Ladakh

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Luca De Giorgi

LA DA KH



LA DA KH

Für Dolma, Legdan und Tashi.

Reise ins Land der hohen Pässe Luca De Giorgi

Fotos: Luca De Giorgi, Wolfgang Niederhofer Texte: Luca De Giorgi, Wolfgang Niederhofer, Lama Gowinda Layout: Silvia De Giorgi Copyright: © 2019 Luca De Giorgi Version: 20191224


VORWORT von Wolfgang Niederhofer

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Zwei lange, anstrengende Reisetage im Linienbus dauert die Fahrt von

bewässerten Oasendörfer strahlen eine harmonische Ruhe aus. Eine

Manali nach Leh. Vier Pässe werden dabei überwunden - der höchste

landwirtschaftliche Struktur, einem Südtiroler Bergdorf vor 80 Jahren

5.270 m hoch. Nach einer abenteuerlichen Anreise auf staubigen Pisten

nicht unähnlich, bietet das Notwendigste zum Leben. Massenarmut, wie

über den Himalayahauptkamm wird es im Industal plötzlich lieblich.

in anderen indischen Regionen ist unbekannt, zudem ist der tibetische

Tibetische Wohnhäuser mit kleinen Gärten, Marillenbäume, Stupas

Buddhismus Garant für einen gleichberechtigten Status zwischen Mann

und buddhistische Klöster, auf Hügeln erbaut, signalisieren – ich bin in

und Frau. Die Lebensbedingungen und Entwicklungen im Himalaya sind

Ladakh. Land der hohen Pässe heißt Ladakh wörtlich übersetzt. Und

mit denen in den Alpen durchaus vergleichbar. Das Hochgebirge wurde

über diese hohen Pässe kommen nur gute Freunde oder schlimme

früher bedrohend und abweisend wahrgenommen. Die Bergbewohner

Feinde, wie es eine alte Volksweisheit besagt. Ich bin damals, vor über

erarbeiteten mit viel Phantasie und unter harten Bedingungen ihren

20 Jahren, nicht nur als neugieriger Freund gekommen, sondern habe

Lebensunterhalt. Während die Alpen längst die wichtigste Ressource

überdies neue Freunde gewonnen. Auf dem Festival der ladakhischen

für einen boomenden Tourismus sind, ist diese Entwicklung in Ladakh

Frauenorganisation lernte ich Dolma, die damalige Vorsitzende, kennen.

noch in vollem Gange. Auch dort ist es die Symbiose zwischen der vom

Auch die Gründerin Helena Norberg Hodge war anwesend.

Menschen in Jahrhunderten geschaffenen Kulturlandschaften mit den

Vier Jahre später, im Sommer 2001, unmittelbar nach Gründung von

Regionen des Hochgebirges, die das touristische Potential ausmachen.

Vai e Via AktivReisen, saß ich mit der ersten Vai e Via Gruppe beim

Hoffentlich gelingt es dieses Erbe mit viel Weitsicht und einer

Abendessen in der Stube von Dolmas und Norbus Guesthouse. Dort

behutsamen Entwicklung zu erhalten.

erleben wir seitdem authentisches ladakhisches Familienleben und ehrliche Gastfreundschaft.

Seit der Gründung von Vai e Via AktivReisen, im Jahre 2001 ist die Reise nach Ladakh das einzige Angebot, das wir jedes Jahr durchführen. Im

Im Gegensatz zum benachbarten Tibet, genießt Ladakh, das

Jahre 2013 hat Luca dieses Reiseziel übernommen. Es freut mich, dass

Teil Indiens ist, über eine bescheidene Autonomie, die Garant für

ihm mit dieser Publikation eine Hommage an Ladakhs Menschen, Kultur

den Erhalt der tibetisch-buddhistischen Kultur ist. Die kleinen,

und Landschaft gelungen ist.

Nächste Doppelseite: Die Gebetsfahnen sind mit Mantras und dem Windpferd, Lhungsta, bedruckt. Der Wind trägt die Gebete zu den Göttern. Leh, 2013.


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Besonders im Spätsommer nimmt das Farbspektrum der bewässerten Dörfer inmitten einer kargen Hochgebirgslandschaft zunehmend biblische Züge an. Bild: Wolfgang Niederhofer, Phyang, 2001.


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Für ein Julee – dem wichtigsten Wort in Ladakh und Grußformel für fast alle Gelegenheiten – wird man mit einem herzlichen Lächeln und tiefer Gastfreundschaft belohnt. Bild: Wolfgang Niederhofer, Stok, 2001.


LADAKH

Zwischen 2013 und 2018 hatte ich das Glück, sechs Mal die nordindische Region Ladakh zu besuchen. Als Reiseleiter und Wanderführer für das Reisebüro Vai e Via in Bozen habe ich jeden Sommer Gruppen nach Ladakh begleitet. Dieses wunderbare Land hat mir viele einzigartige Erfahrungen geschenkt. Die kargen Berge, beeindruckenden Klöster und unglaublich herzlichen Ladakhis werde ich nicht mehr vergessen. Die starken Kontraste in Natur, Kultur und Gesellschaft machen es zu einem idealen Reiseziel für Wanderer und Bergsteiger. Wer sich auch nur einen Schritt außerhalb der wenigen touristischen Attraktionen wagt, wird mit sagenhaften Landschaften, faszinierenden Traditionen und unvergesslichen Erinnerung belohnt.

