Indian Summer im Piemont

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Indian Summer im

Piemont


Trails &


Curves



Drei Wochen Urlaub an einem Fleck! Das ist für uns schon ein Experiment. Ein Chalet am Rande des Nationalparks "Gran Paradiso" im italienischen Piemont soll unser Basislager sein. Von hier aus - so der Plan - wollen wir die Gegend in Tagesetappen sternförmig erwandern. Für schlechtes Wetter - es ist immerhin Mitte Oktober und wir befinden uns auf einer Höhe von 1600m - und für gemütliche Abende haben wir eine Wäschekiste voller Bücher eingepackt.




s! r e r h a f io r b a C s e d Da lacht das Herz

...in Vorfreude auf die Wandertour

In schwungvollen Bögen und Kehren windet sich die kaum befahrene Passstraße Serpentine um Serpentine über eine Strecke von 14 Kilometern nach oben zum Colle del Nivolet. Ein Meisterwerk der Straßenbaukunst, diese in so ästhetischer Perfektion in die Berglandschaft zu integrieren. Die Straße überbrückt unzählige Bachläufe, welche behäbig plätschernd durch flache Taleinschnitte mäandern, um wenig später tosend über steile Felsabbrüche zu stürzen.




Entspannend einsam ist es um diese Zeit. Trotz goldenem Herbstwetter wie man es sich besser nicht wünschen kann, sind wir an den meisten Tagen kaum einer Handvoll anderer Wanderer begegnet. Jetzt, Mitte Oktober sind die Hütten bereits alle geschlossen. Die Brotzeit aus dem Dorfladen steckt im Rucksack - regionale Salami, Blutwürste und ein phantastischer Käse schmecken oben am Berg noch ein bißchen leckerer. Lediglich mit den italienischen staubtrockenen Krümelbrötchen können wir uns nicht anfreunden.






Vom neugierigen Fuchs über nervöse Murmeltiere und entspannte Gamsrudel bis zu den endemischen, streichelzahmen Steinmännchen hat der Nationalpark eine üppige Fauna zu bieten. Beim Fuchs waren wir uns nicht ganz sícher, ob er sich nur gerne fotografieren läßt oder unsere sehr leckere Wildschweinsalami gerochen hat und auf ein Stück von dieser hoffte.





"Il cuore del parco" "Das Herz des Parks" Die Tour kann man getrost als eines der Highlights der Region bezeichnen. Die weite Hochfläche erinnert eher an ein tibetisches Hochtal als an die italienischen Alpen. So schÜn, dass wir in verschiedenen Varianten das Tal gleich zweimal in der ersten Woche durchwandert haben.


Auch dieser Winkel direkt am Fuße des Gran Paradiso präsentiert sich in seiner ganzen Pracht und Einsamkeit fast für uns alleine. Touristisches Niemandsland - ganz im Kontrast zur Nordseite des Nationalparks, wo sich die autonome Region Aosta "besser" zu vermarkten versteht und die Natur keineswegs mehr ein unberührtes Rückzugsgebiet darstellt.







bella vista Der s chรถnste Bli ck auf den Mont Blan c





Durch den herbstlichen Lärchenund Zirbenwald geht es steil hinauf. Anfangs noch leicht fröstelnd, wird es mit der über den Bergkamm steigenden Sonne schnell warm. Ein herrlicher Blick vom höchsten Punkt der Wanderung hinunter auf den Lago di Ceresole belohnt uns für den schweißtreibenden Aufstieg.


Landschaftliche


Leckerbissen Was die Natur im Nationalpark Gran Paradiso bietet, sieht oftmals etwas inszeniert aus: Da hat scheinbar jemand einen gurgelnden Bach in perfekt geschwungenen Kurven in die Almwiese gegraben, überbrückt von einem durch die Jahre gezeichneten Holzsteg. Der einfamilienhausgroße Felsbrocken wurde genau an die richtige Stelle vor die schroffe Bergkulisse gerollt. Dazu leuchtend herbstliche Farben, illuminiert von einem weiß-blauen Himmel. Was dem staunenden Wanderer so postkartenartig anmutet, ist reine Natur. Plätze, die mit ihrer Unberührtheit den Geist mit Freude erfüllen.







Ein Pfad zurück in die Vergangenheit

Die heutige Tour führt uns auf schmalen Wegen ein paar hundert Meter oberhalb des Talgrunds durch verlassene Weiler, die von einer längst vergangenen Zeit erzählen. Zur nächsten befahrbaren Straße sind es ein einige Wegstunden. Kaum zu glauben, dass viele dieser rustikalen Steinhütten bis in die späten 60er Jahre bewohnt waren und sogar noch unterrichtet wurde.










Hoch droben, mit entferntem Blick auf den 4061m hohen Gran Paradiso, liegt der Lago di Dres und mit ihm noch mehrere kleine verträumte Seen, in denen sich glitzernd die umliegende Bergwelt spiegelt.




Immer den rot-weiĂ&#x;en Balken folgend, geht es mal ausgesetzt, mal gemĂźtlich auf und ab. Langweilig wird es zu keiner Zeit.





Unterwegs im königlichitalienischen Jagdreservat

Steinige Maultierpfade, verfallene Almhütten und dazu herrliche Weitblicke prägen die letzten Tagesetappen im Nationalpark. Die Hochweiden laden ein zu stundenlangem Rumsitzen, jedoch sind die Tage im Herbst schon kürzer und kühler, vor allem wenn die Sonne hinter den mächtigen Gipfeln verschwindet. Nach der stärkenden Brotzeit juckt es uns wieder in den Beinen, gilt es doch noch etliche Pfade zu erkunden.






Nach den vielen Trekkingtouren in den vergangenen zweieinhalb Wochen fühlen wir uns fit für die 10-stündige Runde über den Colle di Nel. Die Kraxelei auf den letzten Metern vor der Passhöhe hat den Puls kräftig nach oben geschraubt. Nach kurzer Rast geht´s nun stetig bergab. Wir müssen uns sputen, hinken wir unserem Zeitplan doch deutlich hinterher und wollen gerne noch bei Tageslicht ankommen.






Eine kurze Abschiedswanderung im Tal beschlieร t unseren bewegten und zugleich erholsamen Urlaub. Zeit, den Herbst im Piemont ein letztes Mal mit jeder Faser unseres Kรถrpers aufzusaugen. Trotz eines festen Wohnsitzes war es ein sehr abwechslungsreicher Urlaub, von dem wir jeden einzelnen Tag genossen haben. Nicht zuletzt, weil auch die Gรถtter des Wetters es gut mit uns gemeint haben. Volle drei Wochen Sonnenschein und nicht ein Tropfen Regen - das ist schon etwas ganz Besonderes!







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