr und verändert die Familie.


A N A T A O A I S H I T E R U

あ な た を 愛 し て

I C H L I E B E D I C H


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Eine Liebesgeschichte wie in einem romantischen Schnulzenfilm: Japanischer Jungspund trifft braves Schweizer Meitschi. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Und sie leben glücklich bis an ihr Lebensende. Das ist kein Märchen, sondern die Geschichte von Shinji und Esther Tanaka.

Text: PRS Fotos: 田中

J

In stundenlanger Übersetzungsarbeit hat Shinji Esther Dutzende Briefe geschrieben.

apaner trifft man in der Schweiz vor allem in Luzern, Interlaken und auf dem Jungfraujoch. Meist Touristen. Auch Shinji Tanaka kommt vor bald vierzig Jahren in die Schweiz. Allerdings nach Schaffhausen. Und nicht als Tourist, sondern als Koch. Sein Spezialgebiet in Japan ist die europäische Küche. Der junge und ambitionierte Mann träumt davon, seine Passion vor Ort zu perfektionieren. Bei mehreren Hotels hat er sich um eine Stelle als Koch beworben, doch nur in Schaffhausen öffnete sich eine Tür. Ein Hotel bietet ihm eine Stelle an und beschafft Shinji eine Arbeitsbewilligung für sechs Monate. Dass er hier seine grosse Liebe kennen lernen, fünf Kinder haben und mehrere Restaurants führen würde, damit rechnet der damals 23-Jährige wohl kaum. «Er war gleich mein Traummann», erinnert sich Esther Tanaka an ihr erstes Zusammentreffen mit Shinji. Die damals 20-Jährige arbeitet in einem edlen Warenhaus. Von dort aus sieht sie Shinji, der während seiner Zimmerstunde häufig durch die Stadt spaziert. Manchmal mit einem Softeis in der Hand. Er fällt ihr sofort

auf. «Erst hielt ich ihn für einen Touristen, der die Stadt bald wieder verlassen würde», sagt sie, «Doch bald stellte ich fest, dass er immer etwa um 14.00 Uhr auftauchte. Mit der Zeit erwartete ich ihn dann schon.» Glücklicherweise arbeitet Esther in der Chemiserie. Das Angebot an Hemden, Socken und Unterwäsche bietet Shinji einen Vorwand, in der Abteilung zu verweilen. Denn auch er ist auf Anhieb bezaubert von der hübschen Esther. «Ein Blick genügte, und ich bin schwach geworden», so beschreibt er den Moment, als er erstmals an ihrer Kasse steht und etwas kauft. «Immer wieder hat er Socken bei mir gekauft. Ab und zu auch ein T-Shirt. Aber nie hatte er den Mut, mich anzusprechen. Ich wartete immer darauf, dass er etwas sagen würde.» Esther denkt kurz nach. «Mir wäre es nie eingefallen, den ersten Schritt zu machen, ihm ein Zeichen zu geben. Das hat man als Frau damals nicht so gemacht. Zudem war der Zeitpunkt ungünstig: Ein paar Wochen später wollte ich für ein Jahr nach England gehen.» Irgendwann jedoch ist die Leidenschaft zu gross. Shinji fasst den Entschluss, keinen weiteren Tag verstreichen zu lassen. «Mein Herz brannte», sagt er, «Ich wusste, dass ich etwas machen muss. Einem Arbeitskollegen hatte ich von der Frau erzählt, die mir so gut gefiel. Der


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suchte mir die Telefonnummer des Ge- Dort ist es Tradition, dass die Kinder für schäfts heraus und riet mir, sie anzurufen. ihre Eltern sorgen, wenn diese alt geworAber Esther hat nie abgenommen.» Also den sind. Als ältestes Kind und einziger setzt sich Shinji auf eine Bank vor dem Ge- Sohn seiner Eltern wäre Shinji traditionell schäft und wartet, bis niemand in Esthers dazu verpflichtet. Als klar ist, dass er nicht Nähe ist. Mutig spricht er Esther an und mehr nach Japan zurückkommt, springt fragt sie: «Haben Sie heute Abend Zeit?» Die hat sie. Doch das junge Liebesglück wird bald auf die Probe gestellt. Kaum hat die Beziehung der beiden begonnen, muss Esther bereits die Koffer packen. Shinji hätte sie gerne nach England begleitet, findet dort aber keinen Job. So reist er nach ein paar Monaten zurück nach Japan. Bei manchen Paaren wäre eine so junge Liebe vermutlich an der Distanz zerbrochen. Nicht bei diesen zwei. In seiner freien Zeit setzt sich der zielstrebige Shinji Shinjis Schwester ein: Sie ist bereit, seine hin und schreibt seiner Esther Briefe. Im- Aufgabe zu übernehmen. mer wieder muss er nach dem Wörterbuch Und wieder läuft eine Arbeitsbewilligreifen, um seine Gefühle und Gedan- gung aus. Damit Shinji in der Schweiz bleiken von Japanisch auf Deutsch zu über- ben kann, heiraten die beiden. Shinji ist zu setzen. «Er hat mir drei Briefe pro Woche diesem Zeitpunkt 25 Jahre alt, Esther 22. geschickt. Ich habe eine ganze Schuh- Rückblickend meint sie dazu: «Eigentlich schachtel voll. Einmal schrieb er am Ende haben wir uns da noch gar nicht gut geeines Briefs, dass er fünf Stunden daran kannt. Aus heutiger Sicht ist es für mich gesessen habe. So habe ich gemerkt, dass ein Wunder, wie unsere Geschichte weier es wirklich ernst meint mit mir.» tergegangen ist.» Esther hat schon immer davon geträumt, zu heiraten und Kinder zu haben. Ein weisses Kleid und eine feierliche Trauung in der Kirche sind ihr wichtig, auch wenn ihr der christliche Glaube wenig bedeutet. Im Vorbereitungsgespräch fragt der Pfarrer Shinji: «Woran glauben sie?» – «An nichts.» antwortet dieser wahrheitsgemäss. «Dann weiss ich nicht, ob ich Sie trauen kann.» Mit dem Segen des Präsidenten in Zürich wird eine kirchliche Zeremonie dann doch möglich. Tanakas Hochzeitspläne geben sich das Ja-Wort bei einer schönen, Im Frühling 1976 kommt Esther schlichten Feier mit gerade einmal dreischliesslich zurück in die Schweiz. Kurz zehn Gästen. Ein grösseres Fest können darauf landet auch Shinji wieder auf sie sich finanziell nicht leisten. dem Flughafen in Zürich. Die beiden suchen eine gemeinsame Wohnung und Herausforderungen im Alltag ziehen zusammen. Esthers Eltern haben Mit der Hochzeit sind die turbulenten zuerst Vorbehalte, als sie von Shinji hören. Zeiten nicht vorbei. Shinjis Arbeitsvertrag «Nachdem sie ihn aber kennengelernt hat- in Schaffhausen geht zu Ende. Er findet ten, sagten sie mir: Wir verstehen dich, eine Stelle in Bern und zieht dort hin. Esdas ist wirklich ein flotter, netter Mann.» ther bleibt aus beruflichen Gründen noch Auch Shinjis familiäre Situation in Japan ein halbes Jahr in Schaffhausen und kann bringt einige Schwierigkeiten mit sich. ihm erst später folgen.