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LADAKH Ladakh ist eine Division des indischen Bundesstaates Jammu

enorm, die bewohnbare Fläche ist im Gegensatz zur wilden Bergwelt

und Kashmir. Als nördlichster Teil Indiens liegt es zwischen dem

verschwindend klein. Die Bedeutung der Landwirtschaft nimmt von

Himalaya-Hauptkamm und der Karakorum-Kette. Es ist ein karges

Jahr zu Jahr ab.

Land. Der Monsun entlät sich weitgehend an den Südhängen des Himalaya, nur wenig Feuchtigkeit gelangt nach Ladakh. Der

Wegen der strategisch wichtigen Lage und der ungelösten Konflikte

jährliche Niederschlag beträgt etwa 120 Millimeter. Auch hier ist

mit China und Pakistan sind schätzungsweise 30.000 indische

der Klimawandel spürbar, insgesamt sind die Niederschläge in den

Soldaten in Ladakh stationiert, fast ein Zehntel der Bevölkerung.

letzten Jahren stark zurückgegangen.

Jede Familie hat Angehörige, die beim Heer angestellt sind, und ein großer Teil der Wirtschaft ist vom Militär abhängig.

Die besidelten Täler Ladakhs liegen auf einer durchschnittlichen

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Höhe von 3500 m. Lebensader des Landes ist der Fluss Indus,

1974 wurde Ladakh für Besucher geöffnet; seitdem hat sich der

der 800 km von Leh entfernt in Tibet entspringt und in Pakistan

Tourismus zu einem der wichtigsten Erwerbszweige entwickelt.

in das Meer mündet. Durch ein uraltes und kompliziertes

Vor allem im kulturell interssanten Indus- und Nubratal hat sich

Bewässerungssytem werden die trockenen Hänge urbar gemacht.

eine erfolgreiche touristische Infrastruktur gebildet. Neben den

Auf den terrassierten Feldern gedeihen Gerste, Weizen, Kartoffeln,

westlichen Trekking- und Kulturtouristen nehmen von Jahr zu

Rüben, Aprikosen, Äpfel sowie Nussbäume, Pappeln und Weiden.

Jahr auch die indischen Gäste zu. Leider hat dieses aprupte und unkontrollierte Zusammentreffen der Kulturen zu einer Schwächung

Mit knapp 60.000 km² ist Ladakh etwa acht Mal so groß wie

des traditionellen sozialen Gefüges geführt. Ladakh ist dabei, seinen

Südtirol. Die Bevölkerung zählt knapp 280.000 Einwohner, mit

Platz in unserer globalisierten Welt zu finden.

nur 4,5 Einwohnern pro km². Trotzdem ist der Bevölkerungsdruck

Karte: ca. 1 : 10.000 © Stamen Maps, 2019. Bearbeitung: Luca De Giorgi


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Zum Sonnenuntergang treffen wir uns auf eine Tasse Tee vor dem Gemeinschaftszelt und beobachten das Spiel der letzten Sonnenstrahlen. Zwischen Rumptse und Tso Kar, 2016.


DER WEG DER WEISSEN WOLKEN von Lama Gowinda

Die künstliche, maschinell regulierte Zeit des modernen Menschen

Himmel und Erde haben ihre Rollen ausgetauscht. Während normaler

hat ihn nicht zum Herrn, sondern zum Sklaven der Zeit gemacht; je

weise der Himmel heller erscheint als die Landschaft unter ihm, ist hier

mehr er versucht, Zeit zu gewinnen, desto weniger besitzt er sie. Es ist,

der Himmel dunkel und tief, während die Landschaft sich gegen ihn

als ob wir einen Fluß in einem Eimer einfangen wollten, ohne uns zu

in leuchtenden Farben abhebt, als ob sie die Quelle des Lichts wäre.

vergegenwärtigen, daß es ja gerade das Fließen, die Kontinuität seiner

Rote und gelbe Felsen lodern wie Flammen gegen den dunkelblauen

Bewegung ist, die den «Fluß» ausmacht. Das gleiche trifft auf die Zeit

Samtvorhang des Himmels. Des Nachts jedoch ist der Vorhang

zu: nur wer sie in ihrer Fülle, in ihrem ewigen und lebensspendenden

zurückgezogen und erlaubt einen Blick in die Tiefe des Weltraums.

