Hä 39 | CANNABIS

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EIN PUB FÜR KIFFER

August de Loor ist mitverantwortlich für die ­ ntstehung der legendären Coffeeshops. Wie es E dazu gekommen ist, erzählt er uns am besten selbst. «In den 1960er Jahren entstand in den USA und Europa zum ersten Mal eine ­Jugendkultur, die nicht von Staat und Religion kontrolliert wurde. Dazu gehör­ ten die sexuelle Revolution, neue Muster im Nachtleben, Popmusik und politische Ansichten – sowie einige Drogen. Auch hier in den Niederlanden wurde Canna­ bis zu dieser Zeit in der alternativen ­Jugendkultur populär. Damals entstan­ den auch die «Poptempel», Clubs für ­junge Leute, in denen unter anderem auch ­bekannte Bands auftraten. Das zu dieser Zeit konsumierte Cannabis war oft stark verunreinigt und kam von Dealern, die neben Cannabis auch Heroin und andere harte Sachen verkauften – eine Katastrophe. Meinen Mitstreitern und mir gelang es, die ­Regierung davon zu überzeugen, den Verkauf von Cannabis so zu organisieren, dass Jugendliche nicht mit der stark süchtig machenden Droge Heroin in Be­ rührung kommen. Zunächst wurde dies durch den Verkauf von Cannabis in den Poptempeln erreicht, später wurden die Läden zu Coffeeshops, in denen Cannabis unter staatlicher Aufsicht gekauft und geraucht werden konnte. Der erste Coffeeshop wurde hier in Amsterdam in den 70er Jahren eröffnet und hiess Mellow Yellow. Er sah tatsäch­ lich wie ein Clubhaus voller Hippies aus. Mehr und mehr verbreitete sich diese pragmatische Drogenpolitik in den ­Niederlanden. Heute ist der Coffeeshop eine Art Pub, aber nicht für Alkohol, sondern für Cannabis! Jeder Coffeeshop hat sein ­eigenes Publikum: Coffeeshops für Fuss­ ballfans, für Touristen, für Heavy-MetalFans, für Rastas, für Schwule... Ich persönlich bin zum Beispiel ein begeis­ terter Biker und gehe jedes Wochenende mit meinen Freunden in meinen Lieb­ lings-Coffeeshop. Natürlich wird dort

­ eraucht, aber man geht hauptsächlich g dorthin, um seine Freunde zu treffen und sich zu unterhalten – so wie man auch nicht nur in die Kneipe geht, um Alkohol zu trinken. Deshalb halte ich das Argument des Drogentourismus, das die Gegner der Coffeeshops gerne verwenden, für völlig unsinnig. Niemand kommt nach Amster­ dam, nur um Gras zu rauchen. Ich habe noch nie kiffende Touristen getroffen, die nicht auch in ihrem eigenen Land Cannabis konsumieren. Hier tun sie es einfach legal und müssen sich nicht in dunklen Gassen verstecken. Meiner ­Meinung nach ist es nicht die Droge selbst, sondern das falsche Umfeld, das den Drogenkonsum problematisch macht. Der ­Coffeeshop löst dieses Prob­ lem auf pragmatische Art und Weise. Ich bin überzeugt, dass das Coffeeshop-­ Modell überall auf der Welt eingeführt werden sollte. Leider hat die niederländische ­Regierung ein grosses Problem aber noch nicht gelöst: Obwohl der Kauf und ­Konsum von Cannabis legal ist, ist die Produktion selbst immer noch weit­ gehend in den Händen der Unterwelt. Um diese Leute zu stoppen, sollte die Regie­ rung die Produktion organisieren. ­Deshalb ist die niederländische Regie­ rung meiner Meinung nach immer noch mitverantwortlich für die organisierte Drogenkriminalität.» In den frühen siebziger Jahren war August de Loor der erste Streetworker in den Niederlanden. Seitdem ist er an allem beteiligt, was mit Drogen und Drogenpolitik in den Niederlanden zu tun hat: Er war Leiter des Büros für Drogeninformation, setzte sich für Drogentests auf Partys und die Heroinabgabe ein und spielte eine wichtige Rolle beim Coffeeshop-Modell.