彼 は い つ も 靴 下 を 買 う だ け で 、 私 に 話 し か け る 勇 気 が な か っ た 。 a

E R W A R G L E I C H M E I N T R A U M M A N N

Da Shinjis Arbeitsbewilligung abläuft, heiraten die beiden. Shinji ist 25, Esther 22 Jahre alt.


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彼はいつも靴下を買うだけで、私に話しかける勇気がなかった。

I M M E R W I E D E R H A T E

A B E R N I E

R S O C K E N B E I

H A T T E E R D E N

M I R G E

M U T ,

K

M

A

I C

U F T .

H A N Z U S P R E C H E N .

Vor seinem Aufenthalt in der Schweiz hat Shinji nur Japanisch gesprochen. In den ersten Jahren ihrer Ehe gibt es viele sprachliche Hürden zu überwinden. «Manchmal kann ich immer noch nicht genau formulieren, was ich sagen möchte.» Witze sind bis heute schlimm für ihn.» «Wenn ich nichts verstanden habe und alle anderen lachen. Ich kann ja nicht dreioder viermal nachfragen.» 1978 geht Esthers Traum vom Mutterwerden in Erfüllung: Yuji wird geboren. In den nächsten sieben Jahren wächst die Familie um drei weitere Söhne, Kenji, Seiji und Michio an. Mit etwas Abstand folgt 1992 ein weiteres Wunschkind, Nesthäkchen Naomi.

Mit seinem geringen Einkommen als Koch hat Shinji eine grosse Familie zu versorgen. Früh morgens verlässt er das Haus, abends kommt er spät nach Hause. Ihm bleibt ihm nur wenig Zeit für seine Kinder. Manchmal sieht er sie eine Woche lang kaum. In der Schweiz wächst das Interesse an japanischem Essen. Shinji hat bisher nur europäisch gekocht. Nun wird er öfters gebeten, Speisen aus seinem Herkunftsland zuzubereiten. Seine Schwester schickt ihm japanische Kochbücher. Mehr und mehr entwickelt er sein neues Spezialgebiet. 1996 schafft er den Schritt in die Selbstständigkeit. Andere Mütter hätten mit der Betreuung von fünf Kindern und der Organisation eines entsprechend grossen Haushalts mehr als genug zu tun. Esther tickt anders: «Ich wollte Leute aufnehmen, denen es im

Grindelwald 1977. Den spontanen Ausflug machten Tanakas zur Feier von Esthers Schwangerschaft.


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Leben nicht so gut ging wie uns.» So öffnet sie ihr Haus für Menschen, die nach einem Drogenentzug ein vorübergehendes Zuhause suchen. Zweimal kommt eine Mutter mit Kind, einmal findet ein Mann Unterschlupf bei Tanakas.

Trotz kultureller Unterschiede, fünf Kindern und stressigem Beruf, sind Tanakas heute seit 38 Jahren verheiratet.

Und dann kam Gott ins Spiel Esther und Shinji haben zu Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte keinen Bezug zum christlichen Glauben. Blicken sie heute zurück, sehen sie in vielen Episoden Gottes Führung. Esther nennt ein Beispiel: «Während ich in England war, musste Shinji ausreisen. Er plante aber einen weiteren Arbeitseinsatz in Schaffhausen. Dem Hotel teilte er per Post aus Japan mit, wann er wieder kommen würde. Das Hotel schrieb zurück, dass er nicht mehr kommen könne, weil sie keine Arbeitsbewilligung mehr für ihn bekämen. Dieser Brief kam jedoch erst einen Tag nach seinem Abflug in Japan an. Shinji hat ihn nicht mehr gesehen. Er wäre sonst nicht wieder in die Schweiz gekommen und dadurch hätte auch unsere Beziehung keine Zukunft gehabt.»