Rhythmus akzeptiert, in der ihre Kontinuität besteht, kann sie meistern und sich zu eigen machen. Indem wir die Zeit in dieser Weise akzeptieren

Die Sterne sind so leuchtend und nah, als wären sie ein Bestandteil

und willig in uns aufnehmen, ohne ihrem Fluß zu widerstreben, verliert

der Landschaft. Man sieht sie bis unmittelbar auf den Horizont

sie ihre Macht über uns. Wir werden von ihr wie auf dem Gipfel einer

herunterkommen und plötzlich mit einem Flackern verschwinden, als

Woge getragen, ohne von ihr verschlungen und in die Tiefe gezogen

ob ein Mensch mit einer Laterne um die nächste Ecke verschwunden

zu werden, und ohne den Blick für unsere essentielle Zeitlosigkeit zu

wäre. Das Universum ist nicht mehr eine blasse Abstraktion, sondern

verlieren.

unmittelbare, erlebte Wirklichkeit, und daher denkt hier niemand an «Zeit» anders als in Bezug auf Sonne, Mond und Sterne. Die

Nirgends habe ich dies tiefer empfunden als unter dem freien Himmel

Himmelskörper beherrschen den Rhythmus des Lebens; damit

Tibets, in der Intensität seiner Stille, der Klarheit seiner Atmosphäre, der

verliert die Zeit ihren negativen Aspekt und wird zu einer sinnlich

Leuchtkraft seiner Farben und der plastischen, fast abstrakten Reinheit

wahrnehmbaren Erfahrung jener ewig gegenwärtigen, ewig

seiner Bergformen. Organisches Leben ist auf ein Minimum reduziert

wiederkehrenden, sich selbst erneuernden Bewegung, die das Wesen

und spielt keine Rolle in der Gestaltung oder dem Allgemeineindruck

allen Daseins ist. Da der Himmel fast nie von Wolken verhüllt ist, bleibt

der Landschaft, die eher selbst als organischer Ausdruck irdischer

der Mensch in stetem Kontakt mit den Himmelskörpern und der Weite

Urkräfte bezeichnet werden könnte. Vegetationslose Berge enthüllen

des Weltraums. Auch die Nächte sind nie völlig dunkel. Ein seltsames,

in weit ausschwingenden Konturen die Grundgesetze der Gravitation

diffuses Licht durchdringt die Landschaft in mondlosen Nächten, ein

- modifiziert nur durch die Einwirkungen von Wind und Wetter – und

Licht, das von den Sternen selbst ausgeht und darum im wahren Sinn des

die geologische Struktur und Eigenart ihrer Aufbaustoffe, die sich in

Wortes «astral» ist. Ohne Schatten oder Farben er scheinen in ihm alle

lebhaften Farben und ausgeprägten Formen bekunden.

Dinge und die Konturen landschaftlicher Formationen deutlich sichtbar.

Der Weg der weißen Wolken von Lama Gowinda. Scherz Verlag, 2007.

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ZU BESUCH IM DORF

K H A N G PA (Haus)

Die ladakhischen Dörfer sind Oasen in der kargen Landschaft. Ackerbau wird bis auf einer Höhe von 4500 m betrieben. Es wird vor allem Gerste angebaut, das Grundnahrungsmittel der Ladakhis . Die Tiere werden im Sommer auf den Hochweiden und im Winter im Stall gehalten. Spirituellen Beistand leistet das nächstgelegene Kloster. Links: Größere Dörfer sind in Untergruppen zu je zehn Haushalten unterteilt und stellene einen Vertreter im Dorfrat. Letzterer wird vom Goba (Dorfoberhaupt) gelenkt, der nach dem Rotationsprinzip gewählt wird. Hemis Shukpachang, 2016.

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Die traditionelle ladakhische Lebensweise ist nur durch einen umsichtigen Umgang mit dem wenigen Wasser, der dünnen Erdschicht und der Haltung von widerstandsfähigen Schafen, Ziegen und Yaks möglich. Hemis Shukpachang, 2016.


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Der Mittelpunkt des ladakhischen Bauernhofs ist die KĂźche, groĂ&#x; genug, um jegliche Hausarbeiten zu erledigen und den gesamten Hausrat aufzubewahren. Im Winter ist es auch der einzige beheizte Raum. Hemis Shukpachang, 2018.


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“Krankheiten haben ihren Grund im Mangel an Verständnis.” Im Gespräch mit Rigzen Wantak, Amchi (Heiler) von Hemis Shukpachang, 2018.


BEIM AMCHI ZU BESUCH Luca De Giorgi

“Die Jungen gehen lieber zum westlichen Arzt, als den

Früher führten die Amchis auch Operationen durch, doch als

traditionellen Heilmitteln zu vertrauen”, seufzt der Amchi. Die

eine, die man an einer tibetischen Königin vorgenommen hatte,

meisten Dörfer in Ladakh haben einen in der tibetischen Heilkunst

schieflief, wurden solche Eingriffe verboten. Lediglich mit heißen

kundigen Mann, der die Rolle des Dorfarztes innehat. In Hemis

Eisen wird noch gearbeitet, erklärt uns der Amchi. Wenn man an

Shukpachang haben wir das Glück, den Dorf-Amchi besuchen zu

bestimmten Punkten glühende Eisen auf die Haut drücke, ließen

können. Als Jugendlicher hat er bei einem berühmten Amchi des

sich viele Krankheiten behandeln, sogar Krebs. Aber leider sei

Changtang-Plateaus gelernt, und nach ausgiebigen Studien in

diese Behandlungsmethode nicht mehr so beliebt, seufzt der

Dharamsala ist er in sein Dorf zurückgekehrt.

