DEMO 1-2015

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2015

Ă&#x2013;ffentliche Sicherheit in den Kommunen

Einzelpreis 6,00 Euro | 67. JG. | A 02125

Guter Schutz ist teuer

Mit Landes-SGK Extra

KOMMUNEN ZUKUNFTSFÄHIG MACHEN

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Infos und Anmeldung unter: www.demo-kommunalkongress.de

Inhalt

Titel Sicherheit in den Kommunen 4

Foto: Dirk Bleicker

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Mit Prävention geht alles besser | Interview mit Reinhold Gall, Innenminister von Baden-Württemberg Grenzkriminalität als Standortnachteil | Gestiegene Einbruchszahlen Irgendwann gibt es Geld | Streit um Polizeieinsätze bei Fußballspielen Mordversuch im Namen des Fußballs? | Es bleibt nicht immer friedlich Sogar sensible Daten sind oft kaum geschützt | Behörden agieren fahrlässig Klein, aber wirksam: Die Polizei | Ein Mann sorgt für Sicherheit im Dorf Schneller wissen, wo es brennt | Krisenmanagement in Meißen SPD-Bundestagsfraktion | Bund-Länder-Finanzbeziehungen

der Innenminister von Baden-Württemberg Reinhold Gall mahnt mehr Respekt vor Polizisten an und räumt dem Thema Prävention in Sachen Kriminalität einen hohen Stellenwert ein. Seiten 4 bis 6.

So schön der Fußball-Sport ist – die Kosten für die „Nebenwirkungen“ nehmen unstatthaft zu. Bremen will sich jetzt wehren. Mehr dazu auf Seite 8.

Die Frage nach der Sicherheit von BürgerDaten kommt nicht von ungefähr. Wie man damit umgeht und wie man vor allem dem Bürger vermittelt, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht, das hat Maicke Mackerodt in NRW recherchiert. Das Ergebnis lesen Sie auf Seite 10.

Was man alles mit Grün-Müll anstellen kann und welche spannenden Technologien es da gibt hat unser Autor Heinz Wraneschitz an einem Beispiel festgestellt auf Seite 20.

Der 9. DEMO-Kommunalkongress war ein voller Erfolg. Über 400 Besucher haben sich im Ellington-Hotel eingefunden. Was dort alles geschah, können Sie auf den Seiten 24 bis 27 nachlesen. Der Termin für den nächsten Kongress steht schon fest. Merken Sie sich schon mal den 29./30. Oktober 2015 vor.

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8 Report Energiewende der Kommunen 15 16 18 19 20 22

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17 Berichte

In diesem Sinne bis zur nächsten Ausgabe

Barbara Behrends, Chefredakteurin

Energie-Oscar für KlimaKampagne | Bielefeld will`s wissen Damit es bei einem Blackout nicht zappenduster wird | Vorsorge ist wichtig Es bewegt sich was | Widerstand gegen Stromtrassenprojekt SuedLink Showdown im Netzdschungel | Karlsruhe entscheidet über Rekommunalisierung „Leuchttumprojekt“ für Grünabfallentsorgung | Bioenergiezentrum Hochfranken Antizipieren, was man noch nicht weiß | Neue Strategien in der Energiepolitik

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Lasst uns reden! | DEMO-Kommunalkongress 2014 Füchse in Berlin-Stadt | Die Preisträger 2014 Bücher Menschen | Termine Das Letzte | Vorschau | Impressum

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Titel

Mit Prävention geht alles besser Reinhold Gall, Innenminister von Baden-Württemberg, hat sein „Ländle“ gut im Griff. Mit der Sicherheit ist es wie überall: Vorsorge zu betreiben hilft, damit möglichst wenig passiert Interview Barbara Behrends

Heutzutage sind Finanzen das A und O. Welche Rolle kommt dem Geld bei der Sicherheit zu?

Wenn wir über Finanzbedarf in Zusammenhang mit Sicherheit reden, dann reden wir hier über die Belastung des Landeshaushaltes. Denn bei den Kosten für das Personal, das an den verschiedenen Stellen für Sicherheit sorgt, trägt die Hauptlast das Land. Wir stellen mit den rund 30 000 Polizeibeamtinnen und -beamten, mit den Tarifkräften, mit denen im Vollzug etc. in erster Linie die Sicherheit. Dies wohlgemerkt in Zusammenarbeit mit dem Aufgabenfeld, für das die Kommunen bei uns im Land Verantwortung

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tragen, beispielsweise mit dem Gemeindevollzugsdienst, aber das ist jedenfalls im Vergleich mit dem Personal, das wir einsetzen, um für Sicherheit zu sorgen, der eindeutig kleinere Part.

Der demografische Wandel hat nach Voraussagen zur Folge, dass es weniger Kriminalität geben wird. Im Alter nimmt angeblich die Bereitschaft, illegale Dinge zu tun, signifikant ab. Glauben Sie das auch?

Ich sage mal ganz salopp: Wünschenswert wäre es. Aber ich glaube nicht, dass automatisch durch den demografischen Wandel

das Thema Sicherheit einen anderen Stellenwert erfährt. Ich denke eher umgekehrt.

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten ja zu Recht vom Staat, dass er Sicherheit gewährleistet. Insbesondere bei der älter werdenden Gesellschaft stelle ich fest, dass viele hohe Erwartungen haben, weil gerade bei ihnen das subjektive Sicherheitsempfinden eine größere Rolle spielt als bei den Jüngeren. Deshalb werden die Herausforderungen an die Politik, ausreichend Personal und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, auf keinen Fall kleiner werden.

Mancherorts bilden sich Bürgerweh-

Titel

Titel: Innere Sicherheit in den Kommunen

Foto: Höck/DEMO

ren, die nachts in den Straßen Patrouille laufen. Oder es gibt private Sicherheitsdienste. Was halten Sie davon?

Für Baden-Württemberg kann ich das nicht konstatieren. Das will ich ausdrücklich sagen. Bürgerwehren gibt’s bei uns nicht. Es gibt erfreulicherweise Menschen, die sich das Thema Sicherheit zu gewährleisten auch zu eigen machen. Wie verhalte ich mich selbst im öffentlichen Raum? Welchen Beitrag leiste ich, um selber als Bürger oder als Bürgerin Wohnungseinbrechern das Leben ziemlich schwer zu machen. Ich bin schon der Auffassung, da kann jeder auch einen Beitrag leisten. Und dann kommt es darauf an, dass dieses Miteinander – beispielsweise der Landespolizei mit den Kommunen – funktioniert. Die Landesregierung in Baden-Württemberg betreibt mit den Kommunen eine Politik auf Augenhöhe, es gibt Kooperationspartnerschaften vor Ort beispielsweise auch bei der Aufgabenaufteilung. Das heißt: In welchen Städten hat der Gemeindevollzugsdienst welchen Umfang und welche Aufgaben und entlastet so

die Polizei des Landes? Das Thema Sicherheit und einhergehend damit, wer dafür zu sorgen hat, ausschließlich immer beim Land abzuladen, halte ich für falsch. Das ist eine gemeinsame Aufgabe, der jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten und seiner Verantwortung gerecht werden muss. Ich glaube, dass es uns auch in Zukunft gelingt, Deutschland insgesamt und gerade unser Bundesland sicherer zu halten als viele andere Länder.

Thema Sicherheitsdienste: Da mache ich einen Unterschied zwischen Bürgerwehren und qualifizierten Sicherheitsdiensten. Das meinte ich mit gegenseitiger Verantwortung. Wenn einzelne Kommunen im Land ihre Steuerungsmöglichkeiten zu wenig nutzen, um dann anschließend zu sagen, die Polizei soll die negativen Auswirkungen regeln, dann funktioniert es nicht.

Prävention ist ein wichtiges Stichwort.

Tut sich auf dem Gebiet etwas?

Es ist ein Markenzeichen beispielsweise der Polizei Baden-Württembergs, Prävention zu betreiben in der ganzen Bandbreite unserer

Zuständigkeit. Das fängt beim Thema Verkehrsprävention an. Da haben wir wirklich Erfolge erzielt. Die Zahl der Menschen, die im Straßenverkehr zu Tode kommen, die verletzt oder schwerstverletzt werden, ist seit Jahren auch in unserem Bundesland rückläufig. Das führe ich schon auch auf Prävention zurück. Und das Thema Kriminalprävention hat man in Baden-Württemberg schon vor rund 20 Jahren als Markenzeichen der Polizei betrachtet. Und bei der jüngst zurückliegenden Polizeireform zu Beginn des Jahres 2014 haben wir der Prävention auch sichtbar einen hohen Stellenwert eingeräumt, indem das direkt bei den Chefs angesiedelt ist. Wenn ich mir die Entwicklung bei den Wohnungseinbrüchen anschaue, haben wir bundesweit zwar gerade insgesamt steigende Zahlen, aber dass der Anteil der versuchten Wohnungseinbrüche relativ groß ist, führe ich auch auf Prävention zurück: Die Menschen nutzen nämlich die Angebote, die wir machen und die Hinweise, die wir präventiv geben. Sie richten z.B. Einbruchssicherungen an den Häusern ein.

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Kommunalkongress 2015 der Bertelsmann Stiftung 16. bis 17. März 2015 in Berlin

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„Stadt Land Bund – Finanzbasis stärken, Spielräume schaffen“ Eine solide Finanzausstattung ist Grundvoraussetzung für kommunale Handlungsfähigkeit. In vielen Kommunen fehlt es jedoch daran. Drückende Schuldenstände und ausufernde Soziallasten führen dazu, dass wichtige Zukunftsinvestitionen, wie zum Beispiel in Bildung und Infrastruktur gar nicht mehr oder nicht in ausreichendem Maß getätigt werden.

Welche Chancen zur Stabilisierung der kommunalen Haushalte bietet die anstehende Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen? Was können die betroffenen Kommunen selbst tun, um aus eigener Kraft ihre Haushaltssituation zu verbessern?

Diese Fragen stehen im Fokus des Kommunalkongress 2015. Mit praxisorientierten Beispielen aus dem In- und Ausland wird aufgezeigt, welche erfolgversprechenden Lösungsansätze es gibt, die kommunale Finanzbasis zu stärken und Handlungsspielräume für notleidende Kommunen zu schaffen.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Ihre Ansprechpartner Alexandra Dordevic | Organisation info@kommunalkongress.de Dr. Thorsten Hellmann | Programm Thorsten.Hellmann@Bertelsmann-Stiftung.de

www.kommunalkongress.de

Ber tels m a n n Stiftung

Unsere Beratungsstellen werden geradezu überrannt. Gerade in dem Bereich haben wir im zurückliegenden Jahr rund 30.000 Termine und Veranstaltungen gemacht. Das macht deutlich, dass die Polizei unseres Landes nicht nur im repressiven Bereich unterwegs ist, sondern wir dem Thema Prävention einen hohen Stellenwert einräumen. Ich denke schon, dass wir – logischerweise im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten – das tun, was getan werden kann.

Alkohol ist immer wieder der Grund für Ausschreitungen – bei Jugendlichen wie bei Erwachsenen. Müsste der Staat dort vielleicht auch präventiv eingreifen? Können die Kommunen vor Ort etwas tun?

Ich habe zu denen gehört, die den Kommunen auch direkt die Möglichkeit geben wollten, das Thema Alkoholkonsumverbot vor Ort zu entscheiden. Leider gab es dafür bislang keine politische Mehrheit in BadenWürttemberg. Ob die Kommunen dann im Rahmen ihrer ortspolizeilichen Möglichkeiten einschreiten oder nicht, bleibt dann ihnen überlassen. Aber ich plädiere nach wie vor dafür, dass wir den Kommunen diesen rechtlichen Rahmen einräumen.

Man hat oft den Eindruck, dass zu viele Waffen in Privatbesitz sind. Was kann man gesetzlich, eventuell auch kommunal tun?

Ich teile die grundsätzliche Auffassung, dass es viele Waffen in Privatbesitz gibt. Da habe ich mich auch in der Vergangenheit immer dafür stark gemacht, dass der Staat entsprechend regulierend tätig wird. Im Zusammenhang mit einem Amoklauf in Baden-Württemberg kam es auch zu Verschärfungen des Waffengesetzes auf Bundesebene. Der Bund trägt in erster Linie für das Waffengesetz die Verantwortung. Jetzt weiß ich aber auch, dass gerade in den ländlichen Räumen Schützenvereine keine unwesentliche Rolle spielen als Teil des dörflichen, des gemeinschaftlichen Lebens. Ich habe in der Tat auch kein Problem, wenn jemand Schießsport im klassischen Sinne betreibt, dieses zu akzeptieren. Aber wahr ist wohl auch, dass nicht alle, die Mitglied in einem Schützenverein sind, sich aktiv sportlich betätigen, sondern

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Reinhold Gall, Innenminister von Baden-Württemberg Foto: Ministerium

diese Möglichkeit nutzen, um legal Waffen zu besitzen. Deshalb haben wir, wie ich finde, zu Recht auf Bundesebene durch Verschärfung des Waffengesetzes dafür Sorge getragen, dass die Zuverlässigkeit der Waffenbesitzer einen anderen Stellenwert hat als dies in der Vergangenheit der Fall war, auch, wie Waffen aufbewahrt werden müssen, die Trennung von Waffen und Munition, und dass dies auch kontrolliert wird. Da gab‘s dann schon erhebliche Diskussionen, weil viele Menschen, die Waffen besitzen und die ernsthaft Sport betreiben, dies als Gängelung betrachtet haben. Es muss aber unser Beitrag sein, um zu gewährleisten, dass Waffen nicht in unbefugte Hände geraten. Deshalb befürworte ich eine Amnestieregelung, die den Menschen die Möglichkeit gibt ihre Waffen abzugeben ohne dass sie eine Strafe befürchten müssen.

