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INTERVIEW

Wein-Agenda 2020 Willi Klinger wurde die Liebe zur Gastronomie wortwörtlich in die Wiege gelegt. Als oberster Weinvermarkter des Landes ist er weltweit erfolgreich im Auftrag des österreichischen Weins unterwegs. Josef M. Schuster hat mit ihm über seine Ziele und Visionen für die nächsten Jahre gesprochen.

Wein: Aushängeschild einer kulinarischen Kulturnation

Klinger: Ich hatte Glück: Meine Eltern hatten ein natürliches Gespür für gute Weine – unser roter Schankwein war schon in den Achtzigern ein Blau­ fränkisch von Hans Tesch, unter Kennern eine Legende und unser Schankveltliner aus Straß hat seit Jahrzehnten Bouteillenqualität.

Klinger: In Österreich gibt es schon sehr lange großartige Weiß- und Süßweine. Wenn jemand wie Jamie Oliver jetzt meint, Österreich sei „Neue Welt“, muss ich dazu sagen: eine ganz schön alte „Neue Welt.“ Aber eines stimmt: Es sind jetzt nicht einmal 30 Jahre, dass man bei uns eine Malo (biologischer Säureabbau, Anm.) macht. Diese Technik zur Förderung von Struktur und Haltbarkeit war so gut wie unbekannt. Sie galt sogar als Weinfehler.

Del Fabro: Rotwein war zu dieser Zeit nicht gerade die Stärke des heimischen Weinbaus. Wie war es möglich, dass Blaufränkisch & Co. heute auch international als absolute Topqualitäten wahrgenommen werden?

Del Fabro: Haltbarkeit ist ein gutes Stichwort. Viele Wein-Ikonen haben ihr Reifepotential eindrucksvoll bewiesen, dennoch werden in Österreich sehr viele Weine sehr jung – oft zu jung getrunken. Wie stehen Sie dazu?

Del Fabro: Stimmt es, dass Ihr Interesse am Wein sehr früh im elterlichen Gasthof entstanden ist?

Klinger: Wir arbeiten daran, die Top-Weine Österreichs auktionsfähig zu machen, zu echten „Blue Chips“. Es ist aber auch so, dass nicht nur die ganz großen Gewächse mit der Reife zulegen. Wir müssen lernen, auch den „Wein-Mittelbau“, die Klassik, die Federspiele auch als zweijährige Weine zu trinken. Ein wichtiger Evolutionsschritt, der mir besonders am Herzen liegt. Del Fabro: Gehen wir noch einmal in der Geschichte zurück. Ende der Achtziger ging ein Raunen durch das Land: „Blaufränkisch Marienthal ’86!“ Ging der Trend damals nicht zu Cuvées? Klinger: Und ob! Ich trinke ja heute auch noch sehr gern manche Cuvées. Aber Trends sind halt Trends,

Willi Klinger 1956 geboren in Gaspoltshofen, OÖ 1981 Lehramtsprüfung für Französisch und Italienisch, Mag. Phil. 1981 – 1987 Probejahr als AHS Lehrer, Schauspielausbildung 1987 – 1993 Marketingleiter der Fa. A. V. Stangl 1993 – 1995 Operative Geschäftsleitung der Fa. Wein & Co. 1996 – 2000 Geschäftsführer Freie Weingärtner Wachau 2000 – 2006 Export-Chef von Gaja seit 2007 Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing Willi Klinger liebt guten Wein und kann am Klavier mehr als den G’schupften Ferdl. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Wien.

Konichi-wa, Klinger-san!

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Wein im Dialog: Willi Klinger und Josef M. Schuster

und wir hatten so manche. Nach dem Weinskandal waren auf einmal die kaltvergorenen Heckenklescher angesagt, dann kam der Alkohol. Beim Rotwein setzten viele Winzer auf Cabernet und Merlot, gleichzeitig zeigte sich, dass nicht nur die internationalen Sorten mit dem entsprechenden Ausbau im Barrique in einer anderen Liga spielen. Heute sind österreichische Cuvées zumeist auch von den heimischen Sorten geprägt. International sind aber momentan reinsortige Weine wie der Blaufränkisch sehr stark nachgefragt: Weine mit Weltklasse – aber sicher keine Allerweltsweine.

Klinger: Auf drei Säulen: Erstens ist Österreich eine traditionsreiche kulinarische Kulturnation, deren Zugpferd der österreichische Wein ist. Zweitens hat Österreich dazu eine spannende, innovative und zeitgeistige Weinszene. Stichwörter sind Architektur, junge Winzer, Frauen im Weinbau. Und drittens haben wir eine sehr nachhaltige Weinwirtschaft. Familienbetriebe, Handlese, niedrige Erträge, integrierte Produktion, Bio, Orange - das ge hört alles zu dieser Thematik.