Amchi, den Jungen gefalle es einfach nicht, wenn die Narben so lange bleiben.

Er erklärt uns, dass man, um eine Diagnose zu erstellen, zuerst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten führen muss, um dessen Lebensweise zu verstehen. Dann wird der Puls gefühlt und gegebenenfalls der Urin untersucht. Nachdem die Ursache der Beschwerden klar ist, verschreibt der Amchi eine Medizin, wobei zur Heilung auch Gebete und Meditation hilfreich sind. Während er uns erzählt, breitet er einige der Inhaltsstoffe seiner Arzneien vor sich aus. Die Säckchen enthalten vor allem Zutaten pflanzlichen Ursprungs, aber auch einige mineralische und tierische sind darunter. In der Ursprungsform getrocknet werden sie aufbewahrt, um dann zu einer maßgeschneiderten Medizin zusammengemischt zu werden. Dabei werden die Zutaten in einem Granitmörser zu Pulver verarbeitet, vermischt und in Form von Pillen dem Patienten übergeben. “Schaugn aus wie Goasgaggelar und schmecken a so”, bemerkt eine Gruppenteilnehmerin, die sich welche gegen Höhenbeschwerden hat verschreiben lassen, “ober’s hilft!”

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Nur hochspezialisierte Pflanzen kรถnnen den extremen Temperaturschwankungen, den langen Trockenperioden und der hohen UV-Einstrahlung standhalten. Russischer Salbei, Hemis Shukpachang, 2018.


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Die traditionell starke Rolle der Frau in der ladakhischen Gesellschaft wurde durch die modernen Entwicklungen geschwächt: Während Männer die neuen ökonomischen Chancen der Stadt wahrnehmen, bleiben Frauen diese Möglichkeiten allzuoft verwehrt, sie bleiben mit den Kindern im Dorf zurück. Yangchan ist 28 und frisch verheiratet. Uley, 2018.


SHALU Das ist Shalu. Sie spricht perfektes Englisch und ist intelligent, verkauft aber nur einfachen Schmuck in Lehs staubigen Straßen. Sie ist 19 Jahre alt und stammt aus Rajahstan, kommt aber zum

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Arbeiten nach Ladakh. Sie ist Hennakünstlerin, mage es aber nicht auf ihrer eigenen Haut. Sie macht einfache Henna Verzierungen für Touristen, würde jedoch lieber komplexe Ornamente für Hochzeiten und Feste zeichnen. Sie träumt davon Kunst zu studieren, ist aber bereit, alle Arbeiten zu übernehmen, um nicht weiterhin Straßenverkäuferin zu sein. Sie weiß, dass sie sehr schön ist, ihren Mann wird sie allerdings nicht selber aussuchen dürfen. Sie schenkt mir ein Armband, ich ihr ein Buch.

Shalu an ihrer Ecke in Fort Road, Leh, 2018.


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Dolma’s Guesthouse in Leh ist Start- und Endpunkt unserer Ausflüge. Ihrer Führsorge haben wir viel zu verdanken. Bis vor einigen Jahren war Dolma ein aktives Mitglied der Women’s Alliance of Ladakh und zeitweise sogar deren Leiterin. Leh, 2013.


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In Ladakh wird die Fläches eines Feldes nach der Zeit gemessen, die es braucht, um es zu pflügen. Demnach kann ein Feld “einen Tag”, “zwei Tage” oder mehrere groß sein. Likir, 2018.


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Der buddhistische Rosenkranz besteht aus 108 Perlen. So oft muss man das Mantra “om mani padme hum” widerholen, um den Rosenkranz einmal vollständig gebetet zu haben. In Ladakh bestehen die Perlen meistens aus Holz, im Idealfall von der Pappel-Feige. Unter diesem Baum meditierend soll Siddharta Gautama die Erleuchtung erlangt haben. Likir, 2018.


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Die SeidenstraĂ&#x;e verlief teilweise durch Ladakh. Aus dieser Zeit stammen die Baktrischen Kamele, die man auf den SanddĂźnen des Nubra-Tals antreffen kann. Hundar, 2016.


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Der kleine Bergsee mit dem salzhungrigen Yak. Oberhalb von Hemis Shukpachang, 2018.


WAS YAKS WOLLEN Luca De Giorgi

Vor mir liegt ein kleiner, von schneebedeckten Gipfeln

rufe dann laut um Hilfe. Tashi, unser Guide, sollte nicht allzu

eingerahmter Bergsee. Auf der anderen Seite, etwa 100 m

weit hinter mir sein. Tatsächlich kommt er gleich um den Hügel

entfernt, grast ein zotteliges schwarzes Yak. Ich zücke die

gelaufen, bleibt aber abrupt stehen und bricht in lautes Gelächter

Kamera, um von diesem idyllischen Bild ein Foto zu machen. Doch

aus, als er die Situation erkennt. Er greift in seinen Sack und

beim Geräusch des Reißverschlusses blickt das Yak auf und nimmt

streut dem Yak etwas Salz auf den Boden. Das Yak, das durch

mich wahr. Sofort fängt es an, in meine Richtung zu trotten.