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Esthers Eltern entscheiden sich während einer Predigt des deutschen Evangelisten Wilhelm Pahls zu einem Leben mit Gott. Das bewirkt, dass Esther sich mit mit dem neuen Glauben ihrer Eltern auseinandersetzt. Was sie erfährt, überzeugt sie und so bittet sie 1981 Jesus darum, zum Mittelpunkt ihres Lebens zu werden. Shinji ist nicht begeistert vom Gedanken, nun eine fromme Frau an seiner Seite zu haben. «Aber ich habe Esthers Eltern bewundert. Nach ihrer Entscheidung für den Glauben haben sie sich sehr positiv verändert. In Japan habe ich so eine radikale Umkehr bei Menschen nie erlebt. Ich merkte: Da ist etwas versteckt in diesem Glauben, in der Bibel.» Er beginnt die Bibel zu lesen und christliche Bücher in japanischer Sprache. Sein Interesse wächst. Schliesslich entscheidet er sich an einem christlichen Grossanlass, ebenfalls Christ zu werden. «Ich hatte noch viele Fragen. Aber ich wusste, ich muss nicht jetzt alle Antworten haben. Ich wollte einfach mal diesen Schritt machen.» Shinji erzählt seiner Schwester in Japan von seinem neuen Glauben, diese informiert seine Eltern. Sie sagen zwar, es sei ihnen egal, was er glaube. Sie wollen aber nichts darüber hören. Dass Shinji nun keine Opfer mehr auf den Altar der Verstorbenen legt, wenn er zu Besuch kommt, akzeptieren seine buddhistischen Eltern. Der Glaube gibt der Beziehung von Esther und Shinji ein neues Fundament. Nebst den kulturellen Unterschieden haben sie nun etwas, was sie verbindet. Dadurch wird vieles einfacher. «Ohne unseren Glauben wären wir vermutlich nicht mehr zusammen», sagt Esther, «Jeder hätte irgendwann nur noch für sich geschaut. Und Shinji wäre vielleicht nach Japan zurückgekehrt.» Erfahrung aus 38 Jahren Ehe Shinji hat durch den Glauben mehr Verständnis für Esther entwickelt. «Ohne Jesus ist man blind und egoistisch, man setzt sich selbst an die erste Stelle.» Es ist ihm wichtig geworden, Dinge auch aus Esthers Sicht zu betrachten, sie höher zu achten als sich selbst. Dabei ist es immer wieder nötig, dem anderen zu vergeben. Weiss er in einer Sache nicht weiter,


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Binational

geht er zu Gott und bittet ihn um Hilfe. Es wäre schlimm, im Streit auseinander «Es geht darum, den anderen immer wie- zu gehen und dann kommt der Partner der glücklich zu machen. Nicht nur einmal. nicht mehr heim.» In all den Jahren hat Man soll es immer wieder probieren.» Für sie Shinjis Grosszügigkeit sehr geschätzt. Shinji wird eine Beziehung auch dadurch «Er war zwar zeitlich sehr engagiert, aber am Leben erhalten, dass man attraktiv ich hatte immer seine moralische Unterbleibt für seinen Partner und sich gut stützung. Wenn man so lange zusammen pflegt. Und dass man der Freude aneinan- ist wie wir, kennt man einander. Auch alle der mit Komplimenten Ausdruck verleiht. Schwachstellen. Esther ist sehr dankbar für ihre Ehe: Esther und Shinji sind zuvorkommen«Wir haben es so schön zusammen, das de und aufmerksame Gastgeber. Ihre ist einfach ein riesiges Geschenk von Beziehung wirkt harmonisch. MeinungsGott.» Schwierigkeiten in der Ehe ent- unterschiede haben sie nie vor den Kinstanden nicht selten durch die kulturel- dern ausgetragen, sondern in Ruhe zu len Unterschiede. Es bestand auch immer zweit besprochen. Ihrer Erfahrung nach wieder die Gefahr, dass Shinjis Beruf ihn lösen sich viele Konflikte von selbst, wenn zu stark einnahm. Esther gab ihm dann man einander Zeit und Raum lässt. zu verstehen, dass sie auch noch da war. Esther holt Fotos hervor, die sie und Umso mehr freut sie sich jetzt auf gemein- Shinji als junges Paar zeigen. An der Wand same Unternehmungen. Shinji ist nun im Flur hängen Hochzeitsporträts alnämlich daran, sein berufliches Engage- ler Söhne. Esther zeigt ein aktuelles Bild. ment zu reduzieren. Hier sind Shinji und sie mit ihren KinVergebung ist für Esther zentral, da- dern, Schwiegertöchtern und sechs Grossmit eine Ehe gelingen kann. «In der Bibel kindern – mittlerweile sind es bereits habe ich einmal einen besonderen Vers sieben – zu sehen. Es gäbe diesen Clan entdeckt: «Lass die Sonne nicht unterge- nicht, wenn Shinji damals nur ein weitehen, ehe du verzeihst.» Es ist so wichtig, res Paar Socken gekauft hätte, ohne Esther vor jedem Abschied Frieden zu machen. anzusprechen.  ●

Das kann passieren, wenn man einem Japaner Socken verkauft: Der Tanaka-Clan heute.


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Worship

Schweizer Jodler — Ich kann ich dreistimmig singen: Laut, falsch und mit Begeisterung. Hallo, ich bin neu hier — Und hätte gerne ein Geschenk. Fernseher tragen — SRF schaue ich am liebsten auf einem Grossbildschirm.

Anbetung mit Haltung Text: Duo Shabernak Meine Forelle war so gross — Ich lasse meinem Nachbar keinen Platz zum worshippen. Erster Disco Besuch — Ich habe Mühe, dem Text zu folgen und wirke etwas verhalten. Service Fachangestellter — Die Fünf-Sterne-Bedienung von James.