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HANF-HISTORY HANF-HISTORY HANF-HISTORY

Von der Allerwelts-Nutzpflanze zum Von der Allerwelts-Nutzpflanze zum verboteVon der Allerwelts-Nutzpflanze zum verbote­verbotenen Kraut und wieder zurück: nen Kraut und wieder zurück: Eine kleine nen Kraut und wieder Eine kleine Eine kleine Hanf-­Gzurück: eschichte. Hanf-­Geschichte. Hanf-­Geschichte. ca.10’000 10’000v.v.Chr. Chr. ca. ca. 10’000 v. Chr. wurdebereits bereitsCannabis Cannabisgezüchtet. gezüchtet.Damit Damit ge­ ……wurde … wurde bereits Cannabis gezüchtet. Damit ge­ hört sie zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt. ­gehört sie zu den ältesten Nutzpflanzen hört sie zu den ältesten Nutzpflanzen der der Welt. Welt. ca. 5’000 v. Chr. ca.ca. 5’000 v. v. Chr. 5’000 Chr. Schondamals damalswurde wurdedie diePflanze Pflanzezur zurHerstellung Herstellung Schon Schon damals wurde die Pflanze zur Herstellung vonTextilien Textilienund undWerkmaterialien Werkmaterialiengenutzt. genutzt. von von Textilien und Werkmaterialien genutzt. ca.2’700 2’700v.v.Chr. Chr. ca. ca. 2’700 v. Chr. ErsteErwähnung Erwähnungvon vonCannabis Cannabisals alsHeilpflanze Heilpflanze Erste Erste Erwähnung von Cannabis als Heilpflanze gegenRheuma, Rheuma,Verstopfung Verstopfungund undGicht Gichtinineinem einem gegen gegen Rheuma, Verstopfung und Gicht in einem Arzneimittelbuchdes desKaisers KaisersShennong. Shennong. Arzneimittelbuch Arzneimittelbuch des Kaisers Shennong. ca.50 50n.n.Chr. Chr. ca. ca. 50 n. Chr. ErsteErwähnung Erwähnungvon vonCannabis Cannabisininabendländi­ abendländi­ Erste Erste Erwähnung von Cannabis in abendländi­ scherMedizin. Medizin. scher scher Medizin. GanzesMittelalter Mittelalter Ganzes Ganzes Mittelalter Dasproteinhaltige proteinhaltigeCannabis Cannabiswurde wurdevor vorallem allemals als Das Das proteinhaltige Cannabis wurde vor allem als Nahrungund undNahrungszusatz Nahrungszusatzverwendet, verwendet,bei­ bei­ Nahrung Nahrung und Nahrungszusatz verwendet, bei­ spielweise in Öl oder Suppe. Zudem wurden u.a. spielweise in in Öl Öl oder Suppe. Zudem wurden u.a. spielweise oder Suppe. Zudem wurden u.a. Schiffs-Taueaus ausHanf Hanfhergestellt. hergestellt. Schiffs-Taue Schiffs-Taue aus Hanf hergestellt. 1455 1455 1455 Druckder derGutenberg-Bibel Gutenberg-Bibel––auf aufHanfpapier! Hanfpapier! Druck Druck der Gutenberg-Bibel – auf Hanfpapier! Erstab abdem dem19. 19.Jahrhundert Jahrhundertwurde wurdeauf aufHolz­ Holzpa­ Erst Erst ab dem 19. Jahrhundert wurde auf Holzpa­ pier umgestellt, papier umgestellt,da dadieses diesesbeständiger beständigergegen gegenSäu­ pier umgestellt, da dieses beständiger gegen Säu­ re und Verwitterung ist. Säure und Verwitterung ist. re und Verwitterung ist. 1484 1484 1484 Alssatanisch satanischverschrien: verschrien:Verbot Verbotvon vonCannabis Cannabis Als Als satanisch verschrien: Verbot von Cannabis fürKräuterheilmittel Kräuterheilmitteldurch durchden dendamaligen damaligen für für Kräuterheilmittel durch den damaligen Papst. Papst. Papst. Ende19. 