Tashis Ankunft verwirrt stehen geblieben ist, erwacht wieder

Womöglich will es zum Wasser, um zu trinken. Aber nein, es folgt

zum Leben und stürzt sich auf das Salz. Tashi erklärt mir, dass die

dem Ufer, umrundet den See und kommt auf mich zu. Ich versuche

Yaks daran gewöhnt sind, Salz zu bekommen, wenn jemand auf

mich auf Distanz zu halten, indem ich ebenso dem Uferrand

der Alm nach ihnen schaut. Einem unwissenden Wanderer war es

folge, aber das Yak wird schneller und holt rapide auf. Jetzt wird

wahrscheinlich noch nie begegnet.

mir mulmig zumute und ich schaue mich fieberhaft nach einer Fluchtmöglichkeit um, aber vergebens. Lediglich ein brusthoher Steinblock ist in meiner Nähe. In der dünnen Luft japsend hechte ich auf den Stein zu und erreiche ihn, kurz bevor das Yak mich einholt. Wir schauen uns über den Felsblock hinweg an. Große, wässrige Augen beobachten mich durch die Stirnzotteln. Leises Schnauben. Die dunklen Hörner glänzen spitz. Was tun? Das Yak entschließt sich, um den Stein herum auf mich zuzugehen, ich bewege mich aber mit, um den Stein zwischen uns zu halten. So drehen wir ein paar Runden. Die Situation wird immer komischer. Ich versuche mich groß zu machen und dem Yak durch lautes Geschrei Angst einzujagen, aber alles umsonst. Unbeirrt drehen wir weiter unsere Runden um den Stein. Als das Tier dann aber versucht, über den Stein drüberzusteigen wird es mir zu bunt. Ich schlucke meinen Stolz, räuspere mich, und

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Auf einem Hügel im Osten des Dorfs, steht ein Steinhaufen in Form eines Obelisken. Einst wurde dieser als landwirtschaftlicher Kalender benutzt. Je nach Schatten wurde der richtige Zeitpunkt zum Pflügen, Wässern oder Ernten bestimmt. Hemis Shukpachang, 2018.


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Mars und die Milchstraße über Karzok beim Tso-Moriri-See, 2018.

Die fünf Meter große Buddhastatue in Hemis Shukpachang, 2018.



Buddhismus in Ladakh

G O N PA (Kloster)

Ladakh wird wegen seiner weitgehend intakten tibetischbuddhistischen Kultur auch als Klein-Tibet bezeichnet. Hier blieb erhalten, was im Mutterland durch mehr als 50 Jahre chinesicher Unterdrückung zerstört worden ist. Immer noch flüchten jedes Jahr Tibeter über die hohen Pässe nach Indien, viele lassen sich in Ladakh nieder. Auch Tenzin Gyatso, der 14. Dalai-Lama, hat in der Nähe von Leh eine Sommerresidenz. Gegenüber: Kloster Diskit bei Sonnenuntergang, 2016.

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Kloster Diskit, 2016.


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Kloster Thiksey, 2018.


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Mönche warten auf den Bus nach Choglamsar, der größten Niederlassung von Exiltibetern in Ladkah. Dort wird der Dalai-Lama an jenem Tag eine öffentliche Ansprache halten. Kloster Thiksey, 2017.


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Ladakhs Ackerland befindet sich zum größten Teil im Industal. Dank des Wassers leuchten die von Pappeln geschützten Felder in sattem Grün. Kloster Thiksey, 2017.


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Der historische Buddha, Siddharta Gautama, hält eine Bettlerschale in der linken Hand: Sie symbolisiert sein Leben in Armut. Ihm zu Ehren halten Mönche des Klosters Hemis mehrmals täglich eine kurze Puja (Gebetszeremonie) ab. Kloster Hemis, 2018.


FRÜHSTÜCK IM KLOSTER Luca De Giorgi

Mit Grauen warte ich auf den Moment, in dem der junge Mönch zu mir kommen wird, um Buttertee in meine Schale zu gießen. Um fünf Uhr morgens sind wir losgefahren, um am Morgengebet im Kloster Thiksey teilzunehmen, einem der größten und schönsten des Landes. Es ist dem Potala, dem Palast des Dalai-Lama in Lhasa, nachempfunden und beherbergt eine vergoldete und mehrere Meter hohe Statue des Buddha Maitreya. Im Schneidersitz sitzen wir im hinteren Teil des Dukhankgs, dem Versammlungsraum der buddhistischen Klöster. Vor uns sind etwa vierzig Mönche unterschiedlichen Alters und vollziehen das Morgenritual. Es ist ein großes Privileg, an dieser Zeremonie teilnehmen zu dürfen. Dabei wird nicht nur gebetet und musiziert, sondern auch gefrühstückt. In den Gebetspausen machen Jungen im Mönchsgewand die Runde und bieten Buttertee an. Jetzt ist es soweit: der etwa siebenjährige Mönch beugt sich vor und gießt mir eine üppige Portion des braun-rötlichen Getränks in den Becher. Buttertee wird in Ladakh immer und überall getrunken. Dabei handelt es sich um Schwarztee mit Butter, Salz und Soda. Dieses Getränk zu mögen, ist ein wahres Kunststück, das mir noch nicht gelungen ist.