Glorriich – So heisst die neue CD von ICF Bern Music. Anlässlich zum Release erklärt Duo Shabernak die wichtigsten Worship-Moves. Anbetung oder eben «Worship» ist in erster Linie eine Herzensangelegenheit. Doch Gefühle wollen auch gelebt werden. Die Möglichkeiten, dem inneren Bewegtsein Ausdruck zu verleihen, sind fast grenzenlos. Daher anbei nur ein kleiner, aber feiner Auszug aus dem Repertoire der Worship-Moves.

Hände hoch — der Schweizer Tatort Fan. Der Patriot — Ich bin ein William Wallace Fan. Der Streber — Ich weiss es!

Der Kleiderständer — Hüte, Jacken? Hier könnt ihr alles aufhängen. Decke streichen — Ich male im Takt. Rocky — YB ist endlich Schweizer Meister!


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71 Fragen an...

Daniela Duske Interview: CHA Fotos: Christina Mäder

Angebissen liegt die Hefeschnecke auf dem Teller. Über eine Stunde hat Daniela Duske (33) Fragen beantwortet. Dabei viel gelacht und häufig nachgedacht. Die gebürtige Deutsche ist seit 2003 in der Schweiz, arbeitet 60% auf der Baby-Intensivstation und ist mit einem 40-Prozent-Pensum im ICF Bern für den Bereich Jüngerschaft angestellt. Die Powerfrau beichtet ihre Jugendsünde, spricht über Trash-TV und ihre Leidenschaft für Gott und Menschen.


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71 Fragen an...

Woher kommst du?

Aus Hassenhausen (D). Was wolltest du als Kind werden?

Das habe ich in jedes Freundschaftsbuch reingeschrieben: Säuglingsschwester. Was bist du geworden?

Kinderkrankenschwester. Das heisst diplomierte Pflegefachfrau. Seit zehn Jahren arbeite ich auf einer Säuglingsund Kleinkindabteilung. Gefällt dir deine Arbeit?

Sehr.

Was ist toll daran?

Im Spital mag ich das Teamwork und Menschen zu helfen. Auch das praktische Arbeiten wie Säuglinge zu betreuen, Eltern anzuleiten, zu beraten. Im ICF liebe ich ebenfalls die Arbeit mit Menschen. Sind das nicht etwas viel Menschen?

Doch, darum brauche ich auch meine Ruhe zwischendurch. Wie sieht Ruhe bei dir aus?

Das Handy ist aus. Ich gehe viel laufen oder bin alleine in der Wohnung am Grümschelen. Höre Worship-Musik. Auch bewusst mit Freunden oder Familie abmachen. Dein bester Moment in dieser Woche?

Die Testimony-Runde am Get-Free-Weekend. Du gehst an so ein Weekend, gibst das, was du geben kannst, hast ein Teaching vorbereitet, dafür gebetet, bist als Team dafür eingestanden. Und wie Gott mit seiner Kraft dann wirkt. Wie Menschen befreit werden, Heilung erleben – das ist toll.

Lebst du dein Leben?

Ja. Ich wollte immer weg von da, wo ich herkomme. Immer in die Mission und in einem anderen Land leben. Ich liebe meine Jobs. Ich lebe wirklich meinen Traum, seit Jahren eigentlich schon. Würdest du dein Lebenskonzept wieder so wählen?

Ich mache einfach, was Gott mir vor die Füsse legt und versuche, ein Leben zu leben, das ihn ehrt. Mein Wunsch ist, einen Partner und eine Familie zu haben – und das wird eines Tages so sein. Was ist dein häufigstes Gebet?

Herr, gib mir Weisheit! Und: Gib mir Wachheit und Konzentration für meine Arbeit. Vers des Lebens?

Jeremia 29, 13, mein Taufvers: «Wenn ihr mich sucht von ganzem Herzen, werde ich mich finden lassen.» Warum bist du im ICF?

Als ich neu in Bern war, fand ich es praktisch, dass es morgens und abends einen Gottesdienst gab. Die Vision (Menschen in eine persönliche und wachsende Beziehung mit Jesus führen) hat mich von Anfang an begeistert. Warum glaubst du an Jesus?

Weil er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Was liegt – ausser der Bibel – auf deinem Nachttisch?

Ohropax, ein Glas Wasser, ein Buch und eine Nachtischlampe. Die Bibel liegt auf dem Küchentisch. Wen magst du besonders gerne?

Meine Freunde, meine Familie.

Wo verstehst du keinen Spass?

Mit wem und über was hast du das letzte Mal gestritten?

Bei grossen, schwarzen Spinnen. Da hört der Spass auf. Ausserdem nervt mich lauwarmes Christsein. Und Ungerechtigkeit.

Wahrscheinlich mit einem Assistenzarzt. Über falsche, schlechte oder unleserliche Verordnungen.

Gehst du oft alleine essen?

Ich bin schon ein bisschen stolz drauf, dass ich als 21Jährige ganz alleine in ein fremdes Land ausgewandert bin. Ich kannte keine einzige Person und habe jetzt ein Daheim und Freunde hier.

Worauf bist du stolz?

Niemals. Ich kaufe höchstens ein Sandwich und esse es auf der Parkbank. Aber das ist auch das höchste der Gefühle. Bist du gerne mit dir alleine zusammen?

Nicht ungerne, aber auch nicht gerne. Was macht dich aus?

Ich bin blond, komme aus Deutschland. Ich liebe Menschen, liebe Jesus. Gehe gern Reisen. Lache gerne, bin direkt. Man sagt mir, ich sei der Anker im Sturm, der ruhende Pol. Meine Arbeitskollegen im Spital machen immer Sprüche, dass es immer so ruhig sei, wenn ich da bin. Was kannst du besonders gut?