Del Fabro: Worauf beruht Ihre Strategie im internationalen Weinmarketing?

Del Fabro: Kommen wir also zum Thema Bio-Weine. Wie wichtig ist diese Entwicklung?

Klinger: Ihr wart da die Pioniere. Die erste Bio-Weinverkostung eines Händlers in Österreich, die ich je besucht habe, hat Del Fabro 2006 veranstaltet. Ein paar Jahre zuvor, 2003, war ich in Amerika bei einem hochkarätigen Tasting als Gastgeber für Gaja tätig. Jemand fragte mich: „Is Gaja organic?“ Das hat mich zuerst eher irritiert, aber man muss auch feststellen: Heute ist Gaja in der Toskana bereits zertifiziert, in Piemont in UmstelWILLI KLINGER lung. Bei Bio, aber viel mehr noch bei Orange muss man ein großes emotionales Bedürfnis konzedieren – viele wollen zurück zu den Ursprüngen, weg von der Technologie. Ein Problem ist bei vielen schwefel­

Österreichischer Wein muss auktionsfähig werden.

Foto: ÖWM/David Plakke

Japan: Austrian Wine Ambassadors Contest

Austrian Monuments NY: Willi Klinger, Terry Theise, Jancis Robinson, David Schildknecht, Aldo Sohm

Austrian Tasting Utrecht

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INTERVIEW

Willi Klinger, ÖWM: erfolgreiches Herkunftsmarketing

freien oder maischevergorenen Weinen oft die Prüfnummer. Vom definierten Geschmacksbild für Qualitätswein sind manche einfach zu weit entfernt. Sollen wir vielleicht eine eigene Kategorie mit speziellen Kriterien und einer Kapsel in Orange-Weiß-Orange entwickeln? Da ist noch viel unklar.

Gebieten umsetzen: Vulkanland Steiermark DAC, Südsteiermark DAC mit Sonderstatus für Sausal, und Weststeiermark DAC. Geplant ist ein dreistufiges System: Weinbaugebiet – Ort oder Großlage – Riede. Eigenständige Subregionen wie Sausal, Klöcher Traminer oder Grauburgunder Straden können in diesem System jeDel Fabro: Sie haben das von derzeit, besonders ab der Ihrem Vorgänger Michael zweiten Stufe abgebildet werWILLI KLINGER Thurner begonnene und dessen den. Vorgänger Bertold Salomon Die Riedenerhebung in ganz konzipierte System der österreichischen Herkunfts- Österreich ist auf einem guten Weg. Einige Gebiete weine, kurz DAC, recht energisch umgesetzt. Wie geht sind praktisch fertig. Es ist ein ganz wichtiger es damit weiter? Punkt, dass Riedennamen nicht missbräuchlich verwendet und mit Markennamen verwechselt werden. Klinger: Wenn alles klappt, wird die Steiermark Das werden wir aber im Zuge der Riedendefinition 2015 eine neue Herkunftsordnung mit drei DAC- legistisch in den Griff bekommen.

Klinger: Bei uns gibt es vor allem sehr „weinige“ Sekte, etwas für Kenner. Wir können nicht eine Region zur Champagne von Österreich machen, bei uns gibt es in fast allen Gebieten guten Sekt. Daher haben wir ein Gesamtkonzept, eine dreistufige Qualitätspyramide entwickelt, deren Eckpunkte wir am Tag des österreichischen Sekts am 21. Oktober vorstellen werden. Und vielleicht hat ja der neue Finanzminister als Winzer Verständnis dafür, dass gerade die mittelpreisige Schiene von der Schaumweinsteuer sehr negativ betroffen ist. Ihre Einhebung ist sehr aufwändig, ihr Nutzen fragwürdig. Del Fabro: Vielen Dank für das Gespräch.

Foto: ÖWM/Hans Peter Siffert

Es ist ganz wichtig, dass Riedennamen nicht mit Markennamen verwechselt werden.

Del Fabro: Österreichischer Sekt hat wieder mit der Schaumweinsteuer zu kämpfen. Was ist zu seiner Förderung geplant?

Foto: ÖWM/David Plakke

Zürich: Österreichs große Rotweinjahrgänge 2011 & 2012

Austrian Tasting Helsinki

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Jancis Robinson, Willi Klinger, Hugh Johnson

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