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Weit Ăźber die Landesgrenzen hinaus bekannt ist die Statue des Buddha Maitreya vom Kloster Thiksey. Jeden Morgen werden die Opferschalen von Neuem mit Wasser gefĂźllt. Kloster Thiksey, 2017.


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Kloster Hemis, 2018.

Kloster Hemis, 2018.


BHAVACHAKRA Das Lebensrad ist eine Meditationshilfe, die den Kreislauf der Wiedergeburten, das Samsara, darstellt. Das Rad wird von Yama, dem Todesgott, in den Klauen gehalten. Der äußerste Kreis stellt in 12 Szenen verschiedene Formen des Leidens dar. Der mittlere

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Kreis zeigt, die sechs Daseinsbereiche, in die ein Lebewesen seinem Karma entsprechend hineingeboren werden kann. Der innere Kreis steht für das Karma. In der linken, hellen Seite sind Menschen dargestellt, die durch tugendhafte Taten aufsteigen, in der rechten, dunklen hingegen solche, die absteigen. Im Zentrum des Lebensrades sind die drei Grundübel dargestellt, die sich gegenseitig in den Schwanz beißen. Die Schlange steht für den Hass, der Hahn für die Gier und das Schwein für die Dummheit.

Rechts: Das Lebensrad vor dem Versammlungsraum des Klosters Hemis, 2018.


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LOBSANG TOLDAN Er ist so alt wie der Dalai-Lama und hat die Besetzung Tibets seitens

Unter dem Schutz des Dalai-Lama, des Oberhaupte des

der Chinesen erlebt, als er in Lahsa studierte. Seit er im Ruhestand

Gelbmützenordens, studierte er bis zur chinesischen Invasion.

ist, verbringt er gerne den Sommer in Ladakh. Das angenehme

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Klima tut ihm gut und er kann im Haus seines Enkelkindes leben.

Es gelang ihm nicht zu flüchten, und erst nach mehreren Monaten

Ich wohne im selben Haus und sehe ihn meist im Garten unter

wurde ihm als indischer Staatsbürger die Ausreise erlaubt. 1961

meinem Zimmer sitzen. Er liest religiöse Texte und betet. Manchmal

folgte er dem Dalai-Lama nach Dharamsala, in das nördliche Indien,

trinken wir gemeinsam eine Tasse Tee und er erzählt mir von seinem

wo die tibetische Exilregierung tagte. Die Jahre vergingen, und als

Leben. Früher war es in ladakhischen Familien üblich, einen Sohn

auf Hawaii ein kleines buddhistisches Kloster gegründet wurde,

ins Kloster zu schicken, um ihn Mönch werden zu lassen. Lobsangs

arbeitete er dort zuerst als Lehrer und schließlich als Abt. Dort

Eltern schickten ihn ins Kloster Likir, das zum Gelbmützenorden

verbrachte er einen Großteil seines Lebens und zog erst nach seiner

gehört. Er zeichnete sich durch seinen Lernwillen aus und durfte

Pensionierung zurück nach Indien.

nach Lahsa in Tibet reisen, um dort seine Ausbildung fortzuführen.

Rechts: Lobsang Toldan, im Lungsnon Guesthouse in Leh, 2018.


LOBSANG TOLDAN Luca De Giorgi

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Von Feldern umgeben liegt in einem Seitental das Kloster Likir versteckt. Weniger als 0,5 % der Fläche Ladakhs ist kultivierbar. Schätzungsweise ein Viertel davon gehört dem Kloster Hemis. Kloster Likir, 2016.


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Im Gegensatz zu SĂźdostasien bevorzugen MĂśnche des tibetischen Buddhismus rote Roben. Diese bestehen oft aus Flicken und einfachem Material, um eine Abwendung vom weltlichen Reichtum zu symbolisieren. Kloster Diskit, 2016.


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Zwischen Himalaya-Hauptkamm und Karakorum

K A N G-R I (Gipfel)

Hoch über den Tälern erstreckt sich im Osten des Landes die trockene Hochsteppe des Changtang. Es ist ein karges Land, das nur wenige Monate im Jahr menschenfreundlich ist. Im Sommer gedeihen auf den saftige Hochweiden zahllose Blumensorten, darunter das Edelweiss, das bis auf über 5000 m vorkommt. Hier leben nur wenige Nomaden mit ihren Herden unter schwierigsten Bedingungen. Links: Der höchste Berg des Landes ist der Saltoro Kangri im indischen Karakorum, mit einer Höhe von 7742 m. Nubra Tal, 2018.

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Ein tibetisches Sprichwort sagt: Falls ein Tal nur über einen hohen Pass erreichbar ist, wird es lediglich von den besten Freunden und größten Feinden besucht. Auf dem Weg nach Rizong, 2016.


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Eine Laudakia himalayana in Hemis Shukpachang, 2018.