Ich kann Leuten sehr gut das Gefühl vermitteln, dass sie willkommen sind. Egal wo. Daheim, im Spital, in der Kirche. Was ist der grösste Irrglaube um deine Person?

(Lacht) Daniela sei immer gut drauf. Ich hätte nie Probleme. Und mich würde nichts stressen. Das ist der grösste Irrglaube überhaupt. Hörst du auf deinen Bauch oder deinen Kopf?

Beides. Ich weiss, dass ich mich auf meine Intuition verlassen kann, ich denke aber auch mit dem Kopf. Ich bin ein sehr praktisch veranlagter Mensch.

Warum die Schweiz?

Weil ich hier eine Stelle fand. Ich hatte mich in den grossen Kliniken beworben und wollte eigentlich ans Meer, sprich nach Hamburg oder in eine grosse Stadt, Berlin. Dann bin ich in Bern gelandet und geblieben. Hast du etwas verstanden als du hierher gekommen bist?

Die ersten drei Monate fast nichts. Dann sind wir ein ganzen Wochenende lang mit dem Team in ein Berghüttli gegangen und alle haben nur Schweizerdeutsch gesprochen. Seither verstehe ich’s. Deine allererste Begegnung mit dem Schweizerdeutschen?

Das weiss ich noch ganz genau. Als die Arbeitskollegin einem Kind die Herz-Kurve erklärt hatte, erklärte sie ihm die Zacken mit «Das sind die Gipfeli». Ich stand daneben und dachte nur: «Ach du Scheisse». Wo würdest du leben, wenn nicht hier?

Ich könnte mir viele Orte vorstellen, aber weiss auch um den Preis, ein Daheim zu verlassen und ein neues aufzubauen. Darum weiss ich nicht, ob ich nochmals weg will.


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Wann wirst du oberflächlich?

Wenn ich müde bin oder mein Gegenüber mich nervt oder langweilt. Zwei Komplimente, die du oft hörst?

Meine Ausstrahlung und meine ruhige Art. Was kopierst du von andern?

Kleiderkombinationen und Rezepte. Was mich in Predigten inspiriert, kopiere ich für Teachings oder Kollektenansagen. Womit haderst du?

Ich hadere im Bezug auf meine Aufgaben im ICF oft mit der Frage, wieso viele Christen nicht in der ganzen Fülle leben, die Gott für sie bereit hat. Und warum im Glauben gefestigte Leute nicht Verantwortung übernehmen und sich in andere oder in die jüngere Generation investieren. Das beschäftigt mich momentan sehr. Was machst du, wenn du wütend bist?

Ich höre Musik, die ein bisschen härter ist oder ironisch. Die Toten Hosen zum Beispiel. Und ich rufe jemanden an oder backe. Wann warst du das letzte Mal unfreundlich?

Gestern Abend beim Smalltalk mit einem Gegenüber, das so einsilbig war mit seinen Antworten. Zwei sinnlose Tätigkeiten, die du gerne ausübst?

Trash-TV gucken: Germanys next Topmodel, ARD- und ZDF-Vorabendserien liebe ich, Tatort gucken, allen Quatsch, den es gib. Janke, Rach der Restauranttester. Und Fingernägel knabbern.

71 Fragen an...

Was bedeutet Freiheit für dich?

Sehr, sehr, sehr viel. Freiheit ist mir sehr wichtig. Ich bin sehr gerne frei und geniesse es sehr, bestimmen zu können, wann ich aufstehe und so. Ich frage Gott immer, ob ich die Freiheit zu sehr liebe. Wann warst du das letzte Mal mutig?

Ich habe Höhenangst, Angst vor Spinnen und Tieren allgemein. Und diesen Situationen setze ich mich gar nicht aus. Hingegen andere Dinge, wo andere Mut bräuchten, die fallen mir leicht. Vor Leuten reden, grosse Arbeitspensen bewältigen, sowas. Bist du manchmal unmoralisch?

Ich halte mich nicht so gerne an Regeln. Ausserdem bin ich schlecht in der Mülltrennung. Gibt es Situationen, in denen du so tust, als hättest du nichts gesehen?

Ja. Kürzlich hat eine Freundin ihr iPhone bei mir liegen gelassen. Ich habe es erst gemerkt, als sie schon gegangen ist. Ich war zu faul, um ihr nachzurennen und hab gewartet, bis sie wieder unten geklingelt hat. Was machst du regelmässig, obwohl du dabei ein schlechtes Gewissen hast?

Essen, was ich nicht essen sollte – zuviel Süsses. Wirst du gerne älter?

Das kann man ja nicht aufhalten... gerne? Wer wird schon gerne älter, man wird's einfach. Wie möchtest du sterben?

So wie alle. Kurz und schmerzlos.

«Ich halte mich nicht so gerne an Regeln. Ausserdem bin ich schlecht in der Mülltrennung.»


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71 Fragen an...

Welches Buch liest du zur Zeit?

«Das Vaterherz Gottes» von Geri Keller. «Alle können prophetisch reden» von Steve Thomson. «Jesus is» von Judah Smith. Ein historischer Roman. Ausserdem lese ich täglich Kochbücher. Zum Entspannen. Wie liest man Kochbücher?

Man blättert sie durch, schaut die Bilder an und überlegt, ob man das kochen will. Wovon träumst du?

Weltfrieden (lacht). Dass jeder, der in unsere Kirche kommt, sich von Anfang an willkommen fühlt. Als ein Ort, wo man Gott erlebt und gerne wieder hingeht. Wie unterscheidest du dich von deinen Eltern?