19.Jh. Jh. Ende Ende 19. Jh. Cannabis-Produktewurden wurdenvon vonPharmaunter­ Pharmaunter­ Cannabis-Produkte Cannabis-Produkte wurden von Pharmaunter­ nehmenund undApotheken Apothekenhergestellt hergestelltund undvon vonÄrz­ Ärz­ nehmen nehmen und Apotheken hergestellt und von Ärz­ ten gegen verschiedene Beschwerden verschrie­ ten gegen verschiedene Beschwerden verschrie­ ten gegen verschiedene Beschwerden verschrie­ ben. Auch cannabishaltige Zigaretten waren bis ben. Auch cannabishaltige Zigaretten waren bisbis ben. Auch cannabishaltige Zigaretten waren voretwa etwa100 100Jahren Jahrenfrei freiverkäuflich. verkäuflich.. Damals vor Damals vor etwa 100 Jahren frei verkäuflich.. Damals warCannabis Cannabisübrigens übrigensnoch nochbilliger billigerals alsTabak. Tabak. war war Cannabis übrigens noch billiger als Tabak. Um 1900 Um 1900 Um 1900 Cannabiswurde wurdevon vonneueren, neueren,scheinbar scheinbarverläss­ verläss­ Cannabis Cannabis wurde von neueren, scheinbar verläss­ licherenund undeinfacher einfacherdosierbaren dosierbarenInhalts­ Inhaltsstof­ licheren licheren und einfacher dosierbaren Inhaltsstof­ fen ausaus derder Medizin verdrängt. Unter anderem: stoffen Medizin verdrängt. Unter ande­ fen aus der Medizin verdrängt. Unter anderem: Aspirin (1898) und und Heroin (1900). rem: Aspirin (1898) Heroin (1900). Aspirin (1898) und Heroin (1900). 1937 1937 1937 Verbotvon vonCannabis Cannabisininden denUSA USAdurch durchden denMari­ Mari­ Verbot Verbot von Cannabis in den USA durch den Mari­ huana Tax Act. Bis dahin warHanf Hanfeine eineder der pro­ huana Tax Act. BisBis dahin war huana Tax Act. dahin war Hanf eine der pro­ Nutzpflanzen. Neue wirtschaftliche ­pfitabelsten rofitabelsten Nutzpflanzen. Neue wirtschaft­ fitabelsten Nutzpflanzen. Neue wirtschaftliche Interessen spielten hingegen vor allem der auf­ liche Interessen spielten hingegen allem Interessen spielten hingegen vorvor allem derder auf­ blühenden Baumwollindustrie in in diedie Arme. Ab aufblühenden Baumwollindustrie Arme. blühenden Baumwollindustrie in die Arme. Ab den Vierzigerjahren wurde das Verbot internati­ Abden denVierzigerjahren Vierzigerjahrenwurde wurdedas dasVerbot Verbotinternati­ inter­ onal vorangetrieben. 1961 wurde Marihuana von national vorangetrieben. 1961 wurde Marihuana onal vorangetrieben. 1961 wurde Marihuana von 180180 Staaten aufauf eine Stufe mitmit Heroin undund Koka­ von Staaten eine Stufe Heroin 180 Staaten auf eine Stufe mit Heroin und Koka­ in gestellt. Kokain gestellt. in gestellt. 1970er 1970er 1970er denNiederlanden Niederlandenwurde wurdeder derBesitz Besitzvon vonbis biszu zu InInIn den den Niederlanden wurde der Besitz von bis zu 30Gramm GrammCannabis Cannabis«toleriert». «toleriert». 30 30 Gramm Cannabis «toleriert». 2012 2012 2012 Legalisierungvon vonCannabis Cannabisininden denersten erstenUSUSLegalisierung Legalisierung von Cannabis in den ersten USBundesstaaten Washington Stateund undColorado Colorado–– Bundesstaaten Washington State Bundesstaaten Washington State und Colorado – denkommenden kommendenJahren Jahrenfolgten folgtenimmer immermehr. mehr. ininin den den kommenden Jahren folgten immer mehr. 2013 2013 2013 Erstelandesweite landesweiteCannabis-Legalisierung Cannabis-Legalisierunginin Erste Erste landesweite Cannabis-Legalisierung in Uruguay. Uruguay. Uruguay. 2017 2017 2017 LandesweiteLegalisierung LegalisierungininKanada. Kanada. Landesweite Landesweite Legalisierung in Kanada. 2021 2021 2021 Gesundheitskommissiondes desSchweizer SchweizerNational­ National­ Gesundheitskommission Gesundheitskommission des Schweizer National­ rateswill willdie dieVorschriften Vorschriftenan andie diegesellschaft­ gesellschaftli­ rates rates will die Vorschriften an die gesellschaftli­ che Realität anpassen. Pilotversuche sind in Aus­ liche cheRealität Realitätanpassen. anpassen.Pilotversuche Pilotversuchesind sindin in Aus­ sicht. Aussicht. sicht.


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