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Das Nomadenleben wird von der Regierung unterstützt. Größere Nomadensiedlungen haben eine Krankenstation, ein Satellitentelefon und in den entlegendsten Tälern auch Wanderschulen. Die Pashima-Wolle, die Haupteinnahmequelle der Nomaden, kann zu einem garantierten Mindestpreis an die Regierung verkauft werden. Tsering auf dem PologongkaLa-Pass, 4950 m, 2018.


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Tsering Dolker vor ihrem Zelt auf 4650 m HĂśhe. Ihr Mann begleitet die rund 50 Pashima-Ziegen in den umliegenden HĂźgeln zum Grasen. In einem Monat werden sie weiterziehen. FrĂźher wurde das Camp mithilfe von Pferden verlegt, heute mieten die Nomaden einen Lastwagen. Tso-Moriri-See, 2018.


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Auf Gipfeln und Pässen begrüßen Gebetsfahnen den Wanderer. Das erfolgreiche Erreichen des Passes wird mit den traditionellen Worten “Mögen die Götter siegreich sein” zelebriert. Wir rufen es auf Ladakhisch dem Wind entgegen: “Kiki soso, lhar gyalo!” ShingbukLa-Pass, 5320 m, 2018.


NUR NOCH EINEN SCHRITT Luca De Giorgi

Erschöpft lasse ich mich auf einen großen Stein nieder. Davon gibt

Hanseln bleibt nichts anderes übrig, als ihr zu folgen, weil wir zu

es in Ladakh mehr als genug. Um uns herum sanfte Steinhügel,

stolz sind, um aufzugeben. Irgendwann, auf knapp 5600 m, hat

so weit das Auge reicht, erst kurz vor dem Horizont erkennt man

Veronika Mitleid mit uns und schlägt vor, nach einer Pause wieder

die schneebedeckten Spitzen einiger Sechstausender. Etwa 800 m

abzusteigen. Ohne uns allzu erfreut zu zeigen, stimmen wir zu.

unter uns, im grünen Talboden, sehe ich die Zelte unserer Gruppe,

Jetzt, wo ich von hier oben das fantastische Panorama genießen

dazwischen grasen unsere Packpferde. Heute haben wir uns

kann, bin ich froh, dass uns Veronika mitgezogen hat: Die Aussicht

vorgenommen, den Hügel oberhalb unseres Camps zu erklimmen,

ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend!

dieser geht in einen flachen Kamm über, der bis zu einem 5800 m hohen Gipfel führt. Die meisten unserer Gruppe geben schon nach ein paar Hundert Höhenmetern auf und bleiben an einem Aussichtspunkt mit Gebetsfahnen zurück. Nur Veronika aus dem Gadertal, zwei Männer und ich gehen weiter. Am Anfang geht es noch recht gut, aber mit zunehmender Höhe wird es immer schwieriger. “Wie schaugs aus Mandr, giemor no a Stickl?”, fordert uns Veronika heraus. “Logisch!”, sagen die Männer und rappeln sich auf. Die Erschöpfung steht ihnen ins Gesicht geschrieben, doch Veronika hat sie am Ehrgeiz gepackt und sie wollen nicht als Erste aufgeben. Und mir als Wanderführer bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig, als mitzugehen. 5200 m, 5300 m, 5400 m… immer weiter. So richtig verstanden habe ich es nie, wenn ich von Höhenalpinisten las, die mit jedem Schritt zu kämpfen hatten. Aber genau so ist es. Alle paar Schritte ringe ich wieder nach Luft und schwöre mir, dass ich bei der nächsten Kuppe umkehre. Aber dann trippelt Veronika gemächlich weiter, und uns drei armen

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Skalzang Chosdon geht in Leh im Internat zur Schule, sie will Ingenieurin werden. Wir treffen sie im Nomadencamp ihrer Eltern, wo sie die Sommerferien verbringt. Obwohl sie beim Puzten, Kochen und Melken mithelfen muss, gefällt es ihr hier besser als in Leh. Tso Moriri, 2018.


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Der Tso-Moriri-See mit den verschneiten Gipfeln des Chalung, 6546 m, 2013.


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Kurz bevor die Sonne hinter den Bergen verschwindet, kommen wir zum Camp zurßck. Klein und ganz verloren wirkt unser Zelt inmitten der majestätischen Kulisse. Zwischen Rumptse und dem Tso-Kar-See, 2018.


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Auf der Changtang-Hochebene begegnet man des Öfteren dem Kiang oder Tibet-Wildesel, Bären oder gar Schneeleoparden sind hingegen äußerst selten. Zwischen Rumptse und dem Tso-Kar-See, 2018.


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Die Ruhe vor dem Sturm auf dem Changtang-Plateau, auf über 4500 m. Der größte Feind unserer Zelte ist der Wind, der am Nachmittag stundenlang daran rüttelt. Zwischen Tso Moriri und Tso Kar, 2018.


SARNER WITZE IM STURM Luca De Giorgi

Dunkle Wolken verhüllen die Sechstausender um uns. Leichter Regen kommt während des Treks auf dem Changtang-Plateau manchmal vor, doch als ich den ersten Donner höre, wird mir schlagartig klar, dass es diesmal ganz anders kommen wird. Leider fehlt noch eine gute Stunde zum Camp und Unterschlupf ist auf dem Weg dorthin keiner. Jetzt geht es richtig los, mit Regen, Hagel, Blitz und Donner. Von der Sonne und Hitze der vorherigen Tage verwöhnt, haben viele von unserer Gruppe nicht die volle Regenausrüstung mit und werden platschnass. Ganz trocken bleibt niemand.