Ich reise lieber, leihe lieber Dinge aus sie. Zuhause muss ich fragen, ob ich das Auto benutzen oder die Spülmaschine ausräumen darf. Da bin ich wesentlich flexibler. Vom Äusseren her habe ich doch die Beine meiner Mutter geerbt. Verstehen deine Eltern, was du arbeitest?

Ja, ich rede vor allem mit meiner Mutter viel darüber.

Wie viele Mails kriegst du pro Tag?

Fünf.

Deine Jugendsünde?

Hast du ein Ritual?

Ich höre immer WorshipMusik im Badezimmer. Habe ein Glas Wasser neben dem Bett. Bete auf dem Arbeitsweg. Checke regelmässig Instagram. Und putze die Zähne drei- bis viermal täglich. Dein intensivstes Erlebnis?

Das war, als ich frisch auf der Abteilung begann. Ich war unerfahren und eines Nachts nur mit einer Schülerin auf der Station. Da hatten wir ein Kind, dessen Zustand sich konstant verschlechterte und eine Ärztin, die unsicher und schlecht gelaunt war. Und ich dachte, dass mir das Kind stirbt. Das war wirklich eine ganz schlimme Erfahrung. Am Morgen bin ich wirklich heulend nach Hause. Eine solche Situation ist mir in den zehn Jahren einmal passiert. Wie trinkst du deinen Kaffee?

Mit viel Milch. Ich habe gerne grosse Kaffees.

Was weiss kaum jemand über dich?

Wie viel Geld auf meinem Schweizer Bankkonto ist.

Bist du stolz auf deine Eltern?

Ja. Dass sie immer noch verheiratet sind. Dass meine Mum so dran ist. Sie hat es nicht so einfach, aber sie bleibt dran und hält durch. Wirst du als Person missverstanden?

Was gibt's, wenn du kochst?

Häufig Aufläufe.

Was sollte man bei dir vermeiden?

Mich fragen, ob ich Ski fahre. Und warum ich es nicht lernen will.

Zu früh viel zu viel Alkohol am Wochenende. Man könnte auch sagen: Komasaufen auf dem Dorfplatz an der Bushaltestelle. Was müssten Frauen mehr wissen?

Dass sie geliebt sind, egal wie die Umstände sind. Und dass sie berufen und begabt sind, ihren Platz in der Welt einzunehmen. Was müssten Männer mehr wissen?

Dass sie von Gott berufe und geliebt sind. Dass es an ihnen ist, Verantwortung zu übernehmen für sich selbst und für andere. Was sollten Männer generell nicht haben?

Die ganze Zeit von sich reden, ohne Punkt und Komma. Wann hast du schlaflose Nächte?

Wenn mich ein Gespräch aufgewühlt hat, wenn ich mich ungerecht behandelt fühlte. Wenn mich jemand sehr beschäftigt. Oder nach der Nachtschicht, aber da nehme ich Schlaftabletten. Wann ist ein Christ «gut»?

Wenn er weiss, dass er nichts aus sich selbst heraus tun kann. Sondern einfach aus der Gnade Gottes lebt.

Was ist ungerecht?

Dass Kinder krank auf die Manchmal. Weil ich als Auslän- Welt kommen. derin hier lebe. Weil ich Single bin. Als Frau in einer Leitungs- Dein grösster Luxus? position in der Kirche. Mein Auto und meine Reisen. Im Spital verstehen sie nicht, warum ich plötzlich reduziere, Wohin geht es als nächstes? um in der Kirche zu arbeiten. Nach London.

Worüber würdest du predigen?

Über Gottes Wesen und unsere Berufung als Christen.

Dein Lieblingspreacher auf dem Erdball?

Bobby Houston. Sie ist mega lustig, hat Tiefgang, hat eine mega Autorität und liebt Jesus und die Menschen von ganzem Herzen. Dein Worstcase-Szenario als Leiterin?

Dass keine neuen Menschen zum Glauben kommen. Und dass wir aufhören, als Kirche in die nächste Generation zu investieren. Welches Ministry liegt dir am meisten am Herzen?

Der ganze Welcome-Bereich. Weil mir wichtig ist, dass Menschen sich in der Kirche wohl fühlen. Dein nächster Termin?

22.30 Uhr, Nachtschicht.


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ICF Rom

Rom retour Im Vertrauen auf Gott ziehen Gassmanns mit ihren vier Kindern von Zürich nach Rom. Sie wollen ein neues ICF gründen. Alles ist gut aufgegleist. Doch jetzt, ein Jahr später, kehren sie ernüchtert in die Schweiz zurück.