Leben Polizisten heute gefährlicher als früher?

Das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte hat einen Wert erreicht hat, der in keinster Weise akzeptabel ist. Aber wir haben beispielsweise in Baden-Württemberg darauf reagiert mit einem sogenannten Dreisäulenmodell, indem wir einerseits unsere Polizeibeamtinnen und -beamte noch besser ausbilden, was das Thema Konflikte betrifft.

Das heißt, mit bestimmten Situationen so umzugehen, dass die Polizei nicht Auslöser der Gewalt ist oder gar keinen Anlass dazu bietet. Wir haben das Thema interkulturelle Kompetenz bei der Polizei verstärkt. Worauf es aber auch ankommt, ist, den Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu machen, dass das Menschen in Uniform sind, die als Mitbürgerinnen und Mitbürger Teil dieser Gesellschaft sind und dass sie Respekt für ihre Arbeit verdient haben. Ich baue darauf, dass die Erkenntnis wieder reift, dass Gewalt gegen Polizei etwas ist, was nicht akzeptiert werden kann.

Titel

Grenzkriminalität als Standortnachteil 2008 fielen die Schlagbäume an den EU-Außengrenzen nach Polen und Tschechien. Seitdem stiegen Einbrüche bei mittelständischen Firmen sprunghaft an. Polizei und Politik reagieren kaum Autor Harald Lachmann

Raimund Kohli weiß schon, was los ist, bevor er an diesem Morgen sein Skoda-Autohaus in Görlitz erreicht hat. „Verflixt, der Tag ist gelaufen...!“, durchfährt es ihn. Ein nagelneuer „Octavia“ steht aufgebockt auf Ziegelsteinen, den kompletten Radsatz ließen die Diebe mitgehen. Immerhin, das Auto steht noch

und Tschechien für immer hoch. Die Politiker jubelten – und begannen alsbald, entlang der einstigen EU-Außengrenze kräftig die Polizei auszudünnen. Und immer noch gehe dieses Schrumpfen „mehr oder weniger schleichend“ weiter, warnt die Gewerkschaft der Polizei.

empfinden sogar eine latente Verschlechterung gegenüber den Vorjahren. Rund jeder zweite sieht eine reale Gefahr, Opfer von Einbruch und Diebstahl zu werden.

Alles wird gestohlen, was man mitnehmen kann Und die Diebesbanden, bei denen es sich keineswegs nur um Osteuropäer handelt, lernen immer noch dazu. Allein 2013 stahlen sie in Sachsen 3300 Fahrzeuge. Das ist fast jedes zehnte Auto im Grenzgebiet zu Polen. Für 2014 fehlen noch die Zahlen. So spricht denn der Dresdener Kammerpräsident Dr. Jörg Dittrich recht unverhohlen Klartext, wenn er zwar „die Bemühungen anerkennt“, die Polizei und Politik diesbezüglich unternähmen, aber zugleich spitz hinzufügt: „Sie scheinen nicht zu wirken. Nach wie vor wird alles gestohlen, was man mitnehmen kann.“ Grenzkriminalität werde so zum akuten Standortnachteil für die Firmen.

Halbherzige Strafverfolgung

Nur ein bisschen auf Streife gehen, hilft nicht in den Grenzgebieten. Die Polizei muss wirksame Maßnahmen ergreifen, um der Kriminalität Einhalt zu gebieten.

Foto: Lachmann

da. Anders als bei dem „Superb“, der ihm vor einiger Zeit direkt vom Hof geklaut worden war. Zum Glück zahlte die Versicherung.

Schlimmer traf es da Kollegen im Zittauer Gebirge: Nach dem x-ten Einbruch kündigte man ihnen die Police. Überdies sollen die Autohäuser im Grenzland nach dem Willen der Versicherungen ihr Gelände komplett einzäunen und verschließen. „Aber viele Kunden kommen doch erst abends oder am Wochenende – soll ich sie aussperren?“, fragt Kohli.

2008 gingen die Schlagbäume nach Polen

Schlechte Sicherheitslage Die Folgen dieser Sparpolitik spürt keiner härter als der grenznahe Mittelstand. Manchmal reiche schon ein Einbruch, um eine Firma existentiell in Not zu bringen, weiß der Görlitzer Kreishandwerksmeister Dr. Knut Scheibe. So befragten die Handwerkskammern Dresden und Cottbus bereits mehrfach ihre Mitglieder zur allgemeinen Sicherheitslage.

Dabei zeigte sich: Jeder vierte nennt die Situation rundum „schlecht“, knapp 40 Prozent der Unternehmer in den Landkreisen Görlitz (Sachsen) und Spree-Neiße (Brandenburg)

Inzwischen befasste sich Ende Dezember der Bundestag mit dem Entwurf eines Ratifikationsgesetzes. Es soll die Grundlagen für eine wirksamere Kooperation zwischen deutschen und polnischen Polizei-, Grenzund Zollbehörden regeln, gerade auch bei der grenzüberschreitenden Verfolgung von Tätern. Ob es wirkt, bleibt abzuwarten. Denn schon seit 2014 dürfen deutsche Beamte Gangster nach Polen verfolgen – sogar mit der Waffe. Deutsch-polnische Polizeistreifen sind in Görlitz und dem polnischen Zgorzelec möglich – aber doch leider eher die Ausnahme. Mehr als jeder vierte der geplanten Postengänge in den Jahren 2012 bis 2014 wurde kurzfristig abgesagt, meist von polnischer Seite. „Aufgrund dienstlicher Notwendigkeiten“, heißt es dazu lapidar im sächsischen Innenministerium. Genaueres wisse man nicht.

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Titel

Wer die öffentliche Ordnung stört, soll für Einsätze zahlen. Auf dieses bei Staatsrechtlern und in der Politik unumstrittene Rechtsstaatsprinzip bezieht sich das Bremer Innenressort im Wesentlichen. Dafür gab es viel Applaus – einerseits. Auf der anderen Seite ernteten die Bremer dafür ordentlich Schelte. Allen voran vom DFB und der DFL. Die tief beleidigten Sportfunktionäre entzogen den Bremern dafür prompt das Länderspiel gegen Gibraltar. Außerdem kündigte LigaChef Reinhard Rauball an, gegen die Bremer Linie notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. Im Übrigen werde der Zahlungsbescheid an Werder Bremen weitergeleitet.

Großeinsätze der Polizei kosten viel Geld – aber wer soll das bezahlen?

Foto: ironstorm/Fotolia

Irgendwann gibt es Geld Bremen hält am Ziel fest, die DFL an den Kosten für Risiko-Fußballspiele zu beteiligen Autor Ulf Buschmann

Die sprichwörtliche Butter lässt sich Ulrich Mäurer nicht vom Brot nehmen. Im Gegensatz zu manchen seiner Amtskollegen kuscht der Bremer Innensenator nicht vor dem Deutschen Fußballbund (DFB). Kein Wunder also, dass die Republik aufhorchte, als die Bremer im Juli auf Konfrontationskurs gingen. Damals verkündete Mäurer, dass Bremen die Proficlubs beziehungsweise die Deutsche Fußball-Liga (DFL) für sogenannte Hochrisikospiele zur Kasse bitten wird. Im Oktober stimmte die Bremische Bürgerschaft dem neuen Landesgesetz mit den Stimmen der rot-grünen Koalition zu.

Hochrisikospiele sind jene, bei denen die Ordnungsbehörden mit einer großen Anzahl von gewaltbereiten Menschen rechnen und deshalb mehr Polizei einsetzen müssen.

Dieses trifft im Fall der Bremer dann zu, wenn Hannover 96 und insbesondere der

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Hamburger Sportverein bei Werder Bremen antreten müssen. Dann sind statt der rund 400 Beamten gut und gerne 800 bis 1 000 rund ums Weserstadion, am Hauptbahnhof und an anderen Stellen der Hansestadt im Einsatz.

Die Kosten gehen in die Millionen Diese Einsätze kosten bis zu 350 000 Euro je Spiel – macht pro Saison zwischen 1,4 und zwei Millionen Euro. In der aktuellen Saison wird es etwas billiger, weil Ende vergangenen Jahres die gewaltbereiteren Fans aus Hannover ihrem Verein die Gefolgschaft versagt hatten und zum Spiel in Bremen nicht mit anreisten. Dennoch bleibt die Zahl der Einsatzstunden erheblich. „In 2014 mussten bei Fußballeinsätzen in Bremen insgesamt 50 953 Stunden aufgewandt werden, davon 20 061 durch Fremdkräfte“, teilt Mäurers Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler mit.

Inzwischen ist die Post verschickt worden – übrigens nicht vom Land Bremen, wie vielfach berichtet, sondern von der Polizei als kommunaler Ordnungsbehörde. Vollstreckt werden soll der Bescheid jedoch solange nicht, bis Rechtsklarheit herrscht. Und das kann dauern, mahlen die Mühlen der Bürokratie doch langsam.

Der Fußballverband bleibt stur Anders lassen sich die Fußballfunktionäre offenbar nicht von ihrem hohen Ross holen.

Nicht nur im vergangenen Sommer versuchten Rauball und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach Mäurer lächerlich zu machen.

Dies hatten die Gewaltigen des immerhin größten nationalen Sportverbandes der Welt schon 2009 getan. Damals war Mäurer Vorsitzender der Konferenz der Innenminister und brachte das Thema Fußball und Gewalt auf die Tagesordnung. Zwar einigten sich die Beteiligten auf einen Runden Tisch, doch intern war damals schon zu vernehmen, dass der DFB sich nicht rühren wolle.

Wie es aktuell aussieht, arbeitet die Zeit für Mäurer. Denn inzwischen ist es nicht nur ruhiger geworden, sondern die öffentliche Meinung schlägt in Richtung des Bremer Sozialdemokraten aus. Etwa 70 Prozent der Bundesbürger sind laut aktuellen Umfragen für das Vorgehen von Innenbehörde und Polizei. Sollten dann auch noch die Gerichte ihre Meinung bestätigen, „werden die Finanzminister sicherlich Druck machen“, schätzt Sprecherin Gerdts-Schiffler.

Titel

Mordversuch im Namen des Fußballs?

Vor dem Zweitliga-Fußballderby Fürth – Nürnberg bewarf ein randalierender Fan einen entgegenkommenden U-Bahn-Zug mit einem Feuerlöscher. Gewalt im Fußball gab es schon im Mittelalter Autor Heinz Wraneschitz

Ein Montagnachmittag im August 2014, etwa halb sechs, in einer U-Bahn der Linie U1 von Fürth nach Nürnberg. Kurz nach dem Bahnhof Muggenhof, auf freier, oberirdischer Strecke: Plötzlich ein heftiger Knall am Boden des Waggons. Notbremsung.

Stillstand. Ruhe.

Feuerlöscher-Angriff Es war ein „Mordversuch“ an der 22-jährigen U-Bahn-Fahrerin, sagt hinterher die Polizei. Aus der Gegenrichtung Fürth hatte ein Mann durch ein herausgedrücktes Fenster bewusst einen Feuerlöscher auf die U-Bahn geworfen. Die Frontscheibe habe gerade noch verhindert, dass die Fahrerin voll getroffen wurde. Der Werfer wurde wenige Tage später festgenommen, sitzt bis heute in U-Haft. Doch nicht etwa einer der gut 100 Mitfahrer in dessen U-Bahn-Waggon gab der Polizei den entscheidenden Tipp: Der potenzielle Mörder wurde aufgrund von Spuren auf dem Feuerlöscher ermittelt.

Wie kann so etwas passieren? Keine aussagewilligen Zeugen am helllichten Tag in einem überfüllten U-Bahn-Zug? Das hat wohl mit Korpsgeist zu tun. Denn der Feuerlöscher flog aus einem „Fanzug“. Der sollte meist organisierte Anhänger des „Club“ 1. FC Nürnberg nach Fürth zum Derby gegen die dortige Spielvereinigung bringen.