61 Als wir endlich im Camp ankommen, hat unsere Mannschaft schon das Gemeinschaftszelt aufgebaut, in dem wir uns zumindest vor dem Regen schützen können. Ich krieche als letzter ins Zelt und blickte in verfrorene, müde und niedergeschlagene Gesichter. Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt, und die Frage, ob es nicht besser wäre, den Trek abzubrechen, steht unausgesprochen im Raum. Was tun? Bevor ich etwas sagen kann, fragt ein sympathischer Traminer in die Runde: “Kennts dein mitn Sarner der beichten geat?” Schlag auf Schlag kommen nun die Witze von allen Seiten, vor lauter Lachen wird uns wieder warm. Und eine Stunde später scheint erneut die Sonne vom Himmel.


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Bevor die Nomadenkinder das Schulalter erreichen und die meiste Zeit im Internat verbringen, ziehen sie mit den Eltern mit. Zwischen Tso Moriri und Tso Kar, 2018.


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Das einzig nennenswerte Exportgut der Region ist die Pashmina- oder Kaschmirwolle. Besonders auf der Changtang Hochebene werden die Ziegen von ladakhischen oder tibetischen Nomaden gehalten. In einem Seitental am Tso-Moriri-See, 2018.


HIRTEN UND WÖLFE

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Gemächlich läuft der einsame Wolf an der anderen Seite des Tales

Unsere Pferdetreiber besitzen jeweils einige Pferde und

entlang. Mit dem Fernglas ist er gut zu beobachten. Im Sommer

transportieren unser Gepäck von einem Camp zum nächsten.

mag dies eine schöne und aufregende Begegnung sein, im Winter

Während des Sommers müssen sie genug verdienen, um den Winter

werden die Wölfe aber zu erbitteren Gegnern unserer Pferdetreiber.

zu überstehen. Vor allem, wenn das wenige Gras unter dem Schnee

Tsering, der uns mit seinen Lasttieren unterstützt, erzählt mir, dass

verschwindet, ist es sehr kostspielig, die Tiere zu ernähren. Während

ein Rudel im vergangenen Winter vier seiner Tiere gerissen hat. Eines

Männer im Sommer meist mit den Pferden unterwegs sind, arbeiten

war sein bestes Reittier, das 70.000 Rupien (ca. 1000 $) wert war,

die Frauen und Kinder auf den Äckern. Gerste, grüne Bohnen und

in Ladakh eine beträchtliche Summe. Im Sommer ernähren sich die

Kartoffeln gedeihen bis auf einer Höhe von 4.000 m, allerdings

Wölfe von leichterer Beute, wie etwa Murmeltieren, im Winter sind

nicht in ausreichenden Mengen, um eine Familie den Winter über zu

sie aber gezwungen, Vieh zu jagen.

ernähren, erzählt Tsering. Sie sind von den Pferden und Touristen abhängig.

Rechts: Unsere Pferdetreiber Sonam Tundup, Sonam Lundup, Sapel und Stering (von links nach rechts). Zwischen Rumptse und Tso Kar, 2018.


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Unser Guide und Ăœbersetzer Grumet (links) tauscht Neuigkeiten mit einem Hirten (rechts) aus. Zwischen Rumptse und Tso Kar, 2016.


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Gerรถstetes Gerstenmehl wird gerne mit Butter und Tee zu einer reichhaltigen Mahlzeit vermischt. Zwischen Rumptse und Tso Kar, 2016.




“No matter how attractive a traditional rural society may seem, its people cannot be denied the opportunity to enjoy the benefits of modern development. However [...] development and learning should not take place in one direction only. Amongst the people of traditional societies such as Ladakh’s there is often an inner development, a sense of warm-heartedness and contentment, that we would all do well to emulate.” Dalai-Lama, in der Einleitung zu “Ancient Futures”, von Helena Norberg-Hodge 70

DANKSAGUNG Danke an Leni, Franco, Silvia, Lara, Wolfgang, Dominik, Dolma, Legdan, Tashi, Grumet & Dr Qayoum.

Mit freundlicher Unterstützung von

Vorherige Doppelseite: Im Landeanflug auf Leh, 2013.


LUCA DE GIORGI Ich bin Wanderführer, Fotograf und leidenschaftlicher Bergsteiger, den es immer wieder in fremde Länder zieht. Als Kletterer im Südtiroler Alpenverein bei den Jungen Alpinisten groß geworden, absolvierte ich später die Ausbildung zum Tourenleiter. Seit 2013 arbeite ich für die Bozner Reiseagentur Vai e Via, für die ich Wanderwochen in und außerhalb Europas leite. In meiner Freizeit zieht es mich zum Klettern und Trekken in die Berge, je entlegener und fremder das Ziel, desto besser. Zu meinen Lieblingsdestinationen zählen Marokko, Kirgisistan und Ladakh. www.lucadegiorgi.com

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