ICF Rom

Text: Thirza Schneider Fotos: Pierre Berchtold

V

or etwas mehr als einem Jahr wanderten Marina (38) und Danny (39) Gassmann nach Italien aus. Mit dabei die vier Kinder zwischen zwei und zehn Jahren. Es war ein grosses Abenteuer für die Familie. Ausser Marina – sie ist Halbitalienerin – sprach keiner Italienisch. Sie hatten in Rom weder Familie noch Freunde. Doch sie wussten: Das ist Gottes Weg für sie. Die Italien-Geschichte von Gassmanns begann Anfang 2012. Nach 16 Jahren Mitarbeit im ICF Zürich merkte Danny, dass etwas Neues kommen sollte. Er betete. In Psalm 1 las er, dass wenn man für die Nationen bete, Gott sie einem geben werde. Im Witz sagte er zu Marina: «Warum gehen wir nicht nach Italien und beginnen dort ein ICF?» Marina nahm diese Aussage ernst und mit ins Gebet. Drei Monate später kam Leo Bigger, Senior Pastor des ICF Zürich, auf die beiden zu. Er fragte, ob sie nicht in Italien ein ICF gründen wollten. Das war für Gassmanns ein Zeichen. Ab Januar 2013 flog Danny, manchmal mit Marina und manchmal alleine, an zwei Wochenenden im Monat nach Rom. Er traf sich mit Leuten, die ihre Vision teilten. Mitte Juli zügelte schliesslich die ganze Familie nach Rom. Vom ICF Movement unterstützt, begannen Gassmanns, Kirche zu bauen. «Der Start war sehr verheissungsvoll», sagt Danny heute. Über eine Schweizerin, die in Rom studierte und ihr Haus für sie öffnete, kamen sie rasch in Kontakt mit Leuten. «Schon bald entschieden sich zwei junge Männer für Jesus und zwei Menschen konnten wir taufen», sagt Danny. Nach dem KickOff-Weekend mit der ICF Zürich-Crew starteten sie mit wöchentlichen Celebrations an den Sonntagen. «Wir haben Worship und eine Predigt gemacht, Videoclips hergestellt und so weiter. Für drei oder vier Menschen gaben wir Sonntag für Sonntag alles – unser Herz und unseren Ausdruck von Liebe und Qualität.» Trotzdem war die Bilanz ernüchternd. Maximal acht Menschen kamen an die Celebrations. Und das auch nur, weil drei Besucher aus der Schweiz und zwei aus Deutschland da waren. Dass sich im sichtbaren Bereich so gar nichts bewegte, war für die Familie nicht einfach. Die Kinder wunderten sich, warum niemand kam. Der älteste Sohn, Romeo, wollte nach zwei Monaten nicht mehr kommen. Für ihn bedeutete Kirche Menschen, die kamen und berührt wurden; eine laute, pulsierende Kirche, in der immer etwas läuft. Und das erlebte er im neuen ICF Rom nicht. «Rom ist die Hochburg des Katholizismus», sagt Danny, «Es ist wunderschön. Jedoch alt, traditionell und engstirnig. Die Menschen glauben zwar an das Christentum, kennen aber nicht eine freimachende Freundschaft mit ihrem Schöpfer. Dies bemerkten wir auch in den Freikirchen dort. «Danny hat sich mit verschiedenen Menschen und Pastoren in Rom getroffen, um die Vision von ICF vorzustellen. Das Interesse war jedoch sehr gering. In Rom und Umgebung gibt es laut Danny rund 90 Freikirchen mit je 30 bis 100 Besuchern. «Diese Kirchen hüten ihre Schäflein», sagt er, «warnen sie sogar vor anderen

Dass Jesus Pornostars und sowieso die Menschen kompromisslos liebt, hat Danny erst so richtig verstanden, seit er in Italien war.

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Kirchen. Die Kirchen sind untereinander so zerstritten über theologische Sachen, das kann man sich gar nicht vorstellen.» Und so bleiben die Kirchgänger, welche grossen Respekt vor ihrer Kirche und ihrem Pastor haben, in ihren Kirchen, denn: alles andere könnte ja gefährlich sein. «Es war ein sehr schwieriges Jahr für unsere Familie», sagt Danny. Nicht nur, dass im ICF Rom nichts geschah. Die Kinder litten in der neuen Schule. «Praktisch jeden Morgen haben sie geweint.» Sie auf eine internationale Schule zu schicken, kam finanziell nicht in Frage. Zudem hatte Marina mit ihrer Gesundheit zu kämpfen. Und so traf die Familie Gassmann die schwierige Entscheidung, nach knapp einem Jahr Rom wieder zu verlassen und ins Tessin zu ziehen mit dem Ziel, dort ein italienischsprachiges ICF zu gründen. «Ich wollte nicht weg», sagt Danny, «aber ich habe zuallererst eine Verantwortung für meine Frau und meine Kinder. Ich sah in Rom keine unmittelbare Zukunft für unsere Familie und unser Projekt.» Ein harter Entscheid für Gass-

« Es geht nicht darum, Menschen zu versammeln, sondern Menschen aufzubauen. » manns. «Es brauchte brutale Demut,» sagt Danny, «Ich bin nicht der Typ, der aufgibt. Ich habe mich schon gefragt, wo mein Glaube ist. Alles ist doch möglich mit Gott! Ich glaube wirklich, dass Gott uns geführt hat, und wir verstehen nicht, warum wir nach weniger als einem Jahr wieder wegziehen sollen. Mit vier Kindern und unserem ganzen Hab und Gut. Warum? Ich sage mir einfach, manchmal verstehen wir Menschen Gottes Wege halt nicht.» Danny glaubt fest daran, dass Gott sie nach Rom geschickt hat und dass das Jahr die perfekte Schule war, für das was sie für die Zukunft brauchen. Im Rückblick glaubt er, dass sie extrem davon profitiert haben, so voll ins Leben in Italien eingetaucht zu sein und gespürt und mitgelitten zu haben, wie die Italiener in Rom leben. «Das ist wirklich heavy hier. Wenn wir einfach ins Tessin gegangen wären, hätten wir davon jetzt keine Ahnung,» meint Danny. Ausserdem ist er davon überzeugt, dass sie etwas gesät haben, wo einmal etwas wachsen wird. «Wir sehen es einfach jetzt noch nicht.» Trotzdem. In den ersten paar Monaten von 2014 kämpfte Danny mit extremen Versagergefühlen. «Ich war in einem tiefen Loch. Der Teufel sagte mir, dass ich kein Leiter und dass ich grössenwahnsinnig sei. Ich hatte extrem zu kämpfen, weil ich lange die Sicht auf den ausgebliebenen Erfolg hatte.» In diesem Prozess tauchten etliche Fragen auf: Geht es wirklich um mich? Dass ich Erfolg habe? Oder worum geht es? Der Durchbruch kam, als Danny verstand, dass Erfolg relativ ist. «Es geht nicht um Erfolg im Kirchenbau. Wir müssen das machen, was vor unseren Füssen liegt,» erklärt Danny. «Gott war gnädig mit mir. Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Ich war sehr ehrlich mit mir und vor Gott. Es geht ja letztendlich um meinen Stolz.» Gott zeigte ihm, dass es gar nicht um ihn ging in dieser Geschichte. Dannys Fazit aus diesem schwierigen Jahr in Rom ist, dass es darum geht, Menschen kennenzulernen und Beziehungen aufzubauen. «Dadurch lernen sie Gott kennen und werden sie begeistert für sein Reich und seine Kirche. Es