Vor, während und nach diesem Spiel galt in Nürnberg und Fürth die Hochsicherheitsstufe. Denn die „Fans“ der beiden Vereine sind nicht gut aufeinander zu sprechen.

Inzwischen haben die Verantwortlichen das Geschehen zwar ganz genau analysiert. „Wir versuchen zu jedem Spiel in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Funktionsgruppen festzustellen, wo es Probleme gibt. Aber eine Garantie, dass nichts mehr

passiert, hast Du nicht“, ist Jürgen Bergmann sicher, beim 1. FCN angestellter Fanbetreuer.

Selbstkontrolle ist wichtig Prof. Harald Lange gibt ihm recht. Lange leitet das in Würzburg und Frankfurt ansässige Institut für Fankultur e.V. Schon „die Ursprünge des Fußballs im Mittelalter waren begleitet von Volksfesten – und von Gewaltausbrüchen.“ Als eine Möglichkeit, Gewalt durch Fußballrowdies zu minimieren, nennt Lange „Selbstkontrolle. Gewaltprävention ist immer dann erfolgversprechend, wenn sie aus der Fangruppe selbst kommt.“ Doch wie auf Menschen einwirken, die nicht als Fanverein organisiert und „keine homogene Gruppe“ sind, wie Katja Erlspeck-Tröger bestätigt? Sie und die anderen Mitarbeiter des von DFB und Vereinen finanzierten Fanprojekts Nürnberg „gehen in die UltraLokalitäten, sprechen mit den Leuten. Wir vermitteln genaue Wertvorstellungen, unsere Arbeit ist präventiv und deeskalierend.

Aber was der Einzelne draus macht, kann man nicht garantieren“, klingt sie schon fast resigniert.

Mordversuch in Nürnberg hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet.“ Solche Teams gibt es nicht nur in Franken.

Denn Probleme mit Fußballrowdies haben viele Vereine, von der Bundesliga bis in die Kreisklassen der Republik. In Nürnberg scheint die Präventionsarbeit erste Früchte getragen zu haben: Beim Rückspiel kurz vor Weihnachten im Frankenstadion machten die FCN-Fans lediglich mit einem riesigen Christkind-Plakat von sich reden. Dafür fackelten Fürther Zündler grün-weiße Pyrotechnik ab. Hinter großen Transparenten, um ihre Gesichter zu verstecken. Auch hier nannten die Drumherumstehenden der Polizei die Namen der Brandstifter nicht. Also auch bei den Fürthern: Korpsgeist statt Verzicht auf Verbotenes. Wenn auch kein Mordversuch.

Fußball ist kein Spektakel Holger Plank vom Polizeipräsidium Mittelfranken sieht das etwas anders. Die Polizei konzentriere sich auf einige wenige Intensivtäter: „Man darf den Fehler nicht machen, alle über einen Kamm zu scheren“, so Plank: „Wir müssen die demaskieren, die Fußball als Spektakel dazu nutzen, ihre Gewalt zu betreiben.“ Der Kriminaldirektor bestätigt im Übrigen: „Nach dem U-BahnUnter eine großen „Decke“ zündelten Fürther Fussballfans im Dezember 2014.

Foto: Wraneschitz

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Titel

Sogar sensible Daten sind oft kaum geschützt Behörden ignorieren die Gefahr, die von Hacker-Angriffen ausgeht Autorin Maicke Mackerodt

„Es fehlen in den kommunalen IT-Strukturen immer noch die einfachsten Sicherheitsmaßnahmen“, weiß Tobias Morsches und findet das konsequente Ignorieren der Gefahren kritisch. Er schleicht sich als „Penetrations-Tester“ in Firmen oder städtische Verwaltungsnetze ein. Auftraggeber sind die Opfer selbst. Kommunen und Behörden wollen von ihm wissen: Wie sicher sind unsere Netzwerke und IT-Systeme? Gut ein Dutzend Städte und Gemeinden hat der IT-Experte mit seiner Sicherheitsfirma aus Leichlingen in der Nähe von Düsseldorf inzwischen überprüft. Vor allem innerhalb der städtischen IT-Netzwerke waren sensible Daten wie Personenregister, Religionszugehörigkeit, Daten des Ordnungsamtes oder lebensbedrohliche Informationen aus Zeugenschutzprogrammen kinderleicht abgreifbar. Die Daten der Bürger oder Ratsinformationen liegen quasi auf einem digitalen Silbertablett.

Tobias Morsches berichtete im Landtag, dass er maximal acht Stunden gebraucht hat, um vollständig auf alle relevanten Systeme ei-

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Foto: Can Stoc

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Vor einem Jahr berichtete ein Insider im NRW-Landtag, dass die Sicherheitslage in städtischen Kommunen oder Landesbehörden kritisch ist. Vorsichtig formuliert.

Brisante Daten sind schlecht oder gar nicht geschützt, Geldkonten der Behörden frei zugänglich. Sensible Daten des Ordnungsamtes liegen frei abrufbar in den Netzwerken. Hacker können sich in zwei Stunden problemlos Zugang zu vielen Systemen verschaffen.

Daran hat sich interessanterweise bis heute wenig geändert.

zen“, stellt Tobias Morsches fest. „Aber wenn ich als Bürger zu einer Beratung gehe, sitze ich neben dem Rechner des Sachbearbeiters. Diese Rechner sind nie gesperrt, ich kann blitzschnell etwas installieren oder verändern, selbst bei Publikumsverkehr.“ Eine Schwachstelle sind für Tobias Morsches auch öffentlich zugängliche InternetTerminals in den Bürgerportalen, die ohne Firewall mit dem internen Netz verbunden sind. Es sei kein Problem, eine freie Netzwerkdose zu finden. „Schon habe ich mit einem simplen W-LAN Router Zugriff auf das System, inklusive der brisanten Daten.“

ner Behörde in NRW zugreifen zu können. „Es gibt zig Wege reinzukommen, dazu benötige ich weder Insider-Kenntnisse noch geheimdienstliche Methoden“, so Morsches. „Kriminelle oder auch Geheimdienste könnten sich bei den Daten der NRW-Kommunen einfach bedienen“, sagte er dem WDR. In einem Fall sei dem IT-Experten sogar aufgefallen, dass vermutlich ein Geheimdienst über einen längeren Zeitraum auf das interne Netz einer Stadt in NRW zugegriffen habe. Details wollte Morsches aber nicht preisgeben.

Städte und Gemeinden agieren immer noch fahrlässig Was den IT-Tester überrascht: „Die Sicherheitslage ist nach wie vor katastrohal. Es besteht kein ausreichendes Gespür für die Gefahr.“ Die Verwaltungsnetzwerke der Städte und Gemeinden sind weiterhin kaum vor Hackern oder Betrügern geschützt. „Jeder meint, man muss sich nur von außen schüt-

Sicherheit muss nicht immer teuer sein

Mittlerweile gibt es im NRWLandtag eine Arbeitsgruppe, die sich nach den Leitlinien vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) mit den Risiken beschäftigt. „Die Erkenntnisse müssten nur noch mit Leben gefüllt werden“, sagt der IT-Profi und lächelt kaum merklich.

Das BSI hatte zuletzt Emmerich am Rhein gewarnt, das veraltete Betriebssystem Windows XP in der Verwaltung nicht mehr zu nutzen. IT-Experten wie Morsches plädieren für eine Basissicherheit in den Behörden, „das ist gar nicht teuer“. Dafür reichen oft lange Passwörter, „am besten ganze Sätze mit mindestens 18 Zeichen, die man sich gut merken kann“. Anstatt teurer Software raten Experten zu effektiver Verschlüsselung.

Gemeint ist: deutlich mehr Haken setzen, wer beispielweise Akteneinsicht bekommen soll – und wer nicht. „Das geht einfach und schnell.“ In den Behörden fehlen zudem Security-Spezialisten. Grundsätzlich müssten bei jeder Digitalisierung die Folgekosten für die Security mit eingeplant werden. „Das übersehen leider viele Kommunen“ weiß Morsches. „Aktenschränke hatten früher Schlösser. Das Schloss am digitalen Aktenschrank fehlt meist im Budget. Das ist fatal.“

Weitere Informationen zum Thema: www.bsi.bund.de

www.pwc.de/wibera

Kommunale Haushaltskonsolidierung Stadtwerkekooperationen

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Titel

Klein, aber wirksam: Die Polizei Gut, wenn ein Polizist seine Pappenheimer noch kennt Autor Carsten Wittmaack

2013 wurde bekannt, dass die Polizei in Schleswig-Holstein plante, mehrere Kleinstwachen im Land zu schließen. Auch die EinMann-Station in Hörnerkirchen war davon betroffen und sollte dichtgemacht werden.

Sämtliche Kommunalpolitiker quer durch alle Parteien der vier Hörner Dörfer liefen gegen die Pläne Sturm – mit Erfolg.

Nun ist sogar geplant, die Polizeistation im äußersten Norden des Kreises Pinneberg personell um einen zweiten Beamten aufzustocken. Schließlich hat Polizeihauptmeister Thork Jewan ein flächenmäßig ungewöhnlich großes Revier abzudecken. Und auch „auf dem platten Land“ ist die Kriminalität längst angekommen.

Ein-Mann-Station mit Pferd Seit Mai 2014 ist Jewan Chef der Ein-MannPolizeistation in Hörnerkirchen. Seine Wache liegt im örtlichen Amtshaus zentral mitten im Dorf. Jewans Amtsvorgänger Klaus Dibbern verabschiedete sich hoch zu Ross von „seinen“ Bürgern. Der passionierte Pferdefreund ließ es sich nicht nehmen, ein letztes Mal durch sein Revier zu reiten.

Als Dibbern 2010 seinen Dienst antrat, wurde er von Amtsvorsteher Bernd Reimers und dem damaligen Leitenden Verwaltungsbeamten Jörg Bucher mit einem Sheriffstern willkommen geheißen. Der Stern hing fortan wie eine Trophäe an der Wand hinter Dibberns Dienstschreibtisch und war ein Symbol seiner Verbundenheit mit der Region und den Bürgern des Amtes. Auch Jewan hat sich im Amtshaus inzwischen

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Klaus Dibbern verabschiedete sich im April 2014 hoch zu Ross nach dreieinhalb Jahren als „Dorfsheriff“ aus Hörnerkirchen.

Foto: Carsten Wittmaack

häuslich eingerichtet. Der Polizist kennt „seine“ Dörfer und damit auch seine Pappenheimer. Die Aufklärungsquote in Hörnerkirchen ist entsprechend hoch. Und das Equipment eher ungewöhnlich. Statt in ein blau-weißes Einsatzfahrzeug steigt Jewan in seinen Privatwagen, wenn es auf Ganovenjagd geht.

Auch das birgt einen Vorteil: Der Dorfsheriff wird nicht so schnell als solcher erkannt. Wer allerdings glaubt, dass auf dem Lande die Welt noch in Ordnung ist, der irrt. „Ich hatte sogar schon eine Verfolgungsjagd“, verrät Jewan. Ein ZweiradSpezi habe versucht, ihn in Westerhorn abzuhängen. „Der wurde dann in einer Kurve rausgetragen und hat mit seiner Maschine noch versucht, übers Feld zu türmen.“ Der Versuch schlug allerdings fehl, und Jewan konnte den Mann stellen. Zum Glück unverletzt.

Generell bereiten dem Polizisten die Rollerfahrer in der Region Kopfzerbrechen. „Ich habe hier sogar schon ein Mofa gehabt, das fuhr über 110 Stundenkilometer.“ Auch Alkohol ist in Hörnerkirchen ein Thema.

Diverse Unfälle unter Alkoholeinfluss listet Jewans Statistik auf. Ein Grund seien die im Vergleich zu einer Stadt wie Elmshorn schlecht vernetzten öffentlichen Verkehrs-

mittel auf den Dörfern. „Und ein Taxi ist eben bei diesen Entfernungen hier teuer.“

Sozialstunden für Jugendliche Sorgen bereitet ihm auch Vandalismus. Vor kurzem habe ein Jugendlicher ein Privatfahrzeug zerkratzt. „Und zwar rundherum.“ Bekommt Jewan solche Täter zu fassen, verdonnert er sie in Absprache mit dem Jugendgericht gern zu Sozialstunden, die in „seinen“ Gemeinden abgearbeitet werden müssen. „Ich habe meinen Wechsel von Elmshorn definitiv nie bereut“, versichert der Polizeihauptmeister. Auch Lagerkoller sei in der Ein-MannStation bislang nicht aufgekommen. Kein Wunder: Jewans Revier misst stolze 4 000 Hektar. Das ist auch der Hauptgrund, warum die kleine Polizeistation in Hörnerkirchen erhalten blieb. Die nächsten Wachen befinden sich in Wrist, Horst und Barmstedt etliche Kilometer entfernt. Somit dauert es einfach zu lange, bis im Ernstfall ein Ordnungshüter aus den Nachbarstädten vor Ort ist.

Der Elmshorner Revierleiter Carsten Rapp betont, dass man sich nicht zuletzt für den Erhalt der kleinen Polizei-Station entschieden habe, „weil der Bereich Hörnerkirchen flächenmäßig einen erheblichen Teil des Elmshorner Reviers ausmacht“.

Titel

Schneller wissen, wo es brennt Der Einsatz des IT-Systems DISMA im Krisenmanagement des Landkreises Meißen Autor Ronald Voigt, Sachgebietsleiter Brand- und Katastrophenschutz, Landkreis Meißen

Der Landkreis Meißen in Sachsen hat ca.

245 000 Einwohner. Schwerpunkte in der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr bilden die Elbe und Röder mit ihren Nebenflüssen, die Bundesautobahn mit dem Schottenbergtunnel und die chemische Industrie mit den Werken Wacker in Nünchritz und Arevipharma in Radebeul.

Vier Hochwasserkatastrophen Seit 2002 wurden im Territorium des jetzigen Landkreises vier Hochwasserkatastrophen bewältigt. Zum damaligen Zeitpunkt führte der Katastrophenschutzstab den Einsatz mit dem klassischen Stabsmodell der S-Bereiche. Ein unterstützendes IT-System gab es nicht. In den ersten Auswertungen der Hochwasserkatastrophe 2002 entschied man sich zur Einführung des IT-Systems DISMA. Zunächst diente es als reines Auskunftssystem, da Einsatzbearbeitung und Lagekartenführung im System noch nicht zur Verfügung standen. Nach Bereitstellung dieser Module wurde der Hochwasserkatastropheneinsatz im Jahr 2008 erstmals mit DISMA unterstützt. Als praktikabel erwies sich schon zu diesem Zeitpunkt das Stabs-

Der Stabsraum des Landkreises

Foto: TÜV Rheinland

modul, mit der Möglichkeit den Vierfachvordruck durch ein elektronisches System der Meldungen zu ersetzen.

Mit einer Kreisreform im Jahr 2008 erfolgte auch eine Neustrukturierung des Katastrophenschutzes. Als Führungsmodell wurde der Verwaltungsstab eingeführt. Erstmals kamen diese Stabsstrukturen bei der Hochwasserkatastrophe 2013 zum Einsatz. Die gesamte Einsatzbearbeitung wurde im Verwaltungsstab mit DISMA abgewickelt und erfolgte an zwei Arbeitsplätzen in der Fernmeldezentrale, an sechs Arbeitsplätzen im Verwaltungsstab und zwei Arbeitsplätzen der Fachberater. Welche Vorteile hatte die Einsatzbearbeitung mit DISMA? ō Durch die Nutzung des Moduls „Stabsarbeit“ konnten die Meldungen gezielt und unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsstabsbereich zugestellt werden. Eine räumliche Trennung zwischen Fernmeldezentrale, Verwaltungsstab und Fachberatern führte zu keinem Informationsverlust. ō Durch die ständige Einsicht in die aktuelle Lage war das Auskunftsbüro jederzeit für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Meißen aussagekräftig.

ō Das im DISMA geführte Schadensregister wurde Einsatzabschnitten zugeordnet. Die Darstellung der eingetretenen Schäden war übersichtlich. ō Durch zwei Mitarbeiter je Dienstschicht erfolgte die Führung der Lagekarte. ō D urch die Darstellung der eingesetzten Einheiten im DISMA war jederzeit eine exakte Übersicht der eingesetzten Kräfte und Mittel vorhanden. ō Das Einsatztagebuch konnte am Ende des Katastropheneinsatzes direkt aus dem Meldungsmodul generiert werden.

Das System hat sich bewährt Fazit: Eine Einsatzbearbeitung von Katastropheneinsätzen ohne DISMA ist im Landkreis Meißen nicht mehr wegzudenken. Die Stabsarbeit wird effektiv durchgeführt. Auskünfte über die aktuelle Lage an die Presse und Bevölkerung sind jederzeit möglich. Im Landkreis Meißen wird DISMA neben dem Einsatz bei Katastrophen auch als zentrales Auskunftssystem im Amt für Brand-Katastrophenschutz und Rettungswesen eingesetzt. Somit arbeiten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit regelmäßig im System, wodurch sich der Schulungsaufwand erheblich reduziert. Vermisst werden noch Informationen zur Einsatzhistorie von Kräften und Mitteln. Diese Funktionalität ist jedoch für die Aufarbeitung des Katastropheneinsatzes dringend erforderlich. Zusätzlich sollten die DISMASysteme im Freistaat vernetzt werden, um Informationen auf elektronischem Weg austauschen zu können.

Im Landkreis hat der Einsatz von DISMA die Stabsarbeit erheblich verbessert. Aber das System kann nur unterstützend wirken und ersetzt keinesfalls die Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verwaltungsstabes.

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Titel

Faire Regelungen für gute Bund-Länder-Finanzbeziehungen SPD will die Kommunen stärken Autor Bernhard Daldrup

Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eine klare Aufgabe des Koalitionsvertrages. Im Kern geht es um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland: Wie holen wir den gewaltigen kommunalen Investitionsstau auf? Wie partizipieren die Kommunen am Solidaritätszuschlag, wenn er erhalten wird? Wie wird die weitere Entlastung der Kommunen von Sozialausgaben gestaltet? Wie kann die Schere zwischen finanzstarken und armen Kommunen wieder geschlossen werden?

Darüber diskutierten rund 150 kommunale Mandatsträger und Interessierte am 16. Januar bei der zweiten kommunalpolitischen Fachkonferenz der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin.

Kommunen sollen entlastet werden Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann betonte, dass die SPD-Fraktion es sich zu einer Hauptaufgabe gemacht habe, die kommunale Finanzkraft zu stärken. Er wies auf einige entlastende Maßnahmen hin, die wir im ersten Regierungsjahr bereits umgesetzt haben:

Derzeit arbeiten wir mit Nachdruck an der Verabschiedung eines modernen Bundesleistungsgesetzes. Die Ankündigung, die Kommunen um fünf Milliarden jährlich zu entlasten, steht, das bestätigte auch unser Fraktionsvorsitzender. Oppermann ist zuversichtlich, dass es bereits 2017 zu einer deutlich höheren Entlastung als der bisher veranschlagten Milliarde kommen werde.

Alles neu regeln Über diese beispielhaften Schritte hinaus müssen angesichts des auslaufenden Länderfinanzausgleichs, des Solidarpakts und anderer Gemeinschaftsfinanzierungen sowie der Schuldenbremse für die Länder ab 2020 die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geregelt werden. Die Herausforderungen reichen von Haushaltskonsolidierung und Hilfen für die hochverschuldeten Länder bis zum Interessenausgleich mit den Geberländern.

Olaf Scholz erläuterte die wesentlichen Eckpunkte aus dem sogenannten Scholz/ Schäuble Papier (ohne es zu nennen) und ging auf einige der dort aufgezeigten Vorschläge ein:

ō die Übernahme der Grundsicherung mit einem Volumen von rund 25 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode,

ō Integration des Solidaritätszuschlages in die Einkommenssteuer,

ō die „Übergangsmilliarde“ in den Jahren 2015 bis 2017,

ō K eine Steuererhöhung, Berücksichtigung des Abbaus der kalten Progression

ō die Aufstockung des Sondervermögens zum Kitaausbau um 550 Millionen oder zuletzt

ō Zinszahlungen für Länder-Altschulden,

ō die in 2015 und 2016 jeweils bereitgestellten zusätzlichen 500 Millionen Euro zur Aufnahme von Flüchtlingen.

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ō Übernahme der Kosten der Unterkunft von Asylbewerbern zur Entlastung der Kommunen.

Dabei darf es nicht zu unterschiedlichen

Standards oder regionalisierten Steuern kommen. Um diesen Ausgleich zu schaffen, werden sich Bund und Länder über die Aufteilung des Solidaritätszuschlages verständigen müssen. Letztlich wird es darauf ankommen, dass kein Land schlechter dasteht als vorher.

Investitionsprogramm auflegen Wie der Alltag einer überschuldeten Kommune aussieht, die durch einen strukturellen Wandel ein Drittel ihrer sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze verloren hat, berichtete Apostolos Tsalastras, Kämmerer der Stadt Oberhausen. Die Stadt kann nicht einmal mehr die Hälfte der nötigen Investitionen aufbringen, die sie für den Erhalt ihrer Infrastruktur bräuchte. Angesichts so enger Gestaltungsspielräume plädierte Tsalastras für eine deutliche Entlastung von den Sozialausgaben und ein Investitionsprogramm, das den Kommunen wirklich hilft.

SPD-Fraktion setzt sich ein Das geplante 10 Milliarden-Investitionsprogramm ist ein guter Anfang, im Hinblick auf einen Investitionsstau von 118 Milliarden Euro reicht es aus unserer Sicht jedoch nicht aus. Insbesondere in den Bereichen der Stadtentwicklung, Infrastruktur- sowie Klima- und Energiepolitik hat der Bund Handlungsmöglichkeiten, um den Kommunen wirksam und schnell zu helfen. Zusätzliche Spielräume sollten maßgeblich den Kommunen zugutekommen, dafür werden wir uns gemeinsam mit unserem Fraktionsvorsitzenden weiter einsetzen.

V.i.S.d.P.: Petra Ernstberger, Parlamentarische Geschäftsführerin, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Tel.: (030) 227-744 20, petra.ernstberger@spdfraktion.de

Report

Report: Energiewende der Kommunen

Foto Can Stock Photo Inc. / igabriela

Energie-Oscar für KlimaKampagne „Bielefeld will’s wissen.“ Netzwerken hilft auch beim Energiesparen. Die ostwestfälische Universitätsstadt macht`s vor Autorin Maicke Mackerodt

Bielefeld liegt mit an der Spitze der Klimaschutz-Kommunen: Zum zweiten Mal wurde die Stadt jetzt mit dem Energie-Oscar, dem renommierten European Energy Award (EEA) in Gold ausgezeichnet. Die 800 Jahre alte Metropole am Teutoburger Wald gilt als Pilotkommune und gehört seit über zehn Jahren zu den führenden Green-City‘s in Nordrhein-Westfalen (NRW). Hinter EEA verbirgt sich ein hochwertiges Öko-Qualitätsmanagementsystem, ein europaweit anerkanntes Zertifikat und Programm für kommunale Klimaschutzaktivitäten.

Den Titel „Energiesparkommune“ trägt Bielefeld zu Recht Bielefeld hat 330 000 Einwohner und trägt den Titel „Energiesparkommune“ nicht zuletzt deshalb, weil es seine Energie- und Klimaschutzleistungen seit über 14 Jahren kontinuierlich verbessert hat. 2014 erreichte die „Klimastadt“, wie sie sich selbst nennt, zum zweiten Mal 79 Prozent der möglichen Bewertungspunkte. „Die meisten Punkte haben wir mit unserer Öffentlichkeitsarbeit gesammelt“, weiß Uwe Hofmeister vom Bielefelder Umweltamt. „Wir haben dafür gesorgt, dass verschiedene Netzwerke zu-

sammenarbeiten. Und wir organisieren seit vier Jahren ein großes Netzwerktreffen für ganz Ostwestfalen, dass sogar von privaten Bürgern gut angenommen wird. So können wir kleineren Kommunen helfen, die alleine beim Klimaschutz oft überfordert sind.“ Die ostwestfälische Universitätsstadt ist kein „Gerücht!“, wie Verschwörungstheoretiker seit zwanzig Jahren steif und fest behaupten. Vielmehr engagiert sich die mittelalterliche Kaufmannsstadt sowohl im Konvent des europäischen Klimaschutzbündnisses als auch im EEA. Das Energieaward-Komitee fand besonders preiswürdig, dass Bielefeld sämtliche Klimaschutzaktivitäten unter der Plattform „KlimaKampagne – Bielefeld will‘s wissen“ zusammengeführt hat. „Kommunen sind wichtige Verbündete, wenn es darum geht, unsere Klimaschutzziele zu erreichen“, sagte Umweltminister Johannes Remmel bei der EEA-Preisverleihung.

NRW liegt im nationalen Ranking vorne Insgesamt 19 Städte, Gemeinden und Kreise erhielten in Telgte die Auszeichnung. NRW liegt nicht nur im nationalen Vergleich vor

Bayern und Baden-Württemberg an der Spitze, sondern mischt auch im europäischen Vergleich vorne mit.

Der CO2-Ausstoß soll um 40 Prozent reduziert werden Schon 2008 hat Bielefeld ein durchaus anspruchsvolles „Handlungsprogramm Klimaschutz“ beschlossen. Bis 2020 sollen mindestens 20 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. 25 Prozent des Stroms sollen in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt und der CO2-Ausstoß soll um 40 Prozent reduziert werden.

Deshalb wurden in der jungen Universitätsstadt die Erneuerbaren Energien stetig verstärkt. Die Stadtwerke haben Windkraftanlagen in Sachsen-Anhalt gekauft und voriges Jahr das alte Kohlekraftwerk gegen ein modernes Holzkraftwerk ausgetauscht. Bei der Sanierung der Astrid Lindgren Grundschule in Sennestadt wurde 2011 erstmals eine Holzpelletheizung installiert. „Der Primärenergieverbrauch wurde so um 88 Prozent gesenkt. Das war für unsere CO2 Bilanz wichtig“, erläutert Uwe Hofmeister. Zuletzt wurden auf vier ehemaligen Altmülldepo1 | 2015 DEMO

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Report

Erneuerbare Energien sind in Bielefeld auf dem Vormarsch

Die Verleihung des European Energy Awards Ende 2014 in Telgte

nien über 40 000 Solarmodule installiert. „Die belegten Flächen entsprechen 61 Fußballfeldern und können mit ihrer Jahresausbeute 2450 private Haushalte mit Strom versorgen.“ Um ihr ambitioniertes Klimaziel zu erreichen hat Bielefeld 2009 eigens einen Energieberater eingestellt und vor

Foto: EnergieAgentur.NRW.

sechs Jahren ein Beratungsnetzwerk zur energetischen Gebäudesanierung ins Leben gerufen. „Wir haben Handwerker, Verbraucherberatung, Stadtwerk und die städtische Wohnungsbaugesellschaft gebündelt“, erklärt Uwe Hofmeister, für den die Altbausanierung ein Herzensanliegen ist.

Bielefeld war nach dem 2. Weltkrieg stark zerstört, viele der Gebäude aus den 60er Jahren müssen saniert werden. „In unserem Netzwerk gibt es keine Hierarchie, alle sind gleichberechtigte Partner.“ Bielefeld hat federführend zwei Klimaschutzsiedlungen errichtet: Auf dem ehemaligen Schlachthofgelände in der Innenstadt entstand 2011 das Pauluscarée, wo Studenten, Eigentümer oder Senioren barrierefrei leben.

Auf dem Breipohlshof sollen private Eigenheime und ein Seniorenzentrum der Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel entstehen. Dafür wird eigens ein neuer Bahnanschluss geschaffen. In der ehemaligen Flüchtlingssiedlung Sennestadt ist eine weitere Klimaschutzsiedlung mit einzelnen Wohnhöfen geplant. Das Blockheizkraftwerk ist schon im Bau.

Damit es bei einem Blackout nicht zappenduster wird Ostdeutschlands größter Verteilnetzbetreiber, Mitnetz Strom in Halle, wird zum bundesweiten Vorreiter in Sachen Krisenprophylaxe, falls der Saft mal länger als gedacht wegbleibt Autor Harald Lachmann Elf Mal pro Tag verzeichnet der größte ostdeutsche Energieversorger, enviaM in Chemnitz, irgendwo in seinen Revieren einen Stromausfall. Pro Jahr summiert sich dies auf rund 4200 Störfälle. Meist sind technische Fehler die Ursache, zu ungestüme Baggerarbeiten im Erdreich oder auf Hochleitungen gestürzte Bäume, so Dr. Adolf Schweer, der für den Verteilnetzbetreiber Mitnetz Strom in Halle – eine Tochter von enviaM – das technische Geschäft führt.

Zunehmend müsse man aber auch wegen des deutlich ansteigenden Zubaus erneuerbarer Energieanlagen „ins Netz eingreifen“.

Allein 2014 sei dies 274-mal der Fall gewesen, „eine Steigerung von 71 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, so Schweer.

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Selten dauern diese Störungen jedoch wirklich lange. Die Experten des Hallenser Unternehmens, das mit seinem 76 000 Kilometer langen Stromnetz gut 2,5 Millionen Menschen in Brandenburg, Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen versorgt, haben da halt Routine.

Totalausfall möglich Doch was, wenn sich durch eine Verkettung unglücklicher Umstände das Hochspannungsnetz großflächig und damit für längere Zeit abmeldet? Selbst Verantwortliche in Rathäusern und Regionalverwaltungen machten sich darüber wenig Gedanken, weiß Schweer. Stufe doch selbst das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn einen „Blackout“, also den

Totalausfall der Stromversorgung, als höchst unwahrscheinlich ein. Selbst wenn er „nicht auszuschließen“ sei, wie man hier einräumt.

Und doch ist man in den Behörden nicht wirklich darauf vorbreitet, dass plötzlich das gesamte öffentliche Leben in kürzester Zeit aus den Fugen geraten könnte: das Telefonfestnetz bricht zusammen, stationäre Computer fahren runter, medizinische Apparaturen, Lüftungsanlagen, Wasser- und Entwässerungssysteme verabschieden sich, automatische Türen versagen, der elektrische Schienenverkehr kommt zum Erliegen...

Zwar verfügten Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen über eine Notstromversorgung, weiß Schweer. Doch auch hier wäre

Report

Hochspannungsleitungen in Sachsen-Anhalt: Auch sie könnten mal ohne Spannung sein.

der Sprit für die Dieselaggregate meist nach 24 Stunden erschöpft – und neuer nicht zu beschaffen. Denn auch Zapfsäulen arbeiten elektrisch. Und zumindest in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen verfüge nicht eine Tankstelle über eine unabhängige Stromversorgung.

Schon über Jahre beschäftigt sich Schweer neben seinem eigentlichen Job mit solchen Fragen, und das gleich aus doppeltem Grund: 2011 wählte die Landeshelfervereinigung Sachsen-Thüringen des Technischen

Foto: Lachmann

Hilfswerkes (THW) den 55-jährigen Ingenieur zu ihrem ehrenamtlichen Präsidenten.

Besonders sensibilisiert hatte ihn hierbei der Winter 2013, den er auch wegen einer „sehr angespannten Situation im Stromnetz“ in Erinnerung hat. So traf er sich in den letzten zwei Jahren wiederholt mit Experten aus Verwaltung und Wirtschaft, um im Rahmen von Workshops intensiv mögliche Notfallszenarien durchzuspielen.

Im Ergebnis dieser Treffen knüpfte Mitnetz Strom nun jüngst ein Expertennetzwerk, mit

dem man auch „bei einem länger andauernden großflächigen Stromausfall mögliche Krisensituationen beherrschen“ will. Als wichtigste Herausforderungen hierbei nennt der Geschäftsführer die Felder Kommunikation und die Treibstoffversorgung. Denn auch das mobile Telefonnetz lasse sich bei einem Blackout „maximal zwei bis vier Stunden aufrechterhalten“. Deshalb sei zwischen den Beteiligten nun eine interne Kommunikationskette auf Basis netzunabhängiger Satellitentelefone entwickelt worden. Auch Lautsprecherwagen komme im Fall der Fälle eine besondere Rolle zu. Den längerfristigen Nachschub mit Diesel, Benzin, Heizöl und Flüssiggas soll zudem eine Kooperation mit dem Großtanklager von Total in Hartmannsdorf bei Chemnitz sichern. Hier war unlängst eine netzunabhängige Stromversorgung installiert worden. www.mitnetz-strom.de Anzeige

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Neue Energie? Aber sicher!

Report

Es bewegt sich was „SuedLink“: 17 Landkreise wehren sich bundesweit gegen das Projekt von Netzbetreiber Tennet Autor Ulf Buschmann

bislang vorliegenden Form ablehnen. Das ist der Tenor der „Hamelner Erklärung“, die von den Landräten unterzeichnet worden ist, durch deren Gebiete die Leitung führen soll.

Hintergrund: Nach den ersten Veröffentlichungen vor einem Jahr waren Gemeinden und Landkreise mächtig verunsichert – vor allem ab dem Moment, in dem sie sich genauer ansahen, wo Tennet einen Schnitt durch die Landschaft machen will.

Der Bau von Stromtrassen ist notwendig, stößt aber vielerorts auf Ablehnung.

Foto: Can Stock Photo Inc. / gina_sanders

Lineal angelegt, Strich gezogen, dort entlang geht es. So oder ähnlich muss es den betroffenen Gemeinden und Landkreisen vorgekommen sein, als der niederländische Netzbetreiber Tennet Anfang vergangenen Jahres seine Pläne für eines der größten stromtechnischen Infrastrukturprojekte der jüngeren deutschen Geschichte vorstellte. „SuedLink“ heißt es und soll den vor der Nordseeküste erzeugten Windstrom in den Süden der Republik bringen. „SuedLink“ ist rund 800 Kilometer lang und führt von Wilster bei Hamburg nach Grafenrheinfeld in Bayern sowie von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein nach Großkartach in Baden-Württemberg. Das Investitionsvolumen bewegt sich laut Tennet-Internetseite im „unteren einstelligen Milliardenbereich“.

Baubeginn soll im Jahr 2016 sein, die Fertigstellung ist für 2022 geplant. Die Antragsunterlagen sind im Dezember bei der Bundesnetzagentur eingegangen.

Geht es nach den betroffenen 17 Landkreisen, muss die Behörde das Ansinnen in der

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Wachsende Verunsicherung Das Unternehmen nehme keine Rücksicht auf Wohnbebauungen, Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen und das Landschaftsbild. Den Orts- und Lokalpolitikern kommt es bis heute vor, als ob Tennet seine Trassenplanung willkürlich vorgenommen habe. Was folgte, waren zahlreiche Informationsveranstaltungen, an denen auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, teilnahm. Viel gebracht indes scheint es nicht zu haben. Im Gegenteil: „Die Verunsicherung der Kommunen hat zugenommen“, sagt die SPD-Bundestagsabgeornete Christina Jantz aus dem Wahlkreis Verden/Osterholz.

im Bundesbedarfsplangesetz vorgesehenen Möglichkeiten für Erdverkabelung aus Gründen des Naturschutzes und Landschaftsschutzes erweitert werden, denn bislang sieht Tennet ausschließlich Freileitungen vor. Zudem müssten die inhaltlichen Zuständigkeiten von Bundesnetzagentur und Tennet getrennt werden.

Ferner merkten die Landräte jüngst bei einem Treffen in Berlin zusammen mit ihren SPD-Abgeordneten an, dass bislang nicht geklärt sei, wie eventuellen gesundheitlichen Risiken aufgrund der verwendeten Gleichstromtechnik begegnet werden solle.

Denn bei Entfernungen von mehr als 750 Kilometern gilt Gleichstrom als verlustärmer als der üblicherweise verwendete Dreiphasenwechselstrom.

Die Netzagentur prüft noch

Zwar hat Tennet sein Vorhaben noch einmal überarbeitet und im September neue Pläne vorgelegt. Doch jetzt sind auch Gemeinden im Boot, die bislang gar nicht oder nur mittelbar betroffen waren. Der Vorwurf der Landkreise unter anderem: Tennets Planungen seien intransparent. Dies steht auch in der „Hamelner Erklärung“ der 17 Landkreise, an dessen Spitze Landrat Tjark Bartels aus Hameln-Bad Pyrmont steht.

Jetzt ist die Bundesnetzagentur am Zug. Wie es im Groben weitergeht, skizziert deren Präsident Homann in einer Pressemitteilung vom 6. Januar. „Das große Engagement auf kommunaler Ebene, die Planung des Netzausbaus konstruktiv und kritisch zu begleiten, ist sehr willkommen“, lässt er wissen. Und: „Im Moment prüfen wir den Antrag zu ,SuedLink‘ sehr gründlich. Das wird angesichts des zu erwartenden Überarbeitungsbedarfs noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Erst im Anschluss werden wir Termine für Antragskonferenzen festlegen. Die regionalen Vertreter und Bürger können sich darauf verlassen, dass wir das Bundesfachplanungsverfahren ergebnisoffen durchführen.“

Er und seine Kollegen haben aufgeschrieben, dass alle Trassenkorridore geprüft werden müssten und nicht nur die von Tennet vorgegebenen. Darüber hinaus müssten die

Weitere Informationen: www.netzausbau.de www.suedlink.tennet.eu

Report

Showdown im Netzdschungel Titisee-Neustadt hat die Energieversorgung rekommunalisiert. Der ehemalige Betreiber wehrt sich.

Der Fall beschäftigt nun das Verfassungsgericht und dürfte sich auf andere Kommunen auswirken Autor Karl-Otto Sattler

„Das wettbewerbliche Prinzip darf nicht an die Stelle des demokratischen Prinzips gesetzt werden“: So lautet ein Kernsatz einer von Titisee-Neustadt in Karlsruhe eingereichten Verfassungsbeschwerde, die politischen Sprengstoff in sich birgt und republikweit bei Städten und Gemeinden wie bei den Energiekonzernen Furore macht.

Im Erfolgsfall wird der beschauliche 12 000-Seelen-Ort der Rekommunalisierung der Energieversorgung zwischen Nordsee und Alpen neuen Schwung verleihen. Ziehen die wackeren Schwarzwälder Stadträte mit ihrem Bürgermeister Armin Hinterseh vor den roten Roben aber den Kürzeren, so dürften die lokalen Energiemärkte endgültig dem Regiment des Wettbewerbs unterliegen und die Konzerne im Machtpoker mit Rathauspolitikern in der Vorhand bleiben.

Die zentrale Frage: Zählt bei der Konzessionsvergabe für Strom- und Gasnetze allein der Preis oder sind auch Aspekte wie kommunale Selbstverwaltung, Bürgerbeteiligung, Ökologie und die Stärkung der regionalen Wirtschaft sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen von wesentlichem Belang?

Der Wettbewerb geht vor Mitte des vergangenen Jahrzehnts nahm die Rekommunalisierung der Energieversorgung Fahrt auf. Zahlreiche Stadtwerke wurden seither neu gegründet, in über 200 Fällen übernahmen die Rathäuser Elektrizitäts- und Gasnetze wieder in Eigenregie, vielerorts stieg man auch in die Stromerzeugung ein. Die engagierte Förderung von Solarprojekten, von Windrädern, von dezentralen Kraft-Wärme-Anlagen oder von Modellen zum Energiesparen und die Einbeziehung von Bürgerinitiativen gehören zu den Markenzeichen dieses Trends.

Mittlerweile ist diese Entwicklung indes

ins Stocken geraten. Vor einigen Jahren starteten Kartellamt und Netzagentur eine Neuinterpretation des Energiewirtschaftsgesetzes, wonach bei der Konzessionsvergabe allein der Wettbewerb zu zählen hat, und zwar auch dann, wenn sich kommunale Interessenten bewerben: Im Sinne dieser Richtschnur darf eine Gemeinde Stadtwerke nur dann mit dem Betrieb von Strom- und Gasnetzen beauftragen, wenn diese billiger sind als private Konkurrenten. 2013 segnete der Bundesgerichtshof dieses „kartellrechtliche Regime“ ab.

Am Titisee erhielt die Energieversorgung Titisee-Neustadt (evtn) den Zuschlag, die zu 60 Prozent der Stadt, zu 30 Prozent den „Schwarzwälder Stromrebellen“ der Elektrizitätswerke Schönau und zu zehn Prozent einer lokalen Bürgergenossenschaft gehört.

Seit 2012 kümmert sich die evtn um die Netze und um die Belieferung der Einwohner mit Strom und Gas. Doch der ausgebootete vorherige Betreiber, die EnBW-Tochter

Energiedienst, legte Beschwerde beim Kartellamt ein. Unter dem Verdacht, bei der Konzessionsvergabe seien zum Nachteil von Energiedienst kommunale Aspekte zu stark gewichtet worden, leitete die Behörde ein Kartellverfahren ein. Diese Prüfung ist nun abgeschlossen, und die Schwarzwälder sehen sich damit konfrontiert, dass das Kartellamt eine Wiederholung des Vergabeverfahrens angeordnet hat. Dabei dürfte evtn das Nachsehen haben.

Die Stadt kämpft vor Gericht Doch Titisee-Neustadt wollte ein solches Fiasko nicht tatenlos abwarten und ging in Karlsruhe in die Offensive. Man klagt nicht wie üblich gegen ein Gesetz, sondern gegen das von Aufsichtsinstanzen und Gerichten entwickelte „Gewohnheitsrecht“ des kartellrechtlichen Regimes – ein Novum in Karlsruhe.

Manches sei aus „dem Lot geraten“, kritisiert Rathauschef Hinterseh. Zähle nur noch der Preis, werde eine Rekommunalisierung der Energieversorgung nahezu unmöglich.

Die Verfassungsbeschwerde betont deshalb das Recht von Städten und Gemeinden, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln“.

In den nächsten Jahren laufen Hunderte von Konzessionen für den lokalen Netzbetrieb aus. Sollte deren Neuvergabe allein unter dem Diktat des Wettbewerbs stehen, hätten Stadtwerke schlechte Karten. Kein Wunder, dass der Schwarzwälder Parforceritt in Karlsruhe quer durch die Republik mit Spannung verfolgt wird.

Was zählt mehr: Freier Wettbewerb oder demokratische Prinzipien? Das soll nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Foto: eyetronic - Fotolia.com

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Report

Was man aus an sich nutzlosem Biomüll alles noch machen kann, das kann man vorbildlich in Rehau studieren.

„Leuchtturmprojekt“ für Grünabfallentsorgung Das Bioenergiezentrum Hochfranken soll die Kleinstadt Rehau in Oberfranken zum zweiten Mal zu Bayerns Modellstadt machen Autor Heinz Wraneschitz

Nach einem verheerenden Brand 1824 wurde Rehau zum ersten Mal Modell. Seitdem sieht man sie als „eine Stadt mit breiten, schnurgeraden Straßen, die rechtwinklig von Querstraßen geschnitten werden...“

en und ihres Geschäftsführers Eric Priller. ES wiederum gehört zur weltweit tätigen Rehau AG mit Hauptsitz im gleichnamigen Ort. Und dahinter steckt die Vision, die Stadt Rehau mit Wärme und Strom zu versorgen.

Zwei Anlagen für Öko-Energie

De Wastergy-Anlage entsorgt per Vertrag den Inhalt der Biotonnen vom Abfallzweckverband Stadt und Landkreis Hof sowie des Kommunalunternehmens Umweltschutz Fichtelgebirge „KUFi“. Der Grünabfall „wird zu Biogas und hochwertigem Sekundärrohstoff Kompost“, aber ohne entsorgungspflichtigen Abfall wie anderswo, so ES.

Für die neue Modellstadt braucht es hauptsächlich Rohre. Ein zwei Kilometer langes Mikrogasnetz durchzieht die Kommune und versorgt dezentrale Blockheizkraftwerke (BHKW) mit Biogas. Zwei beispielhafte Anlagen liefern diese Öko-Energie. Zum einen die so genannte Tanergy-Anlage der Gerberei der Südleder AG. Tanergy steht für „Tan to Energy“, die energetische Nutzung der Gerberlohe (Tan) und läuft seit 2013. Anfang diesen Jahres folgte „Wastergy“. Diese Bioabfallvergärung macht aus Biomüll (Waste) Gas. Übrig bleibt nutzbarer Dünger.

Bioenergiezentrum Hochfranken, Wastergy und Tanergy: Das sind vor allem die Ideen der Energy Solutions GmbH (ES) aus Plau-

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Aus Wastergy kommt auch noch Biogas. „25 bis 30 Prozent mehr als bei bestehenden Verfahren“, verspricht Priller. 23 800 MWh Energie und ca. 11 500 Gärrest werden hier jährlich aus 30 000 Tonnen kommunalen und gewerblichen Bioabfällen gewonnen. „Am Ende ist das Material so ausgegoren, dass es nicht mehr stinkt. Ein hochwertiger Wirtschaftsdünger mit Wert für Landwirt-

Foto: Rehau AG/Energy Solutions

schaft“, so der Chefplaner. Die erwarteten, aussortierten 1 500 Tonnen Kunststoffe und Metalle werden auch „in die stoffliche Verwertung überführt werden“. Zur Beruhigung von Landkreis und Stadt Hof hat auch die Zwei-Millionen-Euro-Förderung von Barbara Hendricks` Bundesumweltministerium (BMUB) beigetragen. Insgesamt kostet das Projekt der Betreiberfirma RSB Bioverwertung Hochfranken GmbH fast zehn Millionen Euro. Hinter RSB stecken neben ES und Südleder noch der regionale Entsorger Böhme.

Leuchtturm der Energiewende Mehrere BHKW nehmen das Biogas zu 100 Prozent ab, zum Beispiel im Schulzentrum mit Schwimmbad oder in der Hauptverwaltung der Rehau AG. Weil auch noch Tanergy einiges Biogas liefert, deckt die Stadt jetzt 40 Prozent ihres Strom- und Wärmebedarfs aus Regenerativen Quellen. Und der Strom wird in die örtlichen Leitungen eingespeist, Höchstspannungsnetze also nicht belastet.

Ein „Leuchtturmprojekt der Kommunalen Energiewende“ sei das, verkünden Stadt und Firmen stolz.

Fakt ist: In Rehau ist man den Plänen der Bundesregierung in Bezug auf Regenerativenergie-Produktion und -Nutzung weit voraus. Offizielles Bundes-Ziel ist eine 35-prozentige Ökostromdeckung im Jahr 2020.

Weitere Informationen www.bez-hochfranken.de

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Report

Antizipieren, was man noch nicht weiß Mit dem System Delphi sollen visionäre Strategien in der Energiepolitik neu gedacht werden Autor Dr. Sven-Joachim Otto, Partner Public Services bei PricewaterhouseCoopers AG in Düsseldorf

Wir wollen an dieser Stelle auf eine spannende, visionäre und einzigartige Studie aufmerksam machen, deren Ergebnisse im Laufe des Jahres 2015 vorliegen werden.

Diesem spannenden Zukunftsprojekt widmen sich gemeinsam der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und PricewaterhouseCoopers AG WPG (PwC).

Warum geht es?

Die Energiesysteme befinden sich global in einem tiefgreifenden Umbruch. Gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse kündigen sich an oder haben bereits begonnen. Sektorspezifische Betrachtungen und Trendfortschreibungen greifen zur Untersuchung der Zukunft der Energiesysteme und ihrer rasanten Veränderungen allerdings häufig zu kurz. Insbesondere die Vielzahl von Wechselwirkungen zwischen politischen Rahmenbedingungen, wirtschaftlicher Innovationskraft oder sich verändernden Konsummustern stellen sektorspezifische Betrachtungen und Studien einzelner Branchen oder Ressourcen vor Probleme.

Mit der Studie Delphi Energy Future wollen wir untersuchen, wie sich die Energiesysteme in Deutschland, in Europa und in der Welt bis zum Jahr 2040 verändern werden.

Ziel ist es, die aktuelle und häufig national geprägte Debatte um die Neugestaltung der Energiesysteme aufzubrechen und einen übergreifenden Ausblick zu wagen, Schnittstellen zu definieren und Wechselwirkungen zu untersuchen: Mit welchen Herausforderungen haben Energiesysteme in Zukunft zu rechnen? Wie können wir strategische Lösungen für Probleme entwickeln, die erst in den nächsten drei Jahrzehnten auftreten? Wie können wir antizipieren, was wir noch nicht wissen? Wohin verschiebt sich

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wirtschaftliches Wachstum und wie blicken heutige Akteure und Entscheider auf die Entwicklung der Energiesysteme? Kurzum: Mit Delphi Energy Future wollen wir zentrale Treiber, Akteure und Dynamiken identifizieren, die die Zukunft der Energiesysteme maßgeblich beeinflussen werden.

Antworten als herkömmliche Interview-Forschungsverfahren. Als Methode der strategischen Vorausschau ermöglicht es das Delphi, alternative Entwicklungsmöglichkeiten in komplexen Zusammenhängen vorauszudenken und zu analysieren.

Welche Themen?

Was ist ein Delphi?

Ein Delphi ist eine mehrstufige systematische Expertenbefragung mit Rückkoppelung. Ein feststehendes Panel von Fachleuten und Entscheidern bewertet schriftlich

Dr. Sven-Joachim Otto

Foto: BDEW/ Werner Schuering

in zwei Runden einen Thesenkatalog zu potentiellen zukünftigen Entwicklungen.

In der zweiten Runde werden die Experten aufgefordert, die bisher gefundenen Thesen erneut zu bewerten und die eigene ggf. von der Mehrheit abweichende Bewertung zu bestätigen (mit Begründung) oder zu revidieren. So beurteilen die Experten dieselben Thesen unter dem Einfluss der Meinungen ihrer Fachkollegen. Aufgrund dieser besonderen Fragestruktur liefert ein Delphi differenziertere und gleichzeitig eindeutigere

Um die Fragestellung „Wie gestaltet sich die Energiezukunft in Deutschland, in Europa und in der Welt im Jahr 2040 und darüber hinaus?“ umfassend beleuchten und die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen betroffenen gesellschaftlichen Bereichen herausarbeiten zu können, haben wir fünf essentielle Themensphären ausgewählt: Energiewirtschaft und -politik, Internationale Geopolitik, Technologie und In frastruktur, Klimawandel und Umweltschutz sowie Kultur und Gesellschaft. Neben den „klassischen“ Energiethemen rund um zukünftige Geschäftsmodelle und Regulierung werden auch Thesen zur Zukunft von Mobilität und Waren, künftige Siedlungsmuster, die Auswirkungen unterschiedlicher demographischer Entwicklungen oder neue, an Nachhaltigkeit und Suffizienz ausgerichtete Konsummuster bewertet werden.

Am Ende dieser Studie sollen mögliche Zukunftsszenarien entwickelt und ein sektorübergreifender Kommunikationsprozess angestoßen werden, bei dem Politiker, Fachleute und Bürger alternative Entwicklungen und langfristige Handlungsstrategien im Energiebereich diskutieren und individuell weiterdenken sollen. Das Delphi soll mutige Visionen zeichnen und „food for thoughts“ sein.

Die Ergebnisse werden Mitte des Jahres auf der Homepage veröffentlicht: www.delphi-energy-future.com.

100% ERDGAS. Gemeinsam mehr Energie.

Um in Sachen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und EnergieHIÆ&#x201C;]LHQ] SDVVHQGH /¸VXQJHQ ELHWHQ ]X N¸QQHQ GHQNHQ ZLU (UGJDV ZHLWHU :LU VWHOOHQ XQV GHQ SHUPDQHQWHQ 9HU¦QGHUXQJHQ GHV (QHUJLHPDUNWHV ¾EHUSU¾IHQ XQVHU $QJHERW XQG EDXHQ XQVHU 3RUWIROLR NRQVHTXHQW DXV 0LW HEHQVR Å´H[LEOHQ ZLH HIÆ&#x201C;]LHQWHQ 3URGXNWHQ VFKDIIHQ ZLU ,KQHQ JHQDX GHQ )UHLUDXP GHQ 6LH EUDXFKHQ )¾U GLHVH 6LFKHUKHLW JLEW :,1*$6 MHGHQ 7DJ ,Q 'HXWVFKODQG ,Q (XURSD 8QG QDW¾UOLFK DXFK LQ GHU =XNXQIW Neugierig? Erfahren Sie mehr auf www.wingas.de

Yasmin Fahimi, SPD-Generalsekretärin NRW-Innenminister Ralf Jäger: „Auch die Länder stehen in der Verantwortung, die Kommunen ausreichend zu finanzieren.“

Lasst uns reden!

Der 9. DEMO-Kommunalkongress war geprägt von regen Diskussionen – und einem neuen Teilnehmerrekord Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehen die Kommunen? Diese Frage wurde am 27. und 28. November auf dem 9. DEMO-Kommunalkongress in Berlin diskutiert.

Mit über 400 Anmeldungen konnten die Organisatoren einen neuen Teilnehmerrekord vermelden.

Der hessische SPD-Landeschef Schäfer-Gümbel (l.) im Gespräch: Der Kongress bot viele Gelegenheiten, sich über kommunale Themen auszutauschen.

Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, hatte auf dem Kongress sichtlich Spaß.

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Zahlreiche prominente Politiker setzten mit ihren Reden Impulse für die Diskussion und stellten sich den Fragen der Kommunalen.

Ein immer wiederkehrendes Thema: die Finanznöte vieler Städte und Gemeinden.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi versprach, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken: „Wir werden uns daran messen lassen müssen, ob uns das gelingt.“ Und Nordrhein-Westfalens Innenminister

Ralf Jäger bekannte: „Auch die Länder stehen in der Verantwortung, die Kommunen ausreichend zu finanzieren.“ Die Ministerpräsidentin von Rheinland Pfalz, Malu Dreyer, bezeichnete die Digitale Revolution als große Chance für die Kommunen gerade im ländlichen Raum – wenn die richtigen Weichen gestellt würden. Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude referierte über die Stadt als Arbeitgeberin.

Und Hessens SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel widmete sich dem Thema Flüchtlinge. Wie gut Integration und sozialer Zusammenhalt gelingen, entscheide sich vor allem in den kommunalen Familien, sagte er. Vertieft wurden die Debatten in zahlreichen Workshops. Eine Zusammenfassung finden Sie auf den folgenden Seiten.

CFH

Kein Kongress ohne begleitende Ausstellung: Im Berliner Ellington-Hotel präsentierten sich auch zahlreiche Unternehmen und Verbände der kommunalen Familie.

Fotos (5): Ines Meier

DEMO-Kommunalkongress

Kommune modern Autor Martin Kaufmann, BM Rudersberg

In den drei Workshops des Themenblocks „Kommune modern“ diskutierten die Teilnehmer die Themen Breitbandausbau, Energiewende und Elektromobilität.

Gerade im ländlichen Raum ist die Unterversorgung mit einer leistungsfähigen Breitbandstruktur ein Standortnachteil. Der Ausbau ist teuer, die Internetanbieter bauen nur bei Wirtschaftlichkeit aus. Auf Zustimmung stieß die Strategie zum Netzausbau, wie sie Martin Dörmann, der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, darstellte.

Allerdings wurde auch klar, dass die gesetzlichen Vorgaben mit Blick auf das öffentliche Vergaberecht sowie die Regulierung eher ein Hindernis für einen pragmatischen Ansatz in der Umsetzung darstellen.

Christoph Pauselius von der Firma FRIATEC, verwies auf die Möglichkeit, Glasfaser in den Wasserleitungen zu verlegen: „Die Leitungen liegen in jedem Haushalt, man muss diese nur

Die Workshops boten Gelegenheit für tiefergehende Debatten. Rege diskutiert wurden insgesamt neun Themengebiete, die Kommunalpolitiker derzeit besonders beschäftigen.

nutzen.“ Umstritten war die Technik „Vectoring“: Sie soll Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s auf der Basis herkömmlicher Kupferleitungen ermöglichen, was einen kostengünstigen Ausbau ermöglicht. Kritiker merkten an, dass der Bedarf an Bandbreite mittelfristig nur per Glasfaser befriedigt werden kann.

Stadtwerke sorgen für Akzeptanz Bei der Energiewende spielen Stadtwerke eine wesentliche, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle, zeigte sich Oberbürgermeister Hermann-Josef Pilgrim aus Schwäbisch Hall überzeugt. Sie sorgten beim Umstieg auf erneuerbare Energien für eine hohe Identifikation und Akzeptanz bei der Bürgerschaft vor Ort. Wichtig sei, auch die kleineren Kommunen mit einzubinden, um dadurch möglichst breit in die Fläche zu gehen. Interessant wurde die Diskussion um die Gewinnung von Energie durch Kraft-Wärme Kopplung. Dr.

Matthias Dümpelmann von 8KU GmbH sah in diesem Punkt noch Handlungsbedarf, insbesondere bei der finanziellen Förderung.

Die Zahl eingesetzter Elektrofahrzeuge ist bisher noch überschaubar. Die Gründe: ein hoher Einstandspreis, geringe Reichweiten und eine noch ungenügende Ladeinfrastruktur.

Modellregionen für Elektromobilität erproben inzwischen verschiedene Möglichkeiten, wie die Nutzung von Elektrofahrzeugen attraktiv gestaltet werden kann. Deutlich wurde, dass die öffentliche Förderung für den Erwerb von Elektrofahrzeugen von Privatpersonen nicht ausreichend ist. Skepsis herrschte auch, ob die Automobilwirtschaft einen schnellen und stark geförderten Umstieg überhaupt leisten könne. Anreize schaffen könnten Car-Sharing Angebote sowie der verstärkte Einsatz von Fahrzeugen im kommunalen Bereich, sagten die Teilnehmer.

Kommune intern Autor Ulf Buschmann In Städten und Dörfern lässt sich noch etwas bewegen – und das in alle Richtungen sowie in allen Bereichen. Dies wurde beim Kommunalkongress 2014 wieder einmal deutlich. Im großen Themenblock „Kommune intern“ etwa, zu dem die drei Workshops „Arbeitgeber Kommune“, „Kommune 2.1.“ und „Kommunalfinanzen“ gehörten. Voraussetzung, so die einhellige Meinung, sei jedoch, dass sich die Verantwortlichen in Räten und Rathäusern ins Zeug legten. Sonst nämlich sind die Gebietskörperschaften auf die eine oder andere Weise bald abgehängt.

Arbeitgeber Kommune Bestes Beispiel dafür ist die Kommune als Ar-

Workshop zum digitalen Wandel: Vielerorts dominiert noch immer die Papierakte.

beitgeber. Noch vor 20 Jahren waren Städte, Landkreise und Gemeinden attraktive Arbeitgeber. Dies hat sich jedoch komplett gedreht.

Inzwischen bleiben Stellen vielfach unbesetzt;

Fotos (2): Ines Meier

vor allem solche, für die hochqualifizierte Mitarbeiter notwendig sind. Einer der Gründe dafür: In der freien Wirtschaft sind derartige Jobs besser bezahlt. Doch das allein sei es 1 | 2015 DEMO

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DEMO-Kommunalkongress

nicht, war im Workshop zu hören. So seien die Kommunen gefordert, die Sinnhaftigkeit eines Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst zu vermitteln. Auch die Work-Life-Balance spiele eine immer größere Rolle.

Kommune 2.1.

Bewegung ist auch im Bereich der Digitalisierung notwendig. Denn noch immer dominiert die klassische Papierakte. Dabei, so waren sich die Referenten einig, ist die Digitalisierung nicht mehr aus der Gesellschaft wegzudenken – auch nicht aus den Kommunen.

Indes: Je kleiner die Gebietskörperschaft ist, desto mehr nehmen die Kenntnisse in Sachen Informationstechnologie ab. Zudem ist vielfach noch nicht geklärt, wo die Grenzen der Digitalisierung liegen. Eine weitere Hürde: viele rechtliche Klippen sind längst noch nicht aus dem Weg geräumt.

Kommunalfinanzen Dramatisch sieht es vielfach in den Kassen der Kommunen aus: Sie sind leer und die Schulden drücken. Und besser wird es nicht, zumal die Steuereinnahmen längst nicht mehr

Der Kongress war gut besucht: Mehr als 400 Anmeldungen bedeuten einen Teilnehmerrekord.

Fotos (2): Ines Meier

so sprudeln werden. Dabei ist der öffentliche Sektor schon jetzt dramatisch unterfinanziert.

Einen Ausweg sehen die Fachleute deshalb in einer umfassenden Entlastung sowie dem Beschreiten neuer Wege. Das Ziel müsse es sein,

die kommunalen Haushalte zu entlasten, um die Investitionsquote zu erhöhen. Auch die Einführung der Doppik biete Chancen, weil dadurch Investitionen mehrschichtig generiert werden könnten.

Kommune extern Der Themenblock „Kommune extern“ widmete sich den Themen Infrastruktur, Bürgerbeteiligung und Familienförderung.

Reagieren auf den Wandel In einer älter werdenden Gesellschaft muss sich auch die Infrastruktur wandeln. Mobilität bis ins hohe Alter spielt eine wachsende Rolle. Die medizinische Betreuung in ländlichen Gegenden wird jetzt schon angepasst, um auch mit weniger Ärzten die Versorgung zu sichern: Versandapotheken bringen die Medizin, elektronische Datensysteme sollen die Behandlung (E-Health) effizienter und besser machen. Einen Wandel durchlebt auch die Kinderbetreuung. Der Bund stellt 750 Millionen Euro für den Kita-Ausbau bereit. Reichen wird das wohl nicht, wenn nicht nur mehr Plätze geschaffen, sondern auch die Qualität der Betreuung verbessert werden soll.

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DEMO 1 | 2015

Kommunal-Experten unter sich: In den Workshops tauschten die Teilnehmer ihre Erfahrungen aus.

Der Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung liegt im Trend. Nur: Wie gelingt sie am besten?

Gelungene Beispiele gibt es viele – aber auch immer wieder Kritik, weil Bürger sich zu spät eingebunden fühlen oder die Ver-

fahren mehr den Interessen weniger Engagierter als der Allgemeinheit dienen. Dies alles sind Herausforderungen, die die Kommunen in den kommenden Jahren zu meistern haben.

CFH

Unter dem gestrengen Blick des ehemaligen Parteivorsitzenden Willy Brandt postieren sich die diesjährigen Gewinner der DEMO-Kommunalfüchse. Die SPD-Fraktion Heidenrod mit dem stellv. Vorsitzenden Ralf Jäger, dem Vorsitzenden Harald Schmelzeisen. Für das Lebenswerk Bernd Scheelen, ehemaliger kommunalpolitischer Sprecher. Vorne Jana Belschner und Dr. Helga Lukoschat, Autorinnen der Studie Frauen führen Kommunen und Norbert Raulin, BM von Strasburg.

Fotos (4): Ines Meier

Füchse in Berlin-Stadt Für eine solche Auszeichnung reist jeder gerne nach Berlin

Schon am Morgen kam der erste Fuchs aus dem Bau. Nach einem großartigen Redebeitrag auf dem Kongress erhielt Christian Ude, Ex-OB von München, den Fuchs fürs Lebenswerk, laudatiert vom Kollegen Herbert Schmalstieg, Hannover. Ebenfalls einen Fuchs für sein Lebenswerk erhielt Bernd Scheelen, der elf Jahre kommunalpolitischer Sprecher der größten AG im Bundestag war. Die Laudatio hielt sein Nachfolger Bernhard Daldrup.

Der Fuchs für das beste kommunalpolitische Engagement ging nach Heidenrod im Rheingau-Taunus Kreis. Es nahmen ihn entgegen der Vorsitzende der SPD-Fraktion Harald Schmelzeisen, Stellvertreter Ralf Jäger und BM Volker Diefenbach. Martin Rabanus, MdB der Region, lobte den vorbildlichen Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort. Norbert Raulin, BM von Strasburg in Mecklenburg-Vorpommern, erhielt den Preis für

DEMO-Chefin Barbara Behrends gibt den Lebenswerk-Fuchs an Münchens ExOB Christian Ude. Launig laudatierte Hannovers Ex-OB Herbert Schmalstieg.

Am Abend gab es im Willy-Brandt-Haus gut zu essen und zu trinken und wie immer viele Gespräche.

herausragendes kommunalpolitisches Engagement eines BM. Sein politischer Ziehsohn Patrick Dahlemann hielt eine Laudatio, die nicht nur den zu Ehrenden berührte.

Das Engagement von Frauen ehrten wir mit dem Fuchs für Dr. Helga Lukoschat und Jana Belschner, Autorinnen der Studie „Frauen führen Kommunen“. Sie möchte Frauen in Ost und West ermutigen, in die Kommunalpolitik einzusteigen.

So sehen Designer-Füchse aus. Die Preisträger freuen sich, weil sie diese hübsche Glasfigur gerne auf ihren Schreibtisch stellen.

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Bücher

Ratlos im Rathaus Heinz Buschkowsky schildert Fälle von misslungener Integration in Berlin-Neukölln.

Seine Vorschläge, um es künftig besser zu machen, bleiben aber vage

Neuköllns Noch-Bürgermeister Heinz Buschkowsky ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Dieser Linie folgt er auch in seinem neuen Buch.

Darin warnt er vor einer wachsenden asymmetrischen Gesellschaft: Er berichtet von jugendlichen Gruppen, die auf Polizisten losgehen, beklagt sich über die Parallel-Justiz in manchen muslimischen Großfamilien und über Menschen, die vom Staat Bildung und Wohlstand erwarten, jedoch selbst nichts dafür tun würden. Für sein Buch hat

er mit Islamkritikern, Imamen, Jugendlichen aus Neukölln, Eltern und Sozialarbeitern gesprochen. Dabei gewinnt er durchaus ein differenziertes Bild – versteift sich dann aber auf die These, der Islam sei das größte Integrationshindernis.

Ausgiebig schimpft er über das vermeintliche Diktat der Political Correctnes und gräbt dabei auch alte Zeitungsenten aus wie jene, in Kreuzberg müssten Weihnachtsmärkte „Winterfest“ heißen. Ja, es gibt sie: bestimmte muslimische Communities,

die sich dem Wertesystem des Grundgesetzes verweigern.

Darauf hinzuweisen ist richtig.

Buschkowskys Schlussfolgerungen bleiben aber vage: Er verlangt von Einwanderern mehr Integrationsbereitschaft und von der deutschen Gesellschaft, dass sie diese entschlossener einfordert und fördert.

CFH

Heinz Buschkowsky: Die andere Gesellschaft Ullstein Verlag, 2014, 302 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-550-08050-0

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c h ta g u n g B u n d e s fa ung e ra n tw o rt B e tr e ib e rvK on gr es s

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Medienkooperationen:

Menschen/Termine

Wahlen Nikolas Häckel hat die Bürgermeisterwahl auf Sylt am 11.

Januar für sich entschieden. Der parteilose Kandidat, der von der SPD und der Sylter Wählergemeinschaft unterstützt wurde, erhielt 55 Prozent der Stimmen. Seine Gegenkandidatin in der Stichwahl war die prominente ehemalige Fürther Landrätin Gabriele Pauli.

Der Berliner Bezirk Lichtenberg hat eine neue Bürgermeisterin.

Die SPD-Politikerin Birgit Monteiro, bisher Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, wurde von der Bezirksverordnetenversammlung zur Nachfolgerin von

Termine 8. DStGB-Klimakonferenz „Kommunale Strategien zur Klimafolgenbewältigung“ 24.02.2015, Bonn www.dstgb.de Tagung: „Gut versorgt in meiner Stadt: Mehr Lebensqualität durch qualifizierte Nahversorgung“ 25.02.2015, Freising 10.03.2015, Leipzig www.dstgb.de/freising www.dstgb.de/leipzig Seminar „Direktwahlen gewinnen“ 27.02.2015 – 28.02.2015, Berlin www.bundes-sgk.de/termine/ 2. Deutscher Pflegetag 12.03.2015, Berlin www.deutscher-pflegetag.de Kommunalkongress der Bertelsmann Stiftung 16.03.2015 – 17.03.2015, Berlin www.bertelsmann-stiftung.de Gender und Diversity in der Stadt der Zukunft: Konzepte, Prozesse, Beteiligung 16.03.2015 – 17.03.2015, Berlin www.difu.de/veranstaltungen

Landkreis Kassel. Der Amtsinhaber kam in der Wahl am 25. Januar auf 61,9 Prozent der Stimmen, Herausforderer Patrick Weilbach (CDU) auf 38,1 Prozent.

Nikolas Häckel

Foto: privat

Andreas Geisel gewählt. Geisel, ebenfalls Sozialdemokrat, ist zum Senator für Stadtentwicklung ernannt worden.

Der Sozialdemokrat Uwe Schmidt bleibt Landrat im

Menschen mit Behinderung sicher befördern: Workshop für Öffentliche Auftraggeber 17.03.2015 – 18.03.2015, Bergisch Gladbach www.lvr.de 32. Forum Kommunikation und Netze 25.03.2015 – 26.03.2015, Rotenburg an der Fulda www.städtetag.de/veranstaltungen/ Tagung Umgebungslärm – die Dritte 26.03.2015 – 27.03.2015, Hamburg www.laermkontor.de/tagung2015.php 20. Deutscher Fachkongress für kommunales Energiemanagement 27.04.2015 – 28.04.2015, Hannover http://www.difu.de/veranstaltungen/ Hauptversammlung des Deutschen Städtetages 2015 09.06.2015 – 11.06.2015, Dresden www.staedtetag.de/veranstaltungen/ Fachkonferenz der Bundes-SGK: „In unsere Zukunft investieren – Infrastrukturfinanzierung und Digitale Agenda in den Kommunen“ 03.07.2015 – 04.07.2015, Potsdam www.bundes-sgk.de/termine/

Nur drei Tage vor Weihnachten haben die Bürger der Gemeinde Planegg (Landkreis München) noch einen neuen Bürgermeister gewählt. Heinrich Hofmann (SPD) setzte sich in der Stichwahl mit 50,56 Prozent denkbar knapp gegen Hermann Nafziger (CSU) durch.

bisherige Schulstadträtin Franziska Giffey werden.

Niels Rochlitzer ist seit Jahresbeginn neuer Landesgeschäftsführer der SGK Brandenburg.

Er folgt auf Christian Maaß, der das Amt mehr als zehn Jahre inne hatte.

Klaus Wowereit ist seit Januar Mitglied im Präsidium des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Im Dezember hatte er sein Amt als Regierender Bürgermeister von Berlin niedergelegt.

Der Vorstand der SPD Köln hat Jochen Ott als Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl im September nominiert. Amtsinhaber Jürgen Roters tritt nicht wieder an.

Weil Helma Orosz (CDU) ihr Amt Ende Februar aufgibt, wird in Dresden am 7. Juni ein neues Stadtoberhaupt gewählt.

Nun hat die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) ihre Kandidatur angekündigt.

Eine vorzeitige Neuwahl steht demnächst in Wachenheim an der Weinstraße an. Verbandsbürgermeister Udo Kittelberger ist am 20. Januar überraschend verstorben – nur neun Tage nach seiner Wiederwahl.

Personalien Heinz Buschkowsky, einer der prominentesten Kommunalpolitiker Deutschlands, hat seinen Rücktritt angekündigt.

Der Bürgermeister von BerlinNeukölln will zum 1. April in den Ruhestand gehen – aus gesundheitlichen Gründen. Seine Nachfolgerin im Amt soll die

Klaus Wowereit

Foto: SPD Berlin

Katherina Reiche wird neue Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU). Dafür gibt die CDU-Politikerin ihre Ämter als Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium auf.

Petra Wesseler ist zur neuen Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) berufen worden.

Zuvor war sie zwölf Jahre lang Bau-Dezernentin der Stadt Chemnitz. Das BBR betreut die Bundesgebäude im In- und Ausland und berät die Bundesregierung in Fragen der Stadtund Raumentwicklung.

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Menschen/Termine

Schwein gehabt Die Wildtiere sind in der Stadt. Das Zusammenleben mit Menschen geht nicht ohne Probleme ab

Neulich auf dem nächtlichen Heimweg aus meiner Stammkneipe in Berlin-Mitte dachte ich zunächst, ich hätte doch wohl einen Rotwein zuviel gehabt. Aber der Fuchs, der da nur einen Meter entfernt an den parkenden Autos entlangschnürte war tatsächlich kein Hund. Er durchforstete gekonnt einen Papierkorb, fraß ein paar Essensreste und trottete dann zufrieden weiter Richtung Französischer Friedhof.

In Köln zählte man schon 1000 Füchse, während Berlin die Hauptstadt der Wildschweine ist. Dafür hat Kassel mehr Waschbären auf 100 ha als der Rest Deutschlands und auf jeden Münchener kommt ein Vogel. Wenn heute ein Ornithologe aus fremden Ländern europäische Vögel studieren möchte, empfehlen die Kollegen ihm

eine der großen Städte.

Köln hat

Foto: Can Stock Photo Inc. / iaRada

z. B. mit 1 150 Brutpaaren pro Quadratkilometer den dichtesten Bestand überhaupt und Hamburg hat die höchste Artenvielfalt.

Auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf in Potsdam bei Berlin liegen der Künstler Heinrich

DEMO 2/2015 erscheint am 12. März 2015 mit folgenden Themen: Das Titelthema beschäftigt sich diesmal mit etwas, das wir alle tun, nämlich dem Wohnen. Was tun die Kommunen, um es ihren Bürgern wohnlich zu machen? Der Report zeigt, wie es um Wasser, Umwelt und Nachhaltigkeit bestellt ist.

Foto: Can Stock Photo Inc. / Argument

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DEMO 1 | 2015

Zille und der Großindustrielle Werner von Siemens begraben. Die Friedhofsverwaltung kommt nicht mehr nach beim Richten der Gräber. Aber auch die Angehörigen von weniger bekannten „Bewohnern“ des Friedhofs schätzen es nicht sonderlich, wenn Wildschweine die frisch bepflanzten Grabstätten durchpflügen. Neu gesetzte Blumenzwiebeln und frisch gepflanzte Stiefmütterchen sind leckere Pralinen für die wilde Friedhofsbesatzung.

Jäger ergriffen jetzt Gegenmaßnahmen und machten in respektvoller Jagd – auf Gräber durfte nicht geschossen werden – eine respektable Strecke: drei Wildschweine, fünf Rehe und ein Fuchs. Der nächste Termin wurde schon angesetzt. Immerhin gibt es 4 000 wilde Schweine im Stadtgebiet, davon ca. 30 auf diesem Friedhof. Zuviele um in Frieden mit den Zwiebeln und den Stiefmütterchen zu leben.

Barbara Behrends

IMPRESSUM Demokratische Gemeinde, Fachorgan der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) Stresemannstraße 30, 10963 Berlin Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94-200 Telefax: (030) 255 94-290 ISDN: (030) 255 94-615 E-Mail: redaktion@demo-online.de Internet: www.demo-online.de Herausgeber: Norbert Bude, Vorsitzender der Bundes-SGK Redaktion: Barbara Behrends (Chefredakteurin), Carl-Friedrich Höck (Redakteur) Telefon: (030) 255 94-230 Layout/Sekretariat: Heidemarie Lehmann Telefon: (030) 255 94-200 Projektleitung: Henning Witzel Telefon: (030) 255 94-175 Verlag: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin, Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94-100 Telefax: (030) 255 94-192 Verlagsleitung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Anzeigenleiterin), Henning Witzel (Verkauf), Christine Kluge (Handling) Gültige Anzeigen-Preisliste: Nr. 31 vom 1. Januar 2015, Anzeigenschluss ist der 15. des Vormonats.

Vertrieb: Stefanie Martin Telefon: (030) 255 94-130 Abonnementverwaltung: IPS Datenservice GmbH, Andreas Gruner, Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Telefon: (02225) 70 85-366 Telefax: (02225) 70 85-399 E-Mail: abo-vorwaerts@ips-d.de Einzelverkaufspreis: 6 € Jahres-Abonnement: 60 € (inkl. Versand und 7 % MwSt.); für Schüler und Studenten (Nachweis erforderlich) 40 € Jahres-Abonnement (Ausland): 60 € zzgl. Versandkosten Die Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, sofern nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.

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Titelbild: Heinz-Günter Hamich/pixelio.de

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