Ganz so «happy» war Romeos Geburstag in Italien nicht. Die Umstände waren für die Kinder sehr schwierig.


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ICF Rom

geht nicht darum, Menschen zu versammeln, sondern Menschen aufzubauen. Das hab ich auf die harte Tour gelernt.» Manchmal versanden Visionen. Dann, so Danny, müsse man sich bewusst vor den Meinungen anderer schützen. «Niemand lebt mein Leben. Die Menschen haben keine Ahnung. Ihre Meinungen interessieren mich nicht.» Ängste und Sorgen habe er nicht mehr, sagt Danny. Im Tessin möchte er mehr Wert auf Beziehungen legen und sehen, was daraus entsteht. «Das nimmt Druck weg. Selbst wenn es wieder nicht funktioniert, habe ich den richtigen Entscheid getroffen und werde weiter gehen mit Gott. Natürlich habe ich meine Träume, und glaube ich immer noch an die Vision und Strategie von ICF.« Und Danny hält fest, dass er loslassen könne und wisse, dass er kein Versager sei. Seit Juni 2014 wohnt die Familie Gassmann in Arzo bei Mendrisio. Innerhalb weniger Stunden konnten sie den Verein ICF Ticino gründen. Danny wird Teilzeit arbeiten und damit ins «normale« Berufsleben eintauchen. Er möchte nicht nur wegen dem Geld ausserhalb von ICF arbeiten, sondern auch um mitten in der Gesellschaft zu sein. Einige Familien im Tessin sind schon im neuen ICF Ticino Team dabei und Ende September planen sie, alle zwei Wochen mit Vision Nights in Lugano anzufangen. Die neue Strategie lautet, ein ICF-Modell im Tessin und später auch in Mailand zu gründen, weil es an diesen beiden Orten bereits Menschen gibt, die die Vision kennen, sich dafür interessieren oder sogar darauf warten. Ein gewisses Potential ist folglich bereits da. Doch Rom bleibt in den Herzen der Familie Gassmann. «Wir hoffen natürlich, dass Menschen in Rom und in anderen Städten Italiens vom Modell im Tessin und in Mailand hören und dass eine Gruppe Römer sagt, dass sie das auch möchten«, sagt Danny. So könnte es funktionieren, glaubt er. Danny ist überzeugt, dass ICF in Italien grosses Potential hat. Denn Kirche in Italien funktioniere anders: Der Italiener feiere unter der Woche und gebe sich am Sonntag als Heiliger. Im ICF hingege lebe man den Glauben und die Freundschaft mit Jesus im Alltag. «Wir sind in der Kirche nicht anders als unter der Woche. Das ist in Italien wie ein Faust aufs Auge», sagt Danny. «Wir träumen davon, im italienischsprachigen Raum ICFs zu sehen – eine Kirche am Puls der Zeit.»  ●

Marina (38) und Danny (39) Gassmann mit ihren Kindern Romeo (10), Angelina (8), Melody (7) und Isabella (2).


Psychoprinzessin

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Voll versäulet. Kolumne: CHA Als durchschnittlicher Mensch bevorzuge ich die Rechtsdrehung. Gibt ja auch mehr Atome (oder die Dinger in den Atomen drin), die sich rechtsherum bewegen. Da- geschieht das bei einem Lied, das ich nicht her passiert es sehr selten, dass ich mich kenne, beginnt der Kopfmove à la Michael in einem Saal mal in der linksten Sitzrei- Jackson. Schulterwelle rechts, Kopf nachhe niederlasse. Tue ich es doch, dann, weil ziehen, Worte lesen. Dann Schulterwelle ich nicht viel überlegt habe. links, Kopf nachziehen, Worte lesen. Wer Ein Fauxpas in der Fabrikhalle, der bisher gedacht hat, der linkeste Stuhlblock nicht ungestraft bleibt. Spätestens beim sei der am innigsten Worshippende, den ersten Lied wird klar: Die Säule! Wie ein muss ich enttäuschen. Die erhöhte Belästiger Pixelfehler auf der Leinwand steht wegtheit ist wohl oder übel den Säulen zu sie da. Verdeckt ein, zwei Worte. Doch verdanken. Jetzt sind sie weg.

Und mit ihnen auch die coolen Moves des linken Blocks. Und Ursins Notenständer. Ich habe mich extra links hingesetzt. Um das Gefühl zu geniessen. Noch traue ich der Sache nicht. Äuge kritisch zu der Decke, wo stramme Stahlreste, von komischen Rohren festgehalten, an die ehemaligen Säulen erinnern. Ich fühle mich, als würde – Troubadix lässt grüssen – bald der Himmel über meinem Kopf einstürzen. Doch womöglich ist das auch einfach der himmlischen Anbetung auf der Bühne zu verdanken.


Redaktion, Fotos & Gestaltung: ICF Bern, Monbijoustrasse 8, 3011 Bern www.icf-bern